Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 1951/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 4372/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 31.08.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist (nur noch) die Gewährung von Verletztenrente streitig.
Der am 1950 geborene Kläger wurde am Donnerstag, den 06.11.1997 im Rahmen seiner Tätigkeit als Kassierer bei der V. W. Opfer eines Banküberfalls. Zum Zeitpunkt des Überfalls gegen 16.43 Uhr befand sich der Kläger gemeinsam mit einem Auszubildenden im Tresorraum, der von seinem Arbeitsplatz, dem Kassenraum, über eine Wendeltreppe zu erreichen ist. Zu diesem Tresorraum verschaffte sich der Bankräuber Zutritt, indem er den Kassiererkollegen des Klägers mit einer Waffe bedrohte. Nachdem beide im Tresorraum erschienen, bedrohte der Täter mit seiner Waffe auch den Kläger, der sich auf dessen Verlangen mit dem Gesicht nach unten auf den Boden legte. In dieser Position liegend warf er seinem Kollegen auf dessen Aufforderung seine Schlüssel zu, worauf dieser auch den im Zuständigkeitsbereich des Klägers stehenden Stahltresor öffnete. Nach ca. zwei Minuten flüchtete der Täter mit dem erbeuteten Geld. Bankangestellte und Kunden wurden bei dem Überfall nicht verletzt. Im Rahmen seiner mehr als einstündigen Vernehmung ab 18.45 Uhr machte der Kläger umfangreiche und detaillierte Angaben zu dem Geschehen. Am Folgetag nahm er seine Tätigkeit zur üblichen Arbeitszeit wieder auf. Das Angebot des Arbeitsgebers, eine psychologische Betreuung wahrzunehmen, nahm der Kläger nicht an.
Im Februar 2005 wandte sich der Kläger an die Beklagte, beantragte die Gewährung von Verletztenrente und machte geltend, im August 1998 längere Zeit u.a. wegen Hautausschlag, Darmgrippe und Alkohol krank gewesen zu sein, danach wieder gearbeitet und während der Einführung des Euro, als Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten worden seien, wieder dieselben Krankheiten bekommen zu haben. Er sei seit März 2002 arbeitsunfähig. Während einer seinerzeit aufgenommenen Langzeittherapie sei festgestellt worden, dass er unter einem Angsttrauma leide und für den Kassen- und Schalterbereich dauerhaft arbeitsunfähig sei. Ihm sei es nicht möglich, die Bank zu betreten. Er habe deshalb im Juli 2003 bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Erwerbsminderungsrente beantragt, über die noch nicht endgültig entschieden sei.
Die Beklagte zog neben den polizeilichen Ermittlungsakten medizinische Unterlagen bei, u.a. die Aufnahmemitteilung und den Bericht des Krankenhauses H. vom 16.09.1998 über die am 02.09.1998 begonnene Entwöhnungsbehandlung, den Entlassungsbericht der Fachklinik W./O. über die stationäre Behandlung vom 25.03. bis 15.07.2003 (Diagnosen: Alkohol-Abhängigkeitssyndrom, Bandscheibenvorfall L5 links mit Großzehenheberparese, Polyneuropathie, arterielle Hypertonie, Hyperurikämie), den Bericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. vom 17.11.2003 über die Vorstellung des Klägers vom selben Tag und das für die damalige B. unter dem 16.04.2004 durch Dr. H. , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, erstattete Gutachten (Diagnosen: alkoholtoxische axonale Polyneuropathie, Angsttrauma) sowie ferner das Vorerkrankungsverzeichnis der D. A. Krankenkasse (D.). Dieses weist nach dem in Rede stehenden Ereignis neben Akuterkrankungen, einer Außenknöchelfraktur und Abszessen Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Alkoholabhängigkeit und Entgiftung vom 02.09. bis 23.10.1998, u.a. wegen Alkoholabhängigkeit und psychischen Beschwerden vom 27.05.2002 bis 24.11.2003 und wegen Hypopharynxkarzinom vom 03.02. bis 31.03.2005 aus. Auf der Grundlage eines Leistungsfalles vom 21.02.2005 (Operation des Karzinoms) bezieht der Kläger seit dem 01.03.2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Beklagte veranlasste sodann das nervenärztliche Gutachten einschließlich ergänzender Stellungnahme des Arztes für Neurologie und Psychiatrie B. auf Grund Untersuchung des Klägers vom 02.05.2005. Der Gutachter ging diagnostisch von einer anhaltenden posttraumatischen phobischen Belastungsreaktion (Klagen über Ängste, Schlafstörungen und vegetative Begleitsyndrome, wie innere Unruhe, verstärktes Schwitzen, Schmerzen in der Herzgegend) aus, die er auf den Banküberfall zurückführte, und bewertete diese mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. Eine ihm mehrmals empfohlene psychologische Betreuung habe der Kläger nie wahrgenommen, bei adäquater Therapie sei jedoch mit einer Besserung zu rechnen. In der von der Beklagten sodann eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme schloss Priv.-Doz. Dr. R. , Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Neuroradiologie, die Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsreaktion aus. Zwar habe das Ereignis vom 06.11.1997 dazu geführt, dass später immer wieder eine Angstsymptomatik zum Durchbruch gekommen sei, diese sei jedoch in ein sich über lange Jahre hinziehendes vielgestaltiges unfallunabhängiges psychoreaktives Störungsbild eingebettet. Eine posttraumatische Belastungsstörung sei auch in der Klinik W. ausdrücklich ausgeschlossen worden. Der Gutachter habe psychosoziale Stressfaktoren, wie den Alkoholabusus und die damit zusammenhängenden Probleme am Arbeitsplatz und in der Familie unberücksichtigt gelassen. Bereits lange Jahre vor dem Ereignis sei der Kläger alkoholabhängig gewesen und habe unter depressiven Episoden gelitten. Die Angstsymptomatik sei allenfalls mit einer MdE um 10 v.H. zu bewerten.
Mit Bescheid vom 03.08.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente ab. Als Folgen des Versicherungsfalls anerkannte sie wiederkehrende Angstreaktionen nach Banküberfall. Als Folgen des Versicherungsfalls lehnte sie die Folgen der Alkoholerkrankung, die Folgen der Krebserkrankung sowie die Folgen des bereits vorbestehenden komplexen psychischen Störungsbildes ab. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte Befundberichte der Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. B. ein, die den Kläger von September bis Dezember 2005 psychotherapeutisch unter der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung behandelte. Sie beschrieb eine erhebliche Besserung der Symptome; die Therapie sei abgeschlossen. Die Beklagte holte sodann das Gutachten des Prof. Dr. F. , Leiter der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie im Universitätsklinikum T. , auf Grund Untersuchung des Klägers vom 29.03.2006 ein. Der Gutachter verneinte das Vorliegen einer klinisch relevanten psychiatrischen Erkrankung und schloss das Bestehen einer posttraumatischen Belastungsstörung aus. Die vorgebrachten Beschwerden mit ein- bis zweimal monatlich auftretenden Albträumen und Vermeidung von Nähe zu Banken oder von Gewaltszenen im Fernsehen seien ursächlich auf den Banküberfall zurückzuführen, führten jedoch nicht zu einer Diagnosestellung auf psychiatrischem Fachgebiet. Dementsprechend liege auch keine MdE vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2006, dem Kläger am 22.05.2006 zugestellt, wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Am 20.06.2006 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben, sich auf das Gutachten des Nervenarztes B. gestützt und unter Anerkennung weiterer psychischer Unfallfolgen die Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. beantragt.
Das SG hat die Verwaltungsakten der ehemaligen B. (jetzt: Deutschen R. B.) beigezogen und sachverständige Zeugenauskünfte des Dr. B. und des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. M. eingeholt. Dr. B. hat über Vorstellungen des Klägers ab dem 3. Quartal 1998 u.a. wegen der Alkoholerkrankung und Lähmungserscheinungen im linken Fuß berichtet und Dr. M. über Vorstellungen von Januar 1996 bis Mai 1997 wegen Akuterkrankungen und der Fußheberschwäche links. Darüber hinaus hat das SG das Gutachten des Dr. Sch. , Chefarzt der Abteilung Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie I im Psychiatrischen Zentrum N. , auf Grund Untersuchungen des Kläger vom 21. und 27.02.2007 sowie 06.03.2007 eingeholt. Der Sachverständige ist diagnostisch von einem Alkoholabhängigkeitssyndrom, gegenwärtig abstinent, ausgegangen und hat das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung, auch für die Vergangenheit, verneint. Auf Antrag des Kläger gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG ferner das Gutachten des Dr. Dipl.-Psych. W. , Mitarbeiter in der Sektion Psychotraumatologie im Zentrum für Psychosoziale Medizin im Universitätsklinikum H. , auf Grund Untersuchung des Klägers vom 14.09.2007 eingeholt. Der Sachverständige hat für den Zeitraum ab dem Überfallereignis bis zum Beginn der Psychotherapie bei Dr. B. im September 2005 eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert; auf Grund der guten Therapiefortschritte hat er die Kriterien dieser Diagnose danach nicht mehr für voll erfüllt angesehen. Die MdE hat er bis September 2005 auf 30 v.H. und anschließend bis zum Untersuchungszeitpunkt auf 20 v.H. eingeschätzt. Bei weiteren Therapiefortschritten sei seines Erachtens spätestens in zwei Jahren mit einer MdE um 0 v.H. zu rechnen. Zu der von der Beklagten hierzu vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme des Priv.-Doz. Dr. R. , der das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung als nicht hinreichend bewiesen erachtet hat, hat das SG die ergänzende Stellungnahme des Dr. Dipl.-Psych. W. eingeholt, der an der zuvor getroffenen Einschätzung festgehalten hat. Hierzu hat die Beklagte die weitere beratungsärztliche Stellungnahme des Priv.-Doz. Dr. R. vorgelegt, der gleichermaßen an seiner Beurteilung festgehalten hat.
Mit Gerichtsbescheid vom 31.08.2009 hat das SG die Klage gestützt auf das Gutachten des Dr. Sch. abgewiesen. Den Gutachten des Nervenarztes B. und des Sachverständigen Dr. Dipl.-Psych W. sei nicht zu folgen, da diese die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht hinreichend begründet hätten.
Am 24.09.2009 hat der Kläger dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, bei ihm sei es als Folge des Banküberfalls sowohl zu einer posttraumatischen Belastungsstörung als auch zu einer Alkoholerkrankung gekommen. Von der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung seien der Nervenarzt B. , die behandelnde Psychotherapeutin Dr. B. sowie der Sachverständige Dr. Dipl.-Psych. W. übereinstimmend ausgegangen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 31.08.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 03.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2006 zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 SGG zulässig; sie ist jedoch nicht begründet. Das Begehren auf formelle Anerkennung weiterer Unfallfolgen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht aufrecht erhalten.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 03.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2006 über die Ablehnung einer Verletztenrente ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger wegen der gesundheitlichen Folgen des Arbeitsunfalles vom 06.11.1997 Verletztenrente zu gewähren.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Bei dem Ereignis vom 06.11.1997, bei dem der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Kassierer der V. W. Opfer eines Raubüberfalles wurde, handelte es sich um einen Arbeitsunfall in diesem Sinne. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die Beklagte hat dieses Ereignis in dem angefochtenen Bescheid selbst als Versicherungsfall bezeichnet und es damit als Arbeitsunfall angesehen. Streitig ist lediglich, ob beim Kläger über die anerkannte Unfallfolge "wiederkehrende Angstreaktionen nach Banküberfall" hinaus ein weiterer gesundheitlicher Schaden - nach Ansicht des Klägers in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer Alkoholerkrankung - entstanden ist und hierdurch seine Erwerbsfähigkeit in einem rentenberechtigenden Ausmaß eingeschränkt ist.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.
Nach diesen Grundsätzen liegen beim Kläger als Folge des Raubüberfalls vom 06.11.1997 keine Gesundheitsschäden vor, die die Bewertung mit einer MdE in einem rentenberechtigenden Ausmaß rechtfertigen würden. Die von der Beklagten als Unfallfolge anerkannte "wiederkehrende Angstreaktionen nach Banküberfall" rechtfertigt, wie Dr. R. zutreffend ausgeführt hat, nicht die Bemessung mit einer MdE um wenigstens 20 v.H. Dies hat der Kläger auch selbst nicht geltend gemacht. Er ist vielmehr der Auffassung, dass er über die anerkannte Unfallfolge hinausgehend an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet und dadurch eine MdE in einem rentenberechtigenden Ausmaß erreicht wird. Im Berufungsverfahren hat er darüber hinaus geltend gemacht, dass auch seine Alkoholerkrankung auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sei.
Hiervon vermag sich der Senat nicht zu überzeugen. Denn es ist weder festzustellen, dass beim Kläger nach dem Raubüberfall vom 06.11.1997 eine posttraumatische Belastungsstörung aufgetreten ist, noch dass die bei ihm vorliegende Alkoholerkrankung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentlich ursächlich auf den Überfall zurückzuführen ist.
Nach dem internationalen Klassifikationssystem ICD-10 (F 43.1) entsteht eine posttraumatische Belastungsstörung als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf.
Dass der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet oder in der Vergangenheit an einer derartigen Erkrankung litt, vermag der Senat ebenso wenig festzustellen wie das SG. Er folgt vielmehr - wie zuvor schon das SG - den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. Sch. , der in Übereinstimmung mit dem von der Beklagten im Verwaltungsverfahren hinzugezogenen Gutachter Prof. Dr. F. sowie deren Beratungsarzt Priv.-Doz. Dr. R. die Kriterien für eine Zuordnung der beim Kläger aufgetretenen Störungen zu diesem Krankheitsbild nicht als erfüllt angesehen hat.
Angesichts der Bedrohung des Klägers mit Waffengewalt hat Dr. Sch. die Erfüllung des sog. A-Kriteriums einer posttraumatischen Belastungsstörung (drohende Lebensgefahr, Schutz- und Hilflosigkeit) überzeugend bejaht, wenngleich der Kläger - so Dr. Sch. - während des Überfalls und danach bemerkenswert besonnen reagierte, in dem er sehr frühzeitig und vor der eigenen Bedrohung Alarm auslöste, die Kollegen nach der Flucht der Täter zur Dokumentation ihrer Beobachtungen auf einem Formblatt veranlasste, in unmittelbarem Anschluss gegenüber der Polizei umfangreiche präzise Angaben machen konnte und auch seine Arbeit ohne Unterbrechung am Tag nach dem Überfall wieder aufnahm. Gleichermaßen überzeugend hat er für den Senat aber auch dargelegt, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass die weiteren Kriterien für die diagnostische Zuordnung des beim Kläger aufgetretenen Krankheitsbildes zu einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllt sind, wie das Vorliegen von anhaltenden Nachhallerinnerungen, eines spezifischen Vermeidungsverhaltens sowie einer vegetativen Übererregbarkeit. Solche Symptombildungen treten nach den Darlegungen des Sachverständigen Dr. Sch. normalerweise - nach dem Klassifikationssystem DSM-IV - innerhalb der ersten drei Monate oder - nach ICD-10 - innerhalb von sechs Monaten nach dem Belastungsereignis auf. Zwar lassen beide Klassifikationssysteme als Sonderfall auch später auftretende posttraumatische Belastungsstörungen zu. Jedoch ist - so überzeugend der Sachverständige - selbst im Jahr 2003, also rund sechs Jahre nach dem Ereignis, in den aktenkundigen medizinischen Unterlagen noch keine entsprechende spezifische Symptomatik dokumentiert. Für den Zeitraum bis zum Beginn der stationären Behandlung in der Fachklinik Wilhelmsheim, die er im März 2003 antrat, hat der Kläger gegenüber dem Sachverständigen Dr. Sch. sogar selbst angegeben, dass eine entsprechende Symptomatik nicht aufgetreten sei. Auch für den Zeitraum dieser Behandlung, die bis Juli 2003 andauerte, ist das Auftreten einer solchen Symptomatik nicht dokumentiert. So findet sich im Entlassungsbericht der Fachklinik W. vom 22.07.2003 - worauf der Sachverständigen Dr. Sch. zutreffend hingewiesen hat - kein psychopathologischer Befund, der die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung rechtfertigen könnte. Ausdrücklich wird vielmehr sogar dargelegt, dass eine posttraumatische Belastungsstörung ausgeschlossen wurde. Im Hinblick auf die entsprechenden Ausführungen ("Nach eingehender Exploration kann eine posttraumatische Belastungsstörung nach ICD-10 ausgeschlossen werden. Herr S. ist in der Folge des Belastungsereignisses in der Lage gewesen, seine beruflichen Aufgaben im erforderlichen Umfang zu erledigen. Hier gab es zwar deutliche emotionale Störeinflüsse, etwa wenn situative Aspekte des Banküberfalls wie Tages- und/oder Jahreszeit entsprechende Erinnerungen auslösten. Dies führte jedoch zu keinerlei stabilem Vermeidungsverhaltung oder einer dauerhaften signifikanten Beeinträchtigung im Berufs- und sonstigen Lebensalltag."), die deutlich machen, dass die behandelnden Ärzte eine solche Erkrankung in Betracht zogen und gezielt eine Abklärung der beim Kläger aufgetretenen Symptome vornahmen, sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger zum Zeitpunkt der Entlassung aus der Fachklinik W. Mitte Juli 2003 gleichwohl eine posttraumatische Belastungsstörung vorlag.
Nach den aktenkundigen Unterlagen stellte auch unmittelbar nach Entlassung des Klägers aus der Fachklinik W. keiner der mit den psychischen Erkrankungen des Klägers befassten Ärzte die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung. Soweit der Kläger im Jahr 2004 im Hinblick auf seinen seinerzeitigen Rentenantrag auf Veranlassung der damaligen B. durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. gutachterlich untersucht wurde, dokumentierte auch dieser keinen Befund, der eine entsprechende Diagnose rechtfertigen würde. Entsprechend ging er diagnostisch auch lediglich von einem Angsttrauma aus, das er auf den Banküberfall zurückführte.
Soweit die Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. B. , die den Kläger von September bis Dezember 2005 behandelte in ihren Befundberichten an die Beklagte als Diagnose eine posttraumatische Belastungsstörung aufführte, lässt sich auch hierauf nicht die Annahme stützen, der Kläger leide seit dem Banküberfall an einer entsprechenden Erkrankung. Zum einen trat der Kläger erst rund acht Jahre nach dem in Rede stehenden Ereignis in die Behandlung der Dr. B. , so dass diese Ärztin über den Zustand des Klägers in der Vergangenheit keine Aussage treffen konnte. Zum anderen geht Dr. B. , wie ihren eigenen Ausführungen zu entnehmen ist, aber ganz offensichtlich von falschen Tatsachen aus. Denn ihren Darlegungen in dem Befundbericht vom 11.12.2005 zufolge sei beim Kläger im Rahmen der Alkoholentwöhnungsbehandlung im Jahr 2003 "eine posttraumatische Belastungsstörung entdeckt" worden, diese mit "EMDR anbehandelt", die Therapie jedoch nicht vollständig beendet worden, gleichwohl seien seither die massiven Angst- und Panikattacken des Klägers einigermaßen unter Kontrolle. All dies trifft aber nicht zu. Denn wie oben bereits dargelegt ist dem Entlassungsbericht der Fachklinik W. gerade Gegenteiliges zu entnehmen, dass nämlich nach eingehender Exploration eine posttraumatische Belastungsstörung gerade ausgeschlossen werden konnte. Aus der in den Befundberichten der Dr. B. dokumentierten Diagnose posttraumatische Belastungsstörung vermag der Senat daher nicht abzuleiten, dass der Kläger jedenfalls bis zur Behandlung durch Dr. B. , die die Therapie zunächst im Dezember 2005 abschloss (vgl. Befundbericht vom 16.12.2005), an einer entsprechenden Erkrankung litt.
Soweit der von der Beklagten hinzugezogene Gutachter B. ohne Bezugnahme auf ein Klassifikationssystem auf der Grundlage seiner gutachtlichen Untersuchung vom Mai 2005 eine anhaltende posttraumatische phobische Belastungsreaktion nahm, lässt sich auch hieraus nicht ableiten, dass beim Kläger zu dessen Untersuchungszeitpunkt eine posttraumatische Belastungsstörung vorlag. Insoweit hat Dr. Sch. für den Senat überzeugend eingewandt, dass der Gutachter die Symptombildungen lediglich oberflächlich und zu pauschal skizzierte ("wiederkehrende Erinnerungen", "panikähnliche Ängste und vegetative Begleitsymptomatik") und nicht in den Verlauf des klinischen Bildes seit dem Überfallereignis einordnete. Zudem beschrieb er kein stabiles Muster von Vermeidungsverhalten und auch keine Zeichen psychovegetativer Überstimulierung als anhaltende Symptomatik. Priv.-Doz. Dr. R. wies nach Auffassung des Senats darüber hinaus zu Recht darauf hin, dass der Gutachter die vom Kläger beschriebene Symptomatik (Ängste, Schlafstörungen und vegetative Begleitsyndrome, wie innere Unruhe, verstärktes Schwitzen, Schmerzen in der Herzgegend) unkritisch mit dem in Rede stehenden Ereignis in Verbindung brachte, ohne andere psychosoziale Stressfaktoren zu berücksichtigen, wie etwa die Probleme am Arbeitsplatz und in der Familie und den Alkoholabusus. Insbesondere sind die vom Kläger selbst als Auslöser einer Dekompensation angeführten Belastungen im Zusammenhang mit der Einführung des Euro, die im Jahr 2003 erfolgte Trennung von der Ehefrau sowie gerade auch die Anfang 2005 festgestellte Krebserkrankung mit Operation im Februar 2005 und laufender Strahlentherapie und bevorstehender Chemotherapie unberücksichtigt geblieben.
Außerdem ging der Gutachter B. - ebenso wie später Dr. B. - ebenfalls davon aus, dass beim Kläger anlässlich seiner Behandlung in der Fachklinik W. eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert wurde. Denn im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme wies er auf den Entlassungsbericht der Fachklinik W. hin, in dem sich - so der Gutachter B. - die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung finde. Dies trifft - wie bereits dargelegt - aber gerade nicht zu, weil das Vorliegen einer entsprechenden Erkrankung von dortiger Seite nicht bejaht, sondern, im Gegenteil, vielmehr gerade ausgeschlossen wurde. Auch in dem von dem Gutachter in diesem Zusammenhang als weiteren Beleg für das Vorliegen der in Rede stehenden Erkrankung aufgeführten Arztbrief des Dr. M. vom 17.11.2003 findet sich die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht. Beschrieben wird lediglich, dass der Kläger über eine gewisse Lustlosigkeit und vor allem über Angstzustände geklagt habe, weshalb er, Dr. M. , ihm geraten habe, sich in psychotherapeutische Behandlung zu begeben. Auch soweit sich der Gutachter B. zur Stützung seiner Auffassung auf das für die damalige B. erstattete Gutachten des Dr. H. bezog gilt Entsprechendes. Denn wie bereits ausgeführt, ging Dr. H. von einem Angsttrauma als Folge des Banküberfalls aus, diagnostizierte eine posttraumatische Belastungsstörung jedoch gerade nicht.
Schließlich erhob auch Prof. Dr. F. , der von der Beklagten im Widerspruchsverfahren mit einer Begutachtung des Klägers beauftragt wurde, anlässlich seiner Untersuchung im März 2006 keine Befunde, die auf das Vorliegen einer posttraumatische Belastungsstörung hinweisen würden. Die vom Kläger gegenüber dem Gutachter vorgebrachten Beschwerden mit ein- bis zweimal monatlich auftretenden Albträumen und die Vermeidung der Nähe von Banken oder Gewaltszenen im Fernsehen rechtfertigen - wie der Gutachter überzeugend darlegte - die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht.
Soweit Dr. Dipl.-Psych. W. in seinem auf Antrag des Klägers erstatteten Gutachten demgegenüber ab dem Zeitpunkt des Überfalls am 06.11.1997 bis September 2005 diagnostisch von einer posttraumatischen Belastungsstörung ausgegangen ist, überzeugt dies nicht. Der Sachverständige hat diese Diagnose ersichtlich aus den Schilderungen des Klägers anlässlich der im September 2007, also rund zehn Jahre nach dem Raubüberfall, erfolgten gutachtlichen Untersuchung abgeleitet. Dabei hat der Kläger angegeben, dass er nach dem Ereignis Schlafstörungen entwickelt habe und die Bilder an den Überfall sich immer wieder unwillkürlich aufgedrängt hätten. Auch habe er angefangen regelmäßig Alkohol zu konsumieren. Er habe die Arbeit in der Bank zwar zunächst nicht vermieden, jedoch hätte es ihm jeden Morgen vor der Fahrt zur Bank den Magen zusammengezogen. In der Bank habe er sich sehr unsicher gefühlt, habe öfters Atemnot, kalten Schweiß auf der Stirn und Magenkrämpfe bekommen. Bei der Einfahrt in den Parkplatz der Bank habe er alles genau beobachtet, was er von dort aus habe einsehen können. In der Bank selbst habe er jeden Tag die Sicherheit überprüft, insbesondere habe er darauf geachtet, ob die Sicherheitskameras nicht verstellt seien und funktionierten. Auch habe er jedes Mal überprüft, dass die selbstschließende Tür der Kassenbox auch einraste. Er habe deshalb ständig unter Anspannung gestanden, häufig Schweißausbrüche erlebt, jedes Geräusch in der Bank gekannt und sei für alles sensibilisiert gewesen, was ihn hätte angreifbar machen können. Von Belastungen dieses Ausmaßes unmittelbar ab dem Überfallereignis hat der Kläger dem Sachverständigen Dr. Sch. anlässlich dessen gutachterlicher Untersuchung rund sechs Monate zuvor im Februar und März 2007 nicht berichtet. So hat der Kläger auf dessen ausdrückliche Frage nach unwillkürlichen Wiedererinnerungen an das Schädigungsereignis angegeben, solche hätte es in den ersten Jahren nach dem Ereignis nicht gegeben ("in dem Sinne hatte ich gar keine bewussten Erinnerungen"). Unwillkürliche Wiedererinnerungen seien erstmals in der Rehabilitationseinrichtung aufgetreten. Gegenüber dem Sachverständigen Dr. Sch. hat der Kläger zwar ebenfalls über eine Nervosität berichtet, diese jedoch vor allem in Zusammenhang mit der Euroeinführung gebracht, bei der er sich intensiv mit Sicherheitsvorschriften habe auseinandersetzen müssen. Auf die ausdrückliche Nachfrage des Sachverständigen, ob bei ihm eine anhaltende Nervosität vorgelegen habe, hat er dies verneint und angegeben, diese sei jeweils anlassbezogen gewesen. Diese sei an langen Donnerstagen ab 17.00 Uhr (Überfallzeitraum) aufgetreten, ebenso die erhöhte Schwitzneigung. Manchmal habe auch ein "unwohles Gefühl" bestanden. Zu irgendwelchen Vermeidungshandlungen führte dieses Gefühl jedoch nicht. Auf diese Diskrepanzen in der Beschwerdeschilderung ist der Sachverständige Dr. Dipl.-Psych. W. nicht eingegangen. Auch hat er sich nicht hinreichend damit auseinandergesetzt, dass die Ärzte der Fachklinik W. , die den Kläger im Jahr 2003, also deutlich zeitnäher zu dem Überfallereignis, im Hinblick auf eine posttraumatische Belastungsstörung - ihren Darlegungen zufolge - eingehend explorierten. Soweit der Sachverständige auf den entsprechenden Einwand des Priv.-Doz. Dr. R. im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme angemerkt hat, dem Entlassungsbericht der Fachklinik W. seien keine Gründe zu entnehmen, weshalb diese Diagnose ausgeschlossen wurde, trifft dies nicht zu. Denn insoweit wurde näher dargelegt, dass der Kläger in der Lage war, seine beruflichen Aufgaben in dem erforderlichen Umfang zu erledigen, zwar deutliche emotionale Störeinflüsse vorhanden waren, wie etwa wenn situative Aspekte des Banküberfalls (Tages- und/oder Jahreszeit) entsprechende Erinnerungen auslösten, jedoch kein stabiles Vermeidungsverhalten und keine dauerhafte signifikante Beeinträchtigung im Berufs- und sonstigen Lebensalltag vorlag. Zu Recht hat der Beratungsarzt der Beklagten Priv.-Doz. Dr. R. im Übrigen auch darauf hingewiesen, dass sich aus dem Umstand, dass der Kläger von der bei Dr. B. durchgeführten Psychotherapie gut profitierte, nicht rückgeschlossen werden kann, dass eine posttraumatische Belastungsstörung vorlag. Vor dem Hintergrund all dieser Gesichtspunkte überzeugt es den Senat nicht, wenn Dr. Dipl.-Psych. W. im Wesentlichen auf Grund der aktuellen Angaben des Klägers im September 2007 und ohne zeitnah dokumentierte Befundsituation für einen zwischen zwei und zehn Jahren zurückliegenden Zeitraum die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung stellt.
Soweit der Kläger an einem Alkoholabhängigkeitssyndrom leidet vermag der Senat nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dieses rechtlich wesentlich auf das Überfallereignis zurückzuführen ist. Auch insoweit überzeugt das Gutachten des Dr. Dipl.-Psych. W. nicht. Zwar ist nachvollziehbar, dass traumatisierte Patienten, sofern sie sich nicht frühzeitig in Behandlung begeben, nach aktueller Forschung - so der Sachverständige Dr. Dipl.-Psych. W. - oft in eine Alkoholabhängigkeit geraten, die im Sinne einer Selbstmedikation gegen sich aufdrängende Bilder vom Ereignis, innere Unruhe und Schlafstörungen zu verstehen ist. Allerdings vermag sich der Senat gleichwohl nicht davon zu überzeugen, dass die Alkoholabhängigkeit des Klägers - wie er selbst meint - erst nach dem Überfall aufgetreten ist. Der Sachverständige Dr. Sch. hat insoweit vielmehr überzeugend darauf hingewiesen, dass die diesbezüglichen eigenen Angaben des Klägers im Vergleich zu seinen Angaben anlässlich der Vorgutachten uneinheitlich sind (Angabe bei Dr. Sch.: regelmäßig Alkohol erst nach dem Überfall - auf gezielte Nachfrage: kurze Phase vermehrten Alkoholkonsums nach Tod der ersten Ehefrau im Mai 1990; Angabe gegenüber Prof. Dr. F.: nach dem Tod der ersten Ehefrau habe er "nicht mehr Alkohol als zuvor getrunken") und auch nicht in Einklang stehen mit der Dokumentation früherer Angaben (Angabe gegenüber Dr. M. am 23.10.2002: nach dem Tod der Ehefrau "habe er vermehrt Alkohol, teilweise exzessiv, konsumiert"). Auch im Behandlungsbericht des Krankenhauses H. vom 16.09.1998, wo der Kläger im September 1998 eine Entgiftungsbehandlung durchführte, ist ausgeführt, dass der Kläger bereits seit mehr als zehn Jahren Alkoholprobleme habe und bereits im Jahr zuvor Gefühlsstörungen in den Beinen aufgetreten seien. Die damalige Einschätzung von seit zehn Jahren bestehenden Alkoholproblemen wird gerade auch gestützt durch die aufgeführten Diagnosen "C2-Problematik, Äthylismus, Polytoxikomanie, Steat.hep.III". Denn bei den beschriebenen somatischen Komplikationen einer hochgradigen Fettleber und einer Störung der Tiefensensibilität handelt es sich - so Dr. Sch. - um typische Langzeitfolgen eines hohen Alkoholkonsums. Eine differenzierte retrospektive Analyse des Alkoholkonsums ist auch dem Entlassungsbericht der Fachklinik W. zu entnehmen, in dem ausgeführt ist, dass der Kläger nach eigenen Angaben etwa seit 1967 regelmäßig Alkohol getrunken habe, die Entwicklung der Trinkmenge weitgehend kontinuierlich verlaufen sei und seit 1970 von einer Alkoholabhängigkeit gesprochen werden könne. Vor diesem Hintergrund ist der Senat davon überzeugt, dass die Alkoholabhängigkeit des Klägers bereits lange vor dem Schädigungsereignis bestand und nicht ursächlich mit diesem in Zusammenhang gebracht werden kann. Dem Überfallereignis ist auch keine richtungsgebende Verschlimmerung beizumessen. Denn schließlich gelang es dem Kläger - wie der Sachverständige Dr. Sch. überzeugend dargelegt hat - nach der ersten Entgiftung im September 1998 langjährig abstinent zu bleiben. Zu einem Rückfall führten dann eine gravierende berufliche Überforderung und episodisch exazerbierende innerpartnerschaftliche Konflikte, also unfallunabhängige Faktoren.
Nach alledem kann die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist (nur noch) die Gewährung von Verletztenrente streitig.
Der am 1950 geborene Kläger wurde am Donnerstag, den 06.11.1997 im Rahmen seiner Tätigkeit als Kassierer bei der V. W. Opfer eines Banküberfalls. Zum Zeitpunkt des Überfalls gegen 16.43 Uhr befand sich der Kläger gemeinsam mit einem Auszubildenden im Tresorraum, der von seinem Arbeitsplatz, dem Kassenraum, über eine Wendeltreppe zu erreichen ist. Zu diesem Tresorraum verschaffte sich der Bankräuber Zutritt, indem er den Kassiererkollegen des Klägers mit einer Waffe bedrohte. Nachdem beide im Tresorraum erschienen, bedrohte der Täter mit seiner Waffe auch den Kläger, der sich auf dessen Verlangen mit dem Gesicht nach unten auf den Boden legte. In dieser Position liegend warf er seinem Kollegen auf dessen Aufforderung seine Schlüssel zu, worauf dieser auch den im Zuständigkeitsbereich des Klägers stehenden Stahltresor öffnete. Nach ca. zwei Minuten flüchtete der Täter mit dem erbeuteten Geld. Bankangestellte und Kunden wurden bei dem Überfall nicht verletzt. Im Rahmen seiner mehr als einstündigen Vernehmung ab 18.45 Uhr machte der Kläger umfangreiche und detaillierte Angaben zu dem Geschehen. Am Folgetag nahm er seine Tätigkeit zur üblichen Arbeitszeit wieder auf. Das Angebot des Arbeitsgebers, eine psychologische Betreuung wahrzunehmen, nahm der Kläger nicht an.
Im Februar 2005 wandte sich der Kläger an die Beklagte, beantragte die Gewährung von Verletztenrente und machte geltend, im August 1998 längere Zeit u.a. wegen Hautausschlag, Darmgrippe und Alkohol krank gewesen zu sein, danach wieder gearbeitet und während der Einführung des Euro, als Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten worden seien, wieder dieselben Krankheiten bekommen zu haben. Er sei seit März 2002 arbeitsunfähig. Während einer seinerzeit aufgenommenen Langzeittherapie sei festgestellt worden, dass er unter einem Angsttrauma leide und für den Kassen- und Schalterbereich dauerhaft arbeitsunfähig sei. Ihm sei es nicht möglich, die Bank zu betreten. Er habe deshalb im Juli 2003 bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Erwerbsminderungsrente beantragt, über die noch nicht endgültig entschieden sei.
Die Beklagte zog neben den polizeilichen Ermittlungsakten medizinische Unterlagen bei, u.a. die Aufnahmemitteilung und den Bericht des Krankenhauses H. vom 16.09.1998 über die am 02.09.1998 begonnene Entwöhnungsbehandlung, den Entlassungsbericht der Fachklinik W./O. über die stationäre Behandlung vom 25.03. bis 15.07.2003 (Diagnosen: Alkohol-Abhängigkeitssyndrom, Bandscheibenvorfall L5 links mit Großzehenheberparese, Polyneuropathie, arterielle Hypertonie, Hyperurikämie), den Bericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. vom 17.11.2003 über die Vorstellung des Klägers vom selben Tag und das für die damalige B. unter dem 16.04.2004 durch Dr. H. , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, erstattete Gutachten (Diagnosen: alkoholtoxische axonale Polyneuropathie, Angsttrauma) sowie ferner das Vorerkrankungsverzeichnis der D. A. Krankenkasse (D.). Dieses weist nach dem in Rede stehenden Ereignis neben Akuterkrankungen, einer Außenknöchelfraktur und Abszessen Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Alkoholabhängigkeit und Entgiftung vom 02.09. bis 23.10.1998, u.a. wegen Alkoholabhängigkeit und psychischen Beschwerden vom 27.05.2002 bis 24.11.2003 und wegen Hypopharynxkarzinom vom 03.02. bis 31.03.2005 aus. Auf der Grundlage eines Leistungsfalles vom 21.02.2005 (Operation des Karzinoms) bezieht der Kläger seit dem 01.03.2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Beklagte veranlasste sodann das nervenärztliche Gutachten einschließlich ergänzender Stellungnahme des Arztes für Neurologie und Psychiatrie B. auf Grund Untersuchung des Klägers vom 02.05.2005. Der Gutachter ging diagnostisch von einer anhaltenden posttraumatischen phobischen Belastungsreaktion (Klagen über Ängste, Schlafstörungen und vegetative Begleitsyndrome, wie innere Unruhe, verstärktes Schwitzen, Schmerzen in der Herzgegend) aus, die er auf den Banküberfall zurückführte, und bewertete diese mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. Eine ihm mehrmals empfohlene psychologische Betreuung habe der Kläger nie wahrgenommen, bei adäquater Therapie sei jedoch mit einer Besserung zu rechnen. In der von der Beklagten sodann eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme schloss Priv.-Doz. Dr. R. , Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Neuroradiologie, die Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsreaktion aus. Zwar habe das Ereignis vom 06.11.1997 dazu geführt, dass später immer wieder eine Angstsymptomatik zum Durchbruch gekommen sei, diese sei jedoch in ein sich über lange Jahre hinziehendes vielgestaltiges unfallunabhängiges psychoreaktives Störungsbild eingebettet. Eine posttraumatische Belastungsstörung sei auch in der Klinik W. ausdrücklich ausgeschlossen worden. Der Gutachter habe psychosoziale Stressfaktoren, wie den Alkoholabusus und die damit zusammenhängenden Probleme am Arbeitsplatz und in der Familie unberücksichtigt gelassen. Bereits lange Jahre vor dem Ereignis sei der Kläger alkoholabhängig gewesen und habe unter depressiven Episoden gelitten. Die Angstsymptomatik sei allenfalls mit einer MdE um 10 v.H. zu bewerten.
Mit Bescheid vom 03.08.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente ab. Als Folgen des Versicherungsfalls anerkannte sie wiederkehrende Angstreaktionen nach Banküberfall. Als Folgen des Versicherungsfalls lehnte sie die Folgen der Alkoholerkrankung, die Folgen der Krebserkrankung sowie die Folgen des bereits vorbestehenden komplexen psychischen Störungsbildes ab. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte Befundberichte der Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. B. ein, die den Kläger von September bis Dezember 2005 psychotherapeutisch unter der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung behandelte. Sie beschrieb eine erhebliche Besserung der Symptome; die Therapie sei abgeschlossen. Die Beklagte holte sodann das Gutachten des Prof. Dr. F. , Leiter der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie im Universitätsklinikum T. , auf Grund Untersuchung des Klägers vom 29.03.2006 ein. Der Gutachter verneinte das Vorliegen einer klinisch relevanten psychiatrischen Erkrankung und schloss das Bestehen einer posttraumatischen Belastungsstörung aus. Die vorgebrachten Beschwerden mit ein- bis zweimal monatlich auftretenden Albträumen und Vermeidung von Nähe zu Banken oder von Gewaltszenen im Fernsehen seien ursächlich auf den Banküberfall zurückzuführen, führten jedoch nicht zu einer Diagnosestellung auf psychiatrischem Fachgebiet. Dementsprechend liege auch keine MdE vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2006, dem Kläger am 22.05.2006 zugestellt, wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Am 20.06.2006 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben, sich auf das Gutachten des Nervenarztes B. gestützt und unter Anerkennung weiterer psychischer Unfallfolgen die Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. beantragt.
Das SG hat die Verwaltungsakten der ehemaligen B. (jetzt: Deutschen R. B.) beigezogen und sachverständige Zeugenauskünfte des Dr. B. und des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. M. eingeholt. Dr. B. hat über Vorstellungen des Klägers ab dem 3. Quartal 1998 u.a. wegen der Alkoholerkrankung und Lähmungserscheinungen im linken Fuß berichtet und Dr. M. über Vorstellungen von Januar 1996 bis Mai 1997 wegen Akuterkrankungen und der Fußheberschwäche links. Darüber hinaus hat das SG das Gutachten des Dr. Sch. , Chefarzt der Abteilung Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie I im Psychiatrischen Zentrum N. , auf Grund Untersuchungen des Kläger vom 21. und 27.02.2007 sowie 06.03.2007 eingeholt. Der Sachverständige ist diagnostisch von einem Alkoholabhängigkeitssyndrom, gegenwärtig abstinent, ausgegangen und hat das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung, auch für die Vergangenheit, verneint. Auf Antrag des Kläger gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG ferner das Gutachten des Dr. Dipl.-Psych. W. , Mitarbeiter in der Sektion Psychotraumatologie im Zentrum für Psychosoziale Medizin im Universitätsklinikum H. , auf Grund Untersuchung des Klägers vom 14.09.2007 eingeholt. Der Sachverständige hat für den Zeitraum ab dem Überfallereignis bis zum Beginn der Psychotherapie bei Dr. B. im September 2005 eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert; auf Grund der guten Therapiefortschritte hat er die Kriterien dieser Diagnose danach nicht mehr für voll erfüllt angesehen. Die MdE hat er bis September 2005 auf 30 v.H. und anschließend bis zum Untersuchungszeitpunkt auf 20 v.H. eingeschätzt. Bei weiteren Therapiefortschritten sei seines Erachtens spätestens in zwei Jahren mit einer MdE um 0 v.H. zu rechnen. Zu der von der Beklagten hierzu vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme des Priv.-Doz. Dr. R. , der das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung als nicht hinreichend bewiesen erachtet hat, hat das SG die ergänzende Stellungnahme des Dr. Dipl.-Psych. W. eingeholt, der an der zuvor getroffenen Einschätzung festgehalten hat. Hierzu hat die Beklagte die weitere beratungsärztliche Stellungnahme des Priv.-Doz. Dr. R. vorgelegt, der gleichermaßen an seiner Beurteilung festgehalten hat.
Mit Gerichtsbescheid vom 31.08.2009 hat das SG die Klage gestützt auf das Gutachten des Dr. Sch. abgewiesen. Den Gutachten des Nervenarztes B. und des Sachverständigen Dr. Dipl.-Psych W. sei nicht zu folgen, da diese die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht hinreichend begründet hätten.
Am 24.09.2009 hat der Kläger dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, bei ihm sei es als Folge des Banküberfalls sowohl zu einer posttraumatischen Belastungsstörung als auch zu einer Alkoholerkrankung gekommen. Von der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung seien der Nervenarzt B. , die behandelnde Psychotherapeutin Dr. B. sowie der Sachverständige Dr. Dipl.-Psych. W. übereinstimmend ausgegangen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 31.08.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 03.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2006 zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 SGG zulässig; sie ist jedoch nicht begründet. Das Begehren auf formelle Anerkennung weiterer Unfallfolgen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht aufrecht erhalten.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 03.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2006 über die Ablehnung einer Verletztenrente ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger wegen der gesundheitlichen Folgen des Arbeitsunfalles vom 06.11.1997 Verletztenrente zu gewähren.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Bei dem Ereignis vom 06.11.1997, bei dem der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Kassierer der V. W. Opfer eines Raubüberfalles wurde, handelte es sich um einen Arbeitsunfall in diesem Sinne. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die Beklagte hat dieses Ereignis in dem angefochtenen Bescheid selbst als Versicherungsfall bezeichnet und es damit als Arbeitsunfall angesehen. Streitig ist lediglich, ob beim Kläger über die anerkannte Unfallfolge "wiederkehrende Angstreaktionen nach Banküberfall" hinaus ein weiterer gesundheitlicher Schaden - nach Ansicht des Klägers in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer Alkoholerkrankung - entstanden ist und hierdurch seine Erwerbsfähigkeit in einem rentenberechtigenden Ausmaß eingeschränkt ist.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.
Nach diesen Grundsätzen liegen beim Kläger als Folge des Raubüberfalls vom 06.11.1997 keine Gesundheitsschäden vor, die die Bewertung mit einer MdE in einem rentenberechtigenden Ausmaß rechtfertigen würden. Die von der Beklagten als Unfallfolge anerkannte "wiederkehrende Angstreaktionen nach Banküberfall" rechtfertigt, wie Dr. R. zutreffend ausgeführt hat, nicht die Bemessung mit einer MdE um wenigstens 20 v.H. Dies hat der Kläger auch selbst nicht geltend gemacht. Er ist vielmehr der Auffassung, dass er über die anerkannte Unfallfolge hinausgehend an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet und dadurch eine MdE in einem rentenberechtigenden Ausmaß erreicht wird. Im Berufungsverfahren hat er darüber hinaus geltend gemacht, dass auch seine Alkoholerkrankung auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sei.
Hiervon vermag sich der Senat nicht zu überzeugen. Denn es ist weder festzustellen, dass beim Kläger nach dem Raubüberfall vom 06.11.1997 eine posttraumatische Belastungsstörung aufgetreten ist, noch dass die bei ihm vorliegende Alkoholerkrankung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentlich ursächlich auf den Überfall zurückzuführen ist.
Nach dem internationalen Klassifikationssystem ICD-10 (F 43.1) entsteht eine posttraumatische Belastungsstörung als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf.
Dass der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet oder in der Vergangenheit an einer derartigen Erkrankung litt, vermag der Senat ebenso wenig festzustellen wie das SG. Er folgt vielmehr - wie zuvor schon das SG - den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. Sch. , der in Übereinstimmung mit dem von der Beklagten im Verwaltungsverfahren hinzugezogenen Gutachter Prof. Dr. F. sowie deren Beratungsarzt Priv.-Doz. Dr. R. die Kriterien für eine Zuordnung der beim Kläger aufgetretenen Störungen zu diesem Krankheitsbild nicht als erfüllt angesehen hat.
Angesichts der Bedrohung des Klägers mit Waffengewalt hat Dr. Sch. die Erfüllung des sog. A-Kriteriums einer posttraumatischen Belastungsstörung (drohende Lebensgefahr, Schutz- und Hilflosigkeit) überzeugend bejaht, wenngleich der Kläger - so Dr. Sch. - während des Überfalls und danach bemerkenswert besonnen reagierte, in dem er sehr frühzeitig und vor der eigenen Bedrohung Alarm auslöste, die Kollegen nach der Flucht der Täter zur Dokumentation ihrer Beobachtungen auf einem Formblatt veranlasste, in unmittelbarem Anschluss gegenüber der Polizei umfangreiche präzise Angaben machen konnte und auch seine Arbeit ohne Unterbrechung am Tag nach dem Überfall wieder aufnahm. Gleichermaßen überzeugend hat er für den Senat aber auch dargelegt, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass die weiteren Kriterien für die diagnostische Zuordnung des beim Kläger aufgetretenen Krankheitsbildes zu einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllt sind, wie das Vorliegen von anhaltenden Nachhallerinnerungen, eines spezifischen Vermeidungsverhaltens sowie einer vegetativen Übererregbarkeit. Solche Symptombildungen treten nach den Darlegungen des Sachverständigen Dr. Sch. normalerweise - nach dem Klassifikationssystem DSM-IV - innerhalb der ersten drei Monate oder - nach ICD-10 - innerhalb von sechs Monaten nach dem Belastungsereignis auf. Zwar lassen beide Klassifikationssysteme als Sonderfall auch später auftretende posttraumatische Belastungsstörungen zu. Jedoch ist - so überzeugend der Sachverständige - selbst im Jahr 2003, also rund sechs Jahre nach dem Ereignis, in den aktenkundigen medizinischen Unterlagen noch keine entsprechende spezifische Symptomatik dokumentiert. Für den Zeitraum bis zum Beginn der stationären Behandlung in der Fachklinik Wilhelmsheim, die er im März 2003 antrat, hat der Kläger gegenüber dem Sachverständigen Dr. Sch. sogar selbst angegeben, dass eine entsprechende Symptomatik nicht aufgetreten sei. Auch für den Zeitraum dieser Behandlung, die bis Juli 2003 andauerte, ist das Auftreten einer solchen Symptomatik nicht dokumentiert. So findet sich im Entlassungsbericht der Fachklinik W. vom 22.07.2003 - worauf der Sachverständigen Dr. Sch. zutreffend hingewiesen hat - kein psychopathologischer Befund, der die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung rechtfertigen könnte. Ausdrücklich wird vielmehr sogar dargelegt, dass eine posttraumatische Belastungsstörung ausgeschlossen wurde. Im Hinblick auf die entsprechenden Ausführungen ("Nach eingehender Exploration kann eine posttraumatische Belastungsstörung nach ICD-10 ausgeschlossen werden. Herr S. ist in der Folge des Belastungsereignisses in der Lage gewesen, seine beruflichen Aufgaben im erforderlichen Umfang zu erledigen. Hier gab es zwar deutliche emotionale Störeinflüsse, etwa wenn situative Aspekte des Banküberfalls wie Tages- und/oder Jahreszeit entsprechende Erinnerungen auslösten. Dies führte jedoch zu keinerlei stabilem Vermeidungsverhaltung oder einer dauerhaften signifikanten Beeinträchtigung im Berufs- und sonstigen Lebensalltag."), die deutlich machen, dass die behandelnden Ärzte eine solche Erkrankung in Betracht zogen und gezielt eine Abklärung der beim Kläger aufgetretenen Symptome vornahmen, sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger zum Zeitpunkt der Entlassung aus der Fachklinik W. Mitte Juli 2003 gleichwohl eine posttraumatische Belastungsstörung vorlag.
Nach den aktenkundigen Unterlagen stellte auch unmittelbar nach Entlassung des Klägers aus der Fachklinik W. keiner der mit den psychischen Erkrankungen des Klägers befassten Ärzte die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung. Soweit der Kläger im Jahr 2004 im Hinblick auf seinen seinerzeitigen Rentenantrag auf Veranlassung der damaligen B. durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. gutachterlich untersucht wurde, dokumentierte auch dieser keinen Befund, der eine entsprechende Diagnose rechtfertigen würde. Entsprechend ging er diagnostisch auch lediglich von einem Angsttrauma aus, das er auf den Banküberfall zurückführte.
Soweit die Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. B. , die den Kläger von September bis Dezember 2005 behandelte in ihren Befundberichten an die Beklagte als Diagnose eine posttraumatische Belastungsstörung aufführte, lässt sich auch hierauf nicht die Annahme stützen, der Kläger leide seit dem Banküberfall an einer entsprechenden Erkrankung. Zum einen trat der Kläger erst rund acht Jahre nach dem in Rede stehenden Ereignis in die Behandlung der Dr. B. , so dass diese Ärztin über den Zustand des Klägers in der Vergangenheit keine Aussage treffen konnte. Zum anderen geht Dr. B. , wie ihren eigenen Ausführungen zu entnehmen ist, aber ganz offensichtlich von falschen Tatsachen aus. Denn ihren Darlegungen in dem Befundbericht vom 11.12.2005 zufolge sei beim Kläger im Rahmen der Alkoholentwöhnungsbehandlung im Jahr 2003 "eine posttraumatische Belastungsstörung entdeckt" worden, diese mit "EMDR anbehandelt", die Therapie jedoch nicht vollständig beendet worden, gleichwohl seien seither die massiven Angst- und Panikattacken des Klägers einigermaßen unter Kontrolle. All dies trifft aber nicht zu. Denn wie oben bereits dargelegt ist dem Entlassungsbericht der Fachklinik W. gerade Gegenteiliges zu entnehmen, dass nämlich nach eingehender Exploration eine posttraumatische Belastungsstörung gerade ausgeschlossen werden konnte. Aus der in den Befundberichten der Dr. B. dokumentierten Diagnose posttraumatische Belastungsstörung vermag der Senat daher nicht abzuleiten, dass der Kläger jedenfalls bis zur Behandlung durch Dr. B. , die die Therapie zunächst im Dezember 2005 abschloss (vgl. Befundbericht vom 16.12.2005), an einer entsprechenden Erkrankung litt.
Soweit der von der Beklagten hinzugezogene Gutachter B. ohne Bezugnahme auf ein Klassifikationssystem auf der Grundlage seiner gutachtlichen Untersuchung vom Mai 2005 eine anhaltende posttraumatische phobische Belastungsreaktion nahm, lässt sich auch hieraus nicht ableiten, dass beim Kläger zu dessen Untersuchungszeitpunkt eine posttraumatische Belastungsstörung vorlag. Insoweit hat Dr. Sch. für den Senat überzeugend eingewandt, dass der Gutachter die Symptombildungen lediglich oberflächlich und zu pauschal skizzierte ("wiederkehrende Erinnerungen", "panikähnliche Ängste und vegetative Begleitsymptomatik") und nicht in den Verlauf des klinischen Bildes seit dem Überfallereignis einordnete. Zudem beschrieb er kein stabiles Muster von Vermeidungsverhalten und auch keine Zeichen psychovegetativer Überstimulierung als anhaltende Symptomatik. Priv.-Doz. Dr. R. wies nach Auffassung des Senats darüber hinaus zu Recht darauf hin, dass der Gutachter die vom Kläger beschriebene Symptomatik (Ängste, Schlafstörungen und vegetative Begleitsyndrome, wie innere Unruhe, verstärktes Schwitzen, Schmerzen in der Herzgegend) unkritisch mit dem in Rede stehenden Ereignis in Verbindung brachte, ohne andere psychosoziale Stressfaktoren zu berücksichtigen, wie etwa die Probleme am Arbeitsplatz und in der Familie und den Alkoholabusus. Insbesondere sind die vom Kläger selbst als Auslöser einer Dekompensation angeführten Belastungen im Zusammenhang mit der Einführung des Euro, die im Jahr 2003 erfolgte Trennung von der Ehefrau sowie gerade auch die Anfang 2005 festgestellte Krebserkrankung mit Operation im Februar 2005 und laufender Strahlentherapie und bevorstehender Chemotherapie unberücksichtigt geblieben.
Außerdem ging der Gutachter B. - ebenso wie später Dr. B. - ebenfalls davon aus, dass beim Kläger anlässlich seiner Behandlung in der Fachklinik W. eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert wurde. Denn im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme wies er auf den Entlassungsbericht der Fachklinik W. hin, in dem sich - so der Gutachter B. - die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung finde. Dies trifft - wie bereits dargelegt - aber gerade nicht zu, weil das Vorliegen einer entsprechenden Erkrankung von dortiger Seite nicht bejaht, sondern, im Gegenteil, vielmehr gerade ausgeschlossen wurde. Auch in dem von dem Gutachter in diesem Zusammenhang als weiteren Beleg für das Vorliegen der in Rede stehenden Erkrankung aufgeführten Arztbrief des Dr. M. vom 17.11.2003 findet sich die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht. Beschrieben wird lediglich, dass der Kläger über eine gewisse Lustlosigkeit und vor allem über Angstzustände geklagt habe, weshalb er, Dr. M. , ihm geraten habe, sich in psychotherapeutische Behandlung zu begeben. Auch soweit sich der Gutachter B. zur Stützung seiner Auffassung auf das für die damalige B. erstattete Gutachten des Dr. H. bezog gilt Entsprechendes. Denn wie bereits ausgeführt, ging Dr. H. von einem Angsttrauma als Folge des Banküberfalls aus, diagnostizierte eine posttraumatische Belastungsstörung jedoch gerade nicht.
Schließlich erhob auch Prof. Dr. F. , der von der Beklagten im Widerspruchsverfahren mit einer Begutachtung des Klägers beauftragt wurde, anlässlich seiner Untersuchung im März 2006 keine Befunde, die auf das Vorliegen einer posttraumatische Belastungsstörung hinweisen würden. Die vom Kläger gegenüber dem Gutachter vorgebrachten Beschwerden mit ein- bis zweimal monatlich auftretenden Albträumen und die Vermeidung der Nähe von Banken oder Gewaltszenen im Fernsehen rechtfertigen - wie der Gutachter überzeugend darlegte - die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht.
Soweit Dr. Dipl.-Psych. W. in seinem auf Antrag des Klägers erstatteten Gutachten demgegenüber ab dem Zeitpunkt des Überfalls am 06.11.1997 bis September 2005 diagnostisch von einer posttraumatischen Belastungsstörung ausgegangen ist, überzeugt dies nicht. Der Sachverständige hat diese Diagnose ersichtlich aus den Schilderungen des Klägers anlässlich der im September 2007, also rund zehn Jahre nach dem Raubüberfall, erfolgten gutachtlichen Untersuchung abgeleitet. Dabei hat der Kläger angegeben, dass er nach dem Ereignis Schlafstörungen entwickelt habe und die Bilder an den Überfall sich immer wieder unwillkürlich aufgedrängt hätten. Auch habe er angefangen regelmäßig Alkohol zu konsumieren. Er habe die Arbeit in der Bank zwar zunächst nicht vermieden, jedoch hätte es ihm jeden Morgen vor der Fahrt zur Bank den Magen zusammengezogen. In der Bank habe er sich sehr unsicher gefühlt, habe öfters Atemnot, kalten Schweiß auf der Stirn und Magenkrämpfe bekommen. Bei der Einfahrt in den Parkplatz der Bank habe er alles genau beobachtet, was er von dort aus habe einsehen können. In der Bank selbst habe er jeden Tag die Sicherheit überprüft, insbesondere habe er darauf geachtet, ob die Sicherheitskameras nicht verstellt seien und funktionierten. Auch habe er jedes Mal überprüft, dass die selbstschließende Tür der Kassenbox auch einraste. Er habe deshalb ständig unter Anspannung gestanden, häufig Schweißausbrüche erlebt, jedes Geräusch in der Bank gekannt und sei für alles sensibilisiert gewesen, was ihn hätte angreifbar machen können. Von Belastungen dieses Ausmaßes unmittelbar ab dem Überfallereignis hat der Kläger dem Sachverständigen Dr. Sch. anlässlich dessen gutachterlicher Untersuchung rund sechs Monate zuvor im Februar und März 2007 nicht berichtet. So hat der Kläger auf dessen ausdrückliche Frage nach unwillkürlichen Wiedererinnerungen an das Schädigungsereignis angegeben, solche hätte es in den ersten Jahren nach dem Ereignis nicht gegeben ("in dem Sinne hatte ich gar keine bewussten Erinnerungen"). Unwillkürliche Wiedererinnerungen seien erstmals in der Rehabilitationseinrichtung aufgetreten. Gegenüber dem Sachverständigen Dr. Sch. hat der Kläger zwar ebenfalls über eine Nervosität berichtet, diese jedoch vor allem in Zusammenhang mit der Euroeinführung gebracht, bei der er sich intensiv mit Sicherheitsvorschriften habe auseinandersetzen müssen. Auf die ausdrückliche Nachfrage des Sachverständigen, ob bei ihm eine anhaltende Nervosität vorgelegen habe, hat er dies verneint und angegeben, diese sei jeweils anlassbezogen gewesen. Diese sei an langen Donnerstagen ab 17.00 Uhr (Überfallzeitraum) aufgetreten, ebenso die erhöhte Schwitzneigung. Manchmal habe auch ein "unwohles Gefühl" bestanden. Zu irgendwelchen Vermeidungshandlungen führte dieses Gefühl jedoch nicht. Auf diese Diskrepanzen in der Beschwerdeschilderung ist der Sachverständige Dr. Dipl.-Psych. W. nicht eingegangen. Auch hat er sich nicht hinreichend damit auseinandergesetzt, dass die Ärzte der Fachklinik W. , die den Kläger im Jahr 2003, also deutlich zeitnäher zu dem Überfallereignis, im Hinblick auf eine posttraumatische Belastungsstörung - ihren Darlegungen zufolge - eingehend explorierten. Soweit der Sachverständige auf den entsprechenden Einwand des Priv.-Doz. Dr. R. im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme angemerkt hat, dem Entlassungsbericht der Fachklinik W. seien keine Gründe zu entnehmen, weshalb diese Diagnose ausgeschlossen wurde, trifft dies nicht zu. Denn insoweit wurde näher dargelegt, dass der Kläger in der Lage war, seine beruflichen Aufgaben in dem erforderlichen Umfang zu erledigen, zwar deutliche emotionale Störeinflüsse vorhanden waren, wie etwa wenn situative Aspekte des Banküberfalls (Tages- und/oder Jahreszeit) entsprechende Erinnerungen auslösten, jedoch kein stabiles Vermeidungsverhalten und keine dauerhafte signifikante Beeinträchtigung im Berufs- und sonstigen Lebensalltag vorlag. Zu Recht hat der Beratungsarzt der Beklagten Priv.-Doz. Dr. R. im Übrigen auch darauf hingewiesen, dass sich aus dem Umstand, dass der Kläger von der bei Dr. B. durchgeführten Psychotherapie gut profitierte, nicht rückgeschlossen werden kann, dass eine posttraumatische Belastungsstörung vorlag. Vor dem Hintergrund all dieser Gesichtspunkte überzeugt es den Senat nicht, wenn Dr. Dipl.-Psych. W. im Wesentlichen auf Grund der aktuellen Angaben des Klägers im September 2007 und ohne zeitnah dokumentierte Befundsituation für einen zwischen zwei und zehn Jahren zurückliegenden Zeitraum die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung stellt.
Soweit der Kläger an einem Alkoholabhängigkeitssyndrom leidet vermag der Senat nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dieses rechtlich wesentlich auf das Überfallereignis zurückzuführen ist. Auch insoweit überzeugt das Gutachten des Dr. Dipl.-Psych. W. nicht. Zwar ist nachvollziehbar, dass traumatisierte Patienten, sofern sie sich nicht frühzeitig in Behandlung begeben, nach aktueller Forschung - so der Sachverständige Dr. Dipl.-Psych. W. - oft in eine Alkoholabhängigkeit geraten, die im Sinne einer Selbstmedikation gegen sich aufdrängende Bilder vom Ereignis, innere Unruhe und Schlafstörungen zu verstehen ist. Allerdings vermag sich der Senat gleichwohl nicht davon zu überzeugen, dass die Alkoholabhängigkeit des Klägers - wie er selbst meint - erst nach dem Überfall aufgetreten ist. Der Sachverständige Dr. Sch. hat insoweit vielmehr überzeugend darauf hingewiesen, dass die diesbezüglichen eigenen Angaben des Klägers im Vergleich zu seinen Angaben anlässlich der Vorgutachten uneinheitlich sind (Angabe bei Dr. Sch.: regelmäßig Alkohol erst nach dem Überfall - auf gezielte Nachfrage: kurze Phase vermehrten Alkoholkonsums nach Tod der ersten Ehefrau im Mai 1990; Angabe gegenüber Prof. Dr. F.: nach dem Tod der ersten Ehefrau habe er "nicht mehr Alkohol als zuvor getrunken") und auch nicht in Einklang stehen mit der Dokumentation früherer Angaben (Angabe gegenüber Dr. M. am 23.10.2002: nach dem Tod der Ehefrau "habe er vermehrt Alkohol, teilweise exzessiv, konsumiert"). Auch im Behandlungsbericht des Krankenhauses H. vom 16.09.1998, wo der Kläger im September 1998 eine Entgiftungsbehandlung durchführte, ist ausgeführt, dass der Kläger bereits seit mehr als zehn Jahren Alkoholprobleme habe und bereits im Jahr zuvor Gefühlsstörungen in den Beinen aufgetreten seien. Die damalige Einschätzung von seit zehn Jahren bestehenden Alkoholproblemen wird gerade auch gestützt durch die aufgeführten Diagnosen "C2-Problematik, Äthylismus, Polytoxikomanie, Steat.hep.III". Denn bei den beschriebenen somatischen Komplikationen einer hochgradigen Fettleber und einer Störung der Tiefensensibilität handelt es sich - so Dr. Sch. - um typische Langzeitfolgen eines hohen Alkoholkonsums. Eine differenzierte retrospektive Analyse des Alkoholkonsums ist auch dem Entlassungsbericht der Fachklinik W. zu entnehmen, in dem ausgeführt ist, dass der Kläger nach eigenen Angaben etwa seit 1967 regelmäßig Alkohol getrunken habe, die Entwicklung der Trinkmenge weitgehend kontinuierlich verlaufen sei und seit 1970 von einer Alkoholabhängigkeit gesprochen werden könne. Vor diesem Hintergrund ist der Senat davon überzeugt, dass die Alkoholabhängigkeit des Klägers bereits lange vor dem Schädigungsereignis bestand und nicht ursächlich mit diesem in Zusammenhang gebracht werden kann. Dem Überfallereignis ist auch keine richtungsgebende Verschlimmerung beizumessen. Denn schließlich gelang es dem Kläger - wie der Sachverständige Dr. Sch. überzeugend dargelegt hat - nach der ersten Entgiftung im September 1998 langjährig abstinent zu bleiben. Zu einem Rückfall führten dann eine gravierende berufliche Überforderung und episodisch exazerbierende innerpartnerschaftliche Konflikte, also unfallunabhängige Faktoren.
Nach alledem kann die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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Aus
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