Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 19 AS 1551/09 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 81/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Frage der Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 08.12.2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab Oktober 2009.
Die 1971 geborene Antragstellerin (ASt) beantragte am 28.10.2009 für sich und ihren 2004 geborenen Sohn N. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld - Alg II -).
Mit Bescheid vom 24.11.2009 bewilligte die Ag der ASt gemäß § 42 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) einen Vorschuss für die Zeit vom 28.10.2009 bis 31.10.2009 i.H.v. 88,21 Euro und für die Zeit vom 01.11.2009 bis 31.12.2009 i.H.v. monatlich 661,50 Euro.
Am selben Tag forderte die Ag die ASt auf, im Rahmen der Mitwirkungspflicht u.a. Kontoauszüge ab dem Monat August 2009 fortlaufend bis zum aktuellen Auszug (lückenlos und sortiert) vorzulegen. In dem Schreiben wurde die ASt darauf hingewiesen, dass die Ag bei einer Nichteinreichung der Unterlagen beabsichtige, die Geldleistung zu versagen. Mit Schreiben vom 14.12.2009 und 22.12.2009 ist die Aufforderung mit dem Hinweis auf die Leistungsversagung wiederholt worden. Mit mehreren Schreiben sowohl gegenüber dem Sozialgericht Nürnberg als auch gegenüber der Ag hat die ASt zum Ausdruck gebracht, die geforderten Unterlagen nicht vorlegen zu wollen. Am 22.12.2010 hat die Ag für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.01.2010 einen weiteren Vorschuss i.H.v. 661,50 Euro bewilligt.
Am 22.01.2010 versagte die Ag die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab 01.02.2010 gemäß § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) ganz. Die von der ASt geforderten Unterlagen, welche für die Nachberechnung des Leistungsanspruchs aufgrund der Vorschussgewährung und für die weitere Entscheidung über den Leistungsanspruch erforderlich seien, seien von der ASt trotz Aufforderung mit Fristsetzung und Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vollständig vorgelegt worden. Im Rahmen der Ermessensabwägung sei zu berücksichtigen gewesen, dass es der ASt ohne erheblichen Aufwand möglich gewesen wäre, die geforderten Unterlagen vorzulegen. Die ASt habe damit eine Prüfung des Leistungsanspruchs verunmöglicht. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch ist nach Aktenlage noch nicht entschieden worden.
Bereits am 22.11.2009 hat die ASt beim Sozialgericht Nürnberg (SG) im Rahmen einer einstweiligen Anordnung beantragt, ihr Leistungen nach dem SGB II ab Antragstellung zu bewilligen. Es bestünde eine dringende Notlage, es drohe eine Stromsperre sowie die Kündigung der Wohnung. Darüber hinaus hat sie Prozesskostenhilfe für das sozialgerichtliche Verfahren beantragt.
Mit Beschluss vom 08.12.2009 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die ASt habe mangels Vorlage der von der Ag geforderten Kontoauszüge ihre Hilfebedürftigkeit i.S.d. § 9 SGB II nicht ausreichend glaubhaft gemacht.
Gegen den ablehnenden Beschluss hat die ASt Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Für die Monate Oktober bis Dezember habe wegen der Leistungskürzung nur ein Teil der Miete geleistet werden können. Ab Februar läge überhaupt keine Leistungszusage vor, so dass das Existenzminimum nicht gesichert sei. Darüber hinaus hat die ASt Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Ag sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag der ASt ab 01.02.2010 war als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG auszulegen, denn die ASt hat gegen den im laufenden Verfahren ergangenen Versagungsbescheid der Ag vom 22.01.2010 Widerspruch eingelegt.
Hiernach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise in Fällen anordnen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben. Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung.
Unter Berücksichtigung des § 39 Nr 1 SGB II ist von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten des Suspensiveffekts auszugehen, da der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung zunächst angeordnet hat. Davon abzuweichen besteht nur Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten festzustellen ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, 9.Aufl, § 86b Rdnr 12a). Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und ist der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird ausgesetzt, weil dann ein überwiegendes öffentliches Interesse oder Interesse eines Dritten an der Vollziehung nicht erkennbar ist. Ist die Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens und die Entscheidung des Gesetzgebers in § 39 Nr 1 SGB II mit berücksichtigt werden (vgl. zum Ganzen: Keller aaO Rdnr 12c).
Vorliegend ist der Versagungsbescheid vom 22.01.2010 rechtmäßig, damit hat es bei der gesetzlichen Grundintention des sofortigen Vollzuges zu verbleiben.
Gemäß § 66 Abs 1 Satz 1 SGB I kann ein Leistungsträger, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, ohne weitere Ermittlungen die Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Der Umfang der Mitwirkungspflicht ergibt sich aus § 60 Abs 1 Nr 1 und Nr 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält,
- alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen
Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
- Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Nach § 66 Abs 3 SGB I darf eine Versagung oder Entziehung nur erfolgen, wenn der Leistungsberechtigte auf seine Mitwirkungspflichten unter Fristsetzung und unter Hinweis auf die Folgen mangelnder Mitwirkung schriftlich hingewiesen worden ist. Die Entscheidung über die Versagung unterliegt hinsichtlich des Ob und des Wie dem Ermessen der Behörde (vgl. BSG SozR-3-1200 § 66 Nr 3).
Der Versagungsbescheid vom 22.01.2010 war gemäß § 66 Abs. 3 SGB I formell rechtmäßig. Die Ag hat der ASt mit Schreiben vom 24.11.2009 eine Frist zur Erledigung gesetzt, der Versagungsbescheid ist nach Fristablauf ergangen. Das Aufforderungsschreiben war mit einer Rechtsfolgenbelehrung versehen, die sich zwar nicht auf die Wiederholung des Gesetzeswortlautes oder Belehrung allgemeiner Art beschränkt hat (vgl. insoweit BSG SozR 4100 § 132 Nr 1), aber auch nicht die gesamten Rechtsfolgen bezeichnet und die Notwendigkeit einer Ermessensentscheidung benennt. Die Ag hat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass bei einem Unterlassen der Mitwirkung die beantragte Leistung ohne weitere Ermittlung ganz versagt werde.
Die ASt ist ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Sie hat keine der von der Ag geforderten Nachweise und Unterlagen vorgelegt. Jedenfalls die Verpflichtung der Vorlage von Kontoauszügen der letzten 3 Monate (vgl. insoweit BSGE 101, 260ff; BSG Urteil vom 19.02.2009, ZFSH/SGB 2009, 282ff) war rechtmäßig. Die Mitwirkungspflicht des Grundleistungsempfängers dient Gemeinwohlbelangen von erheblicher Bedeutung. Der Grundsicherungsempfänger beantragt staatliche Fürsorgeleistungen, die ihm ohne jegliche Gegenleistung (etwa in Form von vorher gezahlten Beiträgen etc.) nur aufgrund seiner Hilfebedürftigkeit gewährt werden. Dem Staat bzw. der Gemeinschaft der Steuerzahler muss daher erlaubt sein, sich davor zu schützen, dass diese Grundsicherungsleistungen an Nichtbedürftige gewährt werden, die über weitere finanzielle Mittel verfügen, diese jedoch gegenüber dem Grundsicherungsträger verschweigen bzw. nicht offenlegen (vgl. insoweit BSGE aaO). Dies gilt entgegen der Auffassung der ASt nicht nur auch, sondern gerade vordringlich, bei einer erstmaligen Leistungsgewährung. Die Ag hat im Bescheid vom 22.01.2010 das ihr zustehende Ermessen ausgeübt und dies im Bescheid auch ausführlich begründet.
Da somit der Versagungsbescheid rechtmäßig ist, hat es bei der gesetzlichen Grundintention des § 39 Nr 1 SGB II zu verbleiben. Der von der ASt eingelegte Widerspruch gegen diesen Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Mit der Ablehnung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung steht der rechtmäßige Versagungsbescheid der Statthaftigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG entgegen (vgl BayLSG vom 16.04.2009 - Az. L 11 AS 140/09 B ER).
Unabhängig davon besteht auch bei Unterstellung, die erteilte Rechtsfolgenbelehrung sei nicht ausreichend, kein Anlass in einem zweiten Schritt die beantragte einstweilige Anordnung zu erlassen, denn aufgrund der unzureichenden Auskünfte der ASt kann eine Hilfebedürftigkeit nicht geprüft werden. Den Nachweis hierfür hat die ASt zu erbringen. Mangels entsprechender Nachweise kann somit auch eine - vorläufige - Leistung nicht bewilligt werden.
Soweit sich die ASt im Rahmen der Beschwerde aber auch gegen die Bewilligung im Leistungszeitraum vom 28.10.2009 bis 31.01.2010 wendet, ist § 86b Abs 2 Satz 2 SGG (Regelungsanordnung) die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, denn die ASt macht für diesen Zeitraum höhere Ansprüche geltend.
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat die Ast glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller aaO § 86b Rn. 41).
Für den Zeitraum vom 28.10.2009 bis 31.01.2010 fehlt es aber - wie oben - wegen unzureichender Angaben der ASt zur Einkommens- und Vermögenssituation schon an einem glaubhaft gemachten Anordnungsanspruch.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren war ebenso abzulehnen. Gemäß § 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff Zivilprozessordnung erhält ein Berechtigter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Prozesskosten nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen bestehen hinreichende Erfolgsaussichten für das Beschwerdeverfahren nicht. Damit kommt es auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der ASt nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab Oktober 2009.
Die 1971 geborene Antragstellerin (ASt) beantragte am 28.10.2009 für sich und ihren 2004 geborenen Sohn N. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld - Alg II -).
Mit Bescheid vom 24.11.2009 bewilligte die Ag der ASt gemäß § 42 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) einen Vorschuss für die Zeit vom 28.10.2009 bis 31.10.2009 i.H.v. 88,21 Euro und für die Zeit vom 01.11.2009 bis 31.12.2009 i.H.v. monatlich 661,50 Euro.
Am selben Tag forderte die Ag die ASt auf, im Rahmen der Mitwirkungspflicht u.a. Kontoauszüge ab dem Monat August 2009 fortlaufend bis zum aktuellen Auszug (lückenlos und sortiert) vorzulegen. In dem Schreiben wurde die ASt darauf hingewiesen, dass die Ag bei einer Nichteinreichung der Unterlagen beabsichtige, die Geldleistung zu versagen. Mit Schreiben vom 14.12.2009 und 22.12.2009 ist die Aufforderung mit dem Hinweis auf die Leistungsversagung wiederholt worden. Mit mehreren Schreiben sowohl gegenüber dem Sozialgericht Nürnberg als auch gegenüber der Ag hat die ASt zum Ausdruck gebracht, die geforderten Unterlagen nicht vorlegen zu wollen. Am 22.12.2010 hat die Ag für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.01.2010 einen weiteren Vorschuss i.H.v. 661,50 Euro bewilligt.
Am 22.01.2010 versagte die Ag die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab 01.02.2010 gemäß § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) ganz. Die von der ASt geforderten Unterlagen, welche für die Nachberechnung des Leistungsanspruchs aufgrund der Vorschussgewährung und für die weitere Entscheidung über den Leistungsanspruch erforderlich seien, seien von der ASt trotz Aufforderung mit Fristsetzung und Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vollständig vorgelegt worden. Im Rahmen der Ermessensabwägung sei zu berücksichtigen gewesen, dass es der ASt ohne erheblichen Aufwand möglich gewesen wäre, die geforderten Unterlagen vorzulegen. Die ASt habe damit eine Prüfung des Leistungsanspruchs verunmöglicht. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch ist nach Aktenlage noch nicht entschieden worden.
Bereits am 22.11.2009 hat die ASt beim Sozialgericht Nürnberg (SG) im Rahmen einer einstweiligen Anordnung beantragt, ihr Leistungen nach dem SGB II ab Antragstellung zu bewilligen. Es bestünde eine dringende Notlage, es drohe eine Stromsperre sowie die Kündigung der Wohnung. Darüber hinaus hat sie Prozesskostenhilfe für das sozialgerichtliche Verfahren beantragt.
Mit Beschluss vom 08.12.2009 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die ASt habe mangels Vorlage der von der Ag geforderten Kontoauszüge ihre Hilfebedürftigkeit i.S.d. § 9 SGB II nicht ausreichend glaubhaft gemacht.
Gegen den ablehnenden Beschluss hat die ASt Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Für die Monate Oktober bis Dezember habe wegen der Leistungskürzung nur ein Teil der Miete geleistet werden können. Ab Februar läge überhaupt keine Leistungszusage vor, so dass das Existenzminimum nicht gesichert sei. Darüber hinaus hat die ASt Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Ag sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag der ASt ab 01.02.2010 war als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG auszulegen, denn die ASt hat gegen den im laufenden Verfahren ergangenen Versagungsbescheid der Ag vom 22.01.2010 Widerspruch eingelegt.
Hiernach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise in Fällen anordnen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben. Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung.
Unter Berücksichtigung des § 39 Nr 1 SGB II ist von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten des Suspensiveffekts auszugehen, da der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung zunächst angeordnet hat. Davon abzuweichen besteht nur Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten festzustellen ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, 9.Aufl, § 86b Rdnr 12a). Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und ist der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird ausgesetzt, weil dann ein überwiegendes öffentliches Interesse oder Interesse eines Dritten an der Vollziehung nicht erkennbar ist. Ist die Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens und die Entscheidung des Gesetzgebers in § 39 Nr 1 SGB II mit berücksichtigt werden (vgl. zum Ganzen: Keller aaO Rdnr 12c).
Vorliegend ist der Versagungsbescheid vom 22.01.2010 rechtmäßig, damit hat es bei der gesetzlichen Grundintention des sofortigen Vollzuges zu verbleiben.
Gemäß § 66 Abs 1 Satz 1 SGB I kann ein Leistungsträger, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, ohne weitere Ermittlungen die Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Der Umfang der Mitwirkungspflicht ergibt sich aus § 60 Abs 1 Nr 1 und Nr 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält,
- alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen
Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
- Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Nach § 66 Abs 3 SGB I darf eine Versagung oder Entziehung nur erfolgen, wenn der Leistungsberechtigte auf seine Mitwirkungspflichten unter Fristsetzung und unter Hinweis auf die Folgen mangelnder Mitwirkung schriftlich hingewiesen worden ist. Die Entscheidung über die Versagung unterliegt hinsichtlich des Ob und des Wie dem Ermessen der Behörde (vgl. BSG SozR-3-1200 § 66 Nr 3).
Der Versagungsbescheid vom 22.01.2010 war gemäß § 66 Abs. 3 SGB I formell rechtmäßig. Die Ag hat der ASt mit Schreiben vom 24.11.2009 eine Frist zur Erledigung gesetzt, der Versagungsbescheid ist nach Fristablauf ergangen. Das Aufforderungsschreiben war mit einer Rechtsfolgenbelehrung versehen, die sich zwar nicht auf die Wiederholung des Gesetzeswortlautes oder Belehrung allgemeiner Art beschränkt hat (vgl. insoweit BSG SozR 4100 § 132 Nr 1), aber auch nicht die gesamten Rechtsfolgen bezeichnet und die Notwendigkeit einer Ermessensentscheidung benennt. Die Ag hat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass bei einem Unterlassen der Mitwirkung die beantragte Leistung ohne weitere Ermittlung ganz versagt werde.
Die ASt ist ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Sie hat keine der von der Ag geforderten Nachweise und Unterlagen vorgelegt. Jedenfalls die Verpflichtung der Vorlage von Kontoauszügen der letzten 3 Monate (vgl. insoweit BSGE 101, 260ff; BSG Urteil vom 19.02.2009, ZFSH/SGB 2009, 282ff) war rechtmäßig. Die Mitwirkungspflicht des Grundleistungsempfängers dient Gemeinwohlbelangen von erheblicher Bedeutung. Der Grundsicherungsempfänger beantragt staatliche Fürsorgeleistungen, die ihm ohne jegliche Gegenleistung (etwa in Form von vorher gezahlten Beiträgen etc.) nur aufgrund seiner Hilfebedürftigkeit gewährt werden. Dem Staat bzw. der Gemeinschaft der Steuerzahler muss daher erlaubt sein, sich davor zu schützen, dass diese Grundsicherungsleistungen an Nichtbedürftige gewährt werden, die über weitere finanzielle Mittel verfügen, diese jedoch gegenüber dem Grundsicherungsträger verschweigen bzw. nicht offenlegen (vgl. insoweit BSGE aaO). Dies gilt entgegen der Auffassung der ASt nicht nur auch, sondern gerade vordringlich, bei einer erstmaligen Leistungsgewährung. Die Ag hat im Bescheid vom 22.01.2010 das ihr zustehende Ermessen ausgeübt und dies im Bescheid auch ausführlich begründet.
Da somit der Versagungsbescheid rechtmäßig ist, hat es bei der gesetzlichen Grundintention des § 39 Nr 1 SGB II zu verbleiben. Der von der ASt eingelegte Widerspruch gegen diesen Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Mit der Ablehnung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung steht der rechtmäßige Versagungsbescheid der Statthaftigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG entgegen (vgl BayLSG vom 16.04.2009 - Az. L 11 AS 140/09 B ER).
Unabhängig davon besteht auch bei Unterstellung, die erteilte Rechtsfolgenbelehrung sei nicht ausreichend, kein Anlass in einem zweiten Schritt die beantragte einstweilige Anordnung zu erlassen, denn aufgrund der unzureichenden Auskünfte der ASt kann eine Hilfebedürftigkeit nicht geprüft werden. Den Nachweis hierfür hat die ASt zu erbringen. Mangels entsprechender Nachweise kann somit auch eine - vorläufige - Leistung nicht bewilligt werden.
Soweit sich die ASt im Rahmen der Beschwerde aber auch gegen die Bewilligung im Leistungszeitraum vom 28.10.2009 bis 31.01.2010 wendet, ist § 86b Abs 2 Satz 2 SGG (Regelungsanordnung) die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, denn die ASt macht für diesen Zeitraum höhere Ansprüche geltend.
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat die Ast glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller aaO § 86b Rn. 41).
Für den Zeitraum vom 28.10.2009 bis 31.01.2010 fehlt es aber - wie oben - wegen unzureichender Angaben der ASt zur Einkommens- und Vermögenssituation schon an einem glaubhaft gemachten Anordnungsanspruch.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren war ebenso abzulehnen. Gemäß § 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff Zivilprozessordnung erhält ein Berechtigter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Prozesskosten nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen bestehen hinreichende Erfolgsaussichten für das Beschwerdeverfahren nicht. Damit kommt es auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der ASt nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved