S 36 KR 242/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
36
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 36 KR 242/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung in Höhe von 1.493,64 EUR nebst Zinsen. Die Klägerin ist Trägerin des in den Krankenhausplan des Landes Berlin aufgenommenen Krankenhauses W ... Dort wurde der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Y. (geboren am 1997) in der Zeit vom 01.04.2009 bis zum 05.04.2009 wegen einer Fehlbildung der Zehen vollstationär behandelt, wobei eine Korrektur der Fehlbildung stattfand. Die Klägerin stellte der Beklagten mit Rechnung vom 30.04.2009 für die stationäre Behandlung einen Gesamtbetrag in Höhe von 6.415,86 EUR in Rechnung auf Grundlage der DRG I20A (Eingriffe am Fuß mit mehreren hochkomplexen Eingriffen oder mit hochkomplexem Eingriff mit komplexer Diagnose). Die Kodierung erfolgte unter Zugrundelegung der Hauptdiagnose Q70.2 (miteinander verwachsene Zehen) und der Prozeduren 5-918.3 (Syndaktylie- und Polydaktyliekorrektur der Zehen, Resektion gedoppelter Anteile) sowie 5-918.1 (Trennung einer kompletten Syndaktylie der Zehen). Die Beklagte überwies den Rechnungsbetrag unter Vorbehalt und forderte die Klägerin mit Schreiben vom 06.05.2009 zur Übersendung eines Kurzberichtes hinsichtlich der Dauer der Krankheit und der nach dem 02.04.2009 durchgeführten Maßnahmen auf. Nachdem die Klägerin dieser Aufforderung zunächst nicht (vollständig) nachgekommen war, erteilte die Beklagte dem MDK mit Auftragsbogen vom 20.05.2009 einen Prüfauftrag. Als "Fragestellung" kreuzte die Beklagte hierbei das Feld "Fallkategorie I (KHEntgG Fragen z. DRG)" an und konkretisierte die Fragestellung in Textform wie folgt: "Keine PV. Ist die VWD medizinisch vertretbar? KH hat angeforderten KB nicht geschickt. Wäre anhand eines korrekt ausgefüllten KB die VWD med. beurteilbar + nachvollziehbar gewesen?". Wegen des weiteren Inhalts des Prüfauftrages wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Der MDK (Gutachterin P. ) gelangte im Ergebnis der Begutachtung zu der Einschätzung, dass die am Aufnahmetag (01.04.2009) erfolgten Untersuchungen hätten ambulant durchgeführt werden können, dass aber die vollstationäre Behandlung in der Zeit vom 02.04.2009 bis zum 05.04.2009 medizinisch notwendig gewesen sei und dass überdies eine richtlinienkonforme Kodierung die DRG I20B (Eingriffe am Fuß mit mehreren komplexen Eingriffen oder hochkomplexen Eingriffen oder mit komplexem Eingriff mit komplexer Diagnose) ergäbe, wobei die Gutachterin die Diagnose Q69.9 (Überzählige(r) Finger oder Zehe(n) o.n.A.) als Hauptdiagnose zu Grunde legte und die Prozeduren 5-918.x und 5-918.1 nicht als kodierfähig ansah, da keine Syndakylie vorgelegen habe. Die Beklagte kündigte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 06.08.2010 eine Korrektur der Abrechnung auf der Grundlage der DRG I20B an. Die Klägerin widersprach dem unter Hinweis auf die Überschreitung des Prüfauftrages durch den MDK und bestand auf der gestellten Abrechnung der DRG I20A für 3 Behandlungstage unter Übersendung einer auf 3 Behandlungstage korrigierten Abrechnung über einen Gesamtbetrag von 5.652,04 EUR. Nachdem die Klägerin den von der Beklagten ursprünglich überwiesenen Betrag vollständig an die Beklagte zurückgezahlt hatte, zahlte die Beklagte am 22.11.2010 einen Betrag in Höhe von 4.158,40 EUR, basierend auf der DRG I20B und 3 Behandlungstagen. Am 02.02.2011 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Differenzbetrages zwischen der korrigierten Abrechnung (DRG I20A für 3 Behandlungstage = 5.652,04 EUR) und dem von der Beklagten tatsächlich gezahlten Betrag (DRG I20B für 3 Behandlungstage = 4.158,40 EUR) begehrt. Die Beklagte holte im Gerichtsverfahren eine weitere gutachterliche Stellungnahme des MDK ein. Die Gutachterin Frau K. gelangte in dem Gutachten vom 14.09.2011 nach Auswertung der Krankenakten unter Zugrundelegung der Hauptdiagnose Q70.4 (Polysyndaktylie) und unter Ablehnung der Kodierung der Prozedur 5-918.1 (Trennung einer kompletten Syndaktylie der Zehen) wie die Vorgutachterin zu der DRG I20B. Hinsichtlich des Inhalts des Gutachtens wird vollumfänglich auf die Gerichtsakten (Bl. 46-48 d.A.) Bezug genommen. Die Klägerin teilte auf Anfrage des Gerichts im Hinblick auf das ergänzende MDK-Gutachten mit, dass ihrerseits die geänderte DRG I20B grundsätzlich akzeptiert worden wäre und dass sich die Klage ausschließlich darauf stütze, dass die Beklagte aus formellen Gründen mit dem Einwand der Richtigkeit der Kodierung ausgeschlossen sei. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei mit Einwendungen gegen die Richtigkeit der Kodierung ausgeschlossen, weil sich der an den MDK gerichtete Prüfauftrag ausdrücklich nur auf die Prüfung der Verweildauer bezogen habe und in der vom MDK zusätzlich durchgeführten Kodierprüfung eine unzulässige und für die Klägerin überraschende Überschreitung des Prüfauftrages gelegen habe. Die Beklagte sei Herrin des Begutachtungsauftrages, der Grundlage für das Tätigwerden des MDK sei. Überdies sei zum Zeitpunkt des Eingangs des MDK-Gutachtens bei der Klägerin die 6-Wochenfrist gemäß § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V bereits verstrichen gewesen, so dass sich die Klägerin auch nicht mehr auf eine Erweiterung des Prüfauftrages habe einstellen können. Zwischen der Erteilung des Prüfauftrages und der Begutachtung durch den MDK habe zudem ein Zeitraum von mehr als einem Jahr gelegen, worin ein Verstoß gegen das in § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V verankerte Beschleunigungsgebot zu sehen sei, was einen Einwendungsausschluss nach Treu und Glauben zur Folge habe. Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.493,64 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.11.2010 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, die Ausweitung des Prüfauftrages durch den MDK sei rechtlich nicht zu beanstanden und führe nicht zu einem Einwendungsausschluss. Anderenfalls wären Krankenkassen gezwungen, unbestimmte und allumfassende Prüfaufträge zu erteilen, um einen Einwendungsausschluss zu vermeiden. Dies würde das gesetzgeberische Ziel, unnötige Bürokratie zu vermeiden, konterkarieren. Dem Gesetz lasse sich eine Bindung des MDK an den Prüfauftrag nicht entnehmen. Die Krankenkasse könnte überdies den Prüfauftrag jederzeit – auch konkludent – ändern oder ergänzen. Von der Krankenkasse könne nicht verlangt werden, sehenden Auges auch offensichtlich fehlerhafte Rechnungen zu vergüten, da dies evident dem Wirtschaftlichkeitsgebot widerspräche. Überdies habe auch eine Überschreitung der 6-Wochen-Frist nach § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V keinen Einwendungsausschluss zur Folge. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung der Kammer ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten und auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die bei Entscheidung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben, § 124 Abs. 2 SGG. Die Klage ist als Leistungsklage im Gleichordnungsverhältnis gemäß § 54 Abs. 5 SGG zulässig (vgl. dazu stellvertretend BSG, Urteil vom 25.11.2010 – B 3 KR 4/10 R, zitiert nach juris), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung weiterer Krankenhausvergütung in Höhe von 1.493,64 EUR gegen die Beklagte nicht zu. Rechtsgrundlage des geltend gemachten weiteren Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG sowie § 17b KHG (jeweils i.d.F. des Gesetzes vom 17.03.2009, BGBl. I S. 534) und Anlage 1 Teil a) Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2009. Sofern, wie im vorliegenden Fall, die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und sie gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist, entsteht die Zahlungsverpflichtung dem Grunde nach unmittelbar nach der Inanspruchnahme der Leistung durch den versicherten Patienten (vgl. BSG, Urteil vom 25.11.2010 - B 3 KR 4/10 R, st. Rspr., m.w.N.). Der Klägerin steht der geltend gemachte weitere Vergütungsanspruch gegen die Beklagte unabhängig von der medizinischen Notwendigkeit der stationären Behandlung in dem noch streitbefangenen Zeitraum vom 02.04.2009 bis zum 05.04.2009 nicht zu, weil sie ihrer Abrechnung auch in der korrigierten Fassung zu Unrecht die DRG I20A zu Grunde gelegt hat. Tatsächlich war der Behandlungsfall mit der DRG I20B abzurechnen. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus den in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der MDK-Gutachterin Komma in dem Gutachten vom 14.09.2011 und wird seitens der Klägerin auch ausdrücklich nicht mehr bestritten. Die Beklagte ist entgegen der Ansicht der Klägerin mit Einwendungen gegen die Richtigkeit der Kodierung nicht aus formellen Gründen ausgeschlossen. Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Nach § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V, eingefügt durch Gesetz vom 26.03.2007 (BGBl. I S. 378) mit Wirkung ab 01.04.2007 - geändert durch Gesetz vom 17.03.2009 (BGBl. I S. 534), ist bei Krankenhausbehandlung nach § 39 eine Prüfung nach Abs. 1 Nr. 1 zeitnah durchzuführen. Gemäß § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V ist die Prüfung nach Satz 1 spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen. Weder aus diesen Regelungen noch aus sonstigen gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen oder aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben ergibt sich vorliegend ein Einwendungsausschluss der Beklagten hinsichtlich der Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit der Abrechnung unter Zugrundelegung einer unzutreffenden DRG. 1. Ein Einwendungsausschluss der Beklagten ergibt sich nicht aus einer Überschreitung des Prüfauftrages durch den MDK. Zwar ist die Krankenkasse nach der Rechtsprechung des BSG bei der Prüfung von Krankenhausrechnungen "Herrin" des Begutachtungsauftrages an den MDK. In diesem Rahmen entscheidet sie nach Maßgabe der §§ 275 ff. SGB V, ob und mit welcher konkreten Fragestellung sie den MDK bei der Klärung einer medizinischen Frage einschaltet (BSG, Urteil vom 28.02.2007 – B 3 KR 12/06 R, juris Rdnr. 15). Allerdings findet sich weder im Gesetz noch in den landesvertraglichen Vereinbarungen (insbesondere in dem zwischen den Krankenkassenverbänden und der Berliner Krankenhausgesellschaft geschlossenen Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung - KÜV) eine Regelung, die eine Überschreitung des Begutachtungsauftrages durch den MDK verbietet bzw. hieran einen Einwendungsausschluss für die Krankenkasse knüpft (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.06.2011 – L 9 KR 163/11 NZB, Seite 4 des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht). Selbst wenn man davon ausginge, dass der MDK grundsätzlich an den Umfang des Begutachtungsauftrages gebunden wäre, kann die Krankenkasse zum einen den Begutachtungsauftrag jederzeit ändern oder ergänzen, wenn sie dies aufgrund neuer Erkenntnisse für angezeigt hält (so ausdrücklich BSG, a.a.O.). Dies kann – worauf die Beklagte zutreffend hinweist – auch konkludent dadurch geschehen, dass sie sich gegenüber dem Krankenhaus auf ergänzende Feststellungen des MDK, die über den Begutachtungsauftrag hinausgehen, beruft. Zum anderen liegt in der Mitteilung von Erkenntnissen des MDK, die für die in § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V genannten vergütungsrelevanten Punkte (Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung) entscheidungserheblich sind, jedoch über die ursprüngliche Fragestellung der Krankenkasse hinausgehen, bereits keine Überschreitung des Begutachtungsauftrages. Der Begutachtungsauftrag ist insofern als Willenserklärung der Auslegung zugänglich. Indem die Krankenkasse – wie vorliegend – eine konkrete Fragestellung formuliert, bringt sie zum Ausdruck, dass die Begutachtung hierauf fokussiert werden soll und keine Pflicht zur vollständigen Prüfung besteht. Dies schließt es aber nicht aus, dass der MDK weitergehenden Erkenntnissen, die er bei der Prüfung gewinnt und die für die Krankenkasse von Interesse sind, nachgeht und in die Begutachtung einbezieht. Der MDK darf in Auslegung des Begutachtungsauftrages davon ausgehen, dass sich dieser auch darauf bezieht. Dafür sprechen der hohe Stellenwert der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversicherung, der Zweck der Beschränkung des Prüfauftrages und das für den MDK evidente Interessen der Krankenkasse. Vertrauensschutzaspekte aus Sicht des Krankenhauses stehen der Einbeziehung derartiger Umstände in die Prüfung nicht entgegen. Das Vorgehen der Krankenkassen nach § 275 SGB V hat seinen Ursprung darin, dass es zu den elementaren Aufgaben einer Krankenkasse gehört, auf die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 2 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 3, § 12 SGB V) Acht zu nehmen, welches uneingeschränkt auch im Bereich des Leistungserbringungsrechts gilt (§ 70 Abs 1 SGB V). Der Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung, die Pflicht der Krankenkasse zu ihrer Bewilligung sowie die Pflicht des Krankenhausträgers zu ihrer Bewirkung hängen von der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots ab. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verknüpft die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung, ihre Vergütung und die Kontrolle des Vorliegens ihrer Voraussetzungen durch Krankenkassen und MDK untrennbar miteinander (BSG, Urteil vom 22.06.2010 – B 1 KR 1/10 R, juris Rdnr. 19). Der Krankenkasse stehen bei Auslösung des Begutachtungsauftrages nur begrenzte Erkenntnisse über den Behandlungsfall in Form der Verordnung der Krankenhausbehandlung, der Daten nach § 301 SGB V, der Abrechnung und ggf. des Kurzberichtes zur Verfügung. Sie hat daher im Rahmen ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung einschließlich der Abrechnungsprüfung bei sich ergebenden Auffälligkeiten (vgl. § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) ein evidentes Interesse daran, dass ihr weitergehende Erkenntnisse des MDK, die sich im Rahmen der Begutachtung insbesondere aus der Einsichtnahme in die Behandlungsunterlagen ergeben und die für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung einschließlich der Abrechnungsprüfung von Bedeutung sind, mitgeteilt und vom MDK auch medizinisch bewertet werden. Der MDK kann und muss daher davon ausgehen, dass sich der Begutachtungsauftrag der Krankenkasse auch bei einer nur eingeschränkten Fragestellung auch auf sonstige für die Prüfung der in § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V genannten Punkte relevante Auffälligkeiten, die im Rahmen der Begutachtung, insbesondere der Einsicht in die Behandlungsunterlagen, zutage treten, bezieht. Dem steht nicht das schutzwürdige Vertrauen des Krankenhauses auf die Einhaltung eines begrenzten Begutachtungsauftrages entgegen. Die Eingrenzung des Begutachtungsauftrages auf bestimmte Fragestellungen durch die Krankenkasse dient nicht den Interessen des Krankenhauses, von einer weitergehenden Prüfung verschont zu bleiben, sondern allein der Begrenzung des Prüfaufwandes mittels Durchführung der vom Gesetzgeber angestrebten zielgerichteten und zügigen Prüfung (vgl. BT-Drs. 16/3100, S. 171), um auch bei der Vielzahl der zu beurteilenden Behandlungsfälle angesichts der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Ressourcen zur Durchführung der Prüfung eine effektive Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zu gewährleisten (eingehend zum Gebot der "effektiven" Wirtschaftlichkeitsprüfung – im Rahmen des § 106 SGB V – BSG, Urteil vom 19.10.2011 – B 6 KA 38/10 R, juris). Dem Gebot einer effektiven Prüfung würde es aber gerade evident zuwiderlaufen, wenn eine Beschränkung des Begutachtungsauftrages zugleich zur Folge hätte, dass der MDK und die Krankenkasse gehindert wären, sonstigen bei der Begutachtung zutage tretenden Auffälligkeiten, die für die Prüfung der in § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V aufgeführten Punkte relevant sind, weiter nachzugehen und in die Prüfung einzubeziehen. Die Krankenkasse wäre dann gezwungen, stets umfassende Begutachtungsaufträge zu erteilen, um nicht Gefahr zu laufen mit Einwendungen gegenüber dem Krankenhaus im Hinblick auf erst im Rahmen der Begutachtung zutage tretende Auffälligkeiten nachträglich ausgeschlossen zu sein. Dies wiederum würde dem vom Gesetzgeber (a.a.O.) verfolgten Ziel einer zielgerichteten und zügigen Prüfung zuwiderlaufen. Um das Gebot der zügigen und zeitnahen Prüfung mit dem Gebot der effektiven Prüfung in Einklang zu bringen, muss es zulässig sein, dass die Krankenkasse den Begutachtungsauftrag einerseits eingrenzt, andererseits aber auch der MDK zumindest berechtigt ist, sich im Rahmen der Begutachtung ergebenden weiteren Auffälligkeiten weiter nachzugehen und die Prüfung ggf. über die ursprüngliche Fragestellung hinaus auszudehnen. 2. Ein Einwendungsausschluss der Beklagten ergibt sich auch nicht aus § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V. Ob die 6-Wochen-Frist gemäß § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V entsprechend der Ansicht der Klägerin eine auch im Gerichtsverfahren zu beachtende Ausschlussfrist darstellt (bejahend u.a. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 13.07.2011 – L 1 KR 501/10, Revision anhängig unter B 3 KR 14/11 R; Bayerisches LSG, Urteil vom 04.10.2011 – L 5 KR 14/11, juris Rdnr. 39; Revision anhängig unter B 1 KR 24/11 R; SG Darmstadt, Urteil vom 20.05.2010 – S 18 KR 344/08; SG Augsburg, Urteil vom 22.07.2009 – S 12 KR 35/09; SG Hamburg, Urteil vom 28.11.2011 – S 6 KR 1006/11; SG Dortmund, Urteil vom 22.07.2011 - S 8 KR 140/09; a.A. SG Braunschweig, Urteil vom 07.09.2010 – S 40 KR 504/07, alle Entscheidungen zitiert nach juris), kann insofern dahinstehen, weil die Beklagte diese Frist eingehalten hat. Die Abrechnung der Klägerin ging bei der Beklagten am 30.04.2009 ein, der Prüfauftrag der Beklagten an den MDK datiert auf den 20.05.2009 und die Anzeige des MDK gegenüber der Klägerin erfolgte ausweislich der Mitteilung der Klägerin in der Klageschrift ebenfalls am 20.05.2009. Die 6-Wochen-Frist ist damit gewahrt. Für die Einhaltung der 6-Wochen-Frist kommt es allein auf die Erteilung des Prüfauftrages als solchen an, weshalb eine etwaige Einschränkung des Begutachtungsauftrages gegenüber dem MDK insofern grundsätzlich unerheblich ist. Dafür spricht zunächst bereits der Wortlaut des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V, wonach "Die Prüfung" binnen der 6-Wochen-Frist "einzuleiten" ist. Maßgeblich ist danach nur die Einleitung des Prüfverfahrens, auf den Umfang des Begutachtungsauftrages kommt es insofern nicht an. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/3100, S. 171) wollte der Gesetzgeber mit der Neuregelung erreichen, dass die Einzelfallprüfung einschließlich der Einleitung des Prüfverfahrens durch die Krankenkasse und die Durchführung des Prüfverfahrens durch den MDK zeitnah durchgeführt wird. Diesem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck läuft es nicht zuwider, wenn der MDK im Rahmen der durchgeführten Prüfung auch anderen Auffälligkeiten nachgeht, solange die Prüfung insgesamt noch zeitnah erfolgt (dazu noch unten). Überdies wurde bereits ausgeführt, dass vorliegend schon keine Überschreitung des Begutachtungsauftrages vorlag, da sich dieser auch bei eingeschränkter Fragestellung konkludent auch auf weitere, im Rahmen der Begutachtung zutage tretende leistungs-/ bzw. vergütungsrelevante Punkte gemäß § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bezieht. Insofern unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung auch von dem von der Klägerin angeführten Gerichtsbescheid des SG Hannover vom 22.02.2010 (S 19 KR 141/09). Dort wurde im Prüfverfahren seitens des MDK und der Krankenkasse tatsächlich nur die Kodierung geprüft und die Rechnung entsprechend dem Prüfergebnis gekürzt, nicht jedoch die medizinische Notwendigkeit der stationären Behandlung. Erst im Laufe des Gerichtsverfahrens legte die Beklagte nach Einsicht in die Krankenakte ein neues MDK-Gutachten vor, wonach überhaupt keine Krankenhausbehandlung erforderlich gewesen sei und erhob unter Hinweis darauf Widerklage auf Rückzahlung des von ihr zuvor anerkannten Betrages. Das ursprüngliche Prüfverfahren war insofern durch die seitens der Krankenkasse erfolgte Abrechnungskorrektur abgeschlossen, weshalb in der Erteilung eines neuen – weitergehenden – Prüfauftrages im Gerichtsverfahren auch die Einleitung eines neuen Prüfverfahrens gesehen werden kann. 3. Ein Einwendungsausschluss der Beklagten resultiert schließlich auch nicht daraus, dass das Prüfverfahren entgegen § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V nicht zeitnah durchgeführt wurde. Unabhängig davon, bis zu welcher Dauer eine Prüfung noch als zeitnah anerkannt werden kann (vgl. dazu Bayerisches LSG, Urteil vom 04.10.2011 – L 5 KR 14/11, Revision anhängig unter B 1 KR 24/11 R), hat die Beklagte die ihr obliegenden gesetzlichen und vertraglichen Pflichten eingehalten. Die lange Dauer des Prüfverfahrens von ca. einem Jahr fällt allein in den Verantwortungsbereich des MDK. Dessen Verschulden ist der Beklagten nach der Rechtsprechung des BSG, der die Kammer nach eigener Prüfung folgt, nicht zurechenbar (vgl. dazu BSG, Urteil vom 28.09.2006 – B 3 KR 23/05 R, juris Rdnr. 17; a.A. Bayerisches LSG, a.a.O., juris Rdnr. 40) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 VwGO.
Rechtskraft
Aus
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