Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AL 101/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 64/09
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Frage der Feststellungslast bei der Aufhebung und Rückforderung von Arbeitslosenhilfe.
2. Die Klagebefugnis für eine Zahlungsklage bei einer vorläufigen Leistungseinstellung entfällt, wenn die Leistungsbewilligung durch einen nach Ablauf der Zweimonatsfrist des § 331 Abs 2 SGB III erlassenen, bestandskräftigen - wenn auch rechtswidrigen - Bescheid rückwirkend entzogen wird.
3. Wird in der Rechtsbehelfsbelehrung des Ausgangsbescheides zutreffend auf die Möglichkeit zur Widerspruchseinlegung hingewiesen, erhebt der Arbeitslose gegen diesen Bescheid dennoch ausdrücklich Klage beim Sozialgericht, kann diese nicht (zugleich) als Widerspruch angesehen werden.
2. Die Klagebefugnis für eine Zahlungsklage bei einer vorläufigen Leistungseinstellung entfällt, wenn die Leistungsbewilligung durch einen nach Ablauf der Zweimonatsfrist des § 331 Abs 2 SGB III erlassenen, bestandskräftigen - wenn auch rechtswidrigen - Bescheid rückwirkend entzogen wird.
3. Wird in der Rechtsbehelfsbelehrung des Ausgangsbescheides zutreffend auf die Möglichkeit zur Widerspruchseinlegung hingewiesen, erhebt der Arbeitslose gegen diesen Bescheid dennoch ausdrücklich Klage beim Sozialgericht, kann diese nicht (zugleich) als Widerspruch angesehen werden.
I. Auf die Berufung werden das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 09.12.2008 und der Bescheid vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004 aufgehoben.
II. Die Klage gegen den Bescheid vom 21.01.2004 wird abgewiesen.
III. Die Beklagte hat 3/4 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 und Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 4.931,11 EUR sowie die Aufhebung des Entziehungsbescheides vom 21.01.2004 für die Zeit ab 01.11.2003 bis 22.12.2003.
Die Klägerin ist verheiratet und Mutter zweier Kinder (geboren 1995 bzw. 2000). Die Beklagte bewilligte der Klägerin auf ihren Antrag vom 18.12.2002, in dem sie E. als Wohnort angegeben hatte, Alhi für die Zeit vom 18.12.2002 bis 03.08.2003 (Bescheid vom 30.01.2003 i.d.F. des Bescheides vom 02.07.2003).
Mit Schreiben vom 17.02.2003 erstattete die Beklagte aufgrund einer Mitteilung der Vermieterin der Klägerin gegen die Klägerin Strafanzeige. Es bestehe der dringende Verdacht, dass sich die Klägerin zumindest seit Januar 2002 nicht mehr unter der gemeldeten Adresse aufhalte. In Polen solle die Familie ein eigenes Haus gebaut haben. Bei einem Wasserschaden in der Wohnung der Klägerin im Januar 2002 sei niemand erreicht worden. Die Einzimmerwohnung sei zudem für eine drei- bzw. vierköpfige Familie zu klein. Die Tochter der Klägerin besuche seit Herbst 2002 die Schule in Polen. Über den Posteingang an der E. Adresse würden Nachbarn die Familie in Polen unterrichten, die dann "meist" entsprechende Termine wahrnehme.
Am 07.11.2003 übersandte die Polizeiinspektion O. Unterlagen über eigene Ermittlungen sowie Ermittlungen der Kreispolizei A-Stadt (Polen) u.a. vom 07.08.2003. Danach würde die Klägerin und ihr Ehemann in A-Stadt über ein Hausgrundstück verfügen. Die Grundstücksfläche betrage 399 m² und das Wohngebäude umfasse 897,3 m³. Der Hausbau sei am 08.04.2002 abgeschlossen worden. Während des Schuljahres 2002/2003 habe nach Auskunft der Schule in Polen die Tochter der Klägerin die dortige Schule besucht und sei ab 01.09.2003 Schülerin der 2. Klasse (Auskunft vom 18.08.2003). Der Vater habe das Mädchen zur Schule gebracht. Die Klägerin habe an (schulischen) Versammlungen teilgenommen. Ein Nachbar in Polen habe angegeben, die Klägerin wohne dort mit ihren minderjährigen Kindern, sei aber nach Ferienbeginn wahrscheinlich zu ihrem Mann weggefahren. Die ebenfalls in A-Stadt lebende Mutter der Klägerin habe erklärt, die Klägerin habe mit ihrem Mann seit ca. 1988 ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland. Beide seien von Zeit zu Zeit in Polen. Eine Vernehmung der Mutter sei nicht erfolgt.
Für die Zeit vom 10.06.2003 bis 27.06.2003 meldete sich die Klägerin wegen einer beantragten, aber nicht genehmigten Ortsabwesenheit aus dem Leistungsbezug ab. Am 30.06.2003 meldete sie sich erneut persönlich arbeitslos. Die Beklagte bewilligte mit Unterbrechung Alhi für die Zeit ab 28.06.2003 (zuletzt mit Bescheid vom 15.09.2003 für die Zeit ab 02.09.2003). Mit formlosen Schreiben vom 20.11.2003 informierte die Beklagte die Klägerin, dass wegen des Fehlens von Unterlagen und Angaben die Leistung ab 01.11.2003 vorläufig eingestellt werde. Bei Unterlassen der geforderten Mitwirkung bis spätestens 12.12.2003 werde die Leistung ganz entzogen. Die Klägerin teilte der Beklagten mit, sie ziehe zum 22.12.2003 nach Polen um. Ihr Ehemann meldete sich erst zum 15.03.2004 aus E. ab. Mangels Mitwirkung entzog die Beklagte ohne Ausübung des Ermessens die bewilligte Alhi rückwirkend zum 01.11.2003 gemäß § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) mit Bescheid vom 21.01.2004, der der Klägerin unter der Adresse in E. bekannt gegeben wurde.
Angehört zur beabsichtigten Aufhebung für die Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 gab die Klägerin an, sie sei nur während des genehmigten Urlaubs vom 31.03.2003 bis 20.04.2003 und in der Zeit vom 10.06.2003 bis 27.06.2003 ortsabwesend gewesen. Ihre Anwesenheit in E. in der übrigen Zeit könnten mehrere namentlich genannte Zeugen bestätigen. Darüber hinaus habe sie sich am 18.12.2002 persönlich arbeitslos gemeldet, am 20.12.2002 persönlich Anträge abgegeben sowie bei verschiedenen Behörden und Stellen vorgesprochen. Nach einer Bestätigung der Volksschule in E. besuche ihre Tochter diese Schule seit 07.07.2003.
Mit Bescheid vom 20.08.2004 hob die Beklagte die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 auf und forderte die Erstattung von Alhi i.H.v. 4.242,76 EUR sowie von Beiträgen zur Krankenversicherung i.H.v. 612,22 EUR bzw. zur Pflegeversicherung i.H.v. 72,13 EUR. Die Klägerin sei wegen ihres Aufenthalts im Ausland nicht verfügbar gewesen.
Den dagegen mit der Begründung eingelegten Widerspruch, die Beklagte könne ihre Behauptungen nicht beweisen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2004 zurück. In der genannten Zeit habe sich die Klägerin in Polen aufgehalten und sei deshalb nicht erreichbar und damit verfügbar gewesen. Entsprechende Hinweise seien im Merkblatt, dessen Erhalt und Kenntnisnahme sie bestätigt habe, enthalten gewesen.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zuletzt zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und zudem u.a. Alhi vom 01.11.2003 bis 22.12.2003 begehrt. Sie sei am 22.12.2003 aus Deutschland ausgereist. Ihr Ehemann, ihre Kinder und die Familie in Polen könnten bezeugen, dass sie sich in der streitgegenständlichen Zeit in der Wohnung in E. aufgehalten habe. Die Beweislast liege bei der Beklagten. In der streitgegenständlichen Zeit habe ihre Mutter ihre Tochter in Polen betreut, was durch eine beglaubigte Erklärung ihrer Mutter belegt werden könne. Die von der Klägerin begehrte Akteneinsicht hat das SG nicht bewilligt, eine beantragte Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung ist nicht erfolgt.
Mit Urteil vom 09.12.2008 hat das SG die Klage gegen den Bescheid vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004 abgewiesen. Zum Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 01.11.2003 bis 22.12.2003 hat sich das SG nicht geäußert. Die Rücknahme der Bewilligung sei rechtmäßig gewesen, denn die Klägerin habe zumindest grob fahrlässig unrichtige Angaben im Antrag vom 18.12.2002 zu ihrem Wohnort gemacht. Zu Unrecht sei ihr daraufhin Alhi bewilligt worden, obwohl sie nicht erreichbar und damit verfügbar gewesen sei. Sie habe sich nur sporadisch unter der angegebenen Adresse in E. aufgehalten und ihre Tochter in Polen betreut. Dies ergebe sich aus den Ermittlungen der Bezirksstaatsanwaltschaft in A-Stadt, wonach die Klägerin Miteigentümerin eines Grundstücks dort sei und ihre Tochter in A-Stadt die Schule besucht habe.
Dagegen hat die Klägerin Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt, die Aufhebung des Bescheides vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004 und die Bewilligung von Alhi bis 22.12.2003 begehrt. Ihre Mutter habe die Tochter in Polen betreut. Insofern werde auf die dem Senat vorgelegte notariell bestätigte Aussage der Mutter verwiesen. Auch ein beigefügter Videofilm vom 19.03.2003 zeige die Familie in E ... Ihr Reisepass sei bei ihren Rechtsanwälten in Deutschland hinterlegt gewesen und erst am 26.05.2003 wieder ausgehändigt worden. Im Jahre 2003 habe nur damit ein Grenzübertritt erfolgen können. Somit stütze sich die Beklagte allein auf eine illegale Aktennotiz der Polizei zur Aussage ihrer Mutter. Die Aussage des Nachbarn in Polen habe sich offenbar auf die Zeiten ihres Urlaubs in Polen bezogen. Ein Pendeln von E. aus in die ca. 730 km entfernte polnische Stadt sei nicht möglich gewesen. Sie habe in Deutschland Arbeit gesucht und sich z.B. bei der Fa. C. GmbH beworben, von wo sie am 27.03.2003 eine Ablehnung erhalten habe. Das Haus in Polen habe nur eine Wohnfläche von 100,1 m² und eine Grundstücksgröße von 399 m², weshalb es nicht verwertbar sei. Das SG habe lediglich über die Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 entschieden. Es sei aber bereits mit der Klage zum SG eine Feststellungs- und Verpflichtungsklage gegen den angefochtenen Entziehungsbescheid vom 21.01.2004, den sie dem Senat als Kopie des ihr bekanntgegebenen Originals übersandt hat, erhoben worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 09.12.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21.01.2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Sozialgerichts Würzburg vom 09.12.2008 zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 21.01.2004 abzuweisen.
Die Entscheidung der Beklagten beruhe auf der Auswertung verschiedener Aussagen. Die Aufstellung der Klägerin über ihre Deutschlandaufenthalte sei nicht schlüssig. Im Übrigen liege insofern immer nur ein Nachweis für einzelne Tage vor. Auch die sporadischen Bewerbungen würden nicht die Verfügbarkeit beweisen.
Aus den vom Senat beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft A. (Az ) ergibt sich, dass der Wasserverbrauch für die Wohnung der Klägerin in E. nicht individualisierbar sei und der Stromverbrauch 2001 3.436 kW/h und 2002 2.395 kW/h betragen habe. Bei einer Hausdurchsuchung am 04.04.2003 habe die Temperatur in der Wohnung nur ca. 15° C betragen. Man habe den Ehemann der Klägerin und ihren Sohn angetroffen. Es seien Essensreste vorgefunden und die Wohnung sei mit einem Elektrolüfter beheizt worden. Nach einer Zeugenaussage der inzwischen verstorbenen Frau R. (R) vom 21.05.2003 verfüge diese über nur geringe Kenntnisse die Klägerin betreffend. Vom Hörensagen wisse sie, dass die Klägerin in Polen sei und immer nur kurzfristig in E. auftauche. Seit einigen Wochen seien die Klägerin und ihr Ehemann ständig in E ... Wie sie gehört habe, würden die Beiden eine Arbeitsstelle suchen. Nach einer Zeugenaussage von Frau T. (T) habe die Klägerin ihr erzählt, sie würde ihre Tochter gerne in Polen in die Schule geben. Es sei dann so gewesen, dass die Klägerin mit dem kleinen Kind in Deutschland gewesen sei. Das große schulpflichtige Kind sei von der Oma in Polen versorgt worden. Dies habe ihr die Klägerin erzählt. Den Postkasten habe sie für den Ehemann der Klägerin nach dem Wasserschaden nur einmal geleert. In seiner Vernehmung gab der Ehemann der Klägerin an, er sei nicht für längere Zeit in Polen gewesen. Seine Schwiegermutter habe auch Geld von seinem Konto abgehoben. Die Klägerin sei nach dem 18.12.2002 immer verfügbar gewesen. Am 24.11.2004 hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen die Klägerin gemäß § 153 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Akte der Staatsanwaltschaft A. und die Ausländerakte der Stadt D. Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG) und begründet. Das Urteil des SG und der Bescheid der Beklagten vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004 ist aufzuheben. Die Rücknahme der Leistungsbewilligung und Erstattungsforderung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 21.01.2004 ist dagegen ohne Erfolg. Sie ist bereits unzulässig.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist vorliegend der Bescheid der Beklagten vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004. Insoweit geht es um die Rücknahme der Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 und die Erstattung von Leistungen. Richtige Klageart ist damit die reine Anfechtungsklage, denn bei Aufhebung des angefochtenen Bescheides lebt die ursprüngliche Alhi-Bewilligung wieder auf und eine Erstattung von Leistungen hat nicht zu erfolgen. Auch der Bescheid vom 21.01.2004 ist Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Klägerin hat in ihrer Klage zum SG die Zahlung von Alhi für die Zeit vom 01.11.2003 bis 22.12.2003 (Ausreise am 23.12.2003) begehrt. Hierüber hat das SG nicht entschieden, so dass der Senat, nachdem die Klägerin dies in ihrer Berufungsschrift darauf konkretisiert, dass sie bereits gegenüber dem SG den Bescheid vom 21.01.2004 angefochten und gegen diesen eine Feststellung- und Verpflichtungsklage zum SG erhoben habe, über diesen Anspruch unter dem Gesichtspunkt des Heraufholens von Prozessresten (vgl Urteil des Senats vom 22.07.2010 - L 10 AL 90/09 - juris; Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 140 Rn 2a), mit dem sich die Beklagte ausdrücklich und die Klägerin mit dem diesbezüglich ausdrücklich gestellten Antrag konkludent einverstanden erklärt haben, eine Entscheidung als erste Instanz zu treffen hat, also über eine "Klage" entscheidet. Den bei dem SG noch geltend gemachten Schadensersatzanspruch hat die Klägerin in ihrer Berufung nicht mehr gefordert.
Die Beklagte war nicht berechtigt, die Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 aufgrund der Bescheide vom 30.01.2003 und 02.07.2003 zurückzunehmen und die Erstattung der für diese Zeit gezahlten Leistungen zu fordern.
Nach § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 und 3 SGB X iVm § 330 Abs 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ist ein von Anfang an, d.h. bereits bei seinem Erlass, rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Den Beweis der Unrichtigkeit hat grundsätzlich der Versicherungs- bzw Leistungsträger zu führen, der sich auf die ursprüngliche Rechtswidrigkeit beruft (Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl, § 45 Rn 29). Im Hinblick darauf kommt es vorliegend auf die Grundsätze der objektiven Beweislast (Feststellungslast) an. Die objektive Beweislast kennzeichnet insofern das Risiko, wegen der Nichterweislichkeit rechtlich erheblicher Tatsachen im Prozess zu unterliegen, wobei dieses Risiko denjenigen trifft, der sich nach materiellem Recht auf die jeweilige Anspruchsgrundlage berufen will (vgl allgemein zur objektiven Beweislast: BSG, Urteil vom 24.11.2010 - B 11 AL 35/09 R mwN). Die Unerweislichkeit einer Tatsache geht zu Lasten dessen, der daraus eine günstige Rechtsfolge für sich ableiten möchte (Schütze aaO mwN). Den Nachweis der ursprünglichen Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung hat vorliegend somit die Beklagte zu führen, die Feststellungslast - nach Ausschöpfung vorhandener Beweismittel - trifft sie.
Die Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 war jedoch rechtmäßig. Nach § 190 SGB III (in der Fassung des 3. SGB III-Änderungsgesetzes vom 22.12.1999 - BGBl I 2624) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alhi, die arbeitslos sind (Nr 1), sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben (Nr 2), einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben (Nr 3), in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen haben, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist (Nr 4) und bedürftig sind (Nr 5).
Arbeitslos ist nach § 198 Satz 2 Nr 1 iVm § 118 Abs 1 SGB III jeweils in der Fassung des 1. SGB III-Änderungsgesetzes vom 16.12.1997 (BGBl I 2970) ein Arbeitnehmer, der (1.) vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und (2.) eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche). Die Klägerin stand in der streitgegenständlichen Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 in keinem Beschäftigungsverhältnis. Sie hat auch eine versicherungspflichtige Beschäftigung iSv § 118 Abs 1 Nr 2 SGB III gesucht. Nach § 119 Abs 1 SGB III sucht eine Beschäftigung der, der alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Nr 1) und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Nr 2). Den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes steht zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist, § 119 Abs 2 SGB III. Nach § 119 Abs 3 SGB II ist ein Arbeitsloser arbeitsfähig u.a. dann, wenn er Vorschlägen der Beklagten zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und darf (Nr 3).
Der Verwaltungsrat der Beklagten hat gem § 152 Nr 2 SGB III iVm § 376 Abs 1 Satz 1 SGB III durch die Anordnung zur Pflicht des Arbeitslosen, Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten zu können (Erreichbarkeitsanordnung -EAO-) vom 23.10.1997 (ANBA 1997, 1685), geändert durch die Anordnung vom 16.11.2001 (ANBA 2001, 1476), näheres über die Pflichten des Arbeitslosen bestimmt. Nach § 1 Abs 1 EAO kann Vorschlägen zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten, wer in der Lage ist, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen (Nr 1), das Arbeitsamt aufzusuchen (Nr 2), mit einem möglichen Arbeitgeber oder Träger einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und bei Bedarf persönlich mit diesen zusammenzutreffen (Nr 3) und eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen (Nr 4). Der Arbeitslose hat deshalb sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm genannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann (§ 1 Abs 1 Satz 2 EAO). Hält sich ein Arbeitsloser außerhalb des Nahbereichs des Arbeitsamtes auf, steht dies der Verfügbarkeit bis zu 3 Wochen im Jahr nicht entgegen, wenn das Arbeitsamt vorher zugestimmt hat (vgl hierzu § 3 Abs 1 Satz 1 EAO).
Die Klägerin hat in ihrem Antrag auf Alhi vom 18.12.2002 angegeben, sie habe ihren Wohnsitz in E., sie sei damit dort postalisch erreichbar i.S.d. EAO. Zur Überzeugung des Senats hat sie sich im Zeitraum vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 - mit Ausnahme der nach § 3 Abs 1 Satz 1 EAO von der Beklagten genehmigten Ortsabwesenheit in der Zeit vom 31.03.2003 bis 20.04.2003 - nicht außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs, insbesondere in Polen, aufgehalten. Die Beklagte verweist in ihrem Anhörungsschreiben sowie im Bescheid vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004 allein darauf, die Klägerin habe sich in der Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 im Ausland aufgehalten. Dies ergebe sich aus den vorliegenden Unterlagen, wonach aufgrund einer Mitteilung des Vermieters der dringende Verdacht bestehe, die Klägerin halte sich mit ihrer Familie zumindest seit Januar 2002 nicht mehr in E. auf. Im Januar 2002 sei die Wohnung von einem Schaden betroffen gewesen. Da sich die Familie aber nicht in Deutschland aufgehalten habe, habe man die Wohnung amtlich geöffnet. Seitdem sei die Wohnung nach Aussage des Vermieters wohl unbewohnbar. Die Einzimmerwohnung sei für eine vierköpfige Familie zudem zu klein. Das ältere Kind der Familie besuche seit Herbst die Schule in Polen. Der Ehemann der Klägerin sei einem Stellenangebot vom 10.10.2002 nicht nachgekommen.
Im Hinblick auf diese Umstände, die die Beklagte auch ihrer Strafanzeige vom 17.02.2003 gegen die Klägerin zugrunde gelegt hat, ergibt sich jedoch grundsätzlich kein Hinweis für eine Ortsabwesenheit der Klägerin in der streitgegenständlichen Zeit. Der von der Beklagten genannte Wasserschaden war bereits im Januar 2002 und der Besuch der Schule in Polen durch die Tochter der Klägerin wird nicht bestritten, hilft aber zur Bestimmung des Aufenthalts der Klägerin nicht weiter. Auch die fehlende Bewerbung des Ehemanns der Klägerin im Hinblick auf ein Stellenangebot vom 10.10.2002 hat keine Bedeutung für die Beurteilung der Erreichbarkeit der Klägerin. Maßgeblich ist insofern, dass die Klägerin erst am 18.12.2002 und insofern nach den von der Beklagten beschriebenen Vorfällen sich arbeitslos gemeldet und die Bewilligung von Alhi beantragt hat. Es kommt insofern allein auf die Umstände ab dem 18.12.2002 an. Unstreitig haben die Klägerin und ihr Mann schon in der Zeit in der Wohnung gelebt, als beide in Deutschland gearbeitet haben. Auch die Anwesenheit des Sohnes in der Wohnung wurde jedenfalls von der Polizei bei der Hausdurchsuchung am 04.04.2003 festgestellt. Es erscheint auch nicht ausgeschlossen, dass sich die Familie auf die kleine Wohnung beschränkt hat, um den Bau ihres Hauses in Polen zu finanzieren. Allein aus der Größe der Wohnung ist nicht au eine Abwesenheit der Klägerin zu schließen.
Auch aus den dem Senat vorliegenden Akten der Staatsanwaltschaft A. ergeben sich keine Anhaltspunkte, die einen Aufenthalt der Klägerin außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs - ohne Berücksichtigung des genehmigten Urlaubes - belegen. Danach steht zwar fest, dass die Klägerin Miteigentümerin eines Hausgrundstücks in Polen sei und der Bau des Hauses am 08.04.2002 abgeschlossen worden sei. Nach einer Bestätigung der Schule der Tochter der Klägerin besuche diese Zeit 01.09.2002 die Schule in Polen. Die Klägerin habe an den schulischen Versammlungen teilgenommen. Ein polnischer Polizist hatte in einer Aktennotiz festgehalten, ein Nachbar der Klägerin in Polen habe angegeben, der Ehemann der Klägerin habe seinen ständigen Wohnsitz in Deutschland und die Klägerin wohne "hier" in Polen mit den minderjährigen Kindern. Seit Ferienbeginn sei sie wahrscheinlich zu ihrem Mann weggefahren. Die Mutter der Klägerin - so seine Aktennotiz - habe angegeben, die Klägerin und ihr Mann hätten seit ca. 1988 ihren ständigen Wohnsitz in E. und seien von Zeit zu Zeit in Polen. Während des Schuljahres habe die Klägerin wegen des Schulbesuchs ihrer Tochter auf dem Grundstück in Polen verweilt. Eine Vernehmung der Mutter sei nicht erfolgt.
Diese Ermittlungen belegen aber ebenfalls keinen Aufenthalt der Klägerin während der streitgegenständlichen Zeit in Polen, also außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs außerhalb des genehmigten Urlaubs oder an Sonn- oder Feiertagen. Alleine das Vorhandensein des Hausgrundstücks samt abgeschlossenen Hausbaues in Polen spricht nicht für einen Aufenthalt dort. Aus der Vernehmung des Nachbarn ist nicht hinreichend konkret zu entnehmen, zu welchen Zeitpunkten die Klägerin sich genau auf dem Hausgrundstück aufgehalten haben soll. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin unstrittig während der genehmigten Ortsabwesenheit vom 31.03.2003 bis 20.04.2003 und auch während des nicht streitgegenständlichen Zeitraums vom 10.06.2003 bis 27.06.2003 in Polen gewesen ist. Es ist daher nicht auszuschließen, dass der Nachbar aus diesen Aufenthalten entsprechende Schlüsse gezogen hat. Zudem hat er angegeben, die Klägerin habe sich mit den minderjährigen Kindern dort aufgehalten. Bei der Hausdurchsuchung der Polizei in E. wurde aber der Sohn der Klägerin in der dortigen Wohnung angetroffen. In der Bestätigung der Schule in Polen ist nicht dargelegt, wann die entsprechenden (Eltern-)Versammlungen waren. Eine Teilnahme in der Zeit vom 31.03.2003 bis 20.04.2003 oder vom 10.06.2003 bis 27.06.2003 sowie vor dem Antrag auf Alhi am 18.12.2002 stünde zudem einer Verfügbarkeit im streitigen Zeitraum nicht entgegen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die vom Polizisten in Polen über das Gespräch mit der Mutter gemachte Aktennotiz Widersprüche offenbart. So ist darin angegeben, die Mutter habe zunächst angegeben, die Klägerin habe ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland und sei von Zeit zu Zeit in Polen. Dann soll sie aber gesagt haben, dass die Klägerin wegen des Schulbesuchs der Tochter während des Schuljahres auf dem Hausgrundstück in Polen verweilt habe. Dies lässt sich nicht miteinander in Einklang bringen, wobei zudem wiederum offen bleibt, auf welche konkrete Zeitpunkte bzw. Zeiträume sich diese Aussage bezieht. In ihrer notariell beglaubigten Aussage, die im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden kann, teilt die Mutter der Klägerin hingegen mit, sie habe sich um die Tochter der Klägerin gekümmert und in dem Hausgrundstück der Klägerin und ihres Ehemannes im Zeitraum 2002/2003 gewohnt. Die Klägerin habe sich mit ihrem Mann und dem Sohn in Deutschland aufgehalten. Die Klägerin habe sich nur dann um ihre Tochter gekümmert, wenn sie im Urlaub nach Polen gekommen sei. Dies habe sie auch gegenüber den "Funktionären der Polizei" ausgesagt.
Auch die Aussagen der von der Staatsanwaltschaft A. bzw. der Polizeiinspektion O. vernommenen Zeugen beweisen eine Abwesenheit von E. im streitgegenständlichen Zeitraum nicht. Die Vermieterin der Klägerin hat für den streitgegenständlichen Zeitraum keine brauchbaren Angaben gemacht. Deren Aussage bezog sich auf den Vorfall mit dem Wasserschaden Anfang 2002. Die Aussage der zwischenzeitlich verstorbenen R ist ebenfalls nicht hinreichend belastbar, denn sie hat ihre Informationen über die Klägerin und deren Familie von einer anderen Nachbarin (Zeugin vom Hörensagen). Sie gibt an, die Klägerin und ihre Familie seien immer nur kurzfristig in E. gewesen, führt dann aber am 21.05.2003 aus, die Klägerin sei seit einigen Wochen ständig hier und würde angeblich eine Arbeitsstelle suchen. Welchen Zeitraum "einige Wochen" dabei umfassen, bleibt unklar. Es ist nicht ausgeschlossen, dass davon auch der Zeitraum ab 18.12.2002 umfasst ist. Die Zeugin T hat erklärt, nach ihrem Wissen sei die Tochter der Klägerin von der Oma in Polen versorgt worden. Dies habe ihr die Klägerin erzählt. Nach dem Wasserschaden habe sie nur einmal den Briefkasten für den Ehemann der Klägerin gelehrt. Eine hinreichend konkrete und klare Aussage darüber, ob und wann sich die Klägerin in Polen aufgehalten haben könnte, ergibt sich auch hieraus nicht. Der Ehemann der Klägerin hat bei seiner Zeugeneinvernahme angegeben, die Klägerin sei nach dem 18.12.2002 immer verfügbar gewesen. Die Staatsanwaltschaft A. hat schließlich unter Würdigung aller ihr vorliegenden Unterlagen und Aussagen das Strafverfahren gegen die Klägerin eingestellt. Die Staatsanwaltschaft geht damit davon aus, die Klägerin habe nicht vorsätzlich und schuldhaft falsche Angaben im Hinblick auf ihre Erreichbarkeit gegenüber der Beklagten gemacht. Daneben ist es aber kaum vorstellbar, dass sich die Klägerin tatsächlich - wie von der Beklagten angenommen - in der streitgegenständlichen Zeit in Polen aufgehalten und "nur" grob fahrlässig falsche Angaben gemacht haben soll.
Unter Ausschöpfung all der genannten Erkenntnisquellen, Zeugenaussagen im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und Unterlagen hält es der Senat für nicht nachgewiesen, dass sich die Klägerin in der streitgegenständlichen Zeit - mit Ausnahme der erlaubten Ortsabwesenheit - nicht im zeit- und ortsnahen Bereich von E. aufgehalten hat. Weitere Beweismittel zum Nachweis der fehlenden Verfügbarkeit ab 18.12.2002 bzw. 09.06.2003 hat die Beklagte nicht benannt. Die von der Klägerin benannten Zeugen waren vom Senat nicht zu vernehmen, da diese gerade die nach Auffassung des Senates bestehende Erreichbarkeit bestätigen sollten. Weitere Zeugen für einen Nachweis der fehlenden Erreichbarkeit sind dem Senat nicht ersichtlich und wurden von der Beklagten auch nicht benannt. Da sich die Beklagte für die Aufhebung der Leistungsbewilligung auf deren Rechtswidrigkeit berufen will, geht eine Unaufklärbarkeit zu ihren Lasten. Eine Ausnahme ist auch nicht deshalb zu machen, weil es sich um Vorgänge in der Sphäre der Klägerin handeln könnte (vgl dazu BSG, Urteil vom 26.11.1992 - 7 RAr 38/92 - SozR 3-4100 § 119 Nr 7; Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R - SozR 4-4220 § 6 Nr 4; Schütze aaO mwN). Die Klägerin hat vorliegend der Beklagten gegenüber bereits im Verwaltungsverfahren mehrere Zeugen namentlich benannt, die ihren Aufenthalt in der streitgegenständlichen Zeit in E. bestätigen könnten. Die Beklagte hat diese Zeugen nicht befragt. Mithin muss es bei der Grundregel verbleiben, dass die Beklagte die objektive Beweislast trifft.
Eine Rücknahme der Leistungsbewilligung kommt auch nicht mangels Bedürftigkeit der Klägerin in Betracht, denn das Miteigentum der Klägerin an dem Hausgrundstück in Polen ist jedenfalls nicht als zu verwertendes Vermögen iSv § 193 Abs 2 SGB III, § 206 SGB III iVm § 1 Abs 3 Nr 5 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV 2002) idF vom 13.12.2001 zuletzt geändert am 23.12.2002 zu berücksichtigen. Hiernach ist als Vermögen nicht zu berücksichtigenIch ein Hausgrundstück von angemessener Größe, das der Arbeitslose bewohnt, oder Sachen und Rechte, die nachweislich alsbald zur Erhaltung eines solchen Hausgrundstücks verwendet werden sollen. Dieser Ausnahmetatbestand trifft auf das Hausgrundstück in Polen zu. Nach obigem Ergebnis ist zwar nicht davon auszugehen, dass die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum das Hausgrundstück selbst bewohnt hat, jedoch handelt es sich dabei um Sachen und Rechte zur Erhaltung eines solchen Hausgrundstücks im Hinblick auf eine spätere Rückkehr nach Polen, wie sie dann auch im Dezember 2003 durch die Klägerin und im Frühjahr 2004 durch ihren Ehemann tatsächlich erfolgt ist sowie von der Tochter der Klägerin im Schuljahr 2002/2003 erfolgt war. Bei dem Hausgrundstück handelt es sich auch um ein solches von angemessener Größe. Die Wohnfläche betrug nach den Angaben der Klägerin 100,1 m² und die Grundstücksfläche 399 m². Damit sind die in § 39 II. Wohnungsbaugesetz für eine vierköpfige Familie geltende Quadratmeterzahl nicht überschritten, die insofern sogar bis zu 130 m² betragen dürfte (vgl. dazu BSG, Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R - juris).
Nach alledem war die Beklagte nicht berechtigt, die Alhi-Bewilligung mit Bescheid vom 31.01.2003 und 02.07.2003 für die Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 aufzuheben. Überzahlungen sind damit nicht erfolgt, Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge sind von der Klägerin nicht zu erstatten. Der Bescheid vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004 war aufzuheben.
Soweit die Klägerin den Entziehungsbescheid vom 21.01.2004 anficht und darauf hinweist, sie habe bereits mit der Klageerhebung zum SG gegen diesen Bescheid auch "Feststellungs- und Verpflichtungsklage" erhoben, ist diese Klage abzuweisen. Nach dieser Konkretisierung ihrer Begehren im Rahmen des zweitinstanzlichen Verfahrens kann ihre beim SG erhobene Klage nicht mehr als allgemeine Leistungsklage ausgelegt werden, die die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht vorausgesetzt hätte und auch nicht verfristet gewesen wäre, da eine Anfechtung des Bescheides vom 21.01.2004 nicht erforderlich gewesen wäre. Vielmehr hat die Klägerin nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass es sich bereits bei der zum SG erhobenen Klage um eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage bezüglich des Entziehungsbescheides gehandelt hat. Zulässig ist dabei allein eine Anfechtungsklage, denn es handelt sich bei dem Bescheid vom 21.01.2004 um einen auf § 66 SGB I sich stützenden Verwaltungsakt, durch dessen Aufhebung der Anspruch aus der Leistungsbewilligung vom 15.09.2003 für die Zeit ab 02.09.2003 (bis zum Umzug nach Polen) wiederauflebt. Eine Auslegung des klägerischen Begehrens dahingehend, sie habe eine allgemeine Leistungsklage erheben wollen, erscheint dem Senat im Hinblick auf die konkret von ihr geäußerten Begehren nicht - mehr - möglich. Im Übrigen dürfte die grundsätzlich bis zum Erlass des Bescheides vom 21.01.2004 zulässige und i.S.d. § 331 Abs 2 SGB III i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Zweites SGB III-Änderungsgesetz - 2. SGB III-ÄndG) vom 21.07.1999 (BGBl I 1648) wohl bis dahin auch begründete - bei dem Bescheid vom 21.01.2004 handelt es sich nicht um einen Aufhebungsbescheid im Sinne dieser Vorschrift und die 2-Monatsfrist gemäß § 331 Abs 2 SGB III wurde ebenfalls nicht eingehalten - Leistungsklage (zur Einordnung der vorläufigen Leistungseinstellung als Realakt und der demnach statthaften echten Leistungsklage: vgl. Radüge in Hauck/Noftz, SGB III, Stand 12/2003, § 331 Rn 13f) mit Erlass des Bescheides vom 21.01.2004 unzulässig geworden sein. Durch die Entziehung der Leistungen durch den (bestandskräftigen) Bescheid vom 21.01.2004 mit Wirkung zum 01.11.2003 ist danach die notwendige Klagebefugnis für die Zahlungsklage unter keinem rechtlichen Aspekt mehr gegeben (vgl. Coseriu/Jakob in: Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe, SGB III, 3. Aufl, § 331 Rn 15; Kaminski in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK, Stand 12/2011, § 331 Rn 19; aA Radüge aaO Rn 15; letztlich offen gelassen Düe in: Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl, § 331 Rn 8). Durch die bestandskräftige (siehe dazu unten) Entziehung steht fest, dass der Klägerin ab dem 01.11.2003 keine Leistungen mehr zu gewähren sind. Dies kann die Beklagte einem durch die Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch in jedem Fall entgegen halten. Die ursprüngliche Leistungsbewilligung entfaltet insofern keinerlei Rechtswirkung mehr.
Die von der Klägerin nach ihrem Willen bereits zum SG erhobene, allein statthafte Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 21.01.2004 ist jedoch mangels Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht zulässig; der Bescheid vom 21.01.2004 ist bestandskräftig geworden; die dagegen am 05.01.2005 erhobene Klage ist unzulässig.
Unabhängig davon, ob der Bescheid vom 21.01.2004 der Klägerin unter der zutreffenden Adresse - die Klägerin ist bereits am 23.12.2003 ausgereist - bekannt gegeben worden ist, hat sie, wie sich durch die Übersendung einer Kopie des Originalbescheides (dieser befindet sich nicht als Originalbescheid in den Akten der Beklagten) im Rahmen des Berufungsverfahrens zeigt, diesen tatsächlich erhalten. Dies ist auch nachvollziehbar, denn ihr Ehemann hielt sich noch bis zum Frühjahr 2004 in der Wohnung in E. auf, er reiste nach den Angaben in den Akten der Staatsanwaltschaft A. erst zu einem späteren Zeitpunkt als die Klägerin aus. Eine Übergabe an den Ehegatten aber genügt, um von einer wirksamen Bekanntgabe (§ 130 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - bzw. § 178 Abs 1 Nr 1 Zivilprozessordnung - ZPO - analog) auszugehen, zumal es sich, auch wenn die Klägerin bereits ausgereist war, noch um die gemeinsame Wohnung handelte (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 22.02.1994 - 4 B 212/93; Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl, § 37 Rn 4). Einwendungen gegen die Bekanntgabe und den gemäß § 37 Abs 2 SGB X anzunehmenden Zeitpunkt der Bekanntgabe - bei einer Aufgabe zur Post am 21.01.2004 ist diese für den 24.01.2004 anzunehmen - hat die Klägerin nicht erhoben. Letzteres kann jedoch offen gelassen werden, denn die Klägerin gibt im Rahmen des zweitinstanzlichen Verfahrens an, mit der am 05.01.2005 zum SG erhobenen Klage habe sie bereits gegen den Bescheid vom 21.01.2004 vorgehen wollen, so dass ihr spätestens zu diesem Zeitpunkt der Entziehungsbescheid bekannt gewesen und damit gemäß § 37 Abs 1 SGB X bekannt gegeben worden war. Dann aber hätte sie - unterstellt die im Bescheid vom 21.01.2004 genannte Widerspruchsfrist sei wegen einer Bekanntgabe im Ausland (§ 84 Abs 1 Satz 2 SGG) unzutreffend - spätestens bis 05.01.2006 Widerspruch einlegen müssen (§ 66 Abs 2 SGG). Dies hat sie jedoch nicht getan. Sie hat vielmehr ausdrücklich "Klage" erhoben und den Bescheid vom 21.01.2004 zum damaligen Zeitpunkt nicht erwähnt, vielmehr nur den Bescheid vom 20.08.2004 angesprochen. Auch in ihrer Konkretisierung des bereits an das SG gestellten Antrages im Rahmen des zweitinstanzlichen Verfahrens hat sie mitgeteilt, sie habe damals "Feststellungs- und Verpflichtungsklage" erhoben. Diese ausdrückliche Bezeichnung als Klage lässt nach Auffassung des Senats nicht zu, die Klageerhebung auch als Einlegung eines Widerspruchs anzusehen. Soweit teilweise in der Literatur (vgl. zB Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 78 Rn 3b; Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 1. Aufl, § 78 Rn 8; Binder in: Lüdtke, Hk-SGG, 3. Aufl, § 78 Rn 8) in der Klageerhebung die gleichzeitige Widerspruchseinlegung gesehen wird, ist festzustellen, dass in der zum Nachweis der Auffassung genannten Rechtsprechung des BSG besondere Sachverhalte zugrunde lagen. So war nach der Entscheidung des BSG in BSGE 20, 199 und 25, 66 (zu ähnlichen Fallgestaltungen vgl. im Einzelnen auch die Nachweise bei BSG, Urteil vom 13.12.2000 - B 6 KA 1/00 R - SozR 3-1500 § 78 Nr 5 - Rn 25) unklar, ob Widerspruch eingelegt werden musste. Laut dem Urteil des BSG vom 13.12.2000 - B 6 KA 1/00 R - SozR 3-1500 § 78 Nr 5 - war eine falsche Rechtbehelfsbelehrung erteilt worden. Bei der Entscheidung des BSG vom 02.08.1977 - 9 RV 102/76 - SozR 1500 § 78 Nr 8 - lag neben der Klageerhebung auch eine ausdrückliche Widerspruchseinlegung vor. Vorliegend ist die Klägerin aber im Bescheid vom 21.01.2004 ausdrücklich und zutreffend über das Erfordernis einer Widerspruchseinlegung belehrt worden. Sie aber hat ausdrücklich Klage erhoben, nicht aber Widerspruch eingelegt. Nach Ablauf eines Jahres - wegen ggf. unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung - ist eine Widerspruchseinlegung aber nicht mehr möglich. Deshalb war das Klageverfahren auch nicht zur Nachholung des Widerspruchsverfahrens auszusetzen. Offen gelassen werden muss daher, dass der Bescheid vom 21.01.2004 mangels Ermessensausübung und wegen der rückwirkenden Entziehung - dies ist mittels eines sich auf § 66 SGB I stützenden Bescheides nicht möglich - wohl rechtswidrig ist.
Nach alledem war die Klage gegen den mangels Widerspruchseinlegung bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 21.01.2004 vom Senat im Rahmen einer erstinstanzlichen Entscheidung abzuweisen. Über den im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz beziehungsweise Schmerzensgeld war - auch weil das SG hierüber ebenfalls nicht entschieden hat - durch den Senat keine Entscheidung zu treffen, denn die Klägerin hat diesen Anspruch im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht mehr geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Die Klage gegen den Bescheid vom 21.01.2004 wird abgewiesen.
III. Die Beklagte hat 3/4 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 und Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 4.931,11 EUR sowie die Aufhebung des Entziehungsbescheides vom 21.01.2004 für die Zeit ab 01.11.2003 bis 22.12.2003.
Die Klägerin ist verheiratet und Mutter zweier Kinder (geboren 1995 bzw. 2000). Die Beklagte bewilligte der Klägerin auf ihren Antrag vom 18.12.2002, in dem sie E. als Wohnort angegeben hatte, Alhi für die Zeit vom 18.12.2002 bis 03.08.2003 (Bescheid vom 30.01.2003 i.d.F. des Bescheides vom 02.07.2003).
Mit Schreiben vom 17.02.2003 erstattete die Beklagte aufgrund einer Mitteilung der Vermieterin der Klägerin gegen die Klägerin Strafanzeige. Es bestehe der dringende Verdacht, dass sich die Klägerin zumindest seit Januar 2002 nicht mehr unter der gemeldeten Adresse aufhalte. In Polen solle die Familie ein eigenes Haus gebaut haben. Bei einem Wasserschaden in der Wohnung der Klägerin im Januar 2002 sei niemand erreicht worden. Die Einzimmerwohnung sei zudem für eine drei- bzw. vierköpfige Familie zu klein. Die Tochter der Klägerin besuche seit Herbst 2002 die Schule in Polen. Über den Posteingang an der E. Adresse würden Nachbarn die Familie in Polen unterrichten, die dann "meist" entsprechende Termine wahrnehme.
Am 07.11.2003 übersandte die Polizeiinspektion O. Unterlagen über eigene Ermittlungen sowie Ermittlungen der Kreispolizei A-Stadt (Polen) u.a. vom 07.08.2003. Danach würde die Klägerin und ihr Ehemann in A-Stadt über ein Hausgrundstück verfügen. Die Grundstücksfläche betrage 399 m² und das Wohngebäude umfasse 897,3 m³. Der Hausbau sei am 08.04.2002 abgeschlossen worden. Während des Schuljahres 2002/2003 habe nach Auskunft der Schule in Polen die Tochter der Klägerin die dortige Schule besucht und sei ab 01.09.2003 Schülerin der 2. Klasse (Auskunft vom 18.08.2003). Der Vater habe das Mädchen zur Schule gebracht. Die Klägerin habe an (schulischen) Versammlungen teilgenommen. Ein Nachbar in Polen habe angegeben, die Klägerin wohne dort mit ihren minderjährigen Kindern, sei aber nach Ferienbeginn wahrscheinlich zu ihrem Mann weggefahren. Die ebenfalls in A-Stadt lebende Mutter der Klägerin habe erklärt, die Klägerin habe mit ihrem Mann seit ca. 1988 ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland. Beide seien von Zeit zu Zeit in Polen. Eine Vernehmung der Mutter sei nicht erfolgt.
Für die Zeit vom 10.06.2003 bis 27.06.2003 meldete sich die Klägerin wegen einer beantragten, aber nicht genehmigten Ortsabwesenheit aus dem Leistungsbezug ab. Am 30.06.2003 meldete sie sich erneut persönlich arbeitslos. Die Beklagte bewilligte mit Unterbrechung Alhi für die Zeit ab 28.06.2003 (zuletzt mit Bescheid vom 15.09.2003 für die Zeit ab 02.09.2003). Mit formlosen Schreiben vom 20.11.2003 informierte die Beklagte die Klägerin, dass wegen des Fehlens von Unterlagen und Angaben die Leistung ab 01.11.2003 vorläufig eingestellt werde. Bei Unterlassen der geforderten Mitwirkung bis spätestens 12.12.2003 werde die Leistung ganz entzogen. Die Klägerin teilte der Beklagten mit, sie ziehe zum 22.12.2003 nach Polen um. Ihr Ehemann meldete sich erst zum 15.03.2004 aus E. ab. Mangels Mitwirkung entzog die Beklagte ohne Ausübung des Ermessens die bewilligte Alhi rückwirkend zum 01.11.2003 gemäß § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) mit Bescheid vom 21.01.2004, der der Klägerin unter der Adresse in E. bekannt gegeben wurde.
Angehört zur beabsichtigten Aufhebung für die Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 gab die Klägerin an, sie sei nur während des genehmigten Urlaubs vom 31.03.2003 bis 20.04.2003 und in der Zeit vom 10.06.2003 bis 27.06.2003 ortsabwesend gewesen. Ihre Anwesenheit in E. in der übrigen Zeit könnten mehrere namentlich genannte Zeugen bestätigen. Darüber hinaus habe sie sich am 18.12.2002 persönlich arbeitslos gemeldet, am 20.12.2002 persönlich Anträge abgegeben sowie bei verschiedenen Behörden und Stellen vorgesprochen. Nach einer Bestätigung der Volksschule in E. besuche ihre Tochter diese Schule seit 07.07.2003.
Mit Bescheid vom 20.08.2004 hob die Beklagte die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 auf und forderte die Erstattung von Alhi i.H.v. 4.242,76 EUR sowie von Beiträgen zur Krankenversicherung i.H.v. 612,22 EUR bzw. zur Pflegeversicherung i.H.v. 72,13 EUR. Die Klägerin sei wegen ihres Aufenthalts im Ausland nicht verfügbar gewesen.
Den dagegen mit der Begründung eingelegten Widerspruch, die Beklagte könne ihre Behauptungen nicht beweisen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2004 zurück. In der genannten Zeit habe sich die Klägerin in Polen aufgehalten und sei deshalb nicht erreichbar und damit verfügbar gewesen. Entsprechende Hinweise seien im Merkblatt, dessen Erhalt und Kenntnisnahme sie bestätigt habe, enthalten gewesen.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zuletzt zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und zudem u.a. Alhi vom 01.11.2003 bis 22.12.2003 begehrt. Sie sei am 22.12.2003 aus Deutschland ausgereist. Ihr Ehemann, ihre Kinder und die Familie in Polen könnten bezeugen, dass sie sich in der streitgegenständlichen Zeit in der Wohnung in E. aufgehalten habe. Die Beweislast liege bei der Beklagten. In der streitgegenständlichen Zeit habe ihre Mutter ihre Tochter in Polen betreut, was durch eine beglaubigte Erklärung ihrer Mutter belegt werden könne. Die von der Klägerin begehrte Akteneinsicht hat das SG nicht bewilligt, eine beantragte Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung ist nicht erfolgt.
Mit Urteil vom 09.12.2008 hat das SG die Klage gegen den Bescheid vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004 abgewiesen. Zum Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 01.11.2003 bis 22.12.2003 hat sich das SG nicht geäußert. Die Rücknahme der Bewilligung sei rechtmäßig gewesen, denn die Klägerin habe zumindest grob fahrlässig unrichtige Angaben im Antrag vom 18.12.2002 zu ihrem Wohnort gemacht. Zu Unrecht sei ihr daraufhin Alhi bewilligt worden, obwohl sie nicht erreichbar und damit verfügbar gewesen sei. Sie habe sich nur sporadisch unter der angegebenen Adresse in E. aufgehalten und ihre Tochter in Polen betreut. Dies ergebe sich aus den Ermittlungen der Bezirksstaatsanwaltschaft in A-Stadt, wonach die Klägerin Miteigentümerin eines Grundstücks dort sei und ihre Tochter in A-Stadt die Schule besucht habe.
Dagegen hat die Klägerin Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt, die Aufhebung des Bescheides vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004 und die Bewilligung von Alhi bis 22.12.2003 begehrt. Ihre Mutter habe die Tochter in Polen betreut. Insofern werde auf die dem Senat vorgelegte notariell bestätigte Aussage der Mutter verwiesen. Auch ein beigefügter Videofilm vom 19.03.2003 zeige die Familie in E ... Ihr Reisepass sei bei ihren Rechtsanwälten in Deutschland hinterlegt gewesen und erst am 26.05.2003 wieder ausgehändigt worden. Im Jahre 2003 habe nur damit ein Grenzübertritt erfolgen können. Somit stütze sich die Beklagte allein auf eine illegale Aktennotiz der Polizei zur Aussage ihrer Mutter. Die Aussage des Nachbarn in Polen habe sich offenbar auf die Zeiten ihres Urlaubs in Polen bezogen. Ein Pendeln von E. aus in die ca. 730 km entfernte polnische Stadt sei nicht möglich gewesen. Sie habe in Deutschland Arbeit gesucht und sich z.B. bei der Fa. C. GmbH beworben, von wo sie am 27.03.2003 eine Ablehnung erhalten habe. Das Haus in Polen habe nur eine Wohnfläche von 100,1 m² und eine Grundstücksgröße von 399 m², weshalb es nicht verwertbar sei. Das SG habe lediglich über die Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 entschieden. Es sei aber bereits mit der Klage zum SG eine Feststellungs- und Verpflichtungsklage gegen den angefochtenen Entziehungsbescheid vom 21.01.2004, den sie dem Senat als Kopie des ihr bekanntgegebenen Originals übersandt hat, erhoben worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 09.12.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21.01.2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Sozialgerichts Würzburg vom 09.12.2008 zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 21.01.2004 abzuweisen.
Die Entscheidung der Beklagten beruhe auf der Auswertung verschiedener Aussagen. Die Aufstellung der Klägerin über ihre Deutschlandaufenthalte sei nicht schlüssig. Im Übrigen liege insofern immer nur ein Nachweis für einzelne Tage vor. Auch die sporadischen Bewerbungen würden nicht die Verfügbarkeit beweisen.
Aus den vom Senat beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft A. (Az ) ergibt sich, dass der Wasserverbrauch für die Wohnung der Klägerin in E. nicht individualisierbar sei und der Stromverbrauch 2001 3.436 kW/h und 2002 2.395 kW/h betragen habe. Bei einer Hausdurchsuchung am 04.04.2003 habe die Temperatur in der Wohnung nur ca. 15° C betragen. Man habe den Ehemann der Klägerin und ihren Sohn angetroffen. Es seien Essensreste vorgefunden und die Wohnung sei mit einem Elektrolüfter beheizt worden. Nach einer Zeugenaussage der inzwischen verstorbenen Frau R. (R) vom 21.05.2003 verfüge diese über nur geringe Kenntnisse die Klägerin betreffend. Vom Hörensagen wisse sie, dass die Klägerin in Polen sei und immer nur kurzfristig in E. auftauche. Seit einigen Wochen seien die Klägerin und ihr Ehemann ständig in E ... Wie sie gehört habe, würden die Beiden eine Arbeitsstelle suchen. Nach einer Zeugenaussage von Frau T. (T) habe die Klägerin ihr erzählt, sie würde ihre Tochter gerne in Polen in die Schule geben. Es sei dann so gewesen, dass die Klägerin mit dem kleinen Kind in Deutschland gewesen sei. Das große schulpflichtige Kind sei von der Oma in Polen versorgt worden. Dies habe ihr die Klägerin erzählt. Den Postkasten habe sie für den Ehemann der Klägerin nach dem Wasserschaden nur einmal geleert. In seiner Vernehmung gab der Ehemann der Klägerin an, er sei nicht für längere Zeit in Polen gewesen. Seine Schwiegermutter habe auch Geld von seinem Konto abgehoben. Die Klägerin sei nach dem 18.12.2002 immer verfügbar gewesen. Am 24.11.2004 hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen die Klägerin gemäß § 153 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Akte der Staatsanwaltschaft A. und die Ausländerakte der Stadt D. Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG) und begründet. Das Urteil des SG und der Bescheid der Beklagten vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004 ist aufzuheben. Die Rücknahme der Leistungsbewilligung und Erstattungsforderung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 21.01.2004 ist dagegen ohne Erfolg. Sie ist bereits unzulässig.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist vorliegend der Bescheid der Beklagten vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004. Insoweit geht es um die Rücknahme der Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 und die Erstattung von Leistungen. Richtige Klageart ist damit die reine Anfechtungsklage, denn bei Aufhebung des angefochtenen Bescheides lebt die ursprüngliche Alhi-Bewilligung wieder auf und eine Erstattung von Leistungen hat nicht zu erfolgen. Auch der Bescheid vom 21.01.2004 ist Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Klägerin hat in ihrer Klage zum SG die Zahlung von Alhi für die Zeit vom 01.11.2003 bis 22.12.2003 (Ausreise am 23.12.2003) begehrt. Hierüber hat das SG nicht entschieden, so dass der Senat, nachdem die Klägerin dies in ihrer Berufungsschrift darauf konkretisiert, dass sie bereits gegenüber dem SG den Bescheid vom 21.01.2004 angefochten und gegen diesen eine Feststellung- und Verpflichtungsklage zum SG erhoben habe, über diesen Anspruch unter dem Gesichtspunkt des Heraufholens von Prozessresten (vgl Urteil des Senats vom 22.07.2010 - L 10 AL 90/09 - juris; Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 140 Rn 2a), mit dem sich die Beklagte ausdrücklich und die Klägerin mit dem diesbezüglich ausdrücklich gestellten Antrag konkludent einverstanden erklärt haben, eine Entscheidung als erste Instanz zu treffen hat, also über eine "Klage" entscheidet. Den bei dem SG noch geltend gemachten Schadensersatzanspruch hat die Klägerin in ihrer Berufung nicht mehr gefordert.
Die Beklagte war nicht berechtigt, die Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 aufgrund der Bescheide vom 30.01.2003 und 02.07.2003 zurückzunehmen und die Erstattung der für diese Zeit gezahlten Leistungen zu fordern.
Nach § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 und 3 SGB X iVm § 330 Abs 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ist ein von Anfang an, d.h. bereits bei seinem Erlass, rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Den Beweis der Unrichtigkeit hat grundsätzlich der Versicherungs- bzw Leistungsträger zu führen, der sich auf die ursprüngliche Rechtswidrigkeit beruft (Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl, § 45 Rn 29). Im Hinblick darauf kommt es vorliegend auf die Grundsätze der objektiven Beweislast (Feststellungslast) an. Die objektive Beweislast kennzeichnet insofern das Risiko, wegen der Nichterweislichkeit rechtlich erheblicher Tatsachen im Prozess zu unterliegen, wobei dieses Risiko denjenigen trifft, der sich nach materiellem Recht auf die jeweilige Anspruchsgrundlage berufen will (vgl allgemein zur objektiven Beweislast: BSG, Urteil vom 24.11.2010 - B 11 AL 35/09 R mwN). Die Unerweislichkeit einer Tatsache geht zu Lasten dessen, der daraus eine günstige Rechtsfolge für sich ableiten möchte (Schütze aaO mwN). Den Nachweis der ursprünglichen Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung hat vorliegend somit die Beklagte zu führen, die Feststellungslast - nach Ausschöpfung vorhandener Beweismittel - trifft sie.
Die Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 war jedoch rechtmäßig. Nach § 190 SGB III (in der Fassung des 3. SGB III-Änderungsgesetzes vom 22.12.1999 - BGBl I 2624) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alhi, die arbeitslos sind (Nr 1), sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben (Nr 2), einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben (Nr 3), in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen haben, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist (Nr 4) und bedürftig sind (Nr 5).
Arbeitslos ist nach § 198 Satz 2 Nr 1 iVm § 118 Abs 1 SGB III jeweils in der Fassung des 1. SGB III-Änderungsgesetzes vom 16.12.1997 (BGBl I 2970) ein Arbeitnehmer, der (1.) vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und (2.) eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche). Die Klägerin stand in der streitgegenständlichen Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 in keinem Beschäftigungsverhältnis. Sie hat auch eine versicherungspflichtige Beschäftigung iSv § 118 Abs 1 Nr 2 SGB III gesucht. Nach § 119 Abs 1 SGB III sucht eine Beschäftigung der, der alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Nr 1) und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Nr 2). Den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes steht zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist, § 119 Abs 2 SGB III. Nach § 119 Abs 3 SGB II ist ein Arbeitsloser arbeitsfähig u.a. dann, wenn er Vorschlägen der Beklagten zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und darf (Nr 3).
Der Verwaltungsrat der Beklagten hat gem § 152 Nr 2 SGB III iVm § 376 Abs 1 Satz 1 SGB III durch die Anordnung zur Pflicht des Arbeitslosen, Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten zu können (Erreichbarkeitsanordnung -EAO-) vom 23.10.1997 (ANBA 1997, 1685), geändert durch die Anordnung vom 16.11.2001 (ANBA 2001, 1476), näheres über die Pflichten des Arbeitslosen bestimmt. Nach § 1 Abs 1 EAO kann Vorschlägen zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten, wer in der Lage ist, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen (Nr 1), das Arbeitsamt aufzusuchen (Nr 2), mit einem möglichen Arbeitgeber oder Träger einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und bei Bedarf persönlich mit diesen zusammenzutreffen (Nr 3) und eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen (Nr 4). Der Arbeitslose hat deshalb sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm genannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann (§ 1 Abs 1 Satz 2 EAO). Hält sich ein Arbeitsloser außerhalb des Nahbereichs des Arbeitsamtes auf, steht dies der Verfügbarkeit bis zu 3 Wochen im Jahr nicht entgegen, wenn das Arbeitsamt vorher zugestimmt hat (vgl hierzu § 3 Abs 1 Satz 1 EAO).
Die Klägerin hat in ihrem Antrag auf Alhi vom 18.12.2002 angegeben, sie habe ihren Wohnsitz in E., sie sei damit dort postalisch erreichbar i.S.d. EAO. Zur Überzeugung des Senats hat sie sich im Zeitraum vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 - mit Ausnahme der nach § 3 Abs 1 Satz 1 EAO von der Beklagten genehmigten Ortsabwesenheit in der Zeit vom 31.03.2003 bis 20.04.2003 - nicht außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs, insbesondere in Polen, aufgehalten. Die Beklagte verweist in ihrem Anhörungsschreiben sowie im Bescheid vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004 allein darauf, die Klägerin habe sich in der Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 im Ausland aufgehalten. Dies ergebe sich aus den vorliegenden Unterlagen, wonach aufgrund einer Mitteilung des Vermieters der dringende Verdacht bestehe, die Klägerin halte sich mit ihrer Familie zumindest seit Januar 2002 nicht mehr in E. auf. Im Januar 2002 sei die Wohnung von einem Schaden betroffen gewesen. Da sich die Familie aber nicht in Deutschland aufgehalten habe, habe man die Wohnung amtlich geöffnet. Seitdem sei die Wohnung nach Aussage des Vermieters wohl unbewohnbar. Die Einzimmerwohnung sei für eine vierköpfige Familie zudem zu klein. Das ältere Kind der Familie besuche seit Herbst die Schule in Polen. Der Ehemann der Klägerin sei einem Stellenangebot vom 10.10.2002 nicht nachgekommen.
Im Hinblick auf diese Umstände, die die Beklagte auch ihrer Strafanzeige vom 17.02.2003 gegen die Klägerin zugrunde gelegt hat, ergibt sich jedoch grundsätzlich kein Hinweis für eine Ortsabwesenheit der Klägerin in der streitgegenständlichen Zeit. Der von der Beklagten genannte Wasserschaden war bereits im Januar 2002 und der Besuch der Schule in Polen durch die Tochter der Klägerin wird nicht bestritten, hilft aber zur Bestimmung des Aufenthalts der Klägerin nicht weiter. Auch die fehlende Bewerbung des Ehemanns der Klägerin im Hinblick auf ein Stellenangebot vom 10.10.2002 hat keine Bedeutung für die Beurteilung der Erreichbarkeit der Klägerin. Maßgeblich ist insofern, dass die Klägerin erst am 18.12.2002 und insofern nach den von der Beklagten beschriebenen Vorfällen sich arbeitslos gemeldet und die Bewilligung von Alhi beantragt hat. Es kommt insofern allein auf die Umstände ab dem 18.12.2002 an. Unstreitig haben die Klägerin und ihr Mann schon in der Zeit in der Wohnung gelebt, als beide in Deutschland gearbeitet haben. Auch die Anwesenheit des Sohnes in der Wohnung wurde jedenfalls von der Polizei bei der Hausdurchsuchung am 04.04.2003 festgestellt. Es erscheint auch nicht ausgeschlossen, dass sich die Familie auf die kleine Wohnung beschränkt hat, um den Bau ihres Hauses in Polen zu finanzieren. Allein aus der Größe der Wohnung ist nicht au eine Abwesenheit der Klägerin zu schließen.
Auch aus den dem Senat vorliegenden Akten der Staatsanwaltschaft A. ergeben sich keine Anhaltspunkte, die einen Aufenthalt der Klägerin außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs - ohne Berücksichtigung des genehmigten Urlaubes - belegen. Danach steht zwar fest, dass die Klägerin Miteigentümerin eines Hausgrundstücks in Polen sei und der Bau des Hauses am 08.04.2002 abgeschlossen worden sei. Nach einer Bestätigung der Schule der Tochter der Klägerin besuche diese Zeit 01.09.2002 die Schule in Polen. Die Klägerin habe an den schulischen Versammlungen teilgenommen. Ein polnischer Polizist hatte in einer Aktennotiz festgehalten, ein Nachbar der Klägerin in Polen habe angegeben, der Ehemann der Klägerin habe seinen ständigen Wohnsitz in Deutschland und die Klägerin wohne "hier" in Polen mit den minderjährigen Kindern. Seit Ferienbeginn sei sie wahrscheinlich zu ihrem Mann weggefahren. Die Mutter der Klägerin - so seine Aktennotiz - habe angegeben, die Klägerin und ihr Mann hätten seit ca. 1988 ihren ständigen Wohnsitz in E. und seien von Zeit zu Zeit in Polen. Während des Schuljahres habe die Klägerin wegen des Schulbesuchs ihrer Tochter auf dem Grundstück in Polen verweilt. Eine Vernehmung der Mutter sei nicht erfolgt.
Diese Ermittlungen belegen aber ebenfalls keinen Aufenthalt der Klägerin während der streitgegenständlichen Zeit in Polen, also außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs außerhalb des genehmigten Urlaubs oder an Sonn- oder Feiertagen. Alleine das Vorhandensein des Hausgrundstücks samt abgeschlossenen Hausbaues in Polen spricht nicht für einen Aufenthalt dort. Aus der Vernehmung des Nachbarn ist nicht hinreichend konkret zu entnehmen, zu welchen Zeitpunkten die Klägerin sich genau auf dem Hausgrundstück aufgehalten haben soll. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin unstrittig während der genehmigten Ortsabwesenheit vom 31.03.2003 bis 20.04.2003 und auch während des nicht streitgegenständlichen Zeitraums vom 10.06.2003 bis 27.06.2003 in Polen gewesen ist. Es ist daher nicht auszuschließen, dass der Nachbar aus diesen Aufenthalten entsprechende Schlüsse gezogen hat. Zudem hat er angegeben, die Klägerin habe sich mit den minderjährigen Kindern dort aufgehalten. Bei der Hausdurchsuchung der Polizei in E. wurde aber der Sohn der Klägerin in der dortigen Wohnung angetroffen. In der Bestätigung der Schule in Polen ist nicht dargelegt, wann die entsprechenden (Eltern-)Versammlungen waren. Eine Teilnahme in der Zeit vom 31.03.2003 bis 20.04.2003 oder vom 10.06.2003 bis 27.06.2003 sowie vor dem Antrag auf Alhi am 18.12.2002 stünde zudem einer Verfügbarkeit im streitigen Zeitraum nicht entgegen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die vom Polizisten in Polen über das Gespräch mit der Mutter gemachte Aktennotiz Widersprüche offenbart. So ist darin angegeben, die Mutter habe zunächst angegeben, die Klägerin habe ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland und sei von Zeit zu Zeit in Polen. Dann soll sie aber gesagt haben, dass die Klägerin wegen des Schulbesuchs der Tochter während des Schuljahres auf dem Hausgrundstück in Polen verweilt habe. Dies lässt sich nicht miteinander in Einklang bringen, wobei zudem wiederum offen bleibt, auf welche konkrete Zeitpunkte bzw. Zeiträume sich diese Aussage bezieht. In ihrer notariell beglaubigten Aussage, die im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden kann, teilt die Mutter der Klägerin hingegen mit, sie habe sich um die Tochter der Klägerin gekümmert und in dem Hausgrundstück der Klägerin und ihres Ehemannes im Zeitraum 2002/2003 gewohnt. Die Klägerin habe sich mit ihrem Mann und dem Sohn in Deutschland aufgehalten. Die Klägerin habe sich nur dann um ihre Tochter gekümmert, wenn sie im Urlaub nach Polen gekommen sei. Dies habe sie auch gegenüber den "Funktionären der Polizei" ausgesagt.
Auch die Aussagen der von der Staatsanwaltschaft A. bzw. der Polizeiinspektion O. vernommenen Zeugen beweisen eine Abwesenheit von E. im streitgegenständlichen Zeitraum nicht. Die Vermieterin der Klägerin hat für den streitgegenständlichen Zeitraum keine brauchbaren Angaben gemacht. Deren Aussage bezog sich auf den Vorfall mit dem Wasserschaden Anfang 2002. Die Aussage der zwischenzeitlich verstorbenen R ist ebenfalls nicht hinreichend belastbar, denn sie hat ihre Informationen über die Klägerin und deren Familie von einer anderen Nachbarin (Zeugin vom Hörensagen). Sie gibt an, die Klägerin und ihre Familie seien immer nur kurzfristig in E. gewesen, führt dann aber am 21.05.2003 aus, die Klägerin sei seit einigen Wochen ständig hier und würde angeblich eine Arbeitsstelle suchen. Welchen Zeitraum "einige Wochen" dabei umfassen, bleibt unklar. Es ist nicht ausgeschlossen, dass davon auch der Zeitraum ab 18.12.2002 umfasst ist. Die Zeugin T hat erklärt, nach ihrem Wissen sei die Tochter der Klägerin von der Oma in Polen versorgt worden. Dies habe ihr die Klägerin erzählt. Nach dem Wasserschaden habe sie nur einmal den Briefkasten für den Ehemann der Klägerin gelehrt. Eine hinreichend konkrete und klare Aussage darüber, ob und wann sich die Klägerin in Polen aufgehalten haben könnte, ergibt sich auch hieraus nicht. Der Ehemann der Klägerin hat bei seiner Zeugeneinvernahme angegeben, die Klägerin sei nach dem 18.12.2002 immer verfügbar gewesen. Die Staatsanwaltschaft A. hat schließlich unter Würdigung aller ihr vorliegenden Unterlagen und Aussagen das Strafverfahren gegen die Klägerin eingestellt. Die Staatsanwaltschaft geht damit davon aus, die Klägerin habe nicht vorsätzlich und schuldhaft falsche Angaben im Hinblick auf ihre Erreichbarkeit gegenüber der Beklagten gemacht. Daneben ist es aber kaum vorstellbar, dass sich die Klägerin tatsächlich - wie von der Beklagten angenommen - in der streitgegenständlichen Zeit in Polen aufgehalten und "nur" grob fahrlässig falsche Angaben gemacht haben soll.
Unter Ausschöpfung all der genannten Erkenntnisquellen, Zeugenaussagen im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und Unterlagen hält es der Senat für nicht nachgewiesen, dass sich die Klägerin in der streitgegenständlichen Zeit - mit Ausnahme der erlaubten Ortsabwesenheit - nicht im zeit- und ortsnahen Bereich von E. aufgehalten hat. Weitere Beweismittel zum Nachweis der fehlenden Verfügbarkeit ab 18.12.2002 bzw. 09.06.2003 hat die Beklagte nicht benannt. Die von der Klägerin benannten Zeugen waren vom Senat nicht zu vernehmen, da diese gerade die nach Auffassung des Senates bestehende Erreichbarkeit bestätigen sollten. Weitere Zeugen für einen Nachweis der fehlenden Erreichbarkeit sind dem Senat nicht ersichtlich und wurden von der Beklagten auch nicht benannt. Da sich die Beklagte für die Aufhebung der Leistungsbewilligung auf deren Rechtswidrigkeit berufen will, geht eine Unaufklärbarkeit zu ihren Lasten. Eine Ausnahme ist auch nicht deshalb zu machen, weil es sich um Vorgänge in der Sphäre der Klägerin handeln könnte (vgl dazu BSG, Urteil vom 26.11.1992 - 7 RAr 38/92 - SozR 3-4100 § 119 Nr 7; Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R - SozR 4-4220 § 6 Nr 4; Schütze aaO mwN). Die Klägerin hat vorliegend der Beklagten gegenüber bereits im Verwaltungsverfahren mehrere Zeugen namentlich benannt, die ihren Aufenthalt in der streitgegenständlichen Zeit in E. bestätigen könnten. Die Beklagte hat diese Zeugen nicht befragt. Mithin muss es bei der Grundregel verbleiben, dass die Beklagte die objektive Beweislast trifft.
Eine Rücknahme der Leistungsbewilligung kommt auch nicht mangels Bedürftigkeit der Klägerin in Betracht, denn das Miteigentum der Klägerin an dem Hausgrundstück in Polen ist jedenfalls nicht als zu verwertendes Vermögen iSv § 193 Abs 2 SGB III, § 206 SGB III iVm § 1 Abs 3 Nr 5 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV 2002) idF vom 13.12.2001 zuletzt geändert am 23.12.2002 zu berücksichtigen. Hiernach ist als Vermögen nicht zu berücksichtigenIch ein Hausgrundstück von angemessener Größe, das der Arbeitslose bewohnt, oder Sachen und Rechte, die nachweislich alsbald zur Erhaltung eines solchen Hausgrundstücks verwendet werden sollen. Dieser Ausnahmetatbestand trifft auf das Hausgrundstück in Polen zu. Nach obigem Ergebnis ist zwar nicht davon auszugehen, dass die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum das Hausgrundstück selbst bewohnt hat, jedoch handelt es sich dabei um Sachen und Rechte zur Erhaltung eines solchen Hausgrundstücks im Hinblick auf eine spätere Rückkehr nach Polen, wie sie dann auch im Dezember 2003 durch die Klägerin und im Frühjahr 2004 durch ihren Ehemann tatsächlich erfolgt ist sowie von der Tochter der Klägerin im Schuljahr 2002/2003 erfolgt war. Bei dem Hausgrundstück handelt es sich auch um ein solches von angemessener Größe. Die Wohnfläche betrug nach den Angaben der Klägerin 100,1 m² und die Grundstücksfläche 399 m². Damit sind die in § 39 II. Wohnungsbaugesetz für eine vierköpfige Familie geltende Quadratmeterzahl nicht überschritten, die insofern sogar bis zu 130 m² betragen dürfte (vgl. dazu BSG, Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R - juris).
Nach alledem war die Beklagte nicht berechtigt, die Alhi-Bewilligung mit Bescheid vom 31.01.2003 und 02.07.2003 für die Zeit vom 18.12.2002 bis 09.06.2003 aufzuheben. Überzahlungen sind damit nicht erfolgt, Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge sind von der Klägerin nicht zu erstatten. Der Bescheid vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004 war aufzuheben.
Soweit die Klägerin den Entziehungsbescheid vom 21.01.2004 anficht und darauf hinweist, sie habe bereits mit der Klageerhebung zum SG gegen diesen Bescheid auch "Feststellungs- und Verpflichtungsklage" erhoben, ist diese Klage abzuweisen. Nach dieser Konkretisierung ihrer Begehren im Rahmen des zweitinstanzlichen Verfahrens kann ihre beim SG erhobene Klage nicht mehr als allgemeine Leistungsklage ausgelegt werden, die die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht vorausgesetzt hätte und auch nicht verfristet gewesen wäre, da eine Anfechtung des Bescheides vom 21.01.2004 nicht erforderlich gewesen wäre. Vielmehr hat die Klägerin nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass es sich bereits bei der zum SG erhobenen Klage um eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage bezüglich des Entziehungsbescheides gehandelt hat. Zulässig ist dabei allein eine Anfechtungsklage, denn es handelt sich bei dem Bescheid vom 21.01.2004 um einen auf § 66 SGB I sich stützenden Verwaltungsakt, durch dessen Aufhebung der Anspruch aus der Leistungsbewilligung vom 15.09.2003 für die Zeit ab 02.09.2003 (bis zum Umzug nach Polen) wiederauflebt. Eine Auslegung des klägerischen Begehrens dahingehend, sie habe eine allgemeine Leistungsklage erheben wollen, erscheint dem Senat im Hinblick auf die konkret von ihr geäußerten Begehren nicht - mehr - möglich. Im Übrigen dürfte die grundsätzlich bis zum Erlass des Bescheides vom 21.01.2004 zulässige und i.S.d. § 331 Abs 2 SGB III i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Zweites SGB III-Änderungsgesetz - 2. SGB III-ÄndG) vom 21.07.1999 (BGBl I 1648) wohl bis dahin auch begründete - bei dem Bescheid vom 21.01.2004 handelt es sich nicht um einen Aufhebungsbescheid im Sinne dieser Vorschrift und die 2-Monatsfrist gemäß § 331 Abs 2 SGB III wurde ebenfalls nicht eingehalten - Leistungsklage (zur Einordnung der vorläufigen Leistungseinstellung als Realakt und der demnach statthaften echten Leistungsklage: vgl. Radüge in Hauck/Noftz, SGB III, Stand 12/2003, § 331 Rn 13f) mit Erlass des Bescheides vom 21.01.2004 unzulässig geworden sein. Durch die Entziehung der Leistungen durch den (bestandskräftigen) Bescheid vom 21.01.2004 mit Wirkung zum 01.11.2003 ist danach die notwendige Klagebefugnis für die Zahlungsklage unter keinem rechtlichen Aspekt mehr gegeben (vgl. Coseriu/Jakob in: Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe, SGB III, 3. Aufl, § 331 Rn 15; Kaminski in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK, Stand 12/2011, § 331 Rn 19; aA Radüge aaO Rn 15; letztlich offen gelassen Düe in: Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl, § 331 Rn 8). Durch die bestandskräftige (siehe dazu unten) Entziehung steht fest, dass der Klägerin ab dem 01.11.2003 keine Leistungen mehr zu gewähren sind. Dies kann die Beklagte einem durch die Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch in jedem Fall entgegen halten. Die ursprüngliche Leistungsbewilligung entfaltet insofern keinerlei Rechtswirkung mehr.
Die von der Klägerin nach ihrem Willen bereits zum SG erhobene, allein statthafte Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 21.01.2004 ist jedoch mangels Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht zulässig; der Bescheid vom 21.01.2004 ist bestandskräftig geworden; die dagegen am 05.01.2005 erhobene Klage ist unzulässig.
Unabhängig davon, ob der Bescheid vom 21.01.2004 der Klägerin unter der zutreffenden Adresse - die Klägerin ist bereits am 23.12.2003 ausgereist - bekannt gegeben worden ist, hat sie, wie sich durch die Übersendung einer Kopie des Originalbescheides (dieser befindet sich nicht als Originalbescheid in den Akten der Beklagten) im Rahmen des Berufungsverfahrens zeigt, diesen tatsächlich erhalten. Dies ist auch nachvollziehbar, denn ihr Ehemann hielt sich noch bis zum Frühjahr 2004 in der Wohnung in E. auf, er reiste nach den Angaben in den Akten der Staatsanwaltschaft A. erst zu einem späteren Zeitpunkt als die Klägerin aus. Eine Übergabe an den Ehegatten aber genügt, um von einer wirksamen Bekanntgabe (§ 130 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - bzw. § 178 Abs 1 Nr 1 Zivilprozessordnung - ZPO - analog) auszugehen, zumal es sich, auch wenn die Klägerin bereits ausgereist war, noch um die gemeinsame Wohnung handelte (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 22.02.1994 - 4 B 212/93; Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl, § 37 Rn 4). Einwendungen gegen die Bekanntgabe und den gemäß § 37 Abs 2 SGB X anzunehmenden Zeitpunkt der Bekanntgabe - bei einer Aufgabe zur Post am 21.01.2004 ist diese für den 24.01.2004 anzunehmen - hat die Klägerin nicht erhoben. Letzteres kann jedoch offen gelassen werden, denn die Klägerin gibt im Rahmen des zweitinstanzlichen Verfahrens an, mit der am 05.01.2005 zum SG erhobenen Klage habe sie bereits gegen den Bescheid vom 21.01.2004 vorgehen wollen, so dass ihr spätestens zu diesem Zeitpunkt der Entziehungsbescheid bekannt gewesen und damit gemäß § 37 Abs 1 SGB X bekannt gegeben worden war. Dann aber hätte sie - unterstellt die im Bescheid vom 21.01.2004 genannte Widerspruchsfrist sei wegen einer Bekanntgabe im Ausland (§ 84 Abs 1 Satz 2 SGG) unzutreffend - spätestens bis 05.01.2006 Widerspruch einlegen müssen (§ 66 Abs 2 SGG). Dies hat sie jedoch nicht getan. Sie hat vielmehr ausdrücklich "Klage" erhoben und den Bescheid vom 21.01.2004 zum damaligen Zeitpunkt nicht erwähnt, vielmehr nur den Bescheid vom 20.08.2004 angesprochen. Auch in ihrer Konkretisierung des bereits an das SG gestellten Antrages im Rahmen des zweitinstanzlichen Verfahrens hat sie mitgeteilt, sie habe damals "Feststellungs- und Verpflichtungsklage" erhoben. Diese ausdrückliche Bezeichnung als Klage lässt nach Auffassung des Senats nicht zu, die Klageerhebung auch als Einlegung eines Widerspruchs anzusehen. Soweit teilweise in der Literatur (vgl. zB Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 78 Rn 3b; Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 1. Aufl, § 78 Rn 8; Binder in: Lüdtke, Hk-SGG, 3. Aufl, § 78 Rn 8) in der Klageerhebung die gleichzeitige Widerspruchseinlegung gesehen wird, ist festzustellen, dass in der zum Nachweis der Auffassung genannten Rechtsprechung des BSG besondere Sachverhalte zugrunde lagen. So war nach der Entscheidung des BSG in BSGE 20, 199 und 25, 66 (zu ähnlichen Fallgestaltungen vgl. im Einzelnen auch die Nachweise bei BSG, Urteil vom 13.12.2000 - B 6 KA 1/00 R - SozR 3-1500 § 78 Nr 5 - Rn 25) unklar, ob Widerspruch eingelegt werden musste. Laut dem Urteil des BSG vom 13.12.2000 - B 6 KA 1/00 R - SozR 3-1500 § 78 Nr 5 - war eine falsche Rechtbehelfsbelehrung erteilt worden. Bei der Entscheidung des BSG vom 02.08.1977 - 9 RV 102/76 - SozR 1500 § 78 Nr 8 - lag neben der Klageerhebung auch eine ausdrückliche Widerspruchseinlegung vor. Vorliegend ist die Klägerin aber im Bescheid vom 21.01.2004 ausdrücklich und zutreffend über das Erfordernis einer Widerspruchseinlegung belehrt worden. Sie aber hat ausdrücklich Klage erhoben, nicht aber Widerspruch eingelegt. Nach Ablauf eines Jahres - wegen ggf. unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung - ist eine Widerspruchseinlegung aber nicht mehr möglich. Deshalb war das Klageverfahren auch nicht zur Nachholung des Widerspruchsverfahrens auszusetzen. Offen gelassen werden muss daher, dass der Bescheid vom 21.01.2004 mangels Ermessensausübung und wegen der rückwirkenden Entziehung - dies ist mittels eines sich auf § 66 SGB I stützenden Bescheides nicht möglich - wohl rechtswidrig ist.
Nach alledem war die Klage gegen den mangels Widerspruchseinlegung bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 21.01.2004 vom Senat im Rahmen einer erstinstanzlichen Entscheidung abzuweisen. Über den im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz beziehungsweise Schmerzensgeld war - auch weil das SG hierüber ebenfalls nicht entschieden hat - durch den Senat keine Entscheidung zu treffen, denn die Klägerin hat diesen Anspruch im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht mehr geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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