L 1 KR 420/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 36 KR 2792/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 420/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. September 2008 sowie die Bescheide vom 6. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2006 sowie vom 13. August 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2005 werden abgeändert. Es wird festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit für die M GmbH in der Zeit vom 1. Oktober 2002 bis zum 11. Dezember 2002 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten und Arbeitslosenversicherung unterlag. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte trägt zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers für das gesamte Verfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit steht, ob der Kläger in der Zeit vom 1. Oktober 2002 bis zum 5. November 2003 als Bauhelfer bei der mittlerweile nicht mehr bestehenden M GmbH in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden ist.

Er ist türkischer Staatangehöriger, geboren 1959, und verfügt seit 1993 über eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Er hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. In den Jahren 1993 bis 1997 übernahm er gelegentlich Bürotätigkeiten. In den Jahren 1997 bis Ende September 2002 war er arbeitslos und bezog Sozialhilfe. Der ehemalige Geschäftsführer der M GmbH, der Zeuge B, und der Kläger kannten sich seit ca. 2000 oder 2001 und waren befreundet. Der Zeuge versuchte erfolglos, dem Kläger eine Arbeitsstelle zu vermitteln. Er bot ihm dann an, in seinem neu übernommenen eigenen Unternehmen, als Bauhelfer die Baustellen mit Material bzw. Werkzeugen zu versorgen. Unter dem 29. September 2002 (einem Sonntag) schlossen die beiden einen "Arbeitsvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer" (im OriginalGA Blatt 87 f.). Mit Wirkung vom 1. Oktober 2002 sollte der Kläger danach von der M als Bauhelfer/Fahrer zu einem Stundenlohn von Brutto 11,20 Euro bei einer Arbeitszeit von zurzeit 35 bis 39 Stunden wöchentlich eingestellt sein. Am 18. Oktober 2002 meldete ihn die M bei der Beklagten zur Sozialversicherung an. Lohnabrechungen erhielt er nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung am 11. September 2008 nicht. Er war dann ab dem 30. Oktober 2002 wegen LWS-Schmerzen (Lumbago und/oder Bandscheibenvorfällen) von seinem behandelnden Allgemeinmediziner Dr. T krankgeschrieben. Die Arbeitsunfähigkeit wurde auch vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) bestätigt. Die M gab durch den Zeugen B in der Entgeltbescheinigung vom 14. Januar 2002 an, das Bruttoarbeitsentgelt habe für Oktober 2002 1.568,- Euro, für November 1.792,- Euro sowie für Dezember 2002 1.792,- Euro betragen. Sie bescheinigte ferner durch den Zeugen B am 21. Januar 2003, dass sich der Kläger seit 1. Oktober 2002 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinde (Original GA Blatt 88). Der Kläger selbst gab in einem ihm vom Beklagten übersandten Fragebogen mit Rücklauf 5. Februar 2003 unter anderem an, vom Sozialamt zur Beschäftigungsaufnahme gedrängt worden zu sein und sich zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme nicht gesundheitlich in der Lage gesehen zu haben, eine Beschäftigung aufzunehmen. Auch habe er den Arbeitsgeber nicht auf die bestehende Erkrankung hingewiesen. Die M GmbH ist mittlerweile gelöscht.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 13. August 2003 fest, dass der Kläger ab 1. Oktober 2002 nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- sowie Arbeitslosenversicherung unterliege. Ein ernst gemeintes Beschäftigungsverhältnis sei nicht zu erkennen, weil dieser selbst angegeben habe sich zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme gesundheitlich nicht dazu in der Lage, sondern lediglich auf Drängen des Sozialamtes aufgenommen habe. Bereits am 30. Oktober habe die Arbeit wegen Arbeitsunfähigkeit unterbrochen werden müssen.

Der Kläger erhob Widerspruch. Er sei vom Sozialamt nicht besonders gedrängt worden, sondern sei nur seiner Pflicht zu Arbeitssuche nachgekommen. Das Sozialamt im Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin teilte der Beklagten mit Schreiben vom 17. Dezember 2003 mit, bei der Beschäftigung des Klägers weder mitgewirkt noch diese vermittelt zu haben. Dieser habe unaufgefordert am 17. Oktober 2002 mitgeteilt, zum 1. Oktober 2002 eine Arbeit aufgenommen zu haben. Die Zahlung der Sozialhilfe sei daraufhin zum 31. Oktober 2002 eingestellt worden. Er habe erst am 21. Januar 2003 wieder Sozialhilfe beantragt, weil er vom Arbeitgeber aufgrund Krankheit keine Lohnfortzahlung mehr erhalte und sich die Beklagte weigere, Krankengeld zu zahlen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2005 (VV Blatt 148 ff.) zurück. Es überwögen hier die Argumente, welche gegen die Annahme eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses sprächen. Ein Bedarf bei der M für die Arbeitskraft sei zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht ersichtlich. Es sei unüblich, dass Arbeitsverträge an Sonntagen geschlossen würden. Auch der Umstand, dass weder Lohnunterlagen noch Belege/Quittungen zur Bestätigung des Erhalts des monatlichen Bahrlohnes eingereicht worden seien oder Tätigkeitsnachweise vorgelegt worden seien, sowie der Umstand, dass der behandelnde Arzt angegeben habe, dass der Kläger objektiv nicht in der Lage gewesen sei, eine Arbeit aufzunehmen, spreche gegen die Annahme eines ernst gemeinten Beschäftigungs-verhältnisses. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gehe die Beweislast zu Lasten desjenigen, der sich auf die anspruchsbegründenden Tatsachen berufe (Bezugnahme auf Beschluss vom 21. Juni 1990 - 12 BK 10/90 -).

Am 17. Juni 2005 teilte der Kläger der Beklagten mit, er werde vom jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten. Dieser zeigte seine Bevollmächtigung mit Fax vom 20. September 2005 an und beantragte die Aufnahme eines Überprüfungsverfahrens. Der Kläger habe tatsächlich als Fahrer gearbeitet. Sozialversicherungsanmeldungen, Sozialversicherungsentgelte und Lohn seien ordnungsgemäß angemeldet bzw. ausbezahlt worden. Da der Kläger nur körperlich leicht tätig werden sollte, habe kein Anlass zur Annahme bestanden, es sei von dauerhafter Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Der Kläger habe vielmehr festgestellt, dass das Arbeitsleben zwar anstrengend und stressig sei, jedoch eine sehr positive Wirkung auf ihn ausgeübt habe. Er habe überwiegend Transporte von Baumaterialien durchgeführt, sowie Bauarbeiter von einer zur anderen Baustelle transportiert. Die Motivation und die Eingliederung in das Arbeitsverhältnis hätten der psychischen bzw. physischen Festigung neue Kräfte verliehen.

Die Beklagte lehnte es mit Bescheid vom 6. Oktober 2005 ab, den Bescheid vom 13. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2005 zurückzunehmen. Neuer Sachverhalt sei nicht vorgetragen. Der Kläger erhob Widerspruch. Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2006 zurück.

Der Kläger hat hiergegen am 22. Februar 2006 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben.

Der ehemalige Geschäftsführer der M B ist in der mündlichen Verhandlung am 11. September 2008 als Zeuge vernommen worden. Auf das Protokoll und die dort niedergelegten Aussagen des Klägers und des Zeugen wird ergänzend Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich abschließend beantragt, den Bescheid vom 6. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 13. August 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2005 zurückzunehmen und festzustellen, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit für die M GmbH in der Zeit vom 1. Oktober 2002 bis zum 5. November 2003 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag.

Das SG hat diese Klage mit Urteil vom 11. September 2008 abgewiesen. Sie sei als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Feststellungsklage zulässig nach §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie sei jedoch unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 13. August 2003. Die Beklagte habe zutreffend festgestellt, dass der Kläger in der Zeit ab 1. Oktober 2002 nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen habe. Er sei nicht Beschäftigter im Sinne des § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) gewesen. Eine Versicherungspflicht trete nämlich nicht ein, wenn ein Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis von vornherein mit der Absicht eingehe, die Tätigkeit unter Berufung auf die ihm bekannte Arbeitsunfähigkeit nicht anzutreten oder als bald wieder aufzugeben (Bezugnahme unter anderem auf Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 29.09.1998, SozR 3-2500 § 5 Nr. 40). Sofern die Umstände des Falles ein missbräuchliches Verhalten oder eine Manipulation zu Lasten der Krankenkasse nahe legten, bedürfe es einer sorgfältigen Aufklärung dieser Umstände zu den von den Arbeitsvertragsparteien wirklich verfolgten Absichten. Die Kammer sei zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers für die M nicht um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, sondern lediglich um eine freundschaftliche Mithilfe gehandelt habe. Hintergrund der Tätigkeit sei der durch den Kläger und den Zeugen mehrfach erwähnte Druck, den das Arbeitsamt bzw. das Bezirksamt auf den Kläger ausgeübt hätten. Der Kläger sei nach seinen eigenen Angaben jedenfalls subjektiv davon ausgegangen, dass ihm - sofern er nicht eine Arbeitsstelle finde - die Leistungen gekürzt oder gar gestrichen würden. Nachdem sich der Kläger und der Zeuge gemeinsam vergebens über einen längeren Zeitraum darum bemüht hätten eine anderweitige Arbeitsstelle zu finden und sie auch erkannt hätten, dass eine vom Kläger angedachte selbständige Tätigkeit nicht Erfolg versprechend sei, habe der Zeuge dem Kläger angeboten, bei ihm zu arbeiten. Beide hätten übereinstimmend angeben, dass das Entgelt nicht in festen Beträgen ausgezahlt worden sei, sondern dass der Zeuge ihm je nach Bedarf von Anfang an in unregelmäßigen Abständen Geld gegeben habe. Beide hätten auch betont, dass der Kläger im Oktober 2002 insgesamt wohl sogar mehr bekommen habe, als ihm nach dem Arbeitsvertrag tatsächlich zugestanden hätte, weil er sich in einer wirtschaftlich schwierigen Situation befunden habe. Nachweise über die Lohnzahlung hätte nicht vorgelegt werden können. Die Angaben für den Zeitraum der Entgeltfortzahlung in den Monaten November und Dezember 2002 seien widersprüchlich. Während der Kläger angegeben habe, nur für einen Monat - Oktober - Geld bekommen zu haben, habe der Zeuge geäußert, ihm auch später in unregelmäßigen Abständen immer mal 200,- Euro bis 300,- Euro bezahlt zu haben, so dass es am Ende ca. 3.000,- Euro gewesen seien. Die vom Zeugen übersandte Entgeltbescheinigung sei widersprüchlich, weil dieser einerseits angebe habe, dass das Entgelt nur bis zum 11. Dezember 2002 fortgezahlt worden sei, andererseits er aber auch angegeben habe, für den Monat Dezember das volle Gehalt wie im November von 1.792,- Euro brutto gezahlt zu haben. Es sei ferner auch davon auszugehen, dass der Zeuge B schon vor der Aufnahme der Tätigkeit des Klägers angesichts der bestehenden Freundschaft, des Umstandes dass der Zeuge B diesen auch regelmäßig zu Terminen beim Arbeitsamt begleitet habe und der Tatsache, dass ihm vom Arbeitsamt von der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit abgeraten worden sei, jedenfalls teilweise die gesundheitlichen Probleme des Klägers bekannt gewesen seien. Es habe sich nicht um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis gehandelt, sondern um eine freundschaftliche Mithilfe des Klägers im Gegenzug dafür, dass der Zeuge B ihm aus einer Notlage geholfen und ihn finanziell unterstützt habe. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger keine andere Arbeitskraft ersetzt habe und letztlich für seine Tätigkeit kein konkreter Bedarf bestanden habe. Seine Tätigkeit sei vor dem 1. Oktober und nach Ende des Monats entweder vom Zeugen B selbst oder von anderen Arbeitnehmern übernommen worden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Der Sachverhalt halte entgegen der Auffassung des SG einem Fremdvergleich mit einem normalen Arbeitsverhältnis ohne freundschaftliche Beziehungen stand, wenn der besondere Stellenwert, welche die Hilfsbereitschaft in der türkischen Kultur habe, berücksichtigt werde. Es sei weder strafbar noch missbräuchlich, dass der Zeuge B mehrfach versucht habe, ihm zu helfen. Er habe Arbeitsentgelt erhalten als entsprechende Gegenleistung für seine Arbeitsleistungen als Fahrer. Daneben habe der Zeuge B dem Kläger private Darlehen gewährt.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2006 aufzuheben, sowie die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 13. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2005 zurückzunehmen und ferner festzustellen, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit für die M GmbH in der Zeit vom 1. Oktober 2002 bis zum 5. November 2003 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das SG habe die Rechtsprechung des BSG richtig auf den Einzelfall angewendet, insbesondere zum sogenannten Fremdvergleich. Es habe sich hier um ein Scheinarbeitsverhältnis gehandelt.

Entscheidungsgründe:

Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter alleine nach §§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden. Alle Beteiligten haben sich damit in der mündlichen Verhandlung am 11. November 2011 einverstanden erklärt.

Die Berufung hat im Kern Erfolg.

Die Klage ist zulässig. Auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil kann insoweit nach § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verwiesen werden. Es besteht bereits ein Rechtschutzbedürfnis an der begehrten Feststellung im Hinblick auf das Erfordernis einer späteren Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 Sozialgesetzbuch 5. Buch -SGB V), zuvor nach Maßgabe dieser Vorschrift für einen längeren Zeitraum Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen zu sein.

Das SG hat die Klage nur zum Teil zu Recht als unbegründet angesehen:

Nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 10. Buch muss ein Verwaltungsakt auch nach Unanfechtbarkeit mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden, soweit das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. Dies ist hier der Fall, soweit die Beklagte im Bescheid vom 13. August 2003 davon ausgegangen ist, dass der Kläger auch in der Zeit vom 1. Oktober 200 bis 11. Dezember 2002 nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe.

Die Versicherungs- und Beitragspflicht richtet sich für die Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, für die Rentenversicherung nach § 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 6. Buch, für die soziale Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 11. Buch und für die Arbeitslosenversicherung nach §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetbuch 3. Buch. Diese Vorschriften setzen jeweils ein – entgeltliches – Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV voraus. Nach dieser Norm ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Ob ein solches vorliegt, richtet sich maßgeblich nach den tatsächlichen Umständen. Die Feststellungslast hat der Kläger (BSG, Urteil vom 4. Dezember 1997 – B 12 RK 3/97BSGE 81, 231, 239). Denn er beruft sich auf das Bestehen der Versicherungs- und Beitragspflicht. Wenn der Verdacht der Manipulation zu Lasten der Krankenkasse besteht, ist nach einem strengen Prüfungsmaßstab zwischen einem ernstlich gewollten entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis zu einem bloß fingierten abzugrenzen (vgl. BSG, a.a.O. S. 239).

Entgegen der Auffassung des SG ist der Senat aber zur Überzeugung gelangt, dass in der ersten Zeit, für die der Kläger angemeldet wurde, tatsächlich ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden hat. Der Kläger hat nämlich die wesentlichen der vom Beklagten als Indizien für ein Scheinarbeitsverhältnis angesehenen Umstände entkräften können. So hat der Behandler Dr. T nicht bescheinigt, dass der Kläger bei Arbeitsaufnahme objektiv zur Arbeit nicht in der Lage gewesen sei. Er hat vielmehr -im Gegenteil- Behandlungsbedürftigkeit vor dem 31.Oktober 2002 verneint. Der Abschluss eines Arbeitsvertrages an einem Sonntag ist aufgrund der freundschaftlichen Beziehungen kein Indiz für ein Scheingeschäft. Es ist auch davon auszugehen, dass der Kläger im Oktober 2002 tatsächlich Fahrdienste geleistet hat und er deshalb jedenfalls den Zeugen B oder andere Mitarbeiter entlasten hat. Dass er nur aufgrund seiner freundschaftlichen Beziehungen eingestellt wurde, steht außer Streit. Dass der Kläger im September 2002 mit Leistungskürzungen durch das Sozialamt gerechnet hat, steht nicht fest und ist auch abgesehen davon kein gewichtiges Indiz für ein Scheinarbeitsverhältnis. Alleine aus dem Umstand, dass nach wie vor Dokumente, welche die Tätigkeit als ernsthaftes und tatsächliches Arbeitsverhältnis für die M GmbH ausweisen, beispielsweise Lohnbuchunterlagen, nicht vorgelegt worden, folgt noch nicht, dass der Freundschaftsdienst des Zeugen nicht in der Einstellung des Klägers bestanden hat, sondern dass er ihn nur ansonsten mit Geld unterstützt hat. Dass ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis nur vorliegt, wenn sich die Beteiligten "wie Fremde" gegenüberstehen, ist nicht der Fall.

Für die Zeit ab 12. Dezember 2002 kann allerdings von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 SGB IV nicht mehr ausgegangen werden, weil der Kläger unstreitig nicht mehr für die MKB Bau GmbH tätig war und der Zeitraum der Entgeltfortzahlung abgelaufen gewesen ist. Auch nach der eingereichten Entgeltsbescheinigung hat der Kläger lediglich bis zum 11. Dezember 2002 Entgelt als Lohnfortzahlung erhalten. Es muss davon ausgegangen werden, dass das Arbeitsverhältnis ab danach zumindest als ruhend angesehen wurde.

Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG entspricht der Billigkeit. Hinsichtlich der Bedeutung des Rechtsstreits war nämlich nicht nur auf den Zeitraum abzustellen, auf welchen sich das klägerische Begehren bezogen hat, sondern auch auf das Primärziel der Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses schlechthin.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved