L 7 AS 1161/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 18 AS 405/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 1161/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. November 2010 abgeändert und der Beklagte auf sein Teilanerkenntnis vom 22. November 2011 hin unter Änderung seines Bescheides vom 16. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2008 und des Änderungsbescheides vom 27. Mai 2009 verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in Höhe von 6,33 EUR monatlich zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Vorliegend begehrt der Kläger die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 12. Juli 2005 bis 30. Juni 2009 sowie die "Feststellung der rechtswidrigen Verfahrensweise und Schadensersatz zuzüglich Zinsen".

Der 1972 geborene Kläger bewohnt zusammen mit seiner Mutter ein Haus mit vier Zimmern, für das ausweislich des Mietvertrages eine monatliche Kaltmiete von 613,55 EUR zuzüglich Nebenkosten zu entrichten ist. Nach den eigenen, von seiner Mutter bestätigten Angaben des Klägers beteiligt er sich an den Mietkosten mit monatlich 359,00 EUR, die sich aus einem monatlichen Anteil für die Kaltmiete in Höhe von 306,78 EUR, für Kosten der Heizung mit Strom (Nachtspeicheröfen) in Höhe von 45,00 EUR, für Abwasser in Höhe von 2,50 EUR und für Müllgebühren in Höhe von 4,70 EUR zusammensetzen.

Auf seinen am 12. Juli 2005 gestellten Antrag hin bewilligte der Beklagte ihm mit Bescheid vom 27. September 2005 zunächst vom 12. Juli bis 31. Dezember 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Neben der Regelleistung in Höhe von monatlich 345,00 EUR berücksichtigte der Beklagte hierbei u.a. eine Kaltmiete in Höhe von monatlich 306,78 EUR. Der Beklagte wies den Kläger in diesem Bescheid darauf hin, dass in seinem Zuständigkeitsbereich für eine Person eine Kaltmiete von maximal 229,95 EUR bei einer Wohnungsgröße von bis zu 45 qm angemessen sei. Es werde darauf hingewiesen, dass der unangemessene Mietanteil lediglich für einen Übergangszeitraum, vorliegend voraussichtlich bis längstens 31. Dezember 2005 als Bedarf berücksichtigt werden könne.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger ab 1. Januar 2006 durchgehend bis zum 31. Dezember 2008 mit Bescheiden vom 22. Dezember 2005, 13. Juni 2006 (geändert durch Abhilfebescheid vom 20. Juli 2006 und Änderungsbescheid vom 13. März 2007), 11. Dezember 2006, 13. März 2007, 5. Juni 2007, 21. November 2007, 8. Januar 2008 und 9. Juni 2008 weiterhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Hierbei berücksichtigte der Beklagte nur noch die von ihm als angemessen erachtete Kaltmiete von monatlich 229,95 EUR zuzüglich Nebenkosten. Hierbei erfolgte von den geltend gemachten Heizkosten in Höhe von 45,00 EUR monatlich ein Abzug für die Warmwasserbereitung von 6,23 EUR monatlich bis 30. Juni 2007 und von 6,53 EUR monatlich ab 1. Juli 2007.

Die vom Kläger gegen die Bescheide vom 22. Dezember 2005, 13. März 2007 und 9. Juni 2008 eingelegten Widersprüche waren mit Widerspruchsbescheiden vom 9. Februar 2006, 4. Juni 2007 und 11. Juli 2008 zurückgewiesen worden. Die hiergegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klagen S 4 AS 3395/08 (gegen den Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2006), S 12 AS 3664/07 (gegen den Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2007) und S 4 AS 4178/08 (gegen den Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2008) waren erfolglos geblieben (Urteile vom 22. Juni 2009, 11. Januar 2008 und 22. Juni 2009). Die beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegte Berufung (L 12 AS 860/08) gegen das Urteil im Verfahren S 12 AS 3664/07 hatte der Kläger wieder zurückgenommen; die ebenfalls hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) hatte das LSG mit Beschluss vom 28. Juli 2008 verworfen (L 12 AS 3286/08 NZB). Die gegen die Urteile in den Verfahren S 4 AS 3395/08 und S 4 AS 4178/08 jeweils beim LSG eingelegten NZB (L 3 AS 3674/09 NZB bzw. L 3 AS 3679/09 NZB) waren mit Beschlüssen vom 5. Oktober 2009 zurückgewiesen worden.

Auf den Antrag des Klägers, die am 8. September 2008 fällig werdende Nachforderung des Energieversorgungsunternehmens zu begleichen, bewilligte der Beklagte ihm mit Bescheid vom 1. Dezember 2008 eine einmalige Nachzahlung in Höhe von 75,80 EUR für seinen Anteil an den Kosten der Heizung mit Strom. Hierbei ging der Beklagte davon aus, die vom Kläger geleisteten monatlichen Vorauszahlungen in Höhe von 45,00 EUR seien von ihm so auch monatlich berücksichtigt worden.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 erneut Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 626,52 EUR. Neben der Regelleistung in Höhe von 351,00 EUR monatlich berücksichtigte der Beklagte hierbei wiederum u.a. eine Kaltmiete in Höhe von monatlich 229,95 EUR. Von den geltend gemachten Heizkosten in Höhe von 45,00 EUR monatlich zog der Beklagte eine Warmwasserpauschale in Höhe von 6,63 EUR monatlich ab.

Der Kläger legte am 19. Dezember 2008 Widerspruch gegen "alle Bescheide (seit 2005) sowie alle folgenden Bescheide bis zum 16.12.2008" mit der Begründung ein, er könne nicht erkennen, ob die Unterkunftskosten, insbesondere die Heizkosten, in ihrer tatsächlich anfallenden Höhe erstattet worden seien. Am 22. Dezember 2008 wiederholte der Kläger seinen Widerspruch, nunmehr jedoch unter Bezeichnung der von ihm im Einzelnen angefochtenen Bescheide. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2008 verwarf der Beklagte den Widerspruch gegen die vor dem 16. Dezember 2008 ergangenen Bescheide mit der Begründung, die Widerspruchsfrist sei abgelaufen bzw. das Rechtsmittel des Widerspruches bereits verbraucht. Hinsichtlich des Bescheides vom 16. Dezember 2008 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet mit der Begründung zurück, die tatsächlich zu entrichtende Kaltmiete in Höhe von monatlich 306,78 EUR sei unangemessen hoch, es könne daher nur eine Kaltmiete in Höhe von monatlich 229,95 EUR berücksichtigt werden.

Hiergegen hat der Kläger am 22. Januar 2009 Klage beim SG mit der Bitte um Überprüfung aller Leistungsbescheide erhoben. Kosten für Unterkunft, Heizung und Warmwasser seien nicht getrennt aufgeführt worden, so dass Widersprüche gegen den Heizungs- und Warmwasserteil nicht möglich gewesen seien. Auch könne er nicht erkennen, wie die Regelleistung zusammengerechnet worden sei.

Während des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Bescheid vom 27. Mai 2009 seinen Bescheid vom 16. Dezember 2008 für Mai und Juni 2009 geändert und dem Kläger nunmehr für diesen Zeitraum Leistungen in Höhe von monatlich 670,17 EUR bewilligt. Dabei ist der Beklagte jetzt von einer aus leistungsrechtlicher Sicht angemessenen Kaltmiete von 273,60 EUR monatlich ausgegangen.

Weiter hat sich der Beklagte während des Klageverfahrens am 9. März 2010 bereit erklärt, für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2009 für Kosten der Warmwasserbereitung lediglich eine Pauschale von 6,33 EUR monatlich statt wie bislang 6,63 EUR monatlich in Abzug zu bringen.

Mit Urteil vom 29. November 2010 hat das SG den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 16. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2008 verurteilt, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung einer Kaltmiete von 306,78 EUR und entsprechend seines Teilanerkenntnisses vom 9. März 2010 unter Abzug einer Warmwasserpauschale von 6,33 EUR für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2009 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Gegen diese ihm am 18. Februar 2011 zugestellte Entscheidung hat der Kläger mit seinem am 11. März 2011 beim SG mit der Bitte um Weiterleitung an das LSG eingegangenen Schreiben vom 10. März 2011 Berufung unter Aufrechterhaltung der bisherigen Anträge eingelegt. Weiter hat er nunmehr beantragt die "Feststellung der rechtswidrigen Verfahrensweise, Schadensersatz zuzüglich Zinsen und Einleitung von Disziplinar- und Strafverfahren". Sein vom SG weitergeleitetes Schreiben ist am 18. März 2011 beim LSG eingegangen.

Der Kläger beantragt vermutlich,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. November 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung seiner Bescheide vom 27. September 2005, 22. Dezember 2005, 20. Juli 2006, 11. Dezember 2006, 13. März 2007, 5. Juni 2007, 21. November 2007, 8. Januar 2008, 9. Juni 2008 und 1. Dezember 2008, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2008 sowie des Bescheides vom 16. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2008 und des Änderungsbescheides vom 27. Mai 2009 zu verurteilen, ihm vom 12. Juli 2005 bis zum 30. Juni 2009 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zu gewähren, ferner ihm Schadensersatz zuzüglich Zinsen zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat er sich auf seine Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid bezogen.

Im Berufungsverfahren hat sich der Beklagte am 22. November 2011 bereit erklärt, dem Kläger Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 ohne den bislang vorgenommenen Abzug für die Kosten der Warmwasserbereitung in Höhe der Pauschale von monatlich 6,33 EUR zu bewilligen und damit anerkannt, dem Kläger noch insgesamt 37,98 EUR (6 x 6,33 EUR) zu zahlen. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger nicht angenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Mit seiner gegen das Urteil des SG vom 29. November 2010 eingelegten Berufung hält der Kläger seine bisherigen Anträge aufrecht. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist daher sein bereits beim SG geltend gemachtes Begehren, im Zeitraum vom 12. Juli 2005 bis zum 30. Juni 2009 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu erhalten. Eine grundsätzlich zulässige Beschränkung des Streitverhältnisses auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in der hier maßgebenden, bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung - a.F. - (vgl. Bundessozialgericht (BSG), BSGE 97, 217) ist hier nicht erfolgt, da eine solche Beschränkung vom Kläger weder ausdrücklich noch unmissverständlich erklärt wurde. Vielmehr zeigt sein Vorbringen im Klageverfahren, auch hinsichtlich der Regelleistung sei für ihn nicht zu erkennen, wie diese zusammengerechnet worden sei, dass er auch die Höhe der ihm gewährten Regelleistung beanstandet. Der Kläger hat erstmals im Berufungsverfahren die Feststellung der rechtswidrigen Verfahrensweise, die Gewährung von Schadensersatz zuzüglich Zinsen sowie die Einleitung von Disziplinar- und Strafverfahren beantragt. Hierbei kommt der beantragten Feststellung der rechtswidrigen Verfahrensweise keine eigenständige Bedeutung zu, da bereits im Rahmen des Berufungsverfahrens die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidungen überprüft wird. Soweit der Kläger die Einleitung von Disziplinar- und Strafverfahren beantragt, handelt es sich hierbei um keine von einem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit zu entscheidenden Sachanträge. Lediglich sein Antrag auf Gewährung von Schadensersatz zuzüglich Zinsen, über den vom Senat auf Klage zu entscheiden ist, ist daher nunmehr auch Gegenstand des vorliegenden Verfahrens (hierzu unten).

Die alleinige Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG wurde form- und insbesondere fristgerecht nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt. Hierbei kann offenbleiben, ob bereits mit Eingang seines Schreibens vom 10. März 2011 beim SG am 11. März 2011 Berufung eingelegt wurde. Zweifel hieran ergeben sich daraus, dass der Kläger nicht nur das Berufungsschreiben, sondern sämtliche Schreiben im Berufungsverfahren stets an das SG mit der Bitte um Weiterleitung an das LSG übersandt hat, sich also möglicherweise des SG nur als Übermittler bedient hat. In jedem Fall ist jedoch sein vom SG weitergeleitetes Berufungsschreiben innerhalb der Berufungsfrist beim LSG eingegangen. Die Berufung ist damit zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist auch zum Teil begründet. In Abänderung des Urteils des SG hat der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 37,98 EUR zu gewähren. Im Übrigen haben jedoch Berufung und Klage keinen Erfolg.

Das SG hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung einer Kaltmiete von monatlich 306,78 EUR und unter Abzug einer Warmwasserpauschale von monatlich 6,33 EUR für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 zu gewähren.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Nach den eigenen, durch seine Mutter bestätigten Angaben des Klägers beteiligt er sich an der Kaltmiete mit einem Betrag in Höhe von 306,78 EUR monatlich. Aufgrund des Urteiles des SG erhält der Kläger somit die tatsächlich ihm entstehenden Kosten der Kaltmiete. Weiter hat der Beklagte den eigenen Angaben des Klägers entsprechend die von ihm zu tragenden anteiligen Kosten für Abwasser und Müll in Höhe von insgesamt 7,20 EUR monatlich bei der Gewährung von Leistungen für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 berücksichtigt. Auch dies ist nicht zu beanstanden.

Ferner hat der Beklagte von dem nach Angaben des Klägers vom ihm zu tragenden Heizkostenanteil in Höhe von 45,00 EUR monatlich zunächst eine Pauschale für die Warmwasserzubereitung in Höhe von 6,63 EUR monatlich abgezogen. Auf das im Klageverfahren von ihm abgegebene Teilanerkenntnis hat das SG den Beklagten insoweit verurteilt, lediglich eine Warmwasserpauschale von monatlich 6,33 EUR abzuziehen. Beim Abzug der Warmwasserpauschale haben allerdings sowohl der Beklagte als auch das SG übersehen, dass ein solcher Abzug nur dann vorzunehmen ist, wenn die Warmwasserbereitung über die Heizung erfolgt. Das BSG hat im Urteil vom 27. Februar 2008 (B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94) entschieden, dass die Kosten der Warmwasserbereitung bereits durch die Regelleistung abgegolten sind, die auch die "Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile" umfasst. Daher seien zur Vermeidung "doppelter" Leistungen die Kosten der Warmwasserbereitung von den Kosten der Unterkunft und Heizung mit einer Pauschale in Abzug zu bringen. Diese Gefahr einer doppelten Leistung besteht allerdings nur dann, wenn die Warmwasserbereitung tatsächlich über die Heizung erfolgt. Dies ist jedoch beim Kläger nicht der Fall. Nach seinen eigenen Angaben im Schreiben vom 22. September 2005 erfolgt die Heizung durch Strom mit Wärmespeichern, die nachts zum Nachttarif aufgeladen werden. Dass durch diese Nachtspeicheröfen auch eine Erwärmung des Wassers erfolgt, wird vom Beklagten ausweislich seines Schriftsatzes vom 15. November 2011 ausgeschlossen. Nach seinen eigenen, durch seine Mutter und durch die Abrechnungen des Energieversorgungsunternehmens bestätigten Angaben hat der Kläger lediglich an den Kosten der Heizung mit Strom, nicht jedoch (auch) an der übrigen Haushaltsenergie einen Anteil von 45,00 EUR monatlich zu tragen. Da dieser Kostenanteil lediglich die Heizung - nicht jedoch auch die Warmwasserbereitung - betrifft, ist es nicht gerechtfertigt, hiervon eine Pauschale für die Warmwasserbereitung abzuziehen. Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte im Berufungsverfahren am 22. November 2011 anerkannt, dem Kläger weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 in Höhe von monatlich 6,33 EUR, insgesamt in Höhe von 37,98 EUR (6 x 6,33 EUR) zu gewähren. Da der Kläger dieses Teilanerkenntnis des Beklagten nicht angenommen hat, ist der Beklagte auf sein Teilanerkenntnis hin zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 6,33 EUR monatlich zu gewähren. Eine Prüfung des Klaganspruchs ist insoweit nicht mehr notwendig (BSG SozR 1750 § 307 Nr. 1; BSG, Urteil vom 17. Oktober 1986 - 12 RK 38/85 - (juris): BSG SozR 6580 Art. 5 Nr. 4; BSG, Urteil vom 10. Mai 2007 - B 10 EG 2/06 R -(juris)).

Weiter hat der Beklagte bei der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 die Regelleistung in Höhe von monatlich 351,00 EUR berücksichtigt. Dies ist nicht zu beanstanden, sondern entspricht den Vorgaben in § 20 Abs. 2 und 4 SGB II a.F. in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II für die Zeit ab 1. Juli 2008 (BGBl. I, S. 1102). Trotz der Unvereinbarkeit dieser Regelung mit dem Grundgesetz ist die Regelleistung in dieser Höhe für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2010 weiterhin zugrunde zu legen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175).

Soweit der Kläger höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 12. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2008 begehrt, ist die Entscheidung des SG hingegen nicht zu beanstanden.

Der Kläger hatte gegen die Bescheide vom 12. Dezember 2005, 13. März 2007 und 9. Juni 2008 bereits Widersprüche eingelegt, die sowohl im Widerspruchs- als auch im Klageverfahren erfolglos geblieben sind. Aufgrund der damit eingetretenen formellen Bestandskraft nach § 77 SGG können diese Bescheide mit Rechtsbehelfen wie beispielsweise dem Widerspruch nicht mehr angegriffen werden (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage, § 77 Rdnrn. 2 und 4, jeweils m.w.N.). Dies gilt auch für den Bescheid vom 1. Dezember 2008, der durch die Bewilligung einer einmaligen Nachzahlung für die Kosten der Heizung mit Strom den Bescheid vom 9. Juni 2008 für den September 2008 abgeändert hat (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 22. März 2010 - B 4 AS 62/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 38 - und vom 6. April 2011 - B 4 AS 12/10 R - (juris)). Dieser Bescheid ist nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des beim SG gegen den Bescheid vom 9. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Juli 2008 gerichteten Klageverfahrens S 4 AS 4178/08 geworden. Dieses Klageverfahren ist jedoch - wie oben dargestellt - rechtskräftig beendet, so dass einer inhaltlichen Überprüfung auch des Bescheids vom 1. Dezember 2008 im vorliegenden Verfahren die formelle Bestandkraft entgegensteht.

Hinsichtlich der übrigen Bescheide hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2008 den hiergegen vom Kläger am 19. Dezember 2008 eingelegten Widerspruch zu Recht als unzulässig verworfen, da im Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung die nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG einzuhaltende einmonatige Widerspruchsfrist nach Bekanntgabe der Bescheide, die mit zutreffender Rechtsmittelbelehrung nach § 66 Abs. 1 SGG versehen waren, abgelaufen war. Gründe, dem Antragsteller hinsichtlich der Versäumung der Widerspruchsfrist nach § 67 Abs. 1 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, liegen nicht vor. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nur dann zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Dies setzt voraus, dass der Betreffende diejenige Sorgfalt angewendet hat, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung zuzumuten ist (BSGE 72, 158). Die Versäumung der Verfahrensfrist muss bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt durch einen gewissenhaft und sachgerecht Prozessführenden nicht vermeidbar gewesen sein (BSG Großer Senat SozR 1500 § 67 Nr. 1). Das Vorbringen des Klägers, aufgrund der nicht getrennten Aufführung der Kosten für Unterkunft, Heizung und Warmwasser und der für ihn nicht erkennbaren Zusammensetzung der Regelleistung habe er nicht fristgerecht Widerspruch einlegen können, rechtfertigt die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht. Auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens wäre es ihm ohne weiteres möglich gewesen, fristgerecht Widerspruch gegen die von ihm beanstandeten Bescheide einzulegen. Der vom Kläger am 19. September 2008 beim SG gestellte Antrag nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch auf Überprüfung ist nicht streitgegenständlich, zumal noch keine hierzu ergangene Verwaltungsentscheidung vorliegt.

Wie oben dargestellt, hat der Kläger erstmals im Berufungsverfahren die Gewährung von Schadensersatz zuzüglich Zinsen begehrt. Hiermit bezieht der Kläger in das ursprüngliche Klageverfahren ein weiteres Klagebegehren ein. Diese als Klageänderung anzusehende Klageerweiterung wäre nach § 99 Abs. 1 SGG jedoch nur zulässig, wenn entweder die übrigen Beteiligten einwilligen würden oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hielte oder ein Fall des § 99 Abs. 3 SGG vorläge, der hier jedoch nicht gegeben ist. Auch eine Einwilligung des Beklagten in die Klageänderung ist weder ausdrücklich noch stillschweigend erfolgt. Insbesondere hat sich der Beklagte auf die Klageänderung weder in einem Schriftsatz noch in der mündlichen Verhandlung eingelassen (Leitherer, a.a.O., § 99 Rdnrn. 8a und 9, jeweils m.w.N.). Eine Sachdienlichkeit der Klageerweiterung ist ebenfalls nicht gegeben. Eine Klageänderung ist stets dann sachdienlich, wenn sie dazu führt, dass der Streit zwischen den Beteiligten in einem Verfahren beigelegt und endgültig bereinigt werden kann, so dass ein neuer Prozess vermieden wird (Leitherer, a.a.O., § 99 Rdnr. 10 m.w.N.). Nicht sachdienlich ist hingegen eine Klageänderung dann, wenn sie dazu führt, dass der Rechtsstreit auf eine völlig neue Grundlage gestellt wird (Leitherer, a.a.O., § 99 Rdnr. 10a m.w.N.) oder es sich um Klageanträge handelt, bei denen erkennbar nicht alle Prozessvoraussetzungen gegeben sind und über die daher ohnehin nicht in der Sache entschieden werden kann (BSG, Urteil vom 23. März 1993 - 4 RA 39/91 - (juris); Leitherer, a.aO., § 99 Rdnr. 10a). Letzteres gilt auch für den Fall der Unzulässigkeit des Rechtswegs, dessen Prüfung nicht vorab, sondern erst im Rahmen der Sachdienlichkeit erfolgt, so dass bei Klageerweiterungen eine Rechtswegverweisung regelmäßig nicht in Betracht kommt (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 9. März 1973 - I WB 61.70 - BVerwGE 43, 193 - ; LSG, Beschluss vom 10. Dezember 1996 - L 5 Ka 2453/96 - (juris);). Soweit ersichtlich könnte als Grundlage für das Begehren des Klägers auf Schadensersatz allenfalls eine Amtspflichtverletzung nach Artikel 34 des Grundgesetzes, § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches in Betracht kommen, für deren Geltendmachung nach § 17 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes der Rechtsweg zu den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit eröffnet wäre. Eine Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit (vgl. § 51 SGG) hierfür ist nicht gegeben, so dass über dieses Klagebegehren ohnehin nicht in der Sache entschieden werden könnte. Eine Sachdienlichkeit im dargestellten Sinne liegt damit nicht vor. Die im Begehren auf Schadensersatz zu sehende Klageänderung ist somit mangels Sachdienlichkeit unzulässig, die hierauf gerichtete Klage (als unzulässig) abzuweisen (LSG, a.a.O.; Leitherer, a.a.O., § 99 Rdnr. 14; Roller in Hk-SGG, 3. Auflage, § 99 Rdnr. 17).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Angesichts des geringen Anteils des klägerischen Obsiegens bestand im Rahmen der zu treffenden Kostenentscheidung keine Veranlassung für den Senat, dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers (zum Teil) aufzuerlegen.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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