Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 82 KR 629/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 644/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Versicherungsfreiheit/-pflicht eines freien Mitarbeiters in der IT-Branche.
2. § 96 SGG ist nicht anwendbar, wenn der während des Rechtsstreits ergehende Bescheid nicht an den Kläger, sondern einen Beigeladenen gerichtet ist.
2. § 96 SGG ist nicht anwendbar, wenn der während des Rechtsstreits ergehende Bescheid nicht an den Kläger, sondern einen Beigeladenen gerichtet ist.
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juni 2007 und der den Kläger betreffende Teil des Bescheides vom 23. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2003 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) seit dem 25. Januar 1995 nicht der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung unterliegt. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Beigeladenen zu 1) für das gesamte Verfahren. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Kläger in seiner seit Januar 1995 für die Beigeladene zu 1) ausgeübten Tätigkeit der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung unterliegt.
In dem von der Beklagten erstellten Versicherungsverlauf des Klägers vom 11. Juni 2007 finden sich zuletzt Beitragszeiten aufgrund eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses für die Monate Januar bis April 1995 sowie November 1995 bis April 1996. Während dieser Zeit war der 1945 geborene Kläger nach eigenen Angaben bei der Firma G G beschäftigt. Derzeit ist er nach eigenen Angaben privat krankenversichert. Er schloss am 25. Januar 1995 mit der Beigeladenen zu 1) einen "Vertrag über freie Mitarbeit" mit folgendem Inhalt:
"§ 1 Gegenstand des Vertrages
Herr Christiansen übernimmt ab dem 25. Januar 1995 als freier Mitarbeiter und selbstständiger Berater im Auftrag der Firma die Bearbeitung bestimmter Sonderaufgaben im Bereich Produktentwicklung/Testverfahren.
Die Tätigkeit und Beratung bezieht sich insbesondere auf:
- Projekt T1-Controller: Qualitätsüberwachung, Fehlertests, Fehleranalyse, Fehlerbeseitigung, Entwurf und Aufbau von Labor-Prototypen - Fehleranalyse retournierter T1-Controller - Programmierung und Aktualisierung T1-Controller - Nullserienplanung - Labormuster-Aufbau - Planung, Entwurf und Ausführung von Prüfeinrichtungen - Produktanalyse zur Serienreife-Erzeugung - Entwurf, Planung und Ausführung von Demonstrationsobjekten für Ausstellungen, Messen und Prospektabbildungen
Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, der Firma über seine Tätigkeit (insbesondere über Ergebnisse) monatlich Bericht zu erstatten.
Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, sich über die seine Tätigkeit und Beratung betreffenden Gegebenheiten der Firma informiert zu halten.
Die Firma stellt dem freien Mitarbeiter alle zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Informationen, Hilfsmittel und Unterlagen zur Verfügung.
§ 2 Zeit und Ort der Dienstleistung
Der freie Mitarbeiter ist hinsichtlich der Art und Durchführung der ihm erteilten Aufträge und der Verwendung seiner Zeit frei. Er unterliegt keinen Weisungen seitens der Firma.
Der freie Mitarbeiter ist in der Bestimmung seines Arbeitsortes frei. Die Durchführung der Tätigkeit erfolgt jedoch teilweise in den Geschäftsräumen der Firma. Dem freien Mitarbeiter stehen dafür alle erforderlichen räumlichen und technischen Mittel zur Verfügung.
§ 3 Vergütung
Die Tätigkeit des freien Mitarbeiters wird mit DM 20,00 pro Stunde entgolten. Der freie Mitarbeiter rechnet die eingesetzten Stunden monatlich ab.
Bei positivem Geschäftsverlauf zahlt die Firma dem freien Mitarbeiter ein Erfolgshonorar. Diese Honorare sind erfolgsabhängige und jederzeit widerrufbare freiwillige Sonderzahlungen.
Steuern und Abgaben sind Angelegenheiten des freien Mitarbeiters; sie sind von ihm unmittelbar zu entrichten.
§ 4 Reisekosten und Aufwendungen
Reisekosten werden dem freien Mitarbeiter gemäß den pauschalen steuerlichen Höchstsätzen erstattet. Der Ersatz der Auslagen für Übernachtung wird gegen Vorlage der entsprechenden Quittungen und Belege abgerechnet. Die Wahl der Übernachtungsmöglichkeit steht dem freien Mitarbeiter frei, sie hat jedoch in angemessenem Rahmen zu erfolgen. Bei Bahnfahrten wird das Fahrgeld für die 2. Klasse erstattet. Bei Einsatz eines privaten Fahrzeugs erstattet die Firma dem freien Mitarbeiter DM 0,52 pro Kilometer.
Der freie Mitarbeiter hat Anspruch auf Ersatz der erforderlichen und nachgewiesenen Aufwendungen, die ihm im Rahmen dieses Vertrages in Ausübung seiner Tätigkeit entstehen.
§ 5 Verschwiegenheit und Herausgabe von Unterlagen
Der freie Mitarbeiter ist verpflichtet, über die Verhältnisse der Firma, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und Ergebnisse seiner Tätigkeit, strengstes Stillschweigen zu bewahren. Das gilt auch nach Beendigung des Beratungsverhältnisses.
Der freie Mitarbeiter wird sämtliche Unterlagen, die ihm im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Vertrages übergeben werden, Dritten nicht zugänglich machen und sie unmittelbar nach Beendigung dieses Vertrages an die Firma herausgeben. Der freie Mitarbeiter ist nicht berechtigt, an solchen Unterlagen ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben.
Der Angestellte verpflichtet sich, die gesetzlichen Bestimmungen über den Datenschutz genauestens einzuhalten. Die betrieblichen Anordnungen über die Datensicherheitsverfahren sind ebenfalls genau zu beachten.
Ein Verstoß gegen die gesetzlichen Bestimmungen des Datenschutzes berechtigt die Gesellschaft - ohne weiteres Abmahnen -, die fristlose Kündigung auszusprechen. Das gleiche gilt, wenn der Angestellte unerlaubtermaßen ihm bekannt gewordene Firmeninternas – insbesondere Software- und Hardwaredetails – oder andere, schutzwürdige Interna eines Kunden der Gesellschaft an einen Dritten weitergibt. Eine Anfertigung von Kopien jedweder Art bzw. die Weitergabe von Programmen und Programmeilen ist ausdrücklich verboten, es sei denn, es liegt eine Zustimmung der Gesellschaft vor.
§ 6 Nebentätigkeit und Wettbewerbsverbot
Dem freien Mitarbeiter steht es frei, auch für andere Unternehmen tätig zu sein. Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich jedoch, sich während der Dauer des Vertragsverhältnisses jeder selbstständigen oder unselbstständigen, direkten oder indirekten Tätigkeit für ein Unternehmen zu enthalten, das mit der Firma in Wettbewerb steht.
Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, der Firma jeden möglichen Interessenkonflikt, der sich aus einer anderen Tätigkeit ergeben kann, anzuzeigen.
§ 7 Arbeitsergebnisse
Alle Ergebnisse der Tätigkeit des freien Mitarbeiters stehen unmittelbar der Firma zur Verfügung. Das gilt auch für schutzrechtsfähige Ermittlungen.
§ 8 Kündigung
Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine Kündigung ist beiderseits unter Einhaltung einer Frist von 30 Tagen zum Monatsende möglich.
Das Recht zu außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB bleibt unberührt.
Die Kündigung bedarf der Schriftform.
§ 9 Schlussbestimmungen
Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages sind nur wirksam, wenn sie schriftlich erfolgen. Dies gilt auch für einen Verzicht auf das Schriftformerfordernis.
Sollten Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden oder sollten sich in dem Vertrag Lücken herausstellen, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmungen oder zur Ausfüllung eventueller Lücken soll eine angemessene Regelung gelten, die, soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertragspartner nach dem Sinn des Vertrages gewollt haben.
Gerichtsstand ist der Sitz der Firma."
Seine Leistungen "für die Mitarbeit am ISDN-Projekt T1" stellte der Kläger der Beigeladenen zu 1) zumindest für nahezu jeden Monat im Zeitraum Januar 1997 bis Januar 2001 in Rechnung und legte hierbei einen Stundensatz von 20,00 DM (bis einschließlich August 1998) bzw. 22,50 DM (ab September 1998), jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer, sowie Stundenzahlen zwischen 49,75 und 217,75 zugrunde. In einigen Monaten (Januar 1998, Januar 1999, Oktober 1999, Januar 2001) brachte der Kläger darüber hinaus zusätzliche Beträge zwischen 2.500.- und 5.530.- DM in Ansatz, welche er mit "Erfolgsprämie", "einm. Zahlung", "Erfolgshonorar 1998", "Erfolgshonorar 2000" bzw. "Leistungshonorar" bezeichnete. Die Beigeladene zu 1) beglich alle diese Rechnungen ohne Abzug.
Im Rahmen einer "Betriebsprüfung gem. § 28 p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) i.V.m. § 7 b SGB IV am 09.03.2001" teilte die Beklagte der Beigeladenen zu 1) mit, dass für mehrere "Auftragnehmer", u.a. den Kläger, "überwiegende Merkmale einer abhängigen Beschäftigung im maßgeblichen Zeitraum" vorlägen (Schreiben vom 18. Juni 2001). Im Rahmen des Anhörungsverfahrens gab die Beigeladene zu 1) u.a. an (Schreiben vom 12. Dezember 2001), dass der Kläger einige Zeit nicht für sie tätig gewesen sei. Sie befasse sich mit der Entwicklung von Hard- und Software, insbesondere im hochspezialisierten Bereich der ISDN/ADSL-Technologie, die im Wesentlichen in Deutschland entwickelt worden sei und bei der ausnahmsweise nicht amerikanische oder asiatische Firmen weltweit führend seien. Um sich erfolgreich am Markt behaupten zu können, sei sie auf die Mitarbeit hochspezialisierter Experten, insbesondere im Rahmen spezieller, projektbezogener Aufträge, existenziell angewiesen. Sie habe daher ein ureigenes Interesse daran, die Experten durch Arbeitsverträge an ihr Haus zu binden, könne aber natürlich nicht die Entwicklung ihrer Produkte dadurch gefährden, dass sie die notwendigen Spezialisten nur deshalb nicht zur Verfügung habe, weil diese nicht bereit seien, in ihrem Unternehmen angestellt zu werden. Speziell der Kläger übernehme als freier Mitarbeiter und selbständiger Berater im Auftrag der Firma die Bearbeitung von Sonderaufgaben im Bereich Produktentwicklung, Testverfahren und Qualitätsüberwachung. Der Kläger habe weitere Angaben, z. B. über andere Auftraggeber, nicht zur Verfügung gestellt.
Mit ihrem an die Beigeladene zu 1) gerichteten und dem Kläger übersandten Bescheid vom 23. September 2002 stellte die Beklagte u.a. fest, dass der Kläger seit dem 25. Januar 1995 als "Mitarbeiter Produktionsentwicklung und Produktionsüberwachung" wegen einer abhängigen Beschäftigung der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung unterliege. Der Kläger sei in den Arbeitsablauf der Beigeladenen zu 1) integriert; hierzu seien ihm alle erforderlichen räumlichen und technischen Mittel zur Verfügung gestellt worden, wie sich aus dem Vertrag vom 25. Januar 1995 ergebe. Zudem habe die Tätigkeit des Klägers der Weisungs- und Aufsichtspflicht gegenüber dem Arbeitgeber unterlegen, was insbesondere in der monatlichen Erstellung von Berichten über die geleistete Arbeit und die Informationspflicht des Arbeitnehmers über alle im Betrieb anfallenden Gegebenheiten, welche seine Tätigkeit betroffen habe, zum Ausdruck komme. Die durchgeführten Arbeiten, wie "Controllertätigkeiten: Qualitätsüberwachung, Fehlertest und Analysen und die Beseitigung von Fehlern, Nullserienplanung, Labormusteraufbau, Planung, Entwurf und Ausführung von Prüfeinrichtungen usw." ließen typische Merkmale unternehmerischen Handelns nicht erkennen. Die vertraglich vereinbarten und geleisteten Sonderzahlungen stünden typischen Arbeitnehmern zu. Die hohe regelmäßige Anzahl von abgerechneten und anwesenden Stunden ließen eine Tätigkeit für einen anderen Arbeitgeber nicht zu. Auch wenn dem Arbeitnehmer gestattet sei, für weitere Unternehmen tätig zu werden, liefen der Vertrag und seine Ausgestaltung auf ein Wettbewerbsverbot hinaus.
Im Widerspruchsverfahren brachte die Beigeladene zu 1) vor, der Kläger gestalte seine Tätigkeit völlig selbstständig und arbeite überwiegend in den Abendstunden. Er habe auch einen häuslichen Arbeitsplatz und nehme bei ihr nur bestimmte technische Geräte in Anspruch. Er müsse diese Tätigkeit teilweise in der Firma wahrnehmen, weil es sich hier um Eigenentwicklungen handele, die wegen der Einhaltung des Geheimnisschutzes nicht außerhalb der Firma er- bzw. bearbeitet werden dürften. Der Kläger müsse weder die für Mitarbeiter übliche wöchentliche Arbeitszeit einhalten, noch habe er einen Urlaubsanspruch. Er unterliege hinsichtlich der Erfüllung der Aufträge nicht dem Weisungsrecht der Beigeladenen nach Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit. Weisungen würden nur ergebnisbezogen erteilt, ebenso habe er nur ergebnisbezogen zu berichten, um dem Auftraggeber den Erfüllungsstand des Auftrages anzuzeigen. Die mit dem Kläger vereinbarte Vergütung entspreche der für freie Mitarbeiter. Allein schon die Tatsache, dass es in Deutschland nur wenige Hersteller von ISDN-Controller-Anwendungen gebe, spreche gegen ein Wettbewerbsverbot. Ferner sei der Kläger nach eigenen Angaben auch für diverse andere Arbeitgeber tätig.
Mit ihren an den Kläger und die Beigeladene gerichteten, im Wesentlichen gleich lautenden Widerspruchsbescheiden vom 31. März 2003 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers und der Beigeladenen zu 1) zurück.
Der Kläger hat Klage erhoben und vorgebracht, er sei seit mindestens 20 Jahre selbstständig tätig. Früher sei er halbtags beschäftigt gewesen und habe daneben verschiedene Aufträge angenommen. Es sei ihm immer wichtig gewesen, selbstständig und unabhängig zu sein. Er habe eine Vielzahl von Tätigkeiten ausgeführt, z. B. Autorentätigkeit für Fernsehen, Rundfunk und Zeitungen, Studioeinrichtung, Programmieren. Er habe auch ein LKW-Geschäft, was zur Zeit ruhe. Er habe verschiedene Ausbildungen, d.h. er sei Elektro- und Wirtschaftsingenieur sowie Diplomsoziologe und Historiker. Er sei immer dort tätig (gewesen), wo er Lust darauf habe und Geld verdienen könne. Die Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) sei am Anfang nur eine Nebensache gewesen. Weil die Firma expandiert sei, habe es größeren Bedarf an seiner Tätigkeit gegeben und er sei in immer mehr Projekte einbezogen worden. Grundsätzlich arbeite er da, wo er wolle, sowohl zu Hause als auch in der Firma. Das hänge davon ab, ob er lieber allein oder in Gesellschaft sein wolle. Zu Hause habe er eine voll ausgerüstete Werkstatt, deren Wert er auf ca. 20.000.- bis 30.000.- DM schätze. Hierzu gehörten ca. 10 verschiedene Rechner, verschiedene elektronische Geräte zum Testen sowie Werkzeuge, u.a. zum Schweißen und Löten. Zum zeitlichen Verhältnis seiner Tätigkeit zu Hause und bei der Beigeladenen zu 1) könne und wolle er nichts sagen. Die von ihm geschriebenen Rechnungen habe er der Einfachheit halber und mit Zustimmung der Beigeladenen zu 1) auf das "T1-Projekt" bezogen. Für den relativ günstigen Stundensatz von 20,00 DM habe er sich bewusst entschieden, um mehr Aufträge und Angebote zu bekommen. Monatliche Berichte habe er nicht verfasst, die genannten Rechnungen seien diese Berichte. Eine private Altersversorgung oder Lebensversicherung habe er nicht, soweit er das überblicke. Er sei bei der Barmer Ersatzkasse freiwillig krankenversichert. Er habe während der Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) Mitarbeiter beschäftigt, da er auch Aufträge von anderen Firmen gehabt habe, und "es zeitweilig nicht allein (habe) bewältigen" können. Freiberuflich und im Rahmen seiner Gewerbe führe er auch Kleintransporte mit seinem LKW sowie Materialerhaltung und Wartung von Solarien durch. Zeitweilig sei er bis zu 80 % für andere Auftraggeber, auch außerhalb B, z. B. in S und N, tätig gewesen. Weitergehende Angaben wolle er nicht machen, weil dies geschäftsschädigend sei; er werde seine Kunden nicht über andere Kunden informieren. Durch Zeitungsinserate, telefonische Akquisition und Werbeschreiben per Post habe er in der Gründungs- und Aufbauphase ca. 2 – 3 Jahre lang selbstständig Werbung für sein Gewerbe betrieben. Jetzt müsse er aus zeitlichen Gründen mehr ablehnen und könne sich die Aufträge aussuchen, die ihm am meisten Spaß machten. Er besitze bis heute einen eigenen Kundenstamm. Die Beklagte setze diese Kunden jedoch "in erpresserischer und verbrecherischer Weise unter Druck mit Androhung deren wirtschaftlicher Vernichtung", falls sie ihm weiter Aufträge gäben. Ferner werde er seit 30 Jahren bis heute zur Einkommens- und Umsatzsteuer veranlagt.
Die Beigeladene zu 1) gab an, der Kläger sei im Wesentlichen für den Bau von Prototypen und deren Test für Projekte im Bereich Hardware-Entwicklung beauftragt worden, wie z.B. die Projekte T1-Controller sowie die Entwicklung der Produktlinien "F " und "F ". Der Kläger sei "absolut frei in der Gestaltung seiner Arbeitszeit" gewesen. Wann er seine Arbeiten erledigt habe und in welchem zeitlichen Umfang dies wöchentlich geschehen sei, könne sie schwer einschätzen, da er nur zeitweise in der Firma und meistens an seinem Arbeitsplatz bei sich zu Hause gearbeitet habe und außerdem eine Arbeitszeiterfassung nicht erfolgt sei. Gutes Beispiel für eine ergebnisbezogene Weisung an den Kläger sei eine Terminvorgabe gewesen. Bei Standardprojekten habe der Kläger die notwendige technische Ausstattung an seinem Arbeitsplatz bei sich zu Hause gehabt, bei Projekten mit innovativen Neuentwicklungen habe er teilweise spezielle technische Geräte in den Firmenräumen genutzt. Die Arbeit des Klägers sei nicht kontrolliert worden, aber natürlich seien die Arbeitsergebnisse zu den vereinbarten Terminen abgenommen worden. Nach Fertigstellung eines Prototyps sei jeweils ein Projektbericht vom Kläger erstellt worden. Er sei nicht in den betrieblichen/organisatorischen Ablauf eingegliedert gewesen, sondern habe sich bezüglich der terminlichen Projektabläufe telefonisch und/oder per E-Mail mit dem Projektleiter abgestimmt. Ihm habe auch kein Arbeitsplatz in den Firmenräumen zur Verfügung gestanden. Für seine private Werkstatt seien ihm keinerlei Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt worden. Der Kläger sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Arbeit persönlich durchzuführen. Die Einstellung von Hilfskräften/Vertretung sei nicht von der Zustimmung der Firma abhängig gewesen. Die Aufträge zwischen ihr und dem Kläger seien mündlich in Erweiterung auf Basis des Vertrages vom 25. Januar 1995 zustande gekommen. Der Kläger habe die Übernahme bestimmter Aufträge ablehnen können, was auch vorgekommen sei, z.B. wenn er aus zeitlichen Gründen Projekte nicht habe annehmen können. In diesen Fällen habe sie auf andere externe Ingenieurbüros zurückgegriffen.
Mit Urteil vom 21. Juni 2007 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung zunächst auf die Ausführungen im o.g. Widerspruchsbescheid verwiesen. Ergänzend hat es betont, dass substantiierte Einwände gegen die tatsächlichen Feststellungen der Beklagten vom Kläger nicht vorgebracht worden seien. Nachweise für die von ihm angeführten sonstigen selbständigen Tätigkeiten lägen nicht vor. Ebenso fehlten Nachweise für andere Auftraggeber, den vorhandenen Kundenstamm und das für die selbständige Tätigkeit eingesetzte Kapital. Der Kläger habe auch kein unternehmerisches Risiko im eigentlichen Sinne getragen, sondern nur dem arbeitnehmertypischen Risiko unterlegen, bei Ausfall seiner Arbeitskraft kein Arbeitsentgelt zu erzielen. Darüber hinaus hat er die Möglichkeit gehabt, durch zeitliche Ausdehnung seiner Arbeitskraft höhere Entgelte zu erzielen. Dieses Risiko unterscheidet sich jedoch grundlegend von dem eines typisch selbständigen Unternehmers, der bei Erbringung der Arbeitsleistung gerade keine Sicherheit darüber hat, ob, wann und in welchem Umfang er dafür eine finanzielle Entlohnung erhält. Auch die Angaben der Beigeladenen zu 1) zur zeitlichen und örtlichen Arbeitsleistung des Klägers seien äußerst vage. Die ihm offensichtlich eingeräumten Freiheiten bei der Wahl von Arbeitszeit und –ort seien nicht zwingend untypisch für abhängig Beschäftigte. Auch Arbeitnehmer hätten im Rahmen von Vereinbarungen zu flexibler Arbeitszeit und "Telearbeit" heutzutage diesbezügliche Gestaltungsspielräume.
Gegen dieses ihm am 03. November 2007 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 02. Dezember 2007, zu deren Begründung er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und wie folgt ergänzt: Er sei noch immer für die Beigeladene zu 1) tätig, habe aber zurzeit keine Aufträge, weil er viel bei der U tätig sei. Er sei nicht bei der Beigeladenen zu 3) freiwillig krankenversichert gewesen. Den im Vertrag vom 25. Januar 1995 enthaltenen Stundensatz von 20.- DM habe er selbst vorgegeben. Heute betrage sein Stundensatz 25.- Euro einheitlich für alle Auftraggeber. Schriftliche Fixierungen der von der Beigeladenen zu 1) erhaltenen Aufträge gäbe es nicht, das würde auch den Rahmen des Möglichen sprengen, da man stundenlang mit Schreiben der Aufträge beschäftigt wäre. Es habe jedoch für alle Projekte Endtermine gegeben. Wenn sich während der Bearbeitung eines Auftrags herausgestellt habe, dass die Vorstellungen des Auftraggebers nicht umsetzbar oder nicht erreichbar gewesen seien, habe er mit dem Auftraggeber über mögliche Änderungen gesprochen. Es hätten keine festen wöchentlichen oder monatlichen Besprechungstermine bestanden, an denen er hätte teilnehmen müssen. Wenn im Rahmen eines einzelnen Auftrages bestimmte Einzelkomponenten, z.B. Schaltpläne, erforderlich geworden seien, habe er diese entweder von der Beigeladenen zu 1) beschafft oder – wenn sie dort nicht vorhanden gewesen seien – sie sich z.B. aus dem Internet besorgt. Für einzelne Tage habe er auch Personen, die er gut gekannt habe, zu seiner Unterstützung eingesetzt und sie bezahlt. Er habe dies insgesamt jedoch gegenüber der Beigeladenen zu 1) geheim gehalten, da er den Eindruck hatte, dass Vertrauen in ihn würde enttäuscht, wenn dies offenkundig werde. Wenn er z.B. für eine Ausstellung mehrere baugleiche Komponenten habe herstellen müssen, habe er das Muster angefertigt und von der Hilfsperson quasi Kopien anfertigen lassen. Zu anderen Auftraggebern in den vergangenen Jahren wolle er jedoch nach wie vor keine Angaben machen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juni 2007 sowie den ihn betreffenden Teil des Bescheides der Beklagten vom 23. September 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2003 aufzuheben und festzustellen, dass er in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) nicht der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juni 2007 sowie den ihn betreffenden Teil des Bescheides der Beklagten vom 23. September 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2003 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für sie nicht der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliegt.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und sieht sich durch die Darstellung der Beigeladenen zu 1) auf deren Homepage () bestätigt. Denn daraus ergäbe sich, dass die Tätigkeiten eines Hardware-Entwicklers bzw. Testingenieurs – hiervon unterscheide sich die Tätigkeit des Klägers nicht wesentlich – von anderen Arbeitnehmern der Beigeladenen zu 1) in einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt würden. Die Beschäftigung anderer Arbeitnehmer in einer abhängigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sei ein weiteres Indiz für eine selbständige Tätigkeit des Klägers. Im vorliegenden Fall handele es sich um ein Verfahren nach § 7 b SGB IV in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung. Demzufolge könnten Beiträge erst bei Bestandkraft des Bescheides festgestellt werden, da bei Zustimmung und anderweitiger Absicherung die Versicherungspflicht erst mit der Bekanntgabe – und nicht ab Beschäftigungsbeginn – eintrete.
Die Beigeladene zu 1) bringt vor, dass das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot nicht kontrolliert worden sei, es habe sich insbesondere auf den früheren Konkurrenten T bezogen, den es heute nicht mehr gebe. Da sie heute wohl Marktführer in Europa sei, stelle sich das Problem des Wettbewerbsverbotes auch nicht mehr in der damaligen Form. Schriftliche Aufzeichnungen zu den dem Kläger erteilten Einzelaufträgen bzw. "Sonderaufgaben" i.S.v. § 1 Abs. 1 des Vertrages vom 25. Januar 1995 existierten nicht. Dies hänge mit den Arbeitsabläufen zusammen: Zu Beginn einer neuen Entwicklung werde in der Abteilung Grundlagenforschung zunächst eruiert, ob es technisch und physikalisch möglich sei, eine bestimmte neue Anforderung an ein neues Gerät zu entwickeln. Erscheine es als möglich, arbeiteten die verschiedenen Softwareentwicklungsgruppen an der Lösung dieser Anforderung (z.B. Programmierung der Chips, der Leiterplatten, der Benutzeroberfläche). In einem bestimmten Stadium, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehe, dass die geplante Lösung funktionieren könnte, werde die Hardware-Entwicklung hinzugezogen. Deren Aufgabe sei es zunächst, Prototypen zu fertigen. Dies sei die Stelle, an der der Kläger beauftragt worden sei. Bei der Prototypenfertigung komme es sowohl auf ein hohes technisches Verständnis als auch auf gewisse handwerkliche Fertigkeiten an. Ziel sei es darüber hinaus, mit so wenigen Bauteilen wie möglich auszukommen. Bis die Entscheidung, dass ein serienreifes Produkt entstanden sei, falle, gebe es viele verschiedene Varianten von Prototypen. Die Prototypen würden auf diesem Weg mehrfach variiert (z.B. andere Bauteile, andere Hersteller, andere Materialien). Es sei auch häufig so, dass verschiedene Dienstleister parallel an unterschiedlichen Prototypen arbeiteten, da die technischen Anforderungen an diese Spezialisten sehr unterschiedlich sein könnten. Da sie, die Beigeladene, nicht in der Lage sei, für alle Anforderungen eigenes Personal bereitzustellen, sei sie auf die Zusammenarbeit mit Dienstleistern wie dem Kläger angewiesen. In diesem Prozess sei es unmöglich, eine genau definierte "Ausschreibung" zu machen, bei der ein Dienstleister ein Angebot abgeben könnte, da niemand einschätzen könne, wie lange dieser Prozess dauere. Grundsätzlich geschähen diese Entwicklungen immer unter großem Zeitdruck, um in der Konkurrenz zu den großen Konzernen aus Asien bestehen zu können. Es liege in der Natur der Sache, dass nicht selten in dieser Phase eine Entwicklung wieder eingestellt werde, da die technische Umsetzung sich als nicht umsetzbar herausstelle oder nicht wirtschaftlich herzustellen sei. Daher erfolge die Auftragsverteilung an die speziellen Dienstleister wie den Kläger fast ausschließlich mündlich. Entscheidend sei dabei immer die Frage, ob der Dienstleister (kurzfristig) Kapazitäten frei und die fachliche Kompetenz habe, die speziellen Anforderungen zu erfüllen. Dies laufe bei anderen Dienstleistern, z.B. Rechtsanwälten, in der Praxis ebenso.
Mit Bescheid vom 15. September 2011 hat die Beklagte "in Ergänzung zu dem Bescheid vom 23.09.2002" die Höhe der nachzufordernden Beiträge für den Zeitraum vom 25. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 2001 auf insgesamt 67.582,84 Euro festgesetzt. Diesen Bescheid hat sie durch weiteren Bescheid vom 28. September 2011 geändert und den Nachforderungsbetrag auf 50.916,89 Euro reduziert, da sie übersehen habe, dass die Beiträge für den Zeitraum vom 25. Januar 1995 bis zum 30. November 1996 bereits verjährt gewesen seien.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Zu Unrecht ist das Sozialgericht Berlin davon ausgegangen, dass der den Kläger betreffende Teil des Bescheids vom 23. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2003 rechtmäßig sei. Denn der Kläger unterliegt in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) nicht der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung.
I. Streitgegenstand ist nur der den Kläger betreffende Teil des Bescheids vom 23. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2003, nicht hingegen die Bescheide vom 15. und 28. September 2011. Zwar wird nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand eines (anhängigen) Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt (§ 96 Abs. 1 i.V.m. § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Bescheide vom 15. und 28. September 2011 allerdings ändern oder ersetzen die angefochtenen Bescheide vom 23. September 2002 und 31. März 2003 nicht, sondern sie treffen eine neue, eigenständige Regelung über das Ob und die Höhe einer Beitragsnachforderung. Außerdem ist alleiniger Adressat dieser Beitragsnachforderungsbescheide die Beigeladene zu 1). § 96 Abs. 1 SGG findet jedoch nur Anwendung, wenn die neuen Bescheide von der Beklagten des anhängigen Rechtsstreits gegenüber dem Kläger dieses Verfahrens erlassen werden. Denn § 96 Abs. 1 SGG geht von der Annahme aus, es entspreche regelmäßig der Prozessökonomie, spätere Verwaltungsakte in einen schon anhängigen Rechtsstreit einzubeziehen. Diese typisierende Annahme ist nur gerechtfertigt, wenn der Adressat des Verwaltungsaktes stets derselbe ist, nicht aber bei Verwaltungsakten gegenüber anderen Adressaten, mögen sie auch an dem anhängigen Rechtsstreit als Beigeladene beteiligt sein.
II. Der Kläger unterliegt in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) nicht der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung.
1) Die Versicherungspflicht wird in § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) für die Krankenversicherung, § 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) für die Rentenversicherung und § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) für die soziale Pflegeversicherung geregelt. Im Bereich der Arbeitslosenversicherung bestimmt sich die Versicherungspflicht für die Zeit ab dem 1. Januar 1998 nach § 25 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III), für die Zeit davor regelte § 168 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz die Beitragspflicht. Diese Vorschriften setzen für die Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (im folgenden: Versicherungspflicht) – in der hier einzig denkbaren Alternative – jeweils eine abhängige Beschäftigung gegen Entgelt im Sinne des § 7 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) voraus. Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (z.B. BSG, Urteil vom 25. Januar 2006, Az.: B 12 KR 30/04 R, veröffentlicht in Juris) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, das sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt sind daher zunächst in vertraglichen Vereinbarungen der Beteiligten, so wie sie sich aus den von ihnen getroffenen Abreden ergeben oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lassen. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung, so wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist.
2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass zwischen dem Beigeladenen zu 1) und dem Kläger kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV bestand. Ausgangspunkt der Beurteilung ist der "Vertrag über Freie Mitarbeit" vom 25. Januar 1995, der nur als Rahmenvertrag zu qualifizieren ist, da er noch keine konkrete Leistungspflicht des Klägers begründet. Hierzu bedurfte es weiterer, nach dem Bekunden der Vertragsparteien ausschließlich mündlich getroffener Vereinbarungen über den konkreten Inhalt der in § 1 Abs. 1 des Vertrages geregelten Sonderaufgaben. Aber auch ohne Kenntnis vom konkreten Inhalt der durch Einzelaufträge vereinbarten Sonderaufgaben ist festzustellen, dass der o.g. Vertrag nur wenige typische Elemente eines Arbeitsverhältnisses enthält, sondern sich als (Rahmen-)Dienstvertrag nach § 611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) oder als (Rahmen-) Werkvertrag nach § 631 BGB darstellt.
a) Denn die überwiegenden, im Folgenden dargestellten Regelungen sprechen gegen eine (abhängige) Beschäftigung: aa) Der Kläger war weitgehend frei in der "Bestimmung seines Arbeitsortes". Dies haben die Vertragsparteien in § 2 Abs. 1 Satz 1 des o.g. Vertrages als Grundsatz unmissverständlich zum Ausdruck gebracht und diese Freiheit des Klägers im anschließenden Satz 2 "teilweise" begrenzt. Den Hintergrund dieser Einschränkung hat die Beigeladene zu 1) in nachvollziehbarer Weise dargelegt: zum Schutz von Betriebsgeheimnissen auf ihrem Geschäftsfeld, der Produktentwicklung im Bereich der elektronischen Kommunikation, mithin einer äußerst schnelllebigen Branche, musste der Kläger seine Tätigkeit in gewissem Umfang in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) ausüben. Die insoweit bestehende Weisungsunterworfenheit hinsichtlich des Einsatzortes fällt jedoch nicht entscheidend ins Gewicht, da sich nicht hat feststellen lassen, dass der Kläger den überwiegenden oder auch nur einen erheblichen Teil seiner Tätigkeit in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) verrichtete.
Dieser Sachverhalt ist im Übrigen nicht vergleichbar mit einem Arbeitsverhältnis, in dem der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer erlaubt, seine Arbeitsleistung in kleinerem oder größerem Umfang zu Hause, z.B. an einem sog. Telearbeitsplatz, zu erbringen. Arbeitsverträge über Telearbeit beinhalten typischerweise Regelungen, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer berechtigt ist, seine vertraglich geschuldete Leistung in seiner Wohnung zu erbringen, welche Zugangsrechte der Arbeitgeber zur häuslichen Arbeitsstätte hat und in welcher Weise die Arbeitszeit zu Hause erfasst wird (Kallmann, in: Münchener Vertragshandbuch, Band 5: Bürgerliches Recht I, 6.A., S. 868ff m.w.N.). Beruht demgegenüber die Berechtigung des Arbeitnehmers zur Telearbeit in seiner Wohnung nicht auf den vertraglichen Vereinbarungen, sondern auf dem Direktionsrecht des Arbeitgebers, bleibt diesem typischerweise rechtlich die Möglichkeit, die häusliche Erbringung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer jederzeit zu beenden und ihn, z.B. zur Erledigung vordringlicher Aufgaben oder wegen Personalmangels, anzuweisen, seine Arbeit im Betrieb oder an einer anderen Arbeitsstätte fortzusetzen. Diese Rechtsmacht war der Beigeladenen zu 1) nach dem o.g. Vertrag nicht eingeräumt.
Darüber hinaus ist der Telearbeitsplatz eines abhängig Beschäftigten dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitgeber ihm die erforderliche Hard- und Software stellt und ihn hierdurch in die betriebliche Organisation eingliedert (Wank NZA 99, 25; Kallmann a.a.O.; jeweils m.w.N.). Die Ausstattung des häuslichen Arbeitsplatzes des Klägers wurde nicht durch die Beigeladene zu 1) finanziert. Soweit die Beklagte aus dem zweiten Absatz von § 2 des Vertrages etwas anderes herleitet, ist dem nicht zu folgen. Dass dem Kläger "alle erforderlichen räumlichen und technischen Mittel zur Verfügung" stehen (Abs. 2 Satz 3), bezieht sich nach dem Sinnzusammenhang ("dafür") nur auf die in Abs. 2 Satz 2 vorgesehene Tätigkeit in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1). Auf den von Abs. 2 Satz 1 offensichtlich intendierten häuslichen Arbeitsplatz des Klägers kann Satz 3 auch deshalb nicht abzielen, weil es offensichtlich unsinnig wäre, wenn sich die Beigeladene zu 1) verpflichten wollte, dem Kläger "alle erforderlichen räumlichen [ ...] Mittel" in dessen Wohnung zur Verfügung zu stellen. Der Begriff der "technischen Mittel" in Abs. 2 Satz 3 verdeutlicht zugleich, dass die von der Beigeladenen zu 1) gem. § 1 Abs. 4 des Vertrages zur Verfügung zu stellenden "Hilfsmittel" gerade nicht die vom Kläger benötigte apparative EDV-Ausstattung erfasst.
bb) Der Kläger war auch "in der Verwendung seiner Zeit frei" (§ 2 Abs. 1 Satz 1) und unterlag insoweit keinen Weisungen der Beigeladenen zu 1) (§ 2 Abs. 1 Satz 2). Diese vertragliche Regelung wurde nach dem übereinstimmenden und von der Beklagten nicht angezweifelten Vorbringen des Klägers und der Beigeladenen zu 1) auch in der Form umgesetzt, dass für den Kläger keinerlei Vorgaben existierten, an welchen Wochentagen oder zu welcher Tageszeit er an den von der Beigeladenen zu 1) erteilten Aufträgen zu arbeiten habe. Dass es für die in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1) zu verrichtenden Aufgaben anders war, liegt auf der Hand, fällt aber ebenfalls nicht ins Gewicht. Denn auch insoweit hat der Senat nicht feststellen können, dass der Kläger den überwiegenden oder auch nur einen erheblichen Teil seiner Tätigkeit in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) verrichtete.
Durch die von der Beigeladenen zu 1) erwähnten Abgabetermine entsteht keine Weisungsgebundenheit in zeitliche Hinsicht. Denn zum einen handelt es sich insofern um zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Endtermine für die vom Kläger übernommenen Einzelaufträge und gerade nicht &61485; wie es für eine abhängige Beschäftigung typisch ist &61485; um einseitige Zeitvorgaben des Arbeitsgebers, die Ausdruck seiner Weisungsbefugnis wären. Zum anderen sind Fertigstellungstermine bei einer Vielzahl von typischen Dienstverträgen &61485; z.B. über Unterrichts- oder Übersetzungsleistungen oder Leistungen von Steuerberatern und Detektiven (vgl. Palandt/Weidenkaff, Bürgerliches Gesetzbuch, 67.A., Einf. vor § 611, Rd. 16 m.w.N.) &61485; üblich, ohne dass dies allein zur Qualifizierung als Arbeitsvertrag führt.
cc) Der Kläger war auch "hinsichtlich der Art der Durchführung der ihm erteilten Aufträge frei" (§ 2 Abs. 1 Satz 1) und unterlag auch insoweit keinen Weisungen der Beigeladenen zu 1) (§ 2 Abs. 1 Satz 2). Dass er bezüglich einzelner Arbeitsschritte oder der Wahl seiner am häuslichen Arbeitsplatz eingesetzten Arbeitsmittel irgendwelchen Vorgaben der Beigeladenen zu 1) unterlag, ist von keinem Beteiligten behauptet worden und auch nicht anderweitig ersichtlich. Für seine Arbeit waren ihm nur "Endzeitpunkte" vorgegeben, i.Ü. entschied er weitgehend selbst über die Arbeitsabläufe (vgl. zu diesem Kriterium Senat, Urteil vom 3. April 2009, Az.: L 9 KR 101/03 - "Veranstaltungstechniker" -, veröffentlicht in Juris). Dass er zum vereinbarten Abgabetermin ein bestimmtes Produkt als Ergebnis seiner Tätigkeit (z.B. einen Prototyp oder eine sog. Nullserie) vorweisen musste, spricht nicht für eine Weisungsunterworfenheit, sondern ist gleichfalls zum einen Gegenstand einer Vereinbarung und zum anderen charakteristisch für viele typische Dienstverträge.
dd) Dass die Vertragsparteien die Verpflichtung des Klägers, "sich über die seine Tätigkeiten und Beratung betreffenden Gegebenheiten der Firma informiert zu halten", ausdrücklich geregelt haben, ist für ein Arbeitsverhältnis untypisch. Unabhängig von der Frage, ob diese Vertragsvereinbarung inhaltlich so bestimmt ist, dass ein Verstoß gegen sie objektiv feststellbar wäre, bedarf es ihrer allenfalls bei Mitarbeitern, die nicht oder nur in geringem Umfang in die üblichen Arbeitsabläufe eines Betriebes eingebunden und somit eher selbständig tätig sind.
ee) Aus welchen sonstigen Umständen die von der Beklagten angenommene Integration in die Arbeitsabläufe der Beigeladenen zu 1) und somit die ein Arbeitsverhältnis i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV prägende betrieblichen Eingliederung beruhen könnte, ist nicht ersichtlich.
ff) Der Kläger hat ferner in nicht unerheblichem Umfang &61485; wie für eine selbständige unternehmerische Tätigkeit charakteristisch &61485; Kapital zur Ausstattung seines häuslichen Arbeitsplatzes eingesetzt. Die Gefahr, diese Aufwendungen beim Ausbleiben von Aufträgen umsonst getätigt zu haben, stellt ein typisches unternehmerisches Risiko dar, welches weder von der Beklagten noch vom Sozialgericht gewürdigt wurde.
b) Die folgenden z.T. von den Beteiligten im Laufe des Verfahrens erörterten Aspekte sprechen weder für noch gegen eine abhängige Beschäftigung, sondern kommen sowohl im Rahmen von Arbeitsverhältnissen als auch bei typischen selbständigen Tätigkeiten vor.
aa) Berichtspflichten können für die Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit ein maßgebliches Kriterium sein, wenn sie Ausdruck der Weisungsbefugnis eines Arbeitgebers sind (vgl. ArbG Karlsruhe, Urteil vom 1. Februar 2005, Az: 4 Ca 191/04; LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Oktober 1990, 11 TaBV 6/90, beide veröffentlicht in Juris). Auf der anderen Seite sind sie teilweise von Gesetzes wegen Bestandteil selbständiger Tätigkeit, wie § 86 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) für den selbständigen Handelsvertreter nach § 84 HGB belegt, und stehen auch im übrigen der Einstufung als selbständiger Tätigkeit nicht zwingend entgegen (vgl. ArbG München, Urteil vom 29. Mai 1990, Az.: 14 Ca 11935/89, veröffentlicht in Juris).
bb) Gleiches gilt für das von der Beklagten dem o.g. Vertrag vom 25. Januar 1995 entnommene Wettbewerbsverbot. Ein solches kann sowohl in Arbeitsverträgen als auch bei selbständigen Tätigkeiten vereinbart werden (Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 611 Rd. 42; Kallmann, a.a.O., S. 814, 818) und taugt daher zur Abgrenzung dieser beiden Erscheinungsformen nicht.
cc) Die zeitliche Inanspruchnahme des Klägers durch die von ihm mit der Beigeladenen zu 1) vereinbarten Einzelaufträge muss für die Bewertung der gesamten Vertragslaufzeit ab Januar 1995 schon deshalb ohne Bedeutung bleiben, weil die Dauer der (täglichen, wöchentlichen oder monatlichen) Arbeitszeit dem (Rahmen-)Vertrag vom 25. Januar 1995 gerade nicht zu entnehmen ist. Die Beklagte hätte hierzu Feststellungen zu jedem Monat oder jeder Woche treffen müssen, für die sie die Versicherungspflicht des Klägers annimmt. Der Senat kann diese Feststellungen nicht nachholen, weil nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beigeladenen zu 1) und des Klägers nur mündliche Vereinbarungen über die Einzelaufträge getroffen wurden und deren konkreter Inhalt mangels entsprechender Aufzeichnungen heute nicht mehr rekonstruierbar ist.
Unabhängig hiervon ist weder die intensive zeitliche, andere Tätigkeiten de facto verhindernde Inanspruchnahme durch einen Auftraggeber im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen noch die Erfüllung der aus zwei oder mehreren Arbeitsverträgen herrührenden Leistungspflichten generell ausgeschlossen, zumal § 6 Abs. 1 Satz 1 des o.g. Vertrages dem Kläger das Tätigwerden auch für andere Unternehmen ausdrücklich gestattet. Dass der Kläger in einigen Monaten zwischen Januar 1997 und Januar 2001 die bei einer 40-Stunden-Woche durchschnittliche monatliche Arbeitszeit von 173,3 Stunden erreichte und sogar überschritt und aufgrund dessen ggf. zu Tätigkeiten für andere Auftraggeber nicht mehr in der Lage war, lässt für sich genommen nicht den Schluss auf ein Arbeitsverhältnis zu. Hinzukommt, dass &61485; wovon die Beklagte aber gerade nicht ausgeht &61485; eine abhängige Beschäftigung dann allenfalls für diese Monate zu bejahen wäre.
dd) Soweit die Beklagte den Standpunkt vertritt, bei der Beigeladenen zu 1) seien Hardware-Entwickler oder Testingenieure auch sozialversicherungspflichtig beschäftigt, was ebenfalls gegen eine selbständige Tätigkeit des Klägers spreche, rekurriert sie auf ein für die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung häufiger verwandtes und grundsätzlich taugliches Kriterium. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass nach der Rechtsprechung des BSG (zuletzt Urteil vom 28. Mai 2008, Az.: B 12 KR 13/07 R - "Piloten" -, veröffentlicht in Juris) zahlreiche Tätigkeiten sowohl selbständig als auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden können. Dies ist auch innerhalb desselben Unternehmens möglich und hängt von den jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen zwischen Unternehmen und den einzelnen Mitarbeitern ab. Aus dem Umstand, dass Tätigkeiten, die den vom Kläger übernommenen Aufgaben nahe kommen oder mit ihnen identisch sind, bei der Beigeladenen zu 1) &61485; wie von ihr nach eigenem Bekunden im Regelfall angestrebt &61485; im Rahmen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse ausgeübt werden, könnte vielmehr auch gefolgert werden, dass dann, wenn im Einzelfall vertragliche Regelungen mit hiervon abweichendem, auf eine selbständige Tätigkeit abzielenden Inhalt vereinbart werden, dies gerade nicht zur Vermeidung der aus der Versicherungspflicht folgenden Beitragslast geschehen ist. Somit erweist sich auch dieser Umstand als für die Abgrenzung indifferent.
ee) Eine Vergütung auf der Grundlage eines Stundenlohns, wie in § 3 des o.g. Vertrages vorgesehen, ist nicht nur innerhalb eines Arbeits- oder Dienstvertrages üblich, sondern kommt allgemein auch im Rahmen eines Werkvertrages in Betracht (BGH, Urteil vom 1. Februar 2000, Az.: X. ZR 198/97, veröffentlicht in Juris, m.w.N.).
c) Der Senat verkennt nicht, dass der Vertrag vom 25. Januar 1995 auch folgende für ein Arbeitsverhältnis typische Elemente enthält:
aa) Wie unter a) aa) und bb) bereits ausgeführt, stellt die Verpflichtung des Klägers, für bestimmte Tätigkeiten die Geschäftsräume der Beigeladenen zu 1) sowie die ihm dort zur Verfügung gestellten Arbeitsgeräte zu nutzen, eine teilweise, aber in örtlicher und zeitlicher Hinsicht nur untergeordnete und daher nicht ausschlaggebende Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) dar.
bb) Erfolgshonorare, wie in § 3 Abs. 2 des Vertrages vereinbart, sind charakteristische Vergütungsbestandteile im Rahmen von Arbeitsverhältnissen. In Werkverträgen (§ 631 BGB) sind sie schon denklogisch ausgeschlossen, da der Werkunternehmerlohn gerade die Gegenleistung für einen vertraglich vereinbarten Erfolg darstellt und sich hierdurch vom "nur" auf ein Tätigwerden des Dienstverpflichteten ausgelegten Dienstvertrag unterscheidet. Auch bei Dienstverträgen für freie Mitarbeiter sind erfolgsbezogene Vergütungsbestandteile untypisch (vgl. Kallmann, a.a.O., S. 813ff). d) Im Rahmen der vom Senat vorzunehmenden Gesamtabwägung aller im vorliegenden Einzelfall bedeutsamen Umstände überwiegen die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Aspekte bei weitem. Die wenigen für ein Arbeitsverhältnis sprechenden Umstände betreffen nicht den Kern der vertraglichen Vereinbarungen. Schließlich wertet der Senat auch das Verhalten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2011 als Indiz gegen eine abhängige Beschäftigung. Der Kläger nahm nahezu während der gesamten Verhandlung – anders als die ganz überwiegende Zahl der Klägerinnen und Kläger – keinerlei Blickkontakt zu irgendeinem der im Sitzungssaal Anwesenden auf, sondern blickte stattdessen starr vor sich hin. Dass dies nicht aus Apathie geschah, wurde nicht nur durch seine zugleich verkörperte innere Unruhe und Anspannung verdeutlicht, sondern zeigte sich insbesondere, nachdem er vom Vorsitzenden zu den Details der Auftragserteilung befragt wurde. Seiner Antwort wollte er zunächst einige Sätze voranstellen, die seine immense Unzufriedenheit und sein völliges Unverständnis über den bisherigen Verhandlungsverlauf Ausdruck verleihen sollten. Dies gelang ihm nur indirekt, indem er – um die richtigen (angemessenen) Worte ringend und in einem Zustand extremer Aufgewühltheit – mehrfach ansetzte und schließlich den Raum verließ, offenkundig im Bestreben, die Anwesenden nicht Zeugen eines von ihm befürchteten Gefühlsausbruchs werden zu lassen. Der Senat hegt aufgrund dieses Verhaltens und der o.g. Schreiben des Klägers im Vorfeld der mündlichen Verhandlung gravierende Zweifel, dass der Kläger überhaupt in "normale" betriebliche Abläufe zu integrieren ist. Denn jede abhängige Beschäftigung im Rahmen von ¬Teamarbeit, die gruppendynamische Entwicklungen unterschiedlichster Art hervorrufen kann und bei der Beigeladenen zu 1) offensichtlich üblich ist, erfordert ein Mindestmaß an zwischenmenschlicher (verbaler und nonverbaler) Kommunikation und an Selbstregulation i.S. einer auf Kooperation ausgerichteten Steuerung von Emotionen und Impulsen. Dies sieht der Senat im Falle des Klägers als nur sehr eingeschränkt gegeben an. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerte Einschätzung der Beigeladenen zu 1), es sei "grotesk" anzunehmen, der Kläger könne (weisungsgebunden und somit) abhängig beschäftigt sein, hat sich durch das Verhalten des Klägers im Vorfeld und während der mündlichen Verhandlung bestätigt.
e) Der Senat nimmt den vorliegenden Rechtsstreit allerdings zum Anlass, nochmals darauf hinzuweisen, dass Entscheidungen über die Versicherungspflicht/-freiheit aufgrund einer Beschäftigung/Tätigkeit stets anhand der Umstände des Einzelfalls zu fällen sind. Daraus folgt, dass der hier entschiedene Fall weder verallgemeinernd noch präjudizierend auf ähnliche Sachverhalte, in denen um die Versicherungsfreiheit/-pflicht von IT-Mitarbeitern gestritten wird, angewandt werden kann. III) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits. § 193 Abs. 4 SGG, wonach die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen nicht erstattungsfähig sind, steht der Verpflichtung der Beklagten nicht entgegen, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) zu erstatten. Vielmehr sind nach dieser Regelung nur die Aufwendungen der in § 184 Abs 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen nicht erstattungsfähig. Dies sind Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 SGG genannten privilegierten Personen gehören, nicht aber Beigeladene (BSG, Urteil vom 17. Juni 2008, Az.: B 1 KR 24/07 R, veröffentlicht in Juris, m.w.N.)
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Kläger in seiner seit Januar 1995 für die Beigeladene zu 1) ausgeübten Tätigkeit der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung unterliegt.
In dem von der Beklagten erstellten Versicherungsverlauf des Klägers vom 11. Juni 2007 finden sich zuletzt Beitragszeiten aufgrund eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses für die Monate Januar bis April 1995 sowie November 1995 bis April 1996. Während dieser Zeit war der 1945 geborene Kläger nach eigenen Angaben bei der Firma G G beschäftigt. Derzeit ist er nach eigenen Angaben privat krankenversichert. Er schloss am 25. Januar 1995 mit der Beigeladenen zu 1) einen "Vertrag über freie Mitarbeit" mit folgendem Inhalt:
"§ 1 Gegenstand des Vertrages
Herr Christiansen übernimmt ab dem 25. Januar 1995 als freier Mitarbeiter und selbstständiger Berater im Auftrag der Firma die Bearbeitung bestimmter Sonderaufgaben im Bereich Produktentwicklung/Testverfahren.
Die Tätigkeit und Beratung bezieht sich insbesondere auf:
- Projekt T1-Controller: Qualitätsüberwachung, Fehlertests, Fehleranalyse, Fehlerbeseitigung, Entwurf und Aufbau von Labor-Prototypen - Fehleranalyse retournierter T1-Controller - Programmierung und Aktualisierung T1-Controller - Nullserienplanung - Labormuster-Aufbau - Planung, Entwurf und Ausführung von Prüfeinrichtungen - Produktanalyse zur Serienreife-Erzeugung - Entwurf, Planung und Ausführung von Demonstrationsobjekten für Ausstellungen, Messen und Prospektabbildungen
Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, der Firma über seine Tätigkeit (insbesondere über Ergebnisse) monatlich Bericht zu erstatten.
Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, sich über die seine Tätigkeit und Beratung betreffenden Gegebenheiten der Firma informiert zu halten.
Die Firma stellt dem freien Mitarbeiter alle zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Informationen, Hilfsmittel und Unterlagen zur Verfügung.
§ 2 Zeit und Ort der Dienstleistung
Der freie Mitarbeiter ist hinsichtlich der Art und Durchführung der ihm erteilten Aufträge und der Verwendung seiner Zeit frei. Er unterliegt keinen Weisungen seitens der Firma.
Der freie Mitarbeiter ist in der Bestimmung seines Arbeitsortes frei. Die Durchführung der Tätigkeit erfolgt jedoch teilweise in den Geschäftsräumen der Firma. Dem freien Mitarbeiter stehen dafür alle erforderlichen räumlichen und technischen Mittel zur Verfügung.
§ 3 Vergütung
Die Tätigkeit des freien Mitarbeiters wird mit DM 20,00 pro Stunde entgolten. Der freie Mitarbeiter rechnet die eingesetzten Stunden monatlich ab.
Bei positivem Geschäftsverlauf zahlt die Firma dem freien Mitarbeiter ein Erfolgshonorar. Diese Honorare sind erfolgsabhängige und jederzeit widerrufbare freiwillige Sonderzahlungen.
Steuern und Abgaben sind Angelegenheiten des freien Mitarbeiters; sie sind von ihm unmittelbar zu entrichten.
§ 4 Reisekosten und Aufwendungen
Reisekosten werden dem freien Mitarbeiter gemäß den pauschalen steuerlichen Höchstsätzen erstattet. Der Ersatz der Auslagen für Übernachtung wird gegen Vorlage der entsprechenden Quittungen und Belege abgerechnet. Die Wahl der Übernachtungsmöglichkeit steht dem freien Mitarbeiter frei, sie hat jedoch in angemessenem Rahmen zu erfolgen. Bei Bahnfahrten wird das Fahrgeld für die 2. Klasse erstattet. Bei Einsatz eines privaten Fahrzeugs erstattet die Firma dem freien Mitarbeiter DM 0,52 pro Kilometer.
Der freie Mitarbeiter hat Anspruch auf Ersatz der erforderlichen und nachgewiesenen Aufwendungen, die ihm im Rahmen dieses Vertrages in Ausübung seiner Tätigkeit entstehen.
§ 5 Verschwiegenheit und Herausgabe von Unterlagen
Der freie Mitarbeiter ist verpflichtet, über die Verhältnisse der Firma, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und Ergebnisse seiner Tätigkeit, strengstes Stillschweigen zu bewahren. Das gilt auch nach Beendigung des Beratungsverhältnisses.
Der freie Mitarbeiter wird sämtliche Unterlagen, die ihm im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Vertrages übergeben werden, Dritten nicht zugänglich machen und sie unmittelbar nach Beendigung dieses Vertrages an die Firma herausgeben. Der freie Mitarbeiter ist nicht berechtigt, an solchen Unterlagen ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben.
Der Angestellte verpflichtet sich, die gesetzlichen Bestimmungen über den Datenschutz genauestens einzuhalten. Die betrieblichen Anordnungen über die Datensicherheitsverfahren sind ebenfalls genau zu beachten.
Ein Verstoß gegen die gesetzlichen Bestimmungen des Datenschutzes berechtigt die Gesellschaft - ohne weiteres Abmahnen -, die fristlose Kündigung auszusprechen. Das gleiche gilt, wenn der Angestellte unerlaubtermaßen ihm bekannt gewordene Firmeninternas – insbesondere Software- und Hardwaredetails – oder andere, schutzwürdige Interna eines Kunden der Gesellschaft an einen Dritten weitergibt. Eine Anfertigung von Kopien jedweder Art bzw. die Weitergabe von Programmen und Programmeilen ist ausdrücklich verboten, es sei denn, es liegt eine Zustimmung der Gesellschaft vor.
§ 6 Nebentätigkeit und Wettbewerbsverbot
Dem freien Mitarbeiter steht es frei, auch für andere Unternehmen tätig zu sein. Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich jedoch, sich während der Dauer des Vertragsverhältnisses jeder selbstständigen oder unselbstständigen, direkten oder indirekten Tätigkeit für ein Unternehmen zu enthalten, das mit der Firma in Wettbewerb steht.
Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, der Firma jeden möglichen Interessenkonflikt, der sich aus einer anderen Tätigkeit ergeben kann, anzuzeigen.
§ 7 Arbeitsergebnisse
Alle Ergebnisse der Tätigkeit des freien Mitarbeiters stehen unmittelbar der Firma zur Verfügung. Das gilt auch für schutzrechtsfähige Ermittlungen.
§ 8 Kündigung
Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine Kündigung ist beiderseits unter Einhaltung einer Frist von 30 Tagen zum Monatsende möglich.
Das Recht zu außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB bleibt unberührt.
Die Kündigung bedarf der Schriftform.
§ 9 Schlussbestimmungen
Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages sind nur wirksam, wenn sie schriftlich erfolgen. Dies gilt auch für einen Verzicht auf das Schriftformerfordernis.
Sollten Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden oder sollten sich in dem Vertrag Lücken herausstellen, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmungen oder zur Ausfüllung eventueller Lücken soll eine angemessene Regelung gelten, die, soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertragspartner nach dem Sinn des Vertrages gewollt haben.
Gerichtsstand ist der Sitz der Firma."
Seine Leistungen "für die Mitarbeit am ISDN-Projekt T1" stellte der Kläger der Beigeladenen zu 1) zumindest für nahezu jeden Monat im Zeitraum Januar 1997 bis Januar 2001 in Rechnung und legte hierbei einen Stundensatz von 20,00 DM (bis einschließlich August 1998) bzw. 22,50 DM (ab September 1998), jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer, sowie Stundenzahlen zwischen 49,75 und 217,75 zugrunde. In einigen Monaten (Januar 1998, Januar 1999, Oktober 1999, Januar 2001) brachte der Kläger darüber hinaus zusätzliche Beträge zwischen 2.500.- und 5.530.- DM in Ansatz, welche er mit "Erfolgsprämie", "einm. Zahlung", "Erfolgshonorar 1998", "Erfolgshonorar 2000" bzw. "Leistungshonorar" bezeichnete. Die Beigeladene zu 1) beglich alle diese Rechnungen ohne Abzug.
Im Rahmen einer "Betriebsprüfung gem. § 28 p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) i.V.m. § 7 b SGB IV am 09.03.2001" teilte die Beklagte der Beigeladenen zu 1) mit, dass für mehrere "Auftragnehmer", u.a. den Kläger, "überwiegende Merkmale einer abhängigen Beschäftigung im maßgeblichen Zeitraum" vorlägen (Schreiben vom 18. Juni 2001). Im Rahmen des Anhörungsverfahrens gab die Beigeladene zu 1) u.a. an (Schreiben vom 12. Dezember 2001), dass der Kläger einige Zeit nicht für sie tätig gewesen sei. Sie befasse sich mit der Entwicklung von Hard- und Software, insbesondere im hochspezialisierten Bereich der ISDN/ADSL-Technologie, die im Wesentlichen in Deutschland entwickelt worden sei und bei der ausnahmsweise nicht amerikanische oder asiatische Firmen weltweit führend seien. Um sich erfolgreich am Markt behaupten zu können, sei sie auf die Mitarbeit hochspezialisierter Experten, insbesondere im Rahmen spezieller, projektbezogener Aufträge, existenziell angewiesen. Sie habe daher ein ureigenes Interesse daran, die Experten durch Arbeitsverträge an ihr Haus zu binden, könne aber natürlich nicht die Entwicklung ihrer Produkte dadurch gefährden, dass sie die notwendigen Spezialisten nur deshalb nicht zur Verfügung habe, weil diese nicht bereit seien, in ihrem Unternehmen angestellt zu werden. Speziell der Kläger übernehme als freier Mitarbeiter und selbständiger Berater im Auftrag der Firma die Bearbeitung von Sonderaufgaben im Bereich Produktentwicklung, Testverfahren und Qualitätsüberwachung. Der Kläger habe weitere Angaben, z. B. über andere Auftraggeber, nicht zur Verfügung gestellt.
Mit ihrem an die Beigeladene zu 1) gerichteten und dem Kläger übersandten Bescheid vom 23. September 2002 stellte die Beklagte u.a. fest, dass der Kläger seit dem 25. Januar 1995 als "Mitarbeiter Produktionsentwicklung und Produktionsüberwachung" wegen einer abhängigen Beschäftigung der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung unterliege. Der Kläger sei in den Arbeitsablauf der Beigeladenen zu 1) integriert; hierzu seien ihm alle erforderlichen räumlichen und technischen Mittel zur Verfügung gestellt worden, wie sich aus dem Vertrag vom 25. Januar 1995 ergebe. Zudem habe die Tätigkeit des Klägers der Weisungs- und Aufsichtspflicht gegenüber dem Arbeitgeber unterlegen, was insbesondere in der monatlichen Erstellung von Berichten über die geleistete Arbeit und die Informationspflicht des Arbeitnehmers über alle im Betrieb anfallenden Gegebenheiten, welche seine Tätigkeit betroffen habe, zum Ausdruck komme. Die durchgeführten Arbeiten, wie "Controllertätigkeiten: Qualitätsüberwachung, Fehlertest und Analysen und die Beseitigung von Fehlern, Nullserienplanung, Labormusteraufbau, Planung, Entwurf und Ausführung von Prüfeinrichtungen usw." ließen typische Merkmale unternehmerischen Handelns nicht erkennen. Die vertraglich vereinbarten und geleisteten Sonderzahlungen stünden typischen Arbeitnehmern zu. Die hohe regelmäßige Anzahl von abgerechneten und anwesenden Stunden ließen eine Tätigkeit für einen anderen Arbeitgeber nicht zu. Auch wenn dem Arbeitnehmer gestattet sei, für weitere Unternehmen tätig zu werden, liefen der Vertrag und seine Ausgestaltung auf ein Wettbewerbsverbot hinaus.
Im Widerspruchsverfahren brachte die Beigeladene zu 1) vor, der Kläger gestalte seine Tätigkeit völlig selbstständig und arbeite überwiegend in den Abendstunden. Er habe auch einen häuslichen Arbeitsplatz und nehme bei ihr nur bestimmte technische Geräte in Anspruch. Er müsse diese Tätigkeit teilweise in der Firma wahrnehmen, weil es sich hier um Eigenentwicklungen handele, die wegen der Einhaltung des Geheimnisschutzes nicht außerhalb der Firma er- bzw. bearbeitet werden dürften. Der Kläger müsse weder die für Mitarbeiter übliche wöchentliche Arbeitszeit einhalten, noch habe er einen Urlaubsanspruch. Er unterliege hinsichtlich der Erfüllung der Aufträge nicht dem Weisungsrecht der Beigeladenen nach Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit. Weisungen würden nur ergebnisbezogen erteilt, ebenso habe er nur ergebnisbezogen zu berichten, um dem Auftraggeber den Erfüllungsstand des Auftrages anzuzeigen. Die mit dem Kläger vereinbarte Vergütung entspreche der für freie Mitarbeiter. Allein schon die Tatsache, dass es in Deutschland nur wenige Hersteller von ISDN-Controller-Anwendungen gebe, spreche gegen ein Wettbewerbsverbot. Ferner sei der Kläger nach eigenen Angaben auch für diverse andere Arbeitgeber tätig.
Mit ihren an den Kläger und die Beigeladene gerichteten, im Wesentlichen gleich lautenden Widerspruchsbescheiden vom 31. März 2003 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers und der Beigeladenen zu 1) zurück.
Der Kläger hat Klage erhoben und vorgebracht, er sei seit mindestens 20 Jahre selbstständig tätig. Früher sei er halbtags beschäftigt gewesen und habe daneben verschiedene Aufträge angenommen. Es sei ihm immer wichtig gewesen, selbstständig und unabhängig zu sein. Er habe eine Vielzahl von Tätigkeiten ausgeführt, z. B. Autorentätigkeit für Fernsehen, Rundfunk und Zeitungen, Studioeinrichtung, Programmieren. Er habe auch ein LKW-Geschäft, was zur Zeit ruhe. Er habe verschiedene Ausbildungen, d.h. er sei Elektro- und Wirtschaftsingenieur sowie Diplomsoziologe und Historiker. Er sei immer dort tätig (gewesen), wo er Lust darauf habe und Geld verdienen könne. Die Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) sei am Anfang nur eine Nebensache gewesen. Weil die Firma expandiert sei, habe es größeren Bedarf an seiner Tätigkeit gegeben und er sei in immer mehr Projekte einbezogen worden. Grundsätzlich arbeite er da, wo er wolle, sowohl zu Hause als auch in der Firma. Das hänge davon ab, ob er lieber allein oder in Gesellschaft sein wolle. Zu Hause habe er eine voll ausgerüstete Werkstatt, deren Wert er auf ca. 20.000.- bis 30.000.- DM schätze. Hierzu gehörten ca. 10 verschiedene Rechner, verschiedene elektronische Geräte zum Testen sowie Werkzeuge, u.a. zum Schweißen und Löten. Zum zeitlichen Verhältnis seiner Tätigkeit zu Hause und bei der Beigeladenen zu 1) könne und wolle er nichts sagen. Die von ihm geschriebenen Rechnungen habe er der Einfachheit halber und mit Zustimmung der Beigeladenen zu 1) auf das "T1-Projekt" bezogen. Für den relativ günstigen Stundensatz von 20,00 DM habe er sich bewusst entschieden, um mehr Aufträge und Angebote zu bekommen. Monatliche Berichte habe er nicht verfasst, die genannten Rechnungen seien diese Berichte. Eine private Altersversorgung oder Lebensversicherung habe er nicht, soweit er das überblicke. Er sei bei der Barmer Ersatzkasse freiwillig krankenversichert. Er habe während der Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) Mitarbeiter beschäftigt, da er auch Aufträge von anderen Firmen gehabt habe, und "es zeitweilig nicht allein (habe) bewältigen" können. Freiberuflich und im Rahmen seiner Gewerbe führe er auch Kleintransporte mit seinem LKW sowie Materialerhaltung und Wartung von Solarien durch. Zeitweilig sei er bis zu 80 % für andere Auftraggeber, auch außerhalb B, z. B. in S und N, tätig gewesen. Weitergehende Angaben wolle er nicht machen, weil dies geschäftsschädigend sei; er werde seine Kunden nicht über andere Kunden informieren. Durch Zeitungsinserate, telefonische Akquisition und Werbeschreiben per Post habe er in der Gründungs- und Aufbauphase ca. 2 – 3 Jahre lang selbstständig Werbung für sein Gewerbe betrieben. Jetzt müsse er aus zeitlichen Gründen mehr ablehnen und könne sich die Aufträge aussuchen, die ihm am meisten Spaß machten. Er besitze bis heute einen eigenen Kundenstamm. Die Beklagte setze diese Kunden jedoch "in erpresserischer und verbrecherischer Weise unter Druck mit Androhung deren wirtschaftlicher Vernichtung", falls sie ihm weiter Aufträge gäben. Ferner werde er seit 30 Jahren bis heute zur Einkommens- und Umsatzsteuer veranlagt.
Die Beigeladene zu 1) gab an, der Kläger sei im Wesentlichen für den Bau von Prototypen und deren Test für Projekte im Bereich Hardware-Entwicklung beauftragt worden, wie z.B. die Projekte T1-Controller sowie die Entwicklung der Produktlinien "F " und "F ". Der Kläger sei "absolut frei in der Gestaltung seiner Arbeitszeit" gewesen. Wann er seine Arbeiten erledigt habe und in welchem zeitlichen Umfang dies wöchentlich geschehen sei, könne sie schwer einschätzen, da er nur zeitweise in der Firma und meistens an seinem Arbeitsplatz bei sich zu Hause gearbeitet habe und außerdem eine Arbeitszeiterfassung nicht erfolgt sei. Gutes Beispiel für eine ergebnisbezogene Weisung an den Kläger sei eine Terminvorgabe gewesen. Bei Standardprojekten habe der Kläger die notwendige technische Ausstattung an seinem Arbeitsplatz bei sich zu Hause gehabt, bei Projekten mit innovativen Neuentwicklungen habe er teilweise spezielle technische Geräte in den Firmenräumen genutzt. Die Arbeit des Klägers sei nicht kontrolliert worden, aber natürlich seien die Arbeitsergebnisse zu den vereinbarten Terminen abgenommen worden. Nach Fertigstellung eines Prototyps sei jeweils ein Projektbericht vom Kläger erstellt worden. Er sei nicht in den betrieblichen/organisatorischen Ablauf eingegliedert gewesen, sondern habe sich bezüglich der terminlichen Projektabläufe telefonisch und/oder per E-Mail mit dem Projektleiter abgestimmt. Ihm habe auch kein Arbeitsplatz in den Firmenräumen zur Verfügung gestanden. Für seine private Werkstatt seien ihm keinerlei Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt worden. Der Kläger sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Arbeit persönlich durchzuführen. Die Einstellung von Hilfskräften/Vertretung sei nicht von der Zustimmung der Firma abhängig gewesen. Die Aufträge zwischen ihr und dem Kläger seien mündlich in Erweiterung auf Basis des Vertrages vom 25. Januar 1995 zustande gekommen. Der Kläger habe die Übernahme bestimmter Aufträge ablehnen können, was auch vorgekommen sei, z.B. wenn er aus zeitlichen Gründen Projekte nicht habe annehmen können. In diesen Fällen habe sie auf andere externe Ingenieurbüros zurückgegriffen.
Mit Urteil vom 21. Juni 2007 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung zunächst auf die Ausführungen im o.g. Widerspruchsbescheid verwiesen. Ergänzend hat es betont, dass substantiierte Einwände gegen die tatsächlichen Feststellungen der Beklagten vom Kläger nicht vorgebracht worden seien. Nachweise für die von ihm angeführten sonstigen selbständigen Tätigkeiten lägen nicht vor. Ebenso fehlten Nachweise für andere Auftraggeber, den vorhandenen Kundenstamm und das für die selbständige Tätigkeit eingesetzte Kapital. Der Kläger habe auch kein unternehmerisches Risiko im eigentlichen Sinne getragen, sondern nur dem arbeitnehmertypischen Risiko unterlegen, bei Ausfall seiner Arbeitskraft kein Arbeitsentgelt zu erzielen. Darüber hinaus hat er die Möglichkeit gehabt, durch zeitliche Ausdehnung seiner Arbeitskraft höhere Entgelte zu erzielen. Dieses Risiko unterscheidet sich jedoch grundlegend von dem eines typisch selbständigen Unternehmers, der bei Erbringung der Arbeitsleistung gerade keine Sicherheit darüber hat, ob, wann und in welchem Umfang er dafür eine finanzielle Entlohnung erhält. Auch die Angaben der Beigeladenen zu 1) zur zeitlichen und örtlichen Arbeitsleistung des Klägers seien äußerst vage. Die ihm offensichtlich eingeräumten Freiheiten bei der Wahl von Arbeitszeit und –ort seien nicht zwingend untypisch für abhängig Beschäftigte. Auch Arbeitnehmer hätten im Rahmen von Vereinbarungen zu flexibler Arbeitszeit und "Telearbeit" heutzutage diesbezügliche Gestaltungsspielräume.
Gegen dieses ihm am 03. November 2007 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 02. Dezember 2007, zu deren Begründung er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und wie folgt ergänzt: Er sei noch immer für die Beigeladene zu 1) tätig, habe aber zurzeit keine Aufträge, weil er viel bei der U tätig sei. Er sei nicht bei der Beigeladenen zu 3) freiwillig krankenversichert gewesen. Den im Vertrag vom 25. Januar 1995 enthaltenen Stundensatz von 20.- DM habe er selbst vorgegeben. Heute betrage sein Stundensatz 25.- Euro einheitlich für alle Auftraggeber. Schriftliche Fixierungen der von der Beigeladenen zu 1) erhaltenen Aufträge gäbe es nicht, das würde auch den Rahmen des Möglichen sprengen, da man stundenlang mit Schreiben der Aufträge beschäftigt wäre. Es habe jedoch für alle Projekte Endtermine gegeben. Wenn sich während der Bearbeitung eines Auftrags herausgestellt habe, dass die Vorstellungen des Auftraggebers nicht umsetzbar oder nicht erreichbar gewesen seien, habe er mit dem Auftraggeber über mögliche Änderungen gesprochen. Es hätten keine festen wöchentlichen oder monatlichen Besprechungstermine bestanden, an denen er hätte teilnehmen müssen. Wenn im Rahmen eines einzelnen Auftrages bestimmte Einzelkomponenten, z.B. Schaltpläne, erforderlich geworden seien, habe er diese entweder von der Beigeladenen zu 1) beschafft oder – wenn sie dort nicht vorhanden gewesen seien – sie sich z.B. aus dem Internet besorgt. Für einzelne Tage habe er auch Personen, die er gut gekannt habe, zu seiner Unterstützung eingesetzt und sie bezahlt. Er habe dies insgesamt jedoch gegenüber der Beigeladenen zu 1) geheim gehalten, da er den Eindruck hatte, dass Vertrauen in ihn würde enttäuscht, wenn dies offenkundig werde. Wenn er z.B. für eine Ausstellung mehrere baugleiche Komponenten habe herstellen müssen, habe er das Muster angefertigt und von der Hilfsperson quasi Kopien anfertigen lassen. Zu anderen Auftraggebern in den vergangenen Jahren wolle er jedoch nach wie vor keine Angaben machen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juni 2007 sowie den ihn betreffenden Teil des Bescheides der Beklagten vom 23. September 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2003 aufzuheben und festzustellen, dass er in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) nicht der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juni 2007 sowie den ihn betreffenden Teil des Bescheides der Beklagten vom 23. September 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2003 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für sie nicht der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliegt.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und sieht sich durch die Darstellung der Beigeladenen zu 1) auf deren Homepage () bestätigt. Denn daraus ergäbe sich, dass die Tätigkeiten eines Hardware-Entwicklers bzw. Testingenieurs – hiervon unterscheide sich die Tätigkeit des Klägers nicht wesentlich – von anderen Arbeitnehmern der Beigeladenen zu 1) in einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt würden. Die Beschäftigung anderer Arbeitnehmer in einer abhängigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sei ein weiteres Indiz für eine selbständige Tätigkeit des Klägers. Im vorliegenden Fall handele es sich um ein Verfahren nach § 7 b SGB IV in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung. Demzufolge könnten Beiträge erst bei Bestandkraft des Bescheides festgestellt werden, da bei Zustimmung und anderweitiger Absicherung die Versicherungspflicht erst mit der Bekanntgabe – und nicht ab Beschäftigungsbeginn – eintrete.
Die Beigeladene zu 1) bringt vor, dass das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot nicht kontrolliert worden sei, es habe sich insbesondere auf den früheren Konkurrenten T bezogen, den es heute nicht mehr gebe. Da sie heute wohl Marktführer in Europa sei, stelle sich das Problem des Wettbewerbsverbotes auch nicht mehr in der damaligen Form. Schriftliche Aufzeichnungen zu den dem Kläger erteilten Einzelaufträgen bzw. "Sonderaufgaben" i.S.v. § 1 Abs. 1 des Vertrages vom 25. Januar 1995 existierten nicht. Dies hänge mit den Arbeitsabläufen zusammen: Zu Beginn einer neuen Entwicklung werde in der Abteilung Grundlagenforschung zunächst eruiert, ob es technisch und physikalisch möglich sei, eine bestimmte neue Anforderung an ein neues Gerät zu entwickeln. Erscheine es als möglich, arbeiteten die verschiedenen Softwareentwicklungsgruppen an der Lösung dieser Anforderung (z.B. Programmierung der Chips, der Leiterplatten, der Benutzeroberfläche). In einem bestimmten Stadium, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehe, dass die geplante Lösung funktionieren könnte, werde die Hardware-Entwicklung hinzugezogen. Deren Aufgabe sei es zunächst, Prototypen zu fertigen. Dies sei die Stelle, an der der Kläger beauftragt worden sei. Bei der Prototypenfertigung komme es sowohl auf ein hohes technisches Verständnis als auch auf gewisse handwerkliche Fertigkeiten an. Ziel sei es darüber hinaus, mit so wenigen Bauteilen wie möglich auszukommen. Bis die Entscheidung, dass ein serienreifes Produkt entstanden sei, falle, gebe es viele verschiedene Varianten von Prototypen. Die Prototypen würden auf diesem Weg mehrfach variiert (z.B. andere Bauteile, andere Hersteller, andere Materialien). Es sei auch häufig so, dass verschiedene Dienstleister parallel an unterschiedlichen Prototypen arbeiteten, da die technischen Anforderungen an diese Spezialisten sehr unterschiedlich sein könnten. Da sie, die Beigeladene, nicht in der Lage sei, für alle Anforderungen eigenes Personal bereitzustellen, sei sie auf die Zusammenarbeit mit Dienstleistern wie dem Kläger angewiesen. In diesem Prozess sei es unmöglich, eine genau definierte "Ausschreibung" zu machen, bei der ein Dienstleister ein Angebot abgeben könnte, da niemand einschätzen könne, wie lange dieser Prozess dauere. Grundsätzlich geschähen diese Entwicklungen immer unter großem Zeitdruck, um in der Konkurrenz zu den großen Konzernen aus Asien bestehen zu können. Es liege in der Natur der Sache, dass nicht selten in dieser Phase eine Entwicklung wieder eingestellt werde, da die technische Umsetzung sich als nicht umsetzbar herausstelle oder nicht wirtschaftlich herzustellen sei. Daher erfolge die Auftragsverteilung an die speziellen Dienstleister wie den Kläger fast ausschließlich mündlich. Entscheidend sei dabei immer die Frage, ob der Dienstleister (kurzfristig) Kapazitäten frei und die fachliche Kompetenz habe, die speziellen Anforderungen zu erfüllen. Dies laufe bei anderen Dienstleistern, z.B. Rechtsanwälten, in der Praxis ebenso.
Mit Bescheid vom 15. September 2011 hat die Beklagte "in Ergänzung zu dem Bescheid vom 23.09.2002" die Höhe der nachzufordernden Beiträge für den Zeitraum vom 25. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 2001 auf insgesamt 67.582,84 Euro festgesetzt. Diesen Bescheid hat sie durch weiteren Bescheid vom 28. September 2011 geändert und den Nachforderungsbetrag auf 50.916,89 Euro reduziert, da sie übersehen habe, dass die Beiträge für den Zeitraum vom 25. Januar 1995 bis zum 30. November 1996 bereits verjährt gewesen seien.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Zu Unrecht ist das Sozialgericht Berlin davon ausgegangen, dass der den Kläger betreffende Teil des Bescheids vom 23. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2003 rechtmäßig sei. Denn der Kläger unterliegt in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) nicht der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung.
I. Streitgegenstand ist nur der den Kläger betreffende Teil des Bescheids vom 23. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2003, nicht hingegen die Bescheide vom 15. und 28. September 2011. Zwar wird nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand eines (anhängigen) Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt (§ 96 Abs. 1 i.V.m. § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Bescheide vom 15. und 28. September 2011 allerdings ändern oder ersetzen die angefochtenen Bescheide vom 23. September 2002 und 31. März 2003 nicht, sondern sie treffen eine neue, eigenständige Regelung über das Ob und die Höhe einer Beitragsnachforderung. Außerdem ist alleiniger Adressat dieser Beitragsnachforderungsbescheide die Beigeladene zu 1). § 96 Abs. 1 SGG findet jedoch nur Anwendung, wenn die neuen Bescheide von der Beklagten des anhängigen Rechtsstreits gegenüber dem Kläger dieses Verfahrens erlassen werden. Denn § 96 Abs. 1 SGG geht von der Annahme aus, es entspreche regelmäßig der Prozessökonomie, spätere Verwaltungsakte in einen schon anhängigen Rechtsstreit einzubeziehen. Diese typisierende Annahme ist nur gerechtfertigt, wenn der Adressat des Verwaltungsaktes stets derselbe ist, nicht aber bei Verwaltungsakten gegenüber anderen Adressaten, mögen sie auch an dem anhängigen Rechtsstreit als Beigeladene beteiligt sein.
II. Der Kläger unterliegt in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) nicht der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung.
1) Die Versicherungspflicht wird in § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) für die Krankenversicherung, § 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) für die Rentenversicherung und § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) für die soziale Pflegeversicherung geregelt. Im Bereich der Arbeitslosenversicherung bestimmt sich die Versicherungspflicht für die Zeit ab dem 1. Januar 1998 nach § 25 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III), für die Zeit davor regelte § 168 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz die Beitragspflicht. Diese Vorschriften setzen für die Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (im folgenden: Versicherungspflicht) – in der hier einzig denkbaren Alternative – jeweils eine abhängige Beschäftigung gegen Entgelt im Sinne des § 7 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) voraus. Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (z.B. BSG, Urteil vom 25. Januar 2006, Az.: B 12 KR 30/04 R, veröffentlicht in Juris) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, das sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt sind daher zunächst in vertraglichen Vereinbarungen der Beteiligten, so wie sie sich aus den von ihnen getroffenen Abreden ergeben oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lassen. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung, so wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist.
2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass zwischen dem Beigeladenen zu 1) und dem Kläger kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV bestand. Ausgangspunkt der Beurteilung ist der "Vertrag über Freie Mitarbeit" vom 25. Januar 1995, der nur als Rahmenvertrag zu qualifizieren ist, da er noch keine konkrete Leistungspflicht des Klägers begründet. Hierzu bedurfte es weiterer, nach dem Bekunden der Vertragsparteien ausschließlich mündlich getroffener Vereinbarungen über den konkreten Inhalt der in § 1 Abs. 1 des Vertrages geregelten Sonderaufgaben. Aber auch ohne Kenntnis vom konkreten Inhalt der durch Einzelaufträge vereinbarten Sonderaufgaben ist festzustellen, dass der o.g. Vertrag nur wenige typische Elemente eines Arbeitsverhältnisses enthält, sondern sich als (Rahmen-)Dienstvertrag nach § 611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) oder als (Rahmen-) Werkvertrag nach § 631 BGB darstellt.
a) Denn die überwiegenden, im Folgenden dargestellten Regelungen sprechen gegen eine (abhängige) Beschäftigung: aa) Der Kläger war weitgehend frei in der "Bestimmung seines Arbeitsortes". Dies haben die Vertragsparteien in § 2 Abs. 1 Satz 1 des o.g. Vertrages als Grundsatz unmissverständlich zum Ausdruck gebracht und diese Freiheit des Klägers im anschließenden Satz 2 "teilweise" begrenzt. Den Hintergrund dieser Einschränkung hat die Beigeladene zu 1) in nachvollziehbarer Weise dargelegt: zum Schutz von Betriebsgeheimnissen auf ihrem Geschäftsfeld, der Produktentwicklung im Bereich der elektronischen Kommunikation, mithin einer äußerst schnelllebigen Branche, musste der Kläger seine Tätigkeit in gewissem Umfang in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) ausüben. Die insoweit bestehende Weisungsunterworfenheit hinsichtlich des Einsatzortes fällt jedoch nicht entscheidend ins Gewicht, da sich nicht hat feststellen lassen, dass der Kläger den überwiegenden oder auch nur einen erheblichen Teil seiner Tätigkeit in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) verrichtete.
Dieser Sachverhalt ist im Übrigen nicht vergleichbar mit einem Arbeitsverhältnis, in dem der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer erlaubt, seine Arbeitsleistung in kleinerem oder größerem Umfang zu Hause, z.B. an einem sog. Telearbeitsplatz, zu erbringen. Arbeitsverträge über Telearbeit beinhalten typischerweise Regelungen, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer berechtigt ist, seine vertraglich geschuldete Leistung in seiner Wohnung zu erbringen, welche Zugangsrechte der Arbeitgeber zur häuslichen Arbeitsstätte hat und in welcher Weise die Arbeitszeit zu Hause erfasst wird (Kallmann, in: Münchener Vertragshandbuch, Band 5: Bürgerliches Recht I, 6.A., S. 868ff m.w.N.). Beruht demgegenüber die Berechtigung des Arbeitnehmers zur Telearbeit in seiner Wohnung nicht auf den vertraglichen Vereinbarungen, sondern auf dem Direktionsrecht des Arbeitgebers, bleibt diesem typischerweise rechtlich die Möglichkeit, die häusliche Erbringung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer jederzeit zu beenden und ihn, z.B. zur Erledigung vordringlicher Aufgaben oder wegen Personalmangels, anzuweisen, seine Arbeit im Betrieb oder an einer anderen Arbeitsstätte fortzusetzen. Diese Rechtsmacht war der Beigeladenen zu 1) nach dem o.g. Vertrag nicht eingeräumt.
Darüber hinaus ist der Telearbeitsplatz eines abhängig Beschäftigten dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitgeber ihm die erforderliche Hard- und Software stellt und ihn hierdurch in die betriebliche Organisation eingliedert (Wank NZA 99, 25; Kallmann a.a.O.; jeweils m.w.N.). Die Ausstattung des häuslichen Arbeitsplatzes des Klägers wurde nicht durch die Beigeladene zu 1) finanziert. Soweit die Beklagte aus dem zweiten Absatz von § 2 des Vertrages etwas anderes herleitet, ist dem nicht zu folgen. Dass dem Kläger "alle erforderlichen räumlichen und technischen Mittel zur Verfügung" stehen (Abs. 2 Satz 3), bezieht sich nach dem Sinnzusammenhang ("dafür") nur auf die in Abs. 2 Satz 2 vorgesehene Tätigkeit in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1). Auf den von Abs. 2 Satz 1 offensichtlich intendierten häuslichen Arbeitsplatz des Klägers kann Satz 3 auch deshalb nicht abzielen, weil es offensichtlich unsinnig wäre, wenn sich die Beigeladene zu 1) verpflichten wollte, dem Kläger "alle erforderlichen räumlichen [ ...] Mittel" in dessen Wohnung zur Verfügung zu stellen. Der Begriff der "technischen Mittel" in Abs. 2 Satz 3 verdeutlicht zugleich, dass die von der Beigeladenen zu 1) gem. § 1 Abs. 4 des Vertrages zur Verfügung zu stellenden "Hilfsmittel" gerade nicht die vom Kläger benötigte apparative EDV-Ausstattung erfasst.
bb) Der Kläger war auch "in der Verwendung seiner Zeit frei" (§ 2 Abs. 1 Satz 1) und unterlag insoweit keinen Weisungen der Beigeladenen zu 1) (§ 2 Abs. 1 Satz 2). Diese vertragliche Regelung wurde nach dem übereinstimmenden und von der Beklagten nicht angezweifelten Vorbringen des Klägers und der Beigeladenen zu 1) auch in der Form umgesetzt, dass für den Kläger keinerlei Vorgaben existierten, an welchen Wochentagen oder zu welcher Tageszeit er an den von der Beigeladenen zu 1) erteilten Aufträgen zu arbeiten habe. Dass es für die in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1) zu verrichtenden Aufgaben anders war, liegt auf der Hand, fällt aber ebenfalls nicht ins Gewicht. Denn auch insoweit hat der Senat nicht feststellen können, dass der Kläger den überwiegenden oder auch nur einen erheblichen Teil seiner Tätigkeit in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) verrichtete.
Durch die von der Beigeladenen zu 1) erwähnten Abgabetermine entsteht keine Weisungsgebundenheit in zeitliche Hinsicht. Denn zum einen handelt es sich insofern um zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Endtermine für die vom Kläger übernommenen Einzelaufträge und gerade nicht &61485; wie es für eine abhängige Beschäftigung typisch ist &61485; um einseitige Zeitvorgaben des Arbeitsgebers, die Ausdruck seiner Weisungsbefugnis wären. Zum anderen sind Fertigstellungstermine bei einer Vielzahl von typischen Dienstverträgen &61485; z.B. über Unterrichts- oder Übersetzungsleistungen oder Leistungen von Steuerberatern und Detektiven (vgl. Palandt/Weidenkaff, Bürgerliches Gesetzbuch, 67.A., Einf. vor § 611, Rd. 16 m.w.N.) &61485; üblich, ohne dass dies allein zur Qualifizierung als Arbeitsvertrag führt.
cc) Der Kläger war auch "hinsichtlich der Art der Durchführung der ihm erteilten Aufträge frei" (§ 2 Abs. 1 Satz 1) und unterlag auch insoweit keinen Weisungen der Beigeladenen zu 1) (§ 2 Abs. 1 Satz 2). Dass er bezüglich einzelner Arbeitsschritte oder der Wahl seiner am häuslichen Arbeitsplatz eingesetzten Arbeitsmittel irgendwelchen Vorgaben der Beigeladenen zu 1) unterlag, ist von keinem Beteiligten behauptet worden und auch nicht anderweitig ersichtlich. Für seine Arbeit waren ihm nur "Endzeitpunkte" vorgegeben, i.Ü. entschied er weitgehend selbst über die Arbeitsabläufe (vgl. zu diesem Kriterium Senat, Urteil vom 3. April 2009, Az.: L 9 KR 101/03 - "Veranstaltungstechniker" -, veröffentlicht in Juris). Dass er zum vereinbarten Abgabetermin ein bestimmtes Produkt als Ergebnis seiner Tätigkeit (z.B. einen Prototyp oder eine sog. Nullserie) vorweisen musste, spricht nicht für eine Weisungsunterworfenheit, sondern ist gleichfalls zum einen Gegenstand einer Vereinbarung und zum anderen charakteristisch für viele typische Dienstverträge.
dd) Dass die Vertragsparteien die Verpflichtung des Klägers, "sich über die seine Tätigkeiten und Beratung betreffenden Gegebenheiten der Firma informiert zu halten", ausdrücklich geregelt haben, ist für ein Arbeitsverhältnis untypisch. Unabhängig von der Frage, ob diese Vertragsvereinbarung inhaltlich so bestimmt ist, dass ein Verstoß gegen sie objektiv feststellbar wäre, bedarf es ihrer allenfalls bei Mitarbeitern, die nicht oder nur in geringem Umfang in die üblichen Arbeitsabläufe eines Betriebes eingebunden und somit eher selbständig tätig sind.
ee) Aus welchen sonstigen Umständen die von der Beklagten angenommene Integration in die Arbeitsabläufe der Beigeladenen zu 1) und somit die ein Arbeitsverhältnis i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV prägende betrieblichen Eingliederung beruhen könnte, ist nicht ersichtlich.
ff) Der Kläger hat ferner in nicht unerheblichem Umfang &61485; wie für eine selbständige unternehmerische Tätigkeit charakteristisch &61485; Kapital zur Ausstattung seines häuslichen Arbeitsplatzes eingesetzt. Die Gefahr, diese Aufwendungen beim Ausbleiben von Aufträgen umsonst getätigt zu haben, stellt ein typisches unternehmerisches Risiko dar, welches weder von der Beklagten noch vom Sozialgericht gewürdigt wurde.
b) Die folgenden z.T. von den Beteiligten im Laufe des Verfahrens erörterten Aspekte sprechen weder für noch gegen eine abhängige Beschäftigung, sondern kommen sowohl im Rahmen von Arbeitsverhältnissen als auch bei typischen selbständigen Tätigkeiten vor.
aa) Berichtspflichten können für die Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit ein maßgebliches Kriterium sein, wenn sie Ausdruck der Weisungsbefugnis eines Arbeitgebers sind (vgl. ArbG Karlsruhe, Urteil vom 1. Februar 2005, Az: 4 Ca 191/04; LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Oktober 1990, 11 TaBV 6/90, beide veröffentlicht in Juris). Auf der anderen Seite sind sie teilweise von Gesetzes wegen Bestandteil selbständiger Tätigkeit, wie § 86 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) für den selbständigen Handelsvertreter nach § 84 HGB belegt, und stehen auch im übrigen der Einstufung als selbständiger Tätigkeit nicht zwingend entgegen (vgl. ArbG München, Urteil vom 29. Mai 1990, Az.: 14 Ca 11935/89, veröffentlicht in Juris).
bb) Gleiches gilt für das von der Beklagten dem o.g. Vertrag vom 25. Januar 1995 entnommene Wettbewerbsverbot. Ein solches kann sowohl in Arbeitsverträgen als auch bei selbständigen Tätigkeiten vereinbart werden (Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 611 Rd. 42; Kallmann, a.a.O., S. 814, 818) und taugt daher zur Abgrenzung dieser beiden Erscheinungsformen nicht.
cc) Die zeitliche Inanspruchnahme des Klägers durch die von ihm mit der Beigeladenen zu 1) vereinbarten Einzelaufträge muss für die Bewertung der gesamten Vertragslaufzeit ab Januar 1995 schon deshalb ohne Bedeutung bleiben, weil die Dauer der (täglichen, wöchentlichen oder monatlichen) Arbeitszeit dem (Rahmen-)Vertrag vom 25. Januar 1995 gerade nicht zu entnehmen ist. Die Beklagte hätte hierzu Feststellungen zu jedem Monat oder jeder Woche treffen müssen, für die sie die Versicherungspflicht des Klägers annimmt. Der Senat kann diese Feststellungen nicht nachholen, weil nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beigeladenen zu 1) und des Klägers nur mündliche Vereinbarungen über die Einzelaufträge getroffen wurden und deren konkreter Inhalt mangels entsprechender Aufzeichnungen heute nicht mehr rekonstruierbar ist.
Unabhängig hiervon ist weder die intensive zeitliche, andere Tätigkeiten de facto verhindernde Inanspruchnahme durch einen Auftraggeber im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen noch die Erfüllung der aus zwei oder mehreren Arbeitsverträgen herrührenden Leistungspflichten generell ausgeschlossen, zumal § 6 Abs. 1 Satz 1 des o.g. Vertrages dem Kläger das Tätigwerden auch für andere Unternehmen ausdrücklich gestattet. Dass der Kläger in einigen Monaten zwischen Januar 1997 und Januar 2001 die bei einer 40-Stunden-Woche durchschnittliche monatliche Arbeitszeit von 173,3 Stunden erreichte und sogar überschritt und aufgrund dessen ggf. zu Tätigkeiten für andere Auftraggeber nicht mehr in der Lage war, lässt für sich genommen nicht den Schluss auf ein Arbeitsverhältnis zu. Hinzukommt, dass &61485; wovon die Beklagte aber gerade nicht ausgeht &61485; eine abhängige Beschäftigung dann allenfalls für diese Monate zu bejahen wäre.
dd) Soweit die Beklagte den Standpunkt vertritt, bei der Beigeladenen zu 1) seien Hardware-Entwickler oder Testingenieure auch sozialversicherungspflichtig beschäftigt, was ebenfalls gegen eine selbständige Tätigkeit des Klägers spreche, rekurriert sie auf ein für die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung häufiger verwandtes und grundsätzlich taugliches Kriterium. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass nach der Rechtsprechung des BSG (zuletzt Urteil vom 28. Mai 2008, Az.: B 12 KR 13/07 R - "Piloten" -, veröffentlicht in Juris) zahlreiche Tätigkeiten sowohl selbständig als auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden können. Dies ist auch innerhalb desselben Unternehmens möglich und hängt von den jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen zwischen Unternehmen und den einzelnen Mitarbeitern ab. Aus dem Umstand, dass Tätigkeiten, die den vom Kläger übernommenen Aufgaben nahe kommen oder mit ihnen identisch sind, bei der Beigeladenen zu 1) &61485; wie von ihr nach eigenem Bekunden im Regelfall angestrebt &61485; im Rahmen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse ausgeübt werden, könnte vielmehr auch gefolgert werden, dass dann, wenn im Einzelfall vertragliche Regelungen mit hiervon abweichendem, auf eine selbständige Tätigkeit abzielenden Inhalt vereinbart werden, dies gerade nicht zur Vermeidung der aus der Versicherungspflicht folgenden Beitragslast geschehen ist. Somit erweist sich auch dieser Umstand als für die Abgrenzung indifferent.
ee) Eine Vergütung auf der Grundlage eines Stundenlohns, wie in § 3 des o.g. Vertrages vorgesehen, ist nicht nur innerhalb eines Arbeits- oder Dienstvertrages üblich, sondern kommt allgemein auch im Rahmen eines Werkvertrages in Betracht (BGH, Urteil vom 1. Februar 2000, Az.: X. ZR 198/97, veröffentlicht in Juris, m.w.N.).
c) Der Senat verkennt nicht, dass der Vertrag vom 25. Januar 1995 auch folgende für ein Arbeitsverhältnis typische Elemente enthält:
aa) Wie unter a) aa) und bb) bereits ausgeführt, stellt die Verpflichtung des Klägers, für bestimmte Tätigkeiten die Geschäftsräume der Beigeladenen zu 1) sowie die ihm dort zur Verfügung gestellten Arbeitsgeräte zu nutzen, eine teilweise, aber in örtlicher und zeitlicher Hinsicht nur untergeordnete und daher nicht ausschlaggebende Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) dar.
bb) Erfolgshonorare, wie in § 3 Abs. 2 des Vertrages vereinbart, sind charakteristische Vergütungsbestandteile im Rahmen von Arbeitsverhältnissen. In Werkverträgen (§ 631 BGB) sind sie schon denklogisch ausgeschlossen, da der Werkunternehmerlohn gerade die Gegenleistung für einen vertraglich vereinbarten Erfolg darstellt und sich hierdurch vom "nur" auf ein Tätigwerden des Dienstverpflichteten ausgelegten Dienstvertrag unterscheidet. Auch bei Dienstverträgen für freie Mitarbeiter sind erfolgsbezogene Vergütungsbestandteile untypisch (vgl. Kallmann, a.a.O., S. 813ff). d) Im Rahmen der vom Senat vorzunehmenden Gesamtabwägung aller im vorliegenden Einzelfall bedeutsamen Umstände überwiegen die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Aspekte bei weitem. Die wenigen für ein Arbeitsverhältnis sprechenden Umstände betreffen nicht den Kern der vertraglichen Vereinbarungen. Schließlich wertet der Senat auch das Verhalten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2011 als Indiz gegen eine abhängige Beschäftigung. Der Kläger nahm nahezu während der gesamten Verhandlung – anders als die ganz überwiegende Zahl der Klägerinnen und Kläger – keinerlei Blickkontakt zu irgendeinem der im Sitzungssaal Anwesenden auf, sondern blickte stattdessen starr vor sich hin. Dass dies nicht aus Apathie geschah, wurde nicht nur durch seine zugleich verkörperte innere Unruhe und Anspannung verdeutlicht, sondern zeigte sich insbesondere, nachdem er vom Vorsitzenden zu den Details der Auftragserteilung befragt wurde. Seiner Antwort wollte er zunächst einige Sätze voranstellen, die seine immense Unzufriedenheit und sein völliges Unverständnis über den bisherigen Verhandlungsverlauf Ausdruck verleihen sollten. Dies gelang ihm nur indirekt, indem er – um die richtigen (angemessenen) Worte ringend und in einem Zustand extremer Aufgewühltheit – mehrfach ansetzte und schließlich den Raum verließ, offenkundig im Bestreben, die Anwesenden nicht Zeugen eines von ihm befürchteten Gefühlsausbruchs werden zu lassen. Der Senat hegt aufgrund dieses Verhaltens und der o.g. Schreiben des Klägers im Vorfeld der mündlichen Verhandlung gravierende Zweifel, dass der Kläger überhaupt in "normale" betriebliche Abläufe zu integrieren ist. Denn jede abhängige Beschäftigung im Rahmen von ¬Teamarbeit, die gruppendynamische Entwicklungen unterschiedlichster Art hervorrufen kann und bei der Beigeladenen zu 1) offensichtlich üblich ist, erfordert ein Mindestmaß an zwischenmenschlicher (verbaler und nonverbaler) Kommunikation und an Selbstregulation i.S. einer auf Kooperation ausgerichteten Steuerung von Emotionen und Impulsen. Dies sieht der Senat im Falle des Klägers als nur sehr eingeschränkt gegeben an. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerte Einschätzung der Beigeladenen zu 1), es sei "grotesk" anzunehmen, der Kläger könne (weisungsgebunden und somit) abhängig beschäftigt sein, hat sich durch das Verhalten des Klägers im Vorfeld und während der mündlichen Verhandlung bestätigt.
e) Der Senat nimmt den vorliegenden Rechtsstreit allerdings zum Anlass, nochmals darauf hinzuweisen, dass Entscheidungen über die Versicherungspflicht/-freiheit aufgrund einer Beschäftigung/Tätigkeit stets anhand der Umstände des Einzelfalls zu fällen sind. Daraus folgt, dass der hier entschiedene Fall weder verallgemeinernd noch präjudizierend auf ähnliche Sachverhalte, in denen um die Versicherungsfreiheit/-pflicht von IT-Mitarbeitern gestritten wird, angewandt werden kann. III) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits. § 193 Abs. 4 SGG, wonach die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen nicht erstattungsfähig sind, steht der Verpflichtung der Beklagten nicht entgegen, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) zu erstatten. Vielmehr sind nach dieser Regelung nur die Aufwendungen der in § 184 Abs 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen nicht erstattungsfähig. Dies sind Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 SGG genannten privilegierten Personen gehören, nicht aber Beigeladene (BSG, Urteil vom 17. Juni 2008, Az.: B 1 KR 24/07 R, veröffentlicht in Juris, m.w.N.)
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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