L 6 U 1/08

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Stendal (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 70/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 1/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung des für die Berechnung seiner Verletztenrente maßgeblichen Jahresarbeitsverdienstes nach billigem Ermessen.

Der 1939 geborene und in den 80er Jahren im Beitrittsgebiet als Dipl.-Ing. (FH) beschäftigte Kläger trat am 12. Mai 1983 während eines von seinem im Beitrittsgebiet ansässigen Arbeitgeber, dem VEB L., veranstalteten Fußballspiels beim Laufen am Rande des Spielfeldes in ein Maulwurfsloch, sackte um und riss sich die Achillessehne des linken Fußes. Mit Bescheid vom 10. Januar 1984 erkannte die Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) das Ereignis als Arbeitsunfall an. Mit Rentenbescheid vom 4. Januar 1984 erhielt der Kläger eine Unfallrente nach einem Körperschaden von 20 % auf der Grundlage eines beitragspflichtigen monatlichen Durchschnittsverdienstes von 600 Mark (M).

1991 übernahm die Großhandels- und Lagereiberufsgenossenschaft die laufenden Leistungen nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vom Hundert (vH) und zahlte dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 1991 eine Verletztenrente auf der Grundlage eines Jahresarbeitsverdienstes von 15.732,00 Deutsche Mark (DM) und vom 1. Juli bis 30. November 1991 auf der Grundlage eines Jahresarbeitsverdienstes von 18.091,80 DM. Ab dem 1. Dezember 1991 übernahm die Beklagte (seinerzeit noch Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung) als zuständige Berufsgenossenschaft die Zahlung der Verletztenrente.

Am 7. März 2005 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag nach § 87 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) auf Feststellung des Jahresarbeitsverdienstes nach billigem Ermessen und führte hierzu aus, der bisher festgestellte Jahresarbeitsverdienstes auf der Grundlage von 600 M monatlich sei in erheblichem Maße unbillig. In dem Kalenderjahr vor dem Arbeitsunfall habe sein Bruttoarbeitsverdienst 16.975,34 M betragen. Dies ergäbe unter Berücksichtigung eines Umrechnungsfaktors von 3,2147 einen Jahresarbeitsverdienst von 54.570,63 DM.

Mit Bescheid vom 22. April 2005 lehnte die Beklagte eine Neufestsetzung des Jahresarbeitsverdienstes in Ermangelung einer gesetzlichen Regelung ab. Zur Begründung führte sie aus, nach dem hier anzuwendenden § 1152 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) betrage der Jahresarbeitsverdienst für Rentenansprüche, die vor dem 1. Juli 1990 bestandenen hätten, einheitlich 13.680 DM. Unter Berücksichtigung der Rentenanpassungen liege der Jahresarbeitsverdienst aktuell bei 19.420,39 EUR. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2005, abgesandt per Briefpost am 3. November 2005, zurück.

Mit der am 2. Dezember 2005 vor dem Sozialgericht Stendal erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt.

Mit Gerichtsbescheid vom 6. November 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, für im Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar 1992 eingetretene Arbeitsunfälle, für die bereits vor dem 1. Juli 1990 ein Rentenanspruch bestanden habe, sei nach § 1152 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RVO ein Jahresarbeitsverdienst von 13.680 DM zu berücksichtigen, welchen die Beklagte jeweils nach den Rentenanpassungsverordnungen halbjährlich dynamisiert habe. Diese Vorschrift verstoße nicht gegen verfassungsrechtliche Prinzipien. Die Übergangsreglung stelle einerseits den sozialen Schutz des Arbeitnehmers und seiner Familien sicher und löse andererseits die zivilrechtliche Haftung des Unternehmers ab. Der Gesetzgeber habe sich bei der Herstellung der deutschen Rechtseinheit hinsichtlich der Übernahme der Bestandsrenten in einer Ausnahmesituation befunden. Ihm sei deshalb ein relativ großer Regelungsspielraum zugekommen, den er eingehalten habe. Der Kläger werde gegenüber anderen Beziehern von Unfall-Bestandsrenten aus dem Beitrittgebiet und aus den alten Bundesländern nicht unsachgerecht benachteiligt. § 1152 RVO diene der schrittweisen Überleitung der vormals bestehenden unterschiedlichen Rentenberechnungen im Beitrittsgebiet gegenüber den alten Bundesländern. Die Rentenberechnung der Unfallrenten sei in der ehemaligen DDR nach dem monatlichen Durchschnittsverdienst der Versicherten der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten erfolgt. Eine freiwillige Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung wirke sich nicht in der Unfallversicherung aus, weil die Beiträge zur Unfallversicherung nicht vom Kläger, sondern von den Betrieben - abhängig vom Lohn und der Gefahrenklasse - gezahlt worden seien. Das Äquivalenzprinzip gelte nicht. Im Übrigen enthalte jede Stichtagsregelung zulässige Typisierungen und Pauschalierungen. Die dadurch im Einzelfall entstehenden Härten seien unvermeidlich und müssten hingenommen werden.

Gegen den ihm am 30. November 2007 zugegangenen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28. Dezember 2007 Berufung eingelegt und seinen bisherigen Vortrag vertieft. Mit der bisherigen Festsetzung des Jahresarbeitsverdienstes werde er gegenüber Unfallrentnern aus den alten Bundesländern erheblich benachteiligt. Dies verstoße gegen Art. 3 GG. Insbesondere wirke sich eine Kappungsgrenze als Höchstjahresarbeitsverdienst auch nachteilig auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aus. Ein geringerer Jahresarbeitsverdienst habe im Falle des Zusammentreffens der Verletztenrente mit der Altersrente eine niedrigere Altersrente zur Folge. Der Grenzwertbetrag liege in seinem Fall immer höher als der Altersrentenbetrag. Es entstehe dadurch eine unterschiedliche Behandlung von Normadressaten gegenüber den Versicherten in den alten Bundesländern. Neben einer überdurchschnittlichen Kürzung der Altersrente würde der Ausgleich für entgangene berufliche Chancen durch Zahlung der Teilverletztenrente im Beitrittsgebiet geringer ausfallen als in den alten Bundesländern. Hingegen seien die gesundheitlichen Aufwendungen mindestens gleich hoch, wenn nicht sogar höher. Die Systemunterschiede mit unterschiedlichen Verhältnissen dürften nicht zum Nachteil der Betroffenen ausgelegt werden, denn die Lebenshaltungskosten seien im Beitrittsgebiet ebenso hoch wie in den alten Bundesländern.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 6. November 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 22. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2005 aufzuheben und

die Beklagte zu verpflichten, seinen Jahresarbeitsverdienst vom 1. Januar 2001 an unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts nach billigem Ermessen höher festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts Stendal für zutreffend und meint, bei den Bestandsrenten im Beitrittsgebiet sei ein Jahresarbeitsverdienst von 13.680 DM zu berücksichtigen.

Die Verwaltungsakte der Beklagten hat vorgelegen und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, fristgemäß eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2005 beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 SGG. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den für die Berechnung der Verletztenrente zugrunde gelegten Jahresarbeitsverdienst nach billigem Ermessen neu festzusetzen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Neufestsetzung des für die Berechnung seiner Verletztenrente maßgeblichen Jahresarbeitsverdienstes aus § 87 Satz 1 SGB VII. Denn diese Vorschrift findet auf seinen Versicherungsfall keine Anwendung. Nach § 215 Abs. 2 SGB VII gelten die Vorschriften über den Jahresarbeitsverdienst nicht für Versicherungsfälle in dem in Artikel 3 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag – EV, BGBl. Teil II, 1990, 889) genannten Gebiet, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind; für diese Versicherungsfälle ist § 1152 Abs. 2 RVO in der am Tag vor Inkrafttreten des SGB VII geltenden Fassung weiter anzuwenden. § 87 SGB VII steht im Dritten Abschnitt "Jahresarbeitsverdienst" des 3. Kapitels des SGB VII und gehört damit zu den Vorschriften über den Jahresarbeitsverdienst. Der Versicherungsfall des Klägers ist im Beitrittsgebiet am 12. Mai 1983 eingetreten und damit vor dem 1. Januar 1992.

Der § 87 SGB VII findet auch nicht nach § 215 Abs. 6 SGB VII in Verbindung mit § 1154 Abs. 3 RVO Anwendung. Danach gelten abweichend zu § 1152 Abs. 2 RVO für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes die §§ 81 bis 91 SGB VII (vormals §§ 570 bis 578 RVO) soweit für einen vor dem 1. Januar 1992 eingetretenen Arbeitsunfall aufgrund von § 4 der Verordnung über die Erweiterung des Versicherungsschutzes bei Unfällen in Ausübung gesellschaftlicher, kultureller oder sportlicher Tätigkeiten vom 11. April 1973 (GBl. der DDR Teil I S. 199) am 31. Dezember 1991 kein Anspruch auf Rente bestanden hat. Der Kläger hatte jedoch mit Bescheid der BGL vom 10. Januar 1984 seit Januar 1984 einen Anspruch auf eine Unfallrente.

Die Beklagte ist bei der Berechnung der Verletztenrente zutreffend von einem Jahresarbeitsverdienst von 13.680 DM ab dem 1. Juli 1990 als Berechnungsgrundlage ausgegangen. Dieser Betrag entspricht der gesetzlichen Vorgabe des § 1152 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RVO. Danach gilt als Berechnungsgrundlage für Arbeitsunfälle, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind, für die ab 1. Juli 1990 zu zahlenden Renten ein Betrag von 13.680 DM als Jahresarbeitsverdienst, wenn der Rentenanspruch vor dem 1. Juli 1990 bestanden hat.

Eine hiervon abweichende, höhere Neufestsetzung des Jahresarbeitsverdienstes kann der Kläger nicht wegen eines Verstoßes des § 1152 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RVO gegen Verfassungsprinzipien verlangen. Denn § 1152 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RVO ist nicht verfassungswidrig und verstößt insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nur dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen dieser und einer anderen Gruppe keine Unterschiede von solcher Art und Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (siehe Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 19. Februar 1991 – 1 BvR 1231/85 – BVerfGE, 83, 395). Bei der Ordnung von Massenerscheinungen kann der Gesetzgeber generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Auch kann er dabei an die Entscheidung des mit den Verhältnissen vertrauten Gesetzgebers der DDR anknüpfen (BVerfG, Beschluss vom 28. April 1999 – 1 BvL 11/94 – BVerfGE, 100, 138). Bei der Überleitung des Rechts der ehemaligen DDR im Zuge der Wiedervereinigung in das Rechts- und Sozialsystem der Bundesrepublik Deutschland stand dem Gesetzgeber ein besonders großer Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Juli 2010 – 1 BvL 9/06BVerfGE 126, 233). Bei der verfassungsrechtlichen Prüfung der vom Gesetzgeber gefundenen Lösung kommt es nicht darauf an, ob er innerhalb seiner Gestaltungsfreiheit die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat (BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 1967 – 2 BvL 4/65BVerfGE 23, 12).

Nach Art. 30 Abs. 5 Satz 1 EV oblagen die Einzelheiten der Überleitung des Rechts der Unfallversicherung auf das Beitrittsgebiet dem gesamtdeutschen Bundesgesetzgeber. Mit Art. 8 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz – RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl. Teil I, 1991; 1606 ff.) hat der Gesetzgeber u. a. die Vorschrift des § 1152 in die Reichsversicherungsordnung eingefügt. Mit dem RÜG hat der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, die vor dem 1. Januar 1992 eingetretenen Arbeitsunfälle aus der Sozialversicherung des Beitrittsgebiets zu übernehmen und die Grundsätze des Versicherungsfallprinzips, der Gleichbehandlung, des Vertrauensschutzes und der Verwaltungspraktikabilität einzuhalten (BT-Drucksache, 12/405 S. 116). An diese Grundsätze hat sich der Bundesgesetzgeber bei der Übernahme der Bestandsrenten gehalten. So hat er bei Bestandsrenten von einer Überprüfung der Versicherungsfälle an den Voraussetzungen der RVO abgesehen (§ 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO) und den nach den unfallrechtlichen Vorschriften der DDR zugrunde gelegten Grad des Körperschadens als Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne der RVO gleich gestellt (§ 1154 Abs. 1 Satz 1 RVO). Grundlage des in § 1152 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RVO für Bestandsrenten ausgewiesenen Jahresarbeitsverdienstes ist der noch vom demokratisch gewählten Gesetzgeber der DDR für Unfallrenten ausgewiesene durchschnittliche Bruttomonatsverdienst der Versicherten des ersten Halbjahres 1990 von 1.140 DM (§ 4 Abs. 1 Satz 1 des Rentenangleichungsgesetzes vom 28. Juni 1990 – GBl. der DDR Teil I S. 495). Mit diesen Regelungen hat der Gesetzgeber dem Schutz des Vertrauens auf den Bestand der Unfallrenten, dem Versicherungsfallprinzip, d. h. dem im Zeitpunkt des Versicherungsfalls maßgeblichen Recht, mittels praktikabler Stichtagsregelungen der Verwaltungspraktikabilität (siehe Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. April 2000 – B 2 U 30/99 R – juris) und der Gleichbehandlung der Versicherten im Bestand ihrer Unfallrenten, wie sie im Zeitpunkt des Versicherungsfalls versichert waren, Rechnung getragen. Darüber hinaus war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, die zu überführenden Leistungen sofort dem Niveau der alten Bundesländer anzupassen. Denn insoweit waren auch die zu leistenden Beiträge im Beitrittsgebiet und in den alten Bundesländern nicht miteinander vergleichbar (siehe BSG, Urteil vom 18. April 2000, a.a.O. m.w.N.).

Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liegt auch nicht darin, dass der Gesetzgeber die Berechnung der Bestandsrenten im Beitrittsgebiet nach dem beitragspflichtigen monatlichen Durchschnittsverdienst (siehe § 24 der Rentenverordnung vom 23. November 1979 – GBl. der DDR Teil I S. 401, 405) nicht der bundesdeutschen Berechnungsgrundlage nach dem individuell erzielten Arbeitseinkommen vor dem Versicherungsfall (siehe heute § 81 SGB VII und zuvor § 571 Abs. 1 RVO) angeglichen hat. Denn dem Gesetzgeber bleibt es grundsätzlich überlassen, welche Berechnungsgrundlage er den Verletztenrenten der gesetzlichen Unfallversicherung zu Grunde legt. Die gesetzliche Unfallversicherung wird nicht aus dem Arbeitseinkommen der Versicherten, sondern aus Beiträgen der Unternehmen finanziert; Leistungen und Gegenleistungen sind also nicht aufeinander bezogen und müssen daher nicht gleichwertig sein. Dies war nach § 43 des Gesetzes über die Sozialversicherung vom 28. Juni 1990 (SVG) auch in der ehemaligen DDR der Fall. Dem Gesetzgeber stand es daher frei, ob er der Berechnung der Bestandsrenten weiterhin den erzielten beitragspflichtigen monatlichen Durchschnittsverdienst für die Versicherten der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten – wobei die Beitragspflicht in der DDR mit 600 Mark nach oben begrenzt war (siehe § 16 der SVO vom 17. November 1977 – GBl. der DDR Teil I S. 373, 377) – zugrunde legt oder das individuell erzielte Arbeitseinkommen vor dem Versicherungsfall (so heute nach § 81 SGB VII und zuvor nach § 571 Abs. 1 RVO) heranzieht. Die Berechnungsgrundlage der Verletztenrente ist verfassungsrechtlich nicht vorgegeben. Soweit der Gesetzgeber mit der Schaffung des RÜG eine Stichtagsregelung hinsichtlich der Berechnungsgrundlagen eingeführt hat, ist dies grundsätzlich unbedenklich, denn dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, auch wenn dies unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Allerdings muss sich der Zeitpunkt am gegebenen Sachverhalt orientieren (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1992 – 1 BvL 51/86 – BVerfGE, 87, 1). Dies ist vorliegend der Fall. Als Stichtag hat der Gesetzgeber den 1. Januar 1992 gewählt, den Zeitpunkt, in dem eine Überleitung des Rechts der DDR erforderlich war, weil das nach der Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet I – Gesetzliche Unfallversicherung Abschnitt III des EV fortbestehende Recht der DDR bis zum 31. Dezember 1991 in Kraft geblieben ist. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser Zeitpunkt des Stichtags sachwidrig gewählt oder dass allein ein anderer Zeitpunkt für die zur Schaffung der Rechtseinheit notwendige Maßnahme allein in Betracht gekommen wäre (siehe Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. April 2000 – B 2 U 30/99 R – juris). Eine Ungleichbehandlung des Klägers mit anderen Unfallversicherten, die nicht unter die Stichtagsregelung fallen – ob in den alten Bundesländern oder im Beitrittsgebiet – ist nicht ersichtlich. Jede Stichtagsregelung enthält Typisierungen und Pauschalierungen. Die dadurch im Einzelfall entstehenden Härten sind unvermeidlich und hinzunehmen.

Im vorliegenden Rechtsstreit kommt es ferner nicht darauf an, ob mit dem nach § 1152 Abs. 2 Satz Nr. 1 RVO festgesetzten JAV von 13.680 DM, der sich zugleich nach § 93 Abs. 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) über den Grenzwert auf die Höhe der Auszahlung der in § 93 Abs. 1 SGB VI genannten Renten auswirkt, eine Benachteiligung des Klägers bei der Gewährung der Altersrente gegenüber anderen Rentnern besteht. Denn die Vorschrift des § 93 SGB VI wirkt sich nicht auf die Höhe der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus, sondern auf die Höhe der Altersrente. Soweit der Kläger meint, durch den Zusammenhang zwischen Jahresarbeitsverdienst der gesetzlichen Unfallversicherung und der Höhe der Auszahlung der Altersrente verfassungswidrig benachteiligt zu sein, kann er dies nur gegenüber seinem Rentenversicherungsträger geltend machen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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