L 7 R 1098/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 5346/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 1098/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch über einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung im Zeitraum vom 1. März 2003 bis 30. April 2011.

Der am 1951 geborene Kläger durchlief von April 1966 bis Mitte November 1968 eine Ausbildung zum Zimmermann, die er jedoch nicht abschloss. Danach arbeitete er u.a. als angelernter Zimmermann sowie als Hilfsarbeiter. Auf Kosten der Arbeitsverwaltung absolvierte der Kläger sodann von Januar bis März 1979 in der Berufsbildungsstätte Rastatt einen Lehrgang im Bereich Metall. Vom 16. Juli 1979 bis 15. März 1988 war der Kläger, der seit 1979 über eine Fahrerlaubnis der Klasse III verfügt, bei der Spedition F. OHG, Stuttgart-F., als Kraftfahrer, danach eine Zeitlang bei der Z. KG in Bruchsal als "Berufskraftfahrer" sowie vom 2. November 1989 bis 29. November 2001 wiederum bei der F. OHG (ab 1. Januar 1999 S + L F. Spedition GmbH & Co. KG) als Kraftfahrer und Lagerist beschäftigt; im Rahmen dieser Tätigkeit hatte er den Gefahrgut-Schein (ADR-Bescheinigung über die Schulung der Führer von Kraftfahrzeugen zur Beförderung gefährlichen Güter) erworben. Ab 30. November 2001 bestand Arbeitsunfähigkeit; vom 11. Januar 2002 bis 30. Mai 2003 erhielt der Kläger Krankengeld und vom 31. Mai 2003 bis 19. Juli 2005 Arbeitslosengeld, außerdem wurden (ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 18. März 2011) vom 1. August 2005 bis 30. September 2007, vom 12. Februar bis 31. Juli 2008 und vom 1. bis 31. Dezember 2008 Pflichtbeiträge wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II gezahlt. Der Kläger ist als Schwerbehinderter anerkannt (ab 2. Oktober 2003 Grad der Behinderung (GdB) von 70, ab 16. März 2004 GdB von 80). Er bezieht auf der Grundlage eines am 4. Oktober 1979 erlittenen Arbeitsunfalls eine Dauerrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H. Die Beklagte hat ab 1. Mai 2011 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt (Bescheid vom 18. März 2011).

Seinen Angaben zufolge hatte der Kläger 1962 oder 1963 bei einem Fahrradunfall eine Schädelbasisfraktur mit Hirnquetschung erlitten. Bei dem Arbeitsunfall im Oktober 1979 zog sich der Kläger u.a. eine Trümmerfraktur der linken Hand zu sowie - nach seinen Angaben ebenfalls 1979 - bei einem Verkehrsunfall einen Bruch des rechten Oberarms. Weitere Unfälle und operative Eingriffe folgten. In den Jahren 2000 und 2001 kam es zu Frakturen im Bereich des Mittelhandknochens links und des Mittelfußknochens rechts. Am 19. Januar 2004 erlitt der Kläger bei einem häuslichen Unfall eine Außenknöchelfraktur im Bereich des rechten Sprunggelenks.

Die Beklagte führte in der Zeit vom 5. Juni bis 3. Juli 2002 ein Heilverfahren in der H.klinik St. B. durch, aus welchem der Kläger als arbeitsunfähig für den zuletzt ausgeübten Beruf, jedoch noch mehr als sechsstündig leistungsfähig für mittelschwere Arbeiten ohne erhöhte Verantwortung für Personen und Maschinen bei begrenzter geistiger Aufnahmefähigkeit und psychischer Stresstoleranz entlassen wurde (Rehabilitationsbericht vom 19. Juli 2002).

Am 11. März 2003 stellte der Kläger den hier streitgegenständlichen Rentenantrag, den er mit depressiven Anpassungsstörungen begründete. Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung durch Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch.; dieser kam bei der Diagnose einer langanhaltenden reaktiven Depression bei beruflichem und familiärem Konflikt sowie bei narzisstisch-psychasthenischer Persönlichkeit zur Auffassung, dass der Kläger im Beruf des Kraftfahrers sowie für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten noch mehr als sechs Stunden täglich leistungsfähig sei (Gutachten vom 27. September 2003). Mit Bescheid vom 23. Oktober 2003 lehnte die Beklagte darauf den Rentenantrag ab, weil weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit (BU) vorliege. Während des Widerspruchsverfahrens beauftragte die Beklagte Arzt für Allgemeinmedizin Dr. He. mit der Begutachtung des Klägers. Dr. He. diagnostizierte im Gutachten vom 28. April 2004 eine Außenknöchelfraktur 01/04, eine reaktive depressive Verstimmung bei beruflichem und familiärem Konflikt und narzisstisch-psychasthenischer Persönlichkeit, einen Zustand nach Trümmerfraktur linke Hand sowie nach Bennett-Fraktur links, einen Zustand nach Schädelbasisbruch, eine ausgeprägte beiderseitige Schwerhörigkeit, links verstärkt und mit Hörgerät versorgt sowie eine beiderseits reduzierte Sehleistung (Sehschärfe rechts 0,8, links 01,); als Kraftfahrer sei der Kläger zumindest ab Rentenantragstellung nur noch unter dreistündig einsetzbar, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe für leichte bis in geringen Anteilen mittelschwere Arbeiten ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen, wobei folgende Funktionseinschränkungen zu beachten seien: ohne ständiges Gehen oder Stehen, ohne Klettern, Steigen, Absturzgefahr, nicht an laufenden ungeschützten Maschinen, ohne besondere Belastung des Sehvermögens sowie des Hörvermögens, ohne klassischen Publikumsverkehr, ohne Schichtarbeit, ohne Zeitdruck, ohne Belastung durch Hitze, starke Temperaturschwankungen oder Lärm. Nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Arztes für Chirurgie Dr. Schl. vom 15. Oktober 2004 wurde der Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2004 zurückgewiesen; der Kläger könne aufgrund der zuletzt versicherungspflichtig ausgeübten Tätigkeit auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden, die Benennung einer konkreten noch zumutbaren Tätigkeit sei nicht erforderlich.

Deswegen hat der Kläger am 23. Dezember 2004 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte, Allgemeinmediziner Dr. H. Wec., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F., Chirurg Dr. Scher. sowie den Dipl.-Psych. Sch.-M. als sachverständige Zeugen schriftlich gehört. Während Dr. Wec. (Schreiben vom 30. Mai 2005) die Ausübung einer leichten körperlichen Berufstätigkeit ausgeschlossen hat, haben sich Dr. F. (Schreiben vom 2. Juni 2005) und Dr. Scher. (Schreiben vom 19. September 2005) insoweit nicht äußern wollen; Dipl.-Psych. Sch.-M. (Schreiben vom 12. Juni 2005) hat sich außerstande gesehen, die aktuelle Arbeitsfähigkeit des Klägers zuverlässig zu beurteilen. Das SG hat sodann Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ni. zum Sachverständigen bestellt. Im Gutachten vom 26. Januar 2006 hat der Sachverständige - bei den Diagnosen einer anhaltenden mittelschweren depressiven Störung im Rahmen einer Anpassungsstörung, funktionellen kognitiven Störungen im Rahmen einer depressiven Störung, einem Zustand nach Sprunggelenksfraktur rechts 2004, Zustand nach Trümmerfraktur linke Hand mit Streckdefizit der Finger, Zustand nach Contusio cerebri 1962 mit verbleibender Hörminderung links, einer linksseitigen Visusstörung sowie der Verdachtsdiagnose eines dementiellen Syndroms bei fronto-temporaler Atrophie mit organischer Persönlichkeitsstörung - den Kläger für "mittelschwere und schwere" Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis etwa 15 kg bei überwiegendem Gehen, Stehen und auch Sitzen noch für mehr als sechs Stunden täglich einsetzbar gehalten; zu vermeiden seien wegen der eingeschränkten psychischen Belastbarkeit Arbeiten unter erhöhtem Zeitdruck (Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten), Arbeiten mit Publikumsverkehr, mit besonderer geistiger Beanspruchung und mit höherer Verantwortung sowie Arbeiten unter nervlicher Belastung, zudem bestünden Einschränkungen bei besonderer Beanspruchung des Hör- und Sehvermögens sowie hinsichtlich der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand bei fehlendem endgradigem Streckvermögen. Auf die Einwendungen des Klägers ist Dr. Ni. in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 23. Mai 2006 bei seiner Leistungsbeurteilung verblieben. Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG anschließend Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Wi. als Sachverständigen beauftragt. Im Gutachten vom 16. November 2006 hat der Sachverständige auf seinem Fachgebiet eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, mit Grübelneigung, Rückzug und kognitiven Funktionsstörungen sowie eine narzisstische Persönlichkeitsakzentuierung diagnostiziert; der Kläger könne leichte körperliche und geistig nicht anstrengende Arbeiten noch mehr als sechs Stunden täglich verrichten, während schwere und mittelschwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, Arbeiten mit häufigem Bücken, Treppensteigen sowie auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten unter Schicht-, Akkord- und Nachtarbeitsbedingungen, Arbeiten mit Publikumsverkehr, mit erhöhter Verantwortung sowie besonderer Beanspruchung des Gehörs und des Sehvermögens nicht zumutbar seien.

Das SG hat anschließend Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. Eck., Prof. Dr. A., Direktor des Augenklinikums Karlsruhe, sowie Augenärztin Dr. L. als sachverständige Zeugen gehört; Dr. Eck. und Prof. Dr. A. (jeweils Schreiben vom 30. April 2007) haben sich zur Leistungsfähigkeit des Klägers nicht geäußert, während Dr. L. (Schreiben vom 29. Mai und 24. September 2007) auf der Grundlage der letzten Untersuchungsbefunde ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen bejaht hat. Das SG hat außerdem Facharzt für Orthopädie Dr. Ma. als Sachverständigen beauftragt; dieser ist im Gutachten vom 30. Mai 2007 (Diagnosen: Funktionsstörung des rechten Schultergelenks nach Oberarmtrümmerfraktur mit anamnestisch auftretender Schulterverrenkung rechts, Funktionsstörung der linken Hand nach Frakturen des I. und III. Mittelhandknochens, Muskelminderung linker Arm, segmentale Funktionsstörung der Brustwirbelsäule mit Reizzustand der Schwertfortsatzspitze des Brustbeins, beginnende gelenkumbildende Veränderungen beider Kniegelenke, derzeit ohne fassbare Funktionsstörung, Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks, Lockerung des Außenknöchelbandes nach Weber-A-Fraktur und Bandruptur) zum Ergebnis gelangt, dass der Kläger leichte bis mittelschwere Arbeiten bei Vermeidung von Überkopfarbeiten, insbesondere extremen Rotationsbewegungen des abgespreizten Arms rechts, von Tätigkeiten mit Einsatz der linken Hand für feinmotorische Tätigkeiten, von Hantieren mit schweren Lasten, von Tätigkeiten, die ein Gehen in unebenem Gelände erforderten, sowie von Tätigkeiten in ausschließlich hockender und kniender Position noch mehr als sechs Stunden täglich verrichten könne. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 14. Januar 2008 ist der Sachverständige bei seiner Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers geblieben. Der ferner vom SG als sachverständiger Zeuge gehörte Facharzt für Innere Medizin Dr. Zi. hat im Schreiben vom 17. Januar 2008 eine mindestens sechsstündige Leistungsfähigkeit des Klägers bejaht. Darüber hinaus hat das SG auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG Dr. J., Oberarzt der Orthopädischen Klinik der St. Vincentius-Krankenhäuser Karlsruhe, zum Sachverständigen bestellt und Prof. Dr. He., Direktor der Hals-Nasen-Ohren-Klinik des Städtischen Klinikums Karlsruhe, sowie Prof. Dr. A. mit der Erstattung von Zusatzgutachten beauftragt. Prof. Dr. He. hat den Kläger im Gutachten vom 9. April 2008 (Diagnosen: mittel- bis hochgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit links im Sinne eines Innenohrhaarzellschadens, mäßiggradige Einschränkung des Riechvermögens, hochgradige Einschränkung des Schmeckvermögens, Minderung der Nasendurchgängigkeit) bei Vermeidung von Arbeiten mit besonderem Anspruch an das Hörvermögen sowie das Riechen und Schmecken, ferner von Arbeiten mit Lärmbelastung für acht Stunden täglich einsetzbar gehalten. Prof. Dr. A. hat im Gutachten vom 25. Juni 2008 - bei Weit- und Stabsichtigkeit, trockenem Auge, Grauem Star, stark eingeschränktem Dämmerungssehen, stark erhöhter Blendempfindlichkeit und Zustand nach Pigmentepitheliitis (jeweils beiderseits) sowie einem manifesten Außenschielen für die Nähe am linken Auge - die Auffassung vertreten, dass der Kläger aus augenärztlicher Sicht noch acht Stunden täglich leistungsfähig sei, wobei alle Tätigkeiten, die eine bessere Sehschärfe (beidseits) als derzeit, ein intaktes räumliches Sehen, ein intaktes Dämmerungsehen und eine nicht erhöhte Blendempfindlichkeit voraussetzten, ebenso zu vermeiden seien wie Tätigkeiten mit erhöhter Staubbelastung, Hitze und Kälte. Dr. J. hat im Gutachten vom 10. Juli 2008 eine leichte Fehlstatik der Wirbelsäule ohne Funktionseinschränkung und ohne neurologische Ausfälle, eine Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk nach subcapitaler in leichter Fehlstellung verheilter Oberarmfraktur, eine Bewegungseinschränkung sämtlicher Finger der linken Hand nach multiplen Frakturen, eine Muskelminderung des linken Oberarms, eine Retropatellararthrose rechts stärker als links ohne Reizzustand der Gelenke und ohne Funktionseinschränkung sowie eine Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks bei leichter oberer Sprunggelenksarthrose diagnostiziert. Der Sachverständige ist zum Ergebnis gelangt, dass der Kläger leichte und kurzzeitig mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen bei Vermeidung von Überkopfarbeiten beidseits, einer forcierten Außendrehung des rechten Arms, kraftvoller Handarbeit links, von die Fingerfeinmotorik links beanspruchenden Tätigkeiten, von Arbeiten in der Hocke und im Knien sowie auf Leitern und Gerüsten, regelmäßigem Treppengehen, Gehen auf unebenem Boden sowie von Arbeiten in Kälte und Nässe noch acht Stunden täglich verrichten könne.

Nachdem der Kläger geltend gemacht hatte, dass er als Kraftfahrer als Facharbeiter, zumindest aber in den oberen Bereich der Anlernberufe einzustufen sei, hat das SG von der S + L F. Spedition GmbH & Co. KG die Auskunft vom 13. September 2007 eingeholt, in der der Beruf des Klägers als Kraftfahrer und Verlader bezeichnet ist, für den eine Anlernzeit nicht erforderlich gewesen sei. Das SG hat ferner von dem früheren Vorgesetzten des Klägers bei der vorgenannten Arbeitgeberin, Wo. B., die schriftliche Auskunft vom 12. Januar 2008 erhoben; danach war der Kläger zunächst als Fahrer im Nahverkehr und anschließend als Halbtagsfahrer und Verlader beschäftigt; er habe ungelernte Tätigkeiten ausgeführt, für welche eine etwa einjährige Einarbeitungszeit erforderlich gewesen sei. Im Schreiben vom 31. März 2008 hat die Arbeitgeberin unter Vorlage des Entgelttarifvertrags über die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Beschäftigten des baden-württembergischen Speditionsgewerbes (ETV) vom 3. Juli 2006 mitgeteilt, dass der letzte Bruttoverdienst des Klägers 10,12 Euro in der Stunde betragen habe, was in etwa der Lohnklasse 3 in der Anlage 2 zum ETV entsprochen habe. In der Regel beschäftige sie keine Berufskraftfahrer mit abgeschlossener Berufsausbildung; sie wolle jedoch nicht ausschließen, dass der eine oder andere Mitarbeiter über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfüge, wobei sich die Entlohnung jedoch nicht unterscheide. Sie hat außerdem den Manteltarifvertrag für die Beschäftigten des baden-württembergischen Speditionsgewerbes (MTV) vom 1. März 1999 (ohne die überwiegend im Fernverkehr tätigen Arbeitnehmer) zu den Akten gereicht. Das SG hat außerdem vom Arbeitgeberverband Spedition und Logistik Baden-Württemberg e.V. u.a. den ETV vom 2. Juni 1999 angefordert. Die Beklagte hat darauf die Auffassung vertreten, dass der Kläger keinen Berufsschutz beanspruchen könne.

Mit Gerichtsbescheid vom 30. Januar 2009 hat das SG die Klage abgewiesen; in den Gründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, für die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kraftfahrer könne er keinen Berufsschutz geltend machen; er sei nicht als Facharbeiter, sondern als Angelernter anzusehen, wobei das Gericht sich nicht davon habe überzeugen können, dass er als oberer Angelernter anzusehen sei. Selbst wenn der Kläger aber als oberer Angelernter eingestuft werden könnte, wäre er sozial zumutbar auf die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte verweisbar; für diese Tätigkeit bestehe eine Umstellungsfähigkeit des Klägers.

Gegen diesen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 12. Februar 2009 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 9. März 2009 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung des Klägers. Bei ihm bestehe eine Summierung von Leistungseinschränkungen die in der Zusammenschau dazu führe, dass er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu betriebsüblichen Bedingungen nicht mehr arbeiten könne, sowie darüber hinaus eine schwere spezifische Leistungseinschränkung auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet, sodass von einer Verschlossenheit des Arbeitsmarkts ausgeschlossen sei. Angesichts der bestehenden qualitativen Einschränkungen könne er auch nicht auf die Tätigkeit als Pförtner an einer Nebenpforte verwiesen werden. Im Übrigen sei ihm der Berufsschutz eines Berufskraftfahrers zuzubilligen. Der Kläger hat u.a. die ärztliche Bescheinigung des Dr. Scher. vom 14. August 2010 zu den Akten gereicht, in der der Arzt die Auffassung vertreten hat, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, viermal am Tag eine Gehstrecke von 500 m zurückzulegen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. Januar 2009 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2004 zu verurteilen, ihm vom 1. März 2003 bis 30. April 2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, höchst hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Der Kläger sei nicht der Berufsgruppe der Angelernten des oberen Bereichs zuzuordnen. Die Beklagte hat u.a. eine sozialmedizinische Stellungnahme der Ärztin für Orthopädie Dr. Hamm. vom 13. April 2011 eingereicht, die bei dem Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, mit Gelegenheit zum Haltungswechsel, in Früh-, Tag- und Spätschicht ohne Tätigkeiten im Hocken und Knien, ohne anhaltendes Treppensteigen sowie ohne Besteigen von Leitern und Bergabgehen noch mehr als sechs Stunden - ebenso wie Gehstrecken bis zu viermal täglich über 500 m in bis zu 20 Minuten - zumutbar gehalten hat.

Der Senat hat zunächst Dr. Wec. und Dr. F. erneut als sachverständige Zeugen gehört. Dr. Wec. hat im Schreiben vom 9. Juli 2009 über jeweils einmalige Konsultationen in den Jahren 2008 und 2009 berichtet, wobei der Kläger erstmalig am 16. Juni 2009 über Schwindel und Kreislaufstörungen geklagt habe. Dr. F. hat im Schreiben vom 14. Dezember 2009 beim Kläger, der sich nach Februar 2006 erst am 28. September 2009 bei ihm wieder vorgestellt habe, eine depressive Anpassungsstörung bei unklarer sozialer Situation diagnostiziert; eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand habe er im Verlauf der Behandlung nicht festgestellt. Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat der Senat ferner Facharzt für Innere Medizin - Kardiologie Dr. Bo. als Sachverständigen beauftragt; bei den Diagnosen einer nicht behandelten arteriellen Hypertonie, einer leichtgradigen linksventrikulären Hypertrophie, einer diastolischen Relaxationsstörung - ohne Hinweise auf eine koronare Herzerkrankung, eine systolische Herzinsuffizienz sowie schwindelverursachende Herzrhythmusstörungen - ist der Sachverständige zur Auffassung gelangt, dass der Kläger aus kardiologischer Sicht bei Vermeidung von schweren, großen Krafteinsatz erfordernden körperlichen Arbeiten sowie von Arbeiten mit unphysiologischer Körperhaltung (Überkopfarbeiten) noch sechs Stunden täglich leistungsfähig sei. Der Senat hat ferner Radiologin Dr. P. als sachverständige Zeugin befragt, die aufgrund der Kernspinuntersuchung vom 8. Juni 2010 ein ausgedehntes Knochenmarködem des linken Femurs insbesondere im gelenkflächennahen Abschnitt beschrieben hat. Der Senat hat außerdem nochmals Dr. Scher. als sachverständigen Zeugen gehört; im Schreiben vom 7. Februar 2011 hat der Arzt in Abweichung zu den Befunden im Gutachten von Dr. J. einen im Juni 2010 diagnostizierten Morbus Ahlbäck des linken Kniegelenks genannt, wobei es ihm in Anbetracht der letztmaligen Behandlung am 6. September 2009 nicht möglich sei, die Gehfähigkeit des Klägers, die zum Zeitpunkt der letzten Untersuchung insbesondere schmerzbedingt erheblich eingeschränkt gewesen sei, zu beurteilen.

Der Senat hat den Beteiligten die im Auftrag des Hessischen LSG im Verfahren L 2 R 281/10 erstattete berufskundliche Stellungnahme der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit vom 5. Januar 2011 (veröffentl. in sozialgerichtsbarkeit.de) sowie das Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 28. April 2011 - L 3 R 21/09 - (juris) zur Kenntnis gebracht.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (1 Rentenakte, 1 Reha-Akte), die Klageakte des SG und die Berufungsakten des Senats (2 Bände) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die umstrittenen Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in der vorliegend noch streitbefangenen Zeit.

Maßgeblich ist vorliegend das ab 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)), denn im Streit steht ein Anspruch des Klägers erst ab 1. März 2003 (vgl. § 300 Abs. 1 und 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI)). Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI (in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des SGB VI vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754)) bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie (1.) voll erwerbsgemindert sind, (2.) in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen) und (3.) vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2 a.a.O.). Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB VI haben Versicherte - bei Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des Satzes 1 Nrn. 2 und 3 a.a.O. - Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist hingegen nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI; vgl. hierzu allgemein Bundessozialgericht (BSG) - Großer Senat - BSGE 80, 24 ff. = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Versicherte, die, wie der Kläger, vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, haben - bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen (vgl. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI) - im Falle der BU Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (§ 240 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGB VI). Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2 a.a.O.). Gemäß § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI ist nicht berufsunfähig, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 51 Abs. 1 SGB VI) hat der Kläger erfüllt. Ferner wären die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Renten wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 SGB VI) ausweislich des dem Rentenbescheid vom 18. März 2011 beigefügten Versicherungsverlaufs gegeben, wenn die volle oder teilweise Erwerbsminderung - wie vom Kläger mit dem Rentenantrag geltend gemacht - am 30. November 2001 oder aber auch erst mit der Rentenantragstellung eingetreten wäre. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens hat der Kläger indes keinen Anspruch auf die begehrten Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, weil er in der streitbefangenen Zeit nicht erwerbsgemindert im Sinne der §§ 43 Abs. 1 und 2, 240 SGB VI gewesen ist.

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers berühren das psychiatrische, orthopädische, hals-nasen-ohrenärztliche, augenärztliche und kardiologische Gebiet; sie führen jedoch zu keinen einen Rentenanspruch auslösenden Leistungseinschränkungen. Der psychiatrische Befund zeigt sich in einer anhaltenden mittelgradigen depressiven Störung im Rahmen einer Anpassungsstörung bei unklarer sozialer Situation mit Grübelneigung, Rückzug, kognitiven Funktionsstörungen und narzisstischer Persönlichkeitsakzentuierung; diese diagnostische Einschätzung entnimmt der Senat den Ausführungen der Sachverständigen Dr. Ni. und Dr. Wi., der Rentengutachter Dr. Sch. und Dr. He. sowie des sachverständigen Zeugen Dr. F ... Hirnorganische Veränderungen im Sinne eines somatisch bedingten dementiellen Prozesses, den Dr. Ni. insbesondere auch aufgrund der computertomographischen Untersuchung des Gehirnschädels vom 9. Januar 2006 in Erwägung gezogen hatte, konnten von Dr. Wi. nach den testpsychologischen Ergebnissen ausgeschlossen werden. Die Ableitung der Hirnströme und der akustisch evozierten Potentiale zeigte im Übrigen schon bei Dr. Ni. keine Auffälligkeiten. Ebenso wenig haben sich für die vom Kläger angegebenen Schwindelattacken nach den Darlegungen der Sachverständigen Prof. Dr. He. und Dr. Bo. hals-nasen-ohrenärztliche oder kardiologische Ursachen finden lassen; solche sind auch im Schreiben des sachverständigen Zeugen Dr. F. vom 14. Dezember 2009 nicht beschrieben.

Auf orthopädischem Gebiet finden sich nach den Ausführungen der Sachverständigen Dr. Ma. und Dr. J. Funktionsstörungen des rechten Schultergelenks nach subcapitaler in leichter Fehlstellung verheilter Oberarmtrümmerfraktur mit anamnestisch auftretender Schulterverrenkung rechts sowie der linken Hand nach Frakturen des I. und III. Mittelhandknochens, eine Muskelminderung des linken Oberarms, beginnende gelenkumbildende Veränderungen beider Kniegelenke sowie eine Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks; zusätzlich hat Dr. Ma. noch eine segmentale Funktionsstörung der Brustwirbelsäule mit Reizzustand der Schwertfortsatzspitze des Brustbeins gesehen, während Dr. J. den Befund an der Wirbelsäule lediglich mit einer Fehlstatik ohne Funktionseinschränkung und ohne neurologische Ausfälle beschrieben hat. Soweit der sachverständige Zeuge Dr. Scher. (Schreiben vom 19. September 2005 und 7. Februar 2011) eine kernspintomographisch gesicherte leicht- bis mittelgradige Arthrose im Bereich des rechten Sprunggelenks erwähnt hat, hat dem Dr. Hamm. in ihrer vom Senat als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen zu verwertenden sozialmedizinischen Stellungnahme vom 13. April 2011 unter Hinweis auf die von Dr. J. ausgewerteten Kernspintomogramme vom 7. Februar 2004 und 12. Juli 2005 widersprochen; dieser Sachverständige hat im Kernspin von April 2004 zwar noch diffuse bandförmige Signalanhebungen in der Sprunggelenksrolle und den gelenkbildenden Anteilen des Schienbeins im oberen Sprunggelenk sowie eine fleckförmige Signalanhebung am stammfernen Wadenbein gesehen, die jedoch bei der Kontrolluntersuchung im Juli 2005 deutlich rückläufig waren. Beide Sachverständigen - Dr. Ma. und Dr. J. - haben die sich in den Röntgenaufnahmen vom 29. Mai 2007 darstellenden Veränderungen im Bereich des rechten Sprunggelenks lediglich als geringfügige Zeichen einer posttraumatischen Arthrose gewertet. Neurologische Auffälligkeiten am rechten Sprunggelenk - ebenso wie im Übrigen im Bereich der linken Hand - hatte bereits Dr. Wi. verneint. Der Diagnose des Dr. Scher. eines Morbus Ahlbäck - einer aseptischen Knochennekrose - welche er mit Blick auf das von Dr. P. am 8. Juni 2010 kernspintomographisch gefundene ausgedehnte Knochenmarködem des Femurs links insbesondere im gelenkflächennahen Abschnitt gestellt hat, hat Dr. Hamm. entgegengehalten, dass eine solche Nekrose meist die mediale Knochenrolle des kniegelenkbildenden Anteils des Oberschenkelknochens betrifft, während im Kernspin vom 8. Juni 2010 lediglich am lateralen Femurkondylus subchondral eine umschriebene Demarkationszone abgrenzbar war (Längsausdehnung 1,9 cm), am medialen Femurkondylus sich demgegenüber jedoch keine Nekrosezone zeigte und der Gelenkknorpel unauffällig war. Dr. Scher. hat den Kläger auch nur bis 6. September 2010 konservativ behandelt; danach hat dieser sich ausweislich des Schreibens vom 7. Februar 2011 nicht mehr bei ihm vorgestellt. Zudem hat die Beweglichkeit des linken Kniegelenks nach der Mitteilung des Dr. Scher. im vorgenannten Schreiben bei der Beugung 130° betragen, ein Wert, der sich, worauf Dr. Hamm. zutreffend hingewiesen hat, im Bereich der Normwerte bewegt.

Auf hals-nasen-ohrenärztlichem Gebiet leidet der Kläger - so der Sachverständige Dr. He. - an einer mittel- bis hochgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit links im Sinne eines Innenohrhaarzellschadens, einer mittelgradigen Einschränkung des Riechvermögens sowie einer hochgradigen Einschränkung des Schmeckvermögens; der Kläger ist beidseitig mit einem Hörgerät versorgt. Augenärztlicherseits finden sich nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. A. - beiderseits - eine Weit- und Stabsichtigkeit, trockenes Auge, Grauer Star, ein stark eingeschränktes Dämmerungssehen, eine stark erhöhte Blendempfindlichkeit und ein Zustand nach Pigmentepitheliitis sowie außerdem am linken Auge ein manifestes Außenschielen für die Nähe. Die beidseitig reduzierte Sehleistung (am 2. Juni 2008 Sehschärfe für die Ferne: rechtes Auge ohne Korrektur 0,8, mit bester Korrektur 1,0, linkes Auge ohne Korrektur 0,1, mit bester Korrektur 0,6; Sehschärfe für die Nähe: rechtes Auge ohne Korrektur 0,1, mit bester Korrektur 0,5, linkes Auge ohne Korrektur nicht möglich, mit Korrektur 0,3) kann durch eine Brille teilweise ausgeglichen werden. Auf kardiologischem Gebiet hat der Sachverständige Dr. Bo. eine nicht behandelte arterielle Hypertonie, eine leichtgradige linksventrikuläre Hypertrophie sowie eine diastolische Relaxationsstörung - ohne Hinweise auf eine koronare Herzerkrankung, eine systolische Herzinsuffizienz sowie schwindelverursachende Herzrhythmusstörungen - diagnostiziert.

Sonach sind die beim Kläger in der streitbefangenen Zeit vorhandenen Gesundheitsstörungen vollständig erfasst; diese schränken sein Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht nicht ein. Der Senat stützt sich insoweit auf die überzeugende Beurteilung der Sachverständigen Dr. Ni., Dr. Wi., Dr. Ma., Prof. Dr. He., Prof. Dr. A., Dr. Ja. und Dr. Bo. sowie des Dr. Sch. und des Dr. He., deren Rentengutachten der Senat urkundenbeweislich verwertet. Die Einschätzung eines mehr als sechsstündigen Leistungsvermögens auch auf psychiatrischem Gebiet haben die Sachverständigen Dr. Ni. und Dr. Wi. schlüssig auf den beobachteten Tagesablauf gestützt; danach gelingt es dem Kläger trotz der depressiven Störung geordnet und zielgerichtet, die notwendigen Arbeiten im Haushalt einschließlich der Zubereitung der Mahlzeiten auszuführen. Die resignative Grundstimmung des Klägers mit Grübelneigung hängt nach dem Dafürhalten des Sachverständigen Dr. Wi. darüber hinaus mit dem Fehlen einer ihm abverlangten Tagesstruktur zusammen, die eine leichte Tätigkeit durchaus bieten könnte. Alle vorgenannten Gutachter haben - ebenso wie die als sachverständige Zeugen gehörten Dres. L. und Zi. - ein täglich mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers bejaht. Soweit der behandelnde Allgemeinmediziner Dr. Wec. beim Kläger als einziger befragter Arzt eine "leichte körperliche Berufstätigkeit" ausgeschlossen hat, vermag der Senat dem in Anbetracht von Art und Ausmaß der vorhandenen Gesundheitsstörungen, wie sie von oben bezeichneten gerichtlichen Sachverständigen und Rentengutachtern schlüssig und nachvollziehbar dargestellt worden sind, nicht zu folgen.

Hinsichtlich des zu beachtenden positiven und negativen Leistungsbildes würdigt der Senat die schlüssigen ärztlichen Äußerungen dahingehend, dass der Kläger jedenfalls körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, aber mit der Möglichkeit zum Haltungswechsel noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann; zu vermeiden sind das Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, das Hantieren mit schweren Lasten, Überkopfarbeiten, insbesondere extreme Rotationsbewegungen des rechten Arms, kraftvolle Handarbeit links, Tätigkeiten mit Einsatz der linken Hand für feinmotorische Tätigkeiten, von Arbeiten mit häufigem Bücken, in der Hocke und im Knien, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, regelmäßiges oder anhaltendes Treppengehen, Gehen auf unebenem Boden, Arbeiten mit Absturzgefahr, Tätigkeiten an laufenden ungeschützten Maschinen, Arbeiten unter erhöhtem Zeitdruck, unter nervlicher Belastung sowie unter Schicht-, Akkord-, Fließband- und Nachtarbeitsbedingungen, Arbeiten mit Publikumsverkehr, mit besonderer geistiger Beanspruchung und erhöhter Verantwortung, Arbeiten mit besonderem Anspruch an das Hörvermögen, Tätigkeiten, die eine bessere Sehschärfe (beidseits) als derzeit, ein intaktes räumliches Sehen, ein intaktes Dämmerungssehen und eine nicht erhöhte Blendempfindlichkeit voraussetzen, außerdem Arbeiten in Kälte, Nässe, mit Belastung durch Hitze, Temperaturschwankungen, Lärm sowie Tätigkeiten mit erhöhter Staubbelastung. Eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Gehfähigkeit (vgl. hierzu etwa BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). haben alle insoweit befragten Sachverständigen - Dr. Ni., Dr. Wi., Dr. Ma., Prof. Dr. He., Prof. Dr. A., Dr. J. und Dr. Bo. - verneint; sie haben ferner keine Notwendigkeit zu Arbeitsunterbrechungen in einem das betriebliche Maß übersteigenden Rahmen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19. August 1997 - 13 RJ 11/96 - (juris)) gesehen. Soweit Dr. Scher. in der Bescheinigung vom 14. August 2010 die Auffassung vertreten hat, dass es dem Kläger nicht möglich sei, viermal am Tag eine Gehstrecke von 500 m zurückzulegen, hat er dies in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 7. Februar 2011 dahingehend relativiert, dass die auf den Kniegelenksbeschwerden beruhende Gehfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt der letzten Untersuchung (6. September 2010) insbesondere schmerzbedingt erheblich eingeschränkt gewesen sei; die Beweglichkeit des linken Kniegelenks war jedoch, wie bereits ausgeführt, im Normbereich, sodass, worauf Dr. Hamm. zu Recht hingewiesen hat, eine Einschränkung der Wegefähigkeit sich aus dem genannten Befund nicht herleiten lässt.

Der Kläger ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert, Letzteres auch nicht im Sinne einer BU. Bei der Frage, ob ein Versicherter noch einen ihm zumutbaren Arbeitsplatz ausfüllen kann oder ob ihm eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden muss, ist von seinem bisherigen Beruf auszugehen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 75). Als bisheriger Beruf ist, sofern sich der Versicherte von seinem vorherigen Beruf nicht aus gesundheitlichen Gründen gelöst hat, grundsätzlich die letzte vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit anzusehen, welcher er sich auf Dauer zugewandt hat (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164). Der bisherige Beruf des Klägers ist der Beruf des Kraftfahrers und Verladers, den er zuletzt bis zu der am 30. November 2001 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit langjährig versicherungspflichtig ausgeübt hat. Diesen Beruf kann der Kläger, wovon auch das SG und die Beklagte zu Recht ausgegangen sind, nicht mehr vollwertig ausüben. Mit dem vorgenannten Beruf genießt der Kläger indes nicht den Berufsschutz eines Facharbeiters.

Zur Erleichterung der Einordnung der Berufe der Versicherten und der ggf. in Betracht kommenden Verweisungstätigkeiten hat die höchstrichterliche Rechtsprechung ein sich maßgeblich an Dauer und Umfang der regelmäßig erforderlichen Ausbildung orientierendes Mehrstufenschema entwickelt, welches die Untergliederung in "Leitberufe" vorsieht (vgl. BSGE 78, 207, 218 f. =SozR 3-2600 § 23 Nr. 13; SozR a.a.O. Nr. 14; BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R - (juris)). Nach diesem Schema umfasst etwa der Leitberuf des Facharbeiters anerkannte Ausbildungsberufe mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, derjenige des angelernten Arbeiters Berufe mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren. Zu beachten ist, dass die Gruppe der Angelernten in einen oberen und unteren Bereich aufgeteilt wird, wobei in den unteren Bereich alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und in den oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- und Anlernzeit von zwölf bis 24 Monaten fallen (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Ausschlaggebend für die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema ist allerdings nicht allein die Dauer der absolvierten Ausbildung; zu berücksichtigen ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit insgesamt, d.h. das aus einer Mehrzahl von Faktoren ermittelte "Gesamtbild" der Arbeit und ihres Werts für den Betrieb auf der Grundlage der in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale der Dauer und des Umfangs der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 27; SozR 4-2600 § 43 Nr. 1) Außerdem kann eine Tätigkeit einer gelernten oder angelernten gleichstehen, weil die Tarifvertragsparteien ihr einen besonderen qualitativen Wert beimessen, obwohl sich eine entsprechende Einstufung nicht bereits aus der durchlaufenen Ausbildung ergibt und auch nicht festgestellt werden kann, dass die Tätigkeit Kenntnisse und praktische Fertigkeiten in einem entsprechenden Umfang voraussetzt (vgl. BSG SozR 4-2600 § 43 Nr. 4). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zum bisherigen Beruf nur auf die nächstniedrigere Berufsgruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5; SozR 4-2600 § 43 Nr. 4). Für den angelernten Arbeiter ist es zudem von Bedeutung, ob er dem oberen oder unteren Bereich der Gruppe angehört. Eine Benennung von Verweisungsberufen ist grundsätzlich nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der untersten Stufe der ungelernten Angestellten angehört oder wenn ein so genannter einfacher Angelernter auf ungelernte Berufe verwiesen wird. Demgegenüber müssen sich Verweisungstätigkeiten für die Angehörigen des oberen Bereichs der Gruppe der Angelernten durch Qualitätsmerkmale, z.B. das Erfordernis einer Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen; aus der eingeschränkten Verweisbarkeit folgt, dass mindestens eine zumutbar in Betracht kommende Tätigkeit konkret zu bezeichnen ist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45).

In dem zuletzt ausgeübten Beruf als Kraftfahrer und Verlader besaß der Kläger keinen Ausbildungsabschluss als Berufskraftfahrer, bei dem es sich um einen anerkannten Ausbildungsberuf i.S. des § 25 Abs. 1 des Berufsbildungsgesetzes handelt. Weder hatte er eine entsprechende berufliche Ausbildung nach der bis zum 31. Juli 2001 maßgeblichen Verordnung über die Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer vom 26. Oktober 1973 (Berufskraftfahrer-AusbildungsVO 1973 (BGBl. I S. 1518)) mit einer Regelausbildungszeit von zwei Jahren (vgl. § 2 der Berufskraftfahrer-AusbildungsVO 1973) noch nach der am 1. August 2001 in Kraft getretenen Verordnung über die Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer/zur Berufskraftfahrerin vom 19. April 2001 (Berufskraftfahrer-AusbildungsVO 2001 (BGBl. I S. 642) mit einer Regelausbildungszeit von drei Jahren (vgl. § 2 der Berufskraftfahrer-AusbildungsVO 2001) abgeschlossen. Daher kann ihm schon aus diesem Grund der Berufsschutz des Facharbeiters nicht zugebilligt werden.

Der Kläger konnte im streitgegenständlichen Zeitraum auch nicht einem Facharbeiter im Sinne des Mehrstufenschemas nach Maßgabe der oben bezeichneten Voraussetzungen gleichgestellt werden. Er hatte zur Überzeugung des Senats weder "in voller Breite" eine berufliche Position erlangt, die einem Facharbeiter entsprochen hätte, noch bestand eine tarifliche Zuordnung der Tätigkeit des Klägers über die Anlernebene hinaus, noch ergab sich die Facharbeiterqualität der vom Kläger konkret verrichteten Arbeit aus der besonderen Qualität und den "besonderen Anforderungen" seiner Kraftfahrertätigkeit (vgl. § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Zwar hat es das BSG gerade bei Berufskraftfahrern für möglich erachtet, dass diese im Einzelfall aufgrund besonderer Qualitätsmerkmale der zuletzt verrichteten Tätigkeit Facharbeitern gleichgestellt werden können (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 18, 32; SozR 3-2600 § 43 Nr. 15; BSG, Urteile vom 30. Juli 1997 - B 5 RJ 8/96 und vom 5. April 2001 - B 13 RJ 61/00 R - (beide juris)). Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass schon die Qualifikation als Berufskraftfahrer nach § 2 der Berufskraftfahrer-AusbildungsVO 1973 aufgrund der für diesen Beruf bis 31. Juli 2001 vorgeschriebenen lediglich zweijährigen Regelausbildungszeit für sich allein nicht ausreichte, um den Berufsschutz als Facharbeiter zu erL.n (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 149; BSG, Urteile vom 18. Januar 1995 - 5 RJ 18/94 -, vom 30. Juli 1997 a.a.O. und vom 5. August 2004 - B 13 R 7/04 R -(alle juris)). Es bedurfte somit schon nach alter Rechtslage weiterer Qualifikationsmerkmale (umfangreiche technische Kenntnisse der Fahrzeuge, Befähigung zu laufenden Wartungs- und Reparaturmaßnahmen unterwegs, Kenntnisse des internationalen Verkehrsrechts und des Rechts für Gefahrguttransporte und Lebensmitteltransporte sowie Kenntnisse über Frachtbriefe und Zollformalitäten und Kenntnisse hinsichtlich der Abwehr von Gefahren gegen wachsende Straßenpiraterie), um als Berufskraftfahrer mit zweijähriger Ausbildung einem Facharbeiter gleichgestellt werden zu können (BSG, Urteile vom 18. Januar 1995 a.a.O., vom 30. Juli 1997 a.a.O. und vom 5. August 2004 a.a.O. (jeweils juris)). Vorliegend sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Kläger derartige Kenntnisse in voller Breite hatte. Nach seinen eigenen Angaben (vgl. die Arbeitsplatzbeschreibungen zum Rehabilitationsantrag vom 17. September 2002 sowie zum Rentenantrag vom 17. April 2004) war der Kläger sowohl als Kraftfahrer wie im Lager eingesetzt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 26. Januar 2012 hat er neben dem Be- und Abladen sowie dem Fahren von Lastkraftwagen als von ihm zu übernehmende Tätigkeiten auch den Reifen-, Öl- und Filterwechsel genannt. Damit übereinstimmend hat die S + L F. Spedition GmbH & Co. KG in ihrer von der Beklagten im Reha-Verfahren eingeholten Auskunft vom 28. November 2002 als zu den Aufgaben des Klägers als Fahrer mit Führerschein Klasse III und Lagerist gehörend die Fahrzeugpflege sowie das Be- und Entladen von Lastkraftwagen beschrieben; der frühere Vorgesetzte B. hat in der Auskunft vom 12. Januar 2008 von "ungelernten Tätigkeiten" gesprochen. Werden aber lediglich einzelne der oben genannten Kriterien erfüllt, ohne dass eine berufsspezifische Kraftfahrerausbildung vorliegt, entspricht die Tätigkeit als Kraftfahrer regelmäßig nicht dem des Ausbildungsberufs "Berufskraftfahrer".

Den Berufsschutz als Facharbeiter konnte der Kläger auch nicht wegen tarifvertraglicher Einordnung erlangen. Eine Tarifbindung bestand vorliegend nicht, der Kläger wurde ausweislich der Auskunft der S + L F. Spedition GmbH & Co. KG vom 13. September 2007 nicht nach Tarif bezahlt. Die Arbeitgeberin hat allerdings in der Auskunft vom 31. März 2008 den letzten Bruttoverdienst des Klägers mit 10,12 Euro angegeben und diese Entlohnung mit der in der Lohnklasse 3 der Anlage 2 zum ETV (Lohntafel Güterfernverkehr, Umzugsfernbereich) verglichen. In dem bereits vom SG herangezogenen ab 1. April 1999 gültigen, nach Berufsgruppen gegliederten ETV vom 2. Juni 1999 sind in der Anlage 2 in der Lohnklasse 1 die Berufskraftfahrer mit Facharbeiterbrief (Berufskraftfahrer-AusbildungsVO) sowie Fahrer mit 15jähriger Berufspraxis im Betrieb mit Führerschein Klasse II, in der Lohnklasse 2 Fahrer mit dem Führerschein Klasse II und in der Lohnklasse 3 alle übrigen Kraftfahrer genannt; einen ähnlichen Aufbau enthält die Anlage 1 zum ETV (Lohntafel Spedition, Güternahverkehr, Möbelnahbereich); dort sind in der Lohnklasse B I die Berufskraftfahrer mit Facharbeiterbrief (Berufskraftfahrer-AusbildungsVO) sowie Fahrer mit 15jähriger Berufspraxis im Betrieb mit Führerschein Klasse II, in der Lohnklasse B II die Fahrer mit dem Führerschein Klasse II und in der Lohnklasse B III die Sonstigen (alle übrigen) aufgeführt. Der Kläger erfüllte indessen schon wegen Fehlens des Führerscheins der Klasse II nicht die Eingruppierungskriterien der Lohnklassen 1 und 2 bzw. B I und II; sein Stundenlohn war zwar, wie bereits das SG zu Recht angemerkt hat, höher als der des Berufskraftfahrers im Güterfernverkehr nach der Lohnklasse 1 (10,04 Euro), jedoch niedriger als der des Kraftfahrers mit Führerschein Klasse II nach der Lohnklasse B II (10,19 Euro). In dem nach Qualitätsstufen geordneten Tarifvertrag war der Berufskraftfahrer, wie insbesondere der Vergleich der Lohngruppen A und B der Anlage 1 ergibt, hinsichtlich seiner Entlohnung auch nicht dem Handwerker nach der Lohnklasse A III (11,55 Euro) gleichgestellt. Schon deswegen kann die Entlohnung des Klägers, der im Übrigen ausweislich des mit Schriftsatz vom 28. Februar 2007 vorgelegten Arbeitsvertrags vom 13. November 1989 als Fahrer im Nahverkehr eingestellt worden war, nicht als Indiz für die Zuordnung zu einer Facharbeiterlohngruppe gewertet werden. Außer der ADR-Bescheinigung, für deren Erwerb nach den Erhebungen des SG eine maximale Anlernzeit von sechs Monate, gegenwärtig sogar nur eine solche von maximal vier Monaten veranschlagt wird (vgl. Bildungszielplanung 2012 der Agentur für Arbeit Pforzheim, abrufbar im Internet unter http://www.arbeitsagentur.de/Dienststellen/RD-BW/Pforzheim/AA/Institutionen/Bildungszielplanung-20.pdf), hat der Kläger für den Bezugsberuf keine weiteren Qualifikationsnachweise benötigt. Soweit der Vorgesetzte B. in seiner Auskunft vom 12. Januar 2008 erwähnt hat, dass zu den Aufgaben des Klägers die genaue und sichere Verladung der Nachtzüge gehört habe, lassen sich hieraus keine besonderen Qualitätsmerkmale herleiten, die über diejenigen wesentlich hinausgingen, die zum Kernbereich der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit gehörten, sodass auch insoweit eine Gleichstellung mit dem Leitberuf des Facharbeiters nicht gerechtfertigt ist.

Der Kläger ist mithin in die Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten einzustufen. Wie bereits das SG hat auch der Senat Zweifel, ob der Kläger den Angelernten im oberen Bereich zugeordnet werden kann, obgleich der Vorgesetzte B. in seiner Auskunft vom 12. Januar 2008 - insoweit möglicherweise widersprüchlich zur Charakterisierung des Tätigkeit des Klägers als Fahrer und Verlader als "ungelernt" - von einer etwa einjährigen Einarbeitungszeit gesprochen hat. Denn weder die Angaben des Klägers noch die der Arbeitgeberin rechtfertigen die Annahme, er hätte sich im Laufe seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit als Kraftfahrer neben den praktischen Fähigkeiten die in § 3 Abs. 2 und 3 Berufskraftfahrer-AusbildungsVO 1973 aufgezählten theoretischen Kenntnisse angeeignet, also verfüge z. B. über Kenntnisse der Wirkungsweise von Verbrennungsmotoren und Kenntnisse der elektrischen Anlagen in Fahrzeugen sowie die hierfür erforderlichen Grundkenntnisse der Wärmelehre und der Elektrotechnik (Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b a.a.O.), der Mechanik, Hydraulik und Pneumatik (Abs. 2 Nr. 1 Buchst c a.a.O.) oder über Kenntnisse der wichtigsten arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften (Abs. 2 Nr. 5 a.a.O.), der Arbeitsschutzes, der Unfallverhütung, der Arbeitshygiene und des Umweltschutzes (Abs. 2 Nr. 6 a.a.O.) oder könne Beförderungsverträge abschließen und abwickeln (Abs. 3 Nr. 3 a.a.O.).

All das kann indessen dahinstehen. Denn selbst wenn zugunsten des Klägers eine Zuordnung zum oberen Bereich der Angelernten erfolgte, wäre er damit nicht berufsunfähig. Denn der Kläger ist auf den Beruf des Pförtners an der Nebenpforte verweisbar; derartige Tätigkeiten sind Angelernten, namentlich auch denjenigen des oberen Bereichs, sozial zumutbar (vgl. BSG, Urteile vom 22. Oktober 1996 - 13 RJ 35/95 - und vom 12. Februar 2004 - B 13 RJ 49/03 R - (beide juris)); es handelt sich nicht um Tätigkeiten von ganz geringem Wert (vgl. hierzu BSGE 43, 243, 247 = SozR 2200 § 1246 Nr. 16).

Die Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte besteht hauptsächlich darin, überwiegend für den Verkehr der Betriebsangehörigen bei Bedarf von der Pförtnerloge aus Einlass, z.B. durch Öffnen einer Schranke oder Pforte mittels Knopfdruck, zu gewähren (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 28. April 2011 - L 3 R 21/09 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. April 2004 - L 3 RJ 2939/99 - (beide juris)). Es handelt sich (vgl. die den Beteiligten zur Kenntnis gebrachte berufskundliche Stellungnahme vom 5. Januar 2011) meist um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Sie wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen verrichtet. Die Tätigkeit stellt keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen. Die Tätigkeit beinhaltet keine ständige nervliche Belastung und keinen dauernden Zeitdruck wie beispielsweise Akkordarbeit. Zwar sind Stress-Situationen nicht ganz zu vermeiden; insoweit handelt es sich aber jedenfalls nicht um typische, im Alltagsgeschäft routinemäßig vorkommende Ereignisse. Im Einzelfall kann auch Schichtarbeit vorkommen; dies hängt jedoch vom Arbeitsort ab. Nach den Erhebungen des LSG Baden-Württemberg (vgl. Urteil vom 27. Juli 2000 - L 11 RJ 3316/98 - (juris)) und des LSG Sachsen-Anhalt (vgl. Urteil vom 28. April 2011) ist die Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte ferner ist nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten oder mit häufigem Bücken, Klettern oder Steigen verbunden, sie stellt auch keine besonderen Anforderungen an die Funktionstüchtigkeit der Arme und Beine; schließlich sind Pförtner auch keinen besonderen Anforderungen an das Kommunikationsvermögen ausgesetzt, da sie lediglich gelegentlich Kontakt mit Mitarbeitern und nur ausnahmsweise mit Publikum haben. Den Verweisungsberuf des Pförtners an der Nebenpforte kann der Kläger im Rahmen der bei ihm zu beachtenden qualitativen Leistungseinschränkungen mithin gesundheitlich zumutbar verrichten. Soweit Dr. Ni. die geistigen Funktionen des Klägers aufgrund der depressiven Störung im Rahmen der Anpassungsstörung sowie seine psychische und mentale Belastbarkeit mangels einer ausreichenden geistigen Flexibilität sowie des Umstellungs- und Durchhaltevermögens in Verbindung mit einer Konzentrations-, Gedächtnis- und Anpassungsstörung beeinträchtigt gesehen hat, ist dem der Sachverständige Dr. Wi. überzeugend entgegengetreten; er hat die Reproduktionsfähigkeit der Gedächtnisleistungen, die Konzentration und das Durchhaltevermögen, vor allem aber auch die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit, Flexibiltät und Umstellungsfähigkeit des Klägers lediglich als diskret eingeschränkt beurteilt und insoweit aufgrund der testpsychologischen Untersuchungen nur leichte kognitive Störungen im Rahmen der depressiven Symptomatik im Sinn eines leichten depressiv bedingten Demenzsyndroms beschrieben. Auch Dr. Ni. hat den Kläger im Übrigen zur Übernahme einfacher Arbeiten für durchaus in der Lage gehalten. Ferner hat Dr. Hamm., der im Rahmen ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 13. April 2011 u.a. sämtliche im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten, mithin auch diejenigen der Dres. Ni. und Wi. vorlagen, beim Kläger den Beruf des Pförtners an der Nebenpforte für gesundheitlich zumutbar beurteilt. Arbeitsplätze im genannten Beruf sind - wie sich aus der vorgenannten berufskundlichen Stellungnahme sowie dem Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 28. April 2011 a.a.O. ergibt - auf dem Arbeitsmarkt in genügender Zahl vorhanden; es handelt sich nicht um Schonarbeitsplätze, die allein leistungsgeminderten Betriebsangehörigen vorbehalten sind. Der Kläger ist der vorbezeichneten Verweisungstätigkeit ferner nach seinem beruflichen Können und Wissen gewachsen und zur Überzeugung des Senats in der Lage, die dort gestellten Anforderungen innerhalb einer nur kurzen Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten (vgl. hierzu BSG SozR 2200 § 1245 Nr. 45) vollwertig auszuüben. Unerheblich ist, ob dem Kläger in der streitbefangenen Zeit überhaupt ein geeigneter freier Arbeitsplatz hätte angeboten werden können, denn dieses Risiko trifft allenfalls die Arbeitsverwaltung, nicht jedoch die gesetzliche Rentenversicherung, welche ihre Versicherten allein vor den Nachteilen einer durch Krankheit oder Behinderung geminderten Leistungsfähigkeit zu schützen hat (vgl. BSGE 78, 207, 211 f.).

Da der Kläger in der streitbefangenen Zeit zumutbar auf den Beruf des Pförtners an der Nebenpforte verwiesen werden kann, kommt es auf weitere Verweisungstätigkeiten nicht an. Deshalb bedarf es auch keines näheren Eingehens darauf, ob die beim Kläger vorhandenen qualitativen Einschränkungen - wie er meint - eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung bedingen (vgl. hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R -; BSG, Beschluss vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 135/11 B - (beide juris)).

Nach allem ist der Kläger nicht teilweise erwerbsgemindert, auch nicht im Sinne einer BU; damit ist er erst recht nicht voll erwerbsgemindert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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