L 4 KR 2272/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 4886/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2272/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 2/12 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Auch bei Fehlen eines Negativvotums des Gemeinsamen Bundesausschusses im Sinne von § 137c Abs. 1 SGB V kann ein Krankenhaus nur diejenigen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zum Behandlungszeitpunkt im konkreten Einzelfall dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) entsprechen, abrechnen. Die Krankenkasse kann die Nichteinhaltung dieser Qualitätsstandards im Nachhinein beanstanden.
2. Zu den Anforderungen der Einhaltung der Qualitätsstandards nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V im Fall der Behandlung eines rezidivierten Non-Hodgkin-Lymphoms mit Hochdosis-Chemotherapie und autologer Stammzellentransplantation nach durchgeführter CD34+-Anreicherung des Transplantats bei einem zu Zeitpunkt der Ersterkrankung jungendlichen, zum Zeitpunkt des Rezidivauftritts im Jahr 2004 inzwischen erwachsenen Versicherten.

Revision B 3 KR 2/12 R.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. November 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für beide Rechtszüge wird endgültig auf EUR 7.055,12 festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob das klagende Universitätsklinikum (im Folgenden: Kläger) Anspruch auf Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung in Höhe weiterer EUR 7.055,12 hat.

Der Kläger betreibt ein nach § 108 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zur Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenes Hochschulklinikum. Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte und am 01. März 1984 geborene R. H. (im Folgenden: Versicherter) wurde vom 07. April bis 07. Mai 2004 in der Abteilung des Klägers "Kinderheilkunde I mit Poliklinik" stationär behandelt. Im September 2000 war bei ihm erstmals ein T-Zellreiches B-Zell-non-Hodgkin-Lymphom diagnostiziert worden. Damals war der Versicherte mit einer konventionellen Chemotherapie behandelt worden. Im Dezember 2003 wurde bei ihm ein Rezidiv festgestellt. Ab Januar 2004 erhielt er zunächst erneut konventionelle Chemotherapie. Am 07. April 2004 wurde er zur Behandlung mit Hochdosistherapie und autologer Stammzellgabe bei dem Kläger stationär aufgenommen. Ausweislich des Entlassungsberichts des den Versicherten dort behandelnden Oberarztes, damals noch PD, heute Prof. Dr. L. (im Folgenden durchgängig Prof. Dr. L.) vom 07. Mai 2004 erhielt der Versicherte am 17. April 2004 autologe periphere Blutstammzellen, bei denen eine CD34+-Anreicherung (so genanntes Tumorzell-Purging) durchgeführt worden war. Am 22. April 2004 erhielt der Versicherte erneut positive Stammzellen. Ob auch bei diesen Zellen eine CD34+-Anreicherung durchgeführt wurde, ist im Arztbericht nicht vermerkt. Zu einem im Arztbericht nicht näher bezeichneten Zeitpunkt wurde zudem Rituximab infundiert. Nach weiterer Behandlung wurde der Versicherte am 07. Mai 2004 entlassen.

Zwischen den Beteiligten ist die Indikation zur Behandlung mit Hochdosis-Chemotherapie und autologer Stammzellentransplantation unstreitig. Streitig ist dagegen, ob bei dem Stammzellentransplantat die durchgeführte CD34+-Anreicherung als eine Form der in-vitro-Aufreinigung indiziert war. Ziel dieser Behandlungsmethode ist es, mögliche Tumorzellen aus dem Stammzellentransplantat zu entfernen. Bei der so genannten CD34+-Anreicherung werden in das Stammzellentransplantat in vitro magnetische Partikel eingesetzt, die mit Antikörpern gegen Stammzellantigene (CD34-Antigene) beladen sind. Hierdurch werden im Wesentlichen reine Stammzellen angereichert und alle anderen Zellen, unter anderem auch möglicherweise im Stammzellentransplantat verbliebene Tumorzellen, entfernt. Folge dieser in-vitro-Aufbereitung ist zudem, dass die Stammzellen auf ein sehr kleines Volumen konzentriert werden.

Der Kläger stellte für die Behandlung des Versicherten mit Hochdosis-Chemotherapie und Stammzellentransplantat nach CD34+-Anreicherung mit Rechnungsdatum des 31. Mai 2004 die Diagnosis Related Group (DRG) nach den Fallpauschalen-Katalog 2004 A15b (Knochenmarktransplantation/Stammzellentransplantation, autogen, mit in-vitro-Aufbereitung) in Rechnung. Der Rechnungsbetrag belief sich auf EUR 33.966,75. Die Beklagte bezahlte diesen Betrag am 24. Juni 2004 zunächst, leitete am 28. Juni 2004 jedoch eine Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) nach Maßgabe von §§ 275 ff. SGB V ein. In seinem Gutachten vom 13. September 2004 gelangte der Gutachter des MDK, Dr. Dr. E., zu der Auffassung, die CD34+-Anreicherung entspreche eindeutig nicht dem evidenzbasierten Standard. Ein klinischer Nutzen gegenüber der autologen Stammzellentransplantation ohne in-vitro-Aufbereitung sei nicht belegt. Somit sei die Behandlung unwirtschaftlich. Es werde eine Abrechnung der erbrachten Leistung nach DRG A15c (Knochenmarktransplantation/Stammzellentransfusion autogen, ohne in-vitro-Aufbereitung) empfohlen. In der Folge kodierte die Beklagte DRG A15c (Rechnungsbetrag EUR 26.913,63) und forderte von dem Kläger einen Betrag von EUR 7.055,12 zurück (Schriftsatz vom 15. September 2004). Zum 10. November 2004 rechnete sie diesen Betrag mit anderen Forderungen aus Behandlungsfällen auf.

Der Kläger wandte sich hiergegen mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2005. Zur Begründung legte er eine Stellungnahme des Prof. Dr. L. vom 07. Oktober 2005 vor. Dieser führte aus, bei allen metastasierten Tumoren müsse grundsätzlich mit dem Vorhandensein von Tumorzellen im Peripherblut gerechnet werden, die erwiesenermaßen Rezidive auslösen könnten. Somit würden auch bei der Stammzellgewinnung potentiell Tumorzellen mit ins Transplantat eingebracht. Deshalb könne als Indikation zur in-vitro-Aufbereitung mittels Stammzellanreicherung bei der autologen Transplantation im Kindesalter schon das Vorliegen eines metastasierten Tumors gelten. Dies komme auch für das rezidivierte Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) in Betracht. Ein solches Vorgehen werde ausdrücklich in der Therapieoptimierungsstudie NHL-BFM 95 (Leiter Prof. Dr. Reiter, Universität Gießen) empfohlen. Diese Studie gelte als Behandlungsgrundlage für jede NHL-Erkrankung im Kindes- und Jugendalter. Die in-vitro-Aufreinigung der Stammzellanreicherung solle deren Prognose verbessern. Für die größte Patientengruppe, nämlich Kinder mit Neuroblastom Stadium 4, habe nach seiner eigenen Erfahrung mit autologer Transplantation und in-vitro-Aufreinigung ein krankheitsfreies Drei-Jahresüberleben von 48% sowie ein krankheitsfreies Fünf-Jahresüberleben von 37% erreicht werden können. Der Stellenwert der in-vitro-Aufreinigung habe aufgrund der relativ geringen Fallzahlen im Kindesalter bisher nicht in Vergleichsstudien mit manipulierten und unmanipulierten Transplantaten untersucht werden können. Dies gelte auch für das rezidivierte NHL des Kindes- und Jugendalters. Aus dem gleichen Grund werde eine Doppelblindstudie auch in Zukunft nicht durchführbar sein, in welcher Ergebnisse zur Stammzellentransplantation mit und ohne Purging statistisch miteinander verglichen werden könnten. Bereits vom Gesetzgeber sei erkannt worden, dass bei seltenen Erkrankungen mit niedrigen Fallzahlen eine evidenzbasierte Absicherung des Behandlungserfolges durch Vergleichsstudien nicht durchführbar sei. Hier sei das höchste verfügbare Evidenzlevel anzuwenden. Es müssten daher nicht vergleichende Studien oder eine Expertenmeinung herangezogen werden. Die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Klägers habe definitiv langjährige Erfahrung mit der Transplantatbearbeitung bei autologen Stammzellentransplantationen. Entsprechende Projekte würden seit 1995 durchgeführt und seien entsprechend publiziert (unter Verweis auf eigene Veröffentlichungen aus den Jahren 1997 bis 2003), so dass hier durchaus von einer Expertenmeinung gesprochen werden könne. Durch die in-vitro-Aufreinigung seien in Studien mit erwachsenen Patienten teilweise verlängerte Regenerationszeiten insbesondere für T-Zellen nach Transplantation beobachtet worden. Dies treffe seiner Erfahrung nach für Kinder nicht zu. In einer Vergleichsstudie mit 105 pädiatrischen Patienten bei 50 nicht-manipulierten und 55 in vitro angereicherten Transplantaten habe sich kein signifikanter Unterschied in der Regeneration von T-Zellen und B-Zellen zwischen beiden Gruppen gezeigt. In der Gruppe mit in-vitro-Anreicherung sei die Regeneration von natürlichen Killerzellen nach Gabe hoher Stammzellmengen sogar besser als in der Gruppe mit nicht-manipulierten Transplantaten gewesen. Ausgehend davon und mit Blick darauf, dass bei Vergleichsstudien für Patienten im Erwachsenenalter die Datenlage nicht einheitlich sei, einige Untersuchungen einen Überlebensvorteil belegten (unter Verweis auf die Arbeit von Granena A. u.a. 1999, Zitat Nr. 11 im Schreiben vom 07. Oktober 2005, sowie von Alvarnas JC u.a., 2004, Zitat Nr. 12), andere dagegen nicht, sei nach seiner Auffassung immer dann eine in-vitro-Aufreinigung sinnvoll, wenn ein metastasierendes Tumorstadium vorliege oder Tumorzellen im Blut oder im Knochenmark nachgewiesen seien. Zudem sei die in-vitro-Aufbereitung aus praktischen Gründen vorteilhaft. Durch Reduktion des Volumens der Stammzellentransplantate sei es möglich, eine höhere Anzahl von Stammzellen zu reinfundieren und dabei das Anwachsen der Blutbildung im Knochenmark zu beschleunigen. Im Übrigen sei allein der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) nach § 137c SGB V dafür zuständig, neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden, die im Krankenhaus angewandt werden würden, im Hinblick auf die Anforderungen des SGB V zu überprüfen. Mit der Begründung, eine Behandlungsmethode erfülle die Anforderungen des SGB V nicht, könne die Krankenkasse nur dann ihre Leistungspflicht verneinen, wenn der GBA eine entsprechende Feststellung getroffen habe.

Die Beklagte beauftragte daraufhin das Kompetenz Centrum Onkologie (im Folgenden KCO) des MDK Nordrhein mit der Erstattung eines neuen Gutachtens. Internist, Hämatologe, Sozialmediziner und Leiter des KCO Prof. Dr. H. gelangte in seinem Gutachten vom 07. März 2006 zu der Auffassung, dass weiterhin nur eine Kodierung nach DRG A15c empfohlen werden könne. Der Argumentation des Prof. Dr. L. könne nicht gefolgt werden. Der Versicherte sei zum Zeitpunkt des Rezidivs 19 Jahre alt gewesen und habe 70 kg bei einer Körpergröße von 1,72 m gewogen. Aufgrund dessen sei eindeutig von einem erwachsenen Patienten auszugehen und demzufolge auch die für diese Patientengruppe gültige wissenschaftliche Erkenntnislage anzuwenden. Die Nutzenbewertung einer in-vitro-Aufbereitung könne außerdem nicht unabhängig von der Diagnose gesehen werden. Mehrfach erwähne Prof. Dr. L. Daten zum Nutzen der in-vitro-Aufbereitung, die bei autologer Stammzellgabe bei Kindern mit Neuroblastom gewonnen worden seien. Hier handele es sich um eine Tumorerkrankung, die vom Nervensystem ausgehe. Für Patienten mit dieser Erkrankung sei eine Hochdosis-Chemotherapie und anschließende Gabe in vitro aufgereinigter Blutstammzellen als Standardtherapie wissenschaftlich gesichert und international anerkannt. Für den vorliegenden Fall könnten dagegen nur wissenschaftliche Erkenntnisse als Entscheidungsgrundlage für die Behandlung akzeptiert werden, welche bei Patienten gewonnen worden seien, welche ebenfalls an einem B-Zell non-Hodgkin-Lymphom erkrankt gewesen seien. Insoweit sei auf die vorhandene Studienlage für Erwachsene abzustellen. Eine der von Prof. Dr. L. zitierten Veröffentlichungen habe sich auf eine entsprechende Untersuchung bei erwachsenen Patienten bezogen. Es sei dort zwar festgestellt worden, dass bei Patienten, bei denen im Transplantat noch Tumorzellen nachweisbar gewesen seien, ein ungünstigeres Behandlungsergebnis mit einer kürzeren Überlebenszeit erzielt worden sei als bei Patienten, bei denen auch mit empfindlichen Nachweismethoden keine Tumorzelle mehr erkennbar gewesen sei. Die Ursache für diese Beobachtung sei jedoch völlig unklar. Zusammenfassend werteten die Autoren die wissenschaftliche Erkenntnislage im Hinblick auf einen Nutzen der in-vitro-Aufbereitung selbst sehr kritisch. Danach seien die Daten bislang unzureichend, um den routinemäßigen Einsatz von Stammzellpräparaten mit in-vitro-Aufreinigung rechtfertigen zu können. Hierzu sei eine Studie der Phase III notwendig. Grundlage für eine Behandlungsentscheidung könne diese Publikation daher nicht sein. Ein sicherer wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn über den Nutzen der in-vitro-Aufbereitung könne nur durch klinische Studien der Phase III gewonnen werden, von denen es soweit erkennbar nur zwei gebe. Übereinstimmend kämen beide Studien zu dem Ergebnis, dass durch in-vitro-Aufreinigung von autologen Stammzellpräparaten die Behandlungsergebnisse bei Patienten mit B-NHL nicht hätten verbessert werden können. Beide Studien zeigten keine signifikanten (statistisch aussagekräftigen) Unterschiede im Hinblick auf Rezidivrate, rezidivfreie Überlebenszeit oder Gesamtüberlebenszeit. Diese Methode werde deshalb bei erwachsenen Patienten mit B-NHL auch nicht mehr empfohlen. Die klinische Forschung beschreite inzwischen neue Wege, nämlich die in-vivo-Aufreinigung. Dabei werde B-NHL-Patienten zusätzlich zur üblichen Chemotherapie vor Stammzellentnahme ein Antikörperpräparat (Rituximab) verabreicht, welches die Tumorzellen erkenne und zerstöre. Anschließend würden die autologen Stammzellen gewonnen, die nach Hochdosis-Chemotherapie zurückgegeben würden. Zur Zeit gehe man davon aus, dass sich die Methode der in-vivo-Aufbereitung zukünftig durchsetzen werde. Auch der zweite durch Prof. Dr. L. benannte Vorteil, nämlich das geringe Volumen bei in-vitro-Aufreinigung durch CD34-Stammzellselektion, spiele bei erwachsenen Patienten keine Rolle. Bei diesen könne immer eine hohe Zahl von Stammzellen transfundiert werden, ohne dass ein kritisches Volumen erreicht werde. Dieser Aspekt sei nur bei kleinen Kindern mit geringem Körpergewicht und folglich wiederrum nur für die pädiatrische Onkologie relevant. Anders als durch Prof. Dr. L. vorgetragen, stehe die Tatsache, dass die grundsätzliche Bewertung neuer Behandlungsmethoden in die alleinige Kompetenz des GBA falle, einer Überprüfung im Einzelfall nicht entgegen. Eine solche werde durch das Bundessozialgerichts (BSG) vielmehr ausdrücklich gefordert (unter Verweis auf das Urteil vom 22. Juli 2004, B 3 KR 21/03 R, SozR 4-2500 § 137c Nr. 2). Hier gehe es ganz konkret um die Frage, ob im vorliegenden Einzelfall bei einem erwachsenen Patienten mit Rezidiv eines B-NHL eine in-vitro-Aufreinigung angezeigt sei. Wie ausgeführt, sei dies nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion nicht der Fall, da die Ergebnisse zweier klinischer Studien der Phase III ergeben hätten, dass mit in-vitro-Aufreinigung kein besseres Behandlungsergebnis erzielt werden könne.

Mit Schreiben vom 26. April 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, es bleibe bei der erhobenen Rückforderung in Höhe von EUR 7.055,12.

Am 22. Dezember 2006 erhob der Kläger zum Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage. Die durchgeführte Behandlung sei auch in Form der CD34-Anreicherung medizinisch indiziert gewesen. Wesentliche Vorschrift für die Leistungspflicht der Krankenkassen bei innovativen Leistungen sei § 137c Abs. 1 SGB V. Danach könnten innovative Leistungen ohne vorherige Anerkennung durch den GBA erbracht werden. Die Anerkennung dieser Leistung durch den GBA sei nicht Abrechnungsvoraussetzung. Vielmehr seien die Krankenkassen so lange verpflichtet, eine innovative Leistung des Krankenhauses zu bezahlen, bis der GBA diese konkrete Leistung ausgeschlossen habe. Die Entscheidung, ob eine solche Leistung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse nicht erforderlich und damit die Abrechenbarkeit ausgeschlossen sei, falle nach dem Willen des Gesetzgebers in den alleinigen Zuständigkeitsbereich des GBA. Krankenkassen seien nicht befugt, darüber eigenverantwortlich zu entscheiden. Der Gesetzgeber räume den Krankenkassen lediglich die Möglichkeit ein, über die Spitzenverbände der Krankenkassen einen entsprechenden Überprüfungsantrag beim GBA zu stellen. Erst mit einer entsprechenden Ausschlussentscheidung des GBA seien die Krankenkassen berechtigt, Zahlungen für eine ausgeschlossene innovative Leistung abzulehnen. Insoweit werde auf das Urteil des BSG vom 19. Februar 2003 (B 1 KR 1/02, SozR 4-2500 § 137c Nr. 1) hingewiesen. Ungeachtet dessen sei von ärztlicher Seite entsprechend der medizinischen Erkenntnislage nach bestem Wissen und Gewissen die Stammzellentransplantation mit in-vitro-Aufreinigung durchgeführt worden. Die Erkrankung sei beim Versicherten erstmals im Kindesalter aufgetreten. Die Studien bei Erwachsenen seien deshalb nicht maßgebend. Dadurch dass der Versicherte mittlerweile die Grenze von 18 Jahren überschritten habe, sei das NHL nicht zu einer anderen Tumorentität des Erwachsenenalters geworden. Auch ein Gewicht von 70 kg widerspreche definitiv nicht dem Status eines pädiatrischen Patienten. Für Kinder und Jugendliche gebe es jedoch keine aussagekräftigen Studien und werde es wegen der zu kleinen Fallzahl auch nie geben. Die im Falle der Versicherten angewandte Therapie sei das Ergebnis eigener Erfahrungen und Plausibilitätsüberlegungen der Klinik gewesen. Zur näheren Begründung legte der Kläger im Verlaufe des Klageverfahrens mehrere Stellungnahme des Prof. Dr. L. vor (Stellungnahmen vom 09. März 2007, vom 19. September 2008 und vom 03. November 2009). Prof. Dr. L. wiederholte darin im Wesentlichen seine Ausführungen aus dem schon im vorgerichtlichen Verfahren vorgelegten Schriftsatz vom 07. Oktober 2005. Insbesondere wies er nochmals darauf hin, dass die Frage, ob eine Verbesserung mit einer Stammzellanreicherung zu erzielen sei, anhand der eigenen Expertise positiv zu beantworten sei, da von einer Tumorkontamination im Transplantat auszugehen sei. Zwar sei eine Bestimmung der Tumorlast im Transplantat vor Purging beim Versicherten nicht durchgeführt worden. Die Durchführung der Bestimmung der Tumorzelllast im Transplantat vor Purging sei keine Routinemaßnahme. Bei einem NHL habe im Jahr 2004 keine geeignete Möglichkeit der Nachprüfung bestanden. Durch die CD34-Selektion könne aber prinzipiell eine Reduktion beliebiger Tumorzellen erreicht werden. Der Einsatz von Rituximab sei in der Therapieoptimierungsstudie NHL-BFM 95 im Kindes- und Jugendalter nicht vorgesehen gewesen. Der Versicherte sei aber im Rahmen dieser Studie behandelt worden. Insoweit verwies der Kläger auf eine schriftliche Stellungnahme des Studienleiters Prof. Dr. Reiter vom 19. Juni 2008, der darin bestätigte, dass der Versicherte im Rahmen seiner Ersterkrankung nach der NHL 95-Studie registriert und behandelt worden sei. Die weitere Therapie, insbesondere im Rezidiv, sei in Rücksprache mit der NHL-BFM-Studienzentrale erfolgt. Nach allem handele es sich um eine neue Behandlungsmethode, die dem evidenzbasierten Standard entspreche.

Die Beklagte trat dem Klagevorbringen entgegen. Grundsätzlich sei dem Kläger darin zuzustimmen, dass für stationäre Behandlungen, anders als bei vertragsärztlicher Versorgung, kein Erlaubnisvorbehalt für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bestehe und Vertragskrankenhäuser deshalb grundsätzlich frei seien, diese anzuwenden, solange der GBA die Methode nicht negativ bewertet habe. Die Annahme aber, dass sämtliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden vom GBA zeitnah und im Hinblick auf jede mögliche Fallkonstellation umfassend bewertet werden könnten, sei nicht realistisch. Eine fehlende Entscheidung des GBA setze auch nicht die grundsätzlichen Anforderungen von §§ 2, 12 und 70 SGB V an Leistungen zu Lasten der GKV außer Kraft. Nach dem Urteil des BSG vom 28. Juli 2008 (B 1 KR 5/08 R, SozR 4-2500 § 109 Nr. 6) sei im Einzelfall immer zu prüfen, ob eine wissenschaftlich gesicherte Indikation für die Anwendung dieser Behandlung bestanden habe und die Leistung damit den Anforderungen dieser Vorschriften entsprochen habe. Entsprechendes ergebe sich auch aus der Entscheidung des Großen Senats des BSG zur Krankenhausbehandlung vom 25. September 2007 (GS 1/06, SozR 4-2500 § 39 Nr. 10). Zur weiteren medizinischen Begründung legte sie drei weitere Gutachten des Prof. Dr. H. vom KCO vor (Zweitgutachten vom 17. März 2008, Drittgutachten vom 27. August 2008 sowie Viertgutachten vom 27. Februar 2009). In allen drei Gutachten gelangte Prof. Dr. H. unverändert zu der Auffassung, dass nur eine Kodierung nach DRG A15c empfohlen werden könne. Es werde grundsätzlich nicht bestritten, dass bei einer Tumorzellkontamination des autologen Stammzellpräparats mittels CD34-Selektion eine deutliche Verringerung der Tumorzellkonzentration im Transplantat erreicht werden könne. Aufbauend darauf erscheine es auch möglich, dass durch ein solches Verfahren eine Verringerung der Rückfallrate nach autologer Stammzellentransplantation erreicht werden könne. Ein solcher Beweis könne jedoch nur geführt werden, indem vor Beginn der Behandlung (prospektiv) durch zufällige Zuordnung (Randomisation) zwei Patientengruppen miteinander verglichen würden, deren Behandlung sich ausschließlich dadurch unterscheide, dass die eine Hälfte der Patienten eine autologe Stammzellentransplantation mit, die andere dagegen ohne in-vitro-Aufreinigung erhalte. Alle prospektiv radomisierten Studien, die in der wissenschaftlichen Fachliteratur zur Behandlung von Patienten mit NHL hätten gefunden werden können, hätten einen Überlebensvorteil durch Aufreinigung autologer Knochenmarktransplantate nicht nachgewiesen, so dass von einer unzureichenden Wirksamkeit und damit einem fehlenden Nutzen dieses Verfahrens beim Versicherten mit NHL auszugehen sei. Die von Prof. Dr. L. genannten Publikationen seien zu dieser Frage nicht aussagekräftig, da sie keine prospektiv randomisierten Studien beschrieben und die Autoren selbst darauf verwiesen hätten, dass ihre Ergebnisse allenfalls Hinweise für einen möglichen Nutzen einer in-vitro-Aufreinigung hätten geben können, dies aber in jedem Fall durch prospektiv randomisierte Studien zu sichern sei. Zudem sei im konkreten Fall des Versicherten auch nicht untersucht worden, ob und in welchem Umfang überhaupt eine Tumorzellkontamination des Stammzellpräparats vorgelegen habe, so dass schon vom theoretischen Ansatz her nicht belegt sei, ob diese Maßnahme überhaupt habe wirksam sein können. Eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Tumorzellkontamination bestehe nur bei NHL-Patienten mit Knochenmarkbefall. Dass ein solcher vorgelegen habe, sei in den vorhandenen Unterlagen nicht erwähnt. Von dem Kläger sei dazu nur festgestellt worden, dass eine Tumorzellkontamination niemals ausgeschlossen werden könne. Aufgrund der medizinischen Risiken, die mit Purgingverfahren verbunden seien, aber auch der erheblichen Zusatzkosten hätte zumindest erwartet werden können, dass vor Einleitung eines in-vitro-Purgingverfahrens die Bestimmung der Tumorzelllast im Transplantat durchgeführt werde. Es fehle im konkreten Fall daher schon der theoretische Ansatz, um den Nutzen eines in-vitro-Purging-Verfahrens postulieren zu können. Im Übrigen werde nochmals darauf hingewiesen, dass das Verfahren der in-vitro-Stammzellaufbereitung auch im Jahr 2004 bei der Behandlung erwachsener Patienten mit NHL längst verlassen worden sei. Bereits damals habe es deutliche Hinweise darauf gegeben, dass ein in-vivo-Purging mit Rituximab zu deutlich günstigeren Behandlungsergebnissen führe (unter Verweis auf eine Publikation von Hess G. u.a., 2002). Wenn im Jahr 2004 somit die Möglichkeit gesehen worden sei, außerhalb eines klinischen Prüfprotokolls eine möglichst geringe Zellkontamination des autologen Stammzellpräparats zu erreichen, wäre die Vorbehandlung mit dem arzneimittelrechtlich zugelassenen Medikament Rituximab möglich gewesen. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass bei einem Patienten, der im Alter von 16 Jahren an einem NHL erkrankt sei, zunächst erfolgreich behandelt worden sei und dann im Alter von 20 Jahren wegen eines Rezidivs mit autologer Stammzellentransplantation habe behandelt werden müssen, nach einem pädiatrischen Protokoll vorzugehen sei. Üblicherweise schlössen klinische Prüfprotokolle für Kinder und Jugendliche nur Patienten bis zum Alter von 17 Jahren ein. Dies entspreche auch der Altersgrenze, die in der Kinderonkologievereinbarung des GBA festgelegt worden sei. Behandlungsprotokolle für Erwachsene schlössen Patienten ab einem Alter von 16 bis 18 Jahren ein. Schon aufgrund der Einschlusskriterien wäre sachgerecht gewesen, den Versicherten in ein Behandlungsprotokoll für erwachsene Patienten einzuschließen. Da der Kläger nicht bereit sei, das konkret angewandte Behandlungsprotokoll vorzulegen, sei nicht nachprüfbar, ob dieses für Patienten im Alter von 20 Jahren vorgesehen gewesen sei. Das Verfahren der CD34-Selektion sei bei autologer Stammzellentransplantation von Kindern und Jugendlichen weit verbreitet. Dies hänge u.a. aber auch damit zusammen, dass in dieser Altersgruppe ein geringes Transplantatvolumen aufgrund des geringen Körpergewichts vorteilhaft sei und durch CD34-Selektion das Transplantatvolumen deutlich reduziert werden könne. Dieses Argument sei im konkreten Fall aber völlig bedeutungslos, da der Versicherte inzwischen erwachsen geworden sei und damit das Körpergewicht längst nicht mehr kritisch im Hinblick auf das Transplantatvolumen gewesen sei. Die medizinischen Fachliteratur, auf die der Kläger für die medizinische Notwendigkeit des Purging verwiesen habe, verfange, wie bereits im Erstgutachten ausgeführt, für den konkreten Fall nicht. Sie beweise vielmehr umgekehrt, dass es sich bei der Aufreinigung autologer Stammzellentransplantate um ein experimentelles Verfahren handele, dessen Nutzen bislang nicht gesichert sei. Übereinstimmend empfählen die Autoren daher, Verfahren der Aufreinigung autologer Stammzellentransplantate auf klinische Studien zu beschränken. Nach deren Bewertung reichten die Daten derzeit nicht aus, um eine Anwendung in der Routineversorgung zu begründen. Umgekehrt aber existierten mittlerweile drei klinische Studien der Evidenzklasse I (Stuart AK u.a. 2001; Schouten HV u.a., 2003 sowie jetzt Bourhis JH u.a., 2007), die erwiesen, dass sich keine statistisch relevanten Unterschiede im Hinblick auf das Gesamtüberleben oder die Rückfallrate im Vergleich von autologer Stammzellentransplantation mit Purging und derselben ohne ergäben. Nach allem habe der Wissenschaftsstand gegen eine Durchführung des Purgingverfahrens bei Erwachsenen gesprochen. Bei der Behandlung von Patienten mit NHL im Jugendalter lägen dagegen keine relevanten Daten vor, da die Erkrankung in diesem Lebensalter äußerst selten sei und somit die Patientenzahlen für aussagekräftige Studien nicht ausreichten. Jährlich erkrankten in Deutschland ca. 16.000 Patienten an einen NHL, darunter nur etwa 100 Fälle im Alter bis zu 15 Jahren. Das Kind- und Jugendalter mache somit deutlich weniger als einen Prozent aller Erkrankungsfälle aus. Wenn aber zum Nutzen von in-vitro-Purging der sehr kleinen Gruppe von Patienten mit Non Hodgkin-Lymphom im Kindesalter keine relevanten Erkenntnisse vorlägen, wohl aber für das Gesamtkollektiv von ganz überwiegend erwachsenen Patienten, erscheine es naheliegend, diese Erkenntnisse auch auf die Behandlung des Versicherten im vorliegenden Fall anzuwenden, zumal dieser bei Erstdiagnose mit 16 Jahren nicht mehr weit vom Erwachsenenalter entfernt gewesen sei und zum Zeitpunkt des Rezidivs das Erwachsenenalter erreicht habe. Nur dann, wenn sich gesicherte Hinweise darauf ergäben, dass bei einer kleinen Untergruppe von Patienten eine andere Nutzenbewertung angezeigt sei, gebe es Gründe, vom Standard für das Gesamtkollektiv abzuweichen.

Mit Urteil vom 23. November 2009 verurteilte das SG die Beklagte an den Kläger EUR 7.055,12 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10. November 2004 zu zahlen. Krankenhäuser seien nach der gesetzlichen Regelung des § 137c SGB V in der Methodenwahl bei der stationären Behandlung jedenfalls zunächst nicht beschränkt. Es bestehe insoweit eine Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt. Innovationen im stationären Bereich könnten daher so lange zulässigerweise zum Einsatz kommen, bis dies durch ein negatives Votum des GBA ausgeschlossen werde. Dieser von der Vergütung im ambulanten Bereich (§ 135 Abs. 1 SGB V, Verbot mit Erlaubnisvorbehalt) abweichende Modus solle gewährleisten, dass der medizinische Fortschritt in den Krankenhäusern nicht unterbunden werde. Dabei sei es unter dem Blickwinkel des Patientenschutzes nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die bei Innovationen stets auch gegebene Gefahr des Einsatzes unwirksamer oder gar schädlicher Maßnahmen wegen der internen Kontrollmechanismen und der anderen Vergütungsstrukturen im Krankenhausbereich geringer eingestuft habe als bei der Behandlung durch niedergelassene Vertragsärzte (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 06. Mai 2009 - B 6 A 1/08 R - SozR 4-2500 § 94 Nr. 2). Demnach obliege die Prüfung, ob eine im Krankenhaus angewandte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode die vom Gesetz geforderten Qualitätsstandards erfülle, nicht der Krankenkasse oder den Gerichten, sondern nur dem dafür nach § 137c SGB V eingerichteten GBA. Mit der Begründung, eine Behandlung genüge den genannten Kriterien nicht, könne die Krankenkasse ihre Leistungspflicht nur verneinen, wenn der GBA eine entsprechende Feststellung getroffen habe (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 19. Februar 2003 - B 1 KR 1/02 R - a.a.O.). Zwar heiße es im weiteren in der Entscheidung, es sei doch im Einzelfall zu prüfen, ob bei den jeweiligen Patienten die Indikation für eine solche Therapie gegeben sei. Dies beziehe sich jedoch darauf, dass unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in ein funktionell intaktes Organ, wie dies bei der Applikation eines Magenbandes geschehe, schon von vornherein kein Anspruch auf Behandlung bzw. Krankenhausbehandlung bestehe. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung als solche sei hier jedoch nicht zu bezweifeln. Auch im Urteil des BSG vom 16. Dezember 2008 (B 1 KN 3/08 KR R, SozR 4-2500 § 109 Nr. 15) gehe es um die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung als solcher. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei dem Urteil des BSG vom 28. Juli 2008 (a.a.O.) keine andere Rechtsauffassung zu entnehmen. In letzterem Urteil gebe der Senat zwar seinen früheren Standpunkt auf, dass die Prüfung, ob eine im Krankenhaus angewandte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode die vom Gesetz geforderten Qualitätsstandards erfülle, ausschließlich dem GBA obliege, dies aber nur im Kontext mit der Überprüfung der Qualitätsanforderungen eines Krankenhauses auf der Ebene der Zulassung zur Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach seiner (des SG) Auffassung sei deshalb die Aufgabe des früheren Standpunkts auf den Bereich der Zulassung beschränkt gewesen. Die im streitigen Behandlungsfall angewandte Behandlungsmethode einschließlich in-vitro-Aufbereitung sei zur Zeit der Behandlung nicht durch eine Entscheidung des GBA nach § 137c SGB V für den stationären Bereich ausgeschlossen gewesen. Die Behandlung mit dieser Methode sei auch jedenfalls vertretbar gewesen. Damit wachse dem Kläger ein Vergütungsanspruch auch hinsichtlich der in-vitro-Aufbereitung zu. Ob dies anders sei, wenn eine im Rahmen der Krankenhausbehandlung angewandte Methode medizinisch schlechthin indiskutabel wäre, könne dahingestellt bleiben, denn ein solcher Fall liege eindeutig nicht vor. Nach allem sei der Kläger zu Recht der Auffassung, dass es nicht darauf ankomme, ob der Versicherte im Rahmen einer klinischen Studie behandelt worden sei oder nicht.

Gegen dieses ihr am 04. Mai 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12. Mai 2010 zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Die seitens des Klägers eingesetzte Methode der in-vitro-Aufbereitung des Stammzellentransplantats erfülle in dem vorliegenden Einzelfall nicht die Qualitätskriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und könne daher keine gesonderte Vergütung auslösen. Die Auffassung des SG, dass nur der GBA überprüfen könne, ob eine im Krankenhaus angewandte Untersuchungs- und Behandlungsmethode die vom Gesetz geforderten Qualitätsstandards erfülle, entspreche nicht der Rechtsprechung des BSG. Unbestritten obliege die grundliegende Bewertung einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nach der Konzeption des Gesetzgebers auch nach der Rechtsprechung des BSG ausschließlich dem im Rahmen des § 137c SGB V tätig werdenden GBA nach § 91 SGB V. Anders verhalte es sich jedoch im Rahmen von Einzelfallbegutachtungen auf Grundlage von § 275 SGB V. Das BSG habe hierzu ausdrücklich klargestellt, dass § 137c SGB V die Geltung des Qualitätsgebots aus § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V auch im stationären Bereich nicht außer Kraft setze. Gegenteiliges bedeutete, die Einheit der Rechtsordnung zu gefährden (unter Verweis auf die Entscheidung vom 28. Juli 2008, B 1 KR 5/08 R). Im weiteren habe das BSG ausdrücklich ausgeführt, dass die Überprüfung einer im Krankenhaus eingesetzten Methode auch retrospektiv im Einzelfall durch die Krankenkasse bzw. durch den von der Krankenkasse mit der Prüfung beauftragten MDK erfolgen könne. Dass das BSG seine frühere abweichende Rechtsprechung ausdrücklich nicht nur im Kontext der Zulassungsebene, sondern auch im Hinblick auf im Einzelfall beanstandete Behandlungsmaßnahmen aufgegeben habe, werde auch durch das Urteil des BSG vom 17. Februar 2010 (B 1 KR 10/09 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 18) belegt. Darin werde ausgeführt, der Anspruch auf Krankenhausbehandlung setze zwar keine positive Empfehlung des GBA voraus, erfordere aber dennoch abgesehen von den hier nicht einschlägigen Fällen eines Negativvotums des GBA nach § 137c SGB V, dass die streitige Maßnahme nach Überprüfung im Einzelfall dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Die danach ebenso zulässige wie gebotene Überprüfung des Einzelfalls sei im vorliegenden Fall umfassend durch das KCO erfolgt. Prof. Dr. H. habe schon in erster Instanz umfänglich belegt, dass es hinsichtlich des hier angewandten Purgings sowohl am erwiesenen Nutzen als auch an der Wirtschaftlichkeit fehle und halte an dieser Auffassung auch weiterhin fest. Die Beklagte hat insoweit drei weitere Gutachten des Prof. Dr. H. zur Frage der Notwendigkeit der Aufreinigung des autologen Stammzellentransplantats bei der Behandlung des Versicherten vorgelegt (Fünft-Gutachten vom 11. Juni 2010, Sechst-Gutachten vom 14. Dezember 2010 sowie Siebt-Gutachten vom 06. Juni 2011). Prof. Dr. H. hat darin seine bisherige medizinische Auffassung ergänzt und vertieft. Zur Frage der Richtigkeit der Behandlung des Versicherten nach einem Behandlungsprotokoll für Kinder und Jugendliche wird ergänzend angeführt, es ergäben sich keine Belege in der wissenschaftlichen Fachliteratur, dass Erkenntnisse für erwachsene Patienten im Falle des Versicherten unerheblich seien. Zur Studienlage führt Prof. Dr. H. aus, auch die jetzt neu durch den Kläger vorgelegten Publikationen stützten dessen Position nicht, sondern vielmehr diejenige der Beklagten. Anhand aller fünf genannten Publikationen ergäben sich die Erkenntnisse, dass durch in-vitro-Aufbereitung autologer Stammzellentransplantate bei Patienten mit NHL der allergrößte Teil der Tumorzellen (ca. 99%) aus dem Transplantat entfernt werden könnten, dass diese Aufreinigung aber leider nicht zu einer Senkung der Rückfallrate oder einer Verbesserung der Überlebensrate führe. Im Gegensatz dazu habe durch die intravenöse Rituximab-Gabe, welche einem in-vivo-Purging entspreche, ein therapeutischer Nutzen erreicht werden können, der zu günstigeren Überlebensraten führe. Weshalb aus diesen Publikationen die Notwendigkeit einer in-vitro-Aufbereitung abgeleitet werden können solle, sei nicht ersichtlich. Da auch die zum Zeitpunkt der Behandlung des Versicherten bereits veröffentlichten Studien - wie bereits ausgeführt - genau dies ergeben hätten, sei die Datenlage absolut eindeutig. Weil aber Purging auch mit Risiken verbunden sei, u.a. einer verzögerten Erholung des Immunsystems mit einem dadurch erhöhten Risiko für tödliche Infektionen, ergebe sich eine ungünstige Nutzen-Risiko-Abwägung, so dass entsprechende Verfahren bei Patienten mit NHL nicht angewandt werden sollten. Die Argumentation des Klägers, dass zum Zeitpunkt der autologen Stammzellentransplantation mit den damaligen Methoden nicht ohne Weiteres festzustellen gewesen sei, ob tatsächlich eine Transplantatverunreinigung durch kontaminierte Tumorzellen vorgelegen habe oder nicht, sei absolut nicht nachvollziehbar. Seit ca. 20 Jahren existiere ein molekularbiologisches Verfahren (PCR), mit welchem die minimale residuelle Resterkrankung (MRD) nach Chemotherapie bei Patienten mit NHL nachgewiesen werden könne. Mit diesem Verfahren gelinge es auch dann noch, Tumorzellen in Blut, Knochenmark oder autologen Stammzellentransplantaten nachzuweisen, wenn diese nach Chemotherapie auf eine Konzentration von weniger als 1 zu 1000 abgefallen seien. Auch in den pädiatrisch-onkologischen Studienprotokollen zur Behandlung des NHL bei Kindern und Jugendlichen werde dieses Verfahren regelmäßig eingesetzt, wie in der Kurzversion dieser Protokolle, die im Internet veröffentlicht worden seien, nachlesbar sei. In der wissenschaftlichen Publikation von Prof. Dr. Reiter, der 1999 sein Studienkonzept mit Hochdosistherapie und autologer Stammzellentransplantation dargestellt habe, werde demgegenüber nicht einmal erwähnt, dass eine in-vitro-Aufbereitung im Sinne eines Purgings vorgesehen sei. Dieser Publikation könne daher nicht entnommen werden, dass bei dem Hochdosistherapiekonzept der NHL-BFM-Gruppe einer in-vitro-Aufbereitung des autologen Stammzellentransplantats ein Stellenwert zu komme. Den genauen Inhalt des Protokolls, welches im Internet nicht veröffentlicht sei, habe der Kläger bis jetzt nicht vorgelegt. Ihren Ausführungen sei jedoch zu entnehmen, dass eine solche Verfahrensweise gerade nicht Gegenstand des Behandlungsprotokolls gewesen sei. Auch die Einlassung des Klägers, dass eine Abrechnung schon deshalb erfolgen dürfe, weil im Fallpauschalenkatalog die Kodierung einer Hochdosis-Chemotherapie bei Stammzellentransplantation unter Durchführung eines Purgings vorgesehen sei, verfange nicht. Eine solche sei nämlich nicht grundlegend ausgeschlossen. Zum Beispiel sei eine in-vitro-Aufbereitung autologer Stammzellentransplantate bei Hochdosistherapie mit Neuroblastomen und besonders ungünstigen Risikofaktoren eine anerkannte Behandlungsmethode, deren Nutzen durch eine klinische Studie der Phase III gesichert worden sei. Im Gegensatz zum NHL habe beim Neuroblastom auch durch Markierung des Erbguts der Tumorzellen nachgewiesen werden können, dass die Tumorzellen im autologen Stammzellentransplantat für die Entwicklung eines Rezidivs für die Entwicklung maßgeblich mit verantwortlich seien. Im konkreten Fall komme eine entsprechende Kodierung jedoch nicht in Betracht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. November 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise zum Beweis dafür, dass die bei dem Versicherten im Zeitraum vom 07. April bis 07. Mai 2004 durchgeführte autologe Stammzelltransplantation mit in-vitro-Aufbereitung der Stammzellen in den hier einschlägigen medizinischen Fachkreisen damals anerkannt und akzeptiert war, ein Sachverständigengutachten einzuholen, hilfsweise zum Beweis dafür, dass die beim Versicherten im Zeitraum vom 01. April bis 07. Mai 2004 durchgeführte autologe Stammzelltransplantation mit in-vitro-Aufbereitung der Stammzellen medizinisch notwendig war, ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Er hat zunächst seinen Vortrag aus dem Klageverfahren wiederholt, wonach die hier eingesetzte Methode über die in-vitro-Aufbereitung des Stammzellentransplantats von dem für die Methodenbewertung allein zuständigen GBA nicht durch eine Richtlinie ausgeschlossen worden sei. Dies sei für die Beklagte verbindlich. Vertiefend hat sie darauf verwiesen, dass das Urteil des BSG vom 28. Juli 2008 keinesfalls so interpretiert werden könne, dass in jedem einzelnen sozialgerichtlichen Abrechnungsstreit auf entsprechenden Einwand der Krankenkasse die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der jeweils angewandten Behandlungsmethode befinden müssten. Im Übrigen habe die im konkreten Behandlungsfall des Versicherten angewandte Methode der in-vitro-Aufbereitung des Stammzellentransplantats aber auch dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprochen. Hierzu hat der Kläger im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Klageverfahren wiederholt und vertieft. Die Richtigkeit dieser Methode ergebe sich bereits daraus, dass sie in dem maßgeblichen Fallpauschalenkatalog überhaupt enthalten sei. Überdies habe im Jahr 2004 die von ihm (dem Kläger) angewandte Behandlungsmethode in dem hier anzutreffenden ärztlichen Fachkreis ganz überwiegend Anerkennung gefunden. Er hat insoweit nach Aufforderung durch den Senat fünf Publikationen benannt, die seinen Standpunkt - zusätzlich zu den bereits benannten - stützten. Die Methode über die in-vitro-Aufbereitung des Stammzellentransplantats sei damals schon in den spezialisierten Zentren bei Rezidiv eines NHL eines Kindes oder wie hier eines Heranwachsenden, bei dem die Ersterkrankung bereits im Kindes- oder Jugendalter aufgetreten sei, unter Anerkennung der einschlägigen Fachkreise angewandt worden. Es sei auch nicht richtig, dass die in-vitro-Aufbereitung von Stammzellen bei Erkrankungen im Erwachsenenalter nie vorgenommen werde. Er (der Kläger) habe in diesem Zusammenhang mehrfach angeführt, dass für bestimmte Erkrankungen des Erwachsenenalters Vergleichsstudien zur Verfügung stünden, welche je nach Krankheitsbild zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen seien. Ergänzend hat er darauf hingewiesen, dass für die Behandlung des beim Versicherten aufgetretenen Rezidivs der Grunderkrankung keine eigenständige Studie existiert habe. Insoweit sei lediglich eine Therapieempfehlung im Rahmen des NHL 95-Protokolls anzutreffen gewesen, welche eine autologe Transplantation vorgesehen habe. Genau nach dieser Empfehlung und in enger Abstimmung mit der NHL-Studienzentrale sei die Behandlung des Versicherten erfolgt. Ein pädiatrischen Rezidivprotokoll einer klinischen Studie sei zum Zeitpunkt der Behandlung nicht einschlägig gewesen, so dass ein formaler Einschluss der Rezidivtherapie in eine Studie tatsächlich nicht habe erfolgen können. Es sei auch unstreitig, dass in dem Studienprotokoll zur Primärerkrankung, welches hier ohnehin nicht unmittelbar einschlägig gewesen sei, keine Aussage zur in-vitro-Aufbereitung der Zellen zu entnehmen sei. Vielmehr bleibe es maßgeblich bei dem Vortrag, dass die Therapie in Abstimmung mit der Studienzentrale des NHL-BFM-Protokolls erfolgt sei und zum Zeitpunkt der Behandlung keine Erkenntnisse darüber vorgelegen hätten und auch nicht hätten vorliegen können, wonach angeblich keine Tumorzellen im Blut oder Knochenmark des Versicherten vorhanden gewesen seien. Unabhängig von der Frage, welche Auffassung man bei Auslegung des § 137c SGB V folge, sei es jedenfalls nicht überzeugend, wenn Krankenkassen bei einem komplexen Therapiegeschehen zur Behandlung schwerster onkologischer Krankheitsbilder einwendeten, ein untergeordneter Teil der Therapie sei nicht notwendig gewesen, um so die Abrechnung eines pauschalierten Entgelts insgesamt in Frage zu stellen. Hätte ein derartiges Vorgehen Erfolg, würde der vom Gesetzgeber gewählte Ansatz, dass gerade die Zentren der Hochleistungsmedizin bei Versorgung der Patienten dem medizinischen Fortschritt Rechnung tragen müssten sowie medizinische Innovationen voranzutreiben hätten, erheblich in Frage gestellt. Im Übrigen aber werde mittlerweile auch durch die instanzgerichtliche Rechtsprechung am Prinzip der Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt festgehalten, wie sich anhand eines völlig zutreffenden Urteils des Sozialgerichts Bremen vom 05. Juli 2011 (S 4 KR 15/06, in juris) ergebe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene (§§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat zu Unrecht die beklagte Krankenkasse zur Bezahlung von EUR 7.055,12 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10. November 2004 verurteilt. Die Beklagte durfte einen Betrag von EUR 7.055,12 mit anderen unstreitigen Forderungen des Klägers (analog §§ 387 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) aufrechnen. Sie hatte nämlich einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Erstattung eines Geldbetrags in dieser Höhe. Der Kläger konnte für die Krankenhausbehandlung des Versicherten in der Zeit vom 07. April bis 07. Mai 2004 nicht die Fallpauschale DRG A15b, sondern lediglich die Fallpauschale DRG A15c abrechnen, denn die Durchführung der CD34+-Anreicherung als in-vitro-Aufreinigung entsprach nicht den Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsanforderungen des SGB V.

1. Der Kläger hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG die richtige Klageart gewählt. Ein Verwaltungsakt konnte nicht ergehen, weil der Kläger und die Beklagte sich gleichgeordnet gegenüberstehen. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urteil vom 18. September 2008 - B 3 KR 15/07 R - SozR 4-2500 § 109 Nr. 11). Der Kläger hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert.

2. Die Beklagte hat jedoch eine öffentlich-rechtliche Erstattungsforderung in Höhe von EUR 7.055,12, mit der sie gegenüber einer unstreitigen Forderung des Klägers analog §§ 387 ff. BGB aufrechnen konnte, da der Kläger für die stationäre Behandlung vom 07. April bis 07. Mai 2004 statt der geforderten EUR 33.966,75 lediglich die von der Beklagten gezahlten EUR 26.913,63 verlangen konnte.

a) Rechtsgrundlage des geltend gemachten restlichen Vergütungsanspruchs des Klägers ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), hier anzuwenden i.d.F. durch Art. 2 Nr. 5 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 17. Juli 2003, BGBl I, S. 1461, und der Anlage 1 Teil a der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2004 vom 13. Oktober 2003 (Fallpauschalenverordnung 2004 - KFPV 2004) sowie dem am 01. Januar 2002 in Kraft getretenen und bis 31. Dezember 2005 wirksamen Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Baden-Württemberg. Die hier einschlägige Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2004 beruht auf den Regelungen des Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze - Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) - und des KHEntG und nicht auf der BPflV, weil das von dem Kläger betriebene Krankenhaus schon im Jahr 2004 in das Fallpauschalen-Vergütungssystem einbezogen war (§ 1 Abs. 1 BPflV).

Gemäß § 7 Satz 1 KHEntG in der im Jahre 2004 geltenden Fassung werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen, in den Nrn. 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen (sog. diagnosis related groups - DRG) nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 KHEntG). Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (bis 30. Juni 2008: die Spitzenverbände der Krankenkassen) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam haben nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KHEntG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragspartner auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien (§ 11 KHEntG i.V.m. § 18 Abs. 2 KHG: Krankenhausträger und Sozialleistungsträger) einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesem zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge zu vereinbaren. Die Grundlage dieser Regelungen des KHEntG findet sich in § 17b KHG, auf den § 9 KHEntG auch mehrfach Bezug nimmt. Nach § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG ist für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen. Dieses hat nach § 17b Abs. 1 Satz 2 KHG Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach Satz 1 werden nach § 17b Abs. 1 Satz 3 KHG die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet.

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. hierzu z.B. Urteil des BSG vom 18. September 2008 a.a.O.) entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme einer Leistung durch den Versicherten. Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser i.S. des § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in den §§ 16, 17 KHG nach Maßgabe der BPflV in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträgern festgelegt wird (BSG, Urteile vom 17. Mai 2000 - B 3 KR 33/99 R - SozR 3-2500 § 112 Nr. 1 und 23. Juli 2002 - B 3 KR 64/01 R - SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art können auch nach Bezahlung der Rechnung nach Maßstab des Landesvertrages noch geltend gemacht werden. Dies folgt schon aus § 275c SGB V.

Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegen, wobei unter Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ein Krankheitszustand zu verstehen ist, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht (BSG, Urteile vom Urteile vom 17. Mai 2000, a.a.O. und 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R - SozR 4-2500 § 39 Nr. 2). Eine Krankenkasse ist nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. der jeweiligen Pflegesatzvereinbarung verpflichtet, die vereinbarten Entgelte zu zahlen, wenn eine Versorgung im Krankenhaus durchgeführt und i.S. von § 39 SGB V erforderlich (gewesen) ist. Konkret umfasst die Krankenhausbehandlung alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung eines Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung, § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V (vgl. dazu BSG, Urteil vom 10. April 2008 - B 3 KR 19/05 R - SozR 4-2500 § 39 Nr. 12). Dabei müssen Qualität und Wirksamkeit der im Krankenhaus durchgeführten Maßnahmen den in § 2 Abs. 1 Satz 3, § 12 Abs. 1 und § 28 Abs. 1 SGB V festgelegten Qualitätskriterien, insbesondere dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Februar 2002 - B 1 KR 16/00 - SozR 3-2500 § 92 Nr. 12 und 19. Februar 2003 - B 1 KR 1/02 R - a.a.O.).

b) Von diesen Grundsätzen ausgehend hat der Kläger keinen Vergütungsanspruch auf der Grundlage der DRG A15b, sondern lediglich einen solchen nach DRG A15c erworben. Denn die von dem Kläger am Stammzellentransplantat durchgeführte CD34+-Aufreinigung, die eine in-vitro-Behandlung des Stammzellentransplantats darstellt, entsprach nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und war daher durch die Beklagte nicht zu vergüten. Dem steht - anders als durch das SG vertreten - die Regelung des § 137c SGB V nicht entgegen.

aa) § 137c SGB V enthält eine Regelung zur Sicherung des Qualitätsgebots des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V für Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus. In der hier maßgeblichen Fassung vom 14. November 2003 (BGBl. I, S. 2190, gültig vom 01. Januar 2004 bis zum 07. November 2006) lautete sie wie folgt:

"(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 überprüft auf Antrag eines Spitzenverbandes der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht, erlässt der Gemeinsame Bundesausschuss eine entsprechende Richtlinie.

(2) Wird eine Beanstandung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung nach § 94 Abs. 1 Satz 2 nicht innerhalb der von ihm gesetzten Frist behoben, kann das Bundesministerium die Richtlinie erlassen. Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt unberührt."

Durch die Möglichkeit der verbindlichen Festschreibung des Ausschlusses bestimmter Behandlungs- und Untersuchungsmethoden nach Prüfung durch ein Expertengremium (den GBA) soll im stationären Bereich eine dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende, wirtschaftliche und zweckmäßige Versorgung qualitativ sichergestellt werden (vgl. auch § 137b SGB V). Anders als im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung, wo nur diejenigen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse abgerechnet können, für die der GBA positiv eine Einhaltung der Qualitätsanforderungen des SGB V im Wege einer Richtlinie festgestellt hat (vgl. § 135 SGB V), ist im stationären Bereich kein solcher Anerkennungsvorbehalt formuliert. Während also der Gesetzgeber in der vertragsärztlichen Versorgung für die Abrechenbarkeit von Behandlungen und Untersuchungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen von einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgeht, ist in der Krankenhausversorgung die Qualitätssicherung im Sinne einer grundsätzlichen Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt vorgesehen. Diese unterschiedliche rechtstechnische Ausgestaltung von § 135 Abs. 1 und § 137c Abs. 1 SGB V bewirkt, dass neue Behandlungsmethoden in der Breite der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung erst nach "Freigabe" durch den GBA zur Verfügung stehen, während Innovationen im stationären Bereich so lange zulässigerweise zum Einsatz kommen können, bis dies durch ein negatives Votum des GBA ausgeschlossen wird. Dies soll gewährleisten, dass der medizinische Fortschritt in den Krankenhäusern nicht unterbunden wird (vgl. BT-Drucks 14/1245 S. 90 - zu § 137c; vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 06. Mai 2009 - B 6 A 1/08 R - a.a.O.).

Anders als durch den Kläger vertreten, entbindet dies jedoch das Krankenhaus nicht von einer Überprüfung und Einhaltung der Standards des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 12 Abs. 1 SGB V im Einzelfall. Seine in diesem Sinne lautende Rechtsauffassung hat das BSG mittlerweile ausdrücklich aufgegeben. Vielmehr sind auch bei Fehlen eines Negativvotums des GBA nur diejenigen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, zu erbringen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall zu überprüfen. Dazu im Einzelnen:

In seiner früheren Rechtsprechung war das BSG noch davon ausgegangen, dass die Überprüfung von Qualitätsstandards bezogen auf Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Bereich der stationären Versorgung nicht den Krankenkassen, sondern (jedenfalls primär) dem GBA obliege (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2003 - B 1 KR 1/02 R - a.a.O.). Das Fehlen eines Erlaubnisvorbehalts in § 137c SGB V habe zur Folge, dass im Krankenhaus grundsätzlich auch neuartige Verfahren keiner vorherigen Zulassung bedürften, sondern zu Lasten der Krankenversicherung angewendet werden könnten, solange der Ausschuss Krankenhaus sie nicht ausgeschlossen habe. Zur Begründung hat sich das BSG unter anderem darauf berufen, dass die Krankenkasse die Möglichkeit habe, über ihren Spitzenverband eine Überprüfung nach § 137c Abs. 1 SGB V zu beantragen (vgl. BSG, aaO). Von dieser Rechtsprechung ist das BSG jedoch zwischenzeitlich ausdrücklich abgerückt. In seinem Urteil vom 28. Juli 2008 (B 1 KR 5/08 R, a.a.O.) hat es ausgeführt, § 137c SGB V dürfe nicht im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus mit Verbotsvorbehalt ausgelegt werden. Die Regelung des § 137c SGB V setze die Geltung des Qualitätsgebots aus § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. § 137c SGB V bewirke lediglich, dass - anders als für den Bereich der vertragsärztlichen Leistungen - nicht in einem generalisierten, zentralisierten formellen Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit formalisiert überprüft werde, sondern die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus grundsätzlich präventiv durch das Krankenhaus selbst und retrospektiv lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post erfolge (vgl. BSG, a.a.O.). Hierin ist - entgegen der Auffassung des SG sowie des Klägers - nicht eine Abkehr von der früheren Auslegung des § 137c SGB V allein im Kontext mit Zulassungsentscheidungen (§§ 108 f. SGB V) zu sehen, sondern vielmehr ganz generell eine Abkehr von der bisherigen Interpretation des § 137c SGB V im Zusammenhang mit der Verwirklichung der in §§ 2 Abs. 1 Satz 3, 12 Abs. 1 SGB V statuierten generellen Standards. Zwar hat das BSG in dieser Entscheidung weiter ausgeführt, mit Blick auf das zuvor Ausgeführte sei umso wichtiger, bereits auf der Ebene der Zulassung als Vertragskrankenhaus darauf zu achten, dass das Krankenhaus nach seiner Konzeption den Anforderungen des Qualitätsgebots gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V genüge. Dieser Satz bezieht sich tatsächlich spezifisch auf den Sachverhalt der dortigen Entscheidung. Das BSG hat jedoch im Folgenden klargestellt, der erkennende Senat gebe seinen abweichenden früheren Standpunkt auf, dass die Prüfung, ob eine im Krankenhaus angewandte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode die vom Gesetz geforderten Qualitätsstandards erfüllt, ausschließlich dem GBA obliege (BSG, a.a.O.). Mit dieser Formulierung hat das BSG unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung zu § 137c SGB V ganz generell im Zusammenhang mit der Überprüfung der Einhaltung von Qualitätskriterien erfolgt ist, nicht dagegen zur Rechtsprechung hinsichtlich Zulassungsentscheidungen. Dies gilt umso mehr, als das BSG ausdrücklich darauf verwiesen hat, von seiner früheren Entscheidung vom 19. Februar 2003 (B 1 KR 1/02 R, a.a.O.) abzuweichen und die dort geäußerte Rechtsauffassung aufzugeben, in welcher es nicht um Kriterien für die Zulassung eines Krankenhauses nach §§ 108, 109 SGB V gegangen war, sondern vielmehr um die Frage, ob eine bestimmte stationäre Behandlung die Qualitätsanforderungen der §§ 2 Abs. 1 Satz 3, 12 Abs. 1 und 28 Abs. 1 SGB V erfüllte. Die frühere Entscheidung war also gerade keine solche auf ein Zulassungsverfahren zugeschnittene. Die Grundsätzlichkeit seiner Abkehr von der anderslautenden früheren Rechtsprechung wird im Übrigen auch durch die Entscheidung des BSG zur Behandlungsmethode der Kryokonservierung von Eierstockgewebe bestätigt (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2010 - B 1 KR 10/09 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 18). Dort hat das BSG nochmals ausdrücklich bestätigt, dass der Anspruch auf Krankenhausbehandlung zwar keine positive Empfehlung des GBA voraussetze, aber dennoch abgesehen von den (dort nicht einschlägigen) Fällen eines Negativvotums des GBA nach § 137c SGB V erfordere, dass die streitige Maßnahme nach Überprüfung im Einzelfall dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche (unter Verweis auf sein Urteil vom 28. Juli 2008, a.a.O. mit dem Hinweis der Aufgabe der im Urteil vom 19. Februar 2003 - B 1 KR 1/02 R - a.a.O. geäußerten Rechtsauffassung).

Der Senat schließt sich dieser neueren Rechtsprechung des BSG zur Einhaltung von Qualitätskriterien im Bereich stationärer Versorgung ausdrücklich an. Die gegenteilige Auffassung führte zu mit den Grundlagen des SGB V nicht vereinbaren Wertungswidersprüchen. Das Gebot von Qualität und Wirksamkeit von medizinischen Leistungen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V, § 12 Abs. 1 SGB V) zeigt auf, dass nicht ausreichend erprobte Verfahren oder Außenseitermethoden, die sich nicht bewährt haben, keine Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung sein können (vgl. BT-Drucks. 11/2237, S. 157). Diese Regelungen dienen dem Schutz der Versicherten genauso wie der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. Scholz, in: Becker/Kingreen, SGB V, 2. Auflage, § 2 Rn. 3). Es wäre mit ihnen unvereinbar, einen großen Teilbereich der medizinischen Versorgung (nämlich den gesamten stationären Sektor) jedenfalls solange jeglichen Qualitätskriterien zu entziehen, bis ein Negativvotum des GBA für eine bestimmte Behandlungsmethode vorläge. Dies kann schon deshalb nicht zutreffend sein, weil oft längere Zeit verstreichen wird, bis eine umfängliche Recherchen erfordernde Entscheidung des GBA zu einer Untersuchungs- und Behandlungsmethode ergehen kann. In der Zwischenzeit ist eine "Qualitätsgrauzone" nicht hinnehmbar (ebenso Hauck, Medizinischer Fortschritt im Dreieck IQWIG, GBA und Fachgesellschaften: Wann wird eine innovative Therapie zur notwendigen medizinischen Maßnahme?, NZS 2007, 461 ff). Das in diesem Zusammenhang angeführte Argument, in den Kliniken herrsche aufgrund der Arbeit in Teams eine hinreichende Selbstkontrolle (vgl. hierzu das BSG, Urteil vom 06. Mai 2009 - B 6 A 1/08 R - a.a.O:), mag zwar zutreffen, ändert jedoch nichts daran, dass durch § 137c SGB V keine Unterschreitung grundlegender Standards in der gesetzlichen Krankenversicherung bewirkt werden sollte, sondern das SGB V vielmehr - auch zur Vereinfachung der Arbeit in den Kliniken - eine standardisierte Überprüfung und Bewertung bestimmter regelmäßig verwandter Methoden in die Hand von Experten legen will.

Ist nach alledem § 137c SGB V richtigerweise zu verstehen als dezentralisiertes Prüfverfahren mit zentralisiertem Verbotsvorbehalt, so obliegt es dem Krankenhaus selbst im Rahmen gebotener Eigenkontrolle, aber dementsprechend auch den zuständigen Stellen bei der Vergütung einer Behandlung und der nachträglichen Kontrolle der Einhaltung der gebotenen Standards, zu prüfen, ob das Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und folglich auch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V eingehalten ist (vgl. ebenso Hauck, Rechtliche Schnittstellen im SGB V zwischen ambulanter und stationärer Arzneimittelversorgung, MedR 2010, 226 ff.). Auch wenn also noch kein Verbot einer konkreten Behandlungsmethode durch den GBA für den Krankenhausbereich ausgesprochen wurde, entbindet dies das Krankenhaus nicht von der Einhaltung des Qualitätsgebots des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V im konkreten Einzelfall. Entsprechend kann die Krankenkasse daher im Rahmen der Überprüfung der Abrechenbarkeit von Leistungen zu ihren Lasten - wie hier erfolgt - den Einwand der fehlenden Einhaltung der Qualitätsstandards erheben.

bb) Ausgehend davon hat der Kläger zwar unstreitig dem Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V insoweit entsprochen, als er eine Hochdosis-Chemotherapie mit autologer Stammzellentransplantation durchgeführt hat. Nicht den einzuhaltenden Maßstäben entsprach jedoch die Durchführung des hier streitigen in-vitro-Purging des Stammzellentransplantats im Wege der CD34+-Anreicherung. Diese Methode beruht zwar auf einem eigenen theoretischen Konzept und stellt daher eine eigene Behandlungsmethode dar (vgl. dazu BSG vom 17. Februar 2010 - B 1 KR 10/09 R - a.a.O.). Sie entsprach als solche jedoch schon zum Zeitpunkt ihrer Anwendung im Falle des Versicherten im Frühjahr 2004 nicht mehr den Qualitätsanforderungen des SGB V.

(1) § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V gibt vor, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Hierzu genügt es nicht, dass eine Behandlungsmethode bei einem Versicherten nach Ansicht seiner Ärzte positiv gewirkt haben soll (vgl. entsprechend das BSG auch zur Frage der Erfüllung von Qualitätskriterien einer bestimmten Arzneimitteltherapie BSG, Urteil vom 01. März 2011 - B 1 KR 7/10 R - SozR 4-2500 § 35 Nr. 5; Urteil vom 27. September 2005 - B 1 KR 6/04 R - SozR 4-2500 § 31 Nr 3 m.w.N. - Wobe-Mugos). Neue Verfahren, die nicht ausreichend erprobt sind, oder Außenseitermethoden, die zwar bekannt sind, aber sich nicht bewährt haben, lösen keine Leistungspflicht der Krankenkasse aus. Es ist nicht Aufgabe der Krankenkassen, die medizinische Forschung zu finanzieren (so ausdrücklich BT-Drucks. 11/2237, S. 157).

Die einzige Ausnahme bildete schon damals nach § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar.

Außerhalb klinischer Studien muss es jedoch zu Qualität und Wirksamkeit einer Behandlungsmethode grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen geben. Entsprechend der auch durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin ist dabei eine Sichtung und qualitative Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen vorzunehmen (vgl. dezidiert BSG, Urteile vom 01. März 2011 u.a. - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.; ebenso BSG, Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R - SozR 4-2500 § 139 Nr. 4). Erforderlich ist also, dass der Erfolg der Behandlungsmethode objektivierbar, also in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 1 RdNr 7 m.w.N.; vgl. dazu auch Wagner, in Krauskopf, Stand 2008, § 13 SGB V Rn. 19). Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. entsprechend zur Arzneimitteltherapie BSG, Urteile vom 01. März 2011, u.a - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.). Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr 64). Um der in § 137c SGB V grundsätzlich angelegten Innovationsmöglichkeit gerecht zu werden, schließt der Senat dabei nicht aus, dass auch Expertenmeinungen zur Beurteilung des wissenschaftlichen Standards herangezogen werden können. Diese sind jedoch nicht geeignet, eine Leistungspflicht der Krankenkasse auch dann zu begründen, wenn objektivierbare Erkenntnisse bereits in eine andere Richtung weisen. Expertenmeinungen sind daher stets im Zusammenhang mit den vorhandenen objektivierbaren wissenschaftlichen Aussagen im Sinne einer maßgeblichen Gesamtschau heranzuziehen.

Ebenso wenig wie es für die Beantwortung der Frage, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung überhaupt notwendig ist, auf die Einschätzung des Krankenhausarztes ankommt (so ausdrücklich der Große Senat des BSG, Beschluss vom 25. September 2007 - GS 1/06 - a.a.O.), gibt es auch für die Beurteilung der Qualität einer bestimmten Behandlungsmethode keinen Beurteilungsspielraum oder eine Einschätzungsprärogative im Sinne eines Entscheidungsfreiraums mit verminderter Kontrolldichte des Krankenhausarztes. Allerdings kann auch insoweit keine Betrachtung aus der späteren Sicht neuerer Erkenntnisse erfolgen. Vielmehr ist zu fragen, ob sich die konkrete Behandlungsmethode nach den damals dem Krankenhausarzt zur Verfügung stehenden Erkenntnissen als dem wissenschaftlichen Stand entsprechend dargestellt hat (vgl. entsprechend nochmals der Große Senat des BSG, a.a.O.). Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Maßstäbe dafür, was für einen Krankenhausarzt als allgemeiner Stand der medizinischen Erkenntnisse erkennbar war, möglicherweise geringer ausfallen können, soweit es sich etwa um einen in einem Allgemeinkrankenhaus mit wenig spezialisierten Kenntnissen zu behandelnden Notfall handelt. Dort jedoch wo - wie hier - hoch spezialisierte und überregional anerkannte Zentren der Hochleistungsmedizin über eine Behandlungsmaßnahme im Rahmen ihrer Spezialisierung zu entscheiden haben, kann eine umfassende Sichtung der allgemein verfügbaren Erkenntnisse verlangt und erwartet werden.

(2) Ausgehend davon entsprach im konkreten Fall die Durchführung eines in-vitro-Purging in Form von CD34+-Anreicherung im Fall des Versicherten nicht dem medizinischen Stand der Erkenntnisse. Die schon zum Zeitpunkt der Durchführung dieser Behandlungsmethode im Frühjahr 2004 greifbaren medizinischen Erkenntnisse sprachen deutlich gegen Qualität und Wirtschaftlichkeit dieser Methode im Falle des Versicherten. Der Senat stützt seine Überzeugung hiervon auf die durch die Beklagte vorgelegten Gutachten des Prof. Dr. H. vom KOC, die der Senat im Wege des Urkundsbeweises (vgl. BSG, Beschluss vom 12. April 2000 - B 9 V 57/99 B - in juris) verwertet. Anhand dieser Gutachten ergibt sich für den Senat schlüssig und überzeugend, dass schon im Jahr 2004 diverse Studien zur Behandlung eines NHL-Rezidivs im Erwachsenenalter veröffentlicht und allgemein zugänglich waren, denen zufolge die Annahme der Wirksamkeit der CD34+-Anreicherung bezogen auf diese Krebsart (NHL) als widerlegt gelten musste, dass aber gleichzeitig keinerlei Anhaltspunkte bestanden, allein aufgrund der Tatsache des Erstauftritts des Tumors beim Versicherten im Alter von 16 Jahren diese Erkenntnisse außer Acht zu lassen und überdies dass im Falle des Versicherten auch ganz konkret keine Anhaltspunkte für einen Tumorbefall des Stammzellentransplantats bestand, der gleichwohl Anlass zur Durchführung der Anreicherungsmethode hätte geben können. Diesen Einwänden hat der Kläger aus Sicht des Senats keine beachtenswerten Argumente entgegen zu setzen vermocht.

Insbesondere in seinem Viertgutachten vom 27. Februar 2009 setzt sich Prof. Dr. H. mit den schon im Jahr 2004 vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen zur CD34+-Anreicherung auseinander. Er führt auf, dass zu der Zeit bereits zwei klinische Studien zur Art der hier durchgeführten Behandlungsmethode veröffentlicht waren (namentlich die Studien Schouten u.a. und Stewart AK u.a.). Beide Studien waren solche der Evidenzklasse I, nämlich prospektiv randomisiert. Für beide Studien, in welchen im Falle einer NHL-Erkrankung bei Durchführung einer Hochdosischemotherapie und autologer Stammzellentransplantation das Transplantat vergleichend mit und ohne Zellpurging eingesetzt worden war, ergab sich einheitlich, dass im progressionsfreien Überleben für beide Gruppen (mit und ohne Purging) kein signifikanter Unterschied erzielt werden konnte. Der mediane Überlebensfall war sogar nahezu identisch. Im Fall der Studie Schouten zogen daher die Autoren das Fazit, dass es keinen Beweis für einen Nutzen des Purging gebe. Auch die Autoren der Studie Stewart stellten fest, dass - obwohl die CD34+-Anreicherung ein effektives Purging-Verfahren darstellt, also praktisch keine Tumorzellen im Stammzellgewebe mehr nachweisbar waren - dies weder zu einer Verbesserung im rückfallfreien Überleben noch im Gesamtüberleben führt. Schon aus diesen beiden Studienergebnissen, denen der Kläger gegenteilige Studien nicht entgegengehalten hat, leitet Prof. Dr. H. für den Senat überzeugend ab, dass sich schon 2004 keine begründbare Basis (mehr) für die Durchführung des Zellpurging bei NHL-Erkrankung im Erwachsenenalter herleiten ließ. In diesem Viertgutachten berücksichtigt Prof. Dr. H. jedoch auch Publikationen mit niedrigerer Evidenz. So verweist er ergänzend darauf, dass zudem die Europäische Fachgesellschaft für Blutstammzell- und Knochenmarkstransplantation (EBTM) eine große (bereits 1996 veröffentlichte) Registeranalyse (Evidenzklasse III) durchgeführt hatte, welche ebenfalls keinen Hinweis auf einen möglichen Nutzen von in-vitro-Purging bei autologer Stammzellentransplantation von Patienten mit NHL ergab. Auch hier war weder für das rezidivfreie noch das Gesamtüberleben ein Hinweis auf einen statistisch signifikanten Unterschied feststellbar.

Weiter setzt sich Prof. Dr. H. intensiv auch mit den von dem Kläger selbst zur Stützung seines medizinisch-wissenschaftlichen Standpunkts benannten Publikationen auseinander, namentlich den Veröffentlichungen von Gravena u.a. (1999) sowie von Alvarnas u.a. (2004). Er verweist darauf, dass die Publikation von Gravenas u.a. (eine solche mit retrospektivem Vergleich und daher der Evidenzstufe III) zu dem nur zurückhaltenden Ergebnis gelangt ist, dass sich zwar ein starker Hinweis auf die klinische Bedeutung der Transplantataufreinigung bei autologer Stammzellentransplantation bei Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie (ALL, einer Erkrankung, die nicht einmal den NH-Lymphomen zugeordnet wird, worauf Prof. Dr. H. ebenfalls überzeugend und unwidersprochen hinweist) ergebe, dies jedoch (lediglich) die Notwendigkeit der Durchführung prospektiver randomisierter Studien begründe. Die Publikation von Alvarnas, die nur den Rang einer Übersichtsarbeit hat, enthält für das Stammzell-Purging bei NHL-Patienten sogar das Fazit, dass der Einsatz des Purgings nicht gerechtfertigt sei. Es gebe keine global abgestimmte Empfehlungen über Transplantataufreinigung bei Patienten mit NHL-Erkrankung. Im Rahmen des Endfazits weisen die Autoren zudem darauf hin, dass es nicht genug Daten für den routinemäßigen Einsatz einer Transplantataufreinigung gebe, solange diese Methode nicht genau und angemessen in prospektiven klinischen Studien durchgeführt worden sei. Anhand dieser Ergebnisse folgt der Senat daher der Einschätzung des Prof. Dr. H., dass der Kläger aus den von ihm benannten Publikationen keine Rechtfertigung ihres Standpunktes herzuleiten vermag, sondern sich vielmehr umgekehrt ergibt, dass der Nutzen der durchgeführten Methode nach wie vor nicht gesichert und das Verfahren daher auf klinische Studien zu beschränken war.

Insgesamt ergab sich damit eine Datenlage, die jedenfalls für die behandelnden Krankenhausärzte des Klägers als medizinisches Hochleistungszentrum klar erkennen ließ, dass die Durchführung der CD34+-Anreicherung bei NHL-Erkrankung im Erwachsenenalter nicht (mehr) den international anerkannten Standards der evidenzbasierten Medizin entsprach. Dann aber vermag der Senat der Argumentation des Klägers nicht zu folgen, dass gleichwohl im konkreten Fall des Versicherten eine solche Behandlung durchzuführen war. Dabei hält der Senat - auch mit Blick auf den zwischenzeitlich erlassenen ersten Beschluss des GBA über die Vereinbarung zur Kinderonkologie (BAnz. Nr. 129, S. 4997, vom 13. Juli 2006; eine Vereinbarung, welche seither fortlaufend aktualisiert wird) - schon den Einwand der Prof. H. (insbesondere in seinem Sechsten Gutachten vom 14. Dezember 2010) für beachtlich, dass der Versicherte wohl gar nicht mehr kinderonkologisch zu behandeln war. Der Gutachter hat insoweit überzeugend darauf hingewiesen, dass der Versicherte bereits zum Zeitpunkt der Erstdiagnose nicht mehr weit vom Erwachsenenalter entfernt war. Zum Zeitpunkt des Auftretens des Rezidivs im Jahr 2004 hatte der Versicherte das Erwachsenenalter längst erreicht. Argumente dafür, weshalb der Versicherte gleichwohl noch als pädiatrischer Patient einzustufen war, hat insbesondere der behandelnde Arzt Prof. Dr. L. nicht benannt. Vor allem der Hinweis darauf, dass eine Stammzellreinigung bei pädiatrischen Patienten auch deshalb durchgeführt werde, weil dies eine Volumenreduktion des Stammzellentransplantats mit sich führe, die für die Transplantation in menschliche Körper mit geringem Gewicht erforderlich sei, verfängt im Falle des Versicherten nicht, weil der Versicherte mit etwa 70 kg schon ein normales Erwachsenengewicht aufwies. Jedenfalls aber konnte aus Sicht des Senats - selbst wenn man den Versicherten aufgrund seiner Ersterkrankung im jugendlichen Alter nach pädiatrischem Protokoll behandeln musste - in einem solchen Falle die eindeutig gegen eine Stammzellaufreinigung im Erwachsenenalter sprechende Datenlage nicht außer Acht gelassen werden. Denn - auch darin folgt der Senat den Ausführungen des Prof. Dr. H. - jedenfalls war die Fallkonstellation des Versicherten dann so nahe an derjenigen für Erwachsene, dass diese Datenlage nicht unter dem pauschalen Hinweis darauf außer Acht bleiben konnte, dass für Kinder keine Studien existierten und wohl auch nie durchgeführt werden würden. Folgte man dieser Argumentation, würden im Bereich der pädiatrischen Onkologie im Ergebnis jedenfalls die allermeisten Behandlungsmethoden jeglicher Qualitätsüberprüfung entzogen. Dies wäre zweifelsohne mit Sinn und Zweck der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht vereinbar. Das BSG hat in seiner Rechtsprechung betont, dass auch im Rahmen der Behandlung seltener Erkrankungen dem Qualitätsstandard so weit wie möglich zu entsprechen ist (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 27/02 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 1 - Visodyne). Zwar könne nicht das Vorliegen positiver Forschungsergebnisse verlangt werden. Um dennoch eine Mindestqualität zu gewährleisten, müssten die im Zeitpunkt der Behandlung verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse aber die Annahme rechtfertigen, dass der voraussichtliche Nutzen der Maßnahme die möglichen Risiken überwiegen wird. Unabhängig davon also, ob im Falle der Erkrankung an einem NHL im Kindesalter vom Vorliegen einer, nicht erforschbaren seltenen Erkrankung auszugehen ist (nach den von Prof. Dr. H. zitierten Angaben des Kinderkrebsregisters erkranken jährlich immerhin 120 Kinder an einem NHL; zudem wurde durch Prof. Dr. Reiter eine Studie zur pädiatrischen Krebsbehandlung durchgeführt), konnten daher nicht jegliche medizinischen Erkenntnisse, die jedenfalls im näheren Zusammenhang mit einer solchen Erkrankung standen, außer Acht lassen. Die von dem behandelnden Arzt Prof. Dr. L. genannten positiven Erfahrungen, die mit einem in-vitro-Purging bei Patienten im Kindesalter durchgeführt wurden, benennt dieser selbst nur für Patienten mit Neuroblastom. Statistische Vergleichsdaten werden überdies nur im Hinblick auf die Frage benannt, ob sich aus dem Transplantat von aufgereinigtem Zellmaterial verlängerte Regenerationszeiten ergeben oder nicht. Im Übrigen wurden offenbar keine eine Veröffentlichung rechtfertigenden Vergleichsdaten erzeugt. Insgesamt durfte daher jedenfalls im Falle des Versicherten, der bei Erstauftritt der Erkrankung fast, bei Auftreten des Rezidivs jedoch längst im Erwachsenenalter war, die medizinischen Standards für Erwachsene nicht übergangen werden. Der Senat hält auch insoweit die Ausführungen des Prof. Dr. H. in seinem Sechsten Gutachten für überzeugend. Er sieht sich überdies darin bestätigt, dass selbst die - nach Auskunft des Klägers insoweit den damaligen Behandlungsstandard maßgeblich widerspiegelnde - Studie des Prof. Dr. Reiter für den Fall eines Rezidivs nicht die Durchführung einer Stammzellanreicherung mit CD34+ vorsah.

Entsprach damit die Durchführung einer autologen Stammzellentransplantation nach in-vitro-Purging bei Auftreten eines Rezidivs einer NHL-Erkrankung im Erwachsenenalter bei Erstauftritt der Krankheit im Alter von 16 Jahren nicht dem im Jahr 2004 allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, so hätte es nach Auffassung des Senats besonderer Umstände des Einzelfalls bedurft, aufgrund derer gleichwohl die Durchführung dieser Behandlungsmethode als Kassenleistung erfolgen konnte. Dafür ergeben sich indes keinerlei Anhaltspunkte. Wie schon ausgeführt, vermochte der Versicherte als normalgewichtiger Erwachsener von dem verringerten Transplantatvolumen nicht zu profitieren. Überdies ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass in seinem Fall ein besonderes Risiko bei Einsetzung eines ungereinigten Transplantats bestand. Denn - wie der Kläger selbst einräumt - das Transplantat wurde im Falle des Versicherten darauf, ob es besonders auffällig mit Tumorzellen befallen war, gar nicht überprüft. Wie Prof. Dr. H. für den Senat schlüssig und nachvollziehbar herausgearbeitet hat, wäre eine solche Überprüfung aber sehr wohl möglich gewesen. Selbst wenn der Kläger selbst entsprechende Testverfahren nicht durchführen konnte (was der Senat nicht weiter überprüft hat), wäre es ihm jedenfalls möglich gewesen, hierfür vorhandene Labore einzuschalten. Ohne Weiteres durfte daher allein unter Hinweis darauf, dass ganz grundlegend Stammzellentransplantate Tumorzellen enthalten können und nachweislich auch schon Rezidive erzeugt haben, ein Zell-Purging nicht durchgeführt werden. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund der fehlenden Nachweisbarkeit einer Endpunkt bezogenen Relevanz von Tumorzellen im Transplantat (Überlebens-Verlängerung oder Rezidivfreiheit). Dies gilt aber auch - worauf Prof. Dr. H. ebenfalls hingewiesen hat - mit Blick darauf, dass ein Stammzell-Purging auch mit erheblichen Risiken verbunden sein kann.

Anderes lässt sich - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht daraus ableiten, dass für die Durchführung einer Hochdosis-Chemotherapie mit autologer Stammzellentransplantation nach in-vitro-Purging im DRG-Katalog auch des Jahres 2004 eine Fallpauschale enthalten war. Denn zum Einen war, worauf auch Prof. Dr. H. verwiesen hat, die Durchführung des Stammzell-Purgings bei anderen Krebsarten sehr wohl wissenschaftlich anerkannt. Zum anderen ist nicht ausgeschlossen, dass je nach Einzelfallkonstellation auch bei einer NHL-Erkrankung die Abrechnung der DRG-Pauschale DRG A15b zu Lasten der Krankenkasse erfolgen konnte, etwa wenn auch das Rezidiv bei einem pädiatrischen Patienten mit geringem Gewicht auftritt.

Insgesamt geht der Senat daher mit Prof. Dr. H. davon aus, dass im Falle des Versicherten die Durchführung der CD34+-Anreicherung nicht dem damals greifbaren anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprach.

Zur Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen hat sich der Senat angesichts der hohen Spezialisierung sowohl des KOC als auch des Klinikums des Klägers nicht veranlasst gesehen. Für den Senat ist nicht erkennbar, dass ein anderer Arzt oder eine andere Organisation über weitergehende Möglichkeiten als Prof. Dr. H. verfügt, vorhandene Studien auszuwerten. Derartiges hat der Kläger auch nicht behauptet. Der Senat hat insoweit insbesondere die den Gutachten entgegen gehaltenen Einwände des Prof. Dr. L. berücksichtigt, sieht durch diese jedoch die Ausführungen des Prof. Dr. H. in keiner Hinsicht als widerlegt oder jedenfalls erschüttert an.

(3) Auch die Tatsache, dass es sich bei der NHL-Erkrankung des Versicherten um eine lebensbedrohliche Erkrankung handelt, vermag eine andere Beurteilung nicht zu begründen. Insbesondere lässt sich anhand des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25) kein abweichender Maßstab, der eine Leistungspflicht der Krankenkasse auch außerhalb des medizinischen Erkenntnisstands zu begründen vermöchte, ableiten. Denn dies setzt stets voraus, dass für eine lebensbedrohliche Erkrankung keine wissenschaftlich anerkannten Therapieoptionen mehr vorhanden waren (vgl. BVerfG, a.a.O.). Das jedoch war vorliegend gerade nicht der Fall. Vielmehr hätte insoweit die Durchführung einer Hochdosis-Chemotherapie mit autologer Stammzellentransplantation ohne CD34+-Anreicherung, ggf. unter Durchführung eines in-vivo-Purgings mit Rituximab-Gabe (wie offensichtlich ohnehin im Falle des Versicherten noch zusätzlich erfolgt), dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen.

cc) Dementsprechend konnte der Kläger vorliegend diese Therapie, aber auch nur diese, gemäß der Fallpauschale DRG A15c, und folglich nur einen um EUR 7.055,12 niedrigeren als in Rechnung gestellten Betrag abrechnen. Denn der Sonderfall der Teilnahme an einer Studie nach § 137c Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz SGB V lag hier nach inzwischen eindeutigem Vortrag des Klägers nicht vor. Die Rezidivbehandlung des Versicherten erfolgte danach gerade nicht mehr als Bestandteil einer Studie, und zwar weder der NHL95-Studie des Prof. Dr. Reiter, an der der Versicherte als Erstbehandlung teilgenommen hatte, noch einer sonstigen Studie.

dd) Da die Beklagte auch innerhalb von sechs Wochen nach Rechnungsstellung durch den Kläger die Überprüfung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Maßnahme durch den MDK eingeleitet hat (vgl. § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V), konnte sie sich auch auf die fehlende Einhaltung der durch § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V vorgegebenen Qualitätsmaßstäbe und folglich auch des durch § 12 Abs. 1 SGB V vorgegebenen Wirtschaftlichkeitsgebots berufen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

4. Der Senat hat die Revision zugelassen, weil bislang eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage, ob und anhand welcher Maßstäbe im Einzelfall die Einhaltung des Qualitätsgebots des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V bei Durchführung einer bestimmten Behandlungsmethode im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung zu bestimmen ist, wenn für diese Behandlungsmethode eine Verbots-Richtlinie des GBA nach § 137c SGB V nicht vorliegt, bislang nicht ergangen ist.

5. Die endgültige Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 3 sowie § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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