Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 AL 129/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 3674/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 09. August 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X die Aufhebung des Bescheides vom 02. August 2010, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 17. Juli bis zum 15. August 2010 aufgehoben und die Erstattung des im Juli 2010 gezahlten Arbeitslosengeld verlangt hat.
Der 1979 geborene Kläger war vom 01. März 2007 bis zum 30. Juni 2010 als Lagerist bei der Firma F. AG aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages versicherungspflichtig beschäftigt. Er meldete sich am 04. März 2010 bei der Beklagten arbeitssuchend, am 06. Mai 2010 arbeitslos und beantragte am 08. Juli 2010 Arbeitslosengeld. In dem Antrag gab er an, dass der seit 30. Juni bis zum 02. Juli 2010 krankgeschrieben sei. Er bestätigte, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen zu haben.
Am 01. Juli 2010 hatte der Allgemeinarzt Dr. S. dem Kläger eine Erstbescheinigung bezüglich Arbeitsunfähigkeit ausgestellt und ihm seit 30. Juni 2010 voraussichtlich bis einschließlich 02. Juli 2010 Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Der Kläger war über den 02. Juli 2010 hinaus bis zum 15. August 2010 arbeitsunfähig und reichte bei der Beklagten von Dr. S. ausgestellte Folgebescheinigungen ein. Am 16. August 2010 nahm der Kläger eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf.
Die Beklagte bewilligte zunächst dem Kläger mit Bescheid vom 08. Juli 2010 ab 03. Juli 2010 Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungsbetrag von 36,56 EUR für 360 Tage. Mit Änderungsbescheiden vom 13. und 23. Juli 2010 verschob die Beklagte wegen der andauernden Arbeitsunfähigkeit den Beginn der Bewilligung auf den 17. Juli 2010.
Die Krankenkasse des Klägers, die S. BKK, lehnte mit Schreiben vom 09. August 2010 die Gewährung von Krankengeld aufgrund der Arbeitsunfähigkeit ab 30. Juni 2010 mit der Begründung ab, dass nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V aufgrund der am 01. Juli 2010 festgestellten Arbeitsunfähigkeit der Anspruch auf Krankengeld frühestens ab 02. Juli 2010 entstehe. Zu diesem Zeitpunkt bestehe keine den Krankengeldanspruch umfassende Mitgliedschaft, die nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V aufrechterhalten bleiben könnte. Über den Widerspruch des Klägers hat die S. BKK noch nicht entschieden. Der Kläger wurde über seine Ehefrau familienversichert.
Mit Bescheid vom 02. August 2010 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 17. Juli 2010 auf und forderte die Erstattung des für Juli 2010 ausgezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 548,40 EUR. Der Kläger habe ab dem 01. Juli 2010 Anspruch auf Krankengeld. Ab diesem Zeitraum ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld nach § 142 SGB III. Den dagegen eingelegten Widerspruch (Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 09. September 2010) verwarf die Beklagte als unzulässig (Widerspruchsbescheid vom 13. September 2010). Anschließend beantragte der Kläger eine Überprüfung des Bescheids vom 02. August 2010 (Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 13. September 2010), da die Krankenkasse dem Kläger Krankengeld verweigere. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12. Oktober 2010 den Überprüfungsantrag ab und hielt an ihrem Bescheid vom 02. August 2010 unverändert fest. Den Widerspruch des Klägers (Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 12. November 2010) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2010 als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger am 13. Januar 2011 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Er habe keinen Anspruch auf Krankengeld. Ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld sei nur dann anzuordnen, wenn andere Sozialleistungen tatsächlich zuerkannt worden seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09. August 2011 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom 02. August 2010 und auf Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 17. Juli bis zum 15. August 2010. Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid vom 02. August 2010 rechtwidrig sei, bestünden nicht. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Er habe nicht den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestanden, weil er aufgrund seiner Erkrankung eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes nicht habe ausüben können. Es habe auch kein Anspruch auf Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit gem. § 126 Abs. 1 SGB III bestanden. Dieser setze voraus, dass ein Arbeitsloser während des Bezugs von Arbeitslosengeld infolge Krankheit arbeitsunfähig erkranke. Der Kläger sei jedoch bereits vor Bezug des Arbeitslosengeldes arbeitsunfähig erkrankt, sodass § 126 Abs. 1 SGB III als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht komme. Die Beklagte sei deshalb gehalten gewesen, den Änderungsbescheid vom 23. Juli 2010 gem. § 45 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III aufzuheben und überzahltes Arbeitslosengeld in Höhe von 558,40 EUR zurückzufordern (§ 50 SGB X). Der Bescheid sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, da der Kläger während der gesamten Zeit arbeitsunfähig gewesen sei und somit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden habe. Der Kläger habe gewusst oder grob fahrlässig nicht gewusst, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen sei. Er habe mit seiner Unterschrift bestätigt, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten zu haben. Darin werde ausgeführt, dass Voraussetzung für die Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit sei, dass die Arbeitsunfähigkeit während des rechtmäßigen Leistungsbezug eingetreten sei. Der Kläger habe auch die Bescheide der Beklagten vom 08., 13. und 23. Juli 2010 akzeptiert, in denen der Leistungsbeginn aufgrund der Arbeitsunfähigkeit verschoben worden sei. Nicht maßgeblich sei, ob der Kläger in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit Krankengeld bezogen habe. Bei dem Kläger sei der Fall eingetreten, dass aufgrund der Beendigung der Mitgliedschaft in der Krankenversicherung ein Anspruch auf Krankengeld nicht bestehe. Aufgrund der fehlenden Verfügbarkeit sei auch kein Anspruch auf Arbeitslosengeld gegeben. Es handele sich hierbei nicht um eine planwidrige Lücke.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 18. August 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. August 2011 eingelegte Berufung des Klägers. Dem Kläger sei Arbeitslosengeld zu bewilligen und in analoger Anwendung des § 126 Abs. 1 SGB III in Form der Leistungsfortzahlung auszuzahlen. Vorliegend bestehe eine planwidrige Regelungslücke für Fälle, in denen der Versicherte am letzten Tag der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung arbeitsunfähig erkranke. In diesen Fällen entstehe der Krankengeldanspruch gem. § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V mit dem Tag, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folge. Ob Versicherte Krankengeld beanspruchen könnten, bestimme sich nach der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf Urteil vom 26. Juli 2007 - B 1 KR 37/06 R -) nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für Krankengeld vorliege. Ab dem 01. Juli 2010 bestehe eine Mitgliedschaft des Klägers bei seiner Krankenkasse im Rahmen einer Familienversicherung, die keinen Anspruch auf Krankengeld umfasse. Andererseits werde dem Kläger kein Arbeitslosengeld bewilligt, da er aufgrund seiner Erkrankung nicht den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestanden habe. Subtrahiere oder addiere man in der zeitlichen Abfolge des vorliegenden Sachverhalts nur einen Tag, hätte der Kläger nach dem Wortlaut der §§ 44, 46 SGB V (bei Subtraktion) oder der §§ 117 ff. SGB III (bei Addition) einen Anspruch auf Krankengeld oder Arbeitslosengeld, welcher der Höhe nach jeweils gleich wäre. Diese Fallgestaltung, dass ein Arbeitnehmer am letzten Tag seiner Beschäftigung erkranke, habe der Gesetzgeber offensichtlich nicht bedacht. Mit dem Rechtsempfinden eines billig denkenden Menschen sei das vom SG gefundene Ergebnis nicht zu vereinbaren. Es bestehe eine Sicherungslücke zwischen der Arbeitslosen- und der Krankenversicherung. Insoweit sei auch zu prüfen, inwiefern dem Kläger Krankengeld zustehe, welches der Höhe nach dem Anspruch auf Arbeitslosengeld entspreche. § 44 SGB V verstoße insofern gegen Art. 6 Grundgesetz, als Familienversicherte keinen Anspruch auf Krankengeld haben.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 09. August 2011 aufzuheben, 2. unter Aufhebung des Bescheids vom 12. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbe- scheids vom 13. Dezember 2010 die Beklagte zu verpflichten, ihren Bescheid vom 02. August 2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des Urteils des SG. Aufgrund des klaren Wortlauts des § 126 Abs. 1 SGB III scheide die Regelung als Anspruchsgrundlage im vorliegenden Fall aus, da der Kläger bereits vor Bezug des Arbeitslosengeldes arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setze die Anwendbarkeit der Regelung über die Leistungsfortzahlung bei Krankheit nach § 126 SGB III voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit während des Bezugs von Arbeitslosengeld eintrete (unter Hinweis auf BSG, Urteile vom 07. Februar 2002 - B 7 AL 28/01 -; vom 20. Februar 2002 - B 11 AL 59/01 -). Die Voraussetzung des Bezugs von Arbeitslosengeld sei nur erfüllt, wenn ein realisierbarer Anspruch auf Zahlung für die Zeit vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bestehe. Selbst in den Fällen, in denen die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld vorliegen, aber der Anspruch wegen eines Ruhenstatbestandes nicht realisiert werden könne, sei die planwidrige Gesetzeslücke nicht in der Arbeitslosenversicherung zu schließen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beiden Instanzen und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGB) und zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,- EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
Die Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Rücknahme des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 02. August 2010 zu (2.). Auch scheidet ein Anspruch des Klägers auf Krankengeld gegen seine Krankenkasse aus, so dass deren Beiladung unterbleiben konnte (3.).
1. Gegenstand des Rechtsstreits bildet das Begehren des Klägers auf Überprüfung des bestandskräftigen Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 02. August 2010 nach § 44 SGB X, das er statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 SGG; vgl. bspw. Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl. 2009, Rdnr. 100; Steinwedel in KassKomm, § 44 SGB X Rdnr. 29) verfolgt. Dagegen ist die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01. bis zum 16. Juli 2010 bzw. die Überprüfung der entsprechenden bestandskräftigen Entscheidungen der Beklagten (Bescheid vom 08. Juli 2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 13. Juli 2010 und 23. Juli 2010) nach dem ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2012 vor dem Senat gestellten Antrag des Klägers nicht streitgegenständlich.
2. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X bestimmt, dass ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X ist im übrigen ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Der zu überprüfende Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 02. August 2010 war anfänglich, d. h. nach der im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe gegebenen Sach- und Rechtslage nicht rechtswidrig im Sinne des § 44 SGB X.
Verfahrensrechtliche Grundlage der Rücknahme der Bewilligung ist im Hinblick auf den von Anfang an rechtswidrigen Bewilligungsbescheid, nämlich den bestandkräftigen Bescheid vom 08. Juli 2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 13. und 23. Juli 2010, mit dem die Beklagte dem Kläger ab 17. Juli 2010 Arbeitslosengeld bewilligt hatte, die Bestimmung des § 45 SGB X in der Modifikation durch § 330 Abs. 2 SGB III. Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit bestimmt sich hierbei nach den tatsächlichen und materiell-rechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des begünstigenden Verwaltungsaktes (vgl. BSG SozR 3-1500 § 54 Nr. 18). Nach § 45 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III ist ein begünstigender Verwaltungsakt unter Beachtung der Einschränkungen der Absätze 2 und 4 von § 45 SGB X ganz oder teilweise zurückzunehmen. Auf Vertrauensschutz (§ 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X) kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit (1.) er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, (2.) der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder (3.) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bösglaubigkeit ist der Erlass des zurückzunehmenden begünstigenden Bescheids (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 24 und 39).
Die vorgenannten Voraussetzungen für die Rücknahme der Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 17. Juli 2010 liegen vor. Die Bewilligungsentscheidung war rechtswidrig, weil der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 15. August 2010 nicht arbeitslos war. Gemäß § 119 Abs. 1 SGB III ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der (1.) nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), (2.) sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und (3.) den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer (1.) eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, (2.) Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, (3.) bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nr. 1 anzunehmen und auszuüben und (4.) bereit ist, an den Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen (§ 119 Abs. 5 SGB III). Der Kläger war unstreitig aufgrund seiner in der Zeit vom 30. Juni bis zum 15. August 2010 durchgehend bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben. Die fehlende Verfügbarkeit kann auch nicht gem. § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB III hergestellt werden. Wird ein Arbeitsloser während des Bezugs von Arbeitslosengeld infolge Krankheit arbeitsunfähig, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, oder wird er während des Bezugs von Arbeitslosengeld auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt, verliert er dadurch nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit oder stationären Behandlung bis zur Dauer von sechs Wochen (Leistungsfortzahlung). Durch diese Regelung soll in den ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit ein Wechsel des Versicherungsträgers zwischen Arbeitslosen- und Krankenversicherung vermieden und das Verwaltungsverfahren vereinfacht werden (vgl. nur Coseriu/Jakob in Beck`scher Online-Kommentar Sozialrecht, § 126 SGB III Rdnr. 2; Brand in Niesel/Brand, 5. Auflage 2010, § 126 Rdnr. 2; Lüdtke in LPK-SGB III, 1. Auflage 2008, § 126 Rdnr. 2). Die Anwendbarkeit der Regelung über die Leistungsfortzahlung bei Krankheit setzt entsprechend dieser Zielsetzung voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit während des Bezugs von Arbeitslosengeld eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 07. Februar 2002 - B 7 AL 28/01 R -; Urteil vom 20. Februar 2002 - B 11 AL 59/01 R -). Die Rechtsfolge des § 126 Abs. 1 SGB III ist mithin daran geknüpft, dass der Leistungsempfänger während des Bezugs von Arbeitslosengeld arbeitsunfähig erkrankt. Das Merkmal des Bezugs von Arbeitslosengeld ist von der Rechtsprechung des BSG mehrfach in der Weise konkretisiert worden, dass zumindest ein realisierbarer Anspruch auf Zahlung für die Zeit vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bestanden haben muss. Die Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall setzt voraus, dass im Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit Arbeitslosengeld zu zahlen ist und weiter zu zahlen wäre, wenn die Arbeitsunfähigkeit nicht eingetreten wäre (BSG, Urteil vom 20. Februar 2002 - B 11 AL 59/01 R -).
Vorliegend bestand für die Zeit unmittelbar vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 30. Juni 2010 kein Anspruch auf Arbeitslosengeld, denn der Kläger stand an diesem Tag noch in einem Beschäftigungsverhältnis und war damit nicht beschäftigungslos im Sinne des § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III. Nachdem der Kläger bereits vor Eintritt seiner Beschäftigungslosigkeit am 01. Juli 2010 arbeitsunfähig war, kommt eine "Leistungsfortzahlung" bei Arbeitsunfähigkeit nach § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB III durch die Beklagte nicht in Betracht. Die vom Kläger geltend gemachte Sicherungslücke kann nach der Rechtsprechung des BSG (bspw. Urteil vom 07. Februar 2002 - B 7 AL 28/01 R -) nur im System der gesetzlichen Krankenversicherung gelöst werden.
Demnach steht die Bewilligungsentscheidung der Beklagten nicht mit der materiellen Rechtslage in Einklang. Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da er die Rechtswidrigkeit der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 17. Juli 2010 infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Eine grobe Fahrlässigkeit ist nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 SGB X anzunehmen, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat. Grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit einer Leistungsbewilligung liegt vor, wenn der Begünstigte einfachste, ganz naheliegende Überlegung nicht angestellt und daher nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Dem Kläger hätte sich bei Erlass des Änderungsbescheides vom 23. Juli 2010 aufdrängen müssen, dass ihm aufgrund seiner seit 30. Juni 2010 durchgehend bestehenden Erkrankung kein Anspruch auf Arbeitslosengeld zusteht. Denn er hat in dem von ihm am 01. Juli 2010 unterschriebenen Antragsformular ausdrücklich bestätigt, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. In diesem wird klar und unmissverständlich darauf hingewiesen, dass eine Leistungsfortzahlung nicht möglich ist, wenn Arbeitsunfähigkeit vor dem Leistungsbeginn eingetreten ist, und ein Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen fehlender Verfügbarkeit ausgeschlossen ist. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 08. Juli 2010 den Anspruchsbeginn entsprechend dem Ende der vom Antragsteller in seinem Antrag angegebenen Arbeitsunfähigkeit auf den 03. Juli 2010 festgesetzt hat. Mit Änderungsbescheid vom 13. Juli 2010 hat die Beklagte den Anspruchsbeginn auf den 10. Juli 2010 verschoben, nachdem der Kläger über den 02. Juli 2010 hinaus arbeitsunfähig war. Aus diesen Bescheiden, die der Kläger nicht angefochten hat, konnte aus dem Zusammenhang mit seiner Arbeitsunfähigkeit er unschwer entnehmen, dass wegen der vor Eintritt seiner Beschäftigungslosigkeit bestehenden Arbeitsunfähigkeit kein Anspruch auf Arbeitslosengeld in Betracht kommt. Dieser jedem einleuchtenden Einsicht hat sich der Kläger verschlossen, die dahingehende Sorglosigkeit und Pflichtwidrigkeit des Klägers stellt eine Sorgfaltspflichtverletzung im besonders schweren Maße dar. Da § 330 Abs. 2 SGB III unter den Voraussetzungen dieser Bestimmung die Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsaktes zwingend vorschreibt, greifen Härtefallgesichtspunkte nicht ein.
Die in § 45 Abs. 3 und Abs. 4 SGB X genannten Fristen sind eingehalten. Nach § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB V kann ein rechtwidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 SGB X vorliegen. Die Bewilligung konnte daher im August 2010 zurückgenommen werden. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit muss innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen erfolgen, welche die Rücknahme eines rechtwidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X). An der Einhaltung der Jahresfrist bestehen keinerlei Zweifel.
Der Kläger ist daher nach § 50 Abs. 1 SGB X verpflichtet, das im Juli 2010 überzahlte Arbeitslosengeld zu erstatten. Der vom Kläger zur Überprüfung gestellte Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 02. August 2010 erweist sich nicht als rechtswidrig.
3. Die vom Kläger beantragte Beiladung seiner Krankenkasse gem. § 75 Abs. 2, 2. Alternative SGG konnte unterbleiben. Ein Fall der notwendigen Beiladung liegt nicht vor. Notwendig ist die Beiladung, wenn bei Ablehnung der vom Beklagten begehrten Leistung die Leistungspflicht eines anderen Versicherungsträgers für eine vergleichbare, inhaltlich nicht notwendig deckungsgleiche Leistung als ernsthafte Möglichkeit in Betracht kommt (Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl. 2008, § 75 Rdnr. 12 m.w.N.). Eine Leistungspflicht der Krankenkasse des Klägers besteht nicht. Denn dem Kläger steht aufgrund der erstmals am 01. Juli 2010 durch Dr. Schweizer festgestellten Arbeitsunfähigkeit kein Anspruch auf Krankengeld zu. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn sie arbeitsunfähig erkrankt sind. Ob ein Versicherter Krankengeld beanspruchen kann, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für Krankengeld vorliegt (vgl. beispielsweise BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 37/06 R -). Dabei ist für den Umfang des Versicherungsschutzes gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V grundsätzlich auf den Tag abzustellen, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Für einen Anspruch auf Krankengeld des Klägers ist daher sein Versicherungsschutz am 02. Juli 2010 maßgeblich, nachdem Dr. Schweizer am 01. Juli 2010 seine Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat. Zu diesem Zeitpunkt war er über seine Ehefrau gem. § 10 SGB V familienversichert. Seine Mitgliedschaft aufgrund einer Versicherungspflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V endete mit dem Ablauf des 30. Juni 2010, an dem sein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt mit der Firma F. AG geendet hatte (§ 190 Abs. 2 SGB V). Ebenso wenig gehörte er am 02. Juli 2010 gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld zum Kreis der Versicherungspflichtigen. Auch ein Fortbestand der Mitgliedschaft aufgrund der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V kommt nicht in Betracht, da am 01. Juli 2010 - wie bereits ausgeführt - kein Anspruch auf Krankengeld bestand. Der Kläger war in der Zeit vom 01. Juli bis zum 15. August 2010 über seine Ehefrau gem. § 10 SGB V ohne Anspruch auf Krankengeld versichert (§ 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V). Auch kann der Kläger sich nicht auf die Vorschrift des § 19 Abs. 2 S. 1 SGB V berufen, wonach ein Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft als Versicherungspflichtiger besteht, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, da die Familienversicherung des Klägers gem. § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V Vorrang gegenüber diesem Leistungsanspruch hat. Dagegen hat der Senat auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 01. Januar 2004 in § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V ausdrücklich geregelt, dass eine Versicherung gem. § 10 SGB V Vorrang vor dem Leistungsanspruch gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V hat. Damit schließt eine bestehende Familienversicherung nachgehende Ansprüche (§ 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V) aus und zwar auch dann, wenn sich hierdurch ein geringerer Versicherungsschutz ergibt. Diese leistungsrechtlichen Auswirkungen hat der Gesetzgeber erkannt und in Kauf genommen (vgl. BT-Drucksache 15/1525, S. 82). Die unterschiedliche Behandlung von Familienversicherten und anderen gesetzlich Krankenversicherten gem. § 19 Abs. 2 SGB V verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 noch gegen Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (vgl. im Einzelnen Hessisches LSG, Urteil vom 26. Oktober 2010 - L 1 KR 84/10 -). Zwar besteht für die Familienversicherten kein dem Krankengeldanspruch vergleichbarer Anspruch. Die gem. § 10 SGB V Familienversicherten sind jedoch - ohne eine § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB vergleichbare zeitliche Begrenzung auf einen Monat - beitragsfrei krankenversichert. Sie sind damit in einem besonderen Maße krankenversicherungsrechtlich abgesichert und gegenüber anderen Personen beitragsrechtlich privilegiert. Mit der beitragsfreien Familienversicherung hat der Gesetzgeber eine deutliche finanzielle Entlastung von Ehen und Familien mit nicht krankenversicherungspflichtigen Mitgliedern und damit im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit eine besondere Förderung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz geschaffen.
Schließlich kann offen bleiben, ob die vom Kläger geltend gemachte Sicherungslücke im Rahmen des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung durch Gewährung eines Anspruchs auf Krankengeld aufgrund der am 30. Juni 2010 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit zu schließen wäre, da der Kläger seine Arbeitsunfähigkeit nicht während seines bis zum 30. Juni 2010 bestehenden Beschäftigungsverhältnisses hat feststellen lassen, sondern erst nach dessen Beendigung. Der Kläger ist mithin seiner versicherungsrechtlichen Obliegenheit, seine Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 08. November 2005 - B 1 KR 30/04 R -), nicht bereits zu Beginn seiner Arbeitsunfähigkeit am 30. Juni 2010 (Mittwoch) nachgekommen. Der nach der Regelung des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V für den versicherungsrechtlichen Status des Klägers maßgebliche Zeitpunkt (02. Juni 2010) beruht mithin allein auf der von ihm zu verantwortenden ärztlichen Feststellung am 01. Juli 2010 nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses. Deshalb konnte sich die vom Kläger geltend gemachte Sicherungslücke aufgrund der Regelungen des § 126 SGB III einerseits und des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V andererseits im vorliegenden Fall gerade nicht auswirken.
Der Senat hat auch keine Veranlassung gesehen, im Rahmen seines Ermessens die Krankenkasse des Klägers nach § 75 Abs. 1 SGG beizuladen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X die Aufhebung des Bescheides vom 02. August 2010, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 17. Juli bis zum 15. August 2010 aufgehoben und die Erstattung des im Juli 2010 gezahlten Arbeitslosengeld verlangt hat.
Der 1979 geborene Kläger war vom 01. März 2007 bis zum 30. Juni 2010 als Lagerist bei der Firma F. AG aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages versicherungspflichtig beschäftigt. Er meldete sich am 04. März 2010 bei der Beklagten arbeitssuchend, am 06. Mai 2010 arbeitslos und beantragte am 08. Juli 2010 Arbeitslosengeld. In dem Antrag gab er an, dass der seit 30. Juni bis zum 02. Juli 2010 krankgeschrieben sei. Er bestätigte, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen zu haben.
Am 01. Juli 2010 hatte der Allgemeinarzt Dr. S. dem Kläger eine Erstbescheinigung bezüglich Arbeitsunfähigkeit ausgestellt und ihm seit 30. Juni 2010 voraussichtlich bis einschließlich 02. Juli 2010 Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Der Kläger war über den 02. Juli 2010 hinaus bis zum 15. August 2010 arbeitsunfähig und reichte bei der Beklagten von Dr. S. ausgestellte Folgebescheinigungen ein. Am 16. August 2010 nahm der Kläger eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf.
Die Beklagte bewilligte zunächst dem Kläger mit Bescheid vom 08. Juli 2010 ab 03. Juli 2010 Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungsbetrag von 36,56 EUR für 360 Tage. Mit Änderungsbescheiden vom 13. und 23. Juli 2010 verschob die Beklagte wegen der andauernden Arbeitsunfähigkeit den Beginn der Bewilligung auf den 17. Juli 2010.
Die Krankenkasse des Klägers, die S. BKK, lehnte mit Schreiben vom 09. August 2010 die Gewährung von Krankengeld aufgrund der Arbeitsunfähigkeit ab 30. Juni 2010 mit der Begründung ab, dass nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V aufgrund der am 01. Juli 2010 festgestellten Arbeitsunfähigkeit der Anspruch auf Krankengeld frühestens ab 02. Juli 2010 entstehe. Zu diesem Zeitpunkt bestehe keine den Krankengeldanspruch umfassende Mitgliedschaft, die nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V aufrechterhalten bleiben könnte. Über den Widerspruch des Klägers hat die S. BKK noch nicht entschieden. Der Kläger wurde über seine Ehefrau familienversichert.
Mit Bescheid vom 02. August 2010 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 17. Juli 2010 auf und forderte die Erstattung des für Juli 2010 ausgezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 548,40 EUR. Der Kläger habe ab dem 01. Juli 2010 Anspruch auf Krankengeld. Ab diesem Zeitraum ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld nach § 142 SGB III. Den dagegen eingelegten Widerspruch (Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 09. September 2010) verwarf die Beklagte als unzulässig (Widerspruchsbescheid vom 13. September 2010). Anschließend beantragte der Kläger eine Überprüfung des Bescheids vom 02. August 2010 (Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 13. September 2010), da die Krankenkasse dem Kläger Krankengeld verweigere. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12. Oktober 2010 den Überprüfungsantrag ab und hielt an ihrem Bescheid vom 02. August 2010 unverändert fest. Den Widerspruch des Klägers (Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 12. November 2010) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2010 als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger am 13. Januar 2011 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Er habe keinen Anspruch auf Krankengeld. Ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld sei nur dann anzuordnen, wenn andere Sozialleistungen tatsächlich zuerkannt worden seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09. August 2011 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom 02. August 2010 und auf Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 17. Juli bis zum 15. August 2010. Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid vom 02. August 2010 rechtwidrig sei, bestünden nicht. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Er habe nicht den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestanden, weil er aufgrund seiner Erkrankung eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes nicht habe ausüben können. Es habe auch kein Anspruch auf Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit gem. § 126 Abs. 1 SGB III bestanden. Dieser setze voraus, dass ein Arbeitsloser während des Bezugs von Arbeitslosengeld infolge Krankheit arbeitsunfähig erkranke. Der Kläger sei jedoch bereits vor Bezug des Arbeitslosengeldes arbeitsunfähig erkrankt, sodass § 126 Abs. 1 SGB III als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht komme. Die Beklagte sei deshalb gehalten gewesen, den Änderungsbescheid vom 23. Juli 2010 gem. § 45 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III aufzuheben und überzahltes Arbeitslosengeld in Höhe von 558,40 EUR zurückzufordern (§ 50 SGB X). Der Bescheid sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, da der Kläger während der gesamten Zeit arbeitsunfähig gewesen sei und somit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden habe. Der Kläger habe gewusst oder grob fahrlässig nicht gewusst, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen sei. Er habe mit seiner Unterschrift bestätigt, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten zu haben. Darin werde ausgeführt, dass Voraussetzung für die Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit sei, dass die Arbeitsunfähigkeit während des rechtmäßigen Leistungsbezug eingetreten sei. Der Kläger habe auch die Bescheide der Beklagten vom 08., 13. und 23. Juli 2010 akzeptiert, in denen der Leistungsbeginn aufgrund der Arbeitsunfähigkeit verschoben worden sei. Nicht maßgeblich sei, ob der Kläger in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit Krankengeld bezogen habe. Bei dem Kläger sei der Fall eingetreten, dass aufgrund der Beendigung der Mitgliedschaft in der Krankenversicherung ein Anspruch auf Krankengeld nicht bestehe. Aufgrund der fehlenden Verfügbarkeit sei auch kein Anspruch auf Arbeitslosengeld gegeben. Es handele sich hierbei nicht um eine planwidrige Lücke.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 18. August 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. August 2011 eingelegte Berufung des Klägers. Dem Kläger sei Arbeitslosengeld zu bewilligen und in analoger Anwendung des § 126 Abs. 1 SGB III in Form der Leistungsfortzahlung auszuzahlen. Vorliegend bestehe eine planwidrige Regelungslücke für Fälle, in denen der Versicherte am letzten Tag der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung arbeitsunfähig erkranke. In diesen Fällen entstehe der Krankengeldanspruch gem. § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V mit dem Tag, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folge. Ob Versicherte Krankengeld beanspruchen könnten, bestimme sich nach der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf Urteil vom 26. Juli 2007 - B 1 KR 37/06 R -) nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für Krankengeld vorliege. Ab dem 01. Juli 2010 bestehe eine Mitgliedschaft des Klägers bei seiner Krankenkasse im Rahmen einer Familienversicherung, die keinen Anspruch auf Krankengeld umfasse. Andererseits werde dem Kläger kein Arbeitslosengeld bewilligt, da er aufgrund seiner Erkrankung nicht den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestanden habe. Subtrahiere oder addiere man in der zeitlichen Abfolge des vorliegenden Sachverhalts nur einen Tag, hätte der Kläger nach dem Wortlaut der §§ 44, 46 SGB V (bei Subtraktion) oder der §§ 117 ff. SGB III (bei Addition) einen Anspruch auf Krankengeld oder Arbeitslosengeld, welcher der Höhe nach jeweils gleich wäre. Diese Fallgestaltung, dass ein Arbeitnehmer am letzten Tag seiner Beschäftigung erkranke, habe der Gesetzgeber offensichtlich nicht bedacht. Mit dem Rechtsempfinden eines billig denkenden Menschen sei das vom SG gefundene Ergebnis nicht zu vereinbaren. Es bestehe eine Sicherungslücke zwischen der Arbeitslosen- und der Krankenversicherung. Insoweit sei auch zu prüfen, inwiefern dem Kläger Krankengeld zustehe, welches der Höhe nach dem Anspruch auf Arbeitslosengeld entspreche. § 44 SGB V verstoße insofern gegen Art. 6 Grundgesetz, als Familienversicherte keinen Anspruch auf Krankengeld haben.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 09. August 2011 aufzuheben, 2. unter Aufhebung des Bescheids vom 12. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbe- scheids vom 13. Dezember 2010 die Beklagte zu verpflichten, ihren Bescheid vom 02. August 2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des Urteils des SG. Aufgrund des klaren Wortlauts des § 126 Abs. 1 SGB III scheide die Regelung als Anspruchsgrundlage im vorliegenden Fall aus, da der Kläger bereits vor Bezug des Arbeitslosengeldes arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setze die Anwendbarkeit der Regelung über die Leistungsfortzahlung bei Krankheit nach § 126 SGB III voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit während des Bezugs von Arbeitslosengeld eintrete (unter Hinweis auf BSG, Urteile vom 07. Februar 2002 - B 7 AL 28/01 -; vom 20. Februar 2002 - B 11 AL 59/01 -). Die Voraussetzung des Bezugs von Arbeitslosengeld sei nur erfüllt, wenn ein realisierbarer Anspruch auf Zahlung für die Zeit vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bestehe. Selbst in den Fällen, in denen die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld vorliegen, aber der Anspruch wegen eines Ruhenstatbestandes nicht realisiert werden könne, sei die planwidrige Gesetzeslücke nicht in der Arbeitslosenversicherung zu schließen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beiden Instanzen und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGB) und zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,- EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
Die Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Rücknahme des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 02. August 2010 zu (2.). Auch scheidet ein Anspruch des Klägers auf Krankengeld gegen seine Krankenkasse aus, so dass deren Beiladung unterbleiben konnte (3.).
1. Gegenstand des Rechtsstreits bildet das Begehren des Klägers auf Überprüfung des bestandskräftigen Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 02. August 2010 nach § 44 SGB X, das er statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 SGG; vgl. bspw. Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl. 2009, Rdnr. 100; Steinwedel in KassKomm, § 44 SGB X Rdnr. 29) verfolgt. Dagegen ist die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01. bis zum 16. Juli 2010 bzw. die Überprüfung der entsprechenden bestandskräftigen Entscheidungen der Beklagten (Bescheid vom 08. Juli 2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 13. Juli 2010 und 23. Juli 2010) nach dem ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2012 vor dem Senat gestellten Antrag des Klägers nicht streitgegenständlich.
2. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X bestimmt, dass ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X ist im übrigen ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Der zu überprüfende Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 02. August 2010 war anfänglich, d. h. nach der im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe gegebenen Sach- und Rechtslage nicht rechtswidrig im Sinne des § 44 SGB X.
Verfahrensrechtliche Grundlage der Rücknahme der Bewilligung ist im Hinblick auf den von Anfang an rechtswidrigen Bewilligungsbescheid, nämlich den bestandkräftigen Bescheid vom 08. Juli 2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 13. und 23. Juli 2010, mit dem die Beklagte dem Kläger ab 17. Juli 2010 Arbeitslosengeld bewilligt hatte, die Bestimmung des § 45 SGB X in der Modifikation durch § 330 Abs. 2 SGB III. Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit bestimmt sich hierbei nach den tatsächlichen und materiell-rechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des begünstigenden Verwaltungsaktes (vgl. BSG SozR 3-1500 § 54 Nr. 18). Nach § 45 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III ist ein begünstigender Verwaltungsakt unter Beachtung der Einschränkungen der Absätze 2 und 4 von § 45 SGB X ganz oder teilweise zurückzunehmen. Auf Vertrauensschutz (§ 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X) kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit (1.) er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, (2.) der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder (3.) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bösglaubigkeit ist der Erlass des zurückzunehmenden begünstigenden Bescheids (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 24 und 39).
Die vorgenannten Voraussetzungen für die Rücknahme der Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 17. Juli 2010 liegen vor. Die Bewilligungsentscheidung war rechtswidrig, weil der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 15. August 2010 nicht arbeitslos war. Gemäß § 119 Abs. 1 SGB III ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der (1.) nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), (2.) sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und (3.) den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer (1.) eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, (2.) Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, (3.) bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nr. 1 anzunehmen und auszuüben und (4.) bereit ist, an den Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen (§ 119 Abs. 5 SGB III). Der Kläger war unstreitig aufgrund seiner in der Zeit vom 30. Juni bis zum 15. August 2010 durchgehend bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben. Die fehlende Verfügbarkeit kann auch nicht gem. § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB III hergestellt werden. Wird ein Arbeitsloser während des Bezugs von Arbeitslosengeld infolge Krankheit arbeitsunfähig, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, oder wird er während des Bezugs von Arbeitslosengeld auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt, verliert er dadurch nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit oder stationären Behandlung bis zur Dauer von sechs Wochen (Leistungsfortzahlung). Durch diese Regelung soll in den ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit ein Wechsel des Versicherungsträgers zwischen Arbeitslosen- und Krankenversicherung vermieden und das Verwaltungsverfahren vereinfacht werden (vgl. nur Coseriu/Jakob in Beck`scher Online-Kommentar Sozialrecht, § 126 SGB III Rdnr. 2; Brand in Niesel/Brand, 5. Auflage 2010, § 126 Rdnr. 2; Lüdtke in LPK-SGB III, 1. Auflage 2008, § 126 Rdnr. 2). Die Anwendbarkeit der Regelung über die Leistungsfortzahlung bei Krankheit setzt entsprechend dieser Zielsetzung voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit während des Bezugs von Arbeitslosengeld eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 07. Februar 2002 - B 7 AL 28/01 R -; Urteil vom 20. Februar 2002 - B 11 AL 59/01 R -). Die Rechtsfolge des § 126 Abs. 1 SGB III ist mithin daran geknüpft, dass der Leistungsempfänger während des Bezugs von Arbeitslosengeld arbeitsunfähig erkrankt. Das Merkmal des Bezugs von Arbeitslosengeld ist von der Rechtsprechung des BSG mehrfach in der Weise konkretisiert worden, dass zumindest ein realisierbarer Anspruch auf Zahlung für die Zeit vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bestanden haben muss. Die Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall setzt voraus, dass im Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit Arbeitslosengeld zu zahlen ist und weiter zu zahlen wäre, wenn die Arbeitsunfähigkeit nicht eingetreten wäre (BSG, Urteil vom 20. Februar 2002 - B 11 AL 59/01 R -).
Vorliegend bestand für die Zeit unmittelbar vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 30. Juni 2010 kein Anspruch auf Arbeitslosengeld, denn der Kläger stand an diesem Tag noch in einem Beschäftigungsverhältnis und war damit nicht beschäftigungslos im Sinne des § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III. Nachdem der Kläger bereits vor Eintritt seiner Beschäftigungslosigkeit am 01. Juli 2010 arbeitsunfähig war, kommt eine "Leistungsfortzahlung" bei Arbeitsunfähigkeit nach § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB III durch die Beklagte nicht in Betracht. Die vom Kläger geltend gemachte Sicherungslücke kann nach der Rechtsprechung des BSG (bspw. Urteil vom 07. Februar 2002 - B 7 AL 28/01 R -) nur im System der gesetzlichen Krankenversicherung gelöst werden.
Demnach steht die Bewilligungsentscheidung der Beklagten nicht mit der materiellen Rechtslage in Einklang. Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da er die Rechtswidrigkeit der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 17. Juli 2010 infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Eine grobe Fahrlässigkeit ist nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 SGB X anzunehmen, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat. Grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit einer Leistungsbewilligung liegt vor, wenn der Begünstigte einfachste, ganz naheliegende Überlegung nicht angestellt und daher nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Dem Kläger hätte sich bei Erlass des Änderungsbescheides vom 23. Juli 2010 aufdrängen müssen, dass ihm aufgrund seiner seit 30. Juni 2010 durchgehend bestehenden Erkrankung kein Anspruch auf Arbeitslosengeld zusteht. Denn er hat in dem von ihm am 01. Juli 2010 unterschriebenen Antragsformular ausdrücklich bestätigt, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. In diesem wird klar und unmissverständlich darauf hingewiesen, dass eine Leistungsfortzahlung nicht möglich ist, wenn Arbeitsunfähigkeit vor dem Leistungsbeginn eingetreten ist, und ein Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen fehlender Verfügbarkeit ausgeschlossen ist. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 08. Juli 2010 den Anspruchsbeginn entsprechend dem Ende der vom Antragsteller in seinem Antrag angegebenen Arbeitsunfähigkeit auf den 03. Juli 2010 festgesetzt hat. Mit Änderungsbescheid vom 13. Juli 2010 hat die Beklagte den Anspruchsbeginn auf den 10. Juli 2010 verschoben, nachdem der Kläger über den 02. Juli 2010 hinaus arbeitsunfähig war. Aus diesen Bescheiden, die der Kläger nicht angefochten hat, konnte aus dem Zusammenhang mit seiner Arbeitsunfähigkeit er unschwer entnehmen, dass wegen der vor Eintritt seiner Beschäftigungslosigkeit bestehenden Arbeitsunfähigkeit kein Anspruch auf Arbeitslosengeld in Betracht kommt. Dieser jedem einleuchtenden Einsicht hat sich der Kläger verschlossen, die dahingehende Sorglosigkeit und Pflichtwidrigkeit des Klägers stellt eine Sorgfaltspflichtverletzung im besonders schweren Maße dar. Da § 330 Abs. 2 SGB III unter den Voraussetzungen dieser Bestimmung die Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsaktes zwingend vorschreibt, greifen Härtefallgesichtspunkte nicht ein.
Die in § 45 Abs. 3 und Abs. 4 SGB X genannten Fristen sind eingehalten. Nach § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB V kann ein rechtwidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 SGB X vorliegen. Die Bewilligung konnte daher im August 2010 zurückgenommen werden. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit muss innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen erfolgen, welche die Rücknahme eines rechtwidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X). An der Einhaltung der Jahresfrist bestehen keinerlei Zweifel.
Der Kläger ist daher nach § 50 Abs. 1 SGB X verpflichtet, das im Juli 2010 überzahlte Arbeitslosengeld zu erstatten. Der vom Kläger zur Überprüfung gestellte Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 02. August 2010 erweist sich nicht als rechtswidrig.
3. Die vom Kläger beantragte Beiladung seiner Krankenkasse gem. § 75 Abs. 2, 2. Alternative SGG konnte unterbleiben. Ein Fall der notwendigen Beiladung liegt nicht vor. Notwendig ist die Beiladung, wenn bei Ablehnung der vom Beklagten begehrten Leistung die Leistungspflicht eines anderen Versicherungsträgers für eine vergleichbare, inhaltlich nicht notwendig deckungsgleiche Leistung als ernsthafte Möglichkeit in Betracht kommt (Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl. 2008, § 75 Rdnr. 12 m.w.N.). Eine Leistungspflicht der Krankenkasse des Klägers besteht nicht. Denn dem Kläger steht aufgrund der erstmals am 01. Juli 2010 durch Dr. Schweizer festgestellten Arbeitsunfähigkeit kein Anspruch auf Krankengeld zu. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn sie arbeitsunfähig erkrankt sind. Ob ein Versicherter Krankengeld beanspruchen kann, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für Krankengeld vorliegt (vgl. beispielsweise BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 37/06 R -). Dabei ist für den Umfang des Versicherungsschutzes gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V grundsätzlich auf den Tag abzustellen, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Für einen Anspruch auf Krankengeld des Klägers ist daher sein Versicherungsschutz am 02. Juli 2010 maßgeblich, nachdem Dr. Schweizer am 01. Juli 2010 seine Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat. Zu diesem Zeitpunkt war er über seine Ehefrau gem. § 10 SGB V familienversichert. Seine Mitgliedschaft aufgrund einer Versicherungspflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V endete mit dem Ablauf des 30. Juni 2010, an dem sein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt mit der Firma F. AG geendet hatte (§ 190 Abs. 2 SGB V). Ebenso wenig gehörte er am 02. Juli 2010 gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld zum Kreis der Versicherungspflichtigen. Auch ein Fortbestand der Mitgliedschaft aufgrund der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V kommt nicht in Betracht, da am 01. Juli 2010 - wie bereits ausgeführt - kein Anspruch auf Krankengeld bestand. Der Kläger war in der Zeit vom 01. Juli bis zum 15. August 2010 über seine Ehefrau gem. § 10 SGB V ohne Anspruch auf Krankengeld versichert (§ 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V). Auch kann der Kläger sich nicht auf die Vorschrift des § 19 Abs. 2 S. 1 SGB V berufen, wonach ein Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft als Versicherungspflichtiger besteht, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, da die Familienversicherung des Klägers gem. § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V Vorrang gegenüber diesem Leistungsanspruch hat. Dagegen hat der Senat auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 01. Januar 2004 in § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V ausdrücklich geregelt, dass eine Versicherung gem. § 10 SGB V Vorrang vor dem Leistungsanspruch gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V hat. Damit schließt eine bestehende Familienversicherung nachgehende Ansprüche (§ 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V) aus und zwar auch dann, wenn sich hierdurch ein geringerer Versicherungsschutz ergibt. Diese leistungsrechtlichen Auswirkungen hat der Gesetzgeber erkannt und in Kauf genommen (vgl. BT-Drucksache 15/1525, S. 82). Die unterschiedliche Behandlung von Familienversicherten und anderen gesetzlich Krankenversicherten gem. § 19 Abs. 2 SGB V verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 noch gegen Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (vgl. im Einzelnen Hessisches LSG, Urteil vom 26. Oktober 2010 - L 1 KR 84/10 -). Zwar besteht für die Familienversicherten kein dem Krankengeldanspruch vergleichbarer Anspruch. Die gem. § 10 SGB V Familienversicherten sind jedoch - ohne eine § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB vergleichbare zeitliche Begrenzung auf einen Monat - beitragsfrei krankenversichert. Sie sind damit in einem besonderen Maße krankenversicherungsrechtlich abgesichert und gegenüber anderen Personen beitragsrechtlich privilegiert. Mit der beitragsfreien Familienversicherung hat der Gesetzgeber eine deutliche finanzielle Entlastung von Ehen und Familien mit nicht krankenversicherungspflichtigen Mitgliedern und damit im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit eine besondere Förderung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz geschaffen.
Schließlich kann offen bleiben, ob die vom Kläger geltend gemachte Sicherungslücke im Rahmen des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung durch Gewährung eines Anspruchs auf Krankengeld aufgrund der am 30. Juni 2010 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit zu schließen wäre, da der Kläger seine Arbeitsunfähigkeit nicht während seines bis zum 30. Juni 2010 bestehenden Beschäftigungsverhältnisses hat feststellen lassen, sondern erst nach dessen Beendigung. Der Kläger ist mithin seiner versicherungsrechtlichen Obliegenheit, seine Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 08. November 2005 - B 1 KR 30/04 R -), nicht bereits zu Beginn seiner Arbeitsunfähigkeit am 30. Juni 2010 (Mittwoch) nachgekommen. Der nach der Regelung des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V für den versicherungsrechtlichen Status des Klägers maßgebliche Zeitpunkt (02. Juni 2010) beruht mithin allein auf der von ihm zu verantwortenden ärztlichen Feststellung am 01. Juli 2010 nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses. Deshalb konnte sich die vom Kläger geltend gemachte Sicherungslücke aufgrund der Regelungen des § 126 SGB III einerseits und des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V andererseits im vorliegenden Fall gerade nicht auswirken.
Der Senat hat auch keine Veranlassung gesehen, im Rahmen seines Ermessens die Krankenkasse des Klägers nach § 75 Abs. 1 SGG beizuladen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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