Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 5827/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3888/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 06.09.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin auf Grundlage ihres Rentenantrags vom 19.04.2006 bzw eines Rehabilitationsantrages vom 05.08.2005 gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.04.2006 bzw 01.08.2005 zusteht.
Die 1970 geborene Klägerin absolvierte von August 1986 bis August 1989 eine Ausbildung zur Fleischereifachverkäuferin. Anschließend war sie ua als Haushaltshilfe und als Arbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Von 2001 bis 2004 war die Klägerin als Fleischfachverkäuferin und seit 2004 als Verkäuferin in einer Bäckerei und Konditorei im Verkauf, im Café sowie in der Küche des Cafés versicherungspflichtig beschäftigt. Ab Februar 2005 war die Klägerin wegen psychischer Erkrankungen arbeitsunfähig geschrieben. Von 2007 bis 2009 arbeitete die Klägerin wieder als Fleischverkäuferin und seit Mai 2009 ist sie in einer Confiserie - zuletzt in Vollzeit - versicherungspflichtig beschäftigt. Die Klägerin hat drei Kinder.
Im August 2005 beantragte die Klägerin Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die die Beklagte ihr in der L.klinik - Zentrum für Verhaltensmedizin - in Bad D. in der Zeit vom 06.10.2005 bis zum 03.11.2005 gewährte. Der Entlassbericht vom 03.11.2005 teilt mit, die Klägerin leide an einer Posttraumatischen Belastungsstörung, Myocarditis (2000), Hypothyreose, Zervikobrachialgie und einem LWS-Syndrom. Als Verkäuferin sei die Klägerin nur unter drei Stunden leistungsfähig. Für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen, in Tagesschicht, Früh-/Spätschicht bzw in Nachtschicht sowie unter Beachtung von qualitativen Einschränkungen im Hinblick auf die geistige/psychische Belastbarkeit bei eingeschränktem Umstellungs- und Anpassungsvermögen sowie eingeschränkter Konfliktfähigkeit sei die Klägerin sechs Stunden und mehr leistungsfähig. Aus dem Entlassbericht ist des Weiteren zu entnehmen, dass die Klägerin als Verkäuferin und Bedienung sowie in der Küche des Cafés deutlich überlastet sei. Seit Februar 2005 sei sie deshalb krankgeschrieben. Weiterhin bestehe ein deutlicher Beziehungskonflikt mit dem Vorgesetzten, der auch retraumatisierende Aspekte bezüglich der Gewalterfahrungen, insbesondere in der ersten Ehe der Klägerin, beinhalte. Zu befürchten sei, dass die Klägerin bei Wiederaufnahme des alten Arbeitsverhältnisses sehr rasch mit Verstärkung ihrer Symptomatik reagieren werde, was zu erneuten, auch länger anhaltenden Arbeitsunfähigkeitszeiten führen könne. Aufgrund dessen werde die Klägerin als arbeitsunfähig für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit und den dortigen Arbeitsplatzkontext entlassen. Für den allgemeinen Arbeitsmarkt, bei allerdings eingeschränkter Konfliktfähigkeit und reduziertem Umstellungs- und Anpassungsvermögen, werde sie vollschichtig arbeitsfähig gehalten. Gerade vor dem Hintergrund eines aktuellen Angebotes der ehemaligen Arbeitsstelle (Metzgerei) werde es für ausgesprochen wichtig gehalten, die Klägerin zügig wieder ins Berufsleben zu integrieren.
Am 18.04.2006 beantragte die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung wurde auf die Ausführungen im Entlassbericht der Luisenklinik verweisen. Nachdem die Klägerin verschiedene medizinische Unterlagen vorgelegt hatte, holte die Beklagte bei der Ärztin für Nervenheilkunde, Sozialmedizin, Rehabilitationsmedizin, Dipl-Psych B. ein Gutachten ein. In ihrem Gutachten vom 13.12.2006 diagnostizierte Frau B. eine depressive Anpassungsstörung auf dem Boden einer vorbestehenden posttraumatischen Belastungsstörung; Verdacht auf kombinierte Persönlichkeitsstörung und Hypotonie. Bei mehrfachen kardiologischen Kontrollen hätten sich keine Hinweis mehr auf eine Störung der linksventrikulären Funktion nach Myocarditis 2000 ergeben. 2004 sei es nach einer ulzerierend nekrotisierenden Angina und hochfiebrigen Gastroenteritis zu einer prärenalen Niereninsuffizienz gekommen. Zusammenfassend kämen bei der Klägerin lediglich leichte bis allenfalls gelegentlich mittelschwere Arbeiten in Betracht. Tätigkeiten mit Nachtschicht, hohem Zeitdruck, Absturzgefahr und hohen Anforderungen an soziale und Konfliktlösekompetenzen seien zu vermeiden. Unter diesen Einschränkungen bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr. Die letzte ausgeübte Tätigkeit als Servicekraft/Küchenhilfe/Verkäuferin in einem Café entspreche nicht diesem Leistungsbild.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 19.12.2006 die begehrte Rente ab. Die Klägerin sei noch in der Lage, mindestens sechs Stunden je Arbeitstag unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Es liege weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Den dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin vom 11.01.2007, der nicht näher begründet worden war, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2007 zurück. Volle bzw teilweise Erwerbsminderung liege bei der Klägerin nicht vor.
Am 08.11.2007 hat die Klägerin beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Die Gutachterin habe die posttraumatische Belastungsstörung und die Myocarditis, die fast tödlich verlaufen sei, nicht korrekt erfasst. Es könne auch nicht zum richtigen Ergebnis führen, da die Gutachterin selbst für Fragen, die in ihr Fachgebiet fielen, offensichtlich überfordert sei. Allein der festgestellte niedrige Blutdruck sei pathologisch. Sie leide an einem Gesundheitszustand, der äußerst schwer zu fassen sei und eine spezialorientierte medizinische Untersuchung zur Folge haben müsse. Dabei reiche eine neurologisch-psychiatrische Untersuchung nicht aus, es müsse auch eine internistische Untersuchung stattfinden. Man brauche bei Durchsicht der zahlreichen medizinischen Unterlagen nicht Mediziner zu sein, um feststellen zu können, dass eine Leistungsminderung in jedem Falle gegeben sei; fraglich sei nur in welchem Umfang diese bestehe. Diese Leistungsminderung resultiere aus einer Untergewichtigkeit.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der die Klägerin behandelnden Ärzte Dr H., Dr L., Dr He., Dr Ba., des Herrn R. sowie von Frau Sch.-Re. als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 31 bis 76 sowie Blatt 82 bis 117 der SG-Akten Bezug genommen. Die Diplompsychologin und Psychoanalytikerin Sch.-Re. hat dem SG in ihrer Stellungnahme vom 13.02.2010 mitgeteilt, die Klägerin habe im November 2002 eine Psychotherapie begonnen, die im Mai 2005 wegen depressiver Verstimmung mit Selbstvorwürfen, Schlafstörungen, Alpträumen, Angstzuständen nach einem Autounfall im März 2005, Überlastung bei Konflikten am Arbeitsplatz mit einem cholerischen Chef und sich zuspitzenden ehelichen Konflikten (schwere Enttäuschungen und Kränkungen durch den zweiten Ehemann), wieder aufgenommen worden sei. Die Klägerin habe die Therapie auf eigenen Wunsch am 13.01.2009 beendet. Auskunft zur Leistungsfähigkeit gab Frau Sch.-Re. nicht. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin, Sportmedizin Dr H. hat dem SG mit Schreiben vom 04.02.2010 mitgeteilt, da sie die Klägerin seit 02.06.2009 nicht mehr gesehen habe, könne sie die Leistungsfähigkeit nicht einschätzen. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr L. hat in seiner Stellungnahme vom 18.03.2010 ausgeführt, die Klägerin von 2005 bis 2008 ca zwei- bis dreimal pro Monat in hausärztlicher Behandlung und Betreuung gehabt zu haben. Die Klägerin weise eine variierende Symptomatik, muskuläre Inkompetenz, Leistungsschwäche, eine Wirbelsäulenproblematik und eine intermittierende Oberbauchsymptomatik auf. Sie sei in relativ schlechtem Allgemeinzustand, vorgealtert mit Untergewicht und Leistungsdefizit. Psychologisch-psychiatrisch auffällig sei ein erhebliches Betrübtsein und Klagsamkeit. Im Verlauf der Behandlung sei es vorübergehend passager zu Stabilisierungen, jedoch nicht Rückerlangung des altersentsprechenden Leistungsvermögen und körperlichen Funktionszustandes gekommen. Immer wieder sei es zu Anfälligkeiten und erheblichen Rückschlägen, vor allem auch zu psychischen Belastungen (katastrophale Beziehungskonflikte) gekommen. Die Klägerin sei seit ca einem Jahr nicht mehr in seiner Behandlung gewesen. Aus Sicht der letzten Befunderhebung seien der Klägerin höchsten vier Stunden Arbeitsbelastung ohne körperliche Belastung, mit nur leichter Tätigkeit ohne Exposition von zusätzlichen physikalischen Schwankungen ( Kälte, Nässe, Zug, ect) zuzumuten. Der Arzt für Allgemeinmedizin, Chirotherapie Dr He. hat mit Schreiben vom 07.04.2010 sowie 23.04.2010 ausgeführt, die Klägerin zuletzt am 28.11.2005 behandelt zu haben. Im Vordergrund habe ein schweres psychiatrisches Krankheitsbild auf dem Boden einer schweren familiären Konfliktsituation und posttraumatischen Belastungsstörungen mit massiven, zT reaktiv depressiven Störungen gestanden. Bei regelmäßigen hausärztlichen Behandlungen habe die Klägerin über wiederholte Suizidversuche berichtet. Diesbezüglich sei auch eine begleitende Psychotherapie veranlasst worden. Aufgrund einer massiven Essstörung mit einer bedrohlichen Gewichtsabnahme seien auch stationäre Behandlungen erforderlich gewesen. Im Mai 2000 sei es zu einer akuten Myocarditis mit schwerer Einschränkung der Herzfunktion, die jedoch bei einer Kontrolluntersuchung im Juli 2000 wieder vollständig normalisiert gewesen sei, gekommen. Aufgrund der immer noch erheblichen psychischen Störung sei die Klägerin nicht fähig, eine ihr angebotene Arbeitsstelle anzunehmen, wenngleich sie körperlich dazu in der Lage gewesen wäre. Aus diesem Grund habe zum Schluss seiner hausärztlichen Behandlung "vollständige Arbeitsunfähigkeit, dh weniger als drei Stunden", bestanden. Der Facharzt für Innere Medizin R. hat dem SG unter dem Datum des 23.07.2010 mitgeteilt, bei der Klägerin bestünden Allgemeinbeschwerden iS von Leistungsminderung, Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Schwäche und Kopfschmerzen. Kardiocirculatorisch/pneumologisch bestünden Atemnot, Dyspnoe, Belastungsdyspnoe, Thoraxschmerzen. Abdominell bestünden Bauchbeschwerden, Bauchschmerzen, Übelkeit, postprandiale Übelkeit/Schmerzen/Unwohlsein. Neurologisch lägen differenzialdiagnostisch psychosomatisch bei unklarer Genese rezidivierende schmerzhafte Krämpfe der verschiedener Muskelgruppen/Extremitäten vor und neurologisch/psychiatrisch/psychosomatisch bestünden massive psychosoziale Belastungen mit seelischer Dysbalance bei Überlastung bei Mehrfachbelastung (Beruf/Kinder/Partnerschaft/proble-matische persönliche Psychosoziogenese). Die Klägerin sei ca drei bis fünf Stunden leistungsfähig. Der Internist und Gastroenterologe Dr Ba. hat dem SG mit Schreiben vom 10.08.2010 mitgeteilt, aufgrund seiner Untersuchung auf dem Gebiet der Gastroenterologie bestehe keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Ob die Vorerkrankungen (Rheumatische Nephritis, Myocarditis) die Leistungsfähigkeit einschränkten, entziehe sich seiner Kenntnis.
Das SG hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines psychosomatischen Gutachtens bei Dr Dr N ... Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 140 bis 157 sowie wegen der ergänzenden Stellungnahme auf Blatt 163 und 164 der SG-Akten Bezug genommen. In seinem Gutachten vom 04.05.2011 hat Dr Dr N. ausgeführt, die Klägerin habe im Rahmen der Untersuchung sich als derzeit im Wesentlichen gesund beschrieben. Über aktuelle behandlungsbedürftige körperliche Beschwerden habe sie nicht geklagt. Auch psychisch fühle sie sich nicht krank oder gestört. Eine psychotherapeutische Behandlungsbedürftigkeit sehe sie aktuell bei sich nicht. Die angegebenen aktuellen Ängste würden von der Klägerin überwiegend als situativ bedingt eingeordnet, bedingt überwiegend durch die Sorgen hinsichtlich der Entwicklung ihres Sohnes und der weiteren Gestaltung ihres Arbeitsverhältnisses. Eine Essstörung habe sich im Rahmen der Untersuchung nicht feststellen lassen. Des Weiteren hätten sich keine Hinweise auf eine klinisch relevante Zwangsstörung oder selbstverletzendes Verhalten ergeben. Es bestehe sicherlich eine depressiv akzentuierte Grundstimmung im Sinne einer Dysthymie, derzeit jedoch ohne Notwendigkeit einer weiteren pharmakotherapeutischen oder psychotherapeutischen Behandlung. Es sei nicht auszuschließen, dass vor dem Hintergrund der dysthymen Stimmung und der erkennbar ängstlich-depressiven Persönlichkeitszüge bei psychosozialen Belastungen eine erneute Dekompensation auftreten könne. Die Klägerin habe jedoch aufgezeigt, dass sie bei der Bewältigung ihrer Situation und ihrer Krankheiten über erhebliche Ressourcen verfüge, die ihr die jetzige Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit wieder ermöglicht hätten. Bei der Klägerin liege eine insgesamt eher leichtgradige depressive Symptomatik vor, dem Ausprägungsgrad und Verlauf einer Dysthymie entsprechend. Insbesondere sei die Stimmungslage dadurch beeinträchtigt, möglicherweise auch das Antriebsverhalten und vorübergehend die konzentrativen Fähigkeiten. Die Klägerin könne regelmäßig einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Es könnten aber nur leichte körperliche Arbeiten möglichst in wechselnder Stellung, ohne Akkord-, Fließband-, Schicht- oder Nachtarbeit und ohne besondere nervliche Beanspruchung im Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich ausgeübt werden. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht erforderlich. Hinsichtlich des Arbeitsweges bestünden keine krankheits- bzw störungsbedingten Einschränkungen.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zum Gutachten Ausführungen gemacht hat, hat Dr Dr N. in seiner ergänzenden Stellungnahme mitgeteilt, auch wenn das Risiko einer Suizidalität bei einer entsprechenden Anamnese sicher erhöht sei, so erschließe sich nicht, inwiefern dies Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit habe. Auch sei Dissimulation im Rahmen der Begutachtung nicht zu erkennen gewesen. Eine klinisch relevante und krankheitswertige klaustrophobische Problematik sei von der Klägerin nicht erwähnt worden. Erhöhte testpsychologische Werte in den Subscalen paranoides Denken und Depressivität belegten noch nicht das Vorliegen einer paranoiden Störung oder einer depressiven Störung. Es könne jedoch davon ausgegangen werden, dass die testpsychologische Markierung erhöhter Werte tendenziell einer dissimulierenden Tendenz widerspreche. Bei einem BMI von 21 kg/m2 liege keine Untergewichtigkeit vor. In der Begutachtung sei es erklärter Wunsch der Klägerin gewesen, einer Vollzeittätigkeit nachzugehen.
Mit Gerichtsbescheid vom 06.09.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach dem medizinischen Beweisergebnis stehe fest, dass die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig sei. Das Gericht stütze sich dabei auf das Gutachten und auf die ergänzende Stellungnahme von Dr. Dr. N ... Das Gutachten sei nachvollziehbar und überzeugend. Insbesondere sei das Gutachten in sich widerspruchsfrei und ohne Brüche. Die von Dr Dr N. erhobenen Befunde spiegelten sich in seiner Einschätzung der Leistungsfähigkeit wieder. Das Gutachten werde zudem gestützt von der Einschätzung im Reha-Entlassungsbericht vom 03.11.2005 sowie durch das Gutachten von Frau B ... Die Einschätzung von Dr Dr N. hinsichtlich des noch bestehenden Restleistungsvermögens stehe weiterhin im Einklang mit der tatsächlich ausgeübten Berufstätigkeit der Klägerin als Verkäuferin seit dem Jahr 2007.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 09.09.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin - wiederum vertreten durch den Prozessbevollmächtigten - am 09.09.2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Diese wurde trotz Aufforderung und Erinnerung erst mit Schriftsatz vom 16.01.2012 begründet. Der Klägervertreter hat insoweit ua ausgeführt, der Einschätzung des SG könne nicht gefolgt werden, das Gutachten des Dr Dr N. sei nicht schlüssig. Scheinbar handele es sich um einen neuen Aspekt um Rentenansprüche zu negieren. Die Klägerin sei eine Person, die dazu neige, sich zu überfordern und zu dissimulieren. Sie habe noch immer Suizidgedanken, jedoch keine Suizidabsichten. Auch das Körpergewicht spreche gegen das Vorliegen erheblicher Ressourcen. Das Gutachten von Frau B. liege regelmäßig neben der Sache. Des Weiteren führt er aus: "Die Klägerin im Übrigen psychosomatisiert nicht nur alleine, sondern Sie hat auch internistische Erkrankungen."
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 06.09.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.08.2005 zu gewähren, hilfsweise, im Rahmen des § 103 SGG entsprechende medizinische Ermittlungen einzuleiten und ein Gutachten von Amts wegen aus internistischer Sicht und psychiatrischer Sicht einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten - insbesondere der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen - wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) ist der die Gewährung einer Rente wegen voller und wegen teilweiser Erwerbsminderung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 19.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.10.2007. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 01.08.2005 bzw 01.04.2006 oder einen anderen danach liegenden Zeitpunkt.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. 12.2007 nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 01.01.2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Unter Auswertung der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme und aller vorliegender medizinischer Unterlagen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin noch in der Lage ist, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung von qualitativen Leistungseinschränkungen (dazu s u), leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten; sie ist damit nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Die Überzeugung des Senats stützt sich auf die Gutachten von Dr Dr N. und Frau B. sowie den Entlassbericht der Luisenklinik Bad D ... Dagegen konnte sich der Senat der Auffassung der behandelnden Ärzte Dr L., Dr He. und Dr R. nicht anschließen, denn aus deren Ausführungen konnte ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen nicht schlüssig abgeleitet werden. Dr H. und Frau Sch.-Re. hatten eine Einschätzung des Leistungsvermögens nicht mitgeteilt. Jedoch konnte der Senat angesichts der Ausführungen von Dr Dr N. und Frau B. aus den von Dr H. und Frau Sch.-Re. mitgeteilten Befunden nicht auf ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen schließen. Dr Ba. hat im Übrigen auf gastroenterologischem Fachgebiet weder Befunde mitgeteilt, die ein eingeschränktes Leistungsvermögen begründen, noch selbst die Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht als eingeschränkt angesehen. Das SG hat sich mit den Ausführungen der behandelnden Ärzte zutreffend auseinander gesetzt, weshalb insoweit auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen wird (§ 153 Abs 2 SGG).
Anhand der von den behandelnden Ärzten mitgeteilten Befunden und Einschätzungen konnte sich der Senat davon überzeugen, dass die berufliche Leistungsfähigkeit ausschließlich durch psychiatrische bzw psychosomatische Erkrankungen beeinträchtigt ist. Internistische Erkrankungen führen alleine aber auch im Zusammenwirken mit den nervenärztlichen Erkrankungen nicht zu einer zeitlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Auf psychiatrischem/psychosomatischem Fachgebiet leidet die Klägerin an einer insgesamt eher leichtgradigen depressiven Symptomatik im Ausprägungsgrad und Verlauf einer Dysthymie. Diese zeigt sich durch die beeinträchtigte Stimmungslage, führt aber auch zu Beeinträchtigungen des Antriebsverhalten und vorübergehend der konzentrativen Fähigkeiten. Diese von Dr Dr N. festgestellten Erkrankungen entsprechen im Wesentlichen den von Frau B. erhobenen Befunden und den von ihr gestellten Diagnosen.
Diese Erkrankungen lassen sich schlüssig und widerspruchsfrei aus den von Dr Dr N. und Frau B. erhobenen aber auch den von behandelnden Ärzten mitgeteilten Befunden ableiten. Anhaltspunkte für eine schwerwiegendere psychiatrische/psychosomatische Erkrankung liegen nicht vor. Hiergegen spricht zunächst, dass die Klägerin derzeit weder fachärztliche noch allgemeinärztliche Behandlungen einer solchen Erkrankung in Anspruch nimmt und zudem einer vollschichtigen Tätigkeit nachgeht. Eine Dissimulation, wie vom Klägervertreter behauptet, ließ sich nicht feststellen. Insbesondere sprechen die erhöhten Werte für paranoides Denken und Depressivität in den von Dr Dr N. durchgeführten Tests gegen ein dissimulierendes Verhalten. Internistische Erkrankungen von rentenrechtlich relevantem Ausmaß konnte der Senat nicht feststellen. Insbesondere führt die Behauptung des Klägervertreters zum Vorliegen einer Untergewichtigkeit an sich schon nicht zu zeitlichen Leistungsminderungen; im Übrigen liegt eine solche Untergewichtigkeit seit Reha- bzw Rentenantragstellung auch nicht mehr vor. Bei einem BMI von 21 kg/m2 (vgl Gutachten Dr Dr N.) bzw einer Größe von 157 cm und 46,5 kg (vgl Entlassbericht der L.klinik, entspricht BMI = 18,90 kg/m2) liegt ein medizinisch begründetes Untergewicht (unterhalb BMI 18,5) nicht vor. Die Myocarditis ist folgenlos ausgeheilt. Der vorhandene Blutdruck und die Niereninsuffizienz wurden von keinem der behandelnden Ärzte als leistungsmindernd beschrieben und finden insoweit bei der Feststellung quantitativer Leistungseinschränkungen Berücksichtigung. Insgesamt war daher eine weitere Ermittlung von Amts wegen, insbesondere durch Einholung eines internistischen Gutachtens, nicht erforderlich.
Mit den dargestellten Erkrankungen kann die Klägerin nach Überzeugung des Senats und in Übereinstimmung mit den schlüssigen Gutachten Dr Dr N. und Frau B. noch an fünf Tagen pro Woche leichte Tätigkeiten täglich mindestens sechs Stunden verrichten. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin gerade auch eine solche Tätigkeit tatsächlich und nicht auf Kosten der Gesundheit ausübt. Die bei der Klägerin vorliegenden Erkrankungen führen damit zu keiner rentenrelevanten quantitativen Einschränkung der Leistungsfähigkeit für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Vielmehr bedingen diese Erkrankungen lediglich qualitative Einschränkungen. Möglich sind der Klägerin nur noch leichte körperliche Arbeiten möglichst in wechselnder Stellung, ohne Akkord-, Fließband-, Schicht- oder Nachtarbeit und ohne besondere nervliche Beanspruchung. Die eingeschränkte Konflikt-, Umstellungs-, Anpassungs- und Konzentrationsfähigkeit führt nicht zu weitergehenden qualitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit. Das Erfordernis besonderer Arbeitsbedingungen haben die Gutachter auch insoweit überzeugend verneint. Bei der innegehaltenen und nicht gefährdeten Arbeitsstelle begründet die von den Gutachtern mitgeteilte Einschränkung der Konflikt-, Umstellungs-, Anpassungs- und Konzentrationsfähigkeit keine weiteren rentenrechtlichen Folgerungen.
Die bei der Klägerin bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass die Klägerin noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus ihnen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG, 11.03. 1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Die Klägerin ist dabei auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies hat Dr Dr N. bestätigt.
Die Klägerin war damit nach Überzeugung des Senats zum Zeitpunkt der Stellung von Reha- bzw Rentenantrags und seither durchgängig noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Mit diesem Leistungsvermögen ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI); sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser bzw voller Erwerbsminderung.
Die Gutachten von Dr Dr N. und Frau B. sowie die in den Auskünften der behandelnden Ärzte mitgeteilten Befunde haben dem Senat die zur richterlichen Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt. Das vom SG eingeholte Gutachten von Dr Dr N. sowie das im Verwaltungsverfahren von Frau B. erstattete Gutachten enthalten im Bereich der Befunderhebung weder Mängel noch Widersprüche. Beide Gutachter gehen auch von einem zutreffenden Sachverhalt aus und geben keinerlei Anlass, an ihrer Sachkunde zu zweifeln. Dr Dr N. hat sich in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 01.07.2011 ausführlich mit der Kritik des Prozessbevollmächtigten an seinem Gutachten auseinandergesetzt. Er hat insbesondere betont, dass eine Dissimulation bei der Klägerin nicht zu erkennen gewesen sei. Auch hat er sich zu der Frage einer möglichen Suizidalität der Klägerin geäußert und diesen Gesichtspunkt berücksichtigt. Soweit der Klägervertreter dennoch begehrt, von Amts wegen medizinische Ermittlungen einzuleiten und ein internistisches sowie ein psychiatrisches Gutachten einzuholen, musste der Senat dem nicht nachkommen; der Antrag wird deswegen abgelehnt. Dabei kann offen bleiben, ob es um einen förmlichen Beweisantrag oder nur um eine Beweisanregung gehandelt hat. Nachdem der Klägervertreter ausdrücklich nur eine Beweisaufnahme von Amts wegen begehrt hat, lässt sich das Begehren auch nicht als Antrag nach § 109 SGG verstehen.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 01.01.2001 geltenden Fassungen (zuletzt geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind. Da die Klägerin nach dem 02.01.1960 geboren ist, besteht keine gesetzliche Anspruchsgrundlage für die Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist. Soweit die Auskunft der Klägerin gegenüber Dr Dr N., "sie wolle keine Rente haben, sondern weiter an Ihrem Arbeitsplatz bleiben" darauf hindeutet, die Klägerin habe kein Interesse an der Durchführung des Berufungsverfahrens, das Verfahren also alleine durch den Prozessbevollmächtigten geführt würde, dürfte die Durchführung des Berufungsverfahrens bzw die Fortführung der Berufung rechtsmissbräuchlich iSd § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG sein. Der Senat sieht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens jedoch nochmals von der Verhängung derartiger Gebühren (mindestens 225,00 EUR) ab.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin auf Grundlage ihres Rentenantrags vom 19.04.2006 bzw eines Rehabilitationsantrages vom 05.08.2005 gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.04.2006 bzw 01.08.2005 zusteht.
Die 1970 geborene Klägerin absolvierte von August 1986 bis August 1989 eine Ausbildung zur Fleischereifachverkäuferin. Anschließend war sie ua als Haushaltshilfe und als Arbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Von 2001 bis 2004 war die Klägerin als Fleischfachverkäuferin und seit 2004 als Verkäuferin in einer Bäckerei und Konditorei im Verkauf, im Café sowie in der Küche des Cafés versicherungspflichtig beschäftigt. Ab Februar 2005 war die Klägerin wegen psychischer Erkrankungen arbeitsunfähig geschrieben. Von 2007 bis 2009 arbeitete die Klägerin wieder als Fleischverkäuferin und seit Mai 2009 ist sie in einer Confiserie - zuletzt in Vollzeit - versicherungspflichtig beschäftigt. Die Klägerin hat drei Kinder.
Im August 2005 beantragte die Klägerin Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die die Beklagte ihr in der L.klinik - Zentrum für Verhaltensmedizin - in Bad D. in der Zeit vom 06.10.2005 bis zum 03.11.2005 gewährte. Der Entlassbericht vom 03.11.2005 teilt mit, die Klägerin leide an einer Posttraumatischen Belastungsstörung, Myocarditis (2000), Hypothyreose, Zervikobrachialgie und einem LWS-Syndrom. Als Verkäuferin sei die Klägerin nur unter drei Stunden leistungsfähig. Für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen, in Tagesschicht, Früh-/Spätschicht bzw in Nachtschicht sowie unter Beachtung von qualitativen Einschränkungen im Hinblick auf die geistige/psychische Belastbarkeit bei eingeschränktem Umstellungs- und Anpassungsvermögen sowie eingeschränkter Konfliktfähigkeit sei die Klägerin sechs Stunden und mehr leistungsfähig. Aus dem Entlassbericht ist des Weiteren zu entnehmen, dass die Klägerin als Verkäuferin und Bedienung sowie in der Küche des Cafés deutlich überlastet sei. Seit Februar 2005 sei sie deshalb krankgeschrieben. Weiterhin bestehe ein deutlicher Beziehungskonflikt mit dem Vorgesetzten, der auch retraumatisierende Aspekte bezüglich der Gewalterfahrungen, insbesondere in der ersten Ehe der Klägerin, beinhalte. Zu befürchten sei, dass die Klägerin bei Wiederaufnahme des alten Arbeitsverhältnisses sehr rasch mit Verstärkung ihrer Symptomatik reagieren werde, was zu erneuten, auch länger anhaltenden Arbeitsunfähigkeitszeiten führen könne. Aufgrund dessen werde die Klägerin als arbeitsunfähig für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit und den dortigen Arbeitsplatzkontext entlassen. Für den allgemeinen Arbeitsmarkt, bei allerdings eingeschränkter Konfliktfähigkeit und reduziertem Umstellungs- und Anpassungsvermögen, werde sie vollschichtig arbeitsfähig gehalten. Gerade vor dem Hintergrund eines aktuellen Angebotes der ehemaligen Arbeitsstelle (Metzgerei) werde es für ausgesprochen wichtig gehalten, die Klägerin zügig wieder ins Berufsleben zu integrieren.
Am 18.04.2006 beantragte die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung wurde auf die Ausführungen im Entlassbericht der Luisenklinik verweisen. Nachdem die Klägerin verschiedene medizinische Unterlagen vorgelegt hatte, holte die Beklagte bei der Ärztin für Nervenheilkunde, Sozialmedizin, Rehabilitationsmedizin, Dipl-Psych B. ein Gutachten ein. In ihrem Gutachten vom 13.12.2006 diagnostizierte Frau B. eine depressive Anpassungsstörung auf dem Boden einer vorbestehenden posttraumatischen Belastungsstörung; Verdacht auf kombinierte Persönlichkeitsstörung und Hypotonie. Bei mehrfachen kardiologischen Kontrollen hätten sich keine Hinweis mehr auf eine Störung der linksventrikulären Funktion nach Myocarditis 2000 ergeben. 2004 sei es nach einer ulzerierend nekrotisierenden Angina und hochfiebrigen Gastroenteritis zu einer prärenalen Niereninsuffizienz gekommen. Zusammenfassend kämen bei der Klägerin lediglich leichte bis allenfalls gelegentlich mittelschwere Arbeiten in Betracht. Tätigkeiten mit Nachtschicht, hohem Zeitdruck, Absturzgefahr und hohen Anforderungen an soziale und Konfliktlösekompetenzen seien zu vermeiden. Unter diesen Einschränkungen bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr. Die letzte ausgeübte Tätigkeit als Servicekraft/Küchenhilfe/Verkäuferin in einem Café entspreche nicht diesem Leistungsbild.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 19.12.2006 die begehrte Rente ab. Die Klägerin sei noch in der Lage, mindestens sechs Stunden je Arbeitstag unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Es liege weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Den dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin vom 11.01.2007, der nicht näher begründet worden war, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2007 zurück. Volle bzw teilweise Erwerbsminderung liege bei der Klägerin nicht vor.
Am 08.11.2007 hat die Klägerin beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Die Gutachterin habe die posttraumatische Belastungsstörung und die Myocarditis, die fast tödlich verlaufen sei, nicht korrekt erfasst. Es könne auch nicht zum richtigen Ergebnis führen, da die Gutachterin selbst für Fragen, die in ihr Fachgebiet fielen, offensichtlich überfordert sei. Allein der festgestellte niedrige Blutdruck sei pathologisch. Sie leide an einem Gesundheitszustand, der äußerst schwer zu fassen sei und eine spezialorientierte medizinische Untersuchung zur Folge haben müsse. Dabei reiche eine neurologisch-psychiatrische Untersuchung nicht aus, es müsse auch eine internistische Untersuchung stattfinden. Man brauche bei Durchsicht der zahlreichen medizinischen Unterlagen nicht Mediziner zu sein, um feststellen zu können, dass eine Leistungsminderung in jedem Falle gegeben sei; fraglich sei nur in welchem Umfang diese bestehe. Diese Leistungsminderung resultiere aus einer Untergewichtigkeit.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der die Klägerin behandelnden Ärzte Dr H., Dr L., Dr He., Dr Ba., des Herrn R. sowie von Frau Sch.-Re. als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 31 bis 76 sowie Blatt 82 bis 117 der SG-Akten Bezug genommen. Die Diplompsychologin und Psychoanalytikerin Sch.-Re. hat dem SG in ihrer Stellungnahme vom 13.02.2010 mitgeteilt, die Klägerin habe im November 2002 eine Psychotherapie begonnen, die im Mai 2005 wegen depressiver Verstimmung mit Selbstvorwürfen, Schlafstörungen, Alpträumen, Angstzuständen nach einem Autounfall im März 2005, Überlastung bei Konflikten am Arbeitsplatz mit einem cholerischen Chef und sich zuspitzenden ehelichen Konflikten (schwere Enttäuschungen und Kränkungen durch den zweiten Ehemann), wieder aufgenommen worden sei. Die Klägerin habe die Therapie auf eigenen Wunsch am 13.01.2009 beendet. Auskunft zur Leistungsfähigkeit gab Frau Sch.-Re. nicht. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin, Sportmedizin Dr H. hat dem SG mit Schreiben vom 04.02.2010 mitgeteilt, da sie die Klägerin seit 02.06.2009 nicht mehr gesehen habe, könne sie die Leistungsfähigkeit nicht einschätzen. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr L. hat in seiner Stellungnahme vom 18.03.2010 ausgeführt, die Klägerin von 2005 bis 2008 ca zwei- bis dreimal pro Monat in hausärztlicher Behandlung und Betreuung gehabt zu haben. Die Klägerin weise eine variierende Symptomatik, muskuläre Inkompetenz, Leistungsschwäche, eine Wirbelsäulenproblematik und eine intermittierende Oberbauchsymptomatik auf. Sie sei in relativ schlechtem Allgemeinzustand, vorgealtert mit Untergewicht und Leistungsdefizit. Psychologisch-psychiatrisch auffällig sei ein erhebliches Betrübtsein und Klagsamkeit. Im Verlauf der Behandlung sei es vorübergehend passager zu Stabilisierungen, jedoch nicht Rückerlangung des altersentsprechenden Leistungsvermögen und körperlichen Funktionszustandes gekommen. Immer wieder sei es zu Anfälligkeiten und erheblichen Rückschlägen, vor allem auch zu psychischen Belastungen (katastrophale Beziehungskonflikte) gekommen. Die Klägerin sei seit ca einem Jahr nicht mehr in seiner Behandlung gewesen. Aus Sicht der letzten Befunderhebung seien der Klägerin höchsten vier Stunden Arbeitsbelastung ohne körperliche Belastung, mit nur leichter Tätigkeit ohne Exposition von zusätzlichen physikalischen Schwankungen ( Kälte, Nässe, Zug, ect) zuzumuten. Der Arzt für Allgemeinmedizin, Chirotherapie Dr He. hat mit Schreiben vom 07.04.2010 sowie 23.04.2010 ausgeführt, die Klägerin zuletzt am 28.11.2005 behandelt zu haben. Im Vordergrund habe ein schweres psychiatrisches Krankheitsbild auf dem Boden einer schweren familiären Konfliktsituation und posttraumatischen Belastungsstörungen mit massiven, zT reaktiv depressiven Störungen gestanden. Bei regelmäßigen hausärztlichen Behandlungen habe die Klägerin über wiederholte Suizidversuche berichtet. Diesbezüglich sei auch eine begleitende Psychotherapie veranlasst worden. Aufgrund einer massiven Essstörung mit einer bedrohlichen Gewichtsabnahme seien auch stationäre Behandlungen erforderlich gewesen. Im Mai 2000 sei es zu einer akuten Myocarditis mit schwerer Einschränkung der Herzfunktion, die jedoch bei einer Kontrolluntersuchung im Juli 2000 wieder vollständig normalisiert gewesen sei, gekommen. Aufgrund der immer noch erheblichen psychischen Störung sei die Klägerin nicht fähig, eine ihr angebotene Arbeitsstelle anzunehmen, wenngleich sie körperlich dazu in der Lage gewesen wäre. Aus diesem Grund habe zum Schluss seiner hausärztlichen Behandlung "vollständige Arbeitsunfähigkeit, dh weniger als drei Stunden", bestanden. Der Facharzt für Innere Medizin R. hat dem SG unter dem Datum des 23.07.2010 mitgeteilt, bei der Klägerin bestünden Allgemeinbeschwerden iS von Leistungsminderung, Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Schwäche und Kopfschmerzen. Kardiocirculatorisch/pneumologisch bestünden Atemnot, Dyspnoe, Belastungsdyspnoe, Thoraxschmerzen. Abdominell bestünden Bauchbeschwerden, Bauchschmerzen, Übelkeit, postprandiale Übelkeit/Schmerzen/Unwohlsein. Neurologisch lägen differenzialdiagnostisch psychosomatisch bei unklarer Genese rezidivierende schmerzhafte Krämpfe der verschiedener Muskelgruppen/Extremitäten vor und neurologisch/psychiatrisch/psychosomatisch bestünden massive psychosoziale Belastungen mit seelischer Dysbalance bei Überlastung bei Mehrfachbelastung (Beruf/Kinder/Partnerschaft/proble-matische persönliche Psychosoziogenese). Die Klägerin sei ca drei bis fünf Stunden leistungsfähig. Der Internist und Gastroenterologe Dr Ba. hat dem SG mit Schreiben vom 10.08.2010 mitgeteilt, aufgrund seiner Untersuchung auf dem Gebiet der Gastroenterologie bestehe keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Ob die Vorerkrankungen (Rheumatische Nephritis, Myocarditis) die Leistungsfähigkeit einschränkten, entziehe sich seiner Kenntnis.
Das SG hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines psychosomatischen Gutachtens bei Dr Dr N ... Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 140 bis 157 sowie wegen der ergänzenden Stellungnahme auf Blatt 163 und 164 der SG-Akten Bezug genommen. In seinem Gutachten vom 04.05.2011 hat Dr Dr N. ausgeführt, die Klägerin habe im Rahmen der Untersuchung sich als derzeit im Wesentlichen gesund beschrieben. Über aktuelle behandlungsbedürftige körperliche Beschwerden habe sie nicht geklagt. Auch psychisch fühle sie sich nicht krank oder gestört. Eine psychotherapeutische Behandlungsbedürftigkeit sehe sie aktuell bei sich nicht. Die angegebenen aktuellen Ängste würden von der Klägerin überwiegend als situativ bedingt eingeordnet, bedingt überwiegend durch die Sorgen hinsichtlich der Entwicklung ihres Sohnes und der weiteren Gestaltung ihres Arbeitsverhältnisses. Eine Essstörung habe sich im Rahmen der Untersuchung nicht feststellen lassen. Des Weiteren hätten sich keine Hinweise auf eine klinisch relevante Zwangsstörung oder selbstverletzendes Verhalten ergeben. Es bestehe sicherlich eine depressiv akzentuierte Grundstimmung im Sinne einer Dysthymie, derzeit jedoch ohne Notwendigkeit einer weiteren pharmakotherapeutischen oder psychotherapeutischen Behandlung. Es sei nicht auszuschließen, dass vor dem Hintergrund der dysthymen Stimmung und der erkennbar ängstlich-depressiven Persönlichkeitszüge bei psychosozialen Belastungen eine erneute Dekompensation auftreten könne. Die Klägerin habe jedoch aufgezeigt, dass sie bei der Bewältigung ihrer Situation und ihrer Krankheiten über erhebliche Ressourcen verfüge, die ihr die jetzige Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit wieder ermöglicht hätten. Bei der Klägerin liege eine insgesamt eher leichtgradige depressive Symptomatik vor, dem Ausprägungsgrad und Verlauf einer Dysthymie entsprechend. Insbesondere sei die Stimmungslage dadurch beeinträchtigt, möglicherweise auch das Antriebsverhalten und vorübergehend die konzentrativen Fähigkeiten. Die Klägerin könne regelmäßig einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Es könnten aber nur leichte körperliche Arbeiten möglichst in wechselnder Stellung, ohne Akkord-, Fließband-, Schicht- oder Nachtarbeit und ohne besondere nervliche Beanspruchung im Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich ausgeübt werden. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht erforderlich. Hinsichtlich des Arbeitsweges bestünden keine krankheits- bzw störungsbedingten Einschränkungen.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zum Gutachten Ausführungen gemacht hat, hat Dr Dr N. in seiner ergänzenden Stellungnahme mitgeteilt, auch wenn das Risiko einer Suizidalität bei einer entsprechenden Anamnese sicher erhöht sei, so erschließe sich nicht, inwiefern dies Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit habe. Auch sei Dissimulation im Rahmen der Begutachtung nicht zu erkennen gewesen. Eine klinisch relevante und krankheitswertige klaustrophobische Problematik sei von der Klägerin nicht erwähnt worden. Erhöhte testpsychologische Werte in den Subscalen paranoides Denken und Depressivität belegten noch nicht das Vorliegen einer paranoiden Störung oder einer depressiven Störung. Es könne jedoch davon ausgegangen werden, dass die testpsychologische Markierung erhöhter Werte tendenziell einer dissimulierenden Tendenz widerspreche. Bei einem BMI von 21 kg/m2 liege keine Untergewichtigkeit vor. In der Begutachtung sei es erklärter Wunsch der Klägerin gewesen, einer Vollzeittätigkeit nachzugehen.
Mit Gerichtsbescheid vom 06.09.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach dem medizinischen Beweisergebnis stehe fest, dass die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig sei. Das Gericht stütze sich dabei auf das Gutachten und auf die ergänzende Stellungnahme von Dr. Dr. N ... Das Gutachten sei nachvollziehbar und überzeugend. Insbesondere sei das Gutachten in sich widerspruchsfrei und ohne Brüche. Die von Dr Dr N. erhobenen Befunde spiegelten sich in seiner Einschätzung der Leistungsfähigkeit wieder. Das Gutachten werde zudem gestützt von der Einschätzung im Reha-Entlassungsbericht vom 03.11.2005 sowie durch das Gutachten von Frau B ... Die Einschätzung von Dr Dr N. hinsichtlich des noch bestehenden Restleistungsvermögens stehe weiterhin im Einklang mit der tatsächlich ausgeübten Berufstätigkeit der Klägerin als Verkäuferin seit dem Jahr 2007.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 09.09.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin - wiederum vertreten durch den Prozessbevollmächtigten - am 09.09.2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Diese wurde trotz Aufforderung und Erinnerung erst mit Schriftsatz vom 16.01.2012 begründet. Der Klägervertreter hat insoweit ua ausgeführt, der Einschätzung des SG könne nicht gefolgt werden, das Gutachten des Dr Dr N. sei nicht schlüssig. Scheinbar handele es sich um einen neuen Aspekt um Rentenansprüche zu negieren. Die Klägerin sei eine Person, die dazu neige, sich zu überfordern und zu dissimulieren. Sie habe noch immer Suizidgedanken, jedoch keine Suizidabsichten. Auch das Körpergewicht spreche gegen das Vorliegen erheblicher Ressourcen. Das Gutachten von Frau B. liege regelmäßig neben der Sache. Des Weiteren führt er aus: "Die Klägerin im Übrigen psychosomatisiert nicht nur alleine, sondern Sie hat auch internistische Erkrankungen."
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 06.09.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.08.2005 zu gewähren, hilfsweise, im Rahmen des § 103 SGG entsprechende medizinische Ermittlungen einzuleiten und ein Gutachten von Amts wegen aus internistischer Sicht und psychiatrischer Sicht einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten - insbesondere der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen - wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) ist der die Gewährung einer Rente wegen voller und wegen teilweiser Erwerbsminderung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 19.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.10.2007. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 01.08.2005 bzw 01.04.2006 oder einen anderen danach liegenden Zeitpunkt.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. 12.2007 nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 01.01.2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Unter Auswertung der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme und aller vorliegender medizinischer Unterlagen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin noch in der Lage ist, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung von qualitativen Leistungseinschränkungen (dazu s u), leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten; sie ist damit nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Die Überzeugung des Senats stützt sich auf die Gutachten von Dr Dr N. und Frau B. sowie den Entlassbericht der Luisenklinik Bad D ... Dagegen konnte sich der Senat der Auffassung der behandelnden Ärzte Dr L., Dr He. und Dr R. nicht anschließen, denn aus deren Ausführungen konnte ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen nicht schlüssig abgeleitet werden. Dr H. und Frau Sch.-Re. hatten eine Einschätzung des Leistungsvermögens nicht mitgeteilt. Jedoch konnte der Senat angesichts der Ausführungen von Dr Dr N. und Frau B. aus den von Dr H. und Frau Sch.-Re. mitgeteilten Befunden nicht auf ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen schließen. Dr Ba. hat im Übrigen auf gastroenterologischem Fachgebiet weder Befunde mitgeteilt, die ein eingeschränktes Leistungsvermögen begründen, noch selbst die Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht als eingeschränkt angesehen. Das SG hat sich mit den Ausführungen der behandelnden Ärzte zutreffend auseinander gesetzt, weshalb insoweit auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen wird (§ 153 Abs 2 SGG).
Anhand der von den behandelnden Ärzten mitgeteilten Befunden und Einschätzungen konnte sich der Senat davon überzeugen, dass die berufliche Leistungsfähigkeit ausschließlich durch psychiatrische bzw psychosomatische Erkrankungen beeinträchtigt ist. Internistische Erkrankungen führen alleine aber auch im Zusammenwirken mit den nervenärztlichen Erkrankungen nicht zu einer zeitlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Auf psychiatrischem/psychosomatischem Fachgebiet leidet die Klägerin an einer insgesamt eher leichtgradigen depressiven Symptomatik im Ausprägungsgrad und Verlauf einer Dysthymie. Diese zeigt sich durch die beeinträchtigte Stimmungslage, führt aber auch zu Beeinträchtigungen des Antriebsverhalten und vorübergehend der konzentrativen Fähigkeiten. Diese von Dr Dr N. festgestellten Erkrankungen entsprechen im Wesentlichen den von Frau B. erhobenen Befunden und den von ihr gestellten Diagnosen.
Diese Erkrankungen lassen sich schlüssig und widerspruchsfrei aus den von Dr Dr N. und Frau B. erhobenen aber auch den von behandelnden Ärzten mitgeteilten Befunden ableiten. Anhaltspunkte für eine schwerwiegendere psychiatrische/psychosomatische Erkrankung liegen nicht vor. Hiergegen spricht zunächst, dass die Klägerin derzeit weder fachärztliche noch allgemeinärztliche Behandlungen einer solchen Erkrankung in Anspruch nimmt und zudem einer vollschichtigen Tätigkeit nachgeht. Eine Dissimulation, wie vom Klägervertreter behauptet, ließ sich nicht feststellen. Insbesondere sprechen die erhöhten Werte für paranoides Denken und Depressivität in den von Dr Dr N. durchgeführten Tests gegen ein dissimulierendes Verhalten. Internistische Erkrankungen von rentenrechtlich relevantem Ausmaß konnte der Senat nicht feststellen. Insbesondere führt die Behauptung des Klägervertreters zum Vorliegen einer Untergewichtigkeit an sich schon nicht zu zeitlichen Leistungsminderungen; im Übrigen liegt eine solche Untergewichtigkeit seit Reha- bzw Rentenantragstellung auch nicht mehr vor. Bei einem BMI von 21 kg/m2 (vgl Gutachten Dr Dr N.) bzw einer Größe von 157 cm und 46,5 kg (vgl Entlassbericht der L.klinik, entspricht BMI = 18,90 kg/m2) liegt ein medizinisch begründetes Untergewicht (unterhalb BMI 18,5) nicht vor. Die Myocarditis ist folgenlos ausgeheilt. Der vorhandene Blutdruck und die Niereninsuffizienz wurden von keinem der behandelnden Ärzte als leistungsmindernd beschrieben und finden insoweit bei der Feststellung quantitativer Leistungseinschränkungen Berücksichtigung. Insgesamt war daher eine weitere Ermittlung von Amts wegen, insbesondere durch Einholung eines internistischen Gutachtens, nicht erforderlich.
Mit den dargestellten Erkrankungen kann die Klägerin nach Überzeugung des Senats und in Übereinstimmung mit den schlüssigen Gutachten Dr Dr N. und Frau B. noch an fünf Tagen pro Woche leichte Tätigkeiten täglich mindestens sechs Stunden verrichten. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin gerade auch eine solche Tätigkeit tatsächlich und nicht auf Kosten der Gesundheit ausübt. Die bei der Klägerin vorliegenden Erkrankungen führen damit zu keiner rentenrelevanten quantitativen Einschränkung der Leistungsfähigkeit für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Vielmehr bedingen diese Erkrankungen lediglich qualitative Einschränkungen. Möglich sind der Klägerin nur noch leichte körperliche Arbeiten möglichst in wechselnder Stellung, ohne Akkord-, Fließband-, Schicht- oder Nachtarbeit und ohne besondere nervliche Beanspruchung. Die eingeschränkte Konflikt-, Umstellungs-, Anpassungs- und Konzentrationsfähigkeit führt nicht zu weitergehenden qualitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit. Das Erfordernis besonderer Arbeitsbedingungen haben die Gutachter auch insoweit überzeugend verneint. Bei der innegehaltenen und nicht gefährdeten Arbeitsstelle begründet die von den Gutachtern mitgeteilte Einschränkung der Konflikt-, Umstellungs-, Anpassungs- und Konzentrationsfähigkeit keine weiteren rentenrechtlichen Folgerungen.
Die bei der Klägerin bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass die Klägerin noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus ihnen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG, 11.03. 1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Die Klägerin ist dabei auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies hat Dr Dr N. bestätigt.
Die Klägerin war damit nach Überzeugung des Senats zum Zeitpunkt der Stellung von Reha- bzw Rentenantrags und seither durchgängig noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Mit diesem Leistungsvermögen ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI); sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser bzw voller Erwerbsminderung.
Die Gutachten von Dr Dr N. und Frau B. sowie die in den Auskünften der behandelnden Ärzte mitgeteilten Befunde haben dem Senat die zur richterlichen Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt. Das vom SG eingeholte Gutachten von Dr Dr N. sowie das im Verwaltungsverfahren von Frau B. erstattete Gutachten enthalten im Bereich der Befunderhebung weder Mängel noch Widersprüche. Beide Gutachter gehen auch von einem zutreffenden Sachverhalt aus und geben keinerlei Anlass, an ihrer Sachkunde zu zweifeln. Dr Dr N. hat sich in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 01.07.2011 ausführlich mit der Kritik des Prozessbevollmächtigten an seinem Gutachten auseinandergesetzt. Er hat insbesondere betont, dass eine Dissimulation bei der Klägerin nicht zu erkennen gewesen sei. Auch hat er sich zu der Frage einer möglichen Suizidalität der Klägerin geäußert und diesen Gesichtspunkt berücksichtigt. Soweit der Klägervertreter dennoch begehrt, von Amts wegen medizinische Ermittlungen einzuleiten und ein internistisches sowie ein psychiatrisches Gutachten einzuholen, musste der Senat dem nicht nachkommen; der Antrag wird deswegen abgelehnt. Dabei kann offen bleiben, ob es um einen förmlichen Beweisantrag oder nur um eine Beweisanregung gehandelt hat. Nachdem der Klägervertreter ausdrücklich nur eine Beweisaufnahme von Amts wegen begehrt hat, lässt sich das Begehren auch nicht als Antrag nach § 109 SGG verstehen.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 01.01.2001 geltenden Fassungen (zuletzt geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind. Da die Klägerin nach dem 02.01.1960 geboren ist, besteht keine gesetzliche Anspruchsgrundlage für die Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist. Soweit die Auskunft der Klägerin gegenüber Dr Dr N., "sie wolle keine Rente haben, sondern weiter an Ihrem Arbeitsplatz bleiben" darauf hindeutet, die Klägerin habe kein Interesse an der Durchführung des Berufungsverfahrens, das Verfahren also alleine durch den Prozessbevollmächtigten geführt würde, dürfte die Durchführung des Berufungsverfahrens bzw die Fortführung der Berufung rechtsmissbräuchlich iSd § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG sein. Der Senat sieht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens jedoch nochmals von der Verhängung derartiger Gebühren (mindestens 225,00 EUR) ab.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
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