L 4 R 5326/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 378/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 5326/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 21. September 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit vom 01. Januar 2011 bis 31. Dezember 2013.

Die am 1954 in R. geborene Klägerin erlernte keinen Beruf. Im Juli 1992 zog sie in die Bundesrepublik Deutschland zu. Von 1993 an war die Klägerin durchgängig als Briefsortiererin bei der Deutschen Post AG versicherungspflichtig beschäftigt. Im Oktober 2006 wurde die Klägerin infolge eines Bandscheibenvorfalls arbeitsunfähig krankgeschrieben. Sie bezog zunächst (seit 28. November 2006) bis zur Aussteuerung durch die Krankenkasse Krankengeld, sowie in der Folge bis einschließlich Juli 2009 Arbeitslosengeld. Seither steht sie nicht mehr im Sozialleistungsbezug.

In der Zeit vom 24. Januar bis 07. März 2007 befand sich die Klägerin zur medizinischen Rehabilitation in der S.-klinik B. B ... Psychiater und Psychotherapeut Dr. M. diagnostizierte in seinem Reha-Entlassungsbericht vom 13. März 2007 bei der Klägerin eine Dysthymia, eine Schmerzfehlverarbeitung, ein komplettes metabolisches Syndrom, ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom sowie eine Meniskopathie beidseits. In der sozialmedizinischen Epikrise führte Dr. M. aus, es werde von einer chronisch depressiven Entwicklung auf dem Hintergrund psychosozialer und familiärer Belastungsfaktoren seit Anfang der Neunzigerjahre ausgegangen. In diesem Rahmen und bei langjähriger beruflicher Überforderungssituation durch die körperliche Anstrengung zeige die Klägerin weiterhin eine Schmerzfehlverarbeitung. Sowohl die Dysthymia wie auch die Schmerzfehlverarbeitung seien bei Behandlungsbeginn nicht gravierend ausgeprägt gewesen. Die Klägerin habe trotz allem viele Aktiva und viele gute Ansätze. Sie habe auch während des Aufenthalts eine sehr gute Therapiemotivation gezeigt, sei bei Behandlungsende psychisch stabil gewesen und habe über eine gute Grundlage der Schmerzbewältigung verfügt. Aufgrund der bei der Klägerin vorliegenden internistischen Erkrankungen betrage das Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit nur unter drei Stunden. Für den allgemeinen Arbeitsmarkt sei die Klägerin unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen jedoch noch sechs Stunden und mehr täglich leistungsfähig. Die sozialmedizinische Beurteilung stehe im Einklang mit der durchgeführten Belastungserprobung. Die Klägerin sei mit dieser Einschätzung einverstanden gewesen.

Am 30. Mai 2007 stellte die Klägerin bei der Beklagten Antrag auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Sie gab an, sich seit Oktober 2006 aufgrund eines Bandscheibenvorfalls der BWS, eines Bandscheibenvorfalls der LWS im Jahr 2005, bereits in den Jahren 1999 erfolgter zweier weiterer Bandscheibenvorfälle, Bluthochdruck, Depressionen, Diabetes mellitus Typ II und Gicht für erwerbsgemindert zu halten. Die Beklagte zog den Reha-Entlassungsbericht des Dr. M. bei und lehnte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 18. Juli 2007 ab.

Hiergegen legte die Klägerin am 13. August 2007 Widerspruch ein und trug vor, dass insbesondere ihre internistischen Erkrankungen, aber auch die Depressionen nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Überdies sei sie an beiden Händen und an allen Fingern wegen eines Carpaltunnelsyndroms operiert worden. Auch hätte sie Knieoperationen gehabt. Die Beklagte holte daraufhin einen Befundbericht beim behandelnden Hausarzt und Allgemeinmediziner Dr. S.-K. ein (Bericht vom 19. September 2007), welcher aktuelle Befundberichte auch des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. R., des Internisten und Endokrinologen Prof. Dr. H. sowie des Radiologen Dr. W. vorlegte, und veranlasste sodann eine Begutachtung der Klägerin durch den Chirurgen Dr. J. sowie den Internisten und Psychotherapeuten Dr. We ... Dr. J. berichtete in seinem Gutachten vom 14. November 2007 aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am Vortag von einer ausgeprägten degenerativen Veränderung der gesamten Wirbelsäule mit Veränderung der HWS, BWS und LWS, von Restbeschwerden nach CTS-OP links, einer Epicondylitis humeri radialis rechts, einer medialen Chondromalazie I bis II am rechten Knie und Meniskopathie bei guter Beweglichkeit, einer Degeneration der Rotatorenmanschette beidseits mit Funktionseinschränkung, einer Leukoplakie der Zunge, subcutanen Knoten an den Oberarmen beidseits, einem schnellenden Ringfinger rechts bei operierten Befunden der restlichen Finger, einem tablettenpflichtigen Diabetes mellitus, einer mit Mehrfachkombination eingestellten Hypertonie sowie einer leichten Schwerhörigkeit. Die Hauptbeschwerden ergäben sich seitens der Wirbelsäule. In mehreren Etagen lägen Bandscheibenprotrusionen und flache Vorfälle, an der LWS mit Wurzelkontakt vor. Überall sei eine deutliche Minderbelastbarkeit mit nachvollziehbaren Schmerzen festzustellen. Insgesamt liege jedoch noch eine ordentliche Funktion vor. Beim An- und Auskleiden sei nahezu keine spezifische Behinderung sichtbar gewesen. Die Schwerfälligkeit habe von der Adipositas resultiert. Auch habe die Klägerin völlig klaglos ohne Ausgleichsbewegungen während der langen Befragung sitzenbleiben können. Aus ihren Erkrankungen resultierten daher zwar eindeutig qualitative Einschränkungen. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne sie jedoch noch sechs Stunden täglich und mehr verrichten. Dr. We. berichtete in seinem Gutachten vom 14. November 2007 nach Untersuchung der Klägerin ebenfalls am Vortag - über die bereits durch Dr. J. gestellten Diagnosen hinaus - von einer leichten chronischen Anpassungsstörung mit Dysthymie und Angstsymptomatik. Im internistischen Bereich fänden sich Diabetes mellitus und essentielle Hypertonie ohne bisher eindeutige Folgeschäden. Eine eingeschränkte Belastbarkeit resultiere vor allem aus der Adipositas und aus den Problemen seitens des Bewegungsapparates. Die Stoffwechselerkrankungen seien medikamentös einstellbar. Im psychischen Bereich erscheine die Symptomatik insgesamt eher geringfügig. Symptome von Dysthymie und Angst seien überwiegend verstehbar, einfühlbar und reaktiv ausgelöst, sie beeinträchtigten die Aktivität und Partizipation der Klägerin zu Hause nicht entscheidend. Der psychopathologische Befund ergebe letztlich keine wesentlichen Krankheitssymptome. Eine wesentliche Leistungseinschränkung sei daraus nicht abzuleiten. Feststellbar sei nebenbei, dass die Klägerin bisher keine Tendenz zu somatoformer Schmerzverarbeitung zeige. Die vorhandene körperliche Symptomatik sei überwiegend somatisch-strukturell nachvollziehbar. Allerdings sei eine zunehmende Tendenz zu kompletter Übernahme einer Krankenrolle zu verzeichnen. Der psychosoziale Rückzug wirke jedoch nicht schwerwiegend. Auch unter Berücksichtigung des Gutachtens des Dr. J. sei er der Auffassung, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch in einem Umfang von sechs Stunden und mehr täglich verrichten könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 02. Januar 2008 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.

Am 31. Januar 2008 erhob die Klägerin zum Sozialgericht Ulm (SG) Klage. Sie begehre die Gewährung von Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung. Der Widerspruchsbescheid habe die weiteren, durch Dr. R. festgestellten Erkrankungen eines Restless-legs-Syndroms, einer Angsterkrankung, eines Carpaltunnelsyndroms links und rechts und einer Stenose der Aorta carotis externa rechts nicht berücksichtigt. Zudem sei Dr. R. der Auffassung, dass nicht von einer nur leichten chronischen Anpassungsstörung und Angstsymptomatik gesprochen werden könne. Das Ausmaß ihrer psychischen Beeinträchtigung sei deutlich schwerwiegender. Gerade die psychischen Symptome des Alltags beeinträchtigten sie so erheblich, dass sich im Laufe der vergangenen Jahre eine psychische Fehlhaltung habe bilden können, die nicht mehr korrigierbar sei. Durch das ständige Schmerzempfinden werde ihre Belastbarkeit erheblich eingeschränkt, sodass sie nicht mehr vollschichtig erwerbsfähig sein könne. Zum Nachweis legte die Klägerin das Attest des Dr. R. vom 12. April 2008 vor. Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens trug sie zudem vor, ihr Zustand habe sich insbesondere internistischerseits nochmals verschlechtert.

Die Beklagte trat dem Klagevorbringen entgegen. Sie legte im Laufe des Klageverfahrens die Stellungnahmen der Prüfärzte ihres ärztlichen Dienstes Dr. B. vom 11. November 2008, Dr. Schubert vom 19. Oktober 2009 sowie Dr. Ho. vom 12. Juli 2010 vor.

Das SG hörte die die Klägerin behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. R. gab in seiner Auskunft vom 09. Juni 2008 an, im psychischen Befund sei die Klägerin regelrecht orientiert, etwas reduziert im Antrieb, es bestehe eine subdepressive bis depressive Stimmungslage, sie sei etwas eingeschränkt schwingungsfähig, formal gedanklich geordnet ohne inhaltliche Denkstörungen bei altersentsprechender Mnestik. Er diagnostizierte eine Dysthymie, eine Angsterkrankung, ein Restless-legs-Syndrom, ein HWS-, BWS- und LWS-Syndrom, ein Carpaltunnelsyndrom links und rechts, einen Diabetes mellitus, eine Hypertonie und eine Stenose der Aorta carotis externa rechts. Der Gesundheitszustand der Klägerin verschlechtere sich ständig. Aus seiner Sicht sei die Klägerin nicht mehr in der Lage, noch vollschichtig erwerbstätig zu sein. Der Schwerpunkt des Leidens liege auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Chirurg, Unfallchirurg und Orthopäde Dr. Ru. (Auskunft vom 10. Juni 2008) gab an, die Klägerin sei letztmalig im Mai 2007 bei ihm vorstellig geworden. Damals habe die Klägerin über HWS- und BWS-Beschwerden und Kniegelenksbeschwerden rechts berichtet. Bezug nehmend auf den damaligen Untersuchungsbefund seien der Klägerin noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumutbar gewesen. Hausarzt Dr. S.-K. berichtete in seiner Auskunft vom 09. Juni 2008 von einer arteriellen Hypertonie, die unter medikamentöser Vierfachtherapie befriedigend eingestellt sei ohne wesentliche Folgeerkrankungen, sowie einem Diabetes mellitus Typ II bei schwerem Hyperinsulinismus mit Insulinresistenz. Weiterhin sei ein metabolisches Syndrom mit behandlungsbedürftiger Hyperlipidämie gegeben. Trotz fachärztlicher Behandlung beim Diabetologen bestehe eine unzureichende diabetische Stoffwechsellage. Überdies leide die Klägerin an Hyperurikämie, einer Fettleber bei Diabetes mellitus, Hyperlipidämie und Übergewicht, rezidivierenden Wirbelsäulenischialgien bei bekannten Bandscheibenvorfällen, einem Wurzelreizsyndrom, einem Carpaltunnelsyndrom links ausgeprägter als rechts, einer Angsterkrankung und Dysthymie, einem Restless-legs-Syndrom und der Stenose der Aorta carotis. Seit November 2007 sei eine mäßige Verschlechterung der vorbestehenden Erkrankungen erfolgt. Für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit seien die Erkrankungen sämtlicher Fachgebiete maßgeblich. Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens holte das SG überdies nochmals eine sachverständige Zeugenauskunft bei Dr. S.-K. ein (Auskunft vom 14. September 2009). Dieser teilte mit, eine wesentliche Verschlechterung sei auf internistischem Gebiet durch eine erstmals im Juni 2009 festgestellte Einschränkung der Nierenfunktion eingetreten. Bei der Klägerin liege jetzt eine chronische Niereninsuffizienz im Stadium IV vor. Das SG vernahm daraufhin auch den Internisten und Nephrologen Dr. Rot. als sachverständigen Zeugen (Auskunft vom 05. Oktober 2009). Dr. Rot. gab an, die Klägerin habe sich erstmals bei ihm im Juli 2009 vorgestellt. Der wesentliche Befund sei eine schwere chronische Nierenerkrankung mit einer Restfunktion von nur noch 21 Prozent (chronische Niereninsuffizienz im Stadium IV). Aktuell sei bei der ausgeprägten Dynamik hinsichtlich einer verschlechterten Nierenfunktion infolge des langjährigen insulingeführten Diabetes mellitus, des Bluthochdrucks sowie der langjährigen Einnahme von Ibuprofen und Diclofenac davon auszugehen, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Aus seiner Sicht lägen die maßgeblichen Leiden im Bereich der Orthopädie und der Nephrologie.

Im Auftrag des SG erstattete zunächst die Neurologin und Psychiaterin Dr. A. über die Klägerin ein nervenärztliches Gutachten (Gutachten vom 08. September 2008). Die Sachverständige führte aus, auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liege bei der Klägerin eine chronifizierte depressive Störung im Sinne einer Dysthymie und eine somatoforme Schmerzstörung vor. Eine Psychotherapie oder Schmerztherapie erfolge nicht. Bei der Klägerin sei gleichwohl die positive Affizierbarkeit erhalten. Es bestehe kein sozialer Rückzug, sondern guter Kontakt zu Kindern und Enkelkindern. Die Klägerin stelle nach eigenen Angaben mit Freude selbst Saft und Marmelade aus den Früchten aus ihrem Garten her. Sie stricke gerne, backe Kuchen und habe Freude an Garten und Orchideen. Hinweise für eine tiefergehende depressive Störung fänden sich nicht. Die vom behandelnden Nervenarzt Dr. R. angegebene Beeinträchtigung des Alltagslebens durch die psychischen Probleme lasse sich im Gespräch und auch bei Nachfrage nicht feststellen. Offenbar erscheine überdies weder dem behandelnden Nervenarzt noch der Klägerin selbst die Durchführung einer Psychotherapie erforderlich. Von Seiten der Wirbelsäule bestünden bei der Klägerin degenerative Veränderungen ohne feststellbare radikuläre Symptomatik. Die angegebenen Schmerzen könnten durch organpathologische Befunde allein nicht hinreichend erklärt werden. Bei der Klägerin liege demnach auch eine somatoforme Schmerzstörung vor. Aufgrund dieser Erkrankung sei die Klägerin nicht mehr in der Lage, ihre bisherige Tätigkeit bei der Post auszuüben. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könne sie jedoch noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten, soweit besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit ausgeschlossen würden. Auch sei die Gehfähigkeit der Klägerin nicht eingeschränkt.

In der Zeit vom 15. September bis 05. Oktober 2009 hielt sich die Klägerin im Chirurgischen Zentrum der Universitätsklinik Ulm auf. Ausweislich des Operationsberichts des Dr. P. vom 05. Oktober 2009 wurde die Klägerin dort am 17. September 2009 an der Wirbelsäule (L4/5, L5/S1) operiert und aufgrund persistierender Beschwerden am 24. September 2009 reoperiert (L5/S1). Postoperativ habe sich bei Entlassung kein frisch hinzugekommenes neurologisches Defizit gezeigt. Die Klägerin habe über eine deutliche Besserung der vorbeschriebenen Beschwerdesymptomatik berichtet. Die von der Klägerin geklagten radikulären Schmerzen in beiden Beinen, die bis in die Wade ausstrahlten, hätten sich deutlich zurückgebildet.

Im Nachgang zu dieser Operation befand sich die Klägerin in der Zeit vom 13. Oktober bis 03. November 2009 in der F.-klinik B. B. zur Durchführung einer medizinischen Rehabilitation. In seinem Reha-Entlassungsbericht vom 04. November 2009 berichtete Chirurg und Orthopäde Dr. Fl. von einer Operation an den Wirbeln L4/5 und L5/S1 bei durchgeführter Revision an L5/S1, einer Gonarthrose beidseits, einem Diabetes mellitus Typ IIb, einer arteriellen Hypertonie und von chronischer Niereninsuffizienz. In der sozialmedizinischen Epikrise wird ausgeführt, die letzte berufliche Tätigkeit der Klägerin sei nicht mehr leidensgerecht. Unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen infolge der Wirbelsäulenbeschwerden, der Gonarthrose und des Diabetes mellitus könne die Klägerin jedoch leichte körperliche Arbeiten in wechselnden Körperhaltungen noch grundsätzlich vollschichtig verrichten. Die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sei durch die eingeschränkte Gehfähigkeit beeinträchtigt. Bei Entlassung habe die Klägerin eine Linderung der Lumboischialgie rechts angegeben. Ab einer Gehstrecke von zweihundert Metern träten lumbale Rückenbeschwerden auf, Treppensteigen sei schwierig, das An- und Auskleiden selbstständig möglich. Bei der klinischen Untersuchung habe die Klägerin ein langsames, aber sicheres Gangbild, bei möglichem Zehenspitzen- und Fersengang gezeigt. Über die Reha-Maßnahme sei die Klägerin grundsätzlich zufrieden, schmerzfrei sei sie jedoch nicht.

Im Auftrag des SG erstattete im Folgenden zunächst der Ärztliche Direktor des Zentrums für Innere Medizin und der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Geriatrie des Klinikums Stuttgart Priv. Doz. Dr. Lo. über die Klägerin sein internistisches Gutachten vom 09. April 2010. Der Sachverständige diagnostizierte bei der Klägerin ein metabolisches Syndrom bei Diabetes mellitus Typ II mit Insulinresistenz, einen Verdacht auf eine beginnende diabetische Nephropathie, einen Verdacht auf eine beginnende sensorische Neuropathie, eine arterielle Hypertonie, eine Dyslipoproteinämie und Adipositas Grad III, eine chronische Niereninsuffizienz im Stadium II mit Verdacht auf kombinierte beginnende diabetische und vaskuläre Nephropathie mit Verschlechterung der Nierenfunktion unter NSAR im Juli 2009, einen sekundären Hyperprathyreoidismus bei Vitamin D-Mangel und Niereninsuffizienz, eine mittelgradige ADE-Abgangsstenose rechts, eine leichtgradige Aortenklappeninsuffizienz und eine Hypokaliämieneigung mit Differentialdiagnose unter Diuretikatherapie. Trotz dieser Erkrankungen sei der Klägerin aus internistischer Sicht eine leichte körperliche Arbeit unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich möglich. Regelmäßige Pausen seien unerlässlich, die Klägerin müsse die zeitliche und räumliche Möglichkeit haben, Blutzuckermessungen oder Insulininjektionen durchführen zu können. Die Gehfähigkeit der Klägerin sei insbesondere aufgrund ihrer orthopädischen Erkrankungen eingeschränkt. Unter Berücksichtigung ihres kardiopulmonalen Status sei sie internistischerseits in der Lage, mindestens viermal täglich mehr als 500 Meter zu Fuß zurückzulegen. Zwar bestehe bei Adipositas permagna eine eingeschränkte kardiopulmonale Belastbarkeit, auf Nachfrage habe die Klägerin jedoch angegeben, lediglich beim Bergaufgehen aufgrund von Dyspnoe eine Pause einlegen zu müssen. Sie habe jedoch davon berichtet, regelmäßig nach einer Gehstrecke von etwa 100 Metern starke Schmerzen im LWS-Bereich zu bekommen. Wenn sie in der Stadt z. B. einen Arzttermin habe, lege sie (soweit durch Befragung der Klägerin und ohne Kenntnis der Örtlichkeiten eruierbar) von der Straßenbahn bis zur Arztpraxis eine Gehstrecke von ca. 500 Metern zurück. Da dies aufgrund der Gelenkschmerzen jedoch nur sehr mühsam möglich sei, benötige die Klägerin hierfür vermutlich länger als 20 Minuten.

Ferner erstattete im Auftrag des SG Orthopäde, Unfallchirurg, Chirotherapeut und Leiter der Orthopädischen Ambulanz Dr. Bü. über die Klägerin sein fachorthopädisches Gutachten vom 11. Juni 2010 aufgrund einer Untersuchung am selben Tag. Der Sachverständige berichtete im Allgemeinbefund von einem schwerfälligen Gangbild, es bestehe jedoch kein spezifisch hinkendes Gangbild und schon gar nicht ein Schmerz- oder Entlastungshinken bzw. paretisches Hinken. Differenzierte Gang- und Standarten würden unauffällig demonstriert, lediglich monopedales Hüpfen sei beiderseits wegen der drittgradigen Adipositas unmöglich. Die Haltung sei unauffällig. Beim Hinlegen auf die Untersuchungsliege seien die Mitbewegungen von Rumpf und Wirbelsäule harmonisch gewesen. Der Sachverständige diagnostizierte einen Zustand nach Bandscheibenvorfalloperationen L4/5 und L5/S1 mit verbliebenen Lumboischialgien aktuell eher linksseitig, muskuläre Reizerscheinungen, eher nur moderate Bewegungseinschränkungen, aktuell ohne Nervenwurzelreize oder Hinweise auf belangvolle neurologische Defizite, ein wiederkehrendes BWS-Syndrom auf degenerativer Basis mit geringen Funktionseinschränkungen mit muskulären Reizerscheinungen ohne radikuläre Reizerscheinungen, ein HWS-Syndrom mit muskulären Reizerscheinungen, eher nur geringen konzentrischen Bewegungsdefiziten, einen Zustand nach Carpaltunneloperation beiderseits mit belastungsabhängigen Restbeschwerden, eine Minderung der Belastbarkeit der Hände infolge eines Zustands nach Operationen mehrerer Schnappfinger, eine Gonarthrose beiderseits mit Belastungsbeschwerden, teils auch mit vorbeschriebenen Schwellneigungen, aktuell ohne Reizzustand sowie den schon bekannten internistischen und nervenfachärztlichen Einschränkungen. Generell seien der Klägerin zumindest noch leichte körperliche Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten sowie ohne Einnahme aller Zwangshaltungen für den Rumpf und die Wirbelsäule möglich, soweit wechselnde Körperhaltungen eingenommen werden könnten. Entsprechende Tätigkeiten könnten der Klägerin auch noch über sechs Stunden täglich zugemutet werden. Besondere Ausgestaltungen des Arbeitsplatzes seien nicht erforderlich. Auf die Frage danach, ob die Gehfähigkeit der Klägerin eingeschränkt sei und bejahendenfalls, ob die Klägerin in der Lage sei, mindestens viermal täglich mehr als 500 Meter zu Fuß zurückzulegen, sowie welcher Zeitaufwand hierfür ca. erforderlich sei (unter 20 Minuten, etwa 20 Minuten oder mehr als 20 Minuten), gab der Sachverständige an, die Klägerin könne viermal täglich eine Strecke von mehr als 500 Metern in ca. 20 Minuten zurücklegen, es seien hierzu keine Hilfsmittel und keine besonderen Pausen erforderlich. Öffentliche Verkehrsmittel könnten benutzt werden. Abweichungen von Vorgutachten ergäben sich nicht.

Mit Urteil vom 21. September 2010 verurteilte das SG die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 18. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. Januar 2008 dazu, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01. Januar 2011 befristet bis zum 31. Dezember 2013 zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zwar lasse sich nach der medizinischen Beweisaufnahme nicht feststellen, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Jedoch verfüge die Klägerin nicht mehr über die erforderliche Wegefähigkeit. Die Kammer sei aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Klägerin jedenfalls seit dem 11. Juni 2010 nicht mehr in der Lage sei, viermal täglich Fußwege von mehr als 500 Metern in weniger als jeweils 20 Minuten zurückzulegen. Erstmals beschreibe der Entlassungsbericht vom 04. November 2009 eine eingeschränkte Gehfähigkeit der Klägerin. Allerdings ließen sich dem Bericht keine konkreten Angaben dazu entnehmen, in welcher Zeit die Klägerin eine Strecke von 500 Metern bewältigen könne. Die Tatsache, dass Dr. Lo. die Klägerin aus internistischer Sicht in der Lage sehe, mindestens viermal täglich mehr als 500 Meter zu Fuß zurückzulegen, stehe der Annahme der mangelnden Wegefähigkeit nicht entgegen. Denn nach Einschätzung von Dr. Lo. seien bei der Gehfähigkeit die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet limitierend. Nach den Feststellungen des Dr. Bü. benötige die Klägerin für eine Strecke von mehr als 500 Metern ca. 20 Minuten. Die Kammer habe keine Anhaltspunkte dafür, dass von der Einschätzung des Dr. Bü. abzuweichen sei. Auch die vorliegenden medizinischen Unterlagen belegten eine Einschränkung der Gehfähigkeit. Bereits im ärztlichen Entlassungsbericht aus dem Jahr 2007 heiße es, dass die Tätigkeit überwiegend in sitzender Arbeit erfolgen solle und nur ein gelegentliches Stehen und Gehen möglich sei. Dieser Einschätzung folge auch Dr. J ... Insgesamt zeichne sich durch die medizinischen Unterlagen eine Verschlechterung ab. Allerdings werde erst durch das Gutachten von Dr. Bü. nachgewiesen, dass es der Klägerin nicht möglich sei, die relevante Strecke innerhalb der zumutbaren Zeit zurückzulegen. Der Leistungsfall könne mit hinreichender Sicherheit erst am 11. Juni 2010 angenommen werden. Die Rente werde befristet auf Zeit ab dem 01. Januar 2011 für die Dauer von drei Jahren gewährt.

Gegen dieses ihr am 25. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17. November 2010 Berufung eingelegt. Den Feststellungen des SG zur Wegefähigkeit könne sie sich nicht anschließen. Aus der Tatsache, dass das Bundessozialgericht (BSG) die Wegefähigkeit regelmäßig als gegeben ansehe, wenn Versicherte viermal täglich mehr als 500 Meter in jeweils unter 20 Minuten zu Fuß zurücklegen könnten, folge im Umkehrschluss nicht, dass Versicherten, die für mehr als 500 Meter etwa 20 Minuten brauchten, die Wegefähigkeit fehle. So habe es das BSG nicht beanstandet (unter Verweis auf das Urteil vom 28. August 2002, B 5 RJ 12/02 R, in juris), dass die Vorinstanz einen Zeitaufwand von 15 bis 20 Minuten für genau 500 Meter noch für zumutbar gehalten habe. Dieser Sachverhalt unterscheide sich nicht relevant vom vorliegenden, bei dem der Klägerin attestiert worden sei, dass sie mehr als 500 Meter in ca. 20 Minuten zurücklegen könne. Schon deshalb liege im Übrigen Wegefähigkeit vor. Nach nochmaliger Überprüfung aller medizinischer Befunde gehe der prüfärztliche Dienst davon aus, dass die Klägerin Wegstrecken von mehr als 500 Metern auch in weniger als 20 Minuten zu Fuß zurücklegen könne. Zweifel und Unklarheiten hinsichtlich der Wegefähigkeit gingen nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast aber zu Lasten der Klägerin.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 21. September 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wer für genau 500 Meter 15 bis 20 Minuten brauche, sei anders zu behandeln als jemand, der für mehr als 500 Meter 20 Minuten benötige. Im ersten Fall könne nämlich davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter weniger als 20 Minuten für (genau) 500 Meter brauche, da sonst nicht die Zeitspanne von 15 bis 20 Minuten angegeben worden wäre. Im zweiten Fall dagegen sei klargestellt, dass für eine Strecke von mehr als 500 Metern eine Gehzeit von unter 20 Minuten nicht ausreichend sei.

In der nichtöffentlichen Sitzung vom 26. August 2011 haben beide Beteiligte sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung nach § 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten in beiden Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligter durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig und begründet. Auf die Berufung der Beklagten hin war das Urteil des SG aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte für die Zeit vom 01. Januar 2011 bis 31. Dezember 2013 weder Anspruch auf eine Rente wegen voller, noch wegen teilweiser Erwerbsminderung, denn sie ist noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.

1. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur die Frage des Anspruchs der Klägerin auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit vom 01. Januar 2011 bis 31. Dezember 2013. Nur für diesen Zeitraum hat das SG der Klägerin mit Urteil vom 21. September 2010 Rente zugesprochen. Hiergegen wendet sich allein die Beklagte mit der Berufung. Die Klägerin begehrt auf ausdrückliche Nachfrage des Senats hin nur, die Berufung zurückzuweisen und damit den Rentenanspruch wie vom SG entschieden zu bestätigen.

2. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. insbesondere BSG Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 8) kann jedoch auch bei einem vollen oder nur eingeschränkten Restleistungsvermögen ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehen, wenn nämlich der für den Versicherten (noch) in Betracht kommende Arbeitsmarkt verschlossen ist. So kann ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gegeben sein, wenn der Versicherte nur unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann oder den täglichen Weg zur Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zurücklegen kann. Ebenso besteht trotz eines noch vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn der Versicherte an einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen leidet oder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegt.

a) Die Klägerin ist in der Zeit vom 01. Januar 2011 bis 31. Dezember 2013 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, da sie leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Das steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der Sachverständigengutachten der Nervenärztin Dr. A. vom 08. September 2008, des Internisten Priv.-Doz. Dr. Lo. vom 09. April 2010 sowie des Orthopäden Dr. Bü. vom 11. Juni 2010 fest.

Bei der Klägerin liegen Gesundheitsstörungen auf orthopädischem, internistischem und psychiatrischem Fachgebiet vor. Aktuell stehen die orthopädisch bedingten Einschränkungen im Vordergrund. Die Klägerin leidet insoweit an einem Zustand nach Bandscheibenvorfalloperationen L4/5 und L5/S1 mit verbliebenen Lumboischialgien aktuell eher linksseitig, an muskulären Reizerscheinungen bei eher nur moderaten Bewegungseinschränkungen aktuell ohne Nervenwurzelreize oder Hinweise auf belangvolle neurologische Defizite, an einem wiederkehrenden BWS-Syndrom auf degenerativer Basis mit geringen Funktionseinschränkungen, mit muskulären, aber ohne radikuläre Reizerscheinungen, einem HWS-Syndrom mit muskulären Reizerscheinungen bei eher nur geringen konzentrischen Bewegungsdefiziten, an einem Zustand nach Carpaltunneloperation beidseits mit belastungsabhängigen Restbeschwerden, an einer Minderung der Belastbarkeit der Hände infolge eines Zustands nach Operationen mehrerer Schnappfinger und an einer Gonarthrose beidseits mit Belastungsbeschwerden, teils auch mit vorbeschriebenen Schwellneigungen, aktuell ohne Reizzustand. Der Senat stützt dies auf das Sachverständigengutachten des Dr. Bü. vom 11. Juni 2011, der diese Gesundheitsstörungen unter Berücksichtigung der Berichte über die zuvor bei der Klägerin durchgeführten Bandscheibenoperationen sowie aufgrund der selbst erhobenen bildgebenden Befunde diagnostiziert hat. Internistischerseits leidet die Klägerin an einem metabolischen Syndrom bei Diabetes mellitus Typ II mit Insulinresistenz, einer arteriellen Hypertonie, einer Dyslipoproteinämie und Adipositas Grad III, einer chronischen Niereninsuffizienz im Stadium II mit Verdacht auf kombinierte beginnende diabetische und vaskuläre Nephropathie mit Verschlechterung der Nierenfunktion unter NSAR im Juli 2009, einem sekundären Hyperprathyreoidismus bei Vitamin D-Mangel und Niereninsuffizienz, an einer mittelgradigen ADE-Abgangsstenose rechts, einer leichtgradigen Aortenklappeninsuffizienz und einer Hypokaliämieneigung mit Differentialdiagnose unter Diuretikatherapie. Darüber hinaus besteht bei ihr der Verdacht auf eine beginnende diabetische Nephropathie und auf eine beginnende sensorische Neuropathie. Hierfür legt der Senat das Gutachten des Sachverständigen Dr. Lo. vom 09. April 2010 zugrunde, der nach umfassender körperlicher Untersuchung und Befunderhebung unter Auswertung aller erhobener Laborparameter die genannten Gesundheitsstörungen bei der Klägerin festgestellt hat. Schließlich leidet die Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet an einer chronischen depressiven Störung im Sinne einer Dysthymie und einer somatoformen Schmerzstörung. Weitere Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet liegen indes nicht vor. Dies stützt der Senat auf den Inhalt des Sachverständigengutachtens von Dr. A. vom 08. September 2008. Die Sachverständige hat darin nach umfassender eigener Exploration der Klägerin und unter Auswertung der bei den Akten befindlichen nervenfachärztlichen Befundberichte für den Senat überzeugend weitere nervenfachärztliche Erkrankungen, insbesondere eine relevante Angststörung, ausgeschlossen. Eine Verschlechterung auf diesem Fachgebiet im Nachgang zur durchgeführten Begutachtung hat der behandelnde Hausarzt der Klägerin in seiner Auskunft vom 14. September 2009 nicht berichtet. Eine psychiatrische oder psychosomatische Mitbehandlung wurde im Übrigen auch in der Reha-Maßnahme vom 13. Oktober bis 03. November 2009 nicht durchgeführt.

Aus den bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats Leistungseinschränkungen qualitativer Art. Der Sachverständige Dr. Bü. hat in seinem Gutachten vom 11. Juni 2010 schlüssig und überzeugend aus den bei der Klägerin gegebenen orthopädischen Einschränkungen - neben Arbeiten mit besonderer Anforderung an die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände - jegliche schwere und mittelschwere Tätigkeiten ausgeschlossen, wobei die Klägerin insbesondere jegliches Heben und Tragen von Lasten, jegliche Zwangshaltungen für Rumpf und Wirbelsäule, einseitige Körperhaltungen sowie jegliches Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüste nicht mehr verrichten kann. Einschränkungen für Arbeiten mit Absturzgefahr ergeben sich überdies auch internistischerseits. Dies hat der Sachverständige Priv.-Doz. Dr. Lo. aus der bei der Klägerin vorliegenden Zuckererkrankung abgeleitet. Zudem resultiert aus dieser Erkrankung eine Einschränkung für Arbeiten in Kälte, Hitze oder unter ähnlich ungünstigen Witterungseinflüssen, weil die Klägerin in der dann erforderlichen Schutzkleidung einer schnellen Insulininjektion ggf. nicht zugänglich ist; auch darin folgt der Senat dem Gutachten des Priv.-Doz. Dr. Lo ... Demgegenüber bringen die chronische Niereninsuffizienz, der sekundäre Hypertheorismus, die mittelgradige ACE-Stenose, die leichtgradige Mitralklappeninsuffizienz die arterielle Hypertonie sowie die Hypokaliämieneigung für die Klägerin keine Einschränkungen für den allgemeinen Arbeitsmarkt mit sich. Der Sachverständige hat insoweit die Schwere der jeweiligen Erkrankungen unter sorgfältiger Auswertung sämtlicher Laborwerte für den Senat überzeugend als jedenfalls aktuell nur gering eingeschätzt. Aus den bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen nervenfachärztlicher Art hat überdies die Sachverständige Dr. A. für den Senat überzeugend Einschränkungen für Tätigkeiten unter Schichtbedingungen und verbunden mit besonderer nervlicher Belastung hergeleitet.

Die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen, die zu den beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen führen, bedingen indes nach Überzeugung des Senats weder Einschränkungen des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht noch schwere spezifische Leistungseinschränkungen, die einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung zu begründen vermöchten.

Die Klägerin ist zur Überzeugung des Senats noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen, aber zeitweise im Stehen und Gehen, und ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastung wie Akkord- oder Schichtbetrieb in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, soweit die Möglichkeit besteht, regelmäßig den Blutzuckergehalt zu messen und bei Bedarf Insulin zu spritzen. Auch dies stützt der Senat auf das Ergebnis der Begutachtungen durch die drei in erster Instanz gerichtlich bestellten Sachverständigen. Dr. A. hat in ihrem Gutachten vom 08. September 2008 deutlich herausgearbeitet, dass die Klägerin trotz der bei ihr bestehenden Gesundheitseinschränkungen eine insgesamt gut erhaltene Tagesstruktur, vor allem aber eine gut erhaltene Freizeitgestaltung mit klar benannten Hobbys und vielen privaten Kontakten insbesondere im Familienbereich aufweist. Vor diesem Hintergrund war für den Senat schlüssig und überzeugend, dass Dr. A. ein relevantes soziales Rückzugsverhalten oder eine anderweitige Beeinträchtigung des Alltagserlebens durch die psychischen Beschwerden nicht festzustellen vermochte. Anhaltspunkte dafür, dass sich dies innerhalb der letzten Jahre leistungsrelevant geändert hat, ergeben sich dem Senat nicht. Vielmehr hat die Klägerin auch Dr. Bü. gegenüber wieder von einem gut strukturierten Tagesablauf bei weiterhin erhaltenen Hobbys berichtet. Aus diesem Grund greifen auch die von der Klägerin erhobenen Einwände, Dr. A. habe ihre (der Klägerin) Schilderungen hierzu nicht richtig wiedergegeben, nicht durch.

Auch internistischerseits ergibt sich nach Auffassung des Senats keine Leistungseinschränkung quantitativer Art. Dies stützt der Senat auf das Gutachten des Priv.-Doz. Dr. Lo., der für den Senat schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen ist, dass sich weder aus der Diabetes-Erkrankung der Klägerin, soweit Möglichkeit regelmäßiger Insulinzufuhr besteht, noch aus der kardiopulmonalen Erkrankung in leichten körperlichen Tätigkeiten eine Einschränkung der Belastungsdauer ableiten lässt. Auch für die Klägerin selbst standen im Übrigen ihren Äußerungen Priv.-Doz. Dr. Lo. gegenüber zufolge die internistischen Einschränkungen nicht im Vordergrund.

Zur Überzeugung des Senats resultieren aber auch aus den auf orthopädischem Fachgebiet bestehenden Beschwerden, die die Klägerin selbst im Vordergrund sieht, keine Leistungseinschränkungen quantitativer Art. Der Senat folgt insoweit dem Ergebnis des Gutachtens des Dr. Bü., das für den Senat infolge der sorgfältigen und umfassenden Untersuchung der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar ist. Der Sachverständige hat zu Knochengerüst und Extremitäten sämtliche Bewegungsparameter erhoben und dabei eine insgesamt nur moderate Einschränkung der Beweglichkeit festgestellt. Das An- und Auskleiden gelang in der Untersuchungssituation mühelos, beim Hinlegen auf die Untersuchungsliege waren die Mitbewegungen von Rumpf und Wirbelsäule harmonisch. Der Sachverständige hat überdies im Wirbelsäulenbereich trotz durchgeführter Bandscheibenoperationen keine Nervenwurzelreize oder Hinweise auf belangvolle neurologische Defizite festzustellen vermocht. Zudem hat die Klägerin gegenüber dem Sachverständigen selbst davon berichtet, dass es zu Schmerzverstärkungen (nur) bei körperlichen Belastungen wie Bücken, Heben oder Tragen komme. Demgegenüber hat der Sachverständige bei Durchführung seiner Untersuchungen allenfalls mäßiggradige Schmerzen der Klägerin etwa bei Verschieben der Kniescheiben oder bei Druckbelastung festzustellen vermocht; über der LWS fand sich dagegen nicht einmal ein Klopfschmerz ... Insgesamt vermag der Senat daher dem Sachverständigen darin zu folgen, dass sich bei Verrichtung leidensgerechter Tätigkeiten eine Einschränkung der Ausdauerfähigkeit auch aus den orthopädischerseits bestehenden Gesundheitsstörungen der Klägerin nicht ableiten lässt.

b) Bei folglich im hier streitigen Zeitraum weiterhin erhaltener Erwerbsfähigkeit ist der Arbeitsmarkt für die Klägerin aber auch nicht aus anderen Gründen verschlossen. Weder fehlt es der Klägerin an der erforderlichen Wegefähigkeit, noch bedarf sie unüblicher Arbeitsbedingungen. Auch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt nicht vor.

Insbesondere vermochte sich der Senat - anders als das SG - auch von einer rentenrelevanten Einschränkung der Wegefähigkeit der Klägerin nicht zu überzeugen. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit einer Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit zwar auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (vgl. BSG, Urteil vom 13. Juli 1988 - 5/4a RJ 57/87 - SozR 2200 § 1247 Nr. 53). Wegefähigkeit setzt darüber hinausgehend jedoch auch voraus, dass solche Wege auch in noch zumutbarer Zeit bewältigt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Das BSG hat hierzu ausgeführt, dass für die Beurteilung dieses Zeitfaktors ein generalisierender Maßstab anzuwenden ist. Dabei kann von dem nach der Rechtsprechung des BSG zum Schwerbehindertenrecht noch üblichen Zeitaufwand von 30 Minuten für zwei Kilometer ausgegangen werden, der bereits kurze Wartezeiten und Zeiten des Herumstehens einbezieht. Umgerechnet auf 500 Meter ergibt sich so eine normale Gehzeit von 7,5 Minuten. Der Bereich des Zumutbaren wird nach Einschätzung des BSG dann verlassen, wenn der Gehbehinderte für 500 Meter mehr als das Doppelte dieser Zeit, also etwa 20 Minuten, benötigt (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991, aaO).

Anhand dieses Maßstabs lässt sich für die Klägerin eine Einschränkung der Wegefähigkeit nicht herleiten. Dass die Klägerin grundsätzlich in der Lage ist, eine solche Gehstrecke noch zu bewältigen, hat sie gegenüber dem Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. Lo. selbst eingeräumt, der die Klägerin darin zitiert hat, dass sie beim Aufsuchen ihres Arztes Strecken dieses Ausmaßes zurücklegt. Zur Überzeugung des Senats kann die Klägerin eine solche Strecke aber auch noch in einer insgesamt zumutbaren Zeit bewältigen. Der Senat legt insoweit ganz maßgeblich das Gutachten des Dr. Bü. vom 11. Juni 2010 zugrunde. Dr. Bü. ist zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin eine Strecke von über 500 Metern in einer Zeit von (genau) 20 Minuten zurückzulegen in der Lage ist. Mit diesem Zeitmaß wird dem Maßstab des BSG noch entsprochen. Zwar hat das BSG seine grundlegenden Ausführungen im Urteil vom 17. Dezember 1991 (aaO) teilweise dahingehend zusammengefasst, dass Wegefähigkeit dann nicht bestehe, wenn dem Versicherten nicht mehr möglich sei, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Metern in jeweils weniger als 20 Minuten zurückzulegen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 21. März 2006 - B 5 RJ 51/04 R - SozR 4-2600 § 43 Nr. 8). Es hat jedoch an anderer Stelle ausdrücklich für rechtlich unbedenklich gehalten, dass Wegefähigkeit für eine Person noch bejaht wurde, die für (genau) 500 Meter einen Zeitaufwand von höchstens 20 Minuten benötigt (vgl. BSG, Urteil vom 28. August 2002 - B 5 RJ 12/02 R -, a.a.O.), was einer Dauer von jedenfalls 20 Minuten bei über 500 Metern entspricht. Hieraus wird deutlich, dass nach Vorstellung des BSG nicht eine minutengenaue Grenze zu ziehen ist, sondern vielmehr insgesamt eine Zumutbarkeitsbetrachtung zu erfolgen hat, die im Vergleich mit einer gesunden Person herzustellen ist und bei "etwa 20 Minuten" für 500 Meter liegt. Dann aber ist zur Überzeugung des Senats bei der Klägerin die Grenze einer zumutbaren Wegedauer noch nicht überschritten. Die Klägerin benötigt insgesamt nicht mehr als etwa das Doppelte derjenigen Zeit, die eine gesunde Person für eine Strecke von über 500 Metern benötigte, nämlich etwa 20 Minuten. Dabei bedarf sie keiner zusätzlicher Pausen und überdies keiner Hilfsmittel. Ihre Wegefähigkeit stellt sich damit als insgesamt ausreichend dar. Die Einschätzung des Sachverständigen war für den Senat im Übrigen anhand des weiteren Inhalts des Gutachtens, insbesondere der von diesem erhobenen Befunde, auch plausibel. Der Sachverständige hat davon berichtet, dass das Gangbild der Klägerin zwar schwerfällig, aber ohne spezifisches Hinken, insbesondere ohne Schmerz- oder Belastungshinken gezeigt werden konnte. Auch differenzierte Gang- und Standarten wurden unauffällig demonstriert. Lediglich das monopedale Hüpfen war wegen der drittgradigen Adipositas nicht möglich. Im Wirbelsäulenbereich fanden sich zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Nervenwurzelreize oder Hinweise auf neurologische Defizite, im Bereich der Knie war beidseits keine Schwellung bei jeweils stabilem Bandapparat und freier aktiver und passiver Beweglichkeit festzustellen. Die Bemuskelung war an beiden Beinen geschlechtsspezifisch und symmetrisch entwickelt. Aufgrund dieses insgesamt in sich stimmigen Befundbildes, das auf ein langsames, aber nicht übermäßig beschwerliches Gehvermögen schließen lässt, vermag der Senat der Einschätzung des Sachverständigen Dr. Bü. zur Wegefähigkeit der Klägerin vollumfänglich zu folgen. Aus den Ausführungen des Dr. Fl. in seinem Reha-Entlassungsbericht vom 4. November 2009 über eine nur eingeschränkte Gehfähigkeit ab 200 Metern mit Problemen beim Treppensteigen kann die Klägerin nichts davon Abweichendes für sich herzuleiten. Mit Blick auf die von Dr. Bü. erhobenen Befunde können die Ausführungen des Dr. Fl. allenfalls eine vorübergehende maßgebliche Einschränkung der Wegefähigkeit im Nachgang zu der dieser Rehabilitationsmaßnahme unmittelbar zuvor erfolgten Bandscheibenoperation belegen, nicht dagegen eine mindestens sechs Monate andauernde Unzumutbarkeit des Zurücklegens von Strecken über 500 Metern. Auch internistischerseits wird überdies nach dem Gutachten des Priv.-Doz. Dr. Lo. die Wegefähigkeit der Klägerin nicht leistungsrelevant limitiert. Priv.-Doz. Dr. Lo. hat die Klägerin ausdrücklich dazu befragt, inwieweit eine Belastungsdyspnoe durch die kardiopulmonale Erkrankung ausgelöst wird und hat auf der Grundlage dessen, dass die Klägerin nur für das Bergaufgehen von Entsprechendem berichtet hat, die Relevanz der Erkrankungen auf seinem Fachgebiet für die Wegefähigkeit überzeugend verneint.

Im Falle der Klägerin resultiert ein Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung auch nicht daraus, dass sie infolge der Diabetes-mellitus-Erkrankung ihren Tagesablauf planen und ggf. kurzfristig Insulin spritzen können muss. Betriebsunübliche Arbeitsbedingungen werden hierdurch nicht vorgegeben. Die regelmäßig anfallenden Blutzuckermessungen lassen sich ebenso wie im Rahmen des üblichen erfolgende Insulinspritzen - innerhalb betriebsüblicher Verteilzeiten vornehmen (so die st.Rspr.; vgl. etwa das LSG, Urteil vom 26. Oktober 2010 - L 11 R 5203/09; Bayerisches Landessozialgericht vom 25. Mai 2009 - L 18 R 535/04; beide in juris). Anhaltspunkte dafür, dass dies im konkreten Fall der Klägerin (etwa aufgrund besonders unberechenbar häufig auftretender Entgleisungen o.Ä.) anders zu beurteilen sein sollte, ergeben sich dem Senat nicht. Die Klägerin hat gegenüber dem Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. Lo. angegeben, Hypoglykämien jedenfalls bislang immer rechtzeitig bemerkt und korrigiert zu haben.

Schließlich ist auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gegeben. Zwar liegen auf mehreren fachärztlichen Gebieten unterschiedliche qualitative Leistungseinschränkungen vor. Diese ergeben jedoch in ihrer Gesamtschau kein unerfüllbares Tätigkeitsbild, sondern vielmehr insgesamt das typische Bild einer in jeder Hinsicht leichten Tätigkeit. Der Große Senat des BSG hat hierzu ausdrücklich entschieden, dass für die Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit die konkrete Benennung von Verweisungstätigkeiten auch dann nicht erforderlich ist, wenn der Versicherte körperlich leichte Tätigkeiten vollschichtig nur mit weiteren Einschränkungen verrichten kann, soweit diese nicht als ungewöhnliche Einschränkung zu bezeichnen sind (BSG, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - a.a.O.). Ungewöhnliche Leistungseinschränkungen sind bei der Klägerin jedoch nicht diagnostiziert.

Da die Klägerin insgesamt noch vollschichtig belastbar ist, kommt auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht in Betracht. Über eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit war nicht zu entscheiden, da diese durch die Klägerin in erster Instanz nicht beantragt war.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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