L 8 U 3078/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 2573/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3078/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Schultergelenkserkrankung der Klägerin Folge des Arbeitsunfalls vom 03.08.2004 ist.

Die 1962 geborene Klägerin stand am 03.08.2004 während ihrer Arbeit als Raumpflegerin auf einem Hocker, um Reinigungsarbeiten zu verrichten. Als der Hocker zur Seite wegrutschte und die Klägerin zu stürzen drohte, fing sie sich mit dem linken Arm ab. Hierbei verdrehte sie sich das linke Schultergelenk. Danach setzte sie die Arbeit fort. Am 04.08.2004 stellte sie sich beim Durchgangsarzt Dr. B. wegen Schmerzen im linken Schultergelenk vor. Die von ihm veranlasste Röntgenaufnahme der linken Schulter zeigte unauffällige knöcherne Verhältnisse. Dr. B. diagnostizierte eine Schulterdistorsion links und den Verdacht auf eine Rotatorenmanschettenruptur (Durchgangsarztbericht von Dr. B. vom 04.08.2004). Die von ihm veranlasste Kernspintomographie am 05.08.2004 ergab eine leichte Entzündung der Ansätze der Supra- und Infraspinatussehne und leichte Bursa-Irritation des linken Schultergelenks, ohne Ruptur oder Synovitis bei Impingement durch laterale Abwärtsneigung des Acromions (Befundbericht der radiologischen Gemeinschaftspraxis Dr. H. und Kollegen vom 06.08.2004). In der Folge war die Klägerin arbeitsunfähig und wurde wegen der Schultergelenksbeschwerden ärztlich behandelt. Vom 26.10.2004 bis 25.11.2004 befand sie sich in stationärer Behandlung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BG-Klinik), aus der sie mit der Diagnose von Restbeschwerden nach Schulterdistorsion links mit geringer Bursitis subacromialis entlassen wurde (Entlassungsbericht der BG-Klinik vom 26.11.2004). Nach einer Belastungserprobung vom 29.11. bis 26.12.2004 war die Klägerin ab 27.12.2004 wieder arbeitsfähig (Zwischenbericht der BG-Klinik vom 28.12.2004). Dr. B. teilte der Beklagten mit, die Klägerin arbeite jetzt voll halbtags, seither hätten die Schulterschmerzen zugenommen (Nachschaubericht von Dr. B. vom 04.02.2005).

In dem von der Beklagten veranlassten Gutachten vom 13.05.2005 beurteilte Dr. V. die von ihm diagnostizierte Kraftminderung bei der Abduktion des linken Arms sowie Bewegungs-, Belastungs- und Ruheschmerzen im linken Schultergelenk als Unfallfolge mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von unter 10 v.H. Die in der Folge von Dr. B. weiterbehandelte, arbeitsfähige Klägerin stellte sich zur Kontrolle am 20.11.2005 bei Dr. B. vor. In seinem Zwischenbericht vom 20.11.2005 teilte Dr. B. mit, die Schulterschmerzen hätten sich deutlich gebessert. Es bestehe noch eine Bewegungseinschränkung am linken Schultergelenk und ein diffuser Druckschmerz um die linke Schulter. Die Behandlung sei abgeschlossen. Die Klägerin bleibe arbeitsfähig.

Nach weiteren Nachschauberichten von Dr. B. vom 06.12.2005, 18.12.2006 und 22.03.2007 über fortbestehende Schmerzen am linken Schultergelenk holte die Beklagte das Gutachten der BG-Klinik vom 10.09.2007 ein, in dem Prof. Dr. W. einen unfallbedingten Zusammenhang der Schulterbeschwerden Klägerin verneinte. Der von der Klägerin angegebene Glatteisunfall am 13.02.2006 (direkter Sturz auf die linke Schulter mit Anpralltrauma) sei keine mittelbare Folge des Unfalls vom 03.08.2004 und gesondert zu werten. Diesbezüglich habe Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit bis 19.03.2006 bestanden.

Mit Bescheid vom 29.10.2007 stellte die Beklagte das Ereignis vom 03.08.2004 als Versicherungsfall mit Behandlungsbedürftigkeit bis zum 26.12.2004 und als Unfallfolge eine Schulterprellung links fest. Darüber hinausgehende krankhafte Veränderungen stünden nicht im Zusammenhang mit dem Unfall. Der hiergegen eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2008 zurückgewiesen.

Die Klägerin erhob am 17.07.2008 Klage vor dem Sozialgericht Reutlingen, das auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten vom 18.12.2009 mit Ergänzung vom 28.12.2010 einholte. Der Sachverständige Prof. Dr. W. führte aus, die beiden Unfälle am 03.08.2004 und 13.02.2006 verursachten keine strukturellen Schäden an der linken Schulter, insbesondere an der Rotatorenmanschette. Unfallvorbestehend sei eine knöcherne Enge, die dazu geführt habe, dass die unfallbedingte Entzündung der Sehnenansätze über die normalerweise 6 Wochen andauernde Zeit hinaus angehalten und der Heilungsprozess wesentlich länger gedauert habe. Spätestens nach 6 Monaten habe jedoch die Wirkung des Unfalls geendet und die Entzündung sei allein noch durch die vorbestehende knöcherne Enge weiter unterhalten worden. Eine andere Einschätzung wäre nur möglich, wenn es durch den Unfall zu strukturellen Schäden gekommen sei, was aber nach dem MRT-Befund auszuschließen sei.

Mit Urteil vom 26.05.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab.

Gegen das dem Klägerbevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 15.07.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.07.2011 Berufung eingelegt und macht geltend, das nicht lediglich als Gelegenheitsereignis zu wertende Unfallereignis sei gleichwertige Bedingung dafür, dass der entzündliche Prozess des Schultergelenks aufrecht erhalten bleibe. Der Sachverständige Prof. Dr. W. argumentiere unlogisch, weil er keinen Grund dafür nenne, dass der tatsächliche entzündliche Prozess durch eine andere Ursache abgelöst worden sei. Die Rechtsfrage sei, wenn ein Zustand, der unfallbedingt gleichwertig ausgelöst worden sei, anhalte, ob dann aus rechtlicher Sicht ohne Änderung in wesentlicher tatsächlicher Hinsicht gesagt werden könne, dass nach einem Zeitpunkt von 6 Monaten ein Wandel der Ursachengrundlage eintrete.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26.05.2011 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 29.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2008 abzuändern und bei der Klägerin eine Schulterdistorsion mit chronischer Entzündung des Ansatzes der Supra- und Infraspinatussehne und Bursitis subdeltoidea als Unfallfolge festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Die Ursache der andauernden Schulterbeschwerden der Klägerin sei in einem andauernden Impingement im Bereich der linken Schulter, nämlich den Einklemmungserscheinungen des Ansatzes der Supraspinatussehne im Raum zwischen Schulterdach und Oberarmkopf zu sehen.

Mit richterlicher Verfügung vom 03.01.2012 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Äußerung erhalten.

Der Senat hat die Akten der Beklagten und des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

II.

Gem. § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die in Betracht kommende Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG sowie deren Voraussetzungen mit richterlicher Verfügung vom 03.01.2012 hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und insgesamt zulässig.

Die Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 29.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2008, mit dem die Feststellung weiterer Unfallfolgen abgelehnt worden ist, ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der über den 20.12.2004 hinausgehenden genannten Sehnenansatz- und Schleimbeutelentzündung als Unfallfolge.

Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die für die Entscheidung des Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Es hat ausführlich und zutreffend begründet, dass die Klage unbegründet ist, weil nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. W. keine durch den Unfall verursachten strukturellen Veränderungen vorliegen, die die bei der Klägerin andauernden Schulterschmerzen unterhalten. Hierfür verantwortlich ist das unfallvorbestehende Impingement, weshalb es unter dem Gesichtspunkt der Verschiebung der Wesensgrundlage angebracht ist, jeweils für die vom Zeitpunkt des Unfalls bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit vorliegenden Beschwerden noch die Unfälle als wesentliche Mitursachen zuzurechnen. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die ausführlichen und zutreffenden Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Zum Beschwerdevorbringen ist auszuführen, dass nach den vorliegenden medizinischen Befunden die Schmerzsymptomatik im November/Dezember 2004 abgeklungen war, wie sich den Zwischenbericht der BG-Klinik vom 28.12.2004 entnehmen lässt. Die Arbeitsbelastungserprobung hat die Klägerin durchführen können. Beschwerden bestanden nur noch bei Belastung durch Über-Kopf-Arbeiten. Die Schultergelenksbeweglichkeit war passiv frei und aktiv nur geringfügig eingeschränkt. Eine Tendinitis wurde nicht mehr diagnostiziert. Bei der Aufnahmeuntersuchung zur stationären Behandlung am 26.10.2004 war die Schultergelenksbeweglichkeit sogar beidseits frei mit Abduktion und Anteversion bis 170/180°. Unfallabhängige Umstände für das erneute Auftreten einer Schmerzsymptomatik an der linken Schulter sind nicht ersichtlich. In Betracht kommt allein die bereits unfallvorbestehende knöcherne Enge mit der Impingementsymptomatik. Eine Schmerzzu- und -abnahme war auch in der Folge hinsichtlich der Schulterbeschwerden zu verzeichnen. Dies ergibt sich aus den Nachschauberichten von Dr. B. vom 14.09.2005 mit Untersuchung der Klägerin am 13.09.2005 (Klägerin klagt seit Tagen nach Überlastung bei der Arbeit wieder über vermehrte Schmerzen bei unauffälligem äußerlichem Befund und mäßig eingeschränkter Beweglichkeit der linken Schulter und ohne Druckschmerz über dem linken AC-Gelenk) und 19.12.2006 mit Untersuchung am 18.12.2006 (Klägerin klagt weiter über Schmerzen in der linken Schulter, mäßige Bewegungseinschränkung mit schmerzhaften Bogen links zwischen 90-120° und Druckschmerz um die linke Schulter). Für die Schmerzsymptomatik nach dem Sturz auf Glatteis am 13.02.2006 ist ein unfallbedingter Zusammenhang mit dem hier allein streitigen Arbeitsunfall vom 03.08.2004 nicht zu erkennen. Ein solcher Zusammenhang ist in dem Gutachten von Prof. Dr. W. und Prof. Dr. W. auch überzeugend ausgeschlossen worden. Darüber hinaus hat für den Senat Prof. Dr. W. auch nachvollziehbar dargelegt, dass aus dem anlässlich des Sturzes am 13.02.2006 gefertigten Kernspintomogramm ebenso wenig strukturelle Schäden ersichtlich sind, die für die Unterhaltung der Schmerzsymptomatik hätten verantwortlich gemacht werden können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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