L 5 KR 1855/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 5727/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1855/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.10.2010, – S 9 KR 742/10 – aufgehoben.

Die Klage gegen den Bescheid vom 21.06.2011 wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand:

Die Klägerin wehrt sich gegen die Feststellung der Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH ein Dienstleistungsunternehmen im Bereich der Verkaufsförderung.

Sie schloss mit der Beigeladenen zu 1 am 22.09.2008/03.10.2008 folgenden Dienstleistungsvertrag:

1. Der Auftraggeber bietet dem Auftragnehmer den Abschluß von Zusatzverträgen (Aktionsvereinbarungen) zur Erbringung von produktbezogenen Verkaufsförderungsleistungen während der Laufzeit des vorliegenden Vertrages an. Der Auftragnehmer ist zur Annahme nicht verpflichtet. Eine Ablehnung ist jedoch unverzüglich zu erklären. 2. Im Falle der Vertragsannahme regeln sich Rechte und Pflichten nach dem auf den konkreten Vertragsgegenstand bezogenen Zusatzvertrag (Aktionsvereinbarung), der Bestandteil dieses Vertrages wird. 3. Der Auftragnehmer sichert zu, dass er den jeweiligen Auftrag sach- und fachkundig mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns bearbeiten wird.

Der Auftragnehmer ist berechtigt, den Auftrag in eigener Person oder unter Hinzuziehung Dritter ausführen zu lassen. Soweit er sich zur Ausführung eines Auftrages der Dienste Dritter bedient hat er sicherzustellen, dass diese in der Lage sind, die jeweiligen Vertragsziele in sachlicher und fachlicher Hinsicht zu erfüllen. 4. Erbringt der Auftragnehmer seine geschuldeten Leistungen ohne Hinzuziehung Dritter, so hat er für den Fall der Verhinderung aus persönlichen Gründen dafür Sorge zu tragen, dass eine den Vertragszweck beeinträchtigende Leistungsunterbrechung nicht eintritt. 5. Es besteht Einigkeit zwischen den vertragschließenden Parteien, dass die zu erfüllenden Leistungen Gewerblichkeit auf Seiten des Auftragnehmers voraussetzen. Der Auftragnehmer sichert deshalb zu, dass er die für die ordnungsgemäße Ausübung der nach diesem Vertrag geschuldeten Tätigkeiten erforderlichen gewerberechtlichen Erlaubnisse etc. besitzt und dem Auftraggeber auf Verlangen nachweist.

Der Auftragnehmer ist berechtigt, weitere Aufträge auch von anderen Unternehmen als dem Auftraggeber anzunehmen, sofern dadurch die erfolgreiche Durchführung des mit dem Auftraggeber eingegangenen Zusatzvertrages nicht gefährdet wird. 6. Die vom Auftragnehmer erbrachten Leistungen sind nach einer jeweils im Voraus festzulegenden Berechnungsbasis abzurechnen. Der Anspruch auf Abrechnung entsteht mit Beendigung des Zusatzvertrages. Der Auftragnehmer kann Abschlagszahlungen nach näherer Übereinkunft verlangen. Die jeweils geltende gesetzliche Mehrwertsteuer muss, wird sie beansprucht, gesondert ausgewiesen sein.

Der Auftraggeber ist im Einzelfall berechtigt, geeignete Nachweise über die erbrachten Leistungen zur Überprüfung der in Rechnung gestellten Umsätze zu verlangen. 7. Der Auftragnehmer ist im Rahmen der vorliegenden Vertragsbeziehung gehalten, bei der Durchführung der Verträge die berechtigten Interessen des Auftraggebers zu beachten, insbesondere alles zu unterlassen, was den Vertragserfolg gefährden könnte. Dies gilt auch hinsichtlich der von ihm eingesetzten Dritten in Bezug auf die geschuldete vertragliche Leistung. Insbesondere hat der Auftragnehmer über alle ihm im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bekannt werdenden geschäftlichen Verhältnisse des Auftraggebers als auch derjenigen Unternehmen, in deren wirtschaftlichem Interesse die Verkaufsförderungsdienstleistung erfolgt, Dritten gegenüber Stillschweigen zu bewahren.

Diese Verpflichtung gilt auch über die Zeit der Beendigung des Vertragsverhältnisses hinaus. Ein Bruch der Verschwiegenheitspflicht kann zu Schadenersatzforderungen führen. 8. Der vorliegende Vertrag kann beiderseits ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden. Die Kündigung gilt im Zweifel auch für zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung noch laufende Zusatzverträge.

Sollte sich im Rahmen der Durchführung des Dienstleistungsvertrages oder von Aktionsvereinbarungen ergeben, dass ein Sozialversicherungsträger Versicherungspflicht für die in Rede stehenden Verträge feststellt, so enden die gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Dienstleistungsvertrag und evtl. noch laufender Aktionsvereinbarungen zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieses Ergebnisses gegenüber dem Auftragnehmer oder dem Auftraggeber, ohne dass es einer vorhergehenden Kündigung durch eine der vertragschliessenden Parteien bedarf. 9. Änderungen oder Ergänzungen des vorliegenden Vertrages bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform. Der Verzicht auf diese bedarf ebenfalls einer schriftlichen Vereinbarung. Mit Abschluss des vorliegenden Vertrages werden evtl. frühere Vereinbarungen der Vertragsparteien unwirksam. Nebenabreden bestehen nicht. 10. Im Falle der Unwirksamkeit einer oder mehrerer Bestimmungen dieses Vertrages wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen hiervon nicht berührt. In einem solchen Fall sind die Vertragsparteien verpflichtet, an die Stelle der unwirksamen Bestimmung eine solche zu setzen, deren wirtschaftlicher Zweck der unwirksamen Bestimmung in rechtlich zulässiger Weise möglichst nahe kommt

Für Rechtsstreitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis und aus evtl. Zusatzverträgen, für Wechsel- und Scheckklagen, ist der allgemeine Gerichtsstand des Auftraggebers - Amtsgericht K.-D. bzw. Landgericht K. - vereinbart.

In der Aktionsvereinbarung vom 2.10.2008/06.10.2008 war für die Beigeladene zu 1 eine Tätigkeit zur Förderung des Verkaufs von Produkten der Firma W. ab dem 13.10.2008 für drei bis fünf Tage pro Woche vorgesehen. Als Honorar waren mit handschriftlicher Abänderung des im Vertragsformular bereits eingesetzten Betrags in Höhe von 95 EUR pauschal pro Leistungstag 110 EUR, bei Option zzgl. Mehrwertsteuer vereinbart worden. Als Outlet wurde das Einrichtungshaus H. in F.-G. (L.) genannt.

In der Zeit vom 30.09.2008 bis 02.10.2008 nahm die Beigeladene zu 1 an einer Schulung teil und stellte der Klägerin hierfür für drei Trainingstage insgesamt 150 EUR sowie Fahrtkosten in Höhe von 138 EUR zzgl. Mehrwertsteuer, insgesamt 342,72 EUR in Rechnung. Weiterhin stellte sie für ihre Einarbeitung im W.-Shop K. in der Zeit vom 09.10.2008 bis 11.10.2008 für drei Tage 330 EUR zzgl. Mehrwertsteuer in Rechnung. Anschließend war sie für die Klägerin vom 13.10.2008 bis 09.11.2008 jeweils 5 Tage pro Woche, in der Woche vom 10.11.2008 bis zum 16.11.2008 vier Tage, in der Woche vom 17.11.2008 bis zum 23.11.2008 drei Tage, in der Zeit vom 24.11.2008 bis 21.12.2008 wiederum jeweils 5 Tage pro Woche, in der Woche vom 22.12.2008 bis 28.12.2008 drei Tage und vom 29.12.2008 bis 31.12.2008 zwei Tage, vom 01.01.2009 bis 04.01.2009 drei Tage und vom 05.01.2009 bis zum 01.02.2009 wiederum jeweils 5 Tage pro Woche tätig. Pro Tag stellte sie 95 EUR als Leistungspauschale zzgl. 15 EUR pauschale Fahrtkosten und 19% Mehrwertsteuer in Rechnung. Ihrer Rechnung fügte sie dabei stets eine Auflistung der erzielten Umsätze bei. Insgesamt war die Klägerin somit im Zeitraum vom 13.10. bis 31.12.2008 an 52 Arbeitstagen und vom 2.1.2009 bis 1.2.09 an 23 Arbeitstagen im Einrichtungshaus H. tätig. Hinzu kommen Schulungstage vom 30.9. bis 2.10.2008 und die Einarbeitung vom 09.10. bis 11.10.2009.

Am 20.10.2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung, dass hinsichtlich der Beigeladenen zu 1 kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt.

Bezüglich der Beigeladenen zu 1 stellte die Beklagte nach Anhörung mit Schreiben vom 11.2.2009 mit Bescheid vom 16.04.2009 fest, dass sie ihre Tätigkeit als Verkaufsförderin bei der Klägerin seit dem 01.10.2008 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe; die Versicherungspflicht beginne "dem Grunde nach" mit der Aufnahme der Beschäftigung. Die zu beurteilende Tätigkeit im Bereich Verkaufsförderung bestehe darin, die Produktpalette von W. zu verkaufen. Obwohl die vertraglichen Regelungen eine freie Gestaltung der Arbeitszeit vorsähen, sei die Gestaltungsmöglichkeit der Arbeitszeit faktisch durch die terminlichen Vorgaben des Auftraggebers begrenzt. Der Auftragnehmer unterliege damit bezüglich der Arbeitszeit dem Weisungsrecht und Direktionsrecht des Auftraggebers. Der Tätigkeitsort sei vom Auftraggeber bestimmt (Punkt 2 der Aktionsvereinbarung). Der Auftragnehmer unterliege damit hinsichtlich des Tätigkeitsortes dem Weisungsrecht des Auftraggebers. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage der Beschäftigte kein eine selbständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko, das nur dann gegeben sei, wenn der Einsatz von Kapital oder der eigenen Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes verbunden sei. Die Beigeladene zu 1 könne ihre Arbeitszeit nicht selbst bestimmen, da sie entweder die Vorgaben des Auftraggebers zu beachten habe, oder der zeitliche Rahmen durch die zwischen dem Auftraggeber und dessen Kunden vereinbarten Aktionstermine bestimmt werde. Selbst wenn vertraglich die freie Gestaltung der Arbeitszeit eingeräumt werde, sei sie wegen der tatsächlich zu beachtenden zeitlichen Vorgaben an feste Arbeitszeiten gebunden. Die Tätigkeit unterscheide sich damit nicht von den Tätigkeiten des festangestellten Verkaufspersonals der einzelnen Warenhäuser.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie berief sich auf den Inhalt der abgeschlossenen Dienstvereinbarung, aus der hervorgehe, dass sich die Parteien darüber einig seien, dass der Dienstnehmer seine Dienstleistung in eigener Zuständigkeit und Unabhängigkeit erbringe. Er unterliege insoweit weder zeitlich noch örtlich oder inhaltlich irgendwelchen Weisungen seitens der Klägerin. Dies wurde von der Klägerin anhand der einzelnen Vertragsabsprachen im Einzelnen ausführlich dargelegt. Nach den vertraglichen Vereinbarungen und nach dem Gesamtbild der Leistung sei während der Ausführung der Tätigkeit keine Eingliederung in die Betriebsorganisation gegeben. Weisungen oder Vorgaben bezüglich der Ausführung der Arbeit bestünden nicht, die Arbeitszeit könne frei bestimmt werden, ein unternehmerisches Risiko liege ebenfalls vor. In dieser Tätigkeit bestehe insgesamt keine persönliche Abhängigkeit zur Klägerin.

Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2010 zurückgewiesen. In der von der Beigeladenen zu 1 seit dem 01.10.2008 ausgeübten Tätigkeit im Bereich der Verkaufsförderung unterliege sie dem Grunde nach der Versicherungspflicht in der Kranken, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Dieser Tätigkeit lägen der Dienstleistungsvertrag vom 03.10.2008 und die Aktionsvereinbarung vom 06.10.2008 zu Grunde. Ihre Aufgabe bestehe insbesondere darin, im Einsatzhaus H. G. verkaufsfördernde Tätigkeiten zu Gunsten des W.-Sortiments durchzuführen und die Produktpräsenz zu erhöhen, die Produktakzeptanz beim Endverbraucher zu verbessern und durch aktive und direkte Kundenkontakte den Absatzerfolg zu steigern. Im Vorfeld der Aktion habe sie an einem Aktionstraining teilgenommen. Sie sei zu Beginn der Tätigkeit im Hause W. gewesen, um einen Überblick über die Produktpalette zu erhalten und sich über die Herstellung der Produkte zu informieren. Die Tätigkeit übe sie in den Verkaufsräumen des Hauses H. an 3 bis 5 Wochentagen aus. Bei der untergeordneten Arbeit der Bewerbung von Ware sei eine Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers eher anzunehmen als bei gehobenen Tätigkeiten. Bei einfachen Arbeiten legten schon Weisungen, die organisatorische Dinge betreffen, den Beschäftigten in der Ausübung seiner Arbeit fest. Solche organisatorischen Vorgaben bestünden mit der Annahme des Auftrags hinsichtlich des Arbeitsortes, der Arbeitszeit und der Art und Weise der auszuführenden Tätigkeit. Sie unterliege bereits durch die Aufgabenbeschreibung dem Direktionsrecht der Klägerin. Zwar könne sie frei entscheiden, ob sie den Auftrag annehme, jedoch stehe es jedem Beschäftigten frei, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen oder abzulehnen. Bei Annahme seien vorliegend die Arbeitszeit und der Arbeitsort im Wesentlichen vorgegeben. Die Arbeitsleistungen seien in den vorgegebenen Räumlichkeiten des Warenhauses des Auftraggebers zu erbringen. Dabei sei seitens der Beigeladenen zu 1 in Bezug auf Ort, Zeit sowie Art und Weise der zu verrichtenden Arbeit kein weitreichender Spielraum vorhanden, da sich diese nach den örtlichen Gegebenheiten in Bezug auf Öffnungszeiten und Warenabverkauf sowie den Vereinbarungen zwischen dem Auftraggeber und dessen Kunden richteten. Dies entspreche der Verpflichtung eines Beschäftigten, in der vorgegebenen Ordnung und Arbeitsorganisation des Arbeitgebers tätig zu sein, wobei es sich vorliegend um eine Tätigkeit im Außendienst des Auftraggebers gehandelt habe. Weder könnten dabei unternehmerische Aktivitäten entfaltet werden noch werde ein unternehmerisches Risiko übernommen. Räumlichkeiten, Ware und Arbeitsmittel seien ihr vor Ort gestellt worden. Auch die eigene Arbeitskraft werde nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, da sich die Vergütung nicht an der Fertigstellung eines bestimmten Werkes oder der Menge bzw. Wertigkeit vermittelter Verkäufe orientiere, sondern nach einer Tagespauschale von 110 EUR. Ein unternehmerischer Gestaltungsspielraum bezüglich der zu erbringenden Dienstleistung sei vorliegend nicht gegeben. Der Freiraum reduziere sich auf die Annahme des Auftrages, der die Erbringung einer überwiegend fremdbestimmten Arbeitsleistung beinhalte. Die Einstellung von Vertretern bzw. von Hilfskräften sei nicht von der Zustimmung des Auftraggebers abhängig. Allein die formale Berechtigung, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, schließe jedoch das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht aus, wenn die persönliche Leistungserbringung die Regel sei. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe nicht hervor, dass die Beigeladene zu 1 eigene Hilfskräfte eingesetzt habe; dies sei auch in der Widerspruchsbegründung nicht ausgeführt worden. Allein der Wille der vertragsschließenden Parteien bestimme nicht, ob eine Tätigkeit als Beschäftigung oder Selbständigkeit definiert werde. Im Übrigen sichere es nicht den Status der selbständigen Tätigkeit, wenn die Vergütung der geleisteten Arbeiten durch Rechnungsstellung des Auftragnehmers - gegebenenfalls inclusive Mehrwertsteuer erfolge. Dies sei lediglich eine Folge der rechtsfehlerhaften eigenen Einstufung als selbständige Tätigkeit. Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses stehe auch nicht entgegen, dass die Zahlung einer Vergütung im Urlaubs- oder Krankheitsfall nicht erfolge. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.

Die Klägerin hat ihr Begehren weiterverfolgt und am 24.02.2010 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben (Verfahren S 9 KR 742/10). Sie hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG vom 11.03.2009 (B 12 R 11/07 R) die Auffassung vertreten, die Beklagte habe nicht dem Ermittlungsumfang des § 7a SGB IV entsprochen. Hilfsweise werde darauf hingewiesen, dass die angefochtenen Bescheide zu Unrecht die Rechtsbeziehungen zwischen der Beigeladenen und der Klägerin als abhängige Beschäftigung qualifiziere. Die Beklagte übersehe dabei die rechtliche Verknüpfung zwischen Dienstleistungsvertrag und Aktionsvereinbarung. Die rechtlichen Rahmenbedingungen des Dienstleistungsvertrags gäben keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses.

Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten. Aus den vorliegenden Unterlagen ergäben sich keine Tatbestände, die Versicherungsfreiheit begründeten und/oder die Versicherungspflicht in einem Zweig der Sozialversicherung ausschlössen.

Das SG hat mit Urteil vom 12.10.2010 den die Beigeladene zu 1 betreffenden Bescheid der Beklagten vom 16.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.01.2010 aufgehoben und dies im Wesentlichen damit begründet, dass in diesem Bescheid lediglich festgestellt werde, die Beigeladene zu 1 stehe bei der Klägerin in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen. Demgegenüber enthielten sie keine ausreichenden Feststellungen dazu, ob diese angeblichen Beschäftigungsverhältnisse Versicherungspflicht bewirkten. Bei der Formulierung, die Beigeladene zu 1 sei "dem Grunde nach" seit Aufnahme der Beschäftigung versicherungspflichtig, handele es sich um eine bloße Floskel ohne Regelungsgehalt. Das Bundessozialgericht habe in einer ähnlichen Konstellation (vgl. das Urteil vom 04.06.2009 - B 12 R 6/08 R - nach Juris) ebenfalls eine verbindliche Feststellung der Versicherungspflicht verneint und festgestellt, die angegriffenen Verwaltungsakte beschränkten sich nach Einleitungssatz und Begründung auf die Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung (BSG, Urteil vom 11.03.2009, B 12 R 11/07 R - Rdnr. 12, nach Juris). Ein weiteres Zuwarten sei nicht angezeigt gewesen, da der Erlass eines Änderungsbescheids, der den Anforderungen der Rechtsprechung des BSG genügen würde, nicht Gegenstand dieses Verfahrens werden dürfte.

Gegen dieses ihr am 21.10.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.11.2010 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt (Verfahren L 5 KR 5235/10, später verbunden durch Beschluss vom 07.12.2010 zum führenden Verfahren L 5 KR 1855/09). Zur Begründung ihrer Berufung hat die Beklagte im Wesentlichen ausgeführt, materiell rechtlich unterliege die Beigeladene zu 1 in ihrer Tätigkeit für die Klägerin als abhängig Beschäftigte der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Sie habe alle relevanten Tatsachen betreffend das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 berücksichtigt und sei im Rahmen der Gesamtabwägung aller Umstände zu der Überzeugung gelangt, dass die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwögen. Die Beigeladene zu 1 sei weisungsabhängig im Namen und auf Rechnung Dritter tätig. Sie sei in die Ablauforganisation, insbesondere in die Personalplanung des Warenhauses, in dem sie tätig werde, eingebunden. Unternehmerrisiko trage sie nicht, insbesondere werde kein eigenes Kapital mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Entscheidend sei, dass der Beigeladenen zu 1 keine wesentlichen eigenen Entscheidungsbefugnisse zugestanden hätten; sie habe keine individuell nach ihren Vorstellungen geplante Arbeit geleistet. Objektiv betrachtet unterscheide sich ihre Tätigkeit nicht von derjenigen des festangestellten Verkaufspersonals. Dass Schulungsmaßnahmen vom Arbeitgeber bezahlt würden, stehe der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses nicht entgegen, es sei geradezu arbeitnehmertypisch, wenn Schulungsmaßnahmen vom Arbeitgeber bezahlt würden und während dieser Zeit auch geringeres Arbeitsentgelt gezahlt werde.

Mit Bescheid vom 21.06.2011 hat die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 16.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.01.2010 festgestellt, für die Beigeladene zu 1 bestehe für die Zeit vom 30.09.2008 bis zum 02.10.2008 und 09.10.2008 bis 31.01.2009 aufgrund ihrer Beschäftigungen bei der Klägerin Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Zur Begründung wird ausgeführt, die Versicherungspflicht folge aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Aus den vorliegenden Unterlagen ergäben sich keine Tatbestände, die Versicherungsfreiheit begründeten und/oder die Versicherungspflicht in einem Zweig der Sozialversicherung ausschlössen. Der Bescheid werde gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand der anhängigen Sozialgerichtsverfahren.

Ihre Berufungen gegen die Urteile des SG vom 22.01.2009 – S 9 KR 5727/07 -, und vom 12.10.2010 - S KR 3224/09 -, – S 9 KR 2112/08 –, - S 9 KR 1214/09 - und - S 9 KR 1000/10 - betreffend die ursprünglich ebenfalls Beigeladenen Frau L., Frau C., Frau H., Frau G. und Frau D., hat die Beklagte am 30.12.2010, 29.07.2011 und 09.11.2011 zurückgenommen, davon ausgehend, dass diese lediglich geringfügig und damit sozialversicherungsfrei beschäftigt waren.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.10.2010, – S 9 KR 742/10 -, aufzuheben und die Klage auch gegen den Bescheid vom 21.06.2011 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 21.06.2011 aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen.

Auf Aufforderung des Senats hat sie die Abrechnungen der Beigeladenen zu 1 für den Zeitraum vom 30.09.2008 bis 01.02.2009 (Bl. 115/133 LSG-Akte) vorgelegt. Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Auch der weitere Bescheid vom 21.06.2011 sei rechtswidrig. Aus den Darlegungen der Beklagten könne Versicherungspflicht nicht angenommen werden. Auf die bisher im Laufe des Widerspruchs- und des Klageverfahrens vorgebrachten Ausführungen werde verwiesen. Der Vergleich mit Einsatzkräften des Einsatzhauses sei unzutreffend, weil im Rahmen der Rechtsbeziehungen zwischen dem Personal und dem Einsatzhaus Beschäftigungsverhältnisse bestünden, die auf Grund der Verträge zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 gerade so nicht bestünden. Die vereinbarten Vertragsbeziehungen würden in der Praxis auch so gelebt. Die Beigeladene vermarkte in erster Linie ihre Persönlichkeit.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Sie ist auch begründet. Nachdem die Beklagte mit dem Bescheid vom 21.06.2011 die formalen Mängel der Ausgangsbescheide behoben hat, ist die rechtliche Begründung des SG überholt. Sein Urteil kann keinen Bestand haben. Die Bescheide der Beklagten, mit denen Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1 festgestellt worden ist, sind rechtmäßig.

Gegenstand des Verfahrens sind der die Beigeladene zu 1 betreffende Bescheid der Beklagten vom 16.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.01.2010. Weiterhin ist der Bescheid vom 21.06.2011 nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Hierüber ist auf Klage zu entscheiden.

Hinsichtlich des Bescheids vom 21.06.2011 liegen die Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 SGG i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG vor. Zur Ergänzung einer Statusentscheidung hat der Senat bereits im Urteil vom 08.06.2011 - L 5 R 4078/10 ausgeführt: Gem. § 96 Abs. 1 SGG (i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG) wird nach Klagerhebung bzw. Berufungseinlegung ein neuer Verwaltungsakt (nur) dann, Gegenstand des Klage- bzw. Berufungsverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Abändern oder Ersetzen i. S. d. § 96 Abs. 1 SGG setzt voraus, dass der Regelungsgegenstand des neuen und in das Verfahren einzubeziehenden Verwaltungsakts mit dem Regelungsgegenstand des früheren Verwaltungsakts identisch ist, was durch einen Vergleich der Verfügungssätze festzustellen ist. Eine Abänderung oder Ersetzung liegt grds. nur vor, wenn die Beschwer des Betroffenen gemindert oder vermehrt wird (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG § 96 Rdnr. 4af. m. w.N.). In Verfahren zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status Beschäftigter bzw. selbständig Erwerbstätiger kann im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 11.3.2009, - B 12 R 11/07 R - und v. 4.6.2009, - B 12 R 6/08 R -, dazu noch im Folgenden) eine gem. § 96 Abs. 1 SGG zu behandelnde Abänderung des Verwaltungsakts nach Auffassung des Senats auch darin liegen, dass die Behörde einen Statusfeststellungsbescheid, dessen Regelung (Verfügungssatz) sich in rechtlich nicht zulässiger Weise auf einzelne, für sich allein nicht regelbare Regelungselemente des Verfahrensgegenstandes - namentlich die isolierte Feststellung einer abhängigen Beschäftigung -, beschränkt oder nach Auffassung der Behörde zu beschränken scheint, durch entsprechende Ergänzungsbescheide, ggf. vorsorglich, um die fehlenden Regelungselemente - die Feststellung der Sozialversicherungspflicht zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung - zur rechtlich zulässigen ,,Vollregelung" vervollständigt. Der zunächst unvollständige oder unvollständig erscheinende Verfügungssatz wird mit dem Ergänzungsbescheid durch die damit vorgenommene Einfügung der fehlenden Regelungselemente - ggf. auch nur klarstellend und bestätigend - geändert i. S. d. § 96 Abs. 1 SGG. Entsprechendes gilt für die Festlegung der statusrechtlich beurteilten Tätigkeit, sofern diese im Statusfeststellungsbescheid (zu) unvollständig umschrieben worden ist. In beiden Fallgestaltungen treten die Ergänzungsbescheide nicht im Zuge der Ersetzung gem. § 96 Abs. 1 SGG gänzlich an die Stelle der ursprünglichen Statusfeststellungsbescheide (Senatsurteil vom 24.11.2010, - L 5 KR 357/10 – m.w.N.).

Hier hat die Beklagte mit dem Ergänzungsbescheid vom 21.06.2011 unter Änderung der Bescheide vom 16.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.01.2010 festgestellt, für die Beigeladene zu 1 bestehe für die Zeit vom 30.09.2008 bis zum 02.10.2008 und vom 09.10.2008 bis zum 31.01.2009 aufgrund ihrer ausgeübten Tätigkeiten im Bereich der Verkaufsförderung bei der Klägerin Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Sie hat damit Defizite des geänderten Bescheids hinsichtlich der Tätigkeit und des Tätigkeitszeitraums sowie der Feststellung der Sozialversicherungspflicht behoben und diese Bescheide entsprechend ergänzt, weswegen der Ergänzungsbescheid nach dem Gesagten Streitgegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist.

Der so ergänzte streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, weshalb die Berufung Erfolg hat und die Klagen abzuweisen sind.

Die streitigen Bescheid weisen nach Erlass des Bescheides vom 21.06.2011 keine weiteren formalen Mängel auf.

Die Beklagte (D ... - C.-Stelle) war zum Erlass der angefochtenen Bescheide (sachlich) zuständig; sie hat sie zu Recht im Anfrageverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV erlassen.

Die angefochtenen Bescheide sind inhaltlich ausreichend bestimmt und beschränken sich nicht auf eine unzulässige "Elementenfeststellung". Gem. § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Statusentscheidungen muss im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände zu erschließen sein, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sich die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung beziehen soll. Notwendig ist regelmäßig die Angabe einer bestimmbaren Arbeit und die gerade hiermit in Zusammenhang stehende Entgeltlichkeit (vgl. näher BSG, Urt. v. 11.3.2009, - B 12 R 11/07 R -; Urt. v. 4.6.2009, - B 12 R 6/08 R -). Außerdem darf sich weder die im Anfrageverfahren (§ 7a SGB IV) noch die im Einzugsstellenverfahren (§ 28h SGB IV) ergehende Entscheidung auf das isolierte Feststellen des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung beschränken. Eine Elementenfeststellung dieser Art ist nicht zulässig (BSG, Urt. v. 11.3.2009, - B 12 R 11/07 R -). Ein ggf. rechtswidriger Elementenfeststellungsbescheid kann jedoch auch noch im Klageverfahren durch einen den Anforderungen an eine rechtmäßige Statusfeststellung genügenden Bescheid nach § 96 SGG ergänzt bzw. ersetzt werden (Senatsurteil vom 24.11.2010, - L 5 KR 357/10 – m- w. N.). Die Beklagte ist diesen Anforderungen gerecht geworden. Sie hat die von der Beigeladenen zu 1 bei der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten als Verkaufsfördererin jedenfalls in den zur Auslegung heranzuziehenden Gründen hinreichend bestimmt und mit den Ergänzungsbescheiden auch die Dauer der Tätigkeit und die Beitragspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung, Kranken- und Pflegeversicherung festgestellt.

Die Beklagte hat in der Sache zu Recht festgestellt, dass die Beigeladene zu 1 eine Beschäftigungen i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ausübte und deswegen Beitragspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung bestand. Die Beigeladene zu 1 übte ihre Tätigkeit in den streitgegenständlichen Zeiträumen im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus, die die Sozialversicherungspflicht in der Kranken- und Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung begründet hat. Im hier maßgeblichen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung; § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung; § 25 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung) und in der Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung) der Versicherungs- und Beitragspflicht. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Erforderlich ist insbesondere eine Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers (BSGE 38, 53, 57 = SozR 4600 § 56 Nr. 1; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1; BSG, Urteil vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R -, veröffentlicht in Juris). § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV bestimmt dementsprechend, dass Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers sind. Demgegenüber ist die selbständige Tätigkeit in erster Linie durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (siehe zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 20.05.1996 - 1 BvR 21/96 = SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich dabei aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt.

Nach diesen Grundsätzen überwiegen hier die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung. Die Beklagte hat in den Widerspruchsbescheiden zutreffend dargelegt, dass die Beigeladene zu 1 in einem mit Außendienstmitarbeitern vergleichbaren Umfang Weisungen zu beachten hatte. Es ist zwar nicht in Abrede zu stellen, dass die der Zusammenarbeit zugrunde liegenden von der Klägerin vorgefertigten und einheitlichen Verträge eindeutig erkennen lassen, dass kein beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis begründet werden sollte. So bestand Einigkeit, dass die zu erfüllenden Pflichten Gewerblichkeit auf Seiten des Auftragnehmers voraussetzen (Ziff. 5 des Dienstleistungsvertrags). Jedenfalls soweit tatsächlich ein Gewerbe angemeldet und u.a. Umsatzsteuer gezahlt wurde, weist dies auf einen rechtlichen Gestaltungswillen, eine Vereinbarung unter Selbständigen zu schließen, hin, der allerdings an der tatsächlichen Abhängigkeit der konkret ausgeübten Tätigkeit nichts ändern könnte. Nach Ziff. 8 Abs. 2 sollten die aus diesem Vertrag folgenden gegenseitigen Verpflichtungen enden, falls ein Sozialversicherungsträger im Rahmen der Durchführung des Dienstleistungsvertrags oder einer Aktionsvereinbarung Versicherungspflicht feststellt. Selbst laufende Aktionen sollten bei Feststellung der Versicherungspflicht beendet werden. Dies macht einerseits deutlich, dass die Klägerin unter keinen Umständen ein Arbeitgeberrisiko übernehmen wollte, zeigt andererseits aber auch, dass sich die Klägerin jedenfalls darüber bewusst war, dass die Durchführung der jeweiligen Aktionen durch die Vertragspartnerinnen von einem Sozialversicherungsträger als abhängiges Beschäftigungsverhältnis beurteilt werden könnte. Vor diesem Hintergrund sind auch die übrigen Regelungen zu sehen. Auch mit diesen soll dokumentiert werden, dass die Zusatzverträge, die jeweils in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang geschlossen wurden, keine Beschäftigungsverhältnisse begründen. Damit wird nicht bezweifelt, dass die Beigeladene zu 1 nicht verpflichtet war, angebotene Zusatzverträge jeweils anzunehmen. Die Zusicherung der Vertragspartnerin, den jeweiligen Auftrag sach- und fachkundig mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu bearbeiten (Ziff. 3 Abs. 1 des Dienstleistungsvertrags), vermag diese nicht als Kauffrau erscheinen zu lassen. Das Fehlen einer Kündigungsfrist (Ziff. 8 Abs. 1 des Dienstleistungsvertrags) hat im Hinblick darauf, dass sich die konkreten Rechte und Pflichten nach der Aktionsvereinbarung gemäß Ziff. 2 des Dienstleistungsvertrags richten, der Auftragnehmer nach Ziff. 7 des Dienstleistungsvertrags u.a. alles zu unterlassen hat, was den Vertragserfolg gefährden könnte, und er im Rahmen der Aktionsvereinbarung unter f. zum Kostenersatz u.a. verpflichtet wird, wenn er geschuldete Leistungen ohne wichtigen Grund vorzeitig abbricht, letztlich in der Gesamtschau zur Folge, dass allein die Klägerin die Vertragsbeziehung ohne insoweit geregelte Schadensersatzregelung beenden konnte. Dem vertraglichen Verzicht auf eine persönliche Leistungserbringung (Ziff. 3 Abs. 2, Ziff. 4, Ziff. 7 Abs. 1 S. 2 Dienstleistungsvertrag) kommt insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der formellen Vereinbarung regelmäßig vor. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (vgl. BSG, Urteile vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R - vom 25.01.2006 - B 12 KR 30/04 R -, veröffentlicht in Juris). Vor diesem Hintergrund ist damit maßgeblich, dass weder die Beigeladene zu 1 noch die vormaligen weiteren Beigeladenen von der Möglichkeit der Leistungserbringung durch Dritte Gebrauch gemacht haben. Zudem wäre im Hinblick darauf, dass zunächst eine persönliche Schulung und Einarbeitung der Beigeladenen zu 1 erfolgt ist, die Einschaltung Dritter wegen der fehlenden fachlichen Voraussetzungen (Ziff. 3 Abs. 2 des Dienstleistungsvertrags) auch tatsächlich nicht in Betracht gekommen. Soweit der Beigeladenen zu 1 eine zeitgleiche Tätigkeit für Dritte freigestellt ist (Ziff. 5 Abs. 2 des Dienstleistungsvertrags) und sie bei persönlicher Verhinderung zur Leistungserbringung für Ersatz Sorge zu tragen hat (Ziff. 4 des Dienstleistungsvertrags), sind dies sicher wiederum Bestimmungen, die den Gestaltungswillen zur Selbständigkeit erkennen lassen, allerdings bedarf es bei einem selbständigen Auftragnehmer insbesondere keiner ausdrücklichen Berechtigung, weitere Aufträge anzunehmen und er wird auch nicht bei eigener Verhinderung von der – nicht persönlichen - Auftragserfüllungspflicht befreit, ohne dass dies einer gesonderten Regelung bedarf. Auch eine abhängige Beschäftigung kann aber neben weiteren abhängigen oder selbständigen Tätigkeiten ausgeübt werden, soweit dies im Arbeitsvertrag nicht ausgeschlossen ist. Üblicherweise ist insoweit eine Anzeige oder Erlaubnis des Arbeitgebers erforderlich, die ein selbständiger Auftragnehmer von seinem bzw. einem seiner Auftraggeber gerade nicht benötigt. Die Annahme abhängiger Beschäftigung setzt ferner nicht voraus, dass der Beschäftigte im Krankheitsfalle Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben muss. Auch dies hat das BSG bereits entschieden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 5). Auch die Vergütung aufgrund der Rechnungsstellung seitens der Beigeladenen zu 1 (Ziff. 6 Abs. 1 des Dienstleistungsvertrags und Ziff. 2 Abs. 6 der Aktionsvereinbarung) ist nicht ausschlaggebend Denn allein aus dem Inrechnungstellen der Leistung folgt nichts Zwingendes. Die Beigeladene zu 1 hat – ebenso wie die vormaligen weiteren Beigeladenen - ihre Rechnungen nicht auf eigenen Firmenbögen, sondern einheitlichen Formularen der Klägerin gestellt. Die Rechnungsstellung erfolgte – mit Ausnahme für die Provision - wochenweise und nicht erst am Schluss der jeweiligen Aktion. Die Vergütung entsprach ausgehend von einem 8 Stundentag einem Stundenlohn von fast 12 EUR. Es bestand aufgrund der festen Vergütung und der Fahrtkostenpauschale kein eigenes wirtschaftliches Risiko. Auch Schulungs- und Einarbeitungskosten wurden von der Klägerin übernommen. Insgesamt waren ihre Einnahmen erfolgsunabhängig und, wie dargelegt, in Höhe eines annehmbaren Stundensatzes auch dann gesichert, wenn die beworbene Ware während der Aktion überhaupt nicht verkauft worden wäre.

Auch die Aktionsvereinbarungen waren hinsichtlich der allgemeinen Bedingungen von der Klägerin vorgegeben und nicht zwischen den Vertragsparteien ausgehandelt. Daran ändert nichts, dass hinsichtlich des dort vorgesehenen Honorars ggf. noch Änderungen vorgenommen werden konnten, weil auch bei einem Arbeitsvertrag durchaus der Lohn ausgehandelt werden kann. In der Aktionsvereinbarung waren Aktionsbeginn und zeitlicher Umfang pro Woche, Aktionsort und Aktionsgegenstand vorgegeben. Darüber hinaus forderte die Tätigkeit zwar keine genaue Abstimmung der Vorgehensweise und keine klare Aufgabenverteilung ebenso wenig wie eine Koordination der Verrichtungen. Für die Eingliederung in den Betrieb der Klägerin und die Weisungsgebundenheit lassen sich auch keine vor Beginn der Durchführung erfolgten Besprechungen mit der Klägerin feststellen. Dies lag aber in der Natur der Tätigkeit, die sich in den jeweiligen Betrieb, in dem sie auszuüben war, eingliedern musste, sich insbesondere in die dortigen räumlichen und zeitlichen Rahmen einpassen und inhaltlich sachlich den Vorstellungen der Auftraggeber der Klägerin und nicht deren eigenen entsprechen musste. Dementsprechend wurden Schulungen extern und Einarbeitungen durch Auftraggeber vorgenommen. Entscheidend ist dabei, dass die Klägerin und nicht die Beigeladene zu 1 den Einsatzort bestimmt hat und ihr durch entsprechende Vereinbarungen die dortige Tätigkeit unter Nutzung von Verkaufsfläche und Verkaufsstand ermöglicht hat. Ein wesentliches Merkmal für eine Eingliederung ist auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1 ihre Tätigkeit nicht ausführen konnte, ohne die Einrichtungen des Einsatzgeschäftes zu benutzen (vgl. BSG, Urteil vom 22.11.1973 - 12 RK 17/72 - veröffentlicht in Juris). Nicht von Bedeutung ist insoweit wiederum, dass die Beigeladene zu 1 nicht in den Betrieb der Klägerin selbst eingebunden war. Wie dargelegt trug die Beigeladene zu 1 aufgrund einer festen Vergütung und der Fahrtkostenpauschale kein eigenes wirtschaftliches Risiko. Ein unternehmerisches Risiko ist auch sonst nicht ersichtlich. Weder eigene Geschäftsräume noch eigene Ware waren vorhanden oder erforderlich. Selbst das spezielle Know-how wurde im Wesentlichen erst erworben, wobei die hierfür von der Beigeladenen zu 1 in Rechnung gestellten Kosten von der Klägerin übernommen wurden.

In der Gesamtschau lässt sich damit feststellen, dass die tatsächlichen Bedingungen der Leistungserbringung keine greifbaren Anhaltspunkte für eine eigene unternehmerische Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 aufweisen. Dies ist gegenüber dem dargestellten Gestaltungswillen der Vertragsparteien maßgeblich.

Etwas anderes gilt auch nicht in Bezug auf die drei Schulungstage (30.09.2008 bis 02.10.2008) und die anschließende Phase konkreter Einarbeitung vom 09.10.bis 11.10.2008. Schulung und Einarbeitung sind bei dem vom Senat angenommenen Beschäftigungsverhältnis untrennbarer, weil notwendiger Teil der späteren Arbeitsdurchführung. Insoweit findet § 7 Abs. 2 SGB IV Anwendung. Danach gilt als Beschäftigung auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung. Um eine Berufsausbildung in Sinne dieser Vorschrift handelt es sich auch bei der nur wenige Tage dauernden Einarbeitung in eine neue Aufgabe. Die Vorschrift stellt all diejenigen Tätigkeiten versicherungsrechtlich der Berufsarbeit gleich, die dem Erwerb der erforderlichen Fähigkeiten dienen, sofern ein innerer Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht (Seewald in KassKomm § 7 SGB IV Rn 146), woran hier nicht zu zweifeln ist. Es handelte sich auch um eine betriebliche Ausbildung im Sinne der Vorschrift, weil sie zwischen der Beigeladenen zu 1 und der Klägerin in Ergänzung der genannten schriftlichen Verträge zur Vorbereitung der Tätigkeit für die Klägerin vereinbart war, in deren Interesse an einer hinreichend qualifizierten Mitarbeiterin und wurde von dieser auch bezahlt bzw.vergütet.

Lag damit ab dem 30.09.2008 eine abhängige Beschäftigung vor, war die festgestellte Sozialversicherungspflicht für die Zeit vom 30.09.2008 bis 31.01.2009 auch nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen, da es sich im Falle der Beigeladenen zu 1 nicht um eine geringfügige Beschäftigung handelte. Eine geringfügige Beschäftigung lag nach § 8 Abs. 1 SGB IV in der hier maßgeblichen Fassung vor, wenn 1.das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 EUR nicht übersteigt, 2.die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 EUR im Monat übersteigt.

Das maßgebliche Abgrenzungskriterium zwischen Entgelt- und Zeitgeringfügigkeit liegt nach der Rspr. des BSG in der Regelmäßigkeit bzw. Nichtregelmäßigkeit der Beschäftigung. Es kommt darauf an, ob die Beschäftigung regelmäßig ausgeübt wird. Ist dies der Fall, gilt § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV. Wird die Beschäftigung nicht regelmäßig – also nur gelegentlich – ausgeübt, gilt Nr. 2. Eine Geringfügigkeit kommt hier allein im Sinne einer gelegentlichen Beschäftigung in Betracht, so dass die Beurteilung nach der Nr. 2 des § 8 Abs. 1 SGB IV richtet.

Die Beigeladene zu 1 hat in der Zeit vom 30.09. bis 11.10.2008 und dann in der Zeit vom 13.10.2008 bis zum 31.12.2008 gearbeitet und damit die Grenze von 50 Tagen für dieses Jahr überschritten. Die Tätigkeit wurde bis zum 11.01.2009 an insgesamt 23 Tagen fortgesetzt, wobei ohne Mehrwertsteuer Einnahmen in Höhe von 880 EUR erzielt wurden. Damit war sie sowohl im Jahr 2008 als auch im Jahr 2009 sozialversicherungspflichtig, da ihre Tätigkeit weder in der Aktionsvereinbarung noch ihrer Natur nach auf zwei Monate oder 50 Tage im Jahr begrenzt war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG, da weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Gemäß § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO hat die Klägerin die Kosten des die Beigeladene zu 1 zu 1 betreffenden Verfahrens zu tragen. Bezüglich der zurückgenommenen Berufungen hat die Beklagte gemäß § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 2 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind der Klägerin bzw. der Beklagten nicht aufzuerlegen, weil diese keine Anträge gestellt und damit auch kein Prozessrisiko auf sich genommen haben (§ 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved