Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 278/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 196/10
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen Ziffer I. des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 03.02.2010 wird zurückgewiesen.
II. Ziffer II. des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 03.02.2010 wird aufgehoben. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Beendigung eines Einsatzes im Internet-Café im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit und die Gewährung einer entgangenen Mehraufwandsentschädigung.
Der Kläger bezieht seit Jahren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und schloss mit dem Jobcenter A-Stadt am 10.09.2008 eine Eingliederungsvereinbarung, worin eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung bei der N. gGmbH (N.) als EDV-Fachkraft angeboten wurde. Der zeitliche Umfang sollte 30 Stunden pro Woche und die Höhe der Mehraufwandsentschädigung pro Stunde 1,25 EUR betragen. Mit der N. schloss der Kläger eine Vereinbarung für Zusatzjobs vom 26.09.2008, wonach er im Rahmen der Maßnahme im Kinder- und Jugendhilfezentrum der Beklagten vom 15.10.2008 bis 14.04.2009 beschäftigt werden sollte.
In einer Besprechungsniederschrift vom 18.11.2008 über ein Gespräch des Klägers u.a. mit der Heimleitung des Kinder- und Jugendhilfezentrums wurde insbesondere festgehalten, dass der Internetführerschein beim Betreten des Internet-Cafés vorgezeigt werden solle und externe Kinder und Jugendliche keinen Zutritt hätten. Ideen und Veränderungsvorschläge seien vor der Umsetzung mit der Heimleitung und mit den Erzieherinnen abzuklären. In einem Protokoll vom 04.12.2008 wird darauf verwiesen, dass die Nutzungsregeln einen Zutritt ohne Internet-Führerschein grundsätzlich nicht vorsähen und die Jugendlichen bei Eintritt den Internet-Führerschein vorzeigen müssten, der aus pädagogischen Gründen auch vorübergehend eingezogen werden könnte.
Mit Schreiben vom 13.01.2009 teilte die Beklagte der N. mit, der Kläger habe bereits kurz nach Beschäftigungsbeginn Änderungen bei den Rahmenbedingungen für das Internetcafé ohne jegliche Rücksprache vorgenommen. Trotz mehrerer Gespräche mit ihm könne er bis heute die pädagogischen Grundsätze des Hauses nicht einschätzen und nicht akzeptieren. Eine Vertrauensbasis in der gemeinsamen Arbeit sei nicht mehr gegeben. Es werde darum gebeten, das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Kinder- und Jugendhilfezentrum zu beenden. In einem Gespräch beendete daraufhin die N. am 15.01.2009 den Einsatz des Klägers im Kinder- und Jugendhilfezentrum.
Der Kläger hat am 03.03.2009 beim SG Klage erhoben und zuletzt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei dem Kinder- und Jugendhilfezentrum und die Gewährung von Schadensersatz wegen dort unterbliebener Tätigkeit begehrt. Die Eingliederungsvereinbarung konkretisiere sein Rechtsverhältnis mit dem Kinder- und Jugendhilfezentrum. Insofern handele es sich um einen öffentlich-rechtlichen Dienstvertrag oder um ein öffentlich-rechtliches faktisches Beschäftigungsverhältnis. Er habe sich dort vorgestellt und nach den dortigen Anweisungen gearbeitet. Von dort sei die Zahl der Arbeitsstunden bestimmt und erfasst worden und unbezahlte Urlaubstage mussten nur dort beantragt werden. Bei der N. handele sich auch nicht um eine Zeitarbeitsfirma, denn eine solche müsste ihm die Vergütung auch dann bezahlen, wenn sie für ihn keine Arbeit hätte. Eine Kündigung hätte nur schriftlich mit Angabe der Gründe ausgesprochen werden können. Im Übrigen könne er sich auch andernfalls in keinster Weise gegen eine Kündigung wehren. Hintergrund der Kündigung sei die von ihm beantragte Überprüfung der eigentümlichen "Ausweis-Praxis". Durch die Kündigung des Vertrages seien ihm seine Verdienstmöglichkeiten zunichte gemacht worden. Die Beklagte hat ausgeführt, dass zwischen ihr und dem Kläger kein Arbeitsverhältnis vorgelegen habe. Alle formalen Rahmenbedingungen der Arbeitsgelegenheit seien zwischen der N. und dem Kläger vereinbart und geregelt worden. Es sei auch keine Personalakte o.ä. geführt worden. Mit Urteil vom 03.02.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da eine Feststellung mangels Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten nicht möglich sei. Die Arbeitsgelegenheit habe allein auf Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Kläger und der N. bestanden. Ein Rechtsgrund, aus dem sich ein Schadensersatzanspruch ergeben könnte, sei nicht erkennbar.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Der Beklagten habe nicht gefallen, dass er die einschüchternde Ausweis-Schikane beanstandet habe. Sie habe kein Recht gehabt, ihn zu verpflichten, gegen Kinderschutzgesetze und gegen den Willen der Aufsichtsbehörde zu verstoßen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 03.02.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihre "Bitte" an die N., den Kläger bei der Beklagten nicht einzusetzen, zurückzunehmen sowie die entgangene Mehraufwandsentschädigung an den Kläger zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unabhängig von der Frage, ob eine zulässige Klageänderung vorliege, bestünden keine Rechtsbeziehungen zum Kläger. Hilfsweise sei darauf zu verweisen, dass die Ausweiskontrolle als pädagogische Maßnahme notwendig sei, um ein Nutzungsverbot bzw eine Zugangsberechtigung zu kontrollieren. Eine diskriminierende Maßnahme könne darin nicht gesehen werden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Jobcenters A-Stadt sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die weiteren Akten der Verfahren S 19 AS 1619/08 ER, L 11 AS 159/09 B ER, S 19 AS 70/09 ER und L 11 AS 224/09 B ER Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Streitgegenstand ist neben dem vom Kläger auf die Zahlung der entgangenen Mehraufwandsentschädigung konkretisierten Leistungsanspruch, die Feststellung, dass die "Bitte" der Beklagten gegenüber dem Maßnahmeträger, den Kläger bei ihr nicht weiter einzusetzen, rechtswidrig gewesen ist. Das Begehren des Klägers in Bezug auf die "Bitte" war entsprechend auszulegen, da allein ein so verstandener Antrag statthaft sein kann. Eine Leistungsklage auf Rücknahme der "Bitte" ist nämlich bereits wegen einer Erledigung durch Zeitablauf nicht statthaft. Der Einsatz des Klägers im Kinder- und Jugendhilfezentrum der Beklagten war für die Zeit vom 15.10.2008 bis 14.04.2009 festgelegt. Selbst nach einer Rücknahme der "Bitte" der Beklagten könnte der Kläger in der Einrichtung nicht mehr eingesetzt werden, denn der Einsatz war bis längstens 14.04.2009 befristet. Die Möglichkeit des Einsatzes beim Kinder- und Jugendhilfezentrum hat sich somit durch Zeitablauf erledigt. Zugunsten des Klägers ist eine Umstellung der Klage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage (zur generellen Zulässigkeit einer solchen Klage vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl, § 131 Rn 7c ff) anzunehmen.
Für eine Fortsetzungsfeststellungsklage fehlt es allerdings am Vorliegen eines Feststellungsinteresse. Ein Feststellungsinteresse kann insbesondere bei einer Wiederholungsgefahr, einem Rehabilitationsinteresse oder bei einer Präjudizialität für andere Rechtsverhältnisse gegeben sein (Keller aaO Rn 15b). Dazu ist weder vom Kläger vorgetragen worden, noch sind Umstände ersichtlich, woraus sich dieses ergeben könnte. Eine Wiederholungsgefahr scheidet aus, da selbst für den Fall einer direkten Zuweisung des Klägers an die Beklagte aufgrund einer Eingliederungsvereinbarung oder durch einen Verwaltungsakt des Jobcenters eine Bindung der Beklagten zum erneuten Einsatz des Klägers nicht bestehen würde (vgl BAG, Urteil vom 02.10.2007 - 1 ABR 60/06 - juris). Der Beklagten steht bei der Besetzung der Plätze für Arbeitsgelegenheiten ein Spielraum für eigene Entscheidungen zu (vgl BVerwG, Urteil vom 21.03.2007 - 6 P 4/06 - juris). Eine Beeinträchtigung des Klägers in dessen Grundrechten durch die "Bitte" ist nicht ersichtlich.
Im Hinblick auf eine Präjudizialität für einen eventuellen Anspruch auf eine entgangene Mehraufwandsentschädigung fehlt es bereits an der Möglichkeit, insoweit entsprechende Ansprüche geltend machen zu können (siehe dazu unten). Ein Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten, aus dem sich finanzielle Ansprüche gegenüber der Beklagten oder Dritten ergeben könnten, besteht nämlich nicht. Zwar ist das zwischen einem Maßnahmeträger und einem Hilfebedürftigen nach § 16 Abs 3 SGB II begründete Beschäftigungsverhältnis öffentlich-rechtlicher Natur. Durch Zuweisung wird zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Maßnahmeträger ein öffentlich-rechtliches Beschäftigungsverhältnis eigener Art begründet (siehe BSG, Urteil vom 27.08.2011 - B 4 AS 1/10 mwN). Ob die Arbeitsgelegenheit bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer natürlichen Person oder einer juristischen Person des Privatrechts ausgeführt wird, spielt keine Rolle, denn die Zuweisung beruht stets auf einem öffentlich-rechtlichen Akt und bestimmt die Rechte und Pflichten zwischen Berechtigten und Maßnahmeträger (vgl Beschluss des Senats vom 13.05.2009 - L 11 AS 159/09 B ER mwN). Vorliegend ist insofern Maßnahmeträger iSd Gesetzes aber die N ... Alleine aufgrund der Vereinbarung zwischen dem Kläger und der N., Beschäftigungsort sei das Kinder- und Jugendhilfezentrum, war der Kläger zur Tätigkeit bei der Beklagten verpflichtet. Der N. kommt damit die vergleichbare Funktion eines "Verleihers" von Arbeitskräften zu. Die Beklagte ist dagegen mit einem "Entleiher" vergleichbar, bei dem alleine ein Rechtsverhältnis zum "Verleiher", mithin der N. entsteht. Der Kläger steht nur mit der N. über die Zuweisung durch den Jobcenter und die Vereinbarung für Zusatzjobs vom 26.09.2008 in einem Rechtsverhältnis. Gleiches gilt im Hinblick auf die Eingliederungsvereinbarung zwischen Jobcenter und dem Kläger. Ein Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht somit nicht. Die "Bitte" der Beklagten, die sie gegenüber der N. geäußert hat, hat damit keine Rechtswirkungen gegenüber dem Kläger. Rechtlich wirksam ist allein die hernach folgende Entscheidung der N ...
Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zahlung einer "entgangenen" Mehraufwandsentschädigung gegenüber der Beklagten zu. Der Anspruch auf die Mehraufwandsentschädigung richtet sich gegen den SGB II-Leistungsträger (BSG aaO; Eicher in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl, § 16 Rdnr 242). Es handelt sich um einen öffentlich-rechtlichen Sozialleistungsanspruch. Die Abrechnung und Auszahlung kann im Wege der Weiterleitung vom Arbeitgeber/Träger durchgeführt werden; gleichwohl ist der Anspruch im Streitfalle gegenüber dem Grundsicherungsträger geltend zu machen (Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand 06/2011, § 16d Rdnr 76). Ein Anspruch gegen die Beklagte besteht somit in keinem Fall. Im Übrigen besteht der Anspruch auf Mehraufwandsentschädigung nur für die tatsächliche Tätigkeit, nicht für ausgefallene (vgl Eicher aaO Rn 243a mwN). Der Kläger hat aber die Tätigkeit nach dem 15.01.2009 tatsächlich nicht mehr ausgeübt, so dass ihm keine Entschädigung - auch nicht von dritter Seite - zusteht. Dies folgt aus dem Charakter der Leistung, die den Mehrbedarf für Fahrtkosten, Arbeitskleidung, Wäsche und Ernährung abdecken sowie einen Anreiz für die Aufnahme der Tätigkeit selbst bieten soll (vgl Eicher aaO Rn 230).
Es besteht ebenso kein Anspruch des Klägers - bei entsprechender Auslegung des Klagebegehrens im Hinblick auf die "entgangene Mehraufwandsentschädigung" - auf Wertersatz im Wege des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs (siehe dazu BSG, Urteil vom 27.08.2011 - B 4 AS 1/10 R; Urteile vom 13.04.2011 - B 14 AS 98/10 R - und - B 14 AS 101/10 R - alle juris). Ein solcher Anspruch setzt die Ausübung einer Tätigkeit im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit voraus, die zu einer bewussten und zweckgerichteten Mehrung fremden Vermögens führt (vgl BSG, Urteil vom 27.08.2011 - B 4 AS 1/10 R - und Urteil vom 13.04.2011 - B 14 AS 98/10 R - beide juris). Der Kläger hat aber nach der Beendigung des Einsatzes bei der Beklagten am 15.01.2009 weder ihr noch der N. gegenüber eine weitere Arbeitsleistung erbracht, die zu einer Vermögensmehrung geführt haben könnte.
Die Berufung war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Da weder der Kläger noch die Beklagte vorliegend als Versicherte oder Leistungsempfänger in dieser jeweiligen Eigenschaft beteiligt sind, ist das Gerichtsverfahren nicht kostenfrei. Versicherte oder Leistungsempfänger sind nicht pauschal privilegiert, sondern nur im Streit um bestimmte soziale Rechte; maßgeblich ist also, ob um das Bestehen eines Versicherungs- oder Sozialleistungsverhältnis oder um Rechte hieraus gestritten wird (Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 1. Aufl, § 183 Rn 10). Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht aber gerade kein Versicherungs- oder Sozialleistungsverhältnis. Ein solches besteht alleine zwischen Kläger und dem Jobcenter. Soweit der Kläger hier aber Ansprüche gegen die Beklagte geltend macht, fehlt es damit an einer Privilegierung. Zudem ist daher die Kostenentscheidung des SG dahingehend zu korrigieren, dass Gerichtskosten auch für das erstinstanzliche Verfahren zu erheben sind (vgl hierzu BayLSG, Beschluss vom 02.01.2012 - L 10 AL 299/11 B PKH; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 193 Rn 16 mwN).
Gründe, die Revision gemäß § 160 Absatz 2 Nr 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Ziffer II. des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 03.02.2010 wird aufgehoben. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Beendigung eines Einsatzes im Internet-Café im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit und die Gewährung einer entgangenen Mehraufwandsentschädigung.
Der Kläger bezieht seit Jahren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und schloss mit dem Jobcenter A-Stadt am 10.09.2008 eine Eingliederungsvereinbarung, worin eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung bei der N. gGmbH (N.) als EDV-Fachkraft angeboten wurde. Der zeitliche Umfang sollte 30 Stunden pro Woche und die Höhe der Mehraufwandsentschädigung pro Stunde 1,25 EUR betragen. Mit der N. schloss der Kläger eine Vereinbarung für Zusatzjobs vom 26.09.2008, wonach er im Rahmen der Maßnahme im Kinder- und Jugendhilfezentrum der Beklagten vom 15.10.2008 bis 14.04.2009 beschäftigt werden sollte.
In einer Besprechungsniederschrift vom 18.11.2008 über ein Gespräch des Klägers u.a. mit der Heimleitung des Kinder- und Jugendhilfezentrums wurde insbesondere festgehalten, dass der Internetführerschein beim Betreten des Internet-Cafés vorgezeigt werden solle und externe Kinder und Jugendliche keinen Zutritt hätten. Ideen und Veränderungsvorschläge seien vor der Umsetzung mit der Heimleitung und mit den Erzieherinnen abzuklären. In einem Protokoll vom 04.12.2008 wird darauf verwiesen, dass die Nutzungsregeln einen Zutritt ohne Internet-Führerschein grundsätzlich nicht vorsähen und die Jugendlichen bei Eintritt den Internet-Führerschein vorzeigen müssten, der aus pädagogischen Gründen auch vorübergehend eingezogen werden könnte.
Mit Schreiben vom 13.01.2009 teilte die Beklagte der N. mit, der Kläger habe bereits kurz nach Beschäftigungsbeginn Änderungen bei den Rahmenbedingungen für das Internetcafé ohne jegliche Rücksprache vorgenommen. Trotz mehrerer Gespräche mit ihm könne er bis heute die pädagogischen Grundsätze des Hauses nicht einschätzen und nicht akzeptieren. Eine Vertrauensbasis in der gemeinsamen Arbeit sei nicht mehr gegeben. Es werde darum gebeten, das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Kinder- und Jugendhilfezentrum zu beenden. In einem Gespräch beendete daraufhin die N. am 15.01.2009 den Einsatz des Klägers im Kinder- und Jugendhilfezentrum.
Der Kläger hat am 03.03.2009 beim SG Klage erhoben und zuletzt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei dem Kinder- und Jugendhilfezentrum und die Gewährung von Schadensersatz wegen dort unterbliebener Tätigkeit begehrt. Die Eingliederungsvereinbarung konkretisiere sein Rechtsverhältnis mit dem Kinder- und Jugendhilfezentrum. Insofern handele es sich um einen öffentlich-rechtlichen Dienstvertrag oder um ein öffentlich-rechtliches faktisches Beschäftigungsverhältnis. Er habe sich dort vorgestellt und nach den dortigen Anweisungen gearbeitet. Von dort sei die Zahl der Arbeitsstunden bestimmt und erfasst worden und unbezahlte Urlaubstage mussten nur dort beantragt werden. Bei der N. handele sich auch nicht um eine Zeitarbeitsfirma, denn eine solche müsste ihm die Vergütung auch dann bezahlen, wenn sie für ihn keine Arbeit hätte. Eine Kündigung hätte nur schriftlich mit Angabe der Gründe ausgesprochen werden können. Im Übrigen könne er sich auch andernfalls in keinster Weise gegen eine Kündigung wehren. Hintergrund der Kündigung sei die von ihm beantragte Überprüfung der eigentümlichen "Ausweis-Praxis". Durch die Kündigung des Vertrages seien ihm seine Verdienstmöglichkeiten zunichte gemacht worden. Die Beklagte hat ausgeführt, dass zwischen ihr und dem Kläger kein Arbeitsverhältnis vorgelegen habe. Alle formalen Rahmenbedingungen der Arbeitsgelegenheit seien zwischen der N. und dem Kläger vereinbart und geregelt worden. Es sei auch keine Personalakte o.ä. geführt worden. Mit Urteil vom 03.02.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da eine Feststellung mangels Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten nicht möglich sei. Die Arbeitsgelegenheit habe allein auf Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Kläger und der N. bestanden. Ein Rechtsgrund, aus dem sich ein Schadensersatzanspruch ergeben könnte, sei nicht erkennbar.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Der Beklagten habe nicht gefallen, dass er die einschüchternde Ausweis-Schikane beanstandet habe. Sie habe kein Recht gehabt, ihn zu verpflichten, gegen Kinderschutzgesetze und gegen den Willen der Aufsichtsbehörde zu verstoßen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 03.02.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihre "Bitte" an die N., den Kläger bei der Beklagten nicht einzusetzen, zurückzunehmen sowie die entgangene Mehraufwandsentschädigung an den Kläger zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unabhängig von der Frage, ob eine zulässige Klageänderung vorliege, bestünden keine Rechtsbeziehungen zum Kläger. Hilfsweise sei darauf zu verweisen, dass die Ausweiskontrolle als pädagogische Maßnahme notwendig sei, um ein Nutzungsverbot bzw eine Zugangsberechtigung zu kontrollieren. Eine diskriminierende Maßnahme könne darin nicht gesehen werden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Jobcenters A-Stadt sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die weiteren Akten der Verfahren S 19 AS 1619/08 ER, L 11 AS 159/09 B ER, S 19 AS 70/09 ER und L 11 AS 224/09 B ER Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Streitgegenstand ist neben dem vom Kläger auf die Zahlung der entgangenen Mehraufwandsentschädigung konkretisierten Leistungsanspruch, die Feststellung, dass die "Bitte" der Beklagten gegenüber dem Maßnahmeträger, den Kläger bei ihr nicht weiter einzusetzen, rechtswidrig gewesen ist. Das Begehren des Klägers in Bezug auf die "Bitte" war entsprechend auszulegen, da allein ein so verstandener Antrag statthaft sein kann. Eine Leistungsklage auf Rücknahme der "Bitte" ist nämlich bereits wegen einer Erledigung durch Zeitablauf nicht statthaft. Der Einsatz des Klägers im Kinder- und Jugendhilfezentrum der Beklagten war für die Zeit vom 15.10.2008 bis 14.04.2009 festgelegt. Selbst nach einer Rücknahme der "Bitte" der Beklagten könnte der Kläger in der Einrichtung nicht mehr eingesetzt werden, denn der Einsatz war bis längstens 14.04.2009 befristet. Die Möglichkeit des Einsatzes beim Kinder- und Jugendhilfezentrum hat sich somit durch Zeitablauf erledigt. Zugunsten des Klägers ist eine Umstellung der Klage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage (zur generellen Zulässigkeit einer solchen Klage vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl, § 131 Rn 7c ff) anzunehmen.
Für eine Fortsetzungsfeststellungsklage fehlt es allerdings am Vorliegen eines Feststellungsinteresse. Ein Feststellungsinteresse kann insbesondere bei einer Wiederholungsgefahr, einem Rehabilitationsinteresse oder bei einer Präjudizialität für andere Rechtsverhältnisse gegeben sein (Keller aaO Rn 15b). Dazu ist weder vom Kläger vorgetragen worden, noch sind Umstände ersichtlich, woraus sich dieses ergeben könnte. Eine Wiederholungsgefahr scheidet aus, da selbst für den Fall einer direkten Zuweisung des Klägers an die Beklagte aufgrund einer Eingliederungsvereinbarung oder durch einen Verwaltungsakt des Jobcenters eine Bindung der Beklagten zum erneuten Einsatz des Klägers nicht bestehen würde (vgl BAG, Urteil vom 02.10.2007 - 1 ABR 60/06 - juris). Der Beklagten steht bei der Besetzung der Plätze für Arbeitsgelegenheiten ein Spielraum für eigene Entscheidungen zu (vgl BVerwG, Urteil vom 21.03.2007 - 6 P 4/06 - juris). Eine Beeinträchtigung des Klägers in dessen Grundrechten durch die "Bitte" ist nicht ersichtlich.
Im Hinblick auf eine Präjudizialität für einen eventuellen Anspruch auf eine entgangene Mehraufwandsentschädigung fehlt es bereits an der Möglichkeit, insoweit entsprechende Ansprüche geltend machen zu können (siehe dazu unten). Ein Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten, aus dem sich finanzielle Ansprüche gegenüber der Beklagten oder Dritten ergeben könnten, besteht nämlich nicht. Zwar ist das zwischen einem Maßnahmeträger und einem Hilfebedürftigen nach § 16 Abs 3 SGB II begründete Beschäftigungsverhältnis öffentlich-rechtlicher Natur. Durch Zuweisung wird zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Maßnahmeträger ein öffentlich-rechtliches Beschäftigungsverhältnis eigener Art begründet (siehe BSG, Urteil vom 27.08.2011 - B 4 AS 1/10 mwN). Ob die Arbeitsgelegenheit bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer natürlichen Person oder einer juristischen Person des Privatrechts ausgeführt wird, spielt keine Rolle, denn die Zuweisung beruht stets auf einem öffentlich-rechtlichen Akt und bestimmt die Rechte und Pflichten zwischen Berechtigten und Maßnahmeträger (vgl Beschluss des Senats vom 13.05.2009 - L 11 AS 159/09 B ER mwN). Vorliegend ist insofern Maßnahmeträger iSd Gesetzes aber die N ... Alleine aufgrund der Vereinbarung zwischen dem Kläger und der N., Beschäftigungsort sei das Kinder- und Jugendhilfezentrum, war der Kläger zur Tätigkeit bei der Beklagten verpflichtet. Der N. kommt damit die vergleichbare Funktion eines "Verleihers" von Arbeitskräften zu. Die Beklagte ist dagegen mit einem "Entleiher" vergleichbar, bei dem alleine ein Rechtsverhältnis zum "Verleiher", mithin der N. entsteht. Der Kläger steht nur mit der N. über die Zuweisung durch den Jobcenter und die Vereinbarung für Zusatzjobs vom 26.09.2008 in einem Rechtsverhältnis. Gleiches gilt im Hinblick auf die Eingliederungsvereinbarung zwischen Jobcenter und dem Kläger. Ein Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht somit nicht. Die "Bitte" der Beklagten, die sie gegenüber der N. geäußert hat, hat damit keine Rechtswirkungen gegenüber dem Kläger. Rechtlich wirksam ist allein die hernach folgende Entscheidung der N ...
Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zahlung einer "entgangenen" Mehraufwandsentschädigung gegenüber der Beklagten zu. Der Anspruch auf die Mehraufwandsentschädigung richtet sich gegen den SGB II-Leistungsträger (BSG aaO; Eicher in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl, § 16 Rdnr 242). Es handelt sich um einen öffentlich-rechtlichen Sozialleistungsanspruch. Die Abrechnung und Auszahlung kann im Wege der Weiterleitung vom Arbeitgeber/Träger durchgeführt werden; gleichwohl ist der Anspruch im Streitfalle gegenüber dem Grundsicherungsträger geltend zu machen (Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand 06/2011, § 16d Rdnr 76). Ein Anspruch gegen die Beklagte besteht somit in keinem Fall. Im Übrigen besteht der Anspruch auf Mehraufwandsentschädigung nur für die tatsächliche Tätigkeit, nicht für ausgefallene (vgl Eicher aaO Rn 243a mwN). Der Kläger hat aber die Tätigkeit nach dem 15.01.2009 tatsächlich nicht mehr ausgeübt, so dass ihm keine Entschädigung - auch nicht von dritter Seite - zusteht. Dies folgt aus dem Charakter der Leistung, die den Mehrbedarf für Fahrtkosten, Arbeitskleidung, Wäsche und Ernährung abdecken sowie einen Anreiz für die Aufnahme der Tätigkeit selbst bieten soll (vgl Eicher aaO Rn 230).
Es besteht ebenso kein Anspruch des Klägers - bei entsprechender Auslegung des Klagebegehrens im Hinblick auf die "entgangene Mehraufwandsentschädigung" - auf Wertersatz im Wege des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs (siehe dazu BSG, Urteil vom 27.08.2011 - B 4 AS 1/10 R; Urteile vom 13.04.2011 - B 14 AS 98/10 R - und - B 14 AS 101/10 R - alle juris). Ein solcher Anspruch setzt die Ausübung einer Tätigkeit im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit voraus, die zu einer bewussten und zweckgerichteten Mehrung fremden Vermögens führt (vgl BSG, Urteil vom 27.08.2011 - B 4 AS 1/10 R - und Urteil vom 13.04.2011 - B 14 AS 98/10 R - beide juris). Der Kläger hat aber nach der Beendigung des Einsatzes bei der Beklagten am 15.01.2009 weder ihr noch der N. gegenüber eine weitere Arbeitsleistung erbracht, die zu einer Vermögensmehrung geführt haben könnte.
Die Berufung war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Da weder der Kläger noch die Beklagte vorliegend als Versicherte oder Leistungsempfänger in dieser jeweiligen Eigenschaft beteiligt sind, ist das Gerichtsverfahren nicht kostenfrei. Versicherte oder Leistungsempfänger sind nicht pauschal privilegiert, sondern nur im Streit um bestimmte soziale Rechte; maßgeblich ist also, ob um das Bestehen eines Versicherungs- oder Sozialleistungsverhältnis oder um Rechte hieraus gestritten wird (Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 1. Aufl, § 183 Rn 10). Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht aber gerade kein Versicherungs- oder Sozialleistungsverhältnis. Ein solches besteht alleine zwischen Kläger und dem Jobcenter. Soweit der Kläger hier aber Ansprüche gegen die Beklagte geltend macht, fehlt es damit an einer Privilegierung. Zudem ist daher die Kostenentscheidung des SG dahingehend zu korrigieren, dass Gerichtskosten auch für das erstinstanzliche Verfahren zu erheben sind (vgl hierzu BayLSG, Beschluss vom 02.01.2012 - L 10 AL 299/11 B PKH; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 193 Rn 16 mwN).
Gründe, die Revision gemäß § 160 Absatz 2 Nr 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
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