Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 23 R 8436/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1683/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit vom 13. Februar 2006 bis 31. Dezember 2010.
Die 1950 geborene g. Klägerin hat keinen Beruf erlernt. In der Bundesrepublik Deutschland war sie von September 1971 bis Mai 1993 als Maschinenarbeiterin bzw. Montagehelferin versicherungspflichtig beschäftigt. Danach bezog sie bis Juni 2004 Leistungen wegen Arbeitslosigkeit. Ende März 2004 kehrte sie nach G. zurück.
Einen Rentenantrag vom Januar 2004 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.7.2005 ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Trotz der vorliegenden Gesundheitsstörungen (Anpassungsstörung, Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule ohne neurologische Ausfallserscheinungen) könne die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Die weitere Anspruchsvoraussetzung – drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren im Sinne des § 43 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) bzw. Entrichtung von Beiträgen im Sinne des § 241 Abs. 2 SGB VI – sei zum 27.1.2004 erfüllt. Weitere Informationen hierzu enthalte auch der beiliegende Hinweis zur Aufrechterhaltung des weiteren Versicherungsschutzes.
Grundlage für die Entscheidung waren die Gutachten des Internisten Dr. W. vom 27.2.2003 sowie der Neurologin und Psychiaterin Dr. J. vom 3.3.2003, die leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr für zumutbar erachtet hatten. Dr. J. hatte bei der Klägerin depressive Störungen mehrschichtiger Ätiologie sowie eine anhaltende Somatisierungsstörung diagnostiziert.
Den Rentenantrag der Klägerin vom 13.2.2006 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.2.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.8.2007 ab. Dem lagen beratungsärztliche Stellungnahmen von Dr. G. vom 25.1.2007 und 19.4.2007 zu Grunde, der die ärztlichen Unterlagen aus G. ausgewertet und leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich für möglich gehalten hatte.
Gegen die ablehnenden Bescheide hat die Klägerin am 22.11.2007 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben und die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgt. Sie hat ärztliche Bescheinigungen des Leiters der Orthopädischen Klinik des Allgemeinen Kreiskrankenhauses in F. C. vom 19.10.2007 (Rezidivierende beidseitige Lumbo-ischialgie aufgrund von Spondylarthritis und Doppeldiskopathie L4-L5, L5-S1, unter ständiger Behandlung und Verschlimmerung. Es empfiehlt sich: kein mehrstündiges Stehen während ihrer Arbeit, keine übertrieben schwere Gewichte heben. In regelmäßigen Abständen soll medikamentöse Behandlung und Physiotherapie erfolgen) sowie der Psychiaterin F., Stellvertretende Leiterin der Psychiatrischen Klinik des Allgemeinen Kreiskrankenhauses in F. vom 19.10.2007 (Depressives Syndrom mit Phobien, Panik, Angst und intensiven psychosomatischen Störungen. Wegen der ständigen medikamentösen Behandlung weist sie eine verminderte Arbeitsfähigkeit auf) vorgelegt.
Das SG hat die Klägerin auf nervenärztlichem und orthopädischem Gebiet begutachten lassen.
Prof. Dr. R., Arzt für Neurologie und Facharzt für Nervenheilkunde, hat im Gutachten vom 14.7.2008 bei der Klägerin eine Dysthymie (chronische depressive Störung mit ängstlichen und somatisierenden Elementen - ICD 10: F. 34.1) und eine fortgeschrittene degenerative Erkrankung der Lendenwirbelsäule - LWS - (lumbale Osteochondrose mit älteren Wurzelschäden S1 beidseits und rechtskonvexer Skoliose) festgestellt. Er ist zum Ergebnis gelangt, als Montagehelferin sei die Klägerin nicht mehr bzw. nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Arbeiten an laufenden Maschinen, auf Leitern und Gerüsten, ohne psychische Anspannung (Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten), ohne geistige Beanspruchung und Verantwortung könne die Klägerin täglich drei bis unter sechs Stunden verrichten, wobei Einschränkungen bei Arbeiten im Team und mit Publikumsverkehr berücksichtigt werden müssten. Die Klägerin sei in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von 500 m in einer Zeit von etwa 20 Minuten zurückzulegen. Wegen der phobischen Ängste sowie der Symptome der sozialen Phobie im Rahmen der Dysthymie sei der Klägerin das selbstständige Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr zumutbar. Wegen der psychischen Störung sei eine erfolgreiche Wiederaufnahme einer Arbeitstätigkeit nicht mehr wahrscheinlich, da eine solche eine psychische Belastung darstelle. Wegen des Auftretens phobischer und depressiver Symptome sowie plötzlicher Exazerbationen der chronischen Schmerzsymptomatik seien Unterbrechungen der Arbeitstätigkeit in einem Umfang von etwa 15 bis 20 Minuten je Arbeitsstunde zu erwarten. Seit der Übersiedlung der Klägerin nach G. seien weder relevante Veränderungen hinsichtlich der Dysthymie noch hinsichtlich der Wirbelsäule aufgetreten. Der derzeitige Gesundheitszustand bestehe seit Rentenantragstellung. Nach Einwendungen von Dr. H., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23.10.2008 hat Prof. Dr. R. unter dem 28.12.2008 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben.
Der Orthopäde Dr. G. hat im Gutachten vom 21.4.2009 bei der Klägerin folgende Diagnosen gestellt: Verschleißerscheinungen der LWS bei Bandscheibenschaden an den Segmenten L4/5 und L5/S1 ohne neurologische Ausfallserscheinungen an den unteren Extremitäten, Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule (HWS) ohne neurologische Ausfallserscheinungen an den oberen Extremitäten, Verschleißerscheinungen an beiden Kniegelenken und Epicondylitis radialis beiderseits. Er hat ausgeführt, als Montagehelferin sei die Klägerin nicht mehr einsetzbar. Leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung könne die Klägerin noch vollschichtig (acht Stunden täglich bis zu fünf Tagen in der Woche) ausüben. Vermeiden müsse die Klägerin Tätigkeiten mit Bücken sowie sonstigen Zwangshaltungen, mit Heben und Tragen von schweren oder mittelschweren Lasten, im Akkord und am Fließband, in Kälte, Hitze, Zugluft und Nässe sowie mit besonderer geistiger Beanspruchung. Wegen ihres Alters sollten Arbeiten mit Wechsel- und Nachtschicht unterbleiben.
Die Beklagte hat beratungsärztliche Stellungnahmen des Neurologen und Psychiaters Dr. H. vom 23.10.2008 und 21.1.2009 sowie des Chirurgen Dr. R. vom 22.5.2009 und einen Versicherungsverlauf vom 5.2.2010 vorgelegt. Die Klägerin hat erklärt, sie habe in G. keine Sozialleistungen erhalten.
Mit Urteil vom 23.2.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach Überzeugung des SG ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. G. keine Erwerbsminderung auf orthopädischem Fachgebiet. Ob auf psychiatrischem Fachgebiet eine Erwerbsminderung - wie von Prof. Dr. R. ausgeführt - vorliege, brauche nicht abschließend entschieden zu werden. Das SG sei nämlich nicht davon überzeugt, dass eine Erwerbsminderung bereits in dem Zeitpunkt vorgelegen habe, in dem letztmals die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorgelegen hätten. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn die Erwerbsminderung bei der Klägerin spätestens im Juli 2006 eingetreten wäre. Hiervon sei das SG jedoch nicht überzeugt. Nach Prof. Dr. R. habe sich der Gesundheitszustand der Klägerin seit ihrer Übersiedlung nach G. im Herbst 2004 weder hinsichtlich der Schwere der Dysthymie noch hinsichtlich der Schwere der degenerativen Wirbelsäulenerkrankung wesentlich verändert. Er ziehe folglich den Schluss, dass der Gesundheitszustand der Klägerin seit Herbst 2004 bis zum Zeitpunkt der Begutachtung unverändert schlecht geblieben sei und folglich auch zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung im Februar 2006 Erwerbsminderung vorgelegen habe. Diese Auffassung vermöge das SG nicht nachzuvollziehen. Die Klägerin sei im Februar 2003 von der Neurologin und Psychiaterin Dr. J. begutachtet worden. Zwar habe diese bereits damals eine ungünstige Prognose bei befürchteter Chronifizierung der Erkrankung gestellt, sie sei jedoch der Ansicht gewesen, dass die Klägerin sowohl als Montagehelferin als auch hinsichtlich leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich sechs Stunden und mehr leistungsfähig gewesen sei. Eine Dokumentation über den Gesundheitszustand der Klägerin im Rest des Jahres 2003 sowie in den Jahren 2004 und 2005 finde sich in den vorliegenden Akten nicht. Die medizinische Dokumentation werde erst im Januar und Februar 2006 mit den ärztlichen Bescheinigungen von Frau Dr. F. und Herrn Dr. C. fortgeführt. Das SG könne angesichts dessen die Einschätzung von Prof. Dr. R. nicht nachvollziehen, dass der Gesundheitszustand der Klägerin seit Herbst 2004 bis zum Zeitpunkt der Begutachtung im Juli 2008 gleichbleibend schlecht gewesen sein soll. Die vorliegenden Unterlagen rechtfertigten eine Annahme des Eintritts der Erwerbsminderung bei Rentenantragstellung nicht. Ob die Klägerin zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Prof. Dr. R. im Juli 2008 tatsächlich erwerbsgemindert gewesen sei, brauche das SG vorliegend nicht mehr zu entscheiden, da zu diesem Zeitpunkt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt gewesen wären. Eine Rente wegen Berufsunfähigkeit komme ebenfalls nicht in Betracht. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 24.3.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.4.2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, entscheidend sei, dass sie seit Jahrzehnten unter orthopädischen und psychischen Erkrankungen leide. Das SG habe die Klage abgewiesen, da nicht nachzuvollziehen sei, wie Prof. Dr. R. zu der Einschätzung habe gelangen können, dass ihr Gesundheitszustand seit Herbst 2004 bis zum Zeitpunkt seiner Begutachtung im Juli 2008 gleichbleibend schlecht gewesen sein soll. Prof. Dr. R. gehe jedoch davon aus, dass die Einschätzung von Dr. J. im Herbst 2004 falsch gewesen sei und begründe dies damit, dass diese eine unrichtige diagnostische Bewertung desselben Sachverhalts vorgenommen habe. Selbst wenn man nicht davon ausgehen sollte, dass sie bereits im Herbst 2004 erwerbsgemindert gewesen sei, müsse man sich damit auseinandersetzen, dass sie seit ihrer Rückkehr nach G. 2004 schlechter behandelt worden sei. In Deutschland habe eine kombinierte Behandlung aus medikamentöser Therapie und stützender Psychotherapie stattgefunden, während seit ihrer Rückkehr nach G. nur noch eine Verordnung von Antidepressiva und Anxiolytika erfolge, was offensichtlich unzureichend sei. Die Einschätzung von Prof. Dr. R. werde durch das Gutachten von Dr. G. gestützt, der ebenfalls davon ausgehe, dass die Leistungseinschränkung (diesmal auf orthopädischem Gebiet) seit Antragstellung am 7.1.2004 bestehe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 13. Februar 2006 bis 31. Dezember 2010 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen.
Die Beklagte hat eine Übersetzung des Gutachtens der griechischen Gesundheitskommission vom 28.1.2004 vorgelegt sowie den Bescheid vom 7.3.2011, mit dem der Klägerin ab 1.1.2011 Altersrente für Frauen gewährt wurde.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit vom 13.2.2006 bis 31.12.2010 hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit- §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung sowie teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht besteht, weil die Klägerin zumindest bis zum 31.7.2006, dem letztmaligen Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig und auch nicht berufsunfähig war. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch unter Berücksichtigung von § 241 Abs. 2 SGB VI nicht erfüllt sind. Zwar hat die Klägerin vor dem 1.1.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt. Sie hat jedoch nicht bis zum Eintritt einer (unterstellten) Erwerbsminderung im Mai 2008 (Untersuchung durch Prof. Dr. R.) jeden Kalendermonat vom 1.1.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der (unterstellten) Erwerbsminderung mit den in § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI genannten Zeiten belegt. Belegt sind lediglich die Zeiten vom 1.1.1984 bis 23.6.2004. Zwar ist für Kalendermonate, für die noch eine Beitragszahlung zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten gem. § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI nicht erforderlich. Aufgrund des ersten Rentenantrages vom 28.1.2004 war gemäß § 198 Satz 1 SGB VI die Frist für die Zahlung von freiwilligen Beiträgen für die Monate ab Juli 2004 bis zum Abschluss des Rentenverfahrens durch den Bescheid vom 22.7.2005 unterbrochen. Die Klägerin hat jedoch auch nach Abschluss dieses Rentenverfahrens bzw. Erhalt des Bescheides vom 22.7.2005 keine freiwilligen Beiträge binnen einer Frist von drei Monaten (vgl. Peters in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Bd. 2, Stand Oktober 2011, § 198 SGB VI Rn. 9) für die Monate Juli bis Dezember 2004 entrichtet, obwohl sie im Bescheid vom 22.7.2005 auf den beiliegenden Hinweis zur Aufrechterhaltung des weiteren Versicherungsschutzes hingewiesen worden ist. Eine Entrichtung von freiwilligen Beiträgen für diese Monate ist nicht mehr möglich, da der am 13.2.2006 gestellte zweite Rentenantrag lediglich die Frist für die Entrichtung freiwilliger Beiträge für das Jahr 2005 unterbricht, nicht aber für die fehlenden Monate im Jahr 2004.
Eine Erwerbsminderung der Klägerin, d.h. ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich bis spätestens 31.7.2006, dem Zeitpunkt, zu dem letztmals die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen - Pflichtbeiträge für drei Jahre in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung - erfüllt waren, vermag auch der Senat nicht festzustellen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere dem Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. H. vom 12.12.2002, dem Gutachten des Internisten Dr. W. vom 27.2.2003 und der Neurologin und Psychiaterin Dr. J. vom 3.3.2003, den Bescheinigungen der Psychiaterin F. vom 20.1.2005, 25.1.2006 und 19.10.2007, des Orthopäden C. vom 2.2.2006 und 19.10.2007 sowie der Sachverständigengutachten des Neurologen und Nervenarztes Prof. Dr. R. vom 14.7.2008 nebst ergänzender Stellungnahme vom 28.12.2008 und des Orthopäden Dr. G. vom 21.4.2009.
Die auf orthopädischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen, bei denen es sich im Wesentlichen um Verschleißerscheinungen (der LWS, der HWS sowie der Kniegelenke) sowie um eine Epicondylitis radialis beidseits handelt, führen lediglich zu qualitativen Einschränkungen, hindern die Klägerin jedoch nicht daran, körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder bzw. überwiegend sitzender Körperhaltung mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund des Gutachtens von Dr. G. vom 21.4.2009, der im Wesentlichen das schon zuvor von Dr. W. im Gutachten vom 27.2.2003 festgestellte Leistungsvermögen bestätigt. Vermeiden musste die Klägerin in der streitigen Zeit aufgrund der Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet lediglich schwere und mittelschwere Tätigkeiten, Arbeiten im Bücken und mit Zwangshaltungen, im Akkord und am Fließband sowie in Kälte, Hitze, Zugluft und Nässe.
Die auf nervenärztlichem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen der Klägerin führten - auch nach Überzeugung des Senats - bis zum 31.7.2006 zu keinem unter sechsstündigen Leistungsvermögen. So hat der die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. H. im Befundbericht vom 12.12.2002 über lediglich gelegentliche Vorstellungen der Klägerin in seiner Sprechstunde seit Juli 1999 berichtet, mit Symptombesserung in den Sommermonaten im Rahmen von Aufenthalten in G ... Als Befunde hat er lediglich eine depressive Herabstimmung und multiple körperliche Symptome ohne organisches Korrelat beschrieben. Dr. J. hat im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung vom 17.2.2003 eine etwas herabgesetzte Mimik und Gestik, eine subdepressive bis depressive Stimmung sowie nicht wesentlich beeinträchtigte Aufmerksamkeit und Gedächtnisfunktionen festgestellt. Angesichts dessen ist sie nachvollziehbar zum Ergebnis gelangt, dass das Leistungsvermögen der Klägerin zwar gemindert, aber auch nicht aufgehoben sei und die Klägerin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Nachtschicht, ohne Zeitdruck, ohne übermäßige psychische Beanspruchung sowie ohne Zwangshaltungen noch sechs Stunden täglich verrichten könne.
Soweit Prof. Dr. R. aufgrund der gutachterlichen Untersuchung vom 21.5.2008 bei der Klägerin ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen annimmt, eine selbstständige Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten nicht mehr für zumutbar und Arbeitsunterbrechungen von 15 bis 20 Minuten je Arbeitsstunde für erforderlich hält, vermag der Senat seinem Gutachten keine derart gravierenden Befunde auf psychiatrischem Gebiet bei der Klägerin zu entnehmen, die das selbstständige Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln zu Hauptverkehrszeiten für die Klägerin unzumutbar und derart häufige Pausen erforderlich machen würden. Der Senat vermag keine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand der Klägerin seit der Begutachtung durch Dr. J. (Untersuchung am 17.2.2003) dahingehend festzustellen, dass das Leistungsvermögen der Klägerin von mindestens sechs Stunden auf unter sechs Stunden zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. R. herabgesunken ist. Hiergegen spricht zunächst, dass Prof. Dr. R. selbst eine relevante Veränderung der von ihm diagnostizierten Dysthymia seit der Rückkehr nach G. im Herbst des Jahres 2004 (nach Angaben der Klägerin gegenüber der Landesversicherungsanstalt S. am 1.3.2004: Rückkehr am 25./26.3.2004) verneint und seine von Dr. J. abweichende Beurteilung des Leistungsvermögens insbesondere mit der abweichenden Diagnose, und nicht mit einer wesentlichen dauerhaften Verschlimmerung des psychischen Befundes der Klägerin, begründet hat.
Für die Zeit vor dem 31.7.2006 fehlen aussagekräftige psychiatrische Befunde. Die ärztlichen Bescheinigungen der Psychiaterin F. 20.1.2005 und 25.1.2006 geben - wie die Bescheinigung vom 19.10.2007 - lediglich an, dass die Klägerin an einem depressiven Syndrom mit deutlichen Angstzuständen, Stress und psychosomatischen Beschwerden leidet und mit Antidepressiva behandelt wird. Daraus lässt sich keine wesentliche Verschlimmerung im Vergleich zu den von Dr. J. erhobenen Befunden entnehmen.
Nach alledem ist das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit vom 13. Februar 2006 bis 31. Dezember 2010.
Die 1950 geborene g. Klägerin hat keinen Beruf erlernt. In der Bundesrepublik Deutschland war sie von September 1971 bis Mai 1993 als Maschinenarbeiterin bzw. Montagehelferin versicherungspflichtig beschäftigt. Danach bezog sie bis Juni 2004 Leistungen wegen Arbeitslosigkeit. Ende März 2004 kehrte sie nach G. zurück.
Einen Rentenantrag vom Januar 2004 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.7.2005 ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Trotz der vorliegenden Gesundheitsstörungen (Anpassungsstörung, Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule ohne neurologische Ausfallserscheinungen) könne die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Die weitere Anspruchsvoraussetzung – drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren im Sinne des § 43 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) bzw. Entrichtung von Beiträgen im Sinne des § 241 Abs. 2 SGB VI – sei zum 27.1.2004 erfüllt. Weitere Informationen hierzu enthalte auch der beiliegende Hinweis zur Aufrechterhaltung des weiteren Versicherungsschutzes.
Grundlage für die Entscheidung waren die Gutachten des Internisten Dr. W. vom 27.2.2003 sowie der Neurologin und Psychiaterin Dr. J. vom 3.3.2003, die leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr für zumutbar erachtet hatten. Dr. J. hatte bei der Klägerin depressive Störungen mehrschichtiger Ätiologie sowie eine anhaltende Somatisierungsstörung diagnostiziert.
Den Rentenantrag der Klägerin vom 13.2.2006 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.2.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.8.2007 ab. Dem lagen beratungsärztliche Stellungnahmen von Dr. G. vom 25.1.2007 und 19.4.2007 zu Grunde, der die ärztlichen Unterlagen aus G. ausgewertet und leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich für möglich gehalten hatte.
Gegen die ablehnenden Bescheide hat die Klägerin am 22.11.2007 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben und die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgt. Sie hat ärztliche Bescheinigungen des Leiters der Orthopädischen Klinik des Allgemeinen Kreiskrankenhauses in F. C. vom 19.10.2007 (Rezidivierende beidseitige Lumbo-ischialgie aufgrund von Spondylarthritis und Doppeldiskopathie L4-L5, L5-S1, unter ständiger Behandlung und Verschlimmerung. Es empfiehlt sich: kein mehrstündiges Stehen während ihrer Arbeit, keine übertrieben schwere Gewichte heben. In regelmäßigen Abständen soll medikamentöse Behandlung und Physiotherapie erfolgen) sowie der Psychiaterin F., Stellvertretende Leiterin der Psychiatrischen Klinik des Allgemeinen Kreiskrankenhauses in F. vom 19.10.2007 (Depressives Syndrom mit Phobien, Panik, Angst und intensiven psychosomatischen Störungen. Wegen der ständigen medikamentösen Behandlung weist sie eine verminderte Arbeitsfähigkeit auf) vorgelegt.
Das SG hat die Klägerin auf nervenärztlichem und orthopädischem Gebiet begutachten lassen.
Prof. Dr. R., Arzt für Neurologie und Facharzt für Nervenheilkunde, hat im Gutachten vom 14.7.2008 bei der Klägerin eine Dysthymie (chronische depressive Störung mit ängstlichen und somatisierenden Elementen - ICD 10: F. 34.1) und eine fortgeschrittene degenerative Erkrankung der Lendenwirbelsäule - LWS - (lumbale Osteochondrose mit älteren Wurzelschäden S1 beidseits und rechtskonvexer Skoliose) festgestellt. Er ist zum Ergebnis gelangt, als Montagehelferin sei die Klägerin nicht mehr bzw. nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Arbeiten an laufenden Maschinen, auf Leitern und Gerüsten, ohne psychische Anspannung (Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten), ohne geistige Beanspruchung und Verantwortung könne die Klägerin täglich drei bis unter sechs Stunden verrichten, wobei Einschränkungen bei Arbeiten im Team und mit Publikumsverkehr berücksichtigt werden müssten. Die Klägerin sei in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von 500 m in einer Zeit von etwa 20 Minuten zurückzulegen. Wegen der phobischen Ängste sowie der Symptome der sozialen Phobie im Rahmen der Dysthymie sei der Klägerin das selbstständige Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr zumutbar. Wegen der psychischen Störung sei eine erfolgreiche Wiederaufnahme einer Arbeitstätigkeit nicht mehr wahrscheinlich, da eine solche eine psychische Belastung darstelle. Wegen des Auftretens phobischer und depressiver Symptome sowie plötzlicher Exazerbationen der chronischen Schmerzsymptomatik seien Unterbrechungen der Arbeitstätigkeit in einem Umfang von etwa 15 bis 20 Minuten je Arbeitsstunde zu erwarten. Seit der Übersiedlung der Klägerin nach G. seien weder relevante Veränderungen hinsichtlich der Dysthymie noch hinsichtlich der Wirbelsäule aufgetreten. Der derzeitige Gesundheitszustand bestehe seit Rentenantragstellung. Nach Einwendungen von Dr. H., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23.10.2008 hat Prof. Dr. R. unter dem 28.12.2008 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben.
Der Orthopäde Dr. G. hat im Gutachten vom 21.4.2009 bei der Klägerin folgende Diagnosen gestellt: Verschleißerscheinungen der LWS bei Bandscheibenschaden an den Segmenten L4/5 und L5/S1 ohne neurologische Ausfallserscheinungen an den unteren Extremitäten, Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule (HWS) ohne neurologische Ausfallserscheinungen an den oberen Extremitäten, Verschleißerscheinungen an beiden Kniegelenken und Epicondylitis radialis beiderseits. Er hat ausgeführt, als Montagehelferin sei die Klägerin nicht mehr einsetzbar. Leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung könne die Klägerin noch vollschichtig (acht Stunden täglich bis zu fünf Tagen in der Woche) ausüben. Vermeiden müsse die Klägerin Tätigkeiten mit Bücken sowie sonstigen Zwangshaltungen, mit Heben und Tragen von schweren oder mittelschweren Lasten, im Akkord und am Fließband, in Kälte, Hitze, Zugluft und Nässe sowie mit besonderer geistiger Beanspruchung. Wegen ihres Alters sollten Arbeiten mit Wechsel- und Nachtschicht unterbleiben.
Die Beklagte hat beratungsärztliche Stellungnahmen des Neurologen und Psychiaters Dr. H. vom 23.10.2008 und 21.1.2009 sowie des Chirurgen Dr. R. vom 22.5.2009 und einen Versicherungsverlauf vom 5.2.2010 vorgelegt. Die Klägerin hat erklärt, sie habe in G. keine Sozialleistungen erhalten.
Mit Urteil vom 23.2.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach Überzeugung des SG ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. G. keine Erwerbsminderung auf orthopädischem Fachgebiet. Ob auf psychiatrischem Fachgebiet eine Erwerbsminderung - wie von Prof. Dr. R. ausgeführt - vorliege, brauche nicht abschließend entschieden zu werden. Das SG sei nämlich nicht davon überzeugt, dass eine Erwerbsminderung bereits in dem Zeitpunkt vorgelegen habe, in dem letztmals die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorgelegen hätten. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn die Erwerbsminderung bei der Klägerin spätestens im Juli 2006 eingetreten wäre. Hiervon sei das SG jedoch nicht überzeugt. Nach Prof. Dr. R. habe sich der Gesundheitszustand der Klägerin seit ihrer Übersiedlung nach G. im Herbst 2004 weder hinsichtlich der Schwere der Dysthymie noch hinsichtlich der Schwere der degenerativen Wirbelsäulenerkrankung wesentlich verändert. Er ziehe folglich den Schluss, dass der Gesundheitszustand der Klägerin seit Herbst 2004 bis zum Zeitpunkt der Begutachtung unverändert schlecht geblieben sei und folglich auch zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung im Februar 2006 Erwerbsminderung vorgelegen habe. Diese Auffassung vermöge das SG nicht nachzuvollziehen. Die Klägerin sei im Februar 2003 von der Neurologin und Psychiaterin Dr. J. begutachtet worden. Zwar habe diese bereits damals eine ungünstige Prognose bei befürchteter Chronifizierung der Erkrankung gestellt, sie sei jedoch der Ansicht gewesen, dass die Klägerin sowohl als Montagehelferin als auch hinsichtlich leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich sechs Stunden und mehr leistungsfähig gewesen sei. Eine Dokumentation über den Gesundheitszustand der Klägerin im Rest des Jahres 2003 sowie in den Jahren 2004 und 2005 finde sich in den vorliegenden Akten nicht. Die medizinische Dokumentation werde erst im Januar und Februar 2006 mit den ärztlichen Bescheinigungen von Frau Dr. F. und Herrn Dr. C. fortgeführt. Das SG könne angesichts dessen die Einschätzung von Prof. Dr. R. nicht nachvollziehen, dass der Gesundheitszustand der Klägerin seit Herbst 2004 bis zum Zeitpunkt der Begutachtung im Juli 2008 gleichbleibend schlecht gewesen sein soll. Die vorliegenden Unterlagen rechtfertigten eine Annahme des Eintritts der Erwerbsminderung bei Rentenantragstellung nicht. Ob die Klägerin zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Prof. Dr. R. im Juli 2008 tatsächlich erwerbsgemindert gewesen sei, brauche das SG vorliegend nicht mehr zu entscheiden, da zu diesem Zeitpunkt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt gewesen wären. Eine Rente wegen Berufsunfähigkeit komme ebenfalls nicht in Betracht. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 24.3.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.4.2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, entscheidend sei, dass sie seit Jahrzehnten unter orthopädischen und psychischen Erkrankungen leide. Das SG habe die Klage abgewiesen, da nicht nachzuvollziehen sei, wie Prof. Dr. R. zu der Einschätzung habe gelangen können, dass ihr Gesundheitszustand seit Herbst 2004 bis zum Zeitpunkt seiner Begutachtung im Juli 2008 gleichbleibend schlecht gewesen sein soll. Prof. Dr. R. gehe jedoch davon aus, dass die Einschätzung von Dr. J. im Herbst 2004 falsch gewesen sei und begründe dies damit, dass diese eine unrichtige diagnostische Bewertung desselben Sachverhalts vorgenommen habe. Selbst wenn man nicht davon ausgehen sollte, dass sie bereits im Herbst 2004 erwerbsgemindert gewesen sei, müsse man sich damit auseinandersetzen, dass sie seit ihrer Rückkehr nach G. 2004 schlechter behandelt worden sei. In Deutschland habe eine kombinierte Behandlung aus medikamentöser Therapie und stützender Psychotherapie stattgefunden, während seit ihrer Rückkehr nach G. nur noch eine Verordnung von Antidepressiva und Anxiolytika erfolge, was offensichtlich unzureichend sei. Die Einschätzung von Prof. Dr. R. werde durch das Gutachten von Dr. G. gestützt, der ebenfalls davon ausgehe, dass die Leistungseinschränkung (diesmal auf orthopädischem Gebiet) seit Antragstellung am 7.1.2004 bestehe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 13. Februar 2006 bis 31. Dezember 2010 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen.
Die Beklagte hat eine Übersetzung des Gutachtens der griechischen Gesundheitskommission vom 28.1.2004 vorgelegt sowie den Bescheid vom 7.3.2011, mit dem der Klägerin ab 1.1.2011 Altersrente für Frauen gewährt wurde.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit vom 13.2.2006 bis 31.12.2010 hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit- §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung sowie teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht besteht, weil die Klägerin zumindest bis zum 31.7.2006, dem letztmaligen Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig und auch nicht berufsunfähig war. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch unter Berücksichtigung von § 241 Abs. 2 SGB VI nicht erfüllt sind. Zwar hat die Klägerin vor dem 1.1.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt. Sie hat jedoch nicht bis zum Eintritt einer (unterstellten) Erwerbsminderung im Mai 2008 (Untersuchung durch Prof. Dr. R.) jeden Kalendermonat vom 1.1.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der (unterstellten) Erwerbsminderung mit den in § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI genannten Zeiten belegt. Belegt sind lediglich die Zeiten vom 1.1.1984 bis 23.6.2004. Zwar ist für Kalendermonate, für die noch eine Beitragszahlung zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten gem. § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI nicht erforderlich. Aufgrund des ersten Rentenantrages vom 28.1.2004 war gemäß § 198 Satz 1 SGB VI die Frist für die Zahlung von freiwilligen Beiträgen für die Monate ab Juli 2004 bis zum Abschluss des Rentenverfahrens durch den Bescheid vom 22.7.2005 unterbrochen. Die Klägerin hat jedoch auch nach Abschluss dieses Rentenverfahrens bzw. Erhalt des Bescheides vom 22.7.2005 keine freiwilligen Beiträge binnen einer Frist von drei Monaten (vgl. Peters in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Bd. 2, Stand Oktober 2011, § 198 SGB VI Rn. 9) für die Monate Juli bis Dezember 2004 entrichtet, obwohl sie im Bescheid vom 22.7.2005 auf den beiliegenden Hinweis zur Aufrechterhaltung des weiteren Versicherungsschutzes hingewiesen worden ist. Eine Entrichtung von freiwilligen Beiträgen für diese Monate ist nicht mehr möglich, da der am 13.2.2006 gestellte zweite Rentenantrag lediglich die Frist für die Entrichtung freiwilliger Beiträge für das Jahr 2005 unterbricht, nicht aber für die fehlenden Monate im Jahr 2004.
Eine Erwerbsminderung der Klägerin, d.h. ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich bis spätestens 31.7.2006, dem Zeitpunkt, zu dem letztmals die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen - Pflichtbeiträge für drei Jahre in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung - erfüllt waren, vermag auch der Senat nicht festzustellen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere dem Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. H. vom 12.12.2002, dem Gutachten des Internisten Dr. W. vom 27.2.2003 und der Neurologin und Psychiaterin Dr. J. vom 3.3.2003, den Bescheinigungen der Psychiaterin F. vom 20.1.2005, 25.1.2006 und 19.10.2007, des Orthopäden C. vom 2.2.2006 und 19.10.2007 sowie der Sachverständigengutachten des Neurologen und Nervenarztes Prof. Dr. R. vom 14.7.2008 nebst ergänzender Stellungnahme vom 28.12.2008 und des Orthopäden Dr. G. vom 21.4.2009.
Die auf orthopädischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen, bei denen es sich im Wesentlichen um Verschleißerscheinungen (der LWS, der HWS sowie der Kniegelenke) sowie um eine Epicondylitis radialis beidseits handelt, führen lediglich zu qualitativen Einschränkungen, hindern die Klägerin jedoch nicht daran, körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder bzw. überwiegend sitzender Körperhaltung mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund des Gutachtens von Dr. G. vom 21.4.2009, der im Wesentlichen das schon zuvor von Dr. W. im Gutachten vom 27.2.2003 festgestellte Leistungsvermögen bestätigt. Vermeiden musste die Klägerin in der streitigen Zeit aufgrund der Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet lediglich schwere und mittelschwere Tätigkeiten, Arbeiten im Bücken und mit Zwangshaltungen, im Akkord und am Fließband sowie in Kälte, Hitze, Zugluft und Nässe.
Die auf nervenärztlichem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen der Klägerin führten - auch nach Überzeugung des Senats - bis zum 31.7.2006 zu keinem unter sechsstündigen Leistungsvermögen. So hat der die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. H. im Befundbericht vom 12.12.2002 über lediglich gelegentliche Vorstellungen der Klägerin in seiner Sprechstunde seit Juli 1999 berichtet, mit Symptombesserung in den Sommermonaten im Rahmen von Aufenthalten in G ... Als Befunde hat er lediglich eine depressive Herabstimmung und multiple körperliche Symptome ohne organisches Korrelat beschrieben. Dr. J. hat im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung vom 17.2.2003 eine etwas herabgesetzte Mimik und Gestik, eine subdepressive bis depressive Stimmung sowie nicht wesentlich beeinträchtigte Aufmerksamkeit und Gedächtnisfunktionen festgestellt. Angesichts dessen ist sie nachvollziehbar zum Ergebnis gelangt, dass das Leistungsvermögen der Klägerin zwar gemindert, aber auch nicht aufgehoben sei und die Klägerin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Nachtschicht, ohne Zeitdruck, ohne übermäßige psychische Beanspruchung sowie ohne Zwangshaltungen noch sechs Stunden täglich verrichten könne.
Soweit Prof. Dr. R. aufgrund der gutachterlichen Untersuchung vom 21.5.2008 bei der Klägerin ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen annimmt, eine selbstständige Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten nicht mehr für zumutbar und Arbeitsunterbrechungen von 15 bis 20 Minuten je Arbeitsstunde für erforderlich hält, vermag der Senat seinem Gutachten keine derart gravierenden Befunde auf psychiatrischem Gebiet bei der Klägerin zu entnehmen, die das selbstständige Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln zu Hauptverkehrszeiten für die Klägerin unzumutbar und derart häufige Pausen erforderlich machen würden. Der Senat vermag keine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand der Klägerin seit der Begutachtung durch Dr. J. (Untersuchung am 17.2.2003) dahingehend festzustellen, dass das Leistungsvermögen der Klägerin von mindestens sechs Stunden auf unter sechs Stunden zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. R. herabgesunken ist. Hiergegen spricht zunächst, dass Prof. Dr. R. selbst eine relevante Veränderung der von ihm diagnostizierten Dysthymia seit der Rückkehr nach G. im Herbst des Jahres 2004 (nach Angaben der Klägerin gegenüber der Landesversicherungsanstalt S. am 1.3.2004: Rückkehr am 25./26.3.2004) verneint und seine von Dr. J. abweichende Beurteilung des Leistungsvermögens insbesondere mit der abweichenden Diagnose, und nicht mit einer wesentlichen dauerhaften Verschlimmerung des psychischen Befundes der Klägerin, begründet hat.
Für die Zeit vor dem 31.7.2006 fehlen aussagekräftige psychiatrische Befunde. Die ärztlichen Bescheinigungen der Psychiaterin F. 20.1.2005 und 25.1.2006 geben - wie die Bescheinigung vom 19.10.2007 - lediglich an, dass die Klägerin an einem depressiven Syndrom mit deutlichen Angstzuständen, Stress und psychosomatischen Beschwerden leidet und mit Antidepressiva behandelt wird. Daraus lässt sich keine wesentliche Verschlimmerung im Vergleich zu den von Dr. J. erhobenen Befunden entnehmen.
Nach alledem ist das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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