S 16 SO 71/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
16
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 16 SO 71/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 SO 499/10
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt aus Mitteln der Eingliederungshilfe die Übernahme der Taxikosten für die Fahrten von seiner Wohnung zur Universität in Düsseldorf und zurück.

Der 198x geborene Kläger leidet an einer spastischen Diparese der Beine. Er ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100 sowie den Merkzeichen "aG" und "H". Nach seinem Abitur absolvierte er erfolgreich bis 21.06.2006 eine Ausbildung zum Kaufmann für Bürokommunikation. Seit dem 02.10.2006 (Wintersemester 2006/2007) studierte er zunächst an der Fernuniversität Hagen und wechselte sodann ab dem Wintersemester 2007/2008 an die Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf.

Am 03.09.2007 stellte er bei dem Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Taxikosten für den Besuch der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Hierbei legte er Kostenvoranschläge von Taxiunternehmen vor, aus denen sich ergibt, dass pro Tag für die Hin- und Rückfahrt Kosten in Höhe von 100,00 Euro anfallen. Außerdem legt er Unterlagen zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen vor, woraus sich ergibt, dass sich auf zwei Sparkonten zum 28.08.2007 11.813,37 Euro und 8.995,81 Euro befinden. Außerdem legt er einen Versicherungsschein über eine Lebensversicherung vor. Die Versicherung wird zum 01.08.2047, also zum 65. Lebensjahr des Klägers, fällig.

Im Rahmen des Antragsverfahrens hat der Beklagte eine Auskunft der ARGE eingeholt. Diese hat ausweislich einer Gesprächsnotiz vom 22.10.2007 angegeben, dass der Kläger zwar nicht optimal geeignet sei, die Ausbildung aber geschafft habe und grundsätzlich vermittelbar sei, wenn dies auch schwer wäre aufgrund der Mängel in der praktischen Arbeit aufgrund der Behinderung. Dennoch sei dies theoretisch möglich. Es könne nicht bestätigt werden, dass aufgrund der Behinderung grundsätzlich die Arbeit im erlernten Beruf ausgeschlossen sei. Ein Studium würde die schon vorhandenen intellektuellen Kenntnisse vertiefen / erweitern, so dass der Kläger seine Chancen verbessert, in diesem Bereich etwas zu finden. Ausweislich eines Beratungsvermerks vom 24.09.2007 (Blatt 78 der Leistungsakten) wird seitens der ARGE das Studium positiv beurteilt aufgrund der starken körperlichen Behinderungen und den Einschränkungen des Klägers im Büroalltag, damit der Kläger sich dauerhaft integrieren könne.

Mit Schreiben vom 12.09.2007 teilte der Beklagte dem Kläger sodann vorab mit, dass er die Fahrtkosten zunächst selbst zu zahlen habe, da er über Barvermögen verfüge. Mit Bescheid vom 23.10.2007 sowie mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2008 lehnte der Beklagte die Übernahme der Fahrtkosten zur Universität mit der Begründung ab, dass der Kläger zum einen nicht bedürftig sei und zum anderen bereits eine Ausbildung absolviert habe und in diesem Beruf auch grundsätzlich arbeiten könne.

Zur Begründung seiner am 15.07.2008 erhobenen Klage vertritt der Kläger die Auffassung, dass er in seinem Ausbildungsberuf nicht arbeiten könne, weil er den körperlichen Anforderungen des Berufs, die in einem normalen Bürobetrieb erforderlich seien, nicht gewachsen sei. Er könne somit auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelt werden. Sein Ausbildungsbetrieb habe ihn daher auch nicht übernommen. Bereits das Aufstehen aus einem Bürostuhl sei schwierig, da er immer und jederzeit griffbereit seine Unterarmstützen benötige. Er habe während der Ausbildung auch Versuche unternommen, sich am Arbeitsplatz mit einem Rollstuhl zu bewegen. Dies sei jedoch gescheitert, da die Büros nicht behindertengerecht eingerichtet seien. Insbesondere die Abstände zwischen den Schreibtischen und den Wänden seien so gering gewesen, dass ein Durchkommen mit dem Rollstuhl nicht möglich gewesen sei. Hinzu komme, dass er nicht frei stehen könne. Wenn er also Dinge aus Schränken herausnehmen müsse, müsse er sich auf jeden Fall mit einer Hand festhalten und könne dann nur mit einer Hand Gegenstände bewegen, halten und transportieren, was auch eine erhebliche Einschränkung bedeute. Insbesondere sei der Transport von Aktenordnern allein aufgrund des Gewichts dann schon fast nicht mehr möglich. Er sei aufgrund seiner motorischen Einschränkungen der Arme und Hände nicht in der Lage, die geforderte Anzahl von Anschlägen am PC zu erbringen. Er habe auch eine relativ hohe Tippfehlerzahl gehabt, gerade unter Zeitdruck. Einfache Arbeiten, wie Schreiben von Geschäftsbriefen bereite ebenfalls Schwierigkeiten. Insbesondere bei länger andauernden Belastungen komme es zu Blockaden, die ein Weiterarbeiten nur nach einer Pause ermöglichen. Aus diesem Grund habe ihm auch die Universität ein längeres Zeitfenster von 20 % bei der Fertigung von Klausuren eingeräumt. Er habe sich daher entschlossen, einen akademischen Beruf auszuüben. Er sei mit den Studienbedingungen an der Fernuniversität in Hagen nicht zu Recht gekommen, da er keinen regelmäßigen Kontakt zu Kommilitonen, Dozenten und Professoren habe herstellen können. Er sei darauf angewiesen, die seit dem 29.10.2007 anfallende Fahrstrecke von seinem Wohnort in D.-W. zur Universität in Düsseldorf mit dem Taxi zurückzulegen, da sonst der Weg nicht oder mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand zu bewältigen wäre. Außerdem würde dies einen Zeitaufwand von täglich mehr als zwei Stunden für eine Fahrstrecke darstellen. Dies würde ihn bis an die Grenzen seiner körperlichen Belastbarkeit bringen. Er könne auch nicht darauf verwiesen werden, sein Vermögen zu verbrauchen. Er sei zur Linderung seiner Beschwerden darauf angewiesen, sich regelmäßig in der Ukraine durch eine sog. Außenseitermethode behandeln zu lassen. Diese Behandlung führe er bereits seit 1996 durch. Dort werde eine manuelle Therapie mit ihm durchgeführt, die seinen Allgemeinzustand deutlich verbessere und für eine deutliche Entkrampfung des Körpers sorge, ihn kräftemäßig und konditionell erheblich stärke. Diese Behandlungsmethode werde in Deutschland nicht angeboten. Da die Behandlung nicht von der Krankenkasse finanziert werde, müsse er die notwendigen Zahlungen aus eigenen Mitteln erbringen. Soweit in den letzten Jahren eine Behandlungspause eingetreten sei, liege dies allein an seiner Ausbildungssituation. Bei jeder Behandlung entstünden Kosten von 7.000,00 bis 8.000,00 Euro. Zu diesem Zweck haben seine Eltern für ihn Beträge angespart. Die Ansparungsbeträge habe er von seinen Eltern zur freien Verfügung erhalten. Insbesondere sollen sie auch für sonstige Mehrkosten, die ihm aufgrund seiner Behinderung in Zukunft entstehen, aufgewandt werden. Darüber hinaus seien die vorhandenen Geldmittel in Höhe von rund 27.000,00 Euro mittlerweile durch die täglichen Fahrten zur Universität insgesamt verbraucht. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums stelle er sich eine Möglichkeit zur Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung mit hinreichendem Politikbezug vor. Er habe bereits ein 6-wöchiges Praktikum bei der Stadt D. absolviert, dort habe er sich sehr wohl gefühlt. Sowohl fachlich als auch persönlich sei er dort gut aufgenommen worden. Seine dort erbrachten Leistungen seien bislang durchweg positiv beurteilt worden. Auch über das Praktikumbüro der Düsseldorfer Universität seien Optionen vorhanden, und zwar im Bereich der PR-Branche. Der Vorteil eines solchen Arbeitsplatzes sei, dass ein erheblicher Teil der Arbeiten tatsächlich zu Hause an einem Computer erledigt werden könne. Möglicherweise strebe er auch eine Hochschulkarriere als wissenschaftlicher Assistent in einem der drei Fachbereiche seines Studiengangs an. Die Ausübung des Berufs des Kaufmanns für Bürokommunikation sei für ihn deutlich anstrengender als eine Verwaltungsfunktion. Dies beruhe darauf, dass Unternehmen in der freien Wirtschaft in ständigem sich verschärfendem Wettbewerb mit einer zunehmenden Anzahl an Konkurrenten stehen. Damit seien Führungskräfte wie Mitarbeiter gleichermaßen einem großen Zeitdruck und damit immensem Stress ausgesetzt. In seinem Falle stelle sich bedingt durch Stresssituationen wiederholt starke Transpiration gefolgt von körperlichen Erschöpfungszuständen, insbesondere gegen Ende eines Arbeitstages, ein. Es bestehe daher bei ihm ein Zusammenhang zwischen Stressaufkommen und körperlicher Belastung. Eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst dürfte zumindest nicht mit einem derart extremen Wettbewerbs- und Stressfaktor verbunden sein, wie er auf dem freien Markt vorherrsche, zumal sich staatliche Institutionen wie Stadtverwaltungen in keiner Weise untereinander geschweige denn zu Wirtschaftsunternehmen in Konkurrenz befinden. Er sei sich auch darüber im Klaren, dass er nicht mit absoluter Sicherheit von einer im Vergleich mit dem Beruf des Kaufmanns für Bürokommunikation tatsächlich geringeren psychischen Belastung durch eine Verwaltungstätigkeit ausgehen könne, da er letzteres bis dahin nicht ausgeübt habe. Insoweit handele es sich um Erfahrungswerte aus seiner Ausbildungszeit. Eine Aufgabe in leitender Position sei seiner Ansicht nach weniger körperlich anstrengend, als eine solche, die mit einfachen Bürotätigkeiten verbunden sei. Insbesondere habe er dann Mitarbeiter, die ihm zuarbeiten und nicht umgekehrt er müsse anderen Personen zuarbeiten. Darüber hinaus versuche er durch sein Studium seine Stressverträglichkeit weiter zu erhöhen, so dass er nach dem Studium in der Lage sei - jedenfalls im öffentlichen Dienst - tätig sein zu können.

Der Kläger legt einen Beschluss des SG Düsseldorf vom 20.04.2010 (Az: S 17 SO 138/10 ER) vor und verweist für das vorliegende Verfahren auf die dortigen Ausführungen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 23.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.06.2008 zu verurteilen, ab dem 29.10.2007 die im Rahmen des Studiums anfallenden Fahrtkosten für die Fahrten zur Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf aus Mitteln der Eingliederungshilfe zu übernehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung aus den im Widerspruchsbescheid genannten Gründen für rechtmäßig. Der Kläger habe eine abgeschlossene Ausbildung als Kaufmann für Bürokommunikation. In diesem Beruf könne er unter Berücksichtigung seiner Behinderung auch tätig sein. Die Ausführungen hinsichtlich der beengten Arbeitsplatzbedingungen und die damit verbundene Unmöglichkeit der Berufsausübung seien äußerst spitz gerechnet. Mit Sicherheit gebe es auch für den Beruf des Klägers behindertengerechte Arbeitsplätze. Er sei daher eingegliedert. Des Weiteren stehe das Vermögen des Klägers einer Hilfegewährung entgegen. Die Behandlung in der Ukraine könne zu keinem anderen Ergebnis führen, da sich die anerkennungsfähigen Maßnahmen nach dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung richten. Die beschriebene Außenseitermethode gehöre jedoch nicht hierzu. Die vom Kläger beschriebenen körperlichen Einschränkungen seien auch bei einer Anstellung im öffentlichen Dienst vorhanden. Darüber hinaus könne sich der Kläger auch mit seiner jetzigen Ausbildung im öffentlichen Dienst bewerben. Dort werden Verwaltungsangestellte im Bürowesen benötigt und eingestellt. Außerdem gebe es dort von Gesetzes wegen Quotenregelungen, wonach Behinderte bei gleicher Qualifikation bevorzugt einzustellen seien.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die den Kläger betreffende Leistungsakte des Beklagten. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Taxikosten aus Mitteln der Eingliederungshilfe.

Unstreitig leidet der Kläger an einer wesentlichen Behinderung im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Zwölftes Buch - (SGB XII), ein Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII besteht jedoch nicht. Nach dieser Regelung sind Leistungen der Eingliederungshilfe unter anderem Hilfen zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule. Konkretisiert wird diese Regelung durch § 13 Abs. 1 und 2 der Eingliederungshilfeverordnung (EinglHVO). Nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 EinglHVO wird die Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf gewährt,

1. wenn zu erwarten ist, dass das Ziel der Ausbildung oder der Vorbereitungsmaßnahme erreicht wird, 2. der beabsichtigte Ausbildungsweg erforderlich ist und 3. der Beruf oder die Tätigkeit voraussichtlich eine ausreichende Lebensgrundlage bieten oder, falls dies wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht möglich ist, zur Lebensgrundlage in einem angemessenen Umfang beitragen wird.

Vorliegend ist bereits fraglich, ob die geltend gemachten Taxikosten tatsächlich angemessen sind, denn dem Kläger dürfte es möglich und zumutbar gewesen sein, sich in Düsseldorf eine Unterkunft - ggfs. in einem Studentenwohnheim - zu suchen und BAföG zu beantragen. Unter diesen Bedingungen hätten die Kosten für die Aufnahme des Studiums erheblich gesenkt werden können.

Unabhängig hiervon ist die Zweitausbildung jedoch auch nicht erforderlich, weil der Kläger bereits den Beruf des Kaufmanns für Bürokommunikation erlernt hat und in diesem Beruf auch tätig sein kann.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist bei der Frage, ob der beabsichtigte Ausbildungsweg erforderlich ist nicht lediglich darauf abzustellen, ob die Ausbildung auf dem beschrittenen Ausbildungsweg erreicht werden kann (so SG Düsseldorf, Beschluss vom 20.04.2010 - Az.: S 17 SO 138/10 ER -). Vielmehr ist auch entscheidend, ob die Zweitausbildung zur Integration in das Berufsleben tatsächlich erforderlich ist (ebenso: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.12.2007, Az.: L 20 B 129/07 SO ER). Die Gegenteilige Ansicht würde dazu führen, dass jede weitere Ausbildung, unabhängig von der Anzahl der bereits abgeschlossenen Ausbildungen, aus Mitteln der Eingliederungshilfe zu fördern wäre, so lange der beabsichtigte Ausbildungsweg angemessen ist, um die Ausbildung abschließen zu können.

Außerdem kann die Frage nach der Notwendigkeit einer Zweitausbildung sowohl unter das Tatbestandsmerkmal "erforderlicher Ausbildungsweg" als auch unter das Tatbestandsmerkmal "angemessener Beruf" des § 13 EinglHVO subsumiert werden, denn der zu erlernende Beruf ist lediglich dann angemessen, wenn nicht bereits eine Integration in den Arbeitsmarkt – insbesondere durch eine Erstausbildung – erfolgt ist.

Darüber hinaus ist zwar auch das Gericht mit dem SG Düsseldorf der Ansicht, dass einem behinderten Menschen gleichermaßen wie einem nicht behinderten Menschen der Zugang zu einem Studium ermöglicht werden muss. Hieraus folgt jedoch, entgegen der Ansicht des SG Düsseldorf, nicht zwangsläufig, dass stets ein Studium im Anschluss an eine Berufsausbildung aus Mitteln der Eingliederungshilfe zu finanzieren bzw. zu fördern ist. Vielmehr ist dies lediglich dann der Fall, wenn behinderungsbedingt eine berufliche Tätigkeit in dem erlernten Beruf nicht – mehr – möglich ist (ebenso: LSG Nordrhein-Westfalen, aaO). Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall.

Soweit der Kläger angibt, dem Beruf des Kaufmanns für Bürokommunikation körperlich nicht gewachsen zu sein, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Insoweit weist das Gericht darauf hin, dass für körperlich anstrengende Arbeiten, wie den Transport von Aktenordnern, eine Arbeitsassistenz gewährt werden kann, die sodann Handreichungen vornimmt, um so die körperlichen Belastungen zu minimieren. Auch in Bezug auf die Einschränkungen der Finger bzw. Arme existieren technische Möglichkeiten, z.B. Software, die Diktate direkt auf den PC überträgt, um dem Kläger seine Tätigkeit zu erleichtern. Die Kosten für diese Hilfen werden vorrangig von der Agentur für Arbeit übernommen. Auch der Umstand, dass sich der Kläger in seinem Ausbildungsbetrieb nicht mit dem Rollstuhl fortbewegen konnte, führt zu keinem anderen Ergebnis. Insoweit kann nicht darauf geschlossen werden, dass in allen Betrieben keine behindertengerechten Büros vorhanden sind.

Soweit der Kläger angibt, dass er in seinem Ausbildungsberuf aufgrund des dort vorhandenen erheblichen Stressaufkommens nicht arbeiten könne, führt auch dies zu keinem anderen Ergebnis. Insoweit weist das Gericht darauf hin, dass der Beruf des Kaufmanns für Bürokommunikation sehr weit gefächert ist und der Kläger in vielfältigen Berufszweigen tätig sein kann, die völlig unterschiedliche Anforderungen stellen. Insbesondere kann er auch mit diesem Beruf - worauf der Beklagte zu Recht hinweist - in Verbänden, Organisationen, Interessenvertretungen bzw. in der öffentlichen Verwaltung und in der Sozialversicherung tätig sein. Insoweit wird auf die unter www.berufenet.arbeitsagentur.de. allgemein zugängliche ausführliche Stelleninformation zum Beruf des Kaufmanns für Bürokommunikation Bezug genommen. Nach der Ansicht des Klägers dürfte es in der öffentlichen Verwaltung Tätigkeiten mit weniger Stressaufkommen geben, so dass er dort auch mit seinem Ausbildungsberuf tätig sein könnte. Darüber hinaus ist gerichtsbekannt, dass gerade auch in leitenden Bereichen, die der Kläger mit seinem Studium anstrebt, der Stress - auch im öffentlichen Dienst - hoch sein kann. Nach Ansicht des Gerichts dürften ohnehin in annähernd allen Berufszweigen unabhängig davon, ob es sich um Betriebe der freien Wirtschaft oder um die öffentliche Verwaltung handelt, je nach Situation vermehrt Arbeiten unter erhöhtem Zeitdruck anfallen. Schließlich stellen die vom Kläger vorgetragenen Gründe, warum er für den öffentlichen Dienst nach einem Studium geeigneter sein soll als für den öffentlichen Dienst auf der Grundlage seines Ausbildungsberufs, nach Ansicht des Gerichts Spekulationen dar, da er nach Abschluss seiner Ausbildung weder in seinem Ausbildungsberuf - ggfs. in der öffentlichen Verwaltung - noch in einem Beruf nach Abschluss seines Studiums gearbeitet und daher keine praktischen Erfahrungen gesammelt hat.

Auch die Mitteilung des Ausbildungsbetriebes vom 17.09.2007, dass der Kläger nicht den Alltagsbelastungen im Rahmen eines üblichen Bürobetriebs ausgesetzt werden dürfe, führt vor diesem Hintergrund zu keinem anderen Ergebnis. Darüber hinaus hätte diese Mitteilung auch zur Folge, dass der Kläger dann für eine Tätigkeit im Büro gar nicht geeignet wäre, was nach dem Vortrag des Klägers und dem Eindruck der Kammer in der mündlichen Verhandlung so nicht zutreffen dürfte.

Außerdem steht dem Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe jedenfalls für die überwiegende Zeit (wohl bis Januar 2010) der Umstand entgegen, dass er Vermögen auf Sparkonten in Höhe von rund 20,000,00 Euro hatte, welches vorrangig zur Deckung seines Bedarfs einzusetzen war. Nach Mitteilung des Klägers hat er dieses Vermögen bis Januar 2010 komplett eingesetzt, um die entsprechenden Taxirechnungen bestreiten können.

Nach § 19 Abs. 3 i.V.m. § 90 Abs. 1 SGB XII ist grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Dies gilt auch für solches Vermögen, welches der Kläger von seinen Eltern im Rahmen einer Schenkung bekommen hat. Insoweit hat der Kläger angegeben, dass die Schenkung ohne spezielle Zweckrichtung erfolgt ist und zur allgemeinen Lebensführung verwandt werden sollte.

Der Einsatz der Geldmittel auf den Sparkonten stellte auch keine besondere Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII dar. Eine besondere Härte wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn die angemessene Lebensführung wesentlich erschwert werden würde. Insoweit ist auf die sozialhilferechtlich angemessene Lebensführung abzustellen. Eine Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens ist hingegen nicht schutzwürdig. Der Einwand, dass die Geldmittel für eine Therapie in der Ukraine gedacht sind, führt nicht zur besonderen Härte in diesem Sinne. Dies beruht zum einen darauf, dass die Geldmittel tatsächlich nicht hierfür verwandt wurden. Zum anderen ist der Nutzen dieser Methode nicht nachgewiesen.

Die Frage, ob über die Geldmittel auf dem Sparbuch darüber hinaus auch die Lebensversicherung zu verwerten ist bzw. ob die Verwertung eine besondere Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII darstellt, kann vor dem Hintergrund, dass das Studium als Zweitausbildung nicht erforderlich ist, unbeantwortet bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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