S 18 EG 13/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
18
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 18 EG 13/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 EG 10/10
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 18.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 05.03.2008 und der Bescheid vom 04.12.2008 werden insoweit aufgehoben, als von der Klägerin eine Erstattung von mehr als 380,66 Euro gefordert wurde.
Die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte zu 1/3.
Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist nunmehr nur noch streitig, in welcher Höhe das nach der Geburt des Sohnes B. erzielte Einkommen der Klägerin zu einer Minderung des Elterngeldes geführt hat.

Die Klägerin beantragte am 22.11.2007 Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate ihres Sohnes B., geb. am 12.11.20xx.

Mit Bescheid vom 18.01.2008 bewilligte der Beklagte unter Anrechnung des Mutterschaftsgeldes Elterngeld in Höhe von 861,85 Euro monatlich. Bei der Ermittlung der auf das laufende Einkommen entfallenden Abzüge hatte der Beklagte die Abzüge, die auf laufende Einnahmen und sonstige Einnahmen erhoben worden waren, gleichmäßig aufgeteilt.

Gegen den Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, ihre steuerfreien Zuschläge seien zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Es handele sich um wiederkehrende Zahlungen, die typischerweise anfielen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.03.2008 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch zurück.

Dagegen richtet sich die Klage.

Mit Bescheid vom 04.12.2008 hat der Beklagte die Bewilligung von Elterngeld teilweise aufgehoben und von der Klägerin 739,20 Euro zurück gefordert. Der Bescheid wurde damit begründet, dass die Klägerin aus geringfügiger Beschäftigung ein durchschnittliches Arbeitsentgelt von 220,65 Euro monatlich erzielt habe.

Die Klägerin hat ihre Klage insoweit nicht aufrecht erhalten, als sie die Berücksichtigung steuerfreier Zuschläge begehrt hat. Sie ist jedoch der Auffassung, dass das nach der Geburt des Kindes erzielte Einkommen nicht in voller Höhe berücksichtigt werden dürfe. Sie weist darauf hin, dass sie erhebliche Aufwendungen für die Fahrt von der Wohnung in Dinslaken zur Arbeitsstätte in Geldern aufzubringen gehabt habe.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 18.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 05.03.2008 und den Änderungsbescheid vom 04.12.2008 insoeit aufzuheben, als bei der Rückforderung ab dem 8. Lebensmonat die Werbungskostenpauschale nicht berücksichtigt worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und regt an, die Berufung zuzulassen.

Der Beklagte hat unter dem 02.09.2008 eine Musterberechnung vorgelegt, bei der die tatsächlich auf die laufenden Einnahmen entfallenden Abzüge berücksichtigt worden sind. Dabei ergab sich ein zu berücksichtigendes Nettoeinkommen von 1.301,33 Euro und ein daraus resultierendes Elterngeld von 871,89 Euro. Der Beklagte ist nunmehr der Auffassung, dass diese Berechnung der Bemessung des Elterngeldes zu Grunde zu legen sei. Das nach der Geburt erzielte monatliche Einkommen sei allerdings in voller Höhe elterngeldmindernd zu berücksichtigen. Es handele sich um Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung. Nach den Richtlinien des zuständigen Bundesministeriums zum BEEG sei bei pauschal versteuertem Einkommen nach § 40a EStG kein Abzug der Werbungskostenpauschale vorzunehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist teilweise begründet. Der Beklagte hat zu Unrecht das durchschnittlich nach der Geburt erzielte Einkommen in voller Höhe elterngeldmindernd berücksichtigt.

Die Klägerin hatte für den ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes B. Anspruch auf Elterngeld in Höhe von insgesamt 8.831,40 Euro. Dabei ergab sich für den ersten Lebensmonat wegen Anrechnung des Mutterschaftsgeldes kein Anspruch, für den zweiten Lebensmonat ein Anspruch von 112,50 Euro und für den dritten bis zwölften Lebensmonat von jeweils 871,89 Euro. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Musterberechnung des Beklagten vom 02.09.2008 Bezug genommen. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

Mit Bescheid vom 18.01.2008 hatte der Beklagte der Klägerin Elterngeld in Höhe von insgesamt 8729,71 Euro bewilligt ( für den ersten Lebensmonat 0 Euro, für den zweiten Lebensmonat 111,21 Euro, für den dritten bis zwölften Lebensmonat jeweils 861,85 Euro). Dieser Betrag ist an die Klägerin gezahlt worden, so dass sich ohne Berücksichtigung des nach der Geburt erzielten Einkommens ein Nachzahlungsbetrag von 101,69 Euro ergeben würde.

Da die Klägerin ab 01.07.2008 eine geringfügige Beschäftigung aufgenommen hat, ist das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus dieser Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs. 3 des Bundeseltern- und Elternzeitgesetzes (BEEG) zu berücksichtigen.

Nach § 2 Abs. 7 S. 1 BEEG ist als Einkommen aus nicht selbständiger Arbeit der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit 1/12 des Pauschbetrages nach § 9a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchstabe a des Einkommenssteuergesetzes anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen. Da es sich um eine geringfügige Beschäftigung handelte, waren von der Klägerin weder Steuern zu zahlen, noch Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung oder zur Arbeitsförderung. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ist das Einkommen der Klägerin daher nur insoweit zu berücksichtigen, als es 1/12 der Werbungskostenpauschale übersteigt.

Die hierzu ergangenen Richtlinien des zuständigen Bundesministeriums sind rechtswidrig.

In den Richtlinien heißt es unter Ziff. 2.7.1:

"Wo das Steuerrecht jedoch bereits im Ansatz keine Werbungskosten berücksichtigt, sind auch keine Werbungskosten abzuziehen. Dies ist insbesondere der Fall bei vom Arbeitgeber nach § 40 a EStG pauschal versteuerten sogenannten Minijobs."

Diese Richtlinie findet im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze. § 2 Abs. 7 S. 1 regelt ausnahmslos, das als Einkommen der Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit 1/12 des Pauschbetrages anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen ist.

Das Argument, dort wo das Steuerrecht keinen Werbungskostenabzug vorsehe, könnten auch im BEEG Werbungskosten nicht berücksichtigt werden, überzeugt nicht. Dabei ist zum Einen darauf hinzuweisen, dass das BEEG zwar den Werbungskostenpauschbetrag des § 9 a EStG benennt, aber hinsichtlich der Berücksichtigung der Werbungskosten eine bewusst vom Steuerrecht abweichende Regelung trifft. Anders als im Steuerrecht ist im BEEG der Nachweis von Werbungskosten, die den Pauschbetrag übersteigen, nicht möglich. Darüber hinaus wird im Steuerrecht der Werbungskostenpauschbetrag für das Kalenderjahr gewährt, während im BEEG eine monatliche Berücksichtigung von 1/12 der Werbungskostenpauschale vorgesehen ist. Dies führt beispielsweise dazu, dass dann, wenn nur in einzelnen Kalendermonaten eines Kalenderjahres Einkommen erzielt worden ist, im Steuerrecht gleichwohl der Jahresbetrag zu berücksichtigen ist, während im BEEG jeweils nur für jeden Monat, in dem Einkommen erzielt worden ist, 1/12 des Werbungskostenpauschbetrages anzusetzen wäre.

Dass das Steuerrecht für pauschal besteuerte Einnahmen keine Werbungskosten vorsieht, beruht darauf, dass hierfür von dem Arbeitnehmer keine Steuern zu entrichten sind. Eine Regelung, dass gleichwohl Werbungskosten zu berücksichtigen sind, würde daher ins Leere laufen.

Zum Anderen ist darauf hinzuweisen, dass auch bei geringfügigen Beschäftigungen Aufwendungen entstehen, die mit der Ausübung der Tätigkeit verbunden sind. Derartige Aufwendungen sind auch bei der Klägerin angefallen, die zumindest Fahrtkosten für den Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte von Dinslaken nach Geldern aufzubringen hatte.

Bei Nichtberücksichtigung der Werbungskostenpauschale würde sich zudem für die Klägerin eine besonders ungünstige Konstellation ergeben: Die Klägerin hat vor der Geburt Einnahmen aus einem steuer- und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis erzielt. Bei der Bemessung der Höhe des Elterngeldes ist die Werbungskostenpauschale einkommensmindernd berücksichtigt worden, so dass sich ein geringeres Nettoeinkommen und damit auch ein entsprechend geringeres Elterngeld ergibt. Gleichzeitig soll nach den Richtlinien das nach der Geburt erzielte Entgelt in voller Höhe berücksichtigt werden.

Als nach der Geburt des Kindes erzieltes monatliches Einkommen ist daher nur ein Betrag von 143,98 Euro (220,65 Euro minus 76,76 Euro) zu berücksichtigen. Das Einkommen ist durchschnittlich geringer als das vor der Geburt erzielte Einkommen. Die Differenz zwischen dem vor der Geburt erzielten Einkommen (1.301,33 Euro) und dem nach der Geburt erzielten Einkommen (143,98 Euro) beträgt 1.157,35 Euro. Daraus resultiert ein Elterngeld ab dem achten Lebensmonat von 775,42 Euro, da hier der Prozentsatz von 67 % zu Grunde zu legen ist.

Die Klägerin hatte Anspruch auf Elterngeld in Höhe von insgesamt 8.349,05 Euro (für den ersten Lebensmonat 0 Euro, für den zweiten Lebensmonat 112,50 Euro, für den dritten bis siebten Lebensmonat monatlich je 871,89 Euro, für den achten bis zwölften Lebensmonat monatlich je 775,42 Euro.

Ursprünglich gezahlt hatte der Beklagte 8.729,71 Euro, so dass ein Erstattungsbetrag von 380,66 Euro resultiert. Da die Klägerin den Rückforderungsbetrag gemäß Bescheid vom 04.12.2008 in Höhe von 739,20 Euro bereits an den Beklagten gezahlt hat, wird der Beklagte den 380,66 Euro übersteigenden Betrag an die Klägerin auszuzahlen haben.

Die Kammer hat die Berufung zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Zum Einen sind die Fälle häufig, in denen nach der Geburt Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung erzielt wird. Zum Anderen hat der Beklagte vorgetragen, dass er auch in den Fällen ,in denen vor der Geburt Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung erzielt wird, den Werbungskostenpauschbetrag entsprechend den Richtlinien nicht berücksichtigt.
Rechtskraft
Aus
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