L 13 SF 5370/11 AB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
13
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 SF 5370/11 AB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Ablehnungsgesuche der Kläger gegen Richter G. werden zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Kläger führen eine Vielzahl von Klageverfahren vor dem Sozialgericht ..., für die Richter G. zuständig ist. Ein erster Befangenheitsantrag der Kläger vom 19. Oktober 2011, der 24 Klageverfahren der Kläger vor dem Sozialgericht ... betraf, wurde mit Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. Oktober 2011 abgelehnt (L 12 SF 4544/11 AB).

Am 6. Dezember 2011 haben die Kläger neuerlich einen Befangenheitsantrag gegen Richter G. in 13 Klageverfahren gestellt. Das Besorgnis der Befangenheit begründen die Kläger damit, dass Richter G. in den Verfahren S 14 AS 3066/11, S 14 AS 280/11, S 14 AS 1618/11 und S 14 AS 1577/11 eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid angekündigt hat, ohne dass zuvor über den in den genannten Verfahren jeweils gestellten Prozesskostenhilfeantrag entschieden worden sei. Man könne sich die unterbliebene Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag nur dadurch erklären, dass gezielt das Recht auf Waffengleichheit und ausgewogene Kräfteverhältnisse untergraben werden solle. Der Befangenheitsantrag betrifft zugleich das Verfahren S 14 AS 2423/11, in welchem gleichfalls ein Prozesskostenhilfeantrag gestellt worden ist sowie die Verfahren S 14 AS 2350/09, S 14 AS 2383/09, S 14 AS 2489/09, S 14 AS 2573/09, S 14 AS 3199/09, S 14 AS 3511/09, S 14 AS 3712/09 sowie S 14 AS 4365/09, auf die sich bereits der genannte Befangenheitsantrag vom 19. Oktober 2011 bezogen hat und in denen eine mündliche Verhandlung für den 8. Dezember 2011 angesetzt war. Die Termine zur mündlichen Verhandlung sind jeweils aufgehoben worden.

Der Senat hat die Befangenheitsgesuche in den vorstehend genannten 13 Hauptsacheverfahren, hier anhängig unter den Aktenzeichen L 13 SF 5370/11 AB bis L 13 SF 5378/11 AB sowie L 13 SF 5540/11 AB bis L 13 SF 5543/11 AB mit Beschluss vom 27. Januar 2012 unter dem Aktenzeichen L 13 SF 5370/11 AB zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Richter G. hat zum Befangenheitsgesuch dahingehend Stellung genommen, dass er sich nicht für befangen erachte und im Übrigen den Klägern in den Verfahren S 14 AS 3066/11, S 14 AS 1577/11, S 14 AS 1618/11 und S 14 AS 280/11 mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 mitgeteilt habe, dass eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergehen werde, bevor nicht über die Anträge auf Prozesskostenhilfe rechtskräftig entschieden worden ist.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die Ablehnungsgesuche der Kläger gegen Richter G. sind unbegründet.

Nach § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit von einem Prozessbeteiligten abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dies ist dann der Fall, wenn vom Standpunkt eines Beteiligten aus gesehen hinreichend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an seiner Unparteilichkeit zu zweifeln. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Entscheidung wirklich von Voreingenommenheit beeinflusst ausfiele; ausschlaggebend ist vielmehr, ob der Beteiligte, der das Ablehnungsgesuch angebracht hat, von seinem Standpunkt aus bei Anlegung des angeführten objektiven Maßstabes Anlass hat, Voreingenommenheit zu befürchten (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage, § 60 Rdnr. 7).

Auf der Grundlage dieser Beurteilungsmaßstäbe vermag der Senat eine begründete Besorgnis der Befangenheit des Richters G. nicht zu erkennen.

Zwar ist die von Richter G. ursprünglich wohl beabsichtigte Vorgehensweise, über die bereits zu Beginn der jeweiligen Klageverfahren gestellten Anträge auf Prozesskostenhilfe in den Verfahren S 14 AS 3066/11, S 14 AS 280/11, S 14 AS 1618/11 und S 14 AS 1577/11 zusammen mit der Entscheidung in der Hauptsache zu entscheiden, grundsätzlich verfahrensfehlerhaft, denn durch das Hinausschieben der Entscheidung bis zum Abschluss des Verfahrens wird in der Regel der Zweck der Prozesskostenhilfe, auch Unbemittelten den Zugang zum Rechtschutz zu ermöglichen, verfehlt (vgl. Bundessozialgericht [BSG] vom 4. Dezember 2007 - B 2 U 165/06 B = SozR 4-1500 § 62 Nr. 9 - juris Rdnr. 9). Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Artikel 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) liegt darin allerdings nur dann, wenn bei rechtzeitiger Entscheidung, ausgehend vom damaligen Sach- und Kenntnisstand, hinreichende Erfolgsaussicht zu bejahen gewesen wäre (BSG a.a.O., Rdnr. 10). Ob diese weitere Voraussetzung vorliegend erfüllt ist, kann hier dahinstehen. Allerdings spricht bereits bei einer kursorischen Prüfung der in den vier genannten Verfahren von den Klägern gestellten Anträge, die nach dem Ergebnis dieser Prüfung entweder schon nur schwer nachvollziehbar sind (S 14 AS 3066/11) oder aber aussichtslose Klagebegehren zum Inhalt haben dürften (S 14 AS 280/11, S 14 AS 1618/11 und S 14 AS 1577/11) vieles für das Fehlen einer hinreichenden Erfolgsaussicht.

Ungeachtet dessen ist zur Überzeugung des Senats die unterbliebene Vorabbescheidung der Prozesskostenhilfeanträge von vornherein nicht angetan, Gründe für ein generelles Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters in den anhängigen Verfahren zu begründen. Das Rechtsinstitut der Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit soll die Beteiligten nicht allgemein vor Irrtümern des Richters schützen. Insoweit stehen den Beteiligten die allgemeinen Rechtsbehelfe zur Verfügung. Die vom Gesetzgeber vorgesehene Möglichkeit, einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen hat vielmehr allein den Zweck, die Beteiligten davor zu bewahren, dass an der Entscheidung der sie betreffenden Streitsache ein Richter mitwirkt, dem gegenüber die Besorgnis begründet ist, dass er ihnen mit Voreingenommenheit begegne (BFH 4. Juli 1985 - VB 3/85 = DB 1986, 312 - juris Rdnr. 25). Allein aus dem Umstand einer möglicherweise verfahrenswidrigen Vorgehensweise bei der Bearbeitung der Prozesskostenhilfeanträge kann deshalb auf eine Besorgnis der Befangenheit nicht geschlossen werden. Weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vorbringen der Kläger ergeben sich aber Anhaltspunkte dafür, dass in der Vorgehensweise des Richters G. eine unsachliche Einstellung oder Willkür zum Ausdruck kommen könnte. Dagegen spricht auch, dass Richter G. unmittelbar auf die Beanstandung der Kläger hin mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 angekündigt hat, vor einer Entscheidung in der Sache zunächst über die Prozesskostenhilfeanträge zu entscheiden und damit den Bedenken der Kläger anstandslos Rechnung getragen hat. Auch die Absicht, durch Gerichtsbescheid gem. § 105 SGG zu entscheiden, dürfte in den vorliegenden Fällen, die weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufweisen dürften, offensichtlich sachgerecht sein.

Im Hinblick auf das Verfahren S 14 AS 2423/11 sowie die weiteren 8 für eine mündliche Verhandlung am 8. Dezember 2011 ursprünglich vorgesehenen Verfahren gilt darüber hinaus der Grundsatz, dass die Tätigkeit eines Richters in einem anderen Verfahren ohne das Hinzutreten konkreter Anhaltspunkte für eine generelle unsachliche Einstellung keinen Befangenheitsgrund zu begründen vermag (vgl. u.a. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. Februar 2002, L 5 KA 4651/01 A; Beschluss des erkennenden Senats vom 14. Dezember 2011, L 13 SF 4394/11 AB). Solche konkreten Anhaltspunkte liegen nicht vor.

Nach alledem hat der Richter unter keinen Umständen eine Verfahrensführung an den Tag gelegt, die den Schluss zulassen könnte, er könne in den hier zu befindenden Verfahren nicht mehr den Beteiligten mit der gebotenen Unbefangenheit entgegentreten.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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