Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 16 AS 2167/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 416/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen eine die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnende Entscheidung des Sozialgerichts Dessau-Roßlau. In der Sache wehrte sie sich in einem inzwischen durch den Abschluss eines Vergleiches erledigten sozialgerichtlichen Klageverfahren gegen eine Rückforderung des Beklagten.
Die 1988 geborene Klägerin wohnt zusammen mit ihrer Mutter in einem Haushalt und bezieht vom Beklagten laufend Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Mit Bescheid vom 31. August 2007 hob der Beklagte die Entscheidungen vom 23. August 2006 bis 2. Juli 2007 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. August 2006 bis 31. Juli 2007 teilweise in Höhe von 1.445,20 EUR auf und forderte die Erstattung von 1.444,20 EUR. Der Bescheid wurde ausweislich eines Vermerks auf Bl. 516 R der Verwaltungsakte am 31. August 2007 an die Klägerin, als Abdruck nochmals am 2. Februar 2009 an ihren Prozessbevollmächtigten versandt.
Bereits am 20. September 2007 sprach die Mutter der Klägerin persönlich wegen dieser Rückforderung beim Beklagten vor. Ihr wurde ausweislich eines über das Gespräch gefertigten Aktenvermerks erklärt, dass die ihrer Tochter gewährte Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) als Einkommen auf den Bedarf anzurechnen gewesen sei.
Mit Schreiben vom 2. März 2009 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 31. August 2007 Widerspruch ein und beantragte zugleich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sie sei ohne ihr Verschulden durch die nicht wirksam erfolgte Zustellung des Bescheides von 31. August 2007 gehindert gewesen, rechtzeitig Widerspruch zu erheben. Eine wirksame Bekanntgabe des Bescheides sei erst am 6. Februar 2009 an ihren Prozessbevollmächtigten erfolgt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2009 verwarf der Beklagte den Widerspruch als unzulässig. Der Bescheid, der eine vollständige und verständliche Rechtsbehelfsbelehrung enthalten habe, sei am 31. August 2007 zur Post gegeben worden und gelte mithin am 3. September 2007 nach § 37 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) als bekannt gegeben. Da die Mutter der Klägerin am 20. September 2007 wegen des Rückforderungsbescheides persönlich vorgesprochen habe, sei dokumentiert, dass der Klägerin der Bescheid auch zugegangen sei.
Der Beklagte hatte den verspäteten Widerspruch als Überprüfungsantrag gewertet und in der Folge mit Änderungsbescheid vom 25. Mai 2009 zum Aufhebungs- und Erstattungsbescheid verfügt: " Die Entscheidung vom 06.09.2007 über die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wird vom 01.04.2007 bis 30.06.2007 für Sie teilweise in Höhe von 56,67 EUR aufgehoben." Diesen Bescheid hat er an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin versandt. In einem Anschreiben heißt es u.a.: " Zu Ihrem Widerspruch bezüglich des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 31.08.2007 hinsichtlich des Zeitraums 01.08.2006 bis 31.07.2007 (1444,20 EUR), welcher unter dem Aktenzeichen W 10609/09 bei der Beklagten geführt wird: - Widerspruchsbescheid, da nach Auffassung der Widerspruchsgegnerin der Widerspruch unzulässig ist - einen geänderten rechtsmittelfähigen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid nunmehr nur noch für den Zeitraum 01.04.2007 bis 30.06.2007 in Höhe von 56,67 EUR im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X "
Die Klägerin hat am 26. Juni 2009 gegen den Bescheid vom 31. August 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 2009 des Beklagten Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten beantragt. In einem Erörterungstermin am 14. Juli 2011 ist der Klägerin nachgelassen worden, zu einem Hinweis des Gerichts zu den Erfolgsaussichten der Klage im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe bis zum 20. August 2011 Stellung zu nehmen. Die Beteiligten haben zur Erledigung des Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen, in dem sich die Klägerin verpflichtet hat, für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2007 einen Betrag in Höhe von 56,67 EUR zurückzuzahlen. Die Beteiligten waren sich darüber einig, dass für den Zeitraum vom 1. August 2006 bis 31. März 2007 keine Forderungen des Beklagten bestehen.
Mit Beschluss vom 12. September 2011 hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt, die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes sei grundsätzlich mit seinem Zugang in den Machtbereich des Empfängers vollzogen. Die tatsächliche Kenntnisnahme des Inhalts des Verwaltungsaktes sei nicht erforderlich. Sollte daher die Mutter der Klägerin den Bescheid dieser nicht vorgelegt haben, sei das für die Frage seiner Bekanntgabe unerheblich. Mit Recht habe der Beklagte den Widerspruch gegen den Rückforderungsbescheid vom 31. August 2007 als unzulässig verworfen.
Gegen den Beschluss hat die Klägerin am 7. Oktober 2011 Beschwerde eingelegt. Sie habe den Zugang des Bescheides vom 31. August 2007 bestritten, daher treffe den Beklagten die Beweislast für die wirksame Bekanntgabe des Bescheides. Sie gehe davon aus, dass erst die Ersatzzustellung an ihren Prozessbevollmächtigten am 6. Februar 2009 eine wirksame Bekanntgabe sei.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen, ihr unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 12. September 2011 rückwirkend Prozesskostenhilfe zur Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Der Beklagte hat Gelegenheit erhalten, zur Beschwerde Stellung zu nehmen, davon jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Die Berichterstatterin hat die Klägerin mit Schreiben vom 1. Dezember 2011 darauf hingewiesen, dass die Entgegennahme des Bescheides durch die Mutter der Klägerin eine Bekanntgabe an sie bewirke. Hinsichtlich der inhaltlichen Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 18,19 der Gerichtsakte verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang des Beklagten sowie auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
II.
Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft nach § 73a, 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Der Streitgegenstand der Klage übersteigt den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG maßgeblichen Wert von 750 EUR. Streitgegenstand der Klage ist der Bescheid des Beklagten vom 31. August 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 2009, mit dem der Beklagte von der Klägerin für den Zeitraum vom 1. August 2006 bis 31. Juli 2007 1.444,20 EUR zurückforderte. Den Änderungsbescheid vom 25. Mai 2009, mit dem der Beklagte für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2007 nur noch 56,67 EUR erstattet verlangte, hat die Klägerin nicht ausdrücklich angefochten. Der Senat legt aber ihr Begehren so aus, dass die sich gegen die Aufhebung und Erstattung wandte, soweit ihrem Begehren aus ihrer Sicht nicht abgeholfen worden war. Aus internen Vermerken der Verwaltungsakte geht hervor, dass der Beklagte mit dem Änderungsbescheid vom 25. Mai 2009 den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31. August 2007 im Übrigen aufheben wollte. Dies allerdings hat er im Bescheid nicht eindeutig umgesetzt. Auch aus dem Widerspruchsbescheid und dem Anschreiben an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin geht nicht eindeutig hervor, dass die Rückforderung nunmehr statt 1.444,20 EUR lediglich 56,67 EUR betragen sollte. Aus Sicht der Klägerin war sie weiterhin auch den Erstattungsforderungen für die Monate August 2006 bis März 2007 und Juli 2007 in unveränderter Höhe ausgesetzt und somit zumindest formal beschwert. Nach Berechnungen des Beklagten auf Bl. 468 und 469 der Verwaltungsakte belief sich die Rückforderung für die o.g. Monate auf insgesamt 1.140,33 EUR. Das Sozialgericht hat die Ablehnung der Prozesskostenhilfe zudem auf die mangelnde Erfolgaussicht der Klage gestützt.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Kläger gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist.
Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. März 1990,1 BvR 94/88, NJW 1991, S. 413 f.). Prozesskostenhilfe kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Februar 1998, B 13 RJ 83/97 R, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).
Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist die sozialgerichtliche Entscheidung nicht zu beanstanden. Der seitens der Klägerin mit Schreiben vom 2. März 2009 eingelegte Widerspruch gegen den Bescheid vom 31. August 2007 war verfristet. Das Sozialgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Bescheid nach der Zugangsfiktion des § 37 SGB X der Klägerin gegenüber am 3. September 2007 als bekanntgegeben galt. Insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach eigener Prüfung auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts.
Die Klägerin kann sich rechterheblich auch nicht darauf berufen, den Bescheid nicht erhalten zu haben. Nach den im Rahmen des § 130 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entwickelten Grundsätzen des Zugangs ist eine Willenserklärung dann zugegangen, wenn sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat.
In jedem Fall hatte die Mutter der Klägerin vom streitgegenständlichen Bescheid Kenntnis erlangt, denn sie hat am 20. September 2007 beim Beklagten vorgesprochen und sich den Grund der Rückforderung erklären lassen. Die Klägerin muss sich den Zugang des Bescheides zurechnen lassen. Ihre Mutter war als Empfangsbote anzusehen. Empfangsbote ist eine Person, die vom Empfänger zur Entgegennahme von Erklärungen bestellt worden ist oder nach der Verkehrsanschauung als bestellt anzusehen ist. Dazu zählen bei schriftlichen Erklärungen zumindest alle Personen, die von § 178 ZPO (Regelung über die "Ersatzzustellung in der Wohnung, in Geschäftsräumen und Einrichtungen") erfasst werden, also auch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die in der Wohnung des Empfängers lebenden Angehörigen und Haushaltsmitglieder, zu denen die Mutter der Klägerin gehört (vgl. auch BSG, Beschluss vom 7. Oktober 2004, B 3 KR 14/04 R, Rn. 9, Juris). Die Klägerin verfügt offensichtlich auch nicht über einen eigenen, von dem der Mutter gesonderten Briefkasten (vgl. VG Aachen, Urteil vom 10. Januar 2006, 2 K 2346/03, Juris). Jedenfalls ist ein entsprechender Vortrag der Klägerin trotz Hinweises der Berichterstatterin im Schreiben vom 1. Dezember 2011 nicht erfolgt. Eine Übersendung an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin musste zur Bewirkung einer wirksamen Bekanntgabe ebenfalls nicht erfolgen. Aus der vorliegenden Verwaltungsakte ergibt sich zum einen nicht, dass sich der Prozessbevollmächtigte für die Klägerin im Rahmen der streitgegenständlichen Rückforderung vor Erlass des Bescheides als Bevollmächtigter bestellt hatte. Der Beklagte hatte mithin keine Kenntnis von einer Vertretung, konnte folglich auch keine Übersendung des Bescheides an ihn bewirken. Im Übrigen wäre der Beklagte nicht verpflichtet gewesen, den Bescheid dem Prozessbevollmächtigten bekanntzugeben. Nach § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X kann die Bekanntgabe gegenüber dem Bevollmächtigten erfolgen, wenn ein solcher bestellt ist. Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an den Adressaten genügt auch dann für seine Wirksamkeit und für das In-Lauf-Setzen der Widerspruchsfrist, wenn für das Verwaltungsverfahren ein Bevollmächtigter bestellt war (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1997, 3 C 35/96, Juris, zum gleichlautenden § 41 VwGO). Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat die Klägerin weder benannt noch sind solche ersichtlich gewesen.
Auch unter Berücksichtigung des Abschlusses des Vergleiches hatte die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Parteien haben sich zwar mit Abschluss des Vergleiches dahingehend geeinigt, dass der Beklagte für den Zeitraum vom 1. August 2006 bis 31. März 2007 keine Forderungen und für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2007 eine Forderung lediglich in Höhe von 56,67 EUR gegen die Klägerin hat. Dieses aber tat der Beklagte nicht unter Aufgabe einer Rechtsposition. Vielmehr stellte er lediglich klar, was er bereits mit dem Änderungsbescheid vom 25. Mai 2009 regeln wollte. Sollte er durch die nicht eindeutige Umsetzung seines Willens im Bescheid vom 25. Mai 2009 letztlich Veranlassung zur Klage gegeben haben, wäre dies keine Frage ihrer materiellen Begründetheit – und damit der Erfolgsaussicht –, sondern allein bei der Kostentragungslast im Rahmen des § 193 SGG zu berücksichtigen. Die Parteien einigten sich vergleichsweise dahingehend, dass Kosten vom Beklagten nicht erstattet werden.
Auch die Berechnung der Höhe der Forderung für die Monate April bis Juni 2007 weist nach summarischer Prüfung keine zu Lasten der Klägerin gehenden Fehler auf. Die Klägerin selbst hat gegen die Berechnung keine konkreten Einwände erhoben.
Nach alledem unterlag die Beschwerde der Zurückweisung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen eine die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnende Entscheidung des Sozialgerichts Dessau-Roßlau. In der Sache wehrte sie sich in einem inzwischen durch den Abschluss eines Vergleiches erledigten sozialgerichtlichen Klageverfahren gegen eine Rückforderung des Beklagten.
Die 1988 geborene Klägerin wohnt zusammen mit ihrer Mutter in einem Haushalt und bezieht vom Beklagten laufend Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Mit Bescheid vom 31. August 2007 hob der Beklagte die Entscheidungen vom 23. August 2006 bis 2. Juli 2007 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. August 2006 bis 31. Juli 2007 teilweise in Höhe von 1.445,20 EUR auf und forderte die Erstattung von 1.444,20 EUR. Der Bescheid wurde ausweislich eines Vermerks auf Bl. 516 R der Verwaltungsakte am 31. August 2007 an die Klägerin, als Abdruck nochmals am 2. Februar 2009 an ihren Prozessbevollmächtigten versandt.
Bereits am 20. September 2007 sprach die Mutter der Klägerin persönlich wegen dieser Rückforderung beim Beklagten vor. Ihr wurde ausweislich eines über das Gespräch gefertigten Aktenvermerks erklärt, dass die ihrer Tochter gewährte Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) als Einkommen auf den Bedarf anzurechnen gewesen sei.
Mit Schreiben vom 2. März 2009 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 31. August 2007 Widerspruch ein und beantragte zugleich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sie sei ohne ihr Verschulden durch die nicht wirksam erfolgte Zustellung des Bescheides von 31. August 2007 gehindert gewesen, rechtzeitig Widerspruch zu erheben. Eine wirksame Bekanntgabe des Bescheides sei erst am 6. Februar 2009 an ihren Prozessbevollmächtigten erfolgt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2009 verwarf der Beklagte den Widerspruch als unzulässig. Der Bescheid, der eine vollständige und verständliche Rechtsbehelfsbelehrung enthalten habe, sei am 31. August 2007 zur Post gegeben worden und gelte mithin am 3. September 2007 nach § 37 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) als bekannt gegeben. Da die Mutter der Klägerin am 20. September 2007 wegen des Rückforderungsbescheides persönlich vorgesprochen habe, sei dokumentiert, dass der Klägerin der Bescheid auch zugegangen sei.
Der Beklagte hatte den verspäteten Widerspruch als Überprüfungsantrag gewertet und in der Folge mit Änderungsbescheid vom 25. Mai 2009 zum Aufhebungs- und Erstattungsbescheid verfügt: " Die Entscheidung vom 06.09.2007 über die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wird vom 01.04.2007 bis 30.06.2007 für Sie teilweise in Höhe von 56,67 EUR aufgehoben." Diesen Bescheid hat er an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin versandt. In einem Anschreiben heißt es u.a.: " Zu Ihrem Widerspruch bezüglich des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 31.08.2007 hinsichtlich des Zeitraums 01.08.2006 bis 31.07.2007 (1444,20 EUR), welcher unter dem Aktenzeichen W 10609/09 bei der Beklagten geführt wird: - Widerspruchsbescheid, da nach Auffassung der Widerspruchsgegnerin der Widerspruch unzulässig ist - einen geänderten rechtsmittelfähigen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid nunmehr nur noch für den Zeitraum 01.04.2007 bis 30.06.2007 in Höhe von 56,67 EUR im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X "
Die Klägerin hat am 26. Juni 2009 gegen den Bescheid vom 31. August 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 2009 des Beklagten Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten beantragt. In einem Erörterungstermin am 14. Juli 2011 ist der Klägerin nachgelassen worden, zu einem Hinweis des Gerichts zu den Erfolgsaussichten der Klage im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe bis zum 20. August 2011 Stellung zu nehmen. Die Beteiligten haben zur Erledigung des Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen, in dem sich die Klägerin verpflichtet hat, für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2007 einen Betrag in Höhe von 56,67 EUR zurückzuzahlen. Die Beteiligten waren sich darüber einig, dass für den Zeitraum vom 1. August 2006 bis 31. März 2007 keine Forderungen des Beklagten bestehen.
Mit Beschluss vom 12. September 2011 hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt, die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes sei grundsätzlich mit seinem Zugang in den Machtbereich des Empfängers vollzogen. Die tatsächliche Kenntnisnahme des Inhalts des Verwaltungsaktes sei nicht erforderlich. Sollte daher die Mutter der Klägerin den Bescheid dieser nicht vorgelegt haben, sei das für die Frage seiner Bekanntgabe unerheblich. Mit Recht habe der Beklagte den Widerspruch gegen den Rückforderungsbescheid vom 31. August 2007 als unzulässig verworfen.
Gegen den Beschluss hat die Klägerin am 7. Oktober 2011 Beschwerde eingelegt. Sie habe den Zugang des Bescheides vom 31. August 2007 bestritten, daher treffe den Beklagten die Beweislast für die wirksame Bekanntgabe des Bescheides. Sie gehe davon aus, dass erst die Ersatzzustellung an ihren Prozessbevollmächtigten am 6. Februar 2009 eine wirksame Bekanntgabe sei.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen, ihr unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 12. September 2011 rückwirkend Prozesskostenhilfe zur Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Der Beklagte hat Gelegenheit erhalten, zur Beschwerde Stellung zu nehmen, davon jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Die Berichterstatterin hat die Klägerin mit Schreiben vom 1. Dezember 2011 darauf hingewiesen, dass die Entgegennahme des Bescheides durch die Mutter der Klägerin eine Bekanntgabe an sie bewirke. Hinsichtlich der inhaltlichen Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 18,19 der Gerichtsakte verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang des Beklagten sowie auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
II.
Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft nach § 73a, 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Der Streitgegenstand der Klage übersteigt den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG maßgeblichen Wert von 750 EUR. Streitgegenstand der Klage ist der Bescheid des Beklagten vom 31. August 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 2009, mit dem der Beklagte von der Klägerin für den Zeitraum vom 1. August 2006 bis 31. Juli 2007 1.444,20 EUR zurückforderte. Den Änderungsbescheid vom 25. Mai 2009, mit dem der Beklagte für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2007 nur noch 56,67 EUR erstattet verlangte, hat die Klägerin nicht ausdrücklich angefochten. Der Senat legt aber ihr Begehren so aus, dass die sich gegen die Aufhebung und Erstattung wandte, soweit ihrem Begehren aus ihrer Sicht nicht abgeholfen worden war. Aus internen Vermerken der Verwaltungsakte geht hervor, dass der Beklagte mit dem Änderungsbescheid vom 25. Mai 2009 den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31. August 2007 im Übrigen aufheben wollte. Dies allerdings hat er im Bescheid nicht eindeutig umgesetzt. Auch aus dem Widerspruchsbescheid und dem Anschreiben an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin geht nicht eindeutig hervor, dass die Rückforderung nunmehr statt 1.444,20 EUR lediglich 56,67 EUR betragen sollte. Aus Sicht der Klägerin war sie weiterhin auch den Erstattungsforderungen für die Monate August 2006 bis März 2007 und Juli 2007 in unveränderter Höhe ausgesetzt und somit zumindest formal beschwert. Nach Berechnungen des Beklagten auf Bl. 468 und 469 der Verwaltungsakte belief sich die Rückforderung für die o.g. Monate auf insgesamt 1.140,33 EUR. Das Sozialgericht hat die Ablehnung der Prozesskostenhilfe zudem auf die mangelnde Erfolgaussicht der Klage gestützt.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Kläger gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist.
Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. März 1990,1 BvR 94/88, NJW 1991, S. 413 f.). Prozesskostenhilfe kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Februar 1998, B 13 RJ 83/97 R, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).
Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist die sozialgerichtliche Entscheidung nicht zu beanstanden. Der seitens der Klägerin mit Schreiben vom 2. März 2009 eingelegte Widerspruch gegen den Bescheid vom 31. August 2007 war verfristet. Das Sozialgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Bescheid nach der Zugangsfiktion des § 37 SGB X der Klägerin gegenüber am 3. September 2007 als bekanntgegeben galt. Insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach eigener Prüfung auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts.
Die Klägerin kann sich rechterheblich auch nicht darauf berufen, den Bescheid nicht erhalten zu haben. Nach den im Rahmen des § 130 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entwickelten Grundsätzen des Zugangs ist eine Willenserklärung dann zugegangen, wenn sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat.
In jedem Fall hatte die Mutter der Klägerin vom streitgegenständlichen Bescheid Kenntnis erlangt, denn sie hat am 20. September 2007 beim Beklagten vorgesprochen und sich den Grund der Rückforderung erklären lassen. Die Klägerin muss sich den Zugang des Bescheides zurechnen lassen. Ihre Mutter war als Empfangsbote anzusehen. Empfangsbote ist eine Person, die vom Empfänger zur Entgegennahme von Erklärungen bestellt worden ist oder nach der Verkehrsanschauung als bestellt anzusehen ist. Dazu zählen bei schriftlichen Erklärungen zumindest alle Personen, die von § 178 ZPO (Regelung über die "Ersatzzustellung in der Wohnung, in Geschäftsräumen und Einrichtungen") erfasst werden, also auch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die in der Wohnung des Empfängers lebenden Angehörigen und Haushaltsmitglieder, zu denen die Mutter der Klägerin gehört (vgl. auch BSG, Beschluss vom 7. Oktober 2004, B 3 KR 14/04 R, Rn. 9, Juris). Die Klägerin verfügt offensichtlich auch nicht über einen eigenen, von dem der Mutter gesonderten Briefkasten (vgl. VG Aachen, Urteil vom 10. Januar 2006, 2 K 2346/03, Juris). Jedenfalls ist ein entsprechender Vortrag der Klägerin trotz Hinweises der Berichterstatterin im Schreiben vom 1. Dezember 2011 nicht erfolgt. Eine Übersendung an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin musste zur Bewirkung einer wirksamen Bekanntgabe ebenfalls nicht erfolgen. Aus der vorliegenden Verwaltungsakte ergibt sich zum einen nicht, dass sich der Prozessbevollmächtigte für die Klägerin im Rahmen der streitgegenständlichen Rückforderung vor Erlass des Bescheides als Bevollmächtigter bestellt hatte. Der Beklagte hatte mithin keine Kenntnis von einer Vertretung, konnte folglich auch keine Übersendung des Bescheides an ihn bewirken. Im Übrigen wäre der Beklagte nicht verpflichtet gewesen, den Bescheid dem Prozessbevollmächtigten bekanntzugeben. Nach § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X kann die Bekanntgabe gegenüber dem Bevollmächtigten erfolgen, wenn ein solcher bestellt ist. Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an den Adressaten genügt auch dann für seine Wirksamkeit und für das In-Lauf-Setzen der Widerspruchsfrist, wenn für das Verwaltungsverfahren ein Bevollmächtigter bestellt war (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1997, 3 C 35/96, Juris, zum gleichlautenden § 41 VwGO). Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat die Klägerin weder benannt noch sind solche ersichtlich gewesen.
Auch unter Berücksichtigung des Abschlusses des Vergleiches hatte die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Parteien haben sich zwar mit Abschluss des Vergleiches dahingehend geeinigt, dass der Beklagte für den Zeitraum vom 1. August 2006 bis 31. März 2007 keine Forderungen und für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2007 eine Forderung lediglich in Höhe von 56,67 EUR gegen die Klägerin hat. Dieses aber tat der Beklagte nicht unter Aufgabe einer Rechtsposition. Vielmehr stellte er lediglich klar, was er bereits mit dem Änderungsbescheid vom 25. Mai 2009 regeln wollte. Sollte er durch die nicht eindeutige Umsetzung seines Willens im Bescheid vom 25. Mai 2009 letztlich Veranlassung zur Klage gegeben haben, wäre dies keine Frage ihrer materiellen Begründetheit – und damit der Erfolgsaussicht –, sondern allein bei der Kostentragungslast im Rahmen des § 193 SGG zu berücksichtigen. Die Parteien einigten sich vergleichsweise dahingehend, dass Kosten vom Beklagten nicht erstattet werden.
Auch die Berechnung der Höhe der Forderung für die Monate April bis Juni 2007 weist nach summarischer Prüfung keine zu Lasten der Klägerin gehenden Fehler auf. Die Klägerin selbst hat gegen die Berechnung keine konkreten Einwände erhoben.
Nach alledem unterlag die Beschwerde der Zurückweisung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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