Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
73
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 KR 1715/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 84/12
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Enthält eine Behördenäußerung keine Regelung, sondern lediglich eine unzulässige Elementenfeststellung, kann sie nicht als Verwaltungsakt im Sinne der §§ 31 SGB X, 96 SGG, sondern nur als sogenannter formeller Verwaltungsakt angesehen und angefochten werden.
2. Erlässt die Behörde einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X, der an die Stelle einer Behördenäußerung ohne Regelung treten soll, wird dieser Verwaltungsakt nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand der Anfechtungsklage gegen den formellen Verwaltungsakt, weil eine Regelung nicht geändert oder ersetzt wird.
3. Das Vertrags- und Zulassungsrecht der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII sowie der Sozialhilfe nach dem SGB XII sowie die sozialdatenschutzrechtlichen Vorgaben schließen aus, dass die Leistungserbringer, die durch Zulassung oder Vertrag den Sozialleistungsträgern gegenüber zur Leistungserbringung im konkreten Leistungsfall verpflichtet sind, diese Verpflichtung vollständig auf Dritte übertragen. Ein derartiges „Outsourcing“ oder eine Übertragung auf Subunternehmer ist insofern unzulässig, als es um die wesentlichen Tätigkeiten im Rahmen der Leistungserbringung und nicht nur um Hilfs- oder Nebentätigkeiten oder einzelne Zusatzangebote geht, die nicht den Kern der jeweiligen Leistungserbringung betreffen.
2. Erlässt die Behörde einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X, der an die Stelle einer Behördenäußerung ohne Regelung treten soll, wird dieser Verwaltungsakt nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand der Anfechtungsklage gegen den formellen Verwaltungsakt, weil eine Regelung nicht geändert oder ersetzt wird.
3. Das Vertrags- und Zulassungsrecht der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII sowie der Sozialhilfe nach dem SGB XII sowie die sozialdatenschutzrechtlichen Vorgaben schließen aus, dass die Leistungserbringer, die durch Zulassung oder Vertrag den Sozialleistungsträgern gegenüber zur Leistungserbringung im konkreten Leistungsfall verpflichtet sind, diese Verpflichtung vollständig auf Dritte übertragen. Ein derartiges „Outsourcing“ oder eine Übertragung auf Subunternehmer ist insofern unzulässig, als es um die wesentlichen Tätigkeiten im Rahmen der Leistungserbringung und nicht nur um Hilfs- oder Nebentätigkeiten oder einzelne Zusatzangebote geht, die nicht den Kern der jeweiligen Leistungserbringung betreffen.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
T a t b e s t a n d:
Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Statusfeststellung über die Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) als Einzelfallhelferin für die Tätigkeit bei der Klägerin ab 23. Oktober 2008.
Die Klägerin ist zwischenzeitlich gemeinnützige GmbH (sie war zuvor als Verein verfasst) und ist anerkannter Träger der freien Jugendhilfe. Am 21. Oktober 2008 hatten die Klägerin und die Beigeladene zu 1) einen Vertrag über eine freie Mitarbeit der Beigeladenen zu 1) ab 23. Oktober 2008 für die Eingliederungshilfe für D T geschlossen. Es handelte sich um eine Tätigkeit im Rahmen sozialpädagogischer Familienhilfe nach §§ 31 SGB VIII und 54 SGB XII. Im "Freier-Mitarbeiter-Vertrag" war vereinbart, dass die Beigeladene zu 1) Ort und Arbeitszeit frei bestimmen könne und auch für Dritte tätig werden dürfe (§ 1). Das Stundenhonorar betrage 16,00 EUR (§ 2 Satz 1). Anfallende Auslagen (für pädagogische Sachmittel) würden erstattet (§ 2 Satz 2). Die Abrechnung erfolge monatlich durch Rechnungstellung (§ 2 Satz 3). Eine Sozialversicherung der Beigeladenen zu 1) erfolge durch die Klägerin nicht (§ 2 Satz 5). Es wurde auf die gesetzliche Kündigungsfrist verwiesen (§ 5). Die Klägerin hatte mit dem Bezirksamt Pankow (Jugendamt) am 13.12.2006 eine Kooperationsvereinbarung zur Übertragung von Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 SGB XII (im Folgenden: KVE) geschlossen. Danach garantierte die Klägerin die Einhaltung der Qualitätsstandards für die jeweilige Leistung u.a. hinsichtlich der fachlichen Begleitung (Team, Supervision, Fortbildung) – Ziff 1 KVE. Die Zusammenarbeit werde im Einzelfall individuell mit dem zuständigen Sozialarbeiter geklärt und durch den Gesamtplan gemäß § 58 SGB XII geregelt (Ziff 2 Satz 2 KVE). Die inhaltliche und terminliche Ausgestaltung des Stundenkontingents werde zwischen den Beteiligten der Vereinbarung im Rahmen der Hilfekonferenz vereinbart (Ziff 4 Satz 1 KVE). Das Kontingent weise die durch den freien Träger zu leistenden personenbezogenen und nicht personenbezogenen Stunden separat aus (Ziff 4 Satz 2 KVE). Als vorläufiger Fachleistungsstundensatz wurden 29,37 EUR festgelegt (Ziff 5 KVE). Die Abrechnung habe mit dem Kostenträger der Sozialhilfe monatlich zu erfolgen (Ziff 6 KVE). Wegen der weiteren Inhalte der Vereinbarung wird auf die Verwaltungsakte (Bl 45) Bezug genommen.
Die Klägerin beantragte am 21. Oktober 2008 gemeinsam mit der Beigeladenen zu 1) die Statusklärung nach § 7a SGB IV bei der Beklagten. Es gehe um eine Einzelfallhilfe mit außerschulischer Förderung von einem Kind mit Behinderung. Die Tätigkeit sei selbständig, weil die Beigeladene zu 1) ihre Auftraggeber selbstständig akquirieren würde, eigenständig Werbung betreibe und die Möglichkeit habe, Aufträge abzulehnen. Sie unterhalte ein eigenes Büro/Arbeitsplatz.
Mit Schreiben vom 17. Februar 2009 hörte die Beklagte die Klägerin und die Beigeladene zu 1) mit der Absicht an, eine abhängige Tätigkeit festzustellen. Mit Bescheid vom 20. März 2009 stellte die Beklagte eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin fest. Versicherungspflicht dem Grunde nach trete mit der Aufnahme der Beschäftigung ein.
Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 23. April 2009. Die Beklagte würde sich auf eine frühere, bereits revidierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts berufen. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin sei nicht erfolgt. Weisungsbindung habe nicht bestanden. Es seien auch keine Weisungen erteilt worden. Die Beigeladene zu 1) habe sich nicht an- oder abmelden müssen. Das unternehmerische Risiko sei unerheblich. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2009 zurück.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren mit ihrer Klage vom 22. Oktober 2009 weiter.
Während des Klageverfahrens erließ die Beklagte den Bescheid vom 3. Februar 2010, mit welchem sie Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) für die Tätigkeit bei der Klägerin ab 23. Oktober 2008 in der gesetzlichen Krankenversicherung, Pflegeversicherung Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung feststellte. Den dagegen eingelegten Widerspruch vom 5. März 2010 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2011 als unzulässig zurück, weil der Bescheid vom 3. Februar 2010 gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei.
Mit Schreiben vom 18. November 2011 erweiterte die Klägerin die Klage durch Anfechtung auch des Bescheides vom 3. Februar 2010. Die Beigeladene zu 1) hat die Tätigkeit für die Klägerin Ende Juni 2011 beendet.
Die Klägerin beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2009 und den Bescheid vom 3. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2011 aufzuheben,
2. festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) während ihrer Tätigkeit für die Klägerin nicht sozialversicherungspflichtig war.
Die Beklagte hält ihre letzte Entscheidung für zutreffend und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Der Kammer haben außer den Prozessakten die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze, das Protokoll und den Akteninhalt Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Der Bescheid vom der Beklagten vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2009 hat sich erledigt, weil die Beklagte ausdrücklich an ihm nicht mehr festhält. Der Bescheid vom 3. Februar 2010 ist rechtmäßig. Die Beigeladene zu 1) war im Zeitraum 23. Oktober 2008 bis Juni 2011 in ihrer Tätigkeit für die Klägerin in der Arbeitslosenversicherung, in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie in der sozialen Pflegeversicherung als gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte versicherungspflichtig.
Gegenstand des Rechtsstreites sind zwei Anfechtungsklagen und eine Feststellungsklage der Klägerin. Eine Anfechtungsklage richtet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2009. Eine weitere Anfechtungsklage richtet sich gegen den Bescheid der Beklagten 3. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2011. Unzutreffend geht die Beklagte davon aus, dass der Bescheid vom 3. Februar 2010 gemäß § 96 SGG Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens geworden sei. Dies trifft deshalb nicht zu, weil der Bescheid vom 25. März 2009 kein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X gewesen ist. Dieser Bescheid enthielt keine Regelung, sondern lediglich eine unzulässige Elementenfeststellung. Dies ist zwischen den Beteiligten zutreffend unstreitig. Eine Äußerung einer Behörde, die lediglich eine unzulässige Elementenfeststellung, nicht jedoch eine Regelung enthält, erfüllt nicht die Voraussetzungen von § 31 SGB X. Es handelt sich dann allenfalls um einen sog. formellen Verwaltungsakt. Ein solcher darf mit der Anfechtungsklage angefochten werden. Der Anspruch auf Aufhebung kann deshalb bestehen, weil der Rechtsschein eines bindenden Verwaltungsaktes im Rechtsverkehr zu beseitigen ist (BSG Urt. v. 24.07.2003, B 4 RA 60/02 R, RdNr 18 mwN). Lag ursprünglich kein Verwaltungsakt vor, kann im Sinne des § 96 SGG ein solcher nicht geändert oder ersetzt werden. Nach der Neuregelung des § 96 SGG zum 1. April 2008 kann die Vorschrift auch nicht mehr als Grundlage für analoge Rechtsgestaltungen dienen. Dies hat der Gesetzgeber mit der Änderung der Vorschrift sowohl im Wortlaut als auch in der Gesetzesbegründung hinreichend deutlich gemacht. Es entspricht auch ständiger verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung, dass der Gesetzgeber die Begründung von Rechtsbehelfen selbst und klar zu normieren hat. Sofern andere Gerichte in vergleichbaren Konstellationen § 96 SGG für anwendbar halten, haben sie sich - soweit ersichtlich - nicht mit der Problematik auseinander gesetzt, dass ein lediglich eine unzulässige Elementenfeststellung enthaltendes Schreiben der Behörde keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X (vgl. BSG, Urteil vom 05.07.2006, B 12 KR 20/04 R, RdNr 36) und des § 96 SGG darstellen kann. Eine Bindungswirkung dieser anderen Rechtsprechung für die Entscheidung der erkennenden Kammer besteht nicht.
Allerdings ist die Klage gegen den Bescheid vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2009 unzulässig, weil ihr die Klagebefugnis bzw das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Zwar nimmt die herrschende Rechtsprechung zutreffend an, dass ein sog. formeller Verwaltungsakt eine Klagebefugnis und ein Rechtsschutzbedürfnis begründet, weil sich die Behördenäußerung als Verwaltungsakt geriert und damit einen Rechtsschein entfaltet, der zu beseitigen ist. Das gilt aber selbstverständlich nur, solange die Behörde an ihrer Äußerung festhält. Hat indes die Behörde ausdrücklich erklärt, dass sie an ihre Äußerung keinerlei Folgen mehr knüpfen möchte oder hat sie die Äußerung gerade wegen ihrer fehlenden Regelung durch einen Verwaltungsakt abgelöst, der aus Sicht der Behörde den formellen Verwaltungsakt umfassend ersetzen soll, ist kein Raum für einen verbliebenen Rechtsschein, der eine gerichtliche Klärung erforderlich machen würde,
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte durch den Bescheid vom 3. Februar 2010 hinreichend deutlich gemacht, dass sie ihre frühere Äußerung vollumfänglich ersetzen will und nur die nun erfolgte Regelung Wirkung entfalten solle. Eine Klagebefugnis lässt sich daher hinsichtlich des Bescheides vom 25. März 2009 nicht mehr annehmen.
Für die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 3. Februar 2010 hat die Klägerin dagegen Klagebefugnis, weil sie eine Regelung über die Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) trifft und damit Pflichten der Klägerin als mutmaßlicher Arbeitgeber geklärt werden sollen. Das Widerspruchsverfahren wurde durchgeführt. Dies ist ausreichend, wiewohl die Beklagte unzutreffend von einer Unzulässigkeit des Widerspruchs ausgegangen ist und die erforderliche Entscheidung in der Sache unterlassen hat. Die Klagefrist wurde eingehalten. Die Klageerweiterung war sachdienlich. Der erhobenen Feststellungsklage ist das erforderliche Feststellungsinteresse nicht abzusprechen.
Die Klägerin hat indes keinen Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides der Beklagten vom 3. Februar 2010. Dieser Bescheid ist rechtmäßig. Die Beigeladene zu 1) war in ihrer Tätigkeit für die Klägerin in der Arbeitslosenversicherung, in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig.
Nach §§ 25 Abs 1 Satz 1 SGB III, 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und 20 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 SGB XI sind in den genannten Zweigen der Sozialversicherung Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Nach § 14 Abs 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht, unter welcher Be¬zeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäfti¬gung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Beschäftigung ist nach § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbständige Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis. Die weite Begriffsbestimmung des Arbeitsentgelts in § 14 Abs 1 SGB IV erfasst solche Einnahmen, die dem Versicherten in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen (BSG, Urteil vom 28.01.1999, B 12 KR 14/98 R, BSGE 83, 266, 267 = SozR 3-2400 § 14 Nr 17 S 38, Urteil vom 07.03.2007, B 12 KR 4/06 R, RdNr 15 mwN). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV (seit 01.01.1999: § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Es ist mithin eine Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung i.S. des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV erforderlich. (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit vgl Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11)
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (§ 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. (BSG, Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, RdNr 16; Urteil vom 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, RdNr 15). Sofern die Rechtsprechung des BAG von derjenigen des BSG abweicht, wenn es um die Bedeutung des Unternehmerrisikos für die Statusklärung geht, folgt die Kammer der zutreffenden Argumentation des BSG für die sozialrechtliche Zuordnung von Tätigkeiten. Denn der sozialrechtliche Beschäftigungsbegriff ist nach der Vorgabe des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV weiter, weil er sich als "nichtselbständige Beschäftigung" definiert, die insbesondere (aber nicht nur) das Arbeitsrechtsverhältnis einbezieht.
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt der Prüfung ist daher nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, RdNr 17; Urteil vom 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R, jeweils mwN) zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (BSG, Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, RdNr 17). Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteile vom 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R, RdNr 22; 24.01.2007, B 12 KR 31/0R, RdNr 17). Nur in diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/0R, RdNr 17 mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/0R, RdNr 17).
Die rechtlichen Verhältnisse zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Klägerin schließen unter Gesamtbewertung der Umstände des konkreten Falles, insbesondere des Charakters der Klägerin als Leistungserbringerin gegenüber dem Sozialamt und dem Jugendamt, den rechtlichen Beziehungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) gegenüber dem Sozialamt und dem Jugendamt, dem Einsatz pädagogischer Mittel auf Kosten der Klägerin sowie dem Fehlen eines relevanten Unternehmerrisikos mit entsprechenden unternehmerischen Chancen eine Zuordnung zum Typus der selbständigen Tätigkeit aus. Vielmehr handelte es sich um eine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs 1 SGB IV.
Die Beigeladene zu 1) war hinsichtlich ihrer Aufgaben als Einzelfallhelferin in die arbeitsteilige Betriebsstruktur der Klägerin eingegliedert. Für diese Bewertung ist das besondere Aufgabenfeld der Klägerin zu berücksichtigen. Dieses zeichnet sich durch die pädagogischen Aufgaben und die zu erbringenden unterschiedlichsten und individuell anzupassenden Jugendhilfe-Leistungen bei einem erheblichen Spielraum im Einzelfall aus. Das bezieht sich sowohl auf die einzelnen Leistungsfälle (die einzelnen Kinder und Jugendlichen mit ihrem unterschiedlichen Hilfebedarf, ihren unterschiedlichen Unterstützungswünschen und den konkret unterschiedlichen Hilfebedingungen) wie auch auf die einzelne konkrete Situation. Die Tätigkeit der Mitarbeiter der Klägerin wird deshalb schon wegen des Arbeitsfeldes durch die Notwendigkeit von Freiräumen und Flexibilität bei der Aufgabenerfüllung geprägt. Zudem gibt das Jugendhilferecht in besonderer Weise vor, dass die Leistungen durch qualifiziertes Fachpersonal zu erbringen sind. Dieses muss adäquat auf die einzelnen Leistungsempfänger in den konkreten Leistungssituationen mit den konkreten Problem- und Konfliktsituationen reagieren, ohne dass jeweils konkrete Vorgaben zunächst erfolgt sein können. Dies ist ein Merkmal jeglicher pädagogischen und kreativen Tätigkeit, ohne dass allein daraus auf den Tätigkeitsstatus geschlossen werden könnte.
Neben dem besonderen Aufgabenfeld der Klägerin ist auch deren Stellung im Prozess der Leistungserbringung zu berücksichtigen. Daraus resultieren rechtliche Bindungen, die für die Auslegung auch des Vertragsverhältnisses mit der Beigeladenen zu 1) durchschlagen und vorgeben, was das jeweils rechtlich Zulässige ist. Insofern gilt mit der zutreffenden herrschenden Meinung, dass Verträge möglichst so auszulegen sind, dass ihr Geltungsanspruch erhalten bleibt, also dass insbesondere rechtmäßige Vereinbarungen anzunehmen sind. Am Wortlaut der Vertragsformulierungen ist schon nach allgemeinen zivilrechtlichen Maßstäben nicht haften zu bleiben (§ 133 BGB). Für den Vertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) ergibt sich eine Pflicht zur geltungserhaltenden Auslegung bereits aus dessen § 6 (salvatorische Klausel).
Daraus folgt für den Vertrag zwischen Klägerin und Beigeladener zu 1), dass der wirkliche Wille der Vertragsparteien (im Sinne von § 133 BGB) zu berücksichtigen ist, dass die hier durch die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) realisierte Leistungserbringung rechtlich zulässig war und Zahlungsansprüche der Klägerin gegenüber den Leistungsträgern (Sozialamt und Jugendamt) auslösen konnte. Dies ist zur Überzeugung der Kammer jedoch nur dann der Fall, wenn die Klägerin als Leistungserbringerin die Leistungen der Einzelfallhilfe selbst erbrachte und nach dem Vertragswerk erbringen sollte. Dies war nur möglich, wenn sie sich der Beigeladenen zu 1) als abhängig Beschäftigter bediente.
Im sozialrechtlichen Leistungserbringungsrecht ist es grundsätzlich ausgeschlossen, dass die Leistungserbringer, die durch Zulassung oder Vertrag den Leistungsträgern gegenüber zur Leistungserbringung im konkreten Leistungsfall verpflichtet sind, diese Verpflichtung vollständig auf Dritte übertragen. Ein derartiges "Outsourcing" oder eine Einbeziehung von Subunternehmern ist in diesem Sinne jedenfalls insofern unzulässig, als es um die wesentlichen Tätigkeiten im Rahmen der Leistungserbringung und nicht nur um Hilfs- oder Nebentätigkeiten oder einzelne Zusatzangebote geht, die nicht den Kern der jeweiligen Leistungserbringung betreffen. Dies folgt zum Einen aus dem Vertrags- und Zulassungsrecht der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII sowie der Sozialhilfe nach dem SGB XII, wie zum Anderen aus sozialdatenschutzrechtlichen Vorgaben. Im Falle der Klägerin folgt dies zudem aus den vertraglichen Grundlagen mit den Sozialleistungsträgern (Ziff 4 KVE).
Ein Vorgehen, wie es die Klägerin für die hier stattgefundene Leistungserbringung an ein Kind mit Behinderungen behauptet, wonach die gesamte Leistung an eine selbständig tätige dritte Person, die Beigeladene zu 1), weiter übertragen worden sei, würde das gesamte Recht der Qualitätssicherung durch das Zulassungsrecht aber auch hinsichtlich der Verfahrensqualität umgehen. Dies gilt sowohl für die Vorschriften der §§ 8a Abs 2, 44, 45, 48, 74 Abs 1 Satz 2, 75, 78b, 78c SGB VIII sowie 75 Abs 3, 76, 77 SGB XII zur Zulassung und Qualitätssicherung als auch für die Sozialdatenschutzregelungen der §§ 35 SGB I; 61 ff SGB VIII und 67 ff SGB X. Ist nach diesen Vorschriften die Aufgabenübertragung auf Leistungserbringer schon ausgeschlossen, wenn diese personell und wirtschaftlich die Leistungserbringung nicht übernehmen können, so ist die Weitergabe von Sozialdaten an Dritte grundsätzlich ausgeschlossen und könnte allenfalls durch ausdrückliche Zustimmung der Leistungsberechtigten erfolgen, die bereits bei der Vertragsanbahnung mit dem Dritten Unternehmer vorliegen müsste.
Dem widerspricht nicht, dass im Kinder- und Jugendhilferecht gerade durch die Einbeziehung von ehrenamtlich tätigen Personen ein beachtlicher Teil der Leistungen erbracht wird. Dies schließt indes die wirksame Einbindung und Verantwortlichkeit der Ehrenamtlichen in die Strukturen der Tätigkeit der Leistungserbringer ein. Auch wenn also durchaus nicht alle Aufgaben im Rahmen der Leistungserbringung durch angestellte Fachkräfte erfüllt werden müssen, bleibt eine Übertragung der Aufgaben der Leistungserbringung in ihrem Kernbereich auf andere Rechtspersonen, die nicht in die Strukturen der jeweiligen Leistungserbringer derart eingebunden sind, dass die volle Verantwortlichkeit der Leistungserbringer gewahrt wird, ausgeschlossen. Ist nur die dritte Person zur Leistungserbringung fachlich und wirtschaftlich geeignet, hat der Sozialleistungsträger diesen Dritten mit der Leistungserbringung zu beauftragen. Denn die Leistungsträger dürfen nach den gesetzlichen Vorschriften nur im Rahmen tatsächlich vorhandener persönlicher Kompetenzen mit der Leistungserbringung beauftragt werden. Aus den vertraglichen Beziehung der Klägerin mit den Sozialleistungsträgern ergibt sich zudem auch die Pflicht zur Leistungserbringung durch die Klägerin (siehe Ziff 4 KVE). Die darin vereinbarte Qualitätssicherung (Ziff 1, 2 KVE) kann über ein Verhältnis, wie es von der Klägerin behauptet wurde, nicht realisiert werden.
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben kam für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei der Einzelfallbetreuung nur eine abhängige Beschäftigung in Betracht. Die Annahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit kann angesichts der Vergütungsregelungen, die deutlich den bloßen Aufwendungsersatz überschreitet, ausgeschlossen werden. Als Subunternehmerin konnte die Beigeladene zu 1) aus den dargestellten Gründen nicht rechtmäßig tätig werden, weil ihr zum einen die erforderliche Zulassung fehlte, zum anderen ein Vertrag zwischen ihr und dem Sozialleistungsträger nicht geschlossen war und drittens als Leistungserbringer ausschließlich die Klägerin verpflichtet war. Dem widerspräche auch der Charakter der Klägerin als gemeinnütziger Verein bzw gGmbH. Diesem Charakter liefe es zuwider, wenn die Klägerin ihre Aufgaben, die ihr als gemeinnützige Einrichtung aufgetragen wurden, an dritte Personen weiterleiten würde, die diese Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht verfolgen. Insofern ist zudem zu beachten, dass die Klägerin für jede Fachstunde, welche die Beigeladene zu 1) erbrachte, vom Sozialleistungsträger mindestens 29,37 EUR erhielt (nach dem Berliner Rahmenvertrag sogar mindestens 45,92 EUR, Stand 2009), während sie davon nur 16,00 EUR an die Beigeladene zu 1) weiterleitete. Ein solcher massiver Einbehalt (83,56 % bzw. sogar 187 % des Stundenhonorars der Beigeladenen zu 1) kann mit Verwaltungsaufwendungen nicht begründet werden. Vielmehr widerspricht er evident dem Charakter der Klägerin als gemeinnütziger Einrichtung. Unter diesen Umständen lässt sich nicht annehmen, dass die Willenserklärungen der Klägerin die zum Vertragsabschluss führten, derart durch einen objektiven Adressaten ausgelegt werden könnten, dass diese eine nicht abhängige Beschäftigung der Beigeladene zu 1) zum Gegenstand gehabt haben könnten.
Auch die konkrete Ausgestaltung des Dienstvertrages der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1) spricht für eine abhängige Beschäftigung. Insofern hat zur tatsächlichen Ausfüllung des Vertragsverhältnisses des Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung wiederholt ausgeführt, dass die Wahrnehmung der Verantwortlichkeit der Klägerin gegenüber dem Sozialleistungsträger bei der konkreten Leistungserbringung durch "Justierung" des Vorgehens gemeinsam zwischen den Mitarbeitern der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) erfolgt sei. Daraus folgt für die Kammer, dass insofern eine Einbindung der Beigeladenen zu 1) in die Arbeitsteilung der Klägerin und eine Wahrnehmung des Weisungsrechts durch die Klägerin sehr wohl erfolgte, auch wenn die erforderlichen großen pädagogischen und kunsttherapeutischen Freiräume für die Aufgabenwahrnehmung durch die Beigeladene zu 1) sachgerecht berücksichtigt wurden. Die Regelungen des Vertrages, dass Arbeitsort und Zeit nicht vorgegeben würden, sind in diesem Kontext zu sehen und bestätigen eine Selbständigkeit der Beigeladenen zu 1) gerade nicht. Dass ausdrücklich weitere berufliche Tätigkeiten zugelassen waren, erklärt sich zwanglos aus dem vereinbarten Arbeitsumfang. Eine andere Regelung wäre bei dem Vergütungsniveau und dem Aufgabenumfang schlicht sittenwidrig gewesen. Echten normativen Gehalt hat diese Vereinbarung daher nicht.
Die Beigeladene zu 1) hatte ihre pädagogische Tätigkeit mit Arbeitsmitteln (pädagogische Sachmittel) zu erbringen, deren Kosten letztlich von der Klägerin getragen wurden (§ 2 Satz 2 des Vertrages). Auch dies spricht aus Sicht der Kammer deutlich für eine Einbindung in den Betrieb der Klägerin. Insoweit kommt es auf den rechtlichen Gehalt an, dass die Beigeladene zu 1) vom Arbeitsmitteleinsatz im Kernbereich ihrer Tätigkeit, den pädagogischen Sachmitteln freigestellt war und nicht darauf, inwieweit tatsächlich entsprechende Kostenerstattungen vorgenommen wurden.
Der Begriff des "freien Mitarbeiters" in der Bezeichnung des Vertrages und in den weiteren Regelungen des Vertrages ist für die Bewertung des Inhalts des Vertrages unergiebig, weil eine freie Mitarbeit sowohl durch abhängig Beschäftigte als auch durch Selbständige möglich ist. Die Regelung, dass eine soziale Absicherung durch die Klägerin nicht erfolge (§ 2 des Vertrages), deutet zwar auf einen entsprechenden Willen der Beteiligten hin, einen Dienstvertrag zwischen zwei Selbständigen zu schließen, wäre jedoch bei tatsächlicher Versicherungspflicht schlicht unbeachtlich und kann daher nur als eines von mehreren Indizien in die Gesamtbewertung einfließen und verliert angesichts der bereits angesprochenen gegenteiligen Aspekten deutlich an Gewicht. Die salvatorische Klausel in § 6 des Vertrages spricht dafür, dass die Vertragschließenden auf jeden Fall eine geltungserhaltende Auslegung des Vertrages beabsichtigten.
Dass es sich um eine nichtselbständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) handelte, folgt auch daraus, dass ein erhebliches unternehmerisches Risiko von der Beigeladenen zu 1) nicht getragen wurde. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG, Urteil vom 25.01.2001, B 12 KR 17/00 R; Urteil vom 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN) ist maßgebliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist (BSG Urteil vom 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, RdNr 27 mwN). Nach ständiger Rechtsprechung müssen dem Verlustrisiko entsprechend weitere Dispositionsmöglichkeiten und Gewinnchancen entgegenstehen (BSG, Beschluss vom 09.10.1984, 12 BK 21/84 JURIS-RdNr 15 mwN). Die fehlende Möglichkeit der Verwertung der eigenen Arbeitskraft durch die Erbringung entgeltlicher Arbeitsleistung kennzeichnet gerade auch das Risiko der Arbeitslosigkeit für Arbeitnehmer, kann also für die Beurteilung eines Unternehmerrisikos ohne gleichzeitige Bewertung der Gewinnchancen und deutlicher Freiheit hinsichtlich der Dispositionsmöglichkeiten nicht hinreichendes Kriterium sein.
Die vertraglichen Beziehungen zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Klägerin bewirkten relativ kontinuierliche Entgelte auf den erbrachten persönlichen Einsatz durch das vereinbarte Pauschalhonorar und die vorgegebene Stundenzahl pro Monat und schlossen daher weitgehend die Tragung eines Unternehmerrisikos für den Umfang der vereinbarten Tätigkeit aus. Betriebsmittel hat die Beigeladene zu 1) wesentlich nicht in die Tätigkeit eingebracht, auch wenn sie einen Heimarbeitsplatz hatte. Dies ist gerade bei abhängig Beschäftigten im pädagogischen Bereich nicht unüblich, schon gar nicht, wenn die Tätigkeit in den Räumlichkeiten der Familie des Kindes oder in Freizeiteinrichtungen erfolgen musste. Ein Aufwendungsersatz (für pädagogische Sachmittel) war zudem ausdrücklich vereinbart (§ 2 des Vertrages). Die wesentlichen Arbeitsmittel (soweit erforderlich) wurden also durch die Klägerin bereitgestellt.
Für die Kammer hatte zudem auch erhebliches Gewicht der Umstand, dass die für die Annahme eines unternehmerischen Risikos auch erforderlichen unternehmerischen Chancen als Gewinnchancen hier praktisch fehlten. Die Bemessung des Entgelts war in Relation zu den Stundensätzen, welche vom Sozialleistungsträger an die Klägerin gezahlt wurden und für die durchaus anzunehmen ist, dass sie eine angemessene Vergütung von Selbständigen darstellten, derart gering, dass von Gewinnchancen nicht ausgegangen werden konnte. Es ist bei der Honorarhöhe und den daraus resultierenden Erlösen die Notwendigkeit zur Eigenvorsorge hinsichtlich der wesentlichen Risiken der Erwerbstätigen (Alter, Krankheit, Pflege, Arbeitslosigkeit und Unfall) einzurechnen. Die vereinbarte Vergütung von nur 16,00 EUR je Stunde (ohne Gewährung von Fahrtkosten!) erlaubte – hochgerechnet auf eine durchschnittliche Wochentätigkeit von 40 bis 45 Stunden für einen Selbständigen – ein Einkommen, das für eine besonders qualifizierte Fachkraft (so die Aussage des Geschäftsführers der Klägerin in der Verhandlung im Hinblick auch auf die kunsttherapeutischen Kompetenzen der Beigeladenen zu 1) noch nicht einmal eine durchschnittliche Vergütung nach Abzug von Steuern und angemessenen Versicherungsbeiträgen beinhaltete. Die Kammer muss daher davon ausgehen, dass die Beigeladene zu 1) also weder Gewinnchance noch ein echtes Verlustrisiko zu tragen hatte. Inwieweit die Beigeladene zu 1) neben ihrer abhängigen Beschäftigung bei der Klägerin auch selbständig tätig war, ist für die rechtliche Beurteilung der Tätigkeit für die Klägerin unerheblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt die Erfolglosigkeit der Rechtsverfolgung durch die Klägerin. Dass die ursprüngliche Anfechtungsklage zunächst Aussicht auf Erfolg hatte, fällt dabei im Hinblick auf den Kernstreit der Beteiligten nicht ins Gewicht.
Beschluss:
vom 11.01.2012
Der Streitwert wird auf 2.640,06 EUR festgesetzt.
Gründe:
Der Streitwert ist gemäß § 63 Abs 2 GKG nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für diese ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Bei Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde nach oder der Höhe nach für die Zukunft geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Wert des Jahresbetrages der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtwert der geforderten Leistungen geringer ist (§ 42 Abs 3 Satz 1 GKG). Ggf ist nach § 52 Abs 1 GKG der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Beim Streit über die Versicherungspflicht zwischen Versicherungsträger und Arbeitgeber stellt sich die Bedeutung der Sache aus Sicht des klagenden Arbeitgebers vor allem als das Interesse an der Vermeidung der Belastung mit Beiträgen dar. Dieses Interesse lässt sich beziffern. Die Beitragspflicht für Arbeitnehmer und Arbeitgeber fließt unmittelbar aus dem kraft Gesetzes entstehenden Rechtsverhältnisses der Sozialversicherungspflicht. Über die Feststellung/Klärung der Versicherungspflicht hinaus bedarf es keiner weiteren Entscheidung eines Leistungsträgers (insbesondere der Einzugsstelle) um die Beitragszahlungspflicht des Arbeitgebers auszulösen (vgl. § 24 SGB IV). Im Hinblick auf das unmittelbar mit der Statusklärung verbundene negative Beitragsinteresse der Klägerin wird eine Festsetzung nach dem Auffangstreitwert dem Streitgegenstand nicht annähernd gerecht. § 52 Abs 2 GKG ist nachrangig zu prüfen und anzuwenden. Lässt sich bereits nach § 52 Abs 1 GKG der Streitwert feststellen, ist für die Anwendung von § 52 Abs 2 GKG kein Raum, zumal mit dem (negativen) Beitragsinteresse ein hinreichender Anhaltspunkt für die Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin im Sinne der Vorschrift besteht. Inwieweit im Versicherungsfall Leistungsansprüche bestehen können, ist für das wirtschaftliche Interesse im Statusverfahren ebenso unerheblich, wie Zahlungsansprüchen bei synallagmatischen Rechtsverhältnissen der Wert der Gegenleistungen nicht entgegenzuhalten ist.
Das negative Beitragsinteresse hat den Wert des tenorierten Betrages für die Zeit der Beschäftigung der Beigeladenen zu 1).
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
T a t b e s t a n d:
Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Statusfeststellung über die Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) als Einzelfallhelferin für die Tätigkeit bei der Klägerin ab 23. Oktober 2008.
Die Klägerin ist zwischenzeitlich gemeinnützige GmbH (sie war zuvor als Verein verfasst) und ist anerkannter Träger der freien Jugendhilfe. Am 21. Oktober 2008 hatten die Klägerin und die Beigeladene zu 1) einen Vertrag über eine freie Mitarbeit der Beigeladenen zu 1) ab 23. Oktober 2008 für die Eingliederungshilfe für D T geschlossen. Es handelte sich um eine Tätigkeit im Rahmen sozialpädagogischer Familienhilfe nach §§ 31 SGB VIII und 54 SGB XII. Im "Freier-Mitarbeiter-Vertrag" war vereinbart, dass die Beigeladene zu 1) Ort und Arbeitszeit frei bestimmen könne und auch für Dritte tätig werden dürfe (§ 1). Das Stundenhonorar betrage 16,00 EUR (§ 2 Satz 1). Anfallende Auslagen (für pädagogische Sachmittel) würden erstattet (§ 2 Satz 2). Die Abrechnung erfolge monatlich durch Rechnungstellung (§ 2 Satz 3). Eine Sozialversicherung der Beigeladenen zu 1) erfolge durch die Klägerin nicht (§ 2 Satz 5). Es wurde auf die gesetzliche Kündigungsfrist verwiesen (§ 5). Die Klägerin hatte mit dem Bezirksamt Pankow (Jugendamt) am 13.12.2006 eine Kooperationsvereinbarung zur Übertragung von Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 SGB XII (im Folgenden: KVE) geschlossen. Danach garantierte die Klägerin die Einhaltung der Qualitätsstandards für die jeweilige Leistung u.a. hinsichtlich der fachlichen Begleitung (Team, Supervision, Fortbildung) – Ziff 1 KVE. Die Zusammenarbeit werde im Einzelfall individuell mit dem zuständigen Sozialarbeiter geklärt und durch den Gesamtplan gemäß § 58 SGB XII geregelt (Ziff 2 Satz 2 KVE). Die inhaltliche und terminliche Ausgestaltung des Stundenkontingents werde zwischen den Beteiligten der Vereinbarung im Rahmen der Hilfekonferenz vereinbart (Ziff 4 Satz 1 KVE). Das Kontingent weise die durch den freien Träger zu leistenden personenbezogenen und nicht personenbezogenen Stunden separat aus (Ziff 4 Satz 2 KVE). Als vorläufiger Fachleistungsstundensatz wurden 29,37 EUR festgelegt (Ziff 5 KVE). Die Abrechnung habe mit dem Kostenträger der Sozialhilfe monatlich zu erfolgen (Ziff 6 KVE). Wegen der weiteren Inhalte der Vereinbarung wird auf die Verwaltungsakte (Bl 45) Bezug genommen.
Die Klägerin beantragte am 21. Oktober 2008 gemeinsam mit der Beigeladenen zu 1) die Statusklärung nach § 7a SGB IV bei der Beklagten. Es gehe um eine Einzelfallhilfe mit außerschulischer Förderung von einem Kind mit Behinderung. Die Tätigkeit sei selbständig, weil die Beigeladene zu 1) ihre Auftraggeber selbstständig akquirieren würde, eigenständig Werbung betreibe und die Möglichkeit habe, Aufträge abzulehnen. Sie unterhalte ein eigenes Büro/Arbeitsplatz.
Mit Schreiben vom 17. Februar 2009 hörte die Beklagte die Klägerin und die Beigeladene zu 1) mit der Absicht an, eine abhängige Tätigkeit festzustellen. Mit Bescheid vom 20. März 2009 stellte die Beklagte eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin fest. Versicherungspflicht dem Grunde nach trete mit der Aufnahme der Beschäftigung ein.
Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 23. April 2009. Die Beklagte würde sich auf eine frühere, bereits revidierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts berufen. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin sei nicht erfolgt. Weisungsbindung habe nicht bestanden. Es seien auch keine Weisungen erteilt worden. Die Beigeladene zu 1) habe sich nicht an- oder abmelden müssen. Das unternehmerische Risiko sei unerheblich. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2009 zurück.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren mit ihrer Klage vom 22. Oktober 2009 weiter.
Während des Klageverfahrens erließ die Beklagte den Bescheid vom 3. Februar 2010, mit welchem sie Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) für die Tätigkeit bei der Klägerin ab 23. Oktober 2008 in der gesetzlichen Krankenversicherung, Pflegeversicherung Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung feststellte. Den dagegen eingelegten Widerspruch vom 5. März 2010 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2011 als unzulässig zurück, weil der Bescheid vom 3. Februar 2010 gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei.
Mit Schreiben vom 18. November 2011 erweiterte die Klägerin die Klage durch Anfechtung auch des Bescheides vom 3. Februar 2010. Die Beigeladene zu 1) hat die Tätigkeit für die Klägerin Ende Juni 2011 beendet.
Die Klägerin beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2009 und den Bescheid vom 3. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2011 aufzuheben,
2. festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) während ihrer Tätigkeit für die Klägerin nicht sozialversicherungspflichtig war.
Die Beklagte hält ihre letzte Entscheidung für zutreffend und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Der Kammer haben außer den Prozessakten die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze, das Protokoll und den Akteninhalt Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Der Bescheid vom der Beklagten vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2009 hat sich erledigt, weil die Beklagte ausdrücklich an ihm nicht mehr festhält. Der Bescheid vom 3. Februar 2010 ist rechtmäßig. Die Beigeladene zu 1) war im Zeitraum 23. Oktober 2008 bis Juni 2011 in ihrer Tätigkeit für die Klägerin in der Arbeitslosenversicherung, in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie in der sozialen Pflegeversicherung als gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte versicherungspflichtig.
Gegenstand des Rechtsstreites sind zwei Anfechtungsklagen und eine Feststellungsklage der Klägerin. Eine Anfechtungsklage richtet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2009. Eine weitere Anfechtungsklage richtet sich gegen den Bescheid der Beklagten 3. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2011. Unzutreffend geht die Beklagte davon aus, dass der Bescheid vom 3. Februar 2010 gemäß § 96 SGG Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens geworden sei. Dies trifft deshalb nicht zu, weil der Bescheid vom 25. März 2009 kein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X gewesen ist. Dieser Bescheid enthielt keine Regelung, sondern lediglich eine unzulässige Elementenfeststellung. Dies ist zwischen den Beteiligten zutreffend unstreitig. Eine Äußerung einer Behörde, die lediglich eine unzulässige Elementenfeststellung, nicht jedoch eine Regelung enthält, erfüllt nicht die Voraussetzungen von § 31 SGB X. Es handelt sich dann allenfalls um einen sog. formellen Verwaltungsakt. Ein solcher darf mit der Anfechtungsklage angefochten werden. Der Anspruch auf Aufhebung kann deshalb bestehen, weil der Rechtsschein eines bindenden Verwaltungsaktes im Rechtsverkehr zu beseitigen ist (BSG Urt. v. 24.07.2003, B 4 RA 60/02 R, RdNr 18 mwN). Lag ursprünglich kein Verwaltungsakt vor, kann im Sinne des § 96 SGG ein solcher nicht geändert oder ersetzt werden. Nach der Neuregelung des § 96 SGG zum 1. April 2008 kann die Vorschrift auch nicht mehr als Grundlage für analoge Rechtsgestaltungen dienen. Dies hat der Gesetzgeber mit der Änderung der Vorschrift sowohl im Wortlaut als auch in der Gesetzesbegründung hinreichend deutlich gemacht. Es entspricht auch ständiger verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung, dass der Gesetzgeber die Begründung von Rechtsbehelfen selbst und klar zu normieren hat. Sofern andere Gerichte in vergleichbaren Konstellationen § 96 SGG für anwendbar halten, haben sie sich - soweit ersichtlich - nicht mit der Problematik auseinander gesetzt, dass ein lediglich eine unzulässige Elementenfeststellung enthaltendes Schreiben der Behörde keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X (vgl. BSG, Urteil vom 05.07.2006, B 12 KR 20/04 R, RdNr 36) und des § 96 SGG darstellen kann. Eine Bindungswirkung dieser anderen Rechtsprechung für die Entscheidung der erkennenden Kammer besteht nicht.
Allerdings ist die Klage gegen den Bescheid vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2009 unzulässig, weil ihr die Klagebefugnis bzw das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Zwar nimmt die herrschende Rechtsprechung zutreffend an, dass ein sog. formeller Verwaltungsakt eine Klagebefugnis und ein Rechtsschutzbedürfnis begründet, weil sich die Behördenäußerung als Verwaltungsakt geriert und damit einen Rechtsschein entfaltet, der zu beseitigen ist. Das gilt aber selbstverständlich nur, solange die Behörde an ihrer Äußerung festhält. Hat indes die Behörde ausdrücklich erklärt, dass sie an ihre Äußerung keinerlei Folgen mehr knüpfen möchte oder hat sie die Äußerung gerade wegen ihrer fehlenden Regelung durch einen Verwaltungsakt abgelöst, der aus Sicht der Behörde den formellen Verwaltungsakt umfassend ersetzen soll, ist kein Raum für einen verbliebenen Rechtsschein, der eine gerichtliche Klärung erforderlich machen würde,
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte durch den Bescheid vom 3. Februar 2010 hinreichend deutlich gemacht, dass sie ihre frühere Äußerung vollumfänglich ersetzen will und nur die nun erfolgte Regelung Wirkung entfalten solle. Eine Klagebefugnis lässt sich daher hinsichtlich des Bescheides vom 25. März 2009 nicht mehr annehmen.
Für die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 3. Februar 2010 hat die Klägerin dagegen Klagebefugnis, weil sie eine Regelung über die Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) trifft und damit Pflichten der Klägerin als mutmaßlicher Arbeitgeber geklärt werden sollen. Das Widerspruchsverfahren wurde durchgeführt. Dies ist ausreichend, wiewohl die Beklagte unzutreffend von einer Unzulässigkeit des Widerspruchs ausgegangen ist und die erforderliche Entscheidung in der Sache unterlassen hat. Die Klagefrist wurde eingehalten. Die Klageerweiterung war sachdienlich. Der erhobenen Feststellungsklage ist das erforderliche Feststellungsinteresse nicht abzusprechen.
Die Klägerin hat indes keinen Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides der Beklagten vom 3. Februar 2010. Dieser Bescheid ist rechtmäßig. Die Beigeladene zu 1) war in ihrer Tätigkeit für die Klägerin in der Arbeitslosenversicherung, in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig.
Nach §§ 25 Abs 1 Satz 1 SGB III, 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und 20 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 SGB XI sind in den genannten Zweigen der Sozialversicherung Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Nach § 14 Abs 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht, unter welcher Be¬zeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäfti¬gung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Beschäftigung ist nach § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbständige Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis. Die weite Begriffsbestimmung des Arbeitsentgelts in § 14 Abs 1 SGB IV erfasst solche Einnahmen, die dem Versicherten in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen (BSG, Urteil vom 28.01.1999, B 12 KR 14/98 R, BSGE 83, 266, 267 = SozR 3-2400 § 14 Nr 17 S 38, Urteil vom 07.03.2007, B 12 KR 4/06 R, RdNr 15 mwN). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV (seit 01.01.1999: § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Es ist mithin eine Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung i.S. des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV erforderlich. (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit vgl Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11)
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (§ 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. (BSG, Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, RdNr 16; Urteil vom 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, RdNr 15). Sofern die Rechtsprechung des BAG von derjenigen des BSG abweicht, wenn es um die Bedeutung des Unternehmerrisikos für die Statusklärung geht, folgt die Kammer der zutreffenden Argumentation des BSG für die sozialrechtliche Zuordnung von Tätigkeiten. Denn der sozialrechtliche Beschäftigungsbegriff ist nach der Vorgabe des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV weiter, weil er sich als "nichtselbständige Beschäftigung" definiert, die insbesondere (aber nicht nur) das Arbeitsrechtsverhältnis einbezieht.
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt der Prüfung ist daher nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, RdNr 17; Urteil vom 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R, jeweils mwN) zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (BSG, Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, RdNr 17). Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteile vom 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R, RdNr 22; 24.01.2007, B 12 KR 31/0R, RdNr 17). Nur in diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/0R, RdNr 17 mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/0R, RdNr 17).
Die rechtlichen Verhältnisse zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Klägerin schließen unter Gesamtbewertung der Umstände des konkreten Falles, insbesondere des Charakters der Klägerin als Leistungserbringerin gegenüber dem Sozialamt und dem Jugendamt, den rechtlichen Beziehungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) gegenüber dem Sozialamt und dem Jugendamt, dem Einsatz pädagogischer Mittel auf Kosten der Klägerin sowie dem Fehlen eines relevanten Unternehmerrisikos mit entsprechenden unternehmerischen Chancen eine Zuordnung zum Typus der selbständigen Tätigkeit aus. Vielmehr handelte es sich um eine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs 1 SGB IV.
Die Beigeladene zu 1) war hinsichtlich ihrer Aufgaben als Einzelfallhelferin in die arbeitsteilige Betriebsstruktur der Klägerin eingegliedert. Für diese Bewertung ist das besondere Aufgabenfeld der Klägerin zu berücksichtigen. Dieses zeichnet sich durch die pädagogischen Aufgaben und die zu erbringenden unterschiedlichsten und individuell anzupassenden Jugendhilfe-Leistungen bei einem erheblichen Spielraum im Einzelfall aus. Das bezieht sich sowohl auf die einzelnen Leistungsfälle (die einzelnen Kinder und Jugendlichen mit ihrem unterschiedlichen Hilfebedarf, ihren unterschiedlichen Unterstützungswünschen und den konkret unterschiedlichen Hilfebedingungen) wie auch auf die einzelne konkrete Situation. Die Tätigkeit der Mitarbeiter der Klägerin wird deshalb schon wegen des Arbeitsfeldes durch die Notwendigkeit von Freiräumen und Flexibilität bei der Aufgabenerfüllung geprägt. Zudem gibt das Jugendhilferecht in besonderer Weise vor, dass die Leistungen durch qualifiziertes Fachpersonal zu erbringen sind. Dieses muss adäquat auf die einzelnen Leistungsempfänger in den konkreten Leistungssituationen mit den konkreten Problem- und Konfliktsituationen reagieren, ohne dass jeweils konkrete Vorgaben zunächst erfolgt sein können. Dies ist ein Merkmal jeglicher pädagogischen und kreativen Tätigkeit, ohne dass allein daraus auf den Tätigkeitsstatus geschlossen werden könnte.
Neben dem besonderen Aufgabenfeld der Klägerin ist auch deren Stellung im Prozess der Leistungserbringung zu berücksichtigen. Daraus resultieren rechtliche Bindungen, die für die Auslegung auch des Vertragsverhältnisses mit der Beigeladenen zu 1) durchschlagen und vorgeben, was das jeweils rechtlich Zulässige ist. Insofern gilt mit der zutreffenden herrschenden Meinung, dass Verträge möglichst so auszulegen sind, dass ihr Geltungsanspruch erhalten bleibt, also dass insbesondere rechtmäßige Vereinbarungen anzunehmen sind. Am Wortlaut der Vertragsformulierungen ist schon nach allgemeinen zivilrechtlichen Maßstäben nicht haften zu bleiben (§ 133 BGB). Für den Vertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) ergibt sich eine Pflicht zur geltungserhaltenden Auslegung bereits aus dessen § 6 (salvatorische Klausel).
Daraus folgt für den Vertrag zwischen Klägerin und Beigeladener zu 1), dass der wirkliche Wille der Vertragsparteien (im Sinne von § 133 BGB) zu berücksichtigen ist, dass die hier durch die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) realisierte Leistungserbringung rechtlich zulässig war und Zahlungsansprüche der Klägerin gegenüber den Leistungsträgern (Sozialamt und Jugendamt) auslösen konnte. Dies ist zur Überzeugung der Kammer jedoch nur dann der Fall, wenn die Klägerin als Leistungserbringerin die Leistungen der Einzelfallhilfe selbst erbrachte und nach dem Vertragswerk erbringen sollte. Dies war nur möglich, wenn sie sich der Beigeladenen zu 1) als abhängig Beschäftigter bediente.
Im sozialrechtlichen Leistungserbringungsrecht ist es grundsätzlich ausgeschlossen, dass die Leistungserbringer, die durch Zulassung oder Vertrag den Leistungsträgern gegenüber zur Leistungserbringung im konkreten Leistungsfall verpflichtet sind, diese Verpflichtung vollständig auf Dritte übertragen. Ein derartiges "Outsourcing" oder eine Einbeziehung von Subunternehmern ist in diesem Sinne jedenfalls insofern unzulässig, als es um die wesentlichen Tätigkeiten im Rahmen der Leistungserbringung und nicht nur um Hilfs- oder Nebentätigkeiten oder einzelne Zusatzangebote geht, die nicht den Kern der jeweiligen Leistungserbringung betreffen. Dies folgt zum Einen aus dem Vertrags- und Zulassungsrecht der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII sowie der Sozialhilfe nach dem SGB XII, wie zum Anderen aus sozialdatenschutzrechtlichen Vorgaben. Im Falle der Klägerin folgt dies zudem aus den vertraglichen Grundlagen mit den Sozialleistungsträgern (Ziff 4 KVE).
Ein Vorgehen, wie es die Klägerin für die hier stattgefundene Leistungserbringung an ein Kind mit Behinderungen behauptet, wonach die gesamte Leistung an eine selbständig tätige dritte Person, die Beigeladene zu 1), weiter übertragen worden sei, würde das gesamte Recht der Qualitätssicherung durch das Zulassungsrecht aber auch hinsichtlich der Verfahrensqualität umgehen. Dies gilt sowohl für die Vorschriften der §§ 8a Abs 2, 44, 45, 48, 74 Abs 1 Satz 2, 75, 78b, 78c SGB VIII sowie 75 Abs 3, 76, 77 SGB XII zur Zulassung und Qualitätssicherung als auch für die Sozialdatenschutzregelungen der §§ 35 SGB I; 61 ff SGB VIII und 67 ff SGB X. Ist nach diesen Vorschriften die Aufgabenübertragung auf Leistungserbringer schon ausgeschlossen, wenn diese personell und wirtschaftlich die Leistungserbringung nicht übernehmen können, so ist die Weitergabe von Sozialdaten an Dritte grundsätzlich ausgeschlossen und könnte allenfalls durch ausdrückliche Zustimmung der Leistungsberechtigten erfolgen, die bereits bei der Vertragsanbahnung mit dem Dritten Unternehmer vorliegen müsste.
Dem widerspricht nicht, dass im Kinder- und Jugendhilferecht gerade durch die Einbeziehung von ehrenamtlich tätigen Personen ein beachtlicher Teil der Leistungen erbracht wird. Dies schließt indes die wirksame Einbindung und Verantwortlichkeit der Ehrenamtlichen in die Strukturen der Tätigkeit der Leistungserbringer ein. Auch wenn also durchaus nicht alle Aufgaben im Rahmen der Leistungserbringung durch angestellte Fachkräfte erfüllt werden müssen, bleibt eine Übertragung der Aufgaben der Leistungserbringung in ihrem Kernbereich auf andere Rechtspersonen, die nicht in die Strukturen der jeweiligen Leistungserbringer derart eingebunden sind, dass die volle Verantwortlichkeit der Leistungserbringer gewahrt wird, ausgeschlossen. Ist nur die dritte Person zur Leistungserbringung fachlich und wirtschaftlich geeignet, hat der Sozialleistungsträger diesen Dritten mit der Leistungserbringung zu beauftragen. Denn die Leistungsträger dürfen nach den gesetzlichen Vorschriften nur im Rahmen tatsächlich vorhandener persönlicher Kompetenzen mit der Leistungserbringung beauftragt werden. Aus den vertraglichen Beziehung der Klägerin mit den Sozialleistungsträgern ergibt sich zudem auch die Pflicht zur Leistungserbringung durch die Klägerin (siehe Ziff 4 KVE). Die darin vereinbarte Qualitätssicherung (Ziff 1, 2 KVE) kann über ein Verhältnis, wie es von der Klägerin behauptet wurde, nicht realisiert werden.
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben kam für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei der Einzelfallbetreuung nur eine abhängige Beschäftigung in Betracht. Die Annahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit kann angesichts der Vergütungsregelungen, die deutlich den bloßen Aufwendungsersatz überschreitet, ausgeschlossen werden. Als Subunternehmerin konnte die Beigeladene zu 1) aus den dargestellten Gründen nicht rechtmäßig tätig werden, weil ihr zum einen die erforderliche Zulassung fehlte, zum anderen ein Vertrag zwischen ihr und dem Sozialleistungsträger nicht geschlossen war und drittens als Leistungserbringer ausschließlich die Klägerin verpflichtet war. Dem widerspräche auch der Charakter der Klägerin als gemeinnütziger Verein bzw gGmbH. Diesem Charakter liefe es zuwider, wenn die Klägerin ihre Aufgaben, die ihr als gemeinnützige Einrichtung aufgetragen wurden, an dritte Personen weiterleiten würde, die diese Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht verfolgen. Insofern ist zudem zu beachten, dass die Klägerin für jede Fachstunde, welche die Beigeladene zu 1) erbrachte, vom Sozialleistungsträger mindestens 29,37 EUR erhielt (nach dem Berliner Rahmenvertrag sogar mindestens 45,92 EUR, Stand 2009), während sie davon nur 16,00 EUR an die Beigeladene zu 1) weiterleitete. Ein solcher massiver Einbehalt (83,56 % bzw. sogar 187 % des Stundenhonorars der Beigeladenen zu 1) kann mit Verwaltungsaufwendungen nicht begründet werden. Vielmehr widerspricht er evident dem Charakter der Klägerin als gemeinnütziger Einrichtung. Unter diesen Umständen lässt sich nicht annehmen, dass die Willenserklärungen der Klägerin die zum Vertragsabschluss führten, derart durch einen objektiven Adressaten ausgelegt werden könnten, dass diese eine nicht abhängige Beschäftigung der Beigeladene zu 1) zum Gegenstand gehabt haben könnten.
Auch die konkrete Ausgestaltung des Dienstvertrages der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1) spricht für eine abhängige Beschäftigung. Insofern hat zur tatsächlichen Ausfüllung des Vertragsverhältnisses des Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung wiederholt ausgeführt, dass die Wahrnehmung der Verantwortlichkeit der Klägerin gegenüber dem Sozialleistungsträger bei der konkreten Leistungserbringung durch "Justierung" des Vorgehens gemeinsam zwischen den Mitarbeitern der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) erfolgt sei. Daraus folgt für die Kammer, dass insofern eine Einbindung der Beigeladenen zu 1) in die Arbeitsteilung der Klägerin und eine Wahrnehmung des Weisungsrechts durch die Klägerin sehr wohl erfolgte, auch wenn die erforderlichen großen pädagogischen und kunsttherapeutischen Freiräume für die Aufgabenwahrnehmung durch die Beigeladene zu 1) sachgerecht berücksichtigt wurden. Die Regelungen des Vertrages, dass Arbeitsort und Zeit nicht vorgegeben würden, sind in diesem Kontext zu sehen und bestätigen eine Selbständigkeit der Beigeladenen zu 1) gerade nicht. Dass ausdrücklich weitere berufliche Tätigkeiten zugelassen waren, erklärt sich zwanglos aus dem vereinbarten Arbeitsumfang. Eine andere Regelung wäre bei dem Vergütungsniveau und dem Aufgabenumfang schlicht sittenwidrig gewesen. Echten normativen Gehalt hat diese Vereinbarung daher nicht.
Die Beigeladene zu 1) hatte ihre pädagogische Tätigkeit mit Arbeitsmitteln (pädagogische Sachmittel) zu erbringen, deren Kosten letztlich von der Klägerin getragen wurden (§ 2 Satz 2 des Vertrages). Auch dies spricht aus Sicht der Kammer deutlich für eine Einbindung in den Betrieb der Klägerin. Insoweit kommt es auf den rechtlichen Gehalt an, dass die Beigeladene zu 1) vom Arbeitsmitteleinsatz im Kernbereich ihrer Tätigkeit, den pädagogischen Sachmitteln freigestellt war und nicht darauf, inwieweit tatsächlich entsprechende Kostenerstattungen vorgenommen wurden.
Der Begriff des "freien Mitarbeiters" in der Bezeichnung des Vertrages und in den weiteren Regelungen des Vertrages ist für die Bewertung des Inhalts des Vertrages unergiebig, weil eine freie Mitarbeit sowohl durch abhängig Beschäftigte als auch durch Selbständige möglich ist. Die Regelung, dass eine soziale Absicherung durch die Klägerin nicht erfolge (§ 2 des Vertrages), deutet zwar auf einen entsprechenden Willen der Beteiligten hin, einen Dienstvertrag zwischen zwei Selbständigen zu schließen, wäre jedoch bei tatsächlicher Versicherungspflicht schlicht unbeachtlich und kann daher nur als eines von mehreren Indizien in die Gesamtbewertung einfließen und verliert angesichts der bereits angesprochenen gegenteiligen Aspekten deutlich an Gewicht. Die salvatorische Klausel in § 6 des Vertrages spricht dafür, dass die Vertragschließenden auf jeden Fall eine geltungserhaltende Auslegung des Vertrages beabsichtigten.
Dass es sich um eine nichtselbständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) handelte, folgt auch daraus, dass ein erhebliches unternehmerisches Risiko von der Beigeladenen zu 1) nicht getragen wurde. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG, Urteil vom 25.01.2001, B 12 KR 17/00 R; Urteil vom 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN) ist maßgebliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist (BSG Urteil vom 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, RdNr 27 mwN). Nach ständiger Rechtsprechung müssen dem Verlustrisiko entsprechend weitere Dispositionsmöglichkeiten und Gewinnchancen entgegenstehen (BSG, Beschluss vom 09.10.1984, 12 BK 21/84 JURIS-RdNr 15 mwN). Die fehlende Möglichkeit der Verwertung der eigenen Arbeitskraft durch die Erbringung entgeltlicher Arbeitsleistung kennzeichnet gerade auch das Risiko der Arbeitslosigkeit für Arbeitnehmer, kann also für die Beurteilung eines Unternehmerrisikos ohne gleichzeitige Bewertung der Gewinnchancen und deutlicher Freiheit hinsichtlich der Dispositionsmöglichkeiten nicht hinreichendes Kriterium sein.
Die vertraglichen Beziehungen zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Klägerin bewirkten relativ kontinuierliche Entgelte auf den erbrachten persönlichen Einsatz durch das vereinbarte Pauschalhonorar und die vorgegebene Stundenzahl pro Monat und schlossen daher weitgehend die Tragung eines Unternehmerrisikos für den Umfang der vereinbarten Tätigkeit aus. Betriebsmittel hat die Beigeladene zu 1) wesentlich nicht in die Tätigkeit eingebracht, auch wenn sie einen Heimarbeitsplatz hatte. Dies ist gerade bei abhängig Beschäftigten im pädagogischen Bereich nicht unüblich, schon gar nicht, wenn die Tätigkeit in den Räumlichkeiten der Familie des Kindes oder in Freizeiteinrichtungen erfolgen musste. Ein Aufwendungsersatz (für pädagogische Sachmittel) war zudem ausdrücklich vereinbart (§ 2 des Vertrages). Die wesentlichen Arbeitsmittel (soweit erforderlich) wurden also durch die Klägerin bereitgestellt.
Für die Kammer hatte zudem auch erhebliches Gewicht der Umstand, dass die für die Annahme eines unternehmerischen Risikos auch erforderlichen unternehmerischen Chancen als Gewinnchancen hier praktisch fehlten. Die Bemessung des Entgelts war in Relation zu den Stundensätzen, welche vom Sozialleistungsträger an die Klägerin gezahlt wurden und für die durchaus anzunehmen ist, dass sie eine angemessene Vergütung von Selbständigen darstellten, derart gering, dass von Gewinnchancen nicht ausgegangen werden konnte. Es ist bei der Honorarhöhe und den daraus resultierenden Erlösen die Notwendigkeit zur Eigenvorsorge hinsichtlich der wesentlichen Risiken der Erwerbstätigen (Alter, Krankheit, Pflege, Arbeitslosigkeit und Unfall) einzurechnen. Die vereinbarte Vergütung von nur 16,00 EUR je Stunde (ohne Gewährung von Fahrtkosten!) erlaubte – hochgerechnet auf eine durchschnittliche Wochentätigkeit von 40 bis 45 Stunden für einen Selbständigen – ein Einkommen, das für eine besonders qualifizierte Fachkraft (so die Aussage des Geschäftsführers der Klägerin in der Verhandlung im Hinblick auch auf die kunsttherapeutischen Kompetenzen der Beigeladenen zu 1) noch nicht einmal eine durchschnittliche Vergütung nach Abzug von Steuern und angemessenen Versicherungsbeiträgen beinhaltete. Die Kammer muss daher davon ausgehen, dass die Beigeladene zu 1) also weder Gewinnchance noch ein echtes Verlustrisiko zu tragen hatte. Inwieweit die Beigeladene zu 1) neben ihrer abhängigen Beschäftigung bei der Klägerin auch selbständig tätig war, ist für die rechtliche Beurteilung der Tätigkeit für die Klägerin unerheblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt die Erfolglosigkeit der Rechtsverfolgung durch die Klägerin. Dass die ursprüngliche Anfechtungsklage zunächst Aussicht auf Erfolg hatte, fällt dabei im Hinblick auf den Kernstreit der Beteiligten nicht ins Gewicht.
Beschluss:
vom 11.01.2012
Der Streitwert wird auf 2.640,06 EUR festgesetzt.
Gründe:
Der Streitwert ist gemäß § 63 Abs 2 GKG nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für diese ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Bei Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde nach oder der Höhe nach für die Zukunft geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Wert des Jahresbetrages der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtwert der geforderten Leistungen geringer ist (§ 42 Abs 3 Satz 1 GKG). Ggf ist nach § 52 Abs 1 GKG der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Beim Streit über die Versicherungspflicht zwischen Versicherungsträger und Arbeitgeber stellt sich die Bedeutung der Sache aus Sicht des klagenden Arbeitgebers vor allem als das Interesse an der Vermeidung der Belastung mit Beiträgen dar. Dieses Interesse lässt sich beziffern. Die Beitragspflicht für Arbeitnehmer und Arbeitgeber fließt unmittelbar aus dem kraft Gesetzes entstehenden Rechtsverhältnisses der Sozialversicherungspflicht. Über die Feststellung/Klärung der Versicherungspflicht hinaus bedarf es keiner weiteren Entscheidung eines Leistungsträgers (insbesondere der Einzugsstelle) um die Beitragszahlungspflicht des Arbeitgebers auszulösen (vgl. § 24 SGB IV). Im Hinblick auf das unmittelbar mit der Statusklärung verbundene negative Beitragsinteresse der Klägerin wird eine Festsetzung nach dem Auffangstreitwert dem Streitgegenstand nicht annähernd gerecht. § 52 Abs 2 GKG ist nachrangig zu prüfen und anzuwenden. Lässt sich bereits nach § 52 Abs 1 GKG der Streitwert feststellen, ist für die Anwendung von § 52 Abs 2 GKG kein Raum, zumal mit dem (negativen) Beitragsinteresse ein hinreichender Anhaltspunkt für die Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin im Sinne der Vorschrift besteht. Inwieweit im Versicherungsfall Leistungsansprüche bestehen können, ist für das wirtschaftliche Interesse im Statusverfahren ebenso unerheblich, wie Zahlungsansprüchen bei synallagmatischen Rechtsverhältnissen der Wert der Gegenleistungen nicht entgegenzuhalten ist.
Das negative Beitragsinteresse hat den Wert des tenorierten Betrages für die Zeit der Beschäftigung der Beigeladenen zu 1).
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