Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 (9, 8) KN 78/08 U
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 184/12
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger war seit 1972 auf der Zeche T. K. in I. unter Ta-ge beschäftigt. Bis 1976 war er als Hauer tätig, anschließend als Steiger und zuletzt (bis November 1997) unter Tage als Reviersteiger.
Aufgrund eines am 10.09.1985 erlittenen Arbeitsunfalls erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 05.12.2006 als Folgen eine knöchern verheilte Außenknöchelfraktur links sowie eine Bewegungseinschränkung des linken Sprunggelenks an und schätzte die hieraus resultierende Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 10 vom Hundert ein.
Unter dem 19.12.2005 zeigte der Arzt für Chirurgie Dr. T. den Verdacht einer bei dem Kläger vorliegenden Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung – BKV (Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten) an. Die Beklagte führte Ermittlungen zum Umfang der kniebelastenden Tätigkeiten des Klägers durch und wertete einen Bericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. L. vom 03.05.2006 sowie einen Bericht des Arztes für Chirurgie Dr. T. vom 28.08.2006 aus. Weiter zog sie ein Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. A. vom 28.08.2006 betreffend den am 10.09.1985 erlittenen Arbeitsunfall des Klägers bei. Anschließend veranlasste sie eine Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Orthopädie L ... Dieser gelangte in seinem unter dem 23.08.2007 erstellten Gutachten zu dem Ergebnis, die berufliche Belastung der Knie des Klägers sei nicht wesentliche (Mit-)Ursache für die Entstehung der bei ihm vorliegenden Meniskusschäden. Mit Bescheid vom 14.12.2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung und Entschädi-gung der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV ab. Zur Begründung führte sie aus, die Einwirkungen, denen der Kläger während seiner Berufstätigkeit ausgesetzt war, seien nicht geeignet, eine Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV zu verursachen. Der Kläger legte am 08.01.2008 Widerspruch ein und führte aus, er sei von 1973 bis 1976 und weiter von 1976 bis 1978 im Abbau beschäftigt gewesen. Wegen der be-sonders niedrigen Flöze habe er Abbautätigkeiten in besonders kniebeanspruchen-der Haltung verrichten müssen. Die Beklagte führte daraufhin weitere Ermittlungen zum Umfang der kniebelastenden Tätigkeiten durch und holte unter dem 28.07.2008 eine Stellungnahme ihres technischen Aufsichtsdienstes (TAD) ein. Der Kläger vertiefte sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren dahingehend, dass er wesentlich mehr Schichten verfahren habe, als in der Aufstellung der Beklagten zu Grunde gelegt. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.10.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit des Klägers und den bei ihm bestehenden Me-niskusschäden sei nicht gegeben.
Hiergegen richtet sich die am 10.11.2008 erhobene Klage.
Der Kläger sieht sich in seinem Begehren durch ein Attest der Fachärztin für Ortho-pädie Dr. G.-T. vom 24.05.2011 sowie durch Unterlagen des Orthopäden Dr. C. vom 05.09.2011 bestätigt.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.12.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2008 zu verurteilen, die bei ihm vorliegenden Erkrankungen seiner Knie als Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV anzuerkennen und ihm wegen der hieraus resultierenden Folgen Verletztenrente nach einer MdE von 10 vom Hundert der Vollrente nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie führt aus, angesichts der beruflichen Belastungen des Klägers existiere keine tatsächliche Vermutung für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen diesen Belastungen und den Erkrankungen seiner Knie.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts weitere Stellungnahmen des TAD der Beklagten vom 13.03.2009 und vom 15.06.2009 veranlasst. Es hat weiter einen Erörterungstermin durchgeführt und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen G. D ... Anschließend hat es von Amts wegen eine Begutachtung des Klä-gers durch den Orthopäden Dr. S. veranlasst. Dr. S. hat in seinem unter dem 16.04.2011 erstellten Gutachten ausgeführt, die medizinischen Voraussetzungen der BK 2102 der Anlage zur BKV lägen nicht vor. Auf Antrag des Klägers ist ein weiteres Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. O. vom 29.10.2011 eingeholt worden. Dr. O. ist darin zu dem Ergebnis gekommen, die medizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV seien in Bezug auf das rechte Kniegelenk des Klägers gegeben. In Bezug auf das linke Kniegelenk des Klägers seien diese nur dann gegeben, wenn ein Me-niskusriss nachgewiesen werden könne. Die aus den Folgen resultierende MdE hat Dr. O. mit 10 vom Hundert eingeschätzt. Das Gericht hat schließlich die Verfahren des Klägers vor dem Sozialgericht Aachen mit den Az. S 5 BU 32/95 und S 5 KN U 9/96 beigezogen.
Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der genannten Unterlagen verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Be-scheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) be-schwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat keinen Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente bzw. Anerkennung der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV.
Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um we-nigstens 20 vom Hundert gemindert ist. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen we-nigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII). Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird die Vollrente geleistet, bei einer MdE wird eine Teilrente geleistet, die in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt wird, der der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII).
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten, § 7 Abs. 1 SGB VII.
Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 SGB VII solche Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates be-zeichnet hat und die Versicherte infolge einer Tätigkeit erleiden, die Versicherungs-schutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründet. Nur solche Krankheiten, die in Anlage 1 zur BKV (sogenannte Berufskrankheitenliste) im Einzelnen aufgeführt sind, können als Berufskrankheiten anerkannt werden.
Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt voraus, dass der Versicherte im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (BSG, Urteil vom 20.01.1987, 2 RU 27/86 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG, Urteil vom 22.08.2000, B 2 U 34/99 R = SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII, Rdnr. 3; Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung, E § 9 SGB VII Rdnr. 14). Der ursächliche Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie zwischen Einwirkung und Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) beurteilt sich nach der unfallrechtlichen Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung. Danach sind nur die Bedingungen (mit-)ursächlich die wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSG, a.a.O.). Die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität müssen nicht nur möglich, sondern hinreichend wahrscheinlich sein (BSG, Urteil vom 02.02.1978, 8 RU 66/77 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG, Urteil vom 27.06.2000, B 2 U 29/99 R; Mehrtens/Perlebach, a.a.O., Rdnr. 26). Das ist dann der Fall, wenn unter Zugrundelegung der herrschenden arbeitsmedizinischen Lehrauffassung mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (BSG, Urteil vom 16.02.1971, 1 RA 113/70 = BSGE 32, 203, 209; BSG, Urteil vom 20.01.1977, 8 RU 52/76 = 43, 110, 113; BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R = SozR 3 - 1300 § 48 Nr. 67).
Zwar geht die Kammer mittlerweile mit der Beklagten vom Vorliegen der sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen aus. Es fehlt indessen an der haftungsausfüllenden Kausalität.
Der Kläger leidet nach den Ausführungen von Dr. O. im Gutachten vom 29.10.2011 unter folgenden Erkrankungen seiner Knie:
1. Bewegungs- und belastungsabhängige Schmerzen beider Kniegelenke,
2. Endgradiges schmerzhaftes Streck- und Beugedefizit rechtes Kniegelenk mit Kapselschwellung bei medial betonter und femo-patellarer Arthrose Grad II; deutlicher Druckschmerz Innenmeniskushinterhorn; Zustand nach subtotaler Resektion des Innenmeniskushinterhornes, medial betonte und femo-patellare Arthrose mit Funktionseinschränkung des Femoro-Patellargelenkes,
3. Medial betonte und femoro-patellare Arthrose Grad I linkes Kniegelenk mit deutlichem Druckschmerz über dem Innenmeniskushinterhorn; Kapselschwellung linkes Kniegelenk,
4. Zustand nach Arthroskopie rechtes Kniegelenk mit subtotaler Entfernung des Innenmeniskushinterhornes und Nachweis einer Chondromalazie Grad II bis III mediales Gelenkkompartment.
Zur Überzeugung der Kammer steht jedoch nicht fest, dass sich diese Erkrankungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im eben beschriebenen Sinne auf die beruflichen Einwirkungen zurückführen lassen, denen der Kläger während seiner Tätigkeit unter Tage ausgesetzt war.
Dabei greift zu Gunsten des Klägers keine tatsächliche Vermutung eines ursächli-chen Zusammenhangs ein. Zwar ist in Anknüpfung an den früheren Wortlaut der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der BKV, der noch von einer mindestens dreijährigen Belastung ausging, anerkannt, dass der Nachweis des Zusammenhangs zwischen versicherter Tätigkeit und schädigender Wirkung als erbracht angesehen wird, wenn der Versicherte während seiner Untertagetätigkeit mindestens drei Jahre lang regelmäßig irgendeine Tätigkeit in hockender, kniender oder liegender Körperhaltung verrichtet oder in schräger Lage in niederen (d.h. geringmächtigen) Flözen gearbeitet hat (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.02.1987, L 2 BU 37/86 = Kompaß 1988, 391; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.02.1992, L 2 BU 80/91 = Kompaß 1992, 431; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Abschnitt 8.10.5.5.2.3., S. 636; Mehrtens/Perlebach, die Berufskrankheiten-Verordnung, Stand 2005, M 2102 Rdnr. 5.1). Der Beweis des ersten Anscheins kann jedoch durch konkrete andere Ursachen erschüttert werden, etwa bei Bedingungen, die unabhängig von der versicherten Tätigkeit zum Eintritt des Meniskusschadens beigetragen haben können oder der ernsthaften Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.02.1987, a.a.O.; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.). So ist der ursächliche Zusammenhang besonders kritisch zu prüfen, wenn zwischen dem Ende der letzten Untertagetätigkeit und dem Meniskusbefund mehr als fünf Jahre liegen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.02.1987, a.a.O.). Als erschüttert sieht die Rechtsprechung den Beweis des ersten Anscheins an, wenn zwischen der Aufgabe der Untertagetätigkeit und der Feststellung eines Meniskusschadens ein großer zeitlicher Abstand (über 12 Jahre) liegt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 637 m.w.N.).
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben sind aus Sicht des Gerichts und entgegen der Auffassung der Beklagten zwar die Anknüpfungstatsachen für den Beweis des ersten Anscheins gegeben. Denn zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass der Kläger während seiner Untertagetätigkeit mindestens drei Jahre lang regelmäßig in schräger Lage in niederen Flözen gearbeitet hat. So haben er und der gehörte Zeuge D. überzeugend dargelegt, dass im Bereich der Zeche T. K. besonders geringmächtige Flöze existierten und bezüglich des Dreijahreszeitraums bestehen angesichts der von der Beklagten ausgewerteten Schichtpläne im Ergebnis keine Zweifel.
Jedoch ist der Beweis des ersten Anscheins im vorliegenden Fall erschüttert, weil die ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs gegeben ist und zudem weitere Gesichtspunkte gegen einen Kausalzusammenhang sprechen. So ist zunächst zu berücksichtigen, dass ein Meniskusschaden des Klägers erstmals durch den Arzt für Chirurgie Dr. T. im Bericht vom 19.12.2005 nachweislich gesi-chert war und damit zwischen der Beendigung der Untertagetätigkeit des Klägers und den aufgetretenen Erkrankungen seiner Knie ein Zeitraum von mehr als 8 Jahren liegt. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerden erstmals in einem Lebensalter von 57 Jahren aufgetreten sind (dazu, dass dieser Gesichtspunkt gegen den Kausalzusammenhang spricht: Mehrtens/Perlebach, a.a.O., M 2102 Rdnr. 6 a.E.). Dem lässt sich nicht der Bericht des Orthopäden Dr. C. vom 05.09.2011 entgegen halten. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um die bloße Erwähnung einer im Jahre 1994 gestellten Diagnose einer Innenmeniskopathie beidseits handelt, welche nicht durch bildgebende Verfahren bestätigt ist (Dr. Beckers hat offenbar seinerzeit die Empfehlung von Röntgenaufnahmen des Knies des Klägers angeregt, die aber nicht durchgeführt worden sind, so Seite 2 des Berichtes vom 05.09.2011, Bl. 229 der Gerichtsakte), sprechen die übrigen medizinischen Unterlagen dagegen, dass bereits im Jahre 1994 Meniskusbeschwerden des Klägers als gesichert gelten können. So hat der im Verfahren S 5 BU 32/95 gehörte Sachverständige Dr. Q. in seinem Gutachten vom 25.10.1995 ausgeführt, es ergebe sich "kein Anhalt für Meniskus-schäden" (Seite 17 jenes Gutachtens, Bl. 36 der Streitakte im Verfahren S 5 BU 32/95). Der weiter mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte Arzt für Chirurgie Dr. L. hat in seinem Gutachten vom 24.04.1996 festgestellt, positive Meniskuszei-chen lägen nicht vor (Bl. 73 der Streitakte im Verfahren S 5 BU 32/95). Weiter hat der im Verfahren S 5 KN U 9/96 gehörte Sachverständige Dr. I. im Gut-achten vom 09.07.1996 im Rahmen der Untersuchung des Klägers keinerlei Menis-kuszeichen festzustellen vermocht (Bl. 37 jener Streitakte) und auch der in jenem Verfahren gehörte Sachverständige Dr. S. kam in seinem unter dem 10.12.1997 erstellten Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Meniskuszeichen negativ seien (Seite 9 jenes Gutachtens, Bl. 96 der Streitakte im Verfahren S 5 KN U 9/96). Weiter hat auch der im seinerzeitigen Berufungsverfahren gehörte Sachverständige Dr. T. im Gutachten vom 27.01.1999 von negativen Meniskuszeichen berichtet (Seite 13 jenes Gutachtens, Bl. 187 der Streitakte). Schließlich hat der Sachverständige L. ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei diversen Orthopäden eine Vorbehandlung wegen Kniebeschwerden des Klägers erfolgte, ein Hinweis auf Me-niskusschäden aber nie gegeben wurde (Bl. 86 der Verwaltungsvorgänge der Be-klagten).
Damit sind Meniskuserkrankungen des Klägers vor 2005 nicht nur nicht im Vollbe-weis gesichert, sondern es bestehen sogar Zweifel im Hinblick auf die von Dr. C. diagnostizierte Innenmeniskopathie.
Hinzu kommt, dass im Fall des Klägers Bedingungen gegeben sind, die unabhängig von der versicherten Tätigkeit zum Eintritt der Meniskusschadens beigetragen haben können. So hat bereits der im Verwaltungsverfahren gehörte Sachverständige L. in seinem Gutachten vom 23.08.2007 darauf hingewiesen, dass der Kläger im Jahre 1985 einen Bruch des linken Sprunggelenks erlitten hat und zudem aufgrund der statischen Veränderungen der Füße des Klägers (im Gutachten des Orthopäden L. wurde ein Senk-Knick-Spreizfuß beidseitig diagnostiziert, welcher zu einer Fehlbelastung der Kniegelenke führe, Bl. 89 der Verwaltungsvorgänge der Beklagten) konkurrierende Faktoren gegeben waren.
Im Ergebnis ist der Anscheinsbeweis angesichts der erstmals im Dezember 2005 nachgewiesenen Erkrankungen der Knie des Klägers und der gegebenen konkurrierenden Faktoren erschüttert.
Erst Recht ist damit – unabhängig vom Eingreifen einer tatsächlichen Vermutung – keine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwi-schen den beruflichen Einwirkungen und den Erkrankungen der Knie des Klägers gegeben. Die Kammer schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des von Amts wegen gehörten Sachverständigen Dr. S. an, der nach sorgfältiger Auswertung auch der Vorgutachten ausgeführt hat, dass Meniskuserkrankungen des Klägers vor Dezember 2005 nicht als gesichert gelten können und deshalb das lange Intervall zwischen Aufgabe der Untertagetätigkeit (im November 1997) und den erstmals im Dezember 2005 gesicherten Meniskusschäden gegen einen Ursachenzusammenhang spricht. So hat Dr. S. nachvollziehbar ausgeführt, dass bei einem durch die berufliche Tätigkeit bedingten Meniskusschaden schon frühzeitiger ein entsprechendes Schadensbild zu erwarten gewesen wäre, auch in Form von Reizzuständen und verstärkten degenerativen Knieveränderungen, die indessen (vor 2005) nicht nachgewiesen werden konnten (Bl. 194 der Gerichtsakte). Überdies spricht das hohe Lebensalter des Klägers, in dem die Beschwerden erstmals nachweisbar aufgetreten sind, gegen einen ursächlichen Zusammenhang.
Angesichts der zahlreichen Äußerungen der genannten Vorgutachter, die sämtlich das Fehlen von Meniskuszeichen oder -erkrankungen festgestellt haben und ange-sichts der von dem Orthopäden L. geschilderten konkurrierenden Faktoren sieht die Kammer die Schlussfolgerung des auf Antrag des Klägers gehörten Sachverständi-gen Dr. Neusel als widerlegt an. Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem Attest der Fachärztin für Orthopädie Dr. G.-T. vom 24.05.2011. Denn allein die unstreitig gegebene fachorthopädische Behandlung des Klägers in der Praxis Dr. C. belegt keinen hinreichenden Ursachenzusammenhang. Überdies geht Frau Dr. G.-T. selbst davon aus, dass es wegen der Folgen des Arbeitsunfalls des Klägers vom 10.09.1985 zu einer Überbelastung seines rechten Kniegelenks gekommen sei (Bl. 203 der Gerichtsakte) und bestätigt damit die Annahme des im Verwaltungsverfahren gehörten Orthopäden L ...
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger war seit 1972 auf der Zeche T. K. in I. unter Ta-ge beschäftigt. Bis 1976 war er als Hauer tätig, anschließend als Steiger und zuletzt (bis November 1997) unter Tage als Reviersteiger.
Aufgrund eines am 10.09.1985 erlittenen Arbeitsunfalls erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 05.12.2006 als Folgen eine knöchern verheilte Außenknöchelfraktur links sowie eine Bewegungseinschränkung des linken Sprunggelenks an und schätzte die hieraus resultierende Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 10 vom Hundert ein.
Unter dem 19.12.2005 zeigte der Arzt für Chirurgie Dr. T. den Verdacht einer bei dem Kläger vorliegenden Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung – BKV (Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten) an. Die Beklagte führte Ermittlungen zum Umfang der kniebelastenden Tätigkeiten des Klägers durch und wertete einen Bericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. L. vom 03.05.2006 sowie einen Bericht des Arztes für Chirurgie Dr. T. vom 28.08.2006 aus. Weiter zog sie ein Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. A. vom 28.08.2006 betreffend den am 10.09.1985 erlittenen Arbeitsunfall des Klägers bei. Anschließend veranlasste sie eine Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Orthopädie L ... Dieser gelangte in seinem unter dem 23.08.2007 erstellten Gutachten zu dem Ergebnis, die berufliche Belastung der Knie des Klägers sei nicht wesentliche (Mit-)Ursache für die Entstehung der bei ihm vorliegenden Meniskusschäden. Mit Bescheid vom 14.12.2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung und Entschädi-gung der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV ab. Zur Begründung führte sie aus, die Einwirkungen, denen der Kläger während seiner Berufstätigkeit ausgesetzt war, seien nicht geeignet, eine Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV zu verursachen. Der Kläger legte am 08.01.2008 Widerspruch ein und führte aus, er sei von 1973 bis 1976 und weiter von 1976 bis 1978 im Abbau beschäftigt gewesen. Wegen der be-sonders niedrigen Flöze habe er Abbautätigkeiten in besonders kniebeanspruchen-der Haltung verrichten müssen. Die Beklagte führte daraufhin weitere Ermittlungen zum Umfang der kniebelastenden Tätigkeiten durch und holte unter dem 28.07.2008 eine Stellungnahme ihres technischen Aufsichtsdienstes (TAD) ein. Der Kläger vertiefte sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren dahingehend, dass er wesentlich mehr Schichten verfahren habe, als in der Aufstellung der Beklagten zu Grunde gelegt. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.10.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit des Klägers und den bei ihm bestehenden Me-niskusschäden sei nicht gegeben.
Hiergegen richtet sich die am 10.11.2008 erhobene Klage.
Der Kläger sieht sich in seinem Begehren durch ein Attest der Fachärztin für Ortho-pädie Dr. G.-T. vom 24.05.2011 sowie durch Unterlagen des Orthopäden Dr. C. vom 05.09.2011 bestätigt.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.12.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2008 zu verurteilen, die bei ihm vorliegenden Erkrankungen seiner Knie als Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV anzuerkennen und ihm wegen der hieraus resultierenden Folgen Verletztenrente nach einer MdE von 10 vom Hundert der Vollrente nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie führt aus, angesichts der beruflichen Belastungen des Klägers existiere keine tatsächliche Vermutung für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen diesen Belastungen und den Erkrankungen seiner Knie.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts weitere Stellungnahmen des TAD der Beklagten vom 13.03.2009 und vom 15.06.2009 veranlasst. Es hat weiter einen Erörterungstermin durchgeführt und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen G. D ... Anschließend hat es von Amts wegen eine Begutachtung des Klä-gers durch den Orthopäden Dr. S. veranlasst. Dr. S. hat in seinem unter dem 16.04.2011 erstellten Gutachten ausgeführt, die medizinischen Voraussetzungen der BK 2102 der Anlage zur BKV lägen nicht vor. Auf Antrag des Klägers ist ein weiteres Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. O. vom 29.10.2011 eingeholt worden. Dr. O. ist darin zu dem Ergebnis gekommen, die medizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV seien in Bezug auf das rechte Kniegelenk des Klägers gegeben. In Bezug auf das linke Kniegelenk des Klägers seien diese nur dann gegeben, wenn ein Me-niskusriss nachgewiesen werden könne. Die aus den Folgen resultierende MdE hat Dr. O. mit 10 vom Hundert eingeschätzt. Das Gericht hat schließlich die Verfahren des Klägers vor dem Sozialgericht Aachen mit den Az. S 5 BU 32/95 und S 5 KN U 9/96 beigezogen.
Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der genannten Unterlagen verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Be-scheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) be-schwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat keinen Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente bzw. Anerkennung der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV.
Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um we-nigstens 20 vom Hundert gemindert ist. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen we-nigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII). Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird die Vollrente geleistet, bei einer MdE wird eine Teilrente geleistet, die in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt wird, der der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII).
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten, § 7 Abs. 1 SGB VII.
Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 SGB VII solche Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates be-zeichnet hat und die Versicherte infolge einer Tätigkeit erleiden, die Versicherungs-schutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründet. Nur solche Krankheiten, die in Anlage 1 zur BKV (sogenannte Berufskrankheitenliste) im Einzelnen aufgeführt sind, können als Berufskrankheiten anerkannt werden.
Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt voraus, dass der Versicherte im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (BSG, Urteil vom 20.01.1987, 2 RU 27/86 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG, Urteil vom 22.08.2000, B 2 U 34/99 R = SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII, Rdnr. 3; Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung, E § 9 SGB VII Rdnr. 14). Der ursächliche Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie zwischen Einwirkung und Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) beurteilt sich nach der unfallrechtlichen Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung. Danach sind nur die Bedingungen (mit-)ursächlich die wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSG, a.a.O.). Die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität müssen nicht nur möglich, sondern hinreichend wahrscheinlich sein (BSG, Urteil vom 02.02.1978, 8 RU 66/77 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG, Urteil vom 27.06.2000, B 2 U 29/99 R; Mehrtens/Perlebach, a.a.O., Rdnr. 26). Das ist dann der Fall, wenn unter Zugrundelegung der herrschenden arbeitsmedizinischen Lehrauffassung mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (BSG, Urteil vom 16.02.1971, 1 RA 113/70 = BSGE 32, 203, 209; BSG, Urteil vom 20.01.1977, 8 RU 52/76 = 43, 110, 113; BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R = SozR 3 - 1300 § 48 Nr. 67).
Zwar geht die Kammer mittlerweile mit der Beklagten vom Vorliegen der sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen aus. Es fehlt indessen an der haftungsausfüllenden Kausalität.
Der Kläger leidet nach den Ausführungen von Dr. O. im Gutachten vom 29.10.2011 unter folgenden Erkrankungen seiner Knie:
1. Bewegungs- und belastungsabhängige Schmerzen beider Kniegelenke,
2. Endgradiges schmerzhaftes Streck- und Beugedefizit rechtes Kniegelenk mit Kapselschwellung bei medial betonter und femo-patellarer Arthrose Grad II; deutlicher Druckschmerz Innenmeniskushinterhorn; Zustand nach subtotaler Resektion des Innenmeniskushinterhornes, medial betonte und femo-patellare Arthrose mit Funktionseinschränkung des Femoro-Patellargelenkes,
3. Medial betonte und femoro-patellare Arthrose Grad I linkes Kniegelenk mit deutlichem Druckschmerz über dem Innenmeniskushinterhorn; Kapselschwellung linkes Kniegelenk,
4. Zustand nach Arthroskopie rechtes Kniegelenk mit subtotaler Entfernung des Innenmeniskushinterhornes und Nachweis einer Chondromalazie Grad II bis III mediales Gelenkkompartment.
Zur Überzeugung der Kammer steht jedoch nicht fest, dass sich diese Erkrankungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im eben beschriebenen Sinne auf die beruflichen Einwirkungen zurückführen lassen, denen der Kläger während seiner Tätigkeit unter Tage ausgesetzt war.
Dabei greift zu Gunsten des Klägers keine tatsächliche Vermutung eines ursächli-chen Zusammenhangs ein. Zwar ist in Anknüpfung an den früheren Wortlaut der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der BKV, der noch von einer mindestens dreijährigen Belastung ausging, anerkannt, dass der Nachweis des Zusammenhangs zwischen versicherter Tätigkeit und schädigender Wirkung als erbracht angesehen wird, wenn der Versicherte während seiner Untertagetätigkeit mindestens drei Jahre lang regelmäßig irgendeine Tätigkeit in hockender, kniender oder liegender Körperhaltung verrichtet oder in schräger Lage in niederen (d.h. geringmächtigen) Flözen gearbeitet hat (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.02.1987, L 2 BU 37/86 = Kompaß 1988, 391; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.02.1992, L 2 BU 80/91 = Kompaß 1992, 431; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Abschnitt 8.10.5.5.2.3., S. 636; Mehrtens/Perlebach, die Berufskrankheiten-Verordnung, Stand 2005, M 2102 Rdnr. 5.1). Der Beweis des ersten Anscheins kann jedoch durch konkrete andere Ursachen erschüttert werden, etwa bei Bedingungen, die unabhängig von der versicherten Tätigkeit zum Eintritt des Meniskusschadens beigetragen haben können oder der ernsthaften Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.02.1987, a.a.O.; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.). So ist der ursächliche Zusammenhang besonders kritisch zu prüfen, wenn zwischen dem Ende der letzten Untertagetätigkeit und dem Meniskusbefund mehr als fünf Jahre liegen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.02.1987, a.a.O.). Als erschüttert sieht die Rechtsprechung den Beweis des ersten Anscheins an, wenn zwischen der Aufgabe der Untertagetätigkeit und der Feststellung eines Meniskusschadens ein großer zeitlicher Abstand (über 12 Jahre) liegt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 637 m.w.N.).
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben sind aus Sicht des Gerichts und entgegen der Auffassung der Beklagten zwar die Anknüpfungstatsachen für den Beweis des ersten Anscheins gegeben. Denn zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass der Kläger während seiner Untertagetätigkeit mindestens drei Jahre lang regelmäßig in schräger Lage in niederen Flözen gearbeitet hat. So haben er und der gehörte Zeuge D. überzeugend dargelegt, dass im Bereich der Zeche T. K. besonders geringmächtige Flöze existierten und bezüglich des Dreijahreszeitraums bestehen angesichts der von der Beklagten ausgewerteten Schichtpläne im Ergebnis keine Zweifel.
Jedoch ist der Beweis des ersten Anscheins im vorliegenden Fall erschüttert, weil die ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs gegeben ist und zudem weitere Gesichtspunkte gegen einen Kausalzusammenhang sprechen. So ist zunächst zu berücksichtigen, dass ein Meniskusschaden des Klägers erstmals durch den Arzt für Chirurgie Dr. T. im Bericht vom 19.12.2005 nachweislich gesi-chert war und damit zwischen der Beendigung der Untertagetätigkeit des Klägers und den aufgetretenen Erkrankungen seiner Knie ein Zeitraum von mehr als 8 Jahren liegt. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerden erstmals in einem Lebensalter von 57 Jahren aufgetreten sind (dazu, dass dieser Gesichtspunkt gegen den Kausalzusammenhang spricht: Mehrtens/Perlebach, a.a.O., M 2102 Rdnr. 6 a.E.). Dem lässt sich nicht der Bericht des Orthopäden Dr. C. vom 05.09.2011 entgegen halten. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um die bloße Erwähnung einer im Jahre 1994 gestellten Diagnose einer Innenmeniskopathie beidseits handelt, welche nicht durch bildgebende Verfahren bestätigt ist (Dr. Beckers hat offenbar seinerzeit die Empfehlung von Röntgenaufnahmen des Knies des Klägers angeregt, die aber nicht durchgeführt worden sind, so Seite 2 des Berichtes vom 05.09.2011, Bl. 229 der Gerichtsakte), sprechen die übrigen medizinischen Unterlagen dagegen, dass bereits im Jahre 1994 Meniskusbeschwerden des Klägers als gesichert gelten können. So hat der im Verfahren S 5 BU 32/95 gehörte Sachverständige Dr. Q. in seinem Gutachten vom 25.10.1995 ausgeführt, es ergebe sich "kein Anhalt für Meniskus-schäden" (Seite 17 jenes Gutachtens, Bl. 36 der Streitakte im Verfahren S 5 BU 32/95). Der weiter mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte Arzt für Chirurgie Dr. L. hat in seinem Gutachten vom 24.04.1996 festgestellt, positive Meniskuszei-chen lägen nicht vor (Bl. 73 der Streitakte im Verfahren S 5 BU 32/95). Weiter hat der im Verfahren S 5 KN U 9/96 gehörte Sachverständige Dr. I. im Gut-achten vom 09.07.1996 im Rahmen der Untersuchung des Klägers keinerlei Menis-kuszeichen festzustellen vermocht (Bl. 37 jener Streitakte) und auch der in jenem Verfahren gehörte Sachverständige Dr. S. kam in seinem unter dem 10.12.1997 erstellten Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Meniskuszeichen negativ seien (Seite 9 jenes Gutachtens, Bl. 96 der Streitakte im Verfahren S 5 KN U 9/96). Weiter hat auch der im seinerzeitigen Berufungsverfahren gehörte Sachverständige Dr. T. im Gutachten vom 27.01.1999 von negativen Meniskuszeichen berichtet (Seite 13 jenes Gutachtens, Bl. 187 der Streitakte). Schließlich hat der Sachverständige L. ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei diversen Orthopäden eine Vorbehandlung wegen Kniebeschwerden des Klägers erfolgte, ein Hinweis auf Me-niskusschäden aber nie gegeben wurde (Bl. 86 der Verwaltungsvorgänge der Be-klagten).
Damit sind Meniskuserkrankungen des Klägers vor 2005 nicht nur nicht im Vollbe-weis gesichert, sondern es bestehen sogar Zweifel im Hinblick auf die von Dr. C. diagnostizierte Innenmeniskopathie.
Hinzu kommt, dass im Fall des Klägers Bedingungen gegeben sind, die unabhängig von der versicherten Tätigkeit zum Eintritt der Meniskusschadens beigetragen haben können. So hat bereits der im Verwaltungsverfahren gehörte Sachverständige L. in seinem Gutachten vom 23.08.2007 darauf hingewiesen, dass der Kläger im Jahre 1985 einen Bruch des linken Sprunggelenks erlitten hat und zudem aufgrund der statischen Veränderungen der Füße des Klägers (im Gutachten des Orthopäden L. wurde ein Senk-Knick-Spreizfuß beidseitig diagnostiziert, welcher zu einer Fehlbelastung der Kniegelenke führe, Bl. 89 der Verwaltungsvorgänge der Beklagten) konkurrierende Faktoren gegeben waren.
Im Ergebnis ist der Anscheinsbeweis angesichts der erstmals im Dezember 2005 nachgewiesenen Erkrankungen der Knie des Klägers und der gegebenen konkurrierenden Faktoren erschüttert.
Erst Recht ist damit – unabhängig vom Eingreifen einer tatsächlichen Vermutung – keine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwi-schen den beruflichen Einwirkungen und den Erkrankungen der Knie des Klägers gegeben. Die Kammer schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des von Amts wegen gehörten Sachverständigen Dr. S. an, der nach sorgfältiger Auswertung auch der Vorgutachten ausgeführt hat, dass Meniskuserkrankungen des Klägers vor Dezember 2005 nicht als gesichert gelten können und deshalb das lange Intervall zwischen Aufgabe der Untertagetätigkeit (im November 1997) und den erstmals im Dezember 2005 gesicherten Meniskusschäden gegen einen Ursachenzusammenhang spricht. So hat Dr. S. nachvollziehbar ausgeführt, dass bei einem durch die berufliche Tätigkeit bedingten Meniskusschaden schon frühzeitiger ein entsprechendes Schadensbild zu erwarten gewesen wäre, auch in Form von Reizzuständen und verstärkten degenerativen Knieveränderungen, die indessen (vor 2005) nicht nachgewiesen werden konnten (Bl. 194 der Gerichtsakte). Überdies spricht das hohe Lebensalter des Klägers, in dem die Beschwerden erstmals nachweisbar aufgetreten sind, gegen einen ursächlichen Zusammenhang.
Angesichts der zahlreichen Äußerungen der genannten Vorgutachter, die sämtlich das Fehlen von Meniskuszeichen oder -erkrankungen festgestellt haben und ange-sichts der von dem Orthopäden L. geschilderten konkurrierenden Faktoren sieht die Kammer die Schlussfolgerung des auf Antrag des Klägers gehörten Sachverständi-gen Dr. Neusel als widerlegt an. Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem Attest der Fachärztin für Orthopädie Dr. G.-T. vom 24.05.2011. Denn allein die unstreitig gegebene fachorthopädische Behandlung des Klägers in der Praxis Dr. C. belegt keinen hinreichenden Ursachenzusammenhang. Überdies geht Frau Dr. G.-T. selbst davon aus, dass es wegen der Folgen des Arbeitsunfalls des Klägers vom 10.09.1985 zu einer Überbelastung seines rechten Kniegelenks gekommen sei (Bl. 203 der Gerichtsakte) und bestätigt damit die Annahme des im Verwaltungsverfahren gehörten Orthopäden L ...
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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