Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 61 AS 3235/08
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 115/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. März 2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger begehren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ohne Berücksichtigung ihres Vermögens aus dem Rückkaufwert einer Lebensversicherung.
Der Kläger wurde am XXXXX 1949 geboren, die Klägerin am XXXXX 1953. Sie sind Eheleute und Eltern einer 1985 geborenen Tochter. Nach Auslaufen des Arbeitslosengeldbezugs des Klägers zum 30. Juni 2008 beantragten die Kläger am 1. Juli 2008 Leistungen nach dem SGB II. Die Klägerin war berufstätig und bezog zum Antragszeitpunkt ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 648,63 EUR. Die monatlichen Unterkunftskosten der Eheleute beliefen sich auf 631,10 EUR. Die Klägerin ist Versicherungsnehmerin einer Kapitallebensversicherung bei der G. (vormals V.) mit einer Versicherungssumme in Höhe von 47.481,- EUR. Vertragsbeginn war der 1. Dezember 1984, das Vertragende war mit dem 1. Dezember 2018 vereinbart. Der Rückkaufwert der Versicherung zum 1. August 2008 belief sich auf 27.240,13 EUR. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin Einzahlungen in Höhe von 23.698,60 EUR geleistet.
Mit Bescheid vom 3. September 2008 lehnte der Beklagte den Antrag unter Hinweis auf das Vermögen aus der Lebensversicherung ab.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger mit Schreiben vom 8. September 2008 Widerspruch mit der Begründung, bei der Lebensversicherung handele es sich um eine Altersversorge. Ihnen stehe ein Schonvermögen von 250,- EUR je Lebensjahr für die Altersvorsorge sowie ein allgemeines Schonvermögen von 150,- EUR je Lebensjahr zu. Der Wert der Lebensversicherung liege deutlich darunter.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 11. November 2008 zurück: Von dem Vermögen in Höhe von 27.240,13 EUR sei nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II ein Grundfreibetrag in Höhe von 150,- EUR je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners abzusetzen. Der Kläger habe zum Zeitpunkt der Antragstellung das 58. Lebensjahr vollendet, so dass sich ein Freibetrag von 8.700,- EUR errechne. Die Klägerin habe zum damaligen Zeitpunkt das 55. Lebensjahr vollendet gehabt, so dass ihr ein weiterer Freibetrag in Höhe von 8.250,- EUR zustehe. Weiterhin komme ein Freibetrag in Höhe von jeweils 750,- EUR nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II für notwendige Anschaffungen hinzu. Insgesamt ergebe sich daraus ein Freibetrag in Höhe von 18.450,- EUR. Ein zusätzlicher Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II könne nicht gewährt werden, da die Lebensversicherung keinen Verwertungsausschluss nach § 165 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) enthalte. Es handele es sich auch nicht um Altersvorsorge, die nach Bundesrecht ausdrücklich als solche gefördert werde, so dass die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II ebenfalls nicht vorlägen.
Gegen diesen Bescheid haben die Kläger am 11. Dezember 2008 Klage erhoben. Sie haben einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wegen Beratungsverschuldens geltend gemacht, weil sie auf die Möglichkeit eines Verwertungsausschlusses nach § 165 Abs. 3 VVG nicht hingewiesen worden seien. Daraus leite sich zudem ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ab. Im Übrigen würde die Verwertung der Lebensversicherung eine besondere Härte des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II bedeuten, da bei der Klägerin im Falle der Verwertung der Versicherung eine Versorgungslücke entstünde. Sie sei wegen der Kindererziehung 15 Jahre nicht berufstätig gewesen.
Im August 2009 haben die Kläger wegen des Leistungsbegehrens ein Eilverfahren anhängig gemacht, das vor dem Sozialgericht (S 61 AS 2284/09 ER, Beschl. v. 31.8.2009) und dem Landessozialgericht (L 5 B 372/09 ER AS, Beschl. v. 4.2.2010) erfolglos blieb.
Mit Urteil vom 30. März 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Einem Leistungsanspruch der Kläger stehe bereits entgegen, dass sie nicht hilfebedürftig i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II seien, weil sie mit dem Rückkaufwert der Lebensversicherung über verwertbares Vermögen i.S. des § 12 Abs. 1 SGB II verfügten, das insbesondere nicht den Schutzvorschriften des § 12 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB II unterliege. Denn weder stelle dies ein nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördertes Vermögen dar noch sei eine Verwertung vor Eintritt des Ruhestandes ausgeschlossen. Eine Verwertung der Versicherung sei auch nicht unwirtschaftlich i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 6 1. Alt. SGB II. Eine solche offensichtliche Unwirtschaftlichkeit würde voraussetzen, dass ein Missverhältnis zwischen den eingezahlten Versicherungsbeiträgen und dem Rückkaufwert bestehe. Das sei nicht der Fall, weil der Rückkaufwert die Höhe der eingezahlten Beiträge übersteige. Ferner sei keine besondere Härte nach § 12 Abs. 3 Nr. 6 2. Alt. SGB II zu erkennen. Die durch die Kindererziehung entstandene Lücke im Rentenversicherungsverlauf der Klägerin sei gerade keine atypische Situation, sondern entspreche bei tatsächlicher Betrachtungsweise einer durchaus typischen Erwerbsbiografie. Hinsichtlich der Kindererziehungszeiten sei auf die Schutzmechanismen der Rentenversicherung zu verweisen. Schließlich könnten die Kläger Leistungen des Beklagten auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs geltend machen. Eine entsprechende Abänderung des Lebensversicherungsvertrages hätte vielmehr nur durch die Klägerin vorgenommen werden können, nicht jedoch durch Mitarbeiter des Beklagten. Überdies hätten die Kläger nicht einmal im Laufe des Verfahrens einen Verwertungsausschluss nach § 165 Abs. 3 VVG mit der Versicherungsgesellschaft vereinbart.
Gegen dieses ihnen am 8. April 2010 zugestellte Urteil haben die Kläger am 14. April 2010 Berufung eingelegt. Sie wiederholen ihr Klagvorbringen und machen zudem geltend, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein menschenwürdiges Existenzminimum garantiert sei; dieses sei im Hinblick auf die Klägerin nach Eintritt in den Ruhestand gefährdet, wenn die Lebensversicherung verwertet werden müsse. Weiter seien die zwischenzeitliche Erhöhung des Schonvermögens sowie der Umstand, dass bei Verwertung Kapitalertragssteuer fällig werde, zu berücksichtigen.
Die Kläger beantragen, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. März 2010 und den Bescheid des Beklagten vom 3. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2008 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, den Klägern ab dem 1. Juli 2008 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte, der Akte des Eilverfahrens L 5 B 372/09 ER AS und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
I. Streitgegenstand sind die Leistungsansprüche der Kläger seit dem 1. Juli 2008. Da hier der Fall einer Totalablehnung vorliegt, erstreckt sich der streitige Zeitraum bis zum Tage der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (BSG, Urt. v. 15.4.2008 – B 14/7b AS 52/06 R).
II. Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
III. Die Berufung ist aber unbegründet.
Das Urteil des Sozialgerichts und die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Eine Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II kommt nicht in Betracht. Die Kläger waren nicht hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II, weil sie ihren Lebensunterhalt nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II (§ 9 Abs. 1 n.F.) aus dem zu berücksichtigenden Vermögen sichern konnten und können.
1. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Die Kläger bilden eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nrn. 1, 3a SGB II.
2. Als Vermögen zu berücksichtigen sind grundsätzlich alle verwertbaren Vermögensgegenstände (§ 12 Abs. 1 SGB II). Zutreffend hat der Beklagte hier den Rückkaufwert der auf die Klägerin abgeschlossenen Lebensversicherung Nr. 1-24.420.238-8 bei der G. Lebensversicherung AG in Höhe von 27.240,13 EUR per 1. August 2008 angesetzt. Dass hier noch Kapitalertragsteuer abzusetzen wäre, wie die Kläger meinen, kann nicht nachvollzogen werden. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) fällt die Kapitalertragssteuer hinsichtlich vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossener Verträge nicht an. Sie dürfte im Übrigen nur auf den Zinsgewinn erhoben werden und wäre angesichts der geringen Einkünfte der Kläger zu vernachlässigen.
3. Davon waren nach § 12 Abs. 2 SGB II (in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung) abzusetzen der Grundfreibetrag nach Nr. 1 i.H.v. 150 EUR je Lebensjahr sowie der Freibetrag nach Nr. 4 für notwendige Anschaffungen, insgesamt 18.450,00 EUR. Es verblieb demnach (27.240,13 EUR abzüglich 18.450,00 EUR) als einzusetzendes Vermögen per 1. Juli 2008 ein Betrag von 8.790,13 EUR.
Die Freibeträge sind bis heute unverändert. Allein die Freibeträge für Altersvorsorgevermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II wurden von 250,- EUR pro Lebensjahr auf 750,- EUR angehoben. Diese Freibeträge kommen den Klägern aber – dazu unten – nicht zugute. Es trat allerdings aufgrund der steigenden Zahl von Lebensjahren eine Erhöhung von insgesamt 300,- EUR jährlich für die Kläger ein; zum 1. Januar 2012 können sie einen Freibetrag in Höhe von 19.500,- EUR geltend machen. Bereits der damalige Rückkaufwert liegt weiterhin über diesem Betrag.
4. Eine Absetzung nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II kommt nicht in Betracht. Danach ist Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge abzusetzen, soweit der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwendet. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile v. 15.4.2008 – B 14/7b AS 52/06 R; B 14 AS 27/07 R) ist Altersvorsorgevermögen in diesem Sinne jedenfalls solches, das nach § 10a oder Abschnitt IX. EStG gefördert wird. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird insoweit ausdrücklich auf die "Riester-Anlageformen" hingewiesen (BT-Drs. 15/1516 S. 53). Ob auch andere Vorsorgeformen von der Regelung erfasst werden, kann dahinstehen. Erforderlich ist zumindest, dass der Sicherung ein nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (AltZertG) zertifizierter Altersvorsorgevertrag zugrunde liege (so auch Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 12 Rn. 141, Stand Sept. 2008; Frank, in: Hohm, SGB II, § 12 Rn. 34, Stand Febr. 2009; Mecke, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 12 Rn. 44; Brühl, in: LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 12 Rn. 21). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
5. Auch eine Absetzung nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II scheidet aus. Diese Vorschrift setzt geldwerte Ansprüche voraus, die der Altersvorsorge dienen und die der Inhaber vor dem Eintritt in den Ruhestand auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann. Eine solche vertragliche Vereinbarung, die nach § 165 Abs. 3 VVG (i.d. Fassung ab dem 1.1.2005) gesetzlich ermöglicht ist, fehlt hier jedoch. Das räumen die Kläger selbst ein.
Mit der Erhöhung dieses Freibetrages auf 750,- EUR pro Lebensjahr sowie dem Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II hat der Gesetzgeber auch eine dem menschenwürdigen Existenzminimum angemessene Vorsorge für das Alter vorgesehen; die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 stellt das nicht in Frage.
Eine entsprechende Vereinbarung könnte noch nachträglich getroffen werden, das haben die Kläger auch ausdrücklich eingeräumt. Sie würde aber jedenfalls nicht zurückwirken auf davor liegende, bereits vergangene Zeiträume (BSG, Urt. v. 31.10.2007 – B 14/11b AS 63/06 R). Die Kläger sind insoweit allerdings nicht aktiv geworden. Sie könnten auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als sei eine solche Vereinbarung schon früher geschlossen worden. Ob in Bezug auf diese Gestaltungsmöglichkeit überhaupt eine Beratungspflicht des Beklagten bestand, kann offen bleiben. Denn es fehlt jedenfalls an der Voraussetzung, dass der durch ein pflichtwidriges Verwaltungshandeln entstandene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann (BSG, a.a.O.; Urt. v. 15.4.2008 – B 14 AS 27/07 R; Hengelhaupt, a.a.O., Rn. 151g; Frank, a.a.O., Rn. 40). Die vertragliche Disposition, um die es hier geht, kann nämlich nur die Klägerin vornehmen.
6. Eine Nichtberücksichtigung des Vermögens nach § 12 Abs. 3 Nr. 6 1. Alt. SGB II wegen offensichtlicher Unwirtschaftlichkeit der Verwertung kommt nicht in Betracht. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des Vermögensgegenstandes liegt. Insoweit ist der Rückkaufwert mit dem Substanzwert, also den eingezahlten Beiträgen, zu vergleichen (BSG, Urt. v. 15.4.2008 – B 14/7b 52/06 R). Dieser Vergleich ergibt hier, dass kein Verlust an Vermögenssubstanz eintreten würde; bereits der damalige Rückkaufwert in Höhe von 27.240,13 EUR überstieg die Summe der eingezahlten Prämien, die nach der Mitteilung der G. Lebensversicherung AG vom 2. September 2009 23.698,60 EUR betrug. Das Verhältnis hat sich bis heute noch weiter zugunsten des Rückkaufwertes verschoben.
7. Schließlich ist auch keine besondere Härte nach § 12 Abs. 3 Nr. 6 2. Alt. SGB II zu erkennen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 15.4.2008 – B 14/7b 52/06 R; Urt. v. 7.5.2009 – B 14 AS 35/08 R), der der Senat folgt, ist hier das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände zu fordern, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit einer Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (so auch Frank, a.a.O., § 12 Rn. 84, Stand Febr. 2009; kritisch Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 59). Das kann etwa der Fall sein, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen muss, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbständiger Tätigkeit aufweist. Vorliegend sind solche außergewöhnlichen Umstände indes nicht ersichtlich. Vielmehr stellt die durch Erziehungsjahre entstandene Lücke im Rentenversicherungsverlauf der Klägerin gerade keine atypische, sondern eine bei tatsächlicher Betrachtungsweise durchaus typische Erwerbsbiografie dar. Auch hat das Bundesozialgericht (Urt. v. 15.4.2008 – B 14/7b AS 52/06 R) entschieden, dass Lücken im Rentenversicherungsverlauf wegen Arbeitslosigkeit keine außergewöhnlichen Umstände in diesem Sinne seien; hier werde der Versicherte auf die Rentenversicherungspflicht während des Leistungsbezuges bei Arbeitslosigkeit und den durch die gesetzlich vorgesehenen Freibeträge garantierten Mindestschutz verwiesen. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Kindererziehungszeiten; hier ist auf die Schutzmechanismen des Rentenversicherungsrechts zu verweisen (§ 56 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193.
Die Revision ist nicht nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG zuzulassen.
Tatbestand:
Die Kläger begehren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ohne Berücksichtigung ihres Vermögens aus dem Rückkaufwert einer Lebensversicherung.
Der Kläger wurde am XXXXX 1949 geboren, die Klägerin am XXXXX 1953. Sie sind Eheleute und Eltern einer 1985 geborenen Tochter. Nach Auslaufen des Arbeitslosengeldbezugs des Klägers zum 30. Juni 2008 beantragten die Kläger am 1. Juli 2008 Leistungen nach dem SGB II. Die Klägerin war berufstätig und bezog zum Antragszeitpunkt ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 648,63 EUR. Die monatlichen Unterkunftskosten der Eheleute beliefen sich auf 631,10 EUR. Die Klägerin ist Versicherungsnehmerin einer Kapitallebensversicherung bei der G. (vormals V.) mit einer Versicherungssumme in Höhe von 47.481,- EUR. Vertragsbeginn war der 1. Dezember 1984, das Vertragende war mit dem 1. Dezember 2018 vereinbart. Der Rückkaufwert der Versicherung zum 1. August 2008 belief sich auf 27.240,13 EUR. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin Einzahlungen in Höhe von 23.698,60 EUR geleistet.
Mit Bescheid vom 3. September 2008 lehnte der Beklagte den Antrag unter Hinweis auf das Vermögen aus der Lebensversicherung ab.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger mit Schreiben vom 8. September 2008 Widerspruch mit der Begründung, bei der Lebensversicherung handele es sich um eine Altersversorge. Ihnen stehe ein Schonvermögen von 250,- EUR je Lebensjahr für die Altersvorsorge sowie ein allgemeines Schonvermögen von 150,- EUR je Lebensjahr zu. Der Wert der Lebensversicherung liege deutlich darunter.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 11. November 2008 zurück: Von dem Vermögen in Höhe von 27.240,13 EUR sei nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II ein Grundfreibetrag in Höhe von 150,- EUR je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners abzusetzen. Der Kläger habe zum Zeitpunkt der Antragstellung das 58. Lebensjahr vollendet, so dass sich ein Freibetrag von 8.700,- EUR errechne. Die Klägerin habe zum damaligen Zeitpunkt das 55. Lebensjahr vollendet gehabt, so dass ihr ein weiterer Freibetrag in Höhe von 8.250,- EUR zustehe. Weiterhin komme ein Freibetrag in Höhe von jeweils 750,- EUR nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II für notwendige Anschaffungen hinzu. Insgesamt ergebe sich daraus ein Freibetrag in Höhe von 18.450,- EUR. Ein zusätzlicher Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II könne nicht gewährt werden, da die Lebensversicherung keinen Verwertungsausschluss nach § 165 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) enthalte. Es handele es sich auch nicht um Altersvorsorge, die nach Bundesrecht ausdrücklich als solche gefördert werde, so dass die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II ebenfalls nicht vorlägen.
Gegen diesen Bescheid haben die Kläger am 11. Dezember 2008 Klage erhoben. Sie haben einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wegen Beratungsverschuldens geltend gemacht, weil sie auf die Möglichkeit eines Verwertungsausschlusses nach § 165 Abs. 3 VVG nicht hingewiesen worden seien. Daraus leite sich zudem ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ab. Im Übrigen würde die Verwertung der Lebensversicherung eine besondere Härte des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II bedeuten, da bei der Klägerin im Falle der Verwertung der Versicherung eine Versorgungslücke entstünde. Sie sei wegen der Kindererziehung 15 Jahre nicht berufstätig gewesen.
Im August 2009 haben die Kläger wegen des Leistungsbegehrens ein Eilverfahren anhängig gemacht, das vor dem Sozialgericht (S 61 AS 2284/09 ER, Beschl. v. 31.8.2009) und dem Landessozialgericht (L 5 B 372/09 ER AS, Beschl. v. 4.2.2010) erfolglos blieb.
Mit Urteil vom 30. März 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Einem Leistungsanspruch der Kläger stehe bereits entgegen, dass sie nicht hilfebedürftig i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II seien, weil sie mit dem Rückkaufwert der Lebensversicherung über verwertbares Vermögen i.S. des § 12 Abs. 1 SGB II verfügten, das insbesondere nicht den Schutzvorschriften des § 12 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB II unterliege. Denn weder stelle dies ein nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördertes Vermögen dar noch sei eine Verwertung vor Eintritt des Ruhestandes ausgeschlossen. Eine Verwertung der Versicherung sei auch nicht unwirtschaftlich i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 6 1. Alt. SGB II. Eine solche offensichtliche Unwirtschaftlichkeit würde voraussetzen, dass ein Missverhältnis zwischen den eingezahlten Versicherungsbeiträgen und dem Rückkaufwert bestehe. Das sei nicht der Fall, weil der Rückkaufwert die Höhe der eingezahlten Beiträge übersteige. Ferner sei keine besondere Härte nach § 12 Abs. 3 Nr. 6 2. Alt. SGB II zu erkennen. Die durch die Kindererziehung entstandene Lücke im Rentenversicherungsverlauf der Klägerin sei gerade keine atypische Situation, sondern entspreche bei tatsächlicher Betrachtungsweise einer durchaus typischen Erwerbsbiografie. Hinsichtlich der Kindererziehungszeiten sei auf die Schutzmechanismen der Rentenversicherung zu verweisen. Schließlich könnten die Kläger Leistungen des Beklagten auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs geltend machen. Eine entsprechende Abänderung des Lebensversicherungsvertrages hätte vielmehr nur durch die Klägerin vorgenommen werden können, nicht jedoch durch Mitarbeiter des Beklagten. Überdies hätten die Kläger nicht einmal im Laufe des Verfahrens einen Verwertungsausschluss nach § 165 Abs. 3 VVG mit der Versicherungsgesellschaft vereinbart.
Gegen dieses ihnen am 8. April 2010 zugestellte Urteil haben die Kläger am 14. April 2010 Berufung eingelegt. Sie wiederholen ihr Klagvorbringen und machen zudem geltend, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein menschenwürdiges Existenzminimum garantiert sei; dieses sei im Hinblick auf die Klägerin nach Eintritt in den Ruhestand gefährdet, wenn die Lebensversicherung verwertet werden müsse. Weiter seien die zwischenzeitliche Erhöhung des Schonvermögens sowie der Umstand, dass bei Verwertung Kapitalertragssteuer fällig werde, zu berücksichtigen.
Die Kläger beantragen, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. März 2010 und den Bescheid des Beklagten vom 3. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2008 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, den Klägern ab dem 1. Juli 2008 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte, der Akte des Eilverfahrens L 5 B 372/09 ER AS und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
I. Streitgegenstand sind die Leistungsansprüche der Kläger seit dem 1. Juli 2008. Da hier der Fall einer Totalablehnung vorliegt, erstreckt sich der streitige Zeitraum bis zum Tage der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (BSG, Urt. v. 15.4.2008 – B 14/7b AS 52/06 R).
II. Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
III. Die Berufung ist aber unbegründet.
Das Urteil des Sozialgerichts und die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Eine Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II kommt nicht in Betracht. Die Kläger waren nicht hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II, weil sie ihren Lebensunterhalt nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II (§ 9 Abs. 1 n.F.) aus dem zu berücksichtigenden Vermögen sichern konnten und können.
1. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Die Kläger bilden eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nrn. 1, 3a SGB II.
2. Als Vermögen zu berücksichtigen sind grundsätzlich alle verwertbaren Vermögensgegenstände (§ 12 Abs. 1 SGB II). Zutreffend hat der Beklagte hier den Rückkaufwert der auf die Klägerin abgeschlossenen Lebensversicherung Nr. 1-24.420.238-8 bei der G. Lebensversicherung AG in Höhe von 27.240,13 EUR per 1. August 2008 angesetzt. Dass hier noch Kapitalertragsteuer abzusetzen wäre, wie die Kläger meinen, kann nicht nachvollzogen werden. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) fällt die Kapitalertragssteuer hinsichtlich vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossener Verträge nicht an. Sie dürfte im Übrigen nur auf den Zinsgewinn erhoben werden und wäre angesichts der geringen Einkünfte der Kläger zu vernachlässigen.
3. Davon waren nach § 12 Abs. 2 SGB II (in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung) abzusetzen der Grundfreibetrag nach Nr. 1 i.H.v. 150 EUR je Lebensjahr sowie der Freibetrag nach Nr. 4 für notwendige Anschaffungen, insgesamt 18.450,00 EUR. Es verblieb demnach (27.240,13 EUR abzüglich 18.450,00 EUR) als einzusetzendes Vermögen per 1. Juli 2008 ein Betrag von 8.790,13 EUR.
Die Freibeträge sind bis heute unverändert. Allein die Freibeträge für Altersvorsorgevermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II wurden von 250,- EUR pro Lebensjahr auf 750,- EUR angehoben. Diese Freibeträge kommen den Klägern aber – dazu unten – nicht zugute. Es trat allerdings aufgrund der steigenden Zahl von Lebensjahren eine Erhöhung von insgesamt 300,- EUR jährlich für die Kläger ein; zum 1. Januar 2012 können sie einen Freibetrag in Höhe von 19.500,- EUR geltend machen. Bereits der damalige Rückkaufwert liegt weiterhin über diesem Betrag.
4. Eine Absetzung nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II kommt nicht in Betracht. Danach ist Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge abzusetzen, soweit der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwendet. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile v. 15.4.2008 – B 14/7b AS 52/06 R; B 14 AS 27/07 R) ist Altersvorsorgevermögen in diesem Sinne jedenfalls solches, das nach § 10a oder Abschnitt IX. EStG gefördert wird. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird insoweit ausdrücklich auf die "Riester-Anlageformen" hingewiesen (BT-Drs. 15/1516 S. 53). Ob auch andere Vorsorgeformen von der Regelung erfasst werden, kann dahinstehen. Erforderlich ist zumindest, dass der Sicherung ein nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (AltZertG) zertifizierter Altersvorsorgevertrag zugrunde liege (so auch Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 12 Rn. 141, Stand Sept. 2008; Frank, in: Hohm, SGB II, § 12 Rn. 34, Stand Febr. 2009; Mecke, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 12 Rn. 44; Brühl, in: LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 12 Rn. 21). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
5. Auch eine Absetzung nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II scheidet aus. Diese Vorschrift setzt geldwerte Ansprüche voraus, die der Altersvorsorge dienen und die der Inhaber vor dem Eintritt in den Ruhestand auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann. Eine solche vertragliche Vereinbarung, die nach § 165 Abs. 3 VVG (i.d. Fassung ab dem 1.1.2005) gesetzlich ermöglicht ist, fehlt hier jedoch. Das räumen die Kläger selbst ein.
Mit der Erhöhung dieses Freibetrages auf 750,- EUR pro Lebensjahr sowie dem Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II hat der Gesetzgeber auch eine dem menschenwürdigen Existenzminimum angemessene Vorsorge für das Alter vorgesehen; die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 stellt das nicht in Frage.
Eine entsprechende Vereinbarung könnte noch nachträglich getroffen werden, das haben die Kläger auch ausdrücklich eingeräumt. Sie würde aber jedenfalls nicht zurückwirken auf davor liegende, bereits vergangene Zeiträume (BSG, Urt. v. 31.10.2007 – B 14/11b AS 63/06 R). Die Kläger sind insoweit allerdings nicht aktiv geworden. Sie könnten auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als sei eine solche Vereinbarung schon früher geschlossen worden. Ob in Bezug auf diese Gestaltungsmöglichkeit überhaupt eine Beratungspflicht des Beklagten bestand, kann offen bleiben. Denn es fehlt jedenfalls an der Voraussetzung, dass der durch ein pflichtwidriges Verwaltungshandeln entstandene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann (BSG, a.a.O.; Urt. v. 15.4.2008 – B 14 AS 27/07 R; Hengelhaupt, a.a.O., Rn. 151g; Frank, a.a.O., Rn. 40). Die vertragliche Disposition, um die es hier geht, kann nämlich nur die Klägerin vornehmen.
6. Eine Nichtberücksichtigung des Vermögens nach § 12 Abs. 3 Nr. 6 1. Alt. SGB II wegen offensichtlicher Unwirtschaftlichkeit der Verwertung kommt nicht in Betracht. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des Vermögensgegenstandes liegt. Insoweit ist der Rückkaufwert mit dem Substanzwert, also den eingezahlten Beiträgen, zu vergleichen (BSG, Urt. v. 15.4.2008 – B 14/7b 52/06 R). Dieser Vergleich ergibt hier, dass kein Verlust an Vermögenssubstanz eintreten würde; bereits der damalige Rückkaufwert in Höhe von 27.240,13 EUR überstieg die Summe der eingezahlten Prämien, die nach der Mitteilung der G. Lebensversicherung AG vom 2. September 2009 23.698,60 EUR betrug. Das Verhältnis hat sich bis heute noch weiter zugunsten des Rückkaufwertes verschoben.
7. Schließlich ist auch keine besondere Härte nach § 12 Abs. 3 Nr. 6 2. Alt. SGB II zu erkennen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 15.4.2008 – B 14/7b 52/06 R; Urt. v. 7.5.2009 – B 14 AS 35/08 R), der der Senat folgt, ist hier das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände zu fordern, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit einer Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (so auch Frank, a.a.O., § 12 Rn. 84, Stand Febr. 2009; kritisch Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 59). Das kann etwa der Fall sein, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen muss, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbständiger Tätigkeit aufweist. Vorliegend sind solche außergewöhnlichen Umstände indes nicht ersichtlich. Vielmehr stellt die durch Erziehungsjahre entstandene Lücke im Rentenversicherungsverlauf der Klägerin gerade keine atypische, sondern eine bei tatsächlicher Betrachtungsweise durchaus typische Erwerbsbiografie dar. Auch hat das Bundesozialgericht (Urt. v. 15.4.2008 – B 14/7b AS 52/06 R) entschieden, dass Lücken im Rentenversicherungsverlauf wegen Arbeitslosigkeit keine außergewöhnlichen Umstände in diesem Sinne seien; hier werde der Versicherte auf die Rentenversicherungspflicht während des Leistungsbezuges bei Arbeitslosigkeit und den durch die gesetzlich vorgesehenen Freibeträge garantierten Mindestschutz verwiesen. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Kindererziehungszeiten; hier ist auf die Schutzmechanismen des Rentenversicherungsrechts zu verweisen (§ 56 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193.
Die Revision ist nicht nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG zuzulassen.
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