L 10 R 4946/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4946/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Gemäß § 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Eine hinreichende Erfolgsaussicht liegt vor, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Kläger mit seinem Begehren durchdringt.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Berufung des Klägers bietet keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Das Sozialgericht hat, gestützt auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten von Dr. S. und unter Berücksichtigung der von ihm eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen, vielmehr zutreffend ausgeführt, dass das Leistungsvermögen des Klägers trotz der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht auf ein rentenberechtigendes Ausmaß herabgesunken ist und der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann.

Der Senat sieht auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren keine Hinweise darauf, dass der Kläger mit seinem Begehren erfolgreich sein könnte. Soweit der Kläger sinngemäß geltend macht, dass das Gutachten von Dr. S. nicht mehr seinem aktuellen Gesundheitszustand gerecht werden würde, übersieht er, dass das Sozialgericht seinen Hinweisen auf laufende Behandlungen durch die Einholung von insgesamt sieben sachverständigen Zeugenaussagen der ihn behandelnden Ärzte nachgegangen ist.

Die sachverständigen Zeugen Dr. P. , Dr. H. und Dr. B. haben aber für ihre jeweiligen Fachgebiete (Lungen- und Bronchialheilkunde, Chirurgie/Orthopädie, Neurologie) die von Dr. S. vorgenommene gutachtliche Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers im Wesentlichen bestätigt. Auch Prof. Dr. S. (ärztlicher Direktor der Klinik für HNO-Krankheiten im K. Stuttgart) hat eine zeitliche Leistungsfähigkeit von sechs Stunden gesehen. Soweit er betriebsunübliche Pausen zum Trinken für erforderlich gehalten hat, hat das Sozialgericht aus Sicht des Senats zutreffend ausgeführt, dass die Notwendigkeit der häufigen Aufnahme geringer Flüssigkeitsmengen zur Vermeidung der Austrocknung der Mundschleimhaut keine ungewöhnliche Leistungseinschränkung darstellt. Der Senat hält die Auffassung des sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten, für den Dr. B. in der Stellungnahme vom Juli 2010 ausgeführt hat, dass betriebsübliche Pausen für ein häufiges Trinken ausreichend sind, zumindest für eine sehr große Anzahl von Arbeitsplätzen, z.B. Büro- oder Pförtnertätigkeiten, für zutreffend. Für diese Arbeitsplätze stellt sich schon die Frage, ob der Vorgang des Trinkens weniger Schlucke zur Mundraumbefeuchtung überhaupt mit einer "Pause" verbunden ist. Naheliegender erscheint, dass das Trinken bei diesen Tätigkeiten "nebenher" erfolgt. Nachdem die behandelnden Fachärzte wie schon der Verwaltungsgutachter Dr. S. kein zeitlich rentenrelevant eingeschränktes Leistungsvermögen gesehen haben, hat sich das Sozialgericht der letztlich nur vom behandelnden Allgemeinmediziner und Hausarzt des Klägers Kilb vertretenen Auffassung eines wegen orthopädischer Beschwerden und belastungs- bzw. haltungsbedingten Atemstörungen auf unter sechs Stunden herabgesunkenen beruflichen Leistungsvermögens zu Recht nicht angeschlossen.

Soweit der Kläger jetzt in Zweifel zieht, dass er gegenüber Dr. S. eine Wegstrecke von ein bis zwei Kilometer angab und behauptet, tatsächlich nur 100 bis 200 Meter gehen zu können, spielt dies im Hinblick auf die sog. Wegefähigkeit keine Rolle. Der Kläger verfügt, wie sich aus dem Gutachten von Dr. S. ergibt, über einen Führerschein und einen PKW. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel und Beförderungsmöglichkeiten, insbesondere die zumutbare Benutzung eines vorhanden Kraftfahrzeugs zu berücksichtigen. Selbst das zuletzt behauptete Gehvermögen von nur 100 bis 200 Meter reicht in der Kombination mit der Nutzung des eigenen PKWs aber aus, um einen Arbeitsplatz zumutbar zu erreichen.

Dr. R. , den das Sozialgericht nicht mehr als sachverständigen Zeugen vernommen hat, ist nun wegen der pauschalen Behauptung des Klägers, sein Zustand habe sich auf dem chirurgischen/orthopädischen Fachgebiet massiv verschlechtert, durch den Senat befragt worden. Seine Aussage hat die behauptete massive Verschlechterung jedoch nicht bestätigt. Dr. R. hat lediglich über eine wegen Kniebeschwerden links in der Zeit vom 19.02. bis 17.06.2010 (aus dem Sachzusammenhang folgt, dass es sich bei dem einmalig genannten Datum 17.06.2011 um einen Schreibfehler handelt) erfolgte Behandlung berichtet. Zum Abschluss seiner Behandlung im Juni 2010 hat sich ihm ein flüssiger Gang ohne Gehstützen und ohne Hinken gezeigt und er hat lediglich noch Schuheinlagen und eine Schuhaußenranderhöhung verordnet. Die von ihm wegen des Zustands nach Vorfußamputation rechts mit Versorgung mit orthopädischem Schuhwerk und Prothese (s. Gutachten Dr. S. - Dr. R. hat unpräzise eine "Unterschenkelprothese rechts" erwähnt) sowie der Kniegelenksschädigung links - die im Übrigen schon vom sachverständigen Zeugen Dr. H. genannt worden ist - gesehene Leistungseinschränkung auf eine überwiegend sitzende Tätigkeit ist nachvollziehbar. Schon Dr. S. schloss Tätigkeiten mit einer vermehrten Geh- und Stehbelastung aus. Soweit Dr. R. bei einer überwiegend sitzenden Tätigkeit aber zudem eine zeitliche Leistungseinschränkung auf vier Stunden gesehen hat, ist dies für den Senat - wie auch Dr. B. im Januar 2012 zutreffend bemerkt hat - völlig unverständlich.

Die vom Kläger unter dem Hinweis unberücksichtigt gebliebener Kontrolluntersuchungen gewünschte nochmalige Befragung von Dr. R. hat in sozialmedizinischer Hinsicht keinen Erkenntnisgewinn gebracht. Dr. R. hat nur eine dauerhafte Einschränkung der stimmlichen Leistungsfähigkeit gesehen, im Übrigen jedoch eine leichte Tätigkeit für die Dauer von sechs Stunden täglich für möglich erachtet.

Schließlich kann der Senat aus dem pauschalen Vorbringen des Klägers, er sei gelernter Maschinenbaumechaniker und habe zuletzt den Kraftfahrerberuf Führerscheinklasse 2 ausgeübt, keine tragfähigen Hinweise für das Vorliegen eines Berufsschutzes entnehmen. Gegenüber Dr. S. gab der Kläger an, nach der Tätigkeit als Maschinenbaumechaniker verschiedene andere Tätigkeiten ausgeübt zu haben, u.a. als Kraftfahrer und Arbeiter im Fassadenbau. Dann habe er auch einen Reithof gehabt. Seit 1995 sei er durchgängig arbeitslos. Diese Angaben deckten sich mit den schriftlichen Angaben in der Anlage zum Rentenantrag vom April 2008 (Kraftfahrer/Fassadenbau verschiedene Tätigkeiten auch selbstständig). Bei diesem beruflichen Werdegang ist die Annahme eines Berufsschutzes fernliegend.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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