L 3 AL 1769/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 4265/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 1769/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. April 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen ein Anhörungsschreiben der Beklagten.

Der am 18.01.1975 geborene Kläger stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte. Mit Schreiben vom 21.09.2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, ihm seien im Umfang vom 1.198,72 EUR zu hohe Leistungen gewährt worden. Es werde überprüft, ob und in welcher Höhe die Rückforderung gegen den Leistungsanspruch aufgerechnet werden könne. Dieser könne höchstens bis zur Hälfte gekürzt werden. Es werde nicht aufgerechnet, wenn der Kläger nachweisen könne, dass er durch die Aufrechnung hilfebedürftig werden würde. Wenn sich der Kläger bis zum 05.10.2010 nicht äußere, werde ab dem 01.10.2010 bis zur Begleichung der Forderung aufgerechnet.

Den hiergegen am 23.09.2010 erhobenen Widerspruch, mit dem sich der Kläger gegen die in Aussicht genommene Aufrechnung wandte, verwarf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2010 als unzulässig. Sie führte hierzu an, das vom Kläger angefochtene Schreiben vom 21.09.2009 stelle keinen mit einem Widerspruch anfechtbaren Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dar, da durch das Schreiben Rechte des Klägers weder begründet noch geändert, entzogen oder festgestellt würden.

Hiergegen hat der Kläger am 11.10.2010 Klage zum SG erhoben, mit der er die Aufhebung der "Bescheide", die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens und die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten geltend gemacht hat. Seinem Widerspruch sei, so der Kläger, nichts hinzuzufügen. Am 12.11.2010 hat der Kläger den Vorsitzenden der zuständigen Kammer des SG wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die bisher ergangenen Entscheidungen ließen zur zwei Optionen zu, entweder fehle dem Vorsitzenden generell die Befähigung zum Richteramt oder aber er sei zu faul, seinen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.

Nach Anhörung der Beteiligten mit Schreiben vom 31.01.2011, dem Kläger zugestellt am 03.02.2011, hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12.04.2011 abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, das Befangenheitsgesuch des Klägers vom 12.11.2010 hindere es nicht daran, den Rechtsstreit zu entscheiden, da dieses offensichtlich rechtsmissbräuchlich sei und einzig dazu diene, den Vorsitzenden aus dem Verfahren zu drängen. Der Antrag, die "Bescheide" aufzuheben, sei bereits unzulässig, da der erhobenen Anfechtungsklage kein tauglicher Klagegegenstand zu Grunde liege. Nur belastende Verwaltungsakte könnten mit einer Anfechtungsklage angefochten werden. Mangels einer Regelungswirkung komme dem Anhörungsschreiben vom 21.09.2010 keine Verwaltungsaktqualität zu. Der Feststellungsantrag sei gleichfalls unzulässig, da bereits die Möglichkeit einer Rechtsverletzung des Klägers nicht bestehe. Da die Beklagte den Widerspruch des Klägers zu Recht als unzulässig verworfen habe, bestehe kein Anspruch auf Übernahme der Kosten des Widerspruchsverfahrens (§ 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X).

Gegen den am 23.04.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24.04.2011 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, die avisierte Aufrechnung sei rechtswidrig, hiergegen sei die vorbeugende Unterlassungsklage statthaft. Im Übrigen verbleibe es beim Inhalt von Widerspruch und Klage. Seit dem 13.09.2011 befindet sich der Kläger in Untersuchungshaft.

Der Kläger beantragt (zweckdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. April 2011 und das Schreiben der Beklagten vom 21. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Oktober 2010 aufzuheben, festzustellen, dass das Verhalten der Beklagten rechtswidrig gewesen ist, und sie zu verurteilen, ihm seine Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Akte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2012 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg.

Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obschon der Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 08.02.2012 nicht erschienen ist. Der Kläger wurde ordnungsgemäß durch Übergabe der Ladung in der Justizvollzugsanstalt geladen und auf die Möglichkeit einer Entscheidung in seiner Abwesenheit hingewiesen. Der Umstand, dass sich der Kläger seit dem 13.09.2011 in Untersuchungshaft befindet, ändert hieran, wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 21.09.2011 u.a. in den Verfahren - L 3 AL 2514/10 -, - L 3 AL 2521/10 -, - L 3 AL 2641/10 - und vom 19.10.2011 u.a. in den Verfahren - L 3 AL 3913/11 -, - L 3 AL 3819/11 -, L 3 AL 3917/11 - entschieden hat, nichts. Der Kläger ist vielmehr, da sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet war, wie jeder andere Prozessbeteiligte zu behandeln, dem das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung freigestellt worden ist (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 21.06.1983 - 4 RJ 3/83 - veröffentlicht in juris).

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 21.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2011 ist nicht aufzuheben. Die Beklagte hat den Widerspruch des Klägers zu Recht bereits als unzulässig verworfen, da das angefochtene Anhörungsschreiben der Beklagten (vgl. § 24 SGB X) keinen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 SGB X darstellt und hiernach nicht im Wege eines Widerspruchs angefochten werden kann. Ferner hat es zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten des Widerspruchsverfahrens hat, da sein Widerspruch erfolglos geblieben ist (vgl. § 63 SGB X). Schließlich hat das SG auch zu Recht den Feststellungsantrag des Klägers bereits als unzulässig abgewiesen, da der Kläger jedenfalls nicht das erforderliche Feststellungsinteresse im Sinne des § 55 SGG geltend machen kann. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung ab und verweist auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid (§ 153 Abs. 2 SGG).

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist lediglich zu ergänzen, dass die in Aussicht genommene Aufrechnung im vorliegenden Fall nicht im Wege einer vorbeugenden Unterlassungsklage angegriffen werden kann, da der Kläger das hierfür erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis nicht geltend machen kann. Es ist ihm ohne weiteres zumutbar, nachrangigen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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