L 11 R 5168/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 990/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5168/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 29.09.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin aufgrund ihres Antrages vom 26.06.2008 ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung, ggf auch bei Berufsunfähigkeit gegen die Beklagte zusteht.

Die 1953 geborene Klägerin fing nach dem Besuch der Hauptschule im Gebiet der damaligen DDR eine Ausbildung in der Landwirtschaft an, brach diese jedoch wegen häufiger Fehlzeiten in Folge von Rückenschmerzen ab. Anschließend arbeitete sie in einer Spinnerei; in ihrem ersten Rentenantrag gab sie hierzu an, vom 01.09.1970 bis März 1973 eine Ausbildung zur Textilfacharbeiterin absolviert zu haben, in späteren Rentenanträgen verneinte sie eine Ausbildung. Später war sie als Maschinenführerin in einer Weinbrennerei, danach als Küchenhilfe beschäftigt. Ab dem 01.08.1991 war sie als Verkäuferin an der Ladentheke in der Niederlassung der Firma "N." in U. versicherungspflichtig beschäftigt; das Arbeitsverhältnis wurde in gegenseitigem Einvernehmen beendet. Vom September 1996 bis Dezember 1996 war sie als Putzfrau/Gebäudereinigerin versicherungspflichtig beschäftigt und während der Probezeit gekündigt worden. Hierzu hat sie angegeben, die Tätigkeit wegen Krankheit beendet zu haben. Seit 01.01.1997 ist die Klägerin arbeitslos. Vom 01.08.2000 bis zum 31.07.2007 bezog die Klägerin eine Erwerbsunfähigkeitsrente von der Beklagten bzw deren Rechtsvorgängerin. Zuletzt lebte die Klägerin von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

Am 11.03.1997 beantragte die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten erstmals die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Zu diesem Antrag gab sie an, sie sei seit November 1996 wegen starker Schmerzen in der Hüfte und der Wirbelsäule sowie wegen Gehbeschwerden des rechten Beines erwerbsunfähig.

Die Klägerin befand sich vom 19.09.1997 bis zum 10.10.1997 auf Kosten der Beklagten bzw deren Rechtsvorgängerin zur medizinischen Rehabilitation in der F.klinik Bad B ... Der dortige Entlassbericht vom 29.10.1997 beschrieb bei der Klägerin eine lumbale Tendomyalgie bei Bandscheibenprotrusion L4/5 und Facettenhypertrophie, eine Periarthropatia coxae rechts, eine reaktive Depression mit Somatisierungstendenz sowie eine Adipositas per magna. Die Klägerin wurde für Tätigkeiten als Arbeiterin, wie auch für mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen für vollschichtig leistungsfähig angesehen.

Ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. H. vom 02.10.1998 beschrieb bei der Klägerin ein myalgisch-tendomyopathisches "pseudoradiculäres" Syndrom bei degenerativem LWS-Prozess und den Verdacht auf zusätzliche Somatisierungsstörung iS depressiv-psychosomatischer Überlagerung. Dr. H. hielt die Klägern für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowie für Tätigkeiten als Verkäuferin/Putzfrau mit qualitativen Einschränkungen vollschichtig leistungsfähig.

Der Chirurg, Unfallchirurg, D-Arzt Dr. F. führte in seinem Gutachten vom 23.11.1998 aus, die Klägerin leide an einer chronischen Lumbalgie mit Wurzelreizsyndrom L5 bei degenerativer Bandscheibenveränderung iS einer Protrusion und computertomographisch nachgewiesener Facettenhypertrophie. Die Klägerin sei für leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig und für mittelschwere Tätigkeiten sowie für Tätigkeiten als Verkäuferin halb- bis unter vollschichtig leistungsfähig. Daraufhin lehnte die Beklagte zunächst die Gewährung einer Rente ab (Bescheid vom 25.11.1997 und Widerspruchsbescheid vom 11.02.1999).

Im hiergegen angestrengten Verfahren S 2 RJ 326/99 vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) führte der Orthopäde, Rheumatologe, Sportmediziner und Chirotherapeut Dr. R. in seinem Gutachten vom 26.01.2000 aus, bei der Klägerin liege ein teilfixierter Rundhohlrücken mit mäßigem oberem/unterem HWS-Syndrom, ein erhebliches ischialgiformes pseudoradikuläres degeneratives Hohlkreuz-LWS-Syndrom bei Pseudogleiten L3/4, Facettenarthrosen und Baastrup der unteren Etagen, eine initiale Gonarthrose beidseits (überwiegend retropatellar), eine linksbetonte Stammvarikose ohne wesentliche Stauung rechts, etwas Stauung links, ein Senkspreizfuß mit leichterer Hallux valgus Bildung (ohne aktuelle Funktionsbehinderung) sowie mäßiges Übergewicht vor. Aufgrund der Wirbelsäulenstörung sei die Leistungsfähigkeit qualitativ eingeschränkt für Hebe-/Trage-/Steh-/Gehtätigkeiten, insbesondere aber für Rumpffehlhaltungen, besonders Bücken, aber auch zeitlich, da insbesondere die Beschwerden der Lenden-Hüftregion bei Arbeitsbelastung (auch in Wechselhaltung) zunehmen und unzumutbar würden. Die Tätigkeit als Verkäuferin für Frischfisch sei noch bis halbschichtig zumutbar, da mangels ausreichender Abwechslung der Körperhaltung mit Beschwerdezunahme im Laufe einiger Stunden zu rechnen sei. Entsprechendes gelte für die Tätigkeiten als Verkäuferin allgemein oder als Textilarbeiterin. Eine Tätigkeit als Raumpflegerin sei auch nicht zwei Stunden zumutbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien die leichten abwechslungsreichen Tätigkeiten noch bis maximal halbschichtig möglich. Nach dem bisherigen Verlauf und aufgrund der überwiegend degenerativen Verursachung der aktuellen Situation sei mit einer nachhaltigen Besserung in überschaubarer Zeit nicht zu rechnen, sondern vielmehr mit einer allmählichen Progredienz der Befunde/Störungen an Wirbelsäule und Kniegelenken.

Die Beklagte bzw deren Rechtsvorgängerin gewährte der Klägerin aufgrund eines in der mündlichen Verhandlung am 21.11.2000 vor dem SG abgegebenen Teilanerkenntnisse ab dem 01.08.2000 eine jeweils zeitlich befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, zunächst bis 31.07.2002, später mehrfach verlängert bis 31.07.2007.

Am 03.01.2007 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente über den 31.07.2007 hinaus. Die Beklagte beauftragte den Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie, Sportmedizin Dr. D. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dr. D. führte in seinem Gutachten vom 07.05.2007 aus, dass sich vom Untersuchungsbefund her eine Adipositas und eine abgeschwächte Rumpfmuskulatur finden lasse. Bei der klassischen Bewegungsprüfung werde eine eingeschränkte Inklinationsfähigkeit der LWS und eine Rotationseinschränkung der HWS gezeigt. Bei der Untersuchung im Liegen sei dies nicht mehr nachweisbar. Hier werde spontan eine mindestens 80°-ige HWS-Rotation in Bauchlage eingenommen nach beiden Seiten. Auch könne im Sitzen ohne Anstrengung mit beiden Händen der Vorfuß umgriffen werden bei gleichzeitig gestreckten Beinen. Nach manualtherapeutischen Gesichtspunkten finde sich lediglich eine Dysfunktion in Höhe C5+. Die Kopfgelenke seien unauffällig. Ebenso bestehe ein unauffälliger Status im Bereich der BWS und im Wesentlichen auch im Bereich der LWS. Funktionsstörungen im Bereich der Iliosacralgelenke bestünden nicht. Die Schmerzangabe über den Facettgelenken lumbal variiere stark innerhalb von Sekunden. Eine Abwehrspannung lasse sich aber über keinem Gelenk feststellen. Neurologisch habe sich noch eine Hypästhesie im distalen Nervus ulnaris Gebiet auf der linken Seite gefunden. Vom Röntgenbefund finde sich eine leichte linkskonvexe Lumbalskoliose sowie eine Gefügelockerung in Höhe L4/5. Es bestehe durchaus der Verdacht auf eine Aggravation; auffällig sei auch, dass die Beschwerden mit der Trennung vom Vater ihrer Tochter begonnen hätten. Eine Leistungseinschränkung könne man im Rahmen der Pseudospondylolistisis und vielleicht auch der geringen Seitverbiegung der LWS sowie der schlechten muskulären Stabilisierung für schwere körperliche Tätigkeiten mit Inklinationshaltung, Über-Kopf-Haltung sowie Heben und Tragen von schweren Lasten annehmen. Von Seiten der unteren Extremitätengelenke seien keinerlei Beschwerden mehr geäußert, auch habe sich kein Pathologikum gefunden, so dass eine Einschränkung für Tätigkeiten auf unebenem Gelände für Steigen von Treppen und Leitern nicht mehr bestehe. Die Klägerin sei als Verkäuferin und für leichte bis mittelschwere sowie leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr leistungsfähig.

Mit Bescheid vom 29.05.2007 lehnte die Beklagte die Weitergewährung der Rente über den 31.07.2007 hinaus ab. Den hiergegen am 13.06.2007 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.09.2007 zurück. Klage wurde gegen diesen Bescheid nicht erhoben.

Am 26.06.2008 beantragte die Klägerin nunmehr die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Im Auftrag der Beklagten erstattete der Arzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Sozialmedizin, Sportmedizin, Chirotherapie, Rehabilitationswesen Dr. Fu. ein orthopädisches Gutachten. In seinem Gutachten vom 18.08.2008 teilte Dr. Fu. mit, bei der Klägerin liege ein chronisch rezidivierender Schmerzzustand der LWS mit angegebener pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung ins rechte Bein bei mäßiger Fehlstatik, ein chronisch rezidivierender Schmerzzustand der HWS bei muskulären Dysbalancen sowie Osteochondrosen C5/6/7 ohne erkennbares Funktionsdefizit, ein lokaler Schmerzzustand am Trochanter major bds., differenzialdiagnostisch eine Enthesiopathie bzw Bursitis trochanterica, aktuell ohne Funktionsdefizit sowie ein Übergewicht vor. Ungeeignet seien alle durchgängig mittelschweren und schweren körperlichen Arbeiten, Tätigkeiten mit besonderen Wirbelsäulenbelastungen wie anhaltende Zwangs- und Fehlhaltungen, häufigem Bücken sowie regelmäßiger Hebe-, Halte- und Tragebelastung über 12 kg und regelmäßige Überkopfarbeiten. Geeignet seien leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung unter Meidung der genannten Wirbelsäulenbelastungen. Ungeeignet seien Tätigkeiten, die eine besondere Anforderung an die beidhändige Kraft bzw Grobmotorik stellten. Feinmotorische Tätigkeiten seien durchaus möglich und zumutbar. Die Tätigkeit als Verkäuferin in einem Fischfachgeschäft sei nur noch unter drei Stunden täglich zumutbar, dagegen seien andere Verkaufstätigkeiten, die körperlich weniger belastend seien und eine nur geringe Hebe- und Tragebelastung erforderten, durchaus in einem vollschichtigen Umfang auszuüben. Auch alle anderen Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, seien entsprechend dem positiven Leistungsbild in vollschichtigem Umfang ohne Gefahr für die Gesundheit möglich.

Mit Bescheid vom 29.08.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung der begehrten Rente ab, weil die Klägerin weder teilweise noch voll erwerbsgemindert sei und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Mit ihrem Widerspruch vom 09.09.2008 machte die Klägerin geltend, sie könne noch nicht einmal mehr ihre Hausarbeit richtig verrichten, wie solle sie da arbeiten gehen. Ihre Rückenschmerzen hätten sich verstärkt.

Nach Einholung einer ärztlichen Stellungnahme von Dr. Fu. vom 08.01.2009 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.2009 zurück; die Klägerin sei noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.

Am 01.04.2009 hat die Klägerin beim SG Klage erhoben. Sie habe bereits in der Zeit vom 01.08.2000 bis zum 31.07.2007 eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen. Ihr Gesundheitszustand habe sich seither nicht verbessert sondern stetig verschlimmert. Sie sei nach wie vor nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit im erforderlichen Umfang nachzugehen. Sie leide vor allem an so heftigen Rückenschmerzen, dass sie durch diese bereits in der Hausarbeit erheblich behindert werde. Zudem neigten der kleine Finger und der Ringfinger ihrer linken Hand ausgeprägt zur Taubheit und zum Krampf. Die täglichen Beschwerden hätten sich ins Privatleben verlagert. Sie habe ganz erhebliche Schwierigkeiten die Anforderung ihres Haushaltes zu erfüllen. Unzumutbare Schmerzen stellten sich bei Tätigkeiten wie Fenster putzen, Boden wischen, Eimer tragen, aber auch Abwaschen, beim Staubsaugen und sogar beim Bügeln ein. Diese Tätigkeiten müsse sie immer wieder abbrechen und sich dann hinlegen. Vor mehr als 10 Jahren habe auch Dr. R. festgestellt, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte abwechslungsreiche Tätigkeiten noch an fünf Tagen pro Woche mit einer Einschränkung auf weniger als halbschichtig möglich seien.

Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung des die Klägerin behandelnden Arztes Dr. B. als sachverständigen Zeugen. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 33 bis 40 der SG-Akten Bezug genommen. Der Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie Dr. B. hat in seiner Auskunft vom 13.04.2010 mitgeteilt, im Vordergrund stehe vor allem die Erkrankung der Lendenwirbelsäule, die sich auf die Belastungsfähigkeit auswirke. Längeres Verharren in ungünstigen Positionen sei nicht möglich, längeres Stehen ebenfalls nicht, wechselnde Tätigkeiten mit Stehen, Sitzen und Gehen ohne Verharren in ungünstigen Stellungen sollten möglich sein. Das Heben von schweren Gegenständen sei nicht möglich. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien möglich, mindestens drei bis unter sechs Stunden.

Das SG hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens bei Dr. K ... Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 46 bis 85 der SG-Akte Bezug genommen. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. K. hat in seinem Gutachten vom 26.05.2010 festgestellt, die Klägerin leide an einer chronisch rezidivierenden Lumboischialgie rechtsbetont bei Osteochondrose der oberen LWS, Linkskoliose von 16° und Gleitwirbel L4/L5, einem chronisch rezidivierenden Zervikalsyndrom bei Osteochondrose C3 bis C7, einem patellofemoralen Schmerzsyndrom beidseits sowie an Restbeschwerden nach operativ behandeltem Sculcus nervus ulnaris Syndromes links. Schwerwiegende funktionelle Einschränkungen hätten sich bei der Untersuchung nicht ableiten lassen. Die Greiffunktion des linken Armes sei jedoch eingeschränkt. Mittelschwere und schwere Tätigkeiten seien nicht mehr leidensgerecht. Leichte Tätigkeiten, welche mit Heben und Tragen sowie Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel bis 10 Kilogramm verbunden seien, seien möglich. Tätigkeiten, welche überwiegend im Stehen und Gehen durchgeführt würden, sollten nicht mehr vorgenommen werden. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten seien ebenfalls nicht mehr leidensgerecht. Tätigkeiten an gefährdenden Maschinen sowie Akkord- und Fließbandarbeit seien prinzipiell zumutbar. Die volle Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sei nicht gegeben. Es ergäben sich Schwierigkeiten beim Grobgriff der linken Hand und beim Halten mittelschwerer Gegenstände links. Arbeiten in Wechsel- und Nachtschicht seien prinzipiell zumutbar. Der Einfluss von Nässe, Kälte und Zugluft solle unterbleiben. Die Klägerin sei nicht in der Lage, den Beruf der Fischfachverkäuferin auszuüben, da diese Tätigkeit ausschließlich im Stehen durchgeführte werde und überwiegend ungeeignete Körperhaltungen erforderlich mache. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien leichte Tätigkeiten vollschichtig zumutbar.

Mit Urteil vom 29.09.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Vorliegend sei das Recht in der ab dem 01.01.2001 geltenden Fassung anzuwenden, denn die Klägerin habe zwar vom 01.08.2000 bis 31.07.2007 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen, es handele sich aber bei dem streitgegenständlichen Begehren nicht um die Entscheidung über einen Weitergewährungsantrag, der mit Bescheid vom 29.05.2007 bestandskräftig abgelehnt worden sei, sondern um den neuen Rentenantrag vom 26.06.2008. Die Klägerin sei iSd § 43 SGB VI weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Eine rentenrelevante quantitative Einschränkung für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt lasse sich aus den bestehenden Erkrankungen nicht ableiten. Die Klägerin könne unter Beachtung qualitativer Einschränkungen zumindest noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von mindestens sechs Stunden am Tag im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche ausüben. Seine Überzeugung stütze das Gericht insbesondere auf das Gutachten von Dr. K. Auch der im Verwaltungsverfahren beauftragte Gutachter Dr. Fu. und der im vorherigen Verwaltungsverfahren beauftragte Gutachter Dr. D. stimmten in der Diagnose im Wesentlichen mit Dr. K. überein. Unerheblich sei, dass Dr. R. im Jahr 2000 ein nur noch halbschichtiges Leistungsvermögen bejaht habe, denn bei der Weitergewährung einer Zeitrente sei kein Besserungsnachweis gegenüber der Vorbegutachtung, die zu einer Rentengewährung geführt habe, erforderlich. Zu einem anderen Ergebnis führe auch nicht der Vortrag der Klägerin, dass ihr bestimmte Hausarbeiten schwer fielen und sie sich immer wieder ausruhen müsse. Auffällig sei insbesondere, dass es sich bei den von der Klägerin genannten Tätigkeiten, wie Boden wischen, Fenster putzen, Staubsaugen oder Bügeln, nicht um leichte Tätigkeiten handele. Das Ausüben mittelschwerer oder schwerer körperlicher Tätigkeiten werde aber von der Klägerin gerade nicht verlangt. Es bestehe auch kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, denn die Klägerin sei nicht berufsunfähig. Angesichts ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Fischverkäuferin sowie der davor ausgeübten Tätigkeiten als Küchenhilfe bzw Maschinenführerin, bei denen es sich um ungelernte oder kurzfristig angelernte Tätigkeiten handele, sei die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Derartige Tätigkeiten könne sie aber noch mindestens sechsstündig verrichten.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 25.10.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.11.2010 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Sie sei vollständig oder mindestens teilweise erwerbsgemindert. Die für die Zeit vom 01.08.2000 bis 31.07.2007 bezogene Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sei damals wegen der gleichen Erkrankungen gewährt worden, wegen derer sie heute begehrt werde. Hierbei handele es sich um eine degenerative Erkrankung. Damals sei festgestellt worden, dass mit einer Besserung der Krankheitsfolgen nicht gerechnet werden könne. Die Art der Erkrankung berge eine Tendenz zur Verschlechterung. Tatsächlich habe sich nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben auch keine Verbesserung mehr ergeben, vielmehr sei eine stetige Verschlechterung eingetreten. Die Beeinträchtigungen zeigten sich nunmehr im privaten Leben und immer deutlicher. Bei dem in der Zwischenzeit eingetretenen Zustand könne nicht mehr ernsthaft an eine Erwerbsarbeit gedacht werden. Die bereits einmal erfolgte Berentung sei eine Tatsache, die zu würdigen sei. Insbesondere seien die Tatsachen zu würdigen, die damals zur Berentung geführt hätten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es bei den vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen medizinisch gleichsam ausgeschlossen bzw extrem unwahrscheinlich sei, dass sich im Verlauf von mehr als 10 Jahren eine Besserung ergebe. Auch ärztliche Untersuchungen müssten der Plausibilität entsprechen. Die Bestätigung der Erwerbsminderung durch Arztgutachten sei ein Versuch der Objektivierung, der in vielen Fällen gelinge. Gelinge er nicht, sei damit aber das Vorliegen einer Erwerbsminderung keineswegs ausgeschlossen. Den Zeugenbeweis für eine bestimmte Lebenswirklichkeit auszuschließen, sei methodisch erkennbar unzureichend. Denn bei der Feststellung und Bemessung der Erwerbsunfähigkeit sei zunächst unter allen Umständen die Lebenswirklichkeit der betreffenden Person und die dabei offensichtlich werdenden Einschränkungen heranzuziehen. Ihre Nachbarin, Frau R.-H., unterstütze sie in vielfältiger Hinsicht im Haushalts. Dabei falle dieser auf, dass sie in den Verrichtungen des täglichen Lebens erheblich eingeschränkt sei. So sei für die Nachbarin beispielsweise offensichtlich, dass sie Einkäufe nicht zu Fuß nach Hause transportieren könne, weil sie diese nicht tragen könne. Auch sei Frau R.-H. aufgefallen, dass sie häufig deutliche Probleme beim Gehen habe. Es sei für Frau R.-H. offensichtlich, dass sie schon bei ganz alltäglichen Bewegungen deutlich an Schmerzen leide und diese deshalb vermeiden müsse. Sie gehe ganz ungewöhnlich langsam, müsse sehr häufig stehenbleiben und nach Gelegenheiten suchen, sich zwischendurch hinzusetzen. Sie könne nur kurz stehen. Auch die bei ihr lebende Tochter, K. F., wisse am besten über ihren gesundheitlichen Zustand Bescheid. Diese unterstütze sie schon seit vielen Jahren bei der Hausarbeit, müsse die Wäsche erledigen, die Wohnung saugen und putzen, auch die Fenster. Ihre starken Rückenschmerzen, die zu den vielfältigen Einschränkungen im täglichen Leben führten, würden von der Tochter sehr deutlich und täglich wahrgenommen. Diese wisse auch, dass sie Medikamente gegen die Schmerzen nehme, die ihr jedoch kaum helfen. Insbesondere wisse ihre Tochter, dass ihr Zustand seit Jahren nie besser, wohl aber stetig schlechter geworden sei. Die Tochter könne bestätigen, dass sie den Haushalt nicht selbst führen könne und alleine praktisch überhaupt nicht ausgehen könne.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 29.09.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 29.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.03.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, ggf auch bei Berufsunfähigkeit, ab 01.07.2008 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Mit Schriftsatz vom 01.06.2011 hat die Klägerin ua ausgeführt, mache die Lebenswirklichkeit offenkundig, dass Erwerbsfähigkeit nicht bestehe, und führe andererseits die Momentaufnahme einer ärztlicher Begutachtung zu einer anderen Feststellung, dann könne die Offenkundigkeit der Lebenswirklichkeit nicht mit dem Hinweis darauf, das medizinische Sachverständigengutachten sei wahr, als unwahr unbeachtet bleiben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte, nachdem sich beide Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 153 Abs 1 iVm § 124 Abs 2 SGG), da unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich war.

Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) der Klägerin ist der im Bescheid der Beklagten vom 29.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.03.2009, mit dem diese das im Antrag vom 26.06.2008 zum Ausdruck kommende Begehren auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, abgelehnt hat. Diese Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, aufgrund ihres Antrages vom 26.06.2008. Da die Klägerin lediglich beantragt hat, ihr eine Rente ab 01.07.2008 zuzusprechen, ist eine Rente im Monat Juni 2008 (vgl § 99 SGB VI) nicht streitgegenständlich; insoweit ist der angefochtene Bescheid vom 29.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.03.2009 bestandskräftig geworden.

Nicht Streitgegenstand ist, ob der Klägerin über den 31.07.2007 hinaus ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw Berufsunfähigkeit nach dem bis 31.12.2000 geltenden Recht zusteht. Denn die Beklagte hat hierüber mit Bescheid vom 29.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.09.2007 bestandskräftig entschieden (§ 77 SGG). Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Beklagte auch nicht hierüber entschieden. Die Klägerin hat mit ihrem Antrag vom 26.06.2008 aber auch nicht begehrt, die frühere Ablehnung der Weitergewährung der bis zum 31.07.2007 gezahlten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 29.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.09.2007) zu überprüfen bzw zurückzunehmen (§ 44 SGB X). Ein solches Begehren konnte der Senat den damaligen Ausführungen der Klägerin nicht entnehmen; zutreffend hat die Beklagte daher mit den angefochtenen Bescheiden auch nicht hierüber entschieden.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Nach Durchführung der Beweisaufnahme ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum ab 01.07.2008 Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeitstäglich (an fünf Tagen pro Woche) vollschichtig verrichten kann.

Nach dem Ergebnis der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der aus dem Verwaltungs- bzw Widerspruchsverfahren vorliegenden ärztlichen Unterlagen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin im Wesentlichen an einer chronisch rezidivierende Lumboischialgie rechtsbetont bei Osteochondrose der oberen LWS, Linksskoliose von 16° und Gleitwirbel L4/L5, einem chronisch rezidivierenden Cervicalsyndrom bei Osteochondrose C3-C7, einem patellofemoralen Schmerzsyndrom beidseits sowie an Restbeschwerden nach operativ behandeltem Sulcus nervus ulnaris Syndrom links leidet. Diese Erkrankungen führen im Bereich der oberen Gliedmaßen zu einer Funktionsstörung des linken Armes mit Abschwächung der groben Kraft beim Faustschluss. Schwerwiegende funktionelle Einschränkungen lassen sich hieraus aber nicht ableiten. Die Greiffunktion des linken Armes ist eingeschränkt. Auch sind Einschränkungen der Feinmotorik der linken Hand vorhanden. Jedoch ist die Funktionalität der groben und kleinen Gelenke der linken Hand und eine noch ausreichende Kraftentwicklung des linken Armes uneingeschränkt gegeben. Auch das pseudoradiculäre lumboischialgiforme Syndrom links und die bestehenden muskulären Dysbalancen (Ursachen sind: Hohlrundrücken, Gleitwirbel L4/L5 und Wirbelsäulenseitverkrümmung) führen zu qualitativen Funktionseinschränkungen. Diese Erkrankungen stehen aber auch unter Berücksichtigung des Rückenschmerzes mit Ausstrahlung in das linke Bein und unter Einbeziehung der Sensibilitätsstörung des linken Oberschenkels, des fehlenden Therapieerfolges und der chronisch rezidivierenden Beschwerden einer körperlich leichten Arbeiten mit Haltungswechseln nicht entgegen. Auch die unteren Gliedmaßen, bei denen eine freie Funktion vorliegt, bedingen keine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Insbesondere konnte Dr. K. Hinweise für einen Reizzustand des Kniegelenkes (zB Rötung, Schwellung oder Ergussbildung) nicht feststellen.

Unter Berücksichtigung dieser Erkrankungen und Befunde konnte sich der Senat davon überzeugen, dass die Klägerin noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an fünf Tagen pro Woche vollschichtig verrichten kann. Sie hat dabei aber qualitative Einschränkungen zu beachten. Insoweit sind mittelschwere und schwere Tätigkeiten nicht mehr leidensgerecht. Ebenfalls nicht möglich sind - wegen der Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand - Tätigkeiten, die mit Heben und Tragen sowie Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über 10 kg verbunden sind. Tätigkeiten, die überwiegend im Stehen und Gehen durchgeführt werden, sollten wegen der muskulären Dysbalance der Lendenwirbelsäule, der Linksskoliose und des Gleitwirbels S1 nicht mehr durchgeführt werden. Auch sind deshalb Arbeiten auf Leitern und Gerüsten nicht mehr zumutbar. Dagegen sind Tätigkeiten an gefährdenden Maschinen prinzipiell ebenso zumutbar wie Akkord- und Fließbandarbeit. Arbeiten in Wechsel- und Nachtschicht sind zumutbar. Dagegen sollte der Einfluss von Nässe, Kälte und Zugluft wegen des femoropatellaren Schmerzsyndroms links unterbleiben. Eine Einschränkung der Übernahme besonderer Verantwortung ist nicht feststellbar. Eine gravierende psychische Störung konnte keiner der Gutachter beobachten.

Die genannten Erkrankungen und Leistungseinschränkungen ergeben sich aus dem für den Senat überzeugenden, weil schlüssigen, widerspruchsfreien und vollständigen Gutachten von Dr. K., aber auch aus den Gutachten von Dr. Fu. und Dr. D ... Diese haben den Gesundheitszustand der Klägerin umfassend, auch im Hinblick auf deren Schmerzzustände, untersucht und dargestellt. An der Schlüssigkeit der Gutachtensaussagen lassen auch die Ausführungen der Klägerin, sie nehme regelmäßig Schmerzmittel, könne ihren Haushalt nur noch unter Mithilfe ihrer Tochter und ihrer Nachbarin erledigen und gehe nicht mehr alleine aus dem Haus, keine Zweifel aufkommen. Denn insbesondere stellt die Durchführung der von der Klägerin beschriebenen und ihr nach eigenem Bekunden nicht mehr möglichen Haushaltsverrichtungen (Boden wischen, Fenster putzen, Staubsaugen oder Bügeln und Transportieren vom schwerem Eingekauftem) keine Tätigkeiten dar, die den oben genannten qualitativen Leistungseinschränkungen entsprechen. Insoweit lässt sich der Vortrag der Klägerin zweifelslos mit den Bewertungen der Gutachter Dr. K., Dr. Fu. und Dr. D. vereinbaren.

Die Auskunft von Dr. B. steht der Überzeugung des Senats nicht entgegen. Denn dieser hat zwar eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit mitgeteilt, doch konnte der Senat aus den von Dr. B. dargelegten Befunden seinem Schluss auf ein untersechsstündiges Leistungsvermögen nicht folgen. Insoweit hat er auch seine Einschätzung einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht näher begründet.

Auch aus dem Gutachten von Dr. R. konnte der Senat keine abweichende Leistungsbeurteilung ableiten. Denn - darauf weist die Klägerin zutreffend hin - dessen Untersuchungen liegen nun schon über zehn Jahre zurück. Aber auch seinen damaligen Untersuchungsbefunden und den von ihm festgestellten Erkrankungen lassen sich keine Zweifel am Gutachten von Dr. K. entnehmen. Denn insoweit weichen seine Befunde nicht wesentlich von den von Dr. K. erhobenen ab. Da der Senat aber eine eigene Beurteilung der Leistungsfähigkeit vorzunehmen hat, konnte er nur den vorliegend aktuellen ärztlichen Einschätzungen folgen. Ob die Leistungsfähigkeit der Klägerin zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. R. nach dem damaligen Rentenrecht eingeschränkt bzw warum und wieweit sie eingeschränkt war, musste der Senat nicht beurteilen.

Da es sich bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit im Sinne des § 43 SGB VI um eine Frage handelt, die auf medizinischer Grundlage beruht (vgl § 43 Abs 1 Satz 2 bzw Abs 2 Satz 2 SGB VI: "wegen Krankheit oder Behinderung"), war dem Ansinnen der Klägerin, ihre Tochter und ihre Nachbarin als Zeuginnen dafür zu vernehmen, dass sie ganz ungewöhnlich langsam gehe, sehr häufig stehen bleibe und nach Gelegenheiten suche, sich zwischendurch hinsetzen zu können und die Nachbarin deshalb alle notwendigen Fahrten für sie erledige bzw sie ohne Hilfe ihrer Tochter den Haushalt nicht bewältigen könne und diese auch bestätigen könne, dass die Schmerzmedikamente kaum hülfen, nicht nachzukommen. Die zur Feststellung, dass wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes Tätigkeiten nicht mehr mindestens in dem von § 43 Abs 1 Satz 2 bzw Abs 2 Satz 2 SGB VI benannten Umfang ausgeübt werden können, notwendigen Tatsachen sind in aller Regel mit Hilfe eines Sachverständigen zu klären. Die von der Klägerin angeführte "Lebenswirklichkeit" ist im Rahmen der medizinischen Sachverhaltsaufklärung zu berücksichtigen. Sie kann aber nicht dazu führen, dass medizinisch gesicherte, der Klägerin aber unliebsame Folgerungen nicht gezogen werden. Die Vernehmung von Angehörigen und Nachbarn als Zeugen ist demgegenüber zur Aufklärung eines medizinischen Sachverhalts nicht geeignet. Es ist auch unerheblich, ob die Klägerin sich selbst für erwerbsgemindert hält oder von ihren Angehörigen als erwerbsgemindert betrachtet wird. Maßgeblich ist, welche Tätigkeiten der Klägerin aufgrund ihres Gesundheitszustandes möglich und zumutbar sind. Dass die Klägerin dabei verschiedene Tätigkeiten ihres Haushalts nicht mehr selbst erledigen kann, hat der Senat dabei berücksichtigt (s o).

Insgesamt war daher auch eine weitere Ermittlung von Amts wegen bzw auf Antrag der Klägerin, auch durch Befragung der benannten Zeugen, nicht erforderlich. Denn die Gutachten von Dr. K., Dr. Fu. und Dr. D. sowie die in der Auskunft des behandelnden Arztes mitgeteilten Befunde haben für den Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO).

Die bei der Klägerin bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtliche nicht ungewöhnlich sind, lassen auch keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass diese noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus ihnen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG, 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Die Klägerin ist dabei auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies hat Dr. K. auch bestätigt. Auch die Auskunft der Klägerin, sie habe Eingekauftes zurücklassen und ihre Tochter bitten müssen, dies später abzuholen, spricht dafür, dass die Klägerin noch selbständig Wegstrecken in diesem Umfang zu Fuß zurücklegen kann.

Die Klägerin ist damit nach Überzeugung des Senats im streitigen Zeitraum ab 01.07.2008 noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen hatte im gesamten streitigen Zeitraum durchgehend bestanden. Mit diesem Leistungsvermögen ist die Klägerin im streitigen Zeitraum nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI); sie hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser bzw voller Erwerbsminderung.

Der Senat ist darüber hinaus der Auffassung, dass die Klägerin in der Zeit ab 01.08.2007 in der Lage war, leichte Arbeiten - mit den bereits genannten qualitativen Einschränkungen - auch vollschichtig, dh acht Stunden an fünf Tagen in der Woche zu verrichten. Sie war daher auch nicht über den 31.07.2007 hinaus erwerbsunfähig. Dies folgt aus dem Umstand, dass die vorliegenden Gesundheitsstörungen keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht rechtfertigen. Selbst wenn deshalb davon ausgegangen werden müsste, dass die Beklagte (sinngemäß) auch eine Aufhebung der Bescheide vom 29.05.2007 abgelehnt hatte, käme eine Rentengewährung nach den bis zum 31.12.2000 geltenden §§ 43, 44 SGB VI damit nicht in Betracht. Nach Ablauf einer Zeitrente bemisst sich das Vorliegen einer Erwerbsminderung nach dem aktuell bestehenden Gesundheitszustand. Dabei ist unerheblich, ob im Vergleich zu früher eine Besserung oder Verschlimmerung eingetreten ist.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 01.01.2001 geltenden Fassungen (zuletzt geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Deshalb besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu, einen zumutbaren beruflichen Abstieg in Kauf zu nehmen.

Die Klägerin ist nach Überzeugung des Senats als Ungelernte einzustufen. Sie hat möglicherweise in der DDR eine Ausbildung zur Textilfacharbeiterin durchlaufen, hat den ggf hierdurch vermittelten Berufsschutz jedoch schon dadurch verloren, dass sie infolge eines freiwilligen Arbeitsplatzwechsels als ungelernte Maschinenführerin tätig geworden war. Sie hat einen Berufsschutz vermittelnden Beruf freiwillig aufgegeben und seither keine neue, einen Berufsschutz begründende Tätigkeit ausgeübt. Auch die Tätigkeit als Fischverkäuferin bei der Firma "N." ist keine einen gewissen Berufsschutz vermittelnde Tätigkeit, denn die Klägerin war dort nicht als Fischfachverkäufern tätig; im Übrigen hat sie auch diese Tätigkeit freiwillig und nicht krankheitsbedingt aufgegeben. Damit ist die Klägerin auf sämtliche auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommende Tätigkeiten verweisbar. Derartige leichte Tätigkeiten kann sie aber - wie oben dargelegt - arbeitstäglich noch sechs Stunden und mehr verrichten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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