Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 4100/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 5921/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger verfolgt mit seiner Klage die Förderung verschiedener Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen durch die Beklagte.
Der am 18.01.1975 geborene Kläger stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte.
Am 14.03.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Förderung der Teilnahme an den Schulung "840D 5-Achs-Programmierung" und "Sinumerik 840D/810D/840Di/840Dsl/840Di sl" bei der Fa. Siemens. Am 13.05.2009 beantragte er die Förderung der Teilnahme an der Schulung "Betriebselektriker-Seminar &8210; Auffrischung der notwendigen Fachkunde alleinarbeitender "Betriebselektriker" bei der VDE in Magdeburg am 25.05.2009. Mit Bescheiden vom 17.03.2009, vom 28.04.2009 und vom 13.05.2009 lehnte die Beklagte die Anträge ab. Arbeitslose könnten gemäß § 77 SGB III durch Übernahme von Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn dies notwendig sei, um sie beruflich wieder einzugliedern. Dies sei beim Kläger, so die Beklagte, nicht der Fall. Die hiergegen vom Kläger eingelegten Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.09.2009 zurück.
Am 16.09.2009 hat der Kläger Klage zum SG erhoben und vorgetragen, auf die Förderung der begehrten Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen bestehe ein Rechtsanspruch. Die Weigerung der Beklagten, ihn zu fördern, habe dazu geführt, dass er langzeitarbeitslos sei. Infolge des Technologiewandels seien die begehrten Weiterbildungsmaßnahmen erforderlich, um Kenntnisse, die aus vorherigen Schulungen erlangt worden seien, nicht zu verlieren. Eine monatelange Auswertung von Stellenanzeigen und Jobbörsen habe ergeben, dass die Schulungen notwendig seien. Am 20.05.2010 und am 27.08.2010 hat der Kläger die Übersendung einer Mehrfertigung der Verfahrens- und Verwaltungsakte beantragt. Am 12.11.2010 hat er den Vorsitzenden der zuständigen Kammer des SG wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Nach den bisherigen Entscheidungen gebe es, so der Kläger, nur zwei Optionen: entweder fehle dem Vorsitzenden generell die Befähigung zum Richteramt oder er sei zu faul, seinen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.12.2010 hat das SG, nach vorheriger Anhörung der Beteiligten, die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, das Befangenheitsgesuch hindere das Gericht nicht daran, in der Sache zu entscheiden, da es offensichtlich rechtsmissbräuchlich sei. Der Antrag ziele einzig darauf ab, den Kammervorsitzenden vom vorliegenden Verfahren auszuschließen, um die Bearbeitung des Verfahrens durch einen anderen Richter zu erreichen. Dem Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht sei nicht zu entsprechen, da dieser gleichfalls als grob rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren sei. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen der beruflichen Weiterbildung. § 77 SGB III setze voraus, dass die begehrte Förderung notwendig sei, um den Arbeitslosen wiedereinzugliedern. Die hierbei von der Beklagten angestellte Prognoseentscheidung sei nicht zu beanstanden. Auch bestehe kein Förderungsanspruch nach den §§ 10, 45, 46 SGB III.
Gegen den am 27.12.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.12.2010 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, eine Selbstentscheidung des Kammervorsitzenden über sein Befangenheitsgesuch sei unzulässig. Ihm sei Akteneinsicht sowie die Übersendung der beantragten Aktenkopien verweigert worden. Der Gerichtsbescheid des SG sei ebenso falsch wie die Prognoseentscheidung der Beklagten und deren Angaben zum Arbeitsmarkt. Die begehrten Schulung seien unabdingbar, wie sich bereits daran zeige, dass er in Zeiten angeblicher Vollbeschäftigung keine Arbeitsstelle mehr finde. Seit dem 13.09.2011 befindet sich der Kläger in Untersuchungshaft.
Der Kl. beantragt (zweckdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 17. März 2009, vom 28. April 2009 und vom 13. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2009 zu verurteilen, die Teilnahme an den Schulung der Fa. Siemens "840D 5-Achs-Programmierung" und "Sinumerik 840D/810D/840Di/840Dsl/840Di sl sowie am "Betriebselektriker-Seminar" bei der VDE zu fördern.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2012 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg.
Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obschon der Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 08.02.2012 nicht erschienen ist. Der Kläger wurde ordnungsgemäß durch Übergabe der Ladung in der Justizvollzugsanstalt geladen und auf die Möglichkeit einer Entscheidung in seiner Abwesenheit hingewiesen. Der Umstand, dass sich der Kläger seit dem 13.09.2011 in Untersuchungshaft befindet, ändert hieran, wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 21.09.2011 u.a. in den Verfahren - L 3 AL 2514/10 -, - L 3 AL 2521/10 -, - L 3 AL 2641/10 - und vom 19.10.2011 u.a. in den Verfahren - L 3 AL 3913/11 -, - L 3 AL 3819/11 -, L 3 AL 3917/11 - entschieden hat, nichts. Der Kläger ist vielmehr, da sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet war, wie jeder andere Prozessbeteiligte zu behandeln, dem das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung freigestellt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.1983 - 4 RJ 3/83 - veröffentlicht in juris).
Die statthafte Berufung (§ 143 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) wurde form- und fristgerecht eingelegt (vgl. § 151 Abs. 1 SGG); sie ist zulässig. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Der angefochtene Gerichtsbescheid ist verfahrensfehlerfrei zu Stande gekommen. Soweit der Kläger rügt, das SG habe unzulässigerweise selbst - im Rahmen des angefochtenen Gerichtsbescheides - über seinen Befangenheitsantrag entschieden habe, ist hierdurch kein Verfahrensfehler begründet, der zu einer Zurückverweisung an das SG führen könnte. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 21.06.2011 - L 3 AL 1568/11 NZB - (veröffentlicht in juris) bereits entschieden hat, hat das Befangenheitsgesuch des Klägers vom 12.11.2010 ein Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens nicht erfordert; es wurde offensichtlich nur zu Zweck gestellt, den Vorsitzenden aus dem Verfahren zu drängen. Über das offensichtlich unzulässige Befangenheitsgesuch konnte das SG daher selbst (vgl. Littmann in SGG-Handkommentar, 3. Aufl., § 60 Rn. 25), ohne dass es eines - isolierten - förmlichen Beschlusses hierüber bedurft hätte, entscheiden.
Soweit der Kläger anführt, er habe keine Akteneinsicht erhalten und die von ihm beantragten Kopien der Verfahrens- und Verwaltungsakte seien ihm nicht zur Verfügung gestellt worden, hat er im erstinstanzlichen Verfahren einzig und ausschließlich eine Überlassung von Kopien der Verwaltungs- und Gerichtsakte geltend gemacht. Die beanspruchte Anfertigung von Ablichtungen der gesamten Prozess- und Beiakten ohne vorherige Prüfung auf Relevanz der Aktenbestandteile für die Rechtsverfolgung und ohne Konkretisierung der Akteninhalte ist jedoch als rechtsmissbräuchlich anzusehen (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 21.09.2011, u.a. in den Verfahren - L 3 AL 2514/10 -, - L 3 AL 2521/10 -, - L 3 AL 2641/10 -), weswegen das SG nicht verpflichtet war, dem Antrag des Klägers zu entsprechen.
Auch soweit der Kläger mit der Berufung sein inhaltliches Begehren weiterverfolgt, ist die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 17.03.2009, vom 28.04.2009 und vom 13.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.09.2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Förderung der von ihm beantragten Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen.
Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist (Nr. 1), vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist (Nr. 2) und die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind (Nr. 3).
Im Rahmen des § 77 Abs. 1 Nr. 1 ist zur Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzung (Notwendigkeit der beruflichen Weiterbildung, um den Arbeitnehmer bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern) eine Prognoseentscheidung erforderlich, ob die Bildungsmaßnahme die Eingliederungschancen erhöht. Hierbei muss nicht von vornherein feststehen, dass der Kläger eine Beschäftigung finden wird, es muss jedoch zu erwarten stehen, dass die Eingliederungschancen nach Abschluss der Maßnahme erheblich verbessert sind und die begründete Aussicht besteht, dass dem Kläger infolge der Maßnahme ein angemessener Dauerarbeitsplatz verschafft werden kann. Dass die Teilnahme für den Kläger beruflich zweckmäßig ist, reicht allein nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.1981 - 7 RAr 49/80 - veröffentlicht in juris). Der Beklagten steht insoweit ein Beurteilungsspielraum zu; der gerichtlichen Kontrolle unterliegt lediglich, ob die Verwaltungsentscheidung in einer dem Sachverhalt angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 03.07.2003 - B 7 AL 66/02 R - m.w.N. veröffentlicht in juris). Abzustellen ist dabei als Beurteilungszeitpunkt grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides (vgl. BSG, Urteil vom 26.09.1990 - 9b/11 RAr 151/88 – veröffentlicht in juris). Die Prognose der Beklagten, wonach die hier erstrebte Förderung in Form von Schulungen die Eingliederungschancen des Klägers auf dem Arbeitsmarkt nicht zu verbessern vermögen, ist zur Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat ihre (negative) Prognose zutreffend darauf stützen dürfen, dass die Konkurrenzfähigkeit des Klägers zuvorderst durch seine häufigen Arbeitsplatzwechsel und nicht durch eine fehlende berufliche Qualifikation beeinträchtigt war und ist. Der Kläger wurde von der Beklagten vielfach gefördert und hat hierbei aktuelle Zusatzqualifikationen, u.a. "SIMATIC S 7" und "SINUMERIC" erworben. Mit seinen Qualifikationen ist es dem Kläger gelungen, nach einer Beschäftigungslosigkeit wieder Arbeitsstellen antreten zu können. Dass er diese nicht über einen längeren Zeitraum halten konnte, lag nicht an der fehlenden fachlichen Eignung des Klägers. Anhaltspunkte hierfür sind dem Senat nicht ersichtlich. Aus der Erwerbsbiographie des Klägers wird vielmehr deutlich, dass er über eine ausreichende fachliche Eignung verfügt, so dass eine (weitere) Weiterbildungsmaßnahme keine Verbesserung der Eingliederungschancen nach sich zieht.
Eine Förderung nach § 10 SGB III scheidet gleichfalls aus. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der bis zum 31.12.2009 geltenden Fassung der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006 (BGBl. I 2407) können die Agenturen für Arbeit bis zu zehn Prozent der im Eingliederungstitel enthaltenen Mittel für Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung einsetzen, um die Möglichkeiten der gesetzlich geregelten aktiven Arbeitsförderungsleistungen durch freie Leistungen der aktiven Arbeitsförderung zu erweitern. Die Förderung steht jedoch nach Satz 2 der Vorschrift unter dem Vorbehalt, dass die freien Leistungen den Zielen und Grundsätzen der gesetzlichen Leistungen entsprechen müssen. Da die erstrebte Förderung im Wege der Teilnahme an einer Schulung jedoch den Grundsätzen des § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III und der dort erforderlichen positiven Prognose widersprechen würde, scheidet eine Förderung nach § 10 Abs. 1 SGB III aus.
Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 45 SGB III, da eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget gleichfalls die Notwendigkeit der Förderung der beruflichen Eingliederung voraussetzt. Diese besteht vorliegend jedoch nicht.
Schließlich kann der Kläger die von ihm erstrebte Förderung auch nicht aus § 46 SGB III in der ab dem 01.01.2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung arbeitsmarktpolitischer Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl. I 2917) herleiten. Die dortigen Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung, die Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt, die Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen, die Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung, die Heranführung an eine selbständige Tätigkeit oder die Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme (vgl. § 46 Abs. 1 Nrn. 1 – 5 SGB III) erfassen nicht die qualifizierende Vermittlung von beruflichen Kenntnissen.
Der Kläger hat mithin keinen Anspruch auf Förderung in Form einer Schulung. Die Bescheide der Beklagten vom 17.03.2009, vom 28.04.2009 und vom 13.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.09.2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Berufung ist hiernach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger verfolgt mit seiner Klage die Förderung verschiedener Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen durch die Beklagte.
Der am 18.01.1975 geborene Kläger stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte.
Am 14.03.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Förderung der Teilnahme an den Schulung "840D 5-Achs-Programmierung" und "Sinumerik 840D/810D/840Di/840Dsl/840Di sl" bei der Fa. Siemens. Am 13.05.2009 beantragte er die Förderung der Teilnahme an der Schulung "Betriebselektriker-Seminar &8210; Auffrischung der notwendigen Fachkunde alleinarbeitender "Betriebselektriker" bei der VDE in Magdeburg am 25.05.2009. Mit Bescheiden vom 17.03.2009, vom 28.04.2009 und vom 13.05.2009 lehnte die Beklagte die Anträge ab. Arbeitslose könnten gemäß § 77 SGB III durch Übernahme von Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn dies notwendig sei, um sie beruflich wieder einzugliedern. Dies sei beim Kläger, so die Beklagte, nicht der Fall. Die hiergegen vom Kläger eingelegten Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.09.2009 zurück.
Am 16.09.2009 hat der Kläger Klage zum SG erhoben und vorgetragen, auf die Förderung der begehrten Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen bestehe ein Rechtsanspruch. Die Weigerung der Beklagten, ihn zu fördern, habe dazu geführt, dass er langzeitarbeitslos sei. Infolge des Technologiewandels seien die begehrten Weiterbildungsmaßnahmen erforderlich, um Kenntnisse, die aus vorherigen Schulungen erlangt worden seien, nicht zu verlieren. Eine monatelange Auswertung von Stellenanzeigen und Jobbörsen habe ergeben, dass die Schulungen notwendig seien. Am 20.05.2010 und am 27.08.2010 hat der Kläger die Übersendung einer Mehrfertigung der Verfahrens- und Verwaltungsakte beantragt. Am 12.11.2010 hat er den Vorsitzenden der zuständigen Kammer des SG wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Nach den bisherigen Entscheidungen gebe es, so der Kläger, nur zwei Optionen: entweder fehle dem Vorsitzenden generell die Befähigung zum Richteramt oder er sei zu faul, seinen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.12.2010 hat das SG, nach vorheriger Anhörung der Beteiligten, die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, das Befangenheitsgesuch hindere das Gericht nicht daran, in der Sache zu entscheiden, da es offensichtlich rechtsmissbräuchlich sei. Der Antrag ziele einzig darauf ab, den Kammervorsitzenden vom vorliegenden Verfahren auszuschließen, um die Bearbeitung des Verfahrens durch einen anderen Richter zu erreichen. Dem Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht sei nicht zu entsprechen, da dieser gleichfalls als grob rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren sei. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen der beruflichen Weiterbildung. § 77 SGB III setze voraus, dass die begehrte Förderung notwendig sei, um den Arbeitslosen wiedereinzugliedern. Die hierbei von der Beklagten angestellte Prognoseentscheidung sei nicht zu beanstanden. Auch bestehe kein Förderungsanspruch nach den §§ 10, 45, 46 SGB III.
Gegen den am 27.12.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.12.2010 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, eine Selbstentscheidung des Kammervorsitzenden über sein Befangenheitsgesuch sei unzulässig. Ihm sei Akteneinsicht sowie die Übersendung der beantragten Aktenkopien verweigert worden. Der Gerichtsbescheid des SG sei ebenso falsch wie die Prognoseentscheidung der Beklagten und deren Angaben zum Arbeitsmarkt. Die begehrten Schulung seien unabdingbar, wie sich bereits daran zeige, dass er in Zeiten angeblicher Vollbeschäftigung keine Arbeitsstelle mehr finde. Seit dem 13.09.2011 befindet sich der Kläger in Untersuchungshaft.
Der Kl. beantragt (zweckdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 17. März 2009, vom 28. April 2009 und vom 13. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2009 zu verurteilen, die Teilnahme an den Schulung der Fa. Siemens "840D 5-Achs-Programmierung" und "Sinumerik 840D/810D/840Di/840Dsl/840Di sl sowie am "Betriebselektriker-Seminar" bei der VDE zu fördern.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2012 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg.
Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obschon der Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 08.02.2012 nicht erschienen ist. Der Kläger wurde ordnungsgemäß durch Übergabe der Ladung in der Justizvollzugsanstalt geladen und auf die Möglichkeit einer Entscheidung in seiner Abwesenheit hingewiesen. Der Umstand, dass sich der Kläger seit dem 13.09.2011 in Untersuchungshaft befindet, ändert hieran, wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 21.09.2011 u.a. in den Verfahren - L 3 AL 2514/10 -, - L 3 AL 2521/10 -, - L 3 AL 2641/10 - und vom 19.10.2011 u.a. in den Verfahren - L 3 AL 3913/11 -, - L 3 AL 3819/11 -, L 3 AL 3917/11 - entschieden hat, nichts. Der Kläger ist vielmehr, da sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet war, wie jeder andere Prozessbeteiligte zu behandeln, dem das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung freigestellt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.1983 - 4 RJ 3/83 - veröffentlicht in juris).
Die statthafte Berufung (§ 143 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) wurde form- und fristgerecht eingelegt (vgl. § 151 Abs. 1 SGG); sie ist zulässig. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Der angefochtene Gerichtsbescheid ist verfahrensfehlerfrei zu Stande gekommen. Soweit der Kläger rügt, das SG habe unzulässigerweise selbst - im Rahmen des angefochtenen Gerichtsbescheides - über seinen Befangenheitsantrag entschieden habe, ist hierdurch kein Verfahrensfehler begründet, der zu einer Zurückverweisung an das SG führen könnte. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 21.06.2011 - L 3 AL 1568/11 NZB - (veröffentlicht in juris) bereits entschieden hat, hat das Befangenheitsgesuch des Klägers vom 12.11.2010 ein Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens nicht erfordert; es wurde offensichtlich nur zu Zweck gestellt, den Vorsitzenden aus dem Verfahren zu drängen. Über das offensichtlich unzulässige Befangenheitsgesuch konnte das SG daher selbst (vgl. Littmann in SGG-Handkommentar, 3. Aufl., § 60 Rn. 25), ohne dass es eines - isolierten - förmlichen Beschlusses hierüber bedurft hätte, entscheiden.
Soweit der Kläger anführt, er habe keine Akteneinsicht erhalten und die von ihm beantragten Kopien der Verfahrens- und Verwaltungsakte seien ihm nicht zur Verfügung gestellt worden, hat er im erstinstanzlichen Verfahren einzig und ausschließlich eine Überlassung von Kopien der Verwaltungs- und Gerichtsakte geltend gemacht. Die beanspruchte Anfertigung von Ablichtungen der gesamten Prozess- und Beiakten ohne vorherige Prüfung auf Relevanz der Aktenbestandteile für die Rechtsverfolgung und ohne Konkretisierung der Akteninhalte ist jedoch als rechtsmissbräuchlich anzusehen (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 21.09.2011, u.a. in den Verfahren - L 3 AL 2514/10 -, - L 3 AL 2521/10 -, - L 3 AL 2641/10 -), weswegen das SG nicht verpflichtet war, dem Antrag des Klägers zu entsprechen.
Auch soweit der Kläger mit der Berufung sein inhaltliches Begehren weiterverfolgt, ist die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 17.03.2009, vom 28.04.2009 und vom 13.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.09.2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Förderung der von ihm beantragten Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen.
Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist (Nr. 1), vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist (Nr. 2) und die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind (Nr. 3).
Im Rahmen des § 77 Abs. 1 Nr. 1 ist zur Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzung (Notwendigkeit der beruflichen Weiterbildung, um den Arbeitnehmer bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern) eine Prognoseentscheidung erforderlich, ob die Bildungsmaßnahme die Eingliederungschancen erhöht. Hierbei muss nicht von vornherein feststehen, dass der Kläger eine Beschäftigung finden wird, es muss jedoch zu erwarten stehen, dass die Eingliederungschancen nach Abschluss der Maßnahme erheblich verbessert sind und die begründete Aussicht besteht, dass dem Kläger infolge der Maßnahme ein angemessener Dauerarbeitsplatz verschafft werden kann. Dass die Teilnahme für den Kläger beruflich zweckmäßig ist, reicht allein nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.1981 - 7 RAr 49/80 - veröffentlicht in juris). Der Beklagten steht insoweit ein Beurteilungsspielraum zu; der gerichtlichen Kontrolle unterliegt lediglich, ob die Verwaltungsentscheidung in einer dem Sachverhalt angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 03.07.2003 - B 7 AL 66/02 R - m.w.N. veröffentlicht in juris). Abzustellen ist dabei als Beurteilungszeitpunkt grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides (vgl. BSG, Urteil vom 26.09.1990 - 9b/11 RAr 151/88 – veröffentlicht in juris). Die Prognose der Beklagten, wonach die hier erstrebte Förderung in Form von Schulungen die Eingliederungschancen des Klägers auf dem Arbeitsmarkt nicht zu verbessern vermögen, ist zur Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat ihre (negative) Prognose zutreffend darauf stützen dürfen, dass die Konkurrenzfähigkeit des Klägers zuvorderst durch seine häufigen Arbeitsplatzwechsel und nicht durch eine fehlende berufliche Qualifikation beeinträchtigt war und ist. Der Kläger wurde von der Beklagten vielfach gefördert und hat hierbei aktuelle Zusatzqualifikationen, u.a. "SIMATIC S 7" und "SINUMERIC" erworben. Mit seinen Qualifikationen ist es dem Kläger gelungen, nach einer Beschäftigungslosigkeit wieder Arbeitsstellen antreten zu können. Dass er diese nicht über einen längeren Zeitraum halten konnte, lag nicht an der fehlenden fachlichen Eignung des Klägers. Anhaltspunkte hierfür sind dem Senat nicht ersichtlich. Aus der Erwerbsbiographie des Klägers wird vielmehr deutlich, dass er über eine ausreichende fachliche Eignung verfügt, so dass eine (weitere) Weiterbildungsmaßnahme keine Verbesserung der Eingliederungschancen nach sich zieht.
Eine Förderung nach § 10 SGB III scheidet gleichfalls aus. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der bis zum 31.12.2009 geltenden Fassung der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006 (BGBl. I 2407) können die Agenturen für Arbeit bis zu zehn Prozent der im Eingliederungstitel enthaltenen Mittel für Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung einsetzen, um die Möglichkeiten der gesetzlich geregelten aktiven Arbeitsförderungsleistungen durch freie Leistungen der aktiven Arbeitsförderung zu erweitern. Die Förderung steht jedoch nach Satz 2 der Vorschrift unter dem Vorbehalt, dass die freien Leistungen den Zielen und Grundsätzen der gesetzlichen Leistungen entsprechen müssen. Da die erstrebte Förderung im Wege der Teilnahme an einer Schulung jedoch den Grundsätzen des § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III und der dort erforderlichen positiven Prognose widersprechen würde, scheidet eine Förderung nach § 10 Abs. 1 SGB III aus.
Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 45 SGB III, da eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget gleichfalls die Notwendigkeit der Förderung der beruflichen Eingliederung voraussetzt. Diese besteht vorliegend jedoch nicht.
Schließlich kann der Kläger die von ihm erstrebte Förderung auch nicht aus § 46 SGB III in der ab dem 01.01.2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung arbeitsmarktpolitischer Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl. I 2917) herleiten. Die dortigen Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung, die Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt, die Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen, die Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung, die Heranführung an eine selbständige Tätigkeit oder die Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme (vgl. § 46 Abs. 1 Nrn. 1 – 5 SGB III) erfassen nicht die qualifizierende Vermittlung von beruflichen Kenntnissen.
Der Kläger hat mithin keinen Anspruch auf Förderung in Form einer Schulung. Die Bescheide der Beklagten vom 17.03.2009, vom 28.04.2009 und vom 13.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.09.2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Berufung ist hiernach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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