Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Gotha (FST)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 6 R 1486/09
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 646/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Dienstaufwandsentschädigung ist kein Arbeitsentgelt in Sinne des AAÜG.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 14. Dezember 2009 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 19 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, in dem Zeitraum vom 1. Oktober 1983 bis 31. Mai 1989 nach § 8 AAÜG ein höheres Arbeitsentgelt unter Einbeziehung der dem Kläger gezahlten Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von 250,- Mark monatlich festzustellen.
Der Kläger war während seiner Erwerbstätigkeit u.a. seit dem 1. Oktober 1983 beim Rat des Kreises E. beschäftigt. Ab dem 1. Juni 1989 wurde er in die Funktion "Stellvertreter des Arbeitsbereiches Sekretär des Rates und Leiter des Büros des Kreistages und des Rates" berufen. Sein Grundgehalt betrug 1.250,- Mark, die Leistungsorientierte Gehaltszulage (LOG) 150,- Mark. Das Landratsamt W. bescheinigte die Arbeitsentgelte nach § 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG für den Zeitraum von 1983 bis 30. Juni 1990.
Mit Feststellungsbescheid vom 20. März 2008 stellte die Beklagte u.a. unter Berücksichtigung dieser Entgeltbescheinigung die vom 1. Oktober 1983 bis 30. Juni 1990 tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte fest. Hiergegen erhob der Kläger u.a. mit der Begründung Widerspruch, die Angaben zum Jahresbruttoverdienst während seiner Tätigkeit im Staatsapparat entsprächen nicht den Tatsachen. Die Beitragsnachweiskarte der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates weise erhebliche Unterschiede zu den Angaben des Landratsamtes W. auf. Dieses erstellte eine weitere Entgeltbescheinigung, ohne Änderung der Entgelte. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat der Kläger seine Beitragsnachweiskarte sowie eine Vergütungsentscheidung des Rates des Bezirkes E. vom 10. April 1989 vorgelegt, wonach das Gehalt auf der Grundlage des Beschlusses des Ministerrates und der "Ordnung über die Zahlung von Gehalt und Dienstaufwandsentschädigung " vom 17. Januar 1985 in Höhe von 1.650,- Mark sowie die Dienstaufwandsentschädigung (DAE) in Höhe von 250,- Mark durch den Rat des Kreises E. bis einschließlich 31. Mai 1989 weiter zu gewähren ist. Er hat vorgetragen, die aus der Beitragsnachweiskarte ersichtlichen Entgelte ergäben sich daraus, dass bis Mai 1989 eine steuerfreie DAE in Höhe von 250,- Mark gezahlt worden sei. Diese müsse wie die seit Juni 1989 erfolgte Zahlung der LOG in der Entgeltbescheinigung berücksichtigt werden.
Mit Urteil vom 14. Dezember 2009 hat das Sozialgericht (SG) Gotha die Klage abgewiesen und zur Begründung unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. August 2007 - Az.: B 4 RS 4/06 u.a. ausgeführt, maßgeblich sei der Begriff des Arbeitsentgelts nach bundesdeutschem Recht, hier nach § 14 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV). Insoweit sei die nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ergangene Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) nach dem Stand vom 1. Januar 1991 maßgeblich. § 1 ArEV regele, dass einmalige Einnahmen, die "zusätzlich" zu Löhnen und Gehältern gewährt würden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen seien, soweit sie lohnsteuerfrei sind. Eine Dienstaufwandsentschädigung sei nach dem am 1. August 1991 gültigen Steuerrecht kein Bestandteil des steuerpflichtigen und damit auch kein Bestandteil des sozialversicherungspflichtigen Entgelts.
Im Berufungsverfahren hält der Kläger an seiner Ansicht fest, dass die Dienstaufwandsentschädigung in der Entgeltbescheinigung zu berücksichtigen sei. Er beziehe sich auf Art. 1 Abs. 3 Buchst. a des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AAÜG vom 11. November 1996 (AAÜG-ÄndG). In der DDR seien die steuerfreien Dienstaufwandsentschädigungen als Arbeitsentgelt anerkannt gewesen. Diese seien nach bundesdeutschem Recht wie Kleidergeld für Beamte zu bewerten. Dies ergebe sich auch aus der Begründung des Urteils des BSG vom 23. August 2007 (Az.: B 4 RS 4/06).
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 14. Dezember 2009 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, in dem Zeitraum vom 1. Oktober 1983 bis 31. Mai 1989 die in der Beitragsnachweiskarte ausgewiesenen Entgelte als Arbeitsentgelte im Sinne des im Sinne des AAÜG festzustellen und dem Rentenversicherungsträger mitzuteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils. Sie habe die bescheinigten tatsächlichen Entgelte voll umfänglich festgestellt. Eine Beitragsnachweiskarte sei keine Lohnbescheinigung.
Die Berichterstatterin hat am 29. April 2010 mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet; er hat keinen Anspruch auf die Berücksichtigung der Dienstaufwandsentschädigung als Arbeitsentgelt im Sinne des AAÜG.
Das AAÜG ist auf den Kläger anwendbar. Die Beklagte hat mit Feststellungsbescheid vom 20. März 2008 festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 1 AAÜG erfüllt sind. Vom persönlichen Anwendungsbereich nach der maßgeblichen Norm des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG werden die Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AAÜG hat die Beklagte als der u.a. für das Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 19 AAÜG zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehört auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet.
Maßstabsnorm, nach der sich bestimmt, welche Arbeitsverdienste den Zugehörigkeitszeiten zu einem Versorgungssystem der DDR zuzuordnen sind, ist § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Danach ist den Pflichtbeitragszeiten (vgl. § 5 Abs. 1 AAÜG) nach diesem Gesetz für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI)) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen höchstens bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze nach der Anlage 3 zu Grunde zu legen.
Eine Definition des Arbeitsentgelts findet sich in § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nicht (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 23. August 2007 - Az.: B 4 RS 4/06 R, nach juris). Der Gesetzestext besagt nur, dass den Pflichtbeitragszeiten nach § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) u.a. das "erzielte Arbeitsentgelt" zu Grunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln muss, dass dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zu Versorgungssystemen "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", also tatsächlich gezahlt worden ist. Es muss sich um eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung handeln. Des Weiteren macht der Normtext deutlich, dass es allein auf das in der DDR tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt (oder -einkommen) ankommt; er stellt nicht darauf ab, ob es in der DDR einer Beitrags- oder Steuerpflicht unterlag. Aus dem Zweck der Regelungen der §§ 5 bis 8 AAÜG - der Vormerkung der für die Bestimmung des Vorleistungswerts zur bundesdeutschen Rentenversicherung relevanten Tatsachen, damit ab Inkrafttreten des SGB VI zum 1. Januar 1992 im gesamten Bundesgebiet der Wert des Rentenrechts nach der einheitlich anzuwendenden Rentenformel des § 64 SGB VI bestimmt werden konnte bzw. kann - folgt, dass dem Arbeitsentgelt i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG der bundesdeutsche Begriff des Arbeitsentgelts nach § 14 SGB IV zu Grunde zu legen und rechtlich nicht an das DDR-Recht anzuknüpfen ist.
Nach § 14 Abs. 1 SGB IV in der Fassung vom 23. Dezember 1976, gültig bis 31. Dezember 1996, sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden oder ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Dienstaufwandsentschädigungen sind zunächst laufende Einkünfte aus einer Beschäftigung i.S.d. § 14 SGB IV. Sie wurden in der DDR an leitende Staats- und Wirtschaftsfunktionäre zur Deckung der sich aus der Erfüllung der ihnen obliegenden Arbeitsaufgaben ergebenden erhöhten Aufwendungen gezahlt (vgl. Lexikon des Arbeitsrechts der Deutschen Demokratischen Republik, Autorenkollektiv unter Leitung von Frithjof Kunz Berlin 1972, Stichwort: Dienstaufwandsentschädigung).
Die Dienstaufwandsentschädigung ist jedoch nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV i.V.m. § 1 ArEV nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, weil sie am 1. August 1991 lohnsteuerfrei gewesen wäre. Die Arbeitsentgeltverordnung ist zum 1. Januar 1991 auf das Beitrittsgebiet übergeleitet worden. Maßgeblich ist die Rechtslage, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 1. August 1991 bestand (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007, a.a.O.).
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV ist die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung zur Wahrung der im Gesetz genannten Ziele zu bestimmen, dass u.a. Einnahmen, die "zusätzlich" zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten. Dabei ist eine möglichst weit gehende Übereinstimmung mit den Regeln des Steuerrechts sicherzustellen (Satz 2).
Ob laufende Einnahmen eines Versicherungspflichtigen lohnsteuerfrei und damit nicht dem Arbeitsentgelt zuzuordnen sind (§ 1 ArEV), bestimmt sich auch für AAÜG-Versorgungsberechtigte nach dem am 1. August 1991 geltenden bundesdeutschen Steuerrecht.
Nach § 3 Nr. 12 EStG in der Fassung vom 13. Dezember 1990, gültig vom 22. Dezember 1990 bis 31. Dezember 1991, sind steuerfrei aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge, die einem Bundesgesetz oder Landesgesetz oder einer auf bundesgesetzlicher oder landesgesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder von der Bundesregierung oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden. Das gleiche gilt für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst offenbar übersteigen.
Danach waren die an den Kläger bezahlten Dienstaufwandsentschädigungen nach dem bundesdeutschen Steuerrecht steuerfrei. Wie der Kläger selbst angegeben hat, war dies - auch wenn es hierauf nicht ankommt - nach dem in der DDR geltenden Recht nicht anders. Nicht entscheidend ist dagegen, dass die Aufwandsentschädigung nach § 7 der Zweiten Richtlinie zur Durchführung der Ordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates vom 17. Juni 1975 (2. FZAVR-StMitarb) zum Bruttoverdienst für die Beitragsberechnung gehörte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 19 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, in dem Zeitraum vom 1. Oktober 1983 bis 31. Mai 1989 nach § 8 AAÜG ein höheres Arbeitsentgelt unter Einbeziehung der dem Kläger gezahlten Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von 250,- Mark monatlich festzustellen.
Der Kläger war während seiner Erwerbstätigkeit u.a. seit dem 1. Oktober 1983 beim Rat des Kreises E. beschäftigt. Ab dem 1. Juni 1989 wurde er in die Funktion "Stellvertreter des Arbeitsbereiches Sekretär des Rates und Leiter des Büros des Kreistages und des Rates" berufen. Sein Grundgehalt betrug 1.250,- Mark, die Leistungsorientierte Gehaltszulage (LOG) 150,- Mark. Das Landratsamt W. bescheinigte die Arbeitsentgelte nach § 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG für den Zeitraum von 1983 bis 30. Juni 1990.
Mit Feststellungsbescheid vom 20. März 2008 stellte die Beklagte u.a. unter Berücksichtigung dieser Entgeltbescheinigung die vom 1. Oktober 1983 bis 30. Juni 1990 tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte fest. Hiergegen erhob der Kläger u.a. mit der Begründung Widerspruch, die Angaben zum Jahresbruttoverdienst während seiner Tätigkeit im Staatsapparat entsprächen nicht den Tatsachen. Die Beitragsnachweiskarte der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates weise erhebliche Unterschiede zu den Angaben des Landratsamtes W. auf. Dieses erstellte eine weitere Entgeltbescheinigung, ohne Änderung der Entgelte. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat der Kläger seine Beitragsnachweiskarte sowie eine Vergütungsentscheidung des Rates des Bezirkes E. vom 10. April 1989 vorgelegt, wonach das Gehalt auf der Grundlage des Beschlusses des Ministerrates und der "Ordnung über die Zahlung von Gehalt und Dienstaufwandsentschädigung " vom 17. Januar 1985 in Höhe von 1.650,- Mark sowie die Dienstaufwandsentschädigung (DAE) in Höhe von 250,- Mark durch den Rat des Kreises E. bis einschließlich 31. Mai 1989 weiter zu gewähren ist. Er hat vorgetragen, die aus der Beitragsnachweiskarte ersichtlichen Entgelte ergäben sich daraus, dass bis Mai 1989 eine steuerfreie DAE in Höhe von 250,- Mark gezahlt worden sei. Diese müsse wie die seit Juni 1989 erfolgte Zahlung der LOG in der Entgeltbescheinigung berücksichtigt werden.
Mit Urteil vom 14. Dezember 2009 hat das Sozialgericht (SG) Gotha die Klage abgewiesen und zur Begründung unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. August 2007 - Az.: B 4 RS 4/06 u.a. ausgeführt, maßgeblich sei der Begriff des Arbeitsentgelts nach bundesdeutschem Recht, hier nach § 14 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV). Insoweit sei die nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ergangene Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) nach dem Stand vom 1. Januar 1991 maßgeblich. § 1 ArEV regele, dass einmalige Einnahmen, die "zusätzlich" zu Löhnen und Gehältern gewährt würden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen seien, soweit sie lohnsteuerfrei sind. Eine Dienstaufwandsentschädigung sei nach dem am 1. August 1991 gültigen Steuerrecht kein Bestandteil des steuerpflichtigen und damit auch kein Bestandteil des sozialversicherungspflichtigen Entgelts.
Im Berufungsverfahren hält der Kläger an seiner Ansicht fest, dass die Dienstaufwandsentschädigung in der Entgeltbescheinigung zu berücksichtigen sei. Er beziehe sich auf Art. 1 Abs. 3 Buchst. a des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AAÜG vom 11. November 1996 (AAÜG-ÄndG). In der DDR seien die steuerfreien Dienstaufwandsentschädigungen als Arbeitsentgelt anerkannt gewesen. Diese seien nach bundesdeutschem Recht wie Kleidergeld für Beamte zu bewerten. Dies ergebe sich auch aus der Begründung des Urteils des BSG vom 23. August 2007 (Az.: B 4 RS 4/06).
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 14. Dezember 2009 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, in dem Zeitraum vom 1. Oktober 1983 bis 31. Mai 1989 die in der Beitragsnachweiskarte ausgewiesenen Entgelte als Arbeitsentgelte im Sinne des im Sinne des AAÜG festzustellen und dem Rentenversicherungsträger mitzuteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils. Sie habe die bescheinigten tatsächlichen Entgelte voll umfänglich festgestellt. Eine Beitragsnachweiskarte sei keine Lohnbescheinigung.
Die Berichterstatterin hat am 29. April 2010 mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet; er hat keinen Anspruch auf die Berücksichtigung der Dienstaufwandsentschädigung als Arbeitsentgelt im Sinne des AAÜG.
Das AAÜG ist auf den Kläger anwendbar. Die Beklagte hat mit Feststellungsbescheid vom 20. März 2008 festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 1 AAÜG erfüllt sind. Vom persönlichen Anwendungsbereich nach der maßgeblichen Norm des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG werden die Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AAÜG hat die Beklagte als der u.a. für das Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 19 AAÜG zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehört auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet.
Maßstabsnorm, nach der sich bestimmt, welche Arbeitsverdienste den Zugehörigkeitszeiten zu einem Versorgungssystem der DDR zuzuordnen sind, ist § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Danach ist den Pflichtbeitragszeiten (vgl. § 5 Abs. 1 AAÜG) nach diesem Gesetz für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI)) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen höchstens bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze nach der Anlage 3 zu Grunde zu legen.
Eine Definition des Arbeitsentgelts findet sich in § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nicht (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 23. August 2007 - Az.: B 4 RS 4/06 R, nach juris). Der Gesetzestext besagt nur, dass den Pflichtbeitragszeiten nach § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) u.a. das "erzielte Arbeitsentgelt" zu Grunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln muss, dass dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zu Versorgungssystemen "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", also tatsächlich gezahlt worden ist. Es muss sich um eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung handeln. Des Weiteren macht der Normtext deutlich, dass es allein auf das in der DDR tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt (oder -einkommen) ankommt; er stellt nicht darauf ab, ob es in der DDR einer Beitrags- oder Steuerpflicht unterlag. Aus dem Zweck der Regelungen der §§ 5 bis 8 AAÜG - der Vormerkung der für die Bestimmung des Vorleistungswerts zur bundesdeutschen Rentenversicherung relevanten Tatsachen, damit ab Inkrafttreten des SGB VI zum 1. Januar 1992 im gesamten Bundesgebiet der Wert des Rentenrechts nach der einheitlich anzuwendenden Rentenformel des § 64 SGB VI bestimmt werden konnte bzw. kann - folgt, dass dem Arbeitsentgelt i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG der bundesdeutsche Begriff des Arbeitsentgelts nach § 14 SGB IV zu Grunde zu legen und rechtlich nicht an das DDR-Recht anzuknüpfen ist.
Nach § 14 Abs. 1 SGB IV in der Fassung vom 23. Dezember 1976, gültig bis 31. Dezember 1996, sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden oder ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Dienstaufwandsentschädigungen sind zunächst laufende Einkünfte aus einer Beschäftigung i.S.d. § 14 SGB IV. Sie wurden in der DDR an leitende Staats- und Wirtschaftsfunktionäre zur Deckung der sich aus der Erfüllung der ihnen obliegenden Arbeitsaufgaben ergebenden erhöhten Aufwendungen gezahlt (vgl. Lexikon des Arbeitsrechts der Deutschen Demokratischen Republik, Autorenkollektiv unter Leitung von Frithjof Kunz Berlin 1972, Stichwort: Dienstaufwandsentschädigung).
Die Dienstaufwandsentschädigung ist jedoch nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV i.V.m. § 1 ArEV nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, weil sie am 1. August 1991 lohnsteuerfrei gewesen wäre. Die Arbeitsentgeltverordnung ist zum 1. Januar 1991 auf das Beitrittsgebiet übergeleitet worden. Maßgeblich ist die Rechtslage, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 1. August 1991 bestand (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007, a.a.O.).
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV ist die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung zur Wahrung der im Gesetz genannten Ziele zu bestimmen, dass u.a. Einnahmen, die "zusätzlich" zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten. Dabei ist eine möglichst weit gehende Übereinstimmung mit den Regeln des Steuerrechts sicherzustellen (Satz 2).
Ob laufende Einnahmen eines Versicherungspflichtigen lohnsteuerfrei und damit nicht dem Arbeitsentgelt zuzuordnen sind (§ 1 ArEV), bestimmt sich auch für AAÜG-Versorgungsberechtigte nach dem am 1. August 1991 geltenden bundesdeutschen Steuerrecht.
Nach § 3 Nr. 12 EStG in der Fassung vom 13. Dezember 1990, gültig vom 22. Dezember 1990 bis 31. Dezember 1991, sind steuerfrei aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge, die einem Bundesgesetz oder Landesgesetz oder einer auf bundesgesetzlicher oder landesgesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder von der Bundesregierung oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden. Das gleiche gilt für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst offenbar übersteigen.
Danach waren die an den Kläger bezahlten Dienstaufwandsentschädigungen nach dem bundesdeutschen Steuerrecht steuerfrei. Wie der Kläger selbst angegeben hat, war dies - auch wenn es hierauf nicht ankommt - nach dem in der DDR geltenden Recht nicht anders. Nicht entscheidend ist dagegen, dass die Aufwandsentschädigung nach § 7 der Zweiten Richtlinie zur Durchführung der Ordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates vom 17. Juni 1975 (2. FZAVR-StMitarb) zum Bruttoverdienst für die Beitragsberechnung gehörte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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