Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 24 U 58/06
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 35/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 19. Mai 2010 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Rückforderung überzahlter Waisenrente in Höhe von 3.088,98 Euro streitig.
Die im September 1979 geborene Klägerin ist die Tochter des am 3. Dezember 1936 geborenen Versicherten B.G., der am XXXXX 1998 an den Folgen einer anerkannten Berufskrankheit verstorben ist.
Nach Aufnahme einer Berufsausbildung zur Friseurin am 19. August 2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Waisenrente, die ihr mit Bescheid vom 13. Oktober 2004 auch bewilligt wurde. In diesem Bescheid heißt es ausdrücklich, dass die Rente für die Dauer der Berufsausbildung gezahlt wird und mit Ablauf des Monats, in dem die Ausbildung abgebrochen, unterbrochen oder beendet wird, wegfällt. Die Rente endet spätestens mit Ablauf des Monats August 2007. Dem Bescheid war ein Merkblatt beigefügt, in welchem auf die Pflicht zur Mitteilung insbesondere der Beendigung der Ausbildung und darauf hingewiesen wird, dass die Rente nach Ablauf des Monats der Beendigung der Ausbildung nicht mehr in Empfang genommen werden darf.
Nachdem eine Aufforderung der Beklagten vom 26. September 2005 an die Klägerin, das Fortbestehen der Berufsausbildung durch Vorlage einer Bescheinigung nachzuweisen, ohne Antwort geblieben war, wandte sich die Beklagte an den Ausbildungsbetrieb, von dem sie mitgeteilt bekam, dass das Ausbildungsverhältnis mit Ablauf des 16. Februar 2005 beendet worden war.
Im Rahmen ihrer daraufhin erfolgten Anhörung gab die Klägerin an, die Ausbildung wegen einer Allergie abgebrochen und dies ihrem Prozessbevollmächtigten mitgeteilt zu haben.
Mit Bescheid vom 7. Dezember 2005 und Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2006 forderte die Beklagte daraufhin im Zeitraum von März bis November 2005 überzahlte Waisenrente in Höhe von 3.088,98 Euro zurück.
Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, die Beklagte hätte im Rahmen ihres Ermessens bei dem aufgezeigten Zusammenhang zwischen allergiebedingtem Abbruch der Ausbildung und Überzahlung der Waisenrente eine entsprechend angepasste Entscheidung treffen müssen.
Das Sozialgericht hat die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, bei der die Klägerin zwischenzeitlich eine Berufskrankheit und die Gewährung von Leistungen nach § 3 Berufskrankheitenverordnung geltend gemacht hatte, beigeladen und die Klage dann durch Urteil vom 19. Mai 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass es sich bei dem Bescheid vom 13. Oktober 2004, mit dem die Waisenrente gewährt worden sei, nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handele. Vielmehr falle die gewährte Leistung kraft Gesetzes mit Abbruch der Ausbildung weg, ohne dass es hierzu eines förmlichen Verwaltungsaktes bedürfe. Deshalb habe ab dem 1. März 2005 eine Leistungsgewährung ohne Verwaltungsakt im Sinne des § 50 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) vorgelegen, die auch zu Unrecht erfolgt sei. Die Klägerin könne sich gegenüber dem Rückforderungsanspruch der Beklagten nicht auf Vertrauen berufen, da ihr die Rechtswidrigkeit der nach Ablauf des Monats Februar 2005 erfolgten Waisenrentenzahlung bekannt, jedenfalls aber infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt gewesen sei. Sowohl in dem Bescheid vom 13. Oktober 2004 als auch in dem diesem Bescheid beigefügten Merkblatt werde ausdrücklich ausgeführt, dass die Rente nur für die Dauer der Berufsausbildung gezahlt werde und mit Ablauf des Monats ende, in dem die Ausbildung abgebrochen, unterbrochen oder beendet werde. Der Vortrag der Klägerin, sie habe den Abbruch der Ausbildung ihren Prozessbevollmächtigten mitgeteilt, sei ohne rechtliche Relevanz, da eine entsprechende Mitteilung der Bevollmächtigten an die Beklagte nicht erfolgt sei. Es bestehe ebenfalls kein rechtlicher Zusammenhang zwischen der Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Hinterbliebenenleistungen und einem gegebenenfalls in Betracht kommenden eigenen Leistungsanspruch der Klägerin aufgrund eigener berufsbedingter Gesundheitsstörungen.
Gegen das am 2. September 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 4. Oktober 2010 (Montag) Berufung eingelegt und geltend gemacht, da die Ausbildung wegen einer beruflichen Allergie abgebrochen worden sei, hätten die beteiligten Berufsgenossenschaften dies bei ordnungsgemäßer Bearbeitung von Amts wegen bemerken und gleichzeitig sicher stellen müssen, dass die Ausbildung in einem anderen Beruf fortgeführt werden kann. Dann wäre es nicht zu einer Überzahlung der Rente gekommen.
Die Klägerin beantragt nach dem gesamten Inhalt der Akten, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 19. Mai 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass Sozialgericht habe die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Es komme nicht darauf an, warum die Ausbildung beendet worden sei, da der Klägerin mit Zustellung des Bescheides vom 13. Oktober 2004 bekannt gewesen sei, dass mit Abbruch der Ausbildung die gewährte Leistung kraft Gesetzes ohne einen zusätzlichen Verwaltungsakt wegfalle. Im Übrigen sei sie nicht über die Beendigung und deren Gründe informiert worden, so dass sie auch keine Gelegenheit zur Beratung und gegebenenfalls Weiterleitung an die zuständige Berufsgenossenschaft gehabt habe. Letztlich sei von der für die Berufstätigkeit der Klägerin zuständigen Beigeladenen festgestellt worden, dass diese die Ausbildung zur Friseurin mit entsprechenden Präventionsmaßnahmen ohne Gefahr des Entstehens einer Berufskrankheit hätte abschließen können.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag und hat sich in der Sache nicht geäußert.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 11. Oktober 2011 aufgeführten Akten und Unterlagen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz des Ausbleibens der Klägerin und ihrer Prozessbevollmächtigten im Termin am 11. Oktober 2011 aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, weil sie in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 153 Abs. 1 iVm § 110 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )).
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung (§§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG) der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da die Bescheide der Beklagten betreffend die Rückforderung in der Zeit ab 1. März 2005 gezahlter Waisenrente in Höhe von 3.088,98 Euro rechtmäßig sind. Zutreffend hat das Sozialgericht dargelegt, dass die Bewilligung der Waisenrente mit Abbruch der Ausbildung entfallen ist, ohne dass es eines gesonderten Aufhebungsbescheides bedurfte, da sie von vornherein bis zu diesem Zeitpunkt befristet war. Allerdings handelte es sich bei dem Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2004, mit welchem sie die Waisenrente gewährte, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, da sich sein Regelungsgehalt nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot erschöpfte, sondern ein auf Dauer angelegtes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründete. Jedoch war dieser Bescheid von vornherein mit einer Nebenbestimmung in Form einer Befristung (für die Dauer der Berufsausbildung) und einer auflösenden Bedingung (Wegfall mit Ablauf des Monats, in dem die Ausbildung abgebrochen, unterbrochen oder beendet wird) versehen. Nach § 32 Abs. 1 SGB X darf ein gebundener Verwaltungsakt wie vorliegend der Bescheid vom 13. Oktober 2004 mit einer Nebenbestimmung versehen werden, wenn dies entweder durch Rechtsvorschrift zugelassen ist (§ 32 Abs. 1, 1. Alternative SGB X) oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden (§ 32 Abs. 1, 2. Alternative SGB X). Es können auch mehrere Nebenbestimmungen miteinander verbunden werden; zum Beispiel kann eine Befristung mit einer Bedingung verknüpft werden (vgl. Engelmann in v. Wulffen, SGB X, § 32, Rn 8 u. 10a). Die Sicherstellungsfunktion des § 32 Abs. 1, 2. Alternative SGB X erstreckt sich auch auf den künftigen Fortbestand der gesetzlichen Voraussetzungen von Dauerverwaltungsakten Ein solcher Anlass kommt bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung in Betracht, wenn entweder von der Eigenart des Verwaltungsaktes her typischerweise damit zu rechnen ist, dass dessen Voraussetzungen nach einer gewissen Zeit wieder entfallen können, oder wenn im konkreten Einzelfall greifbare Anhaltspunkte befürchten lassen, die Voraussetzungen könnten möglicherweise wieder wegfallen (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2005 – B 6 KA 60/03 R – SozR 4–1300 § 32 Nr. 1). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Beklagte ihren Bescheid vom 13. Oktober 2004 zu Recht sowohl bis zum Ende der Berufsausbildung befristet als auch die Leistungsgewährung mit der auflösenden Bedingung des Abbruchs, der Unterbrechung und der Beendigung der Berufsausbildung versehen. Der am 16. Februar 2005 erfolgte Abbruch der Ausbildung hat somit mit Wirkung ab 1. März 2005 zum Wegfall des die Waisenrente gewährenden Bescheides vom 13. Oktober 2004 geführt, ohne dass es hierzu eines förmlichen Aufhebungsbescheides bedurfte, so dass die nachfolgende Leistungsgewährung – wie vom Sozialgericht zutreffend dargelegt – ohne Rechtsgrund erfolgte. Diese Leistungsgewährung ist auch zu Unrecht erfolgt, weil nach dem Abbruch der Ausbildung die Voraussetzungen für die Gewährung einer Waisenrente nicht mehr vorlagen. Gemäß § 50 Abs. 2 SGB X sind Leistungen, die ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht wurden, bei entsprechender Geltung von §§ 45 bis 48 SGB X zu erstatten. Diese Bezugnahme auf §§ 45 und 48 SGB X bewirkt, dass bei zu Unrecht ohne Verwaltungsakt erbrachten Leistungen derselbe Vertrauensschutz gilt, wie bei einer Leistung auf Grund eines Verwaltungsaktes. Bei Rechtswidrigkeit der Leistungsgewährung infolge von nachträglicher Änderung der Sach- und Rechtslage, wie sie vorliegend zu bewerten ist, bestimmt sich eine zu einem Erstattungsanspruch führende Rücknahme für die Vergangenheit nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2-4 SGB X und erfordert keine Ermessensausübung, wenn bei analoger Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X kein atypischer Fall vorliegt (vgl. Schütze in v. Wulffen, SGB X, § 50, Rn 24 m.w.N.) Zutreffend hat bereits das Sozialgericht dargelegt, dass sich die Klägerin gegenüber dem Rückforderungsanspruch der Beklagten nicht auf Vertrauen berufen kann, weil sie zum einen ihrer Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für sie nachteiliger Änderungen der Verhältnisse – hier: Abbruch der Ausbildung – vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) und zum anderen wusste oder nicht wusste, weil sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Bescheid vom 13. Oktober 2004 ergebende Anspruch auf Waisenrente durch den Abbruch der Ausbildung ganz weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die diesbezüglichen Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren gebietet keine andere Entscheidung. Soweit sie geltend macht, der Abbruch der Ausbildung sei aufgrund einer Berufskrankheit bzw. deren Drohen erfolgt, stehen diesem Vorbringen die die Anerkennung einer Berufskrankheit und die Gewährung von Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 Berufskrankheitenverordnung ablehnenden Bescheide der Beigeladenen vom 8. September 2006 entgegen, die durch Urteil des erkennenden Senats vom 11. Oktober 2011 (L 3 U 36/10) bestätigt wurden. Wie die Beklagte oder auch die Beigeladene die Klägerin bei Abbruch der Ausbildung hätten beraten sollen, ist schon deshalb nicht ersichtlich, weil sie beide erst im Nachhinein von diesem Abbruch erfahren haben. Bei dieser Sachlage lässt sich ein atypischer Fall, der ausnahmsweise bei einer Rückforderung ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbrachter Leistungen nach § 50 Abs. 2 SGB X entsprechend der Regelung des § 48 SGB X eine Ermessensausübung erfordert, unter keinem Gesichtspunkt erkennen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Die Revision gegen das Urteil war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Rückforderung überzahlter Waisenrente in Höhe von 3.088,98 Euro streitig.
Die im September 1979 geborene Klägerin ist die Tochter des am 3. Dezember 1936 geborenen Versicherten B.G., der am XXXXX 1998 an den Folgen einer anerkannten Berufskrankheit verstorben ist.
Nach Aufnahme einer Berufsausbildung zur Friseurin am 19. August 2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Waisenrente, die ihr mit Bescheid vom 13. Oktober 2004 auch bewilligt wurde. In diesem Bescheid heißt es ausdrücklich, dass die Rente für die Dauer der Berufsausbildung gezahlt wird und mit Ablauf des Monats, in dem die Ausbildung abgebrochen, unterbrochen oder beendet wird, wegfällt. Die Rente endet spätestens mit Ablauf des Monats August 2007. Dem Bescheid war ein Merkblatt beigefügt, in welchem auf die Pflicht zur Mitteilung insbesondere der Beendigung der Ausbildung und darauf hingewiesen wird, dass die Rente nach Ablauf des Monats der Beendigung der Ausbildung nicht mehr in Empfang genommen werden darf.
Nachdem eine Aufforderung der Beklagten vom 26. September 2005 an die Klägerin, das Fortbestehen der Berufsausbildung durch Vorlage einer Bescheinigung nachzuweisen, ohne Antwort geblieben war, wandte sich die Beklagte an den Ausbildungsbetrieb, von dem sie mitgeteilt bekam, dass das Ausbildungsverhältnis mit Ablauf des 16. Februar 2005 beendet worden war.
Im Rahmen ihrer daraufhin erfolgten Anhörung gab die Klägerin an, die Ausbildung wegen einer Allergie abgebrochen und dies ihrem Prozessbevollmächtigten mitgeteilt zu haben.
Mit Bescheid vom 7. Dezember 2005 und Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2006 forderte die Beklagte daraufhin im Zeitraum von März bis November 2005 überzahlte Waisenrente in Höhe von 3.088,98 Euro zurück.
Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, die Beklagte hätte im Rahmen ihres Ermessens bei dem aufgezeigten Zusammenhang zwischen allergiebedingtem Abbruch der Ausbildung und Überzahlung der Waisenrente eine entsprechend angepasste Entscheidung treffen müssen.
Das Sozialgericht hat die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, bei der die Klägerin zwischenzeitlich eine Berufskrankheit und die Gewährung von Leistungen nach § 3 Berufskrankheitenverordnung geltend gemacht hatte, beigeladen und die Klage dann durch Urteil vom 19. Mai 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass es sich bei dem Bescheid vom 13. Oktober 2004, mit dem die Waisenrente gewährt worden sei, nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handele. Vielmehr falle die gewährte Leistung kraft Gesetzes mit Abbruch der Ausbildung weg, ohne dass es hierzu eines förmlichen Verwaltungsaktes bedürfe. Deshalb habe ab dem 1. März 2005 eine Leistungsgewährung ohne Verwaltungsakt im Sinne des § 50 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) vorgelegen, die auch zu Unrecht erfolgt sei. Die Klägerin könne sich gegenüber dem Rückforderungsanspruch der Beklagten nicht auf Vertrauen berufen, da ihr die Rechtswidrigkeit der nach Ablauf des Monats Februar 2005 erfolgten Waisenrentenzahlung bekannt, jedenfalls aber infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt gewesen sei. Sowohl in dem Bescheid vom 13. Oktober 2004 als auch in dem diesem Bescheid beigefügten Merkblatt werde ausdrücklich ausgeführt, dass die Rente nur für die Dauer der Berufsausbildung gezahlt werde und mit Ablauf des Monats ende, in dem die Ausbildung abgebrochen, unterbrochen oder beendet werde. Der Vortrag der Klägerin, sie habe den Abbruch der Ausbildung ihren Prozessbevollmächtigten mitgeteilt, sei ohne rechtliche Relevanz, da eine entsprechende Mitteilung der Bevollmächtigten an die Beklagte nicht erfolgt sei. Es bestehe ebenfalls kein rechtlicher Zusammenhang zwischen der Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Hinterbliebenenleistungen und einem gegebenenfalls in Betracht kommenden eigenen Leistungsanspruch der Klägerin aufgrund eigener berufsbedingter Gesundheitsstörungen.
Gegen das am 2. September 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 4. Oktober 2010 (Montag) Berufung eingelegt und geltend gemacht, da die Ausbildung wegen einer beruflichen Allergie abgebrochen worden sei, hätten die beteiligten Berufsgenossenschaften dies bei ordnungsgemäßer Bearbeitung von Amts wegen bemerken und gleichzeitig sicher stellen müssen, dass die Ausbildung in einem anderen Beruf fortgeführt werden kann. Dann wäre es nicht zu einer Überzahlung der Rente gekommen.
Die Klägerin beantragt nach dem gesamten Inhalt der Akten, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 19. Mai 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass Sozialgericht habe die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Es komme nicht darauf an, warum die Ausbildung beendet worden sei, da der Klägerin mit Zustellung des Bescheides vom 13. Oktober 2004 bekannt gewesen sei, dass mit Abbruch der Ausbildung die gewährte Leistung kraft Gesetzes ohne einen zusätzlichen Verwaltungsakt wegfalle. Im Übrigen sei sie nicht über die Beendigung und deren Gründe informiert worden, so dass sie auch keine Gelegenheit zur Beratung und gegebenenfalls Weiterleitung an die zuständige Berufsgenossenschaft gehabt habe. Letztlich sei von der für die Berufstätigkeit der Klägerin zuständigen Beigeladenen festgestellt worden, dass diese die Ausbildung zur Friseurin mit entsprechenden Präventionsmaßnahmen ohne Gefahr des Entstehens einer Berufskrankheit hätte abschließen können.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag und hat sich in der Sache nicht geäußert.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 11. Oktober 2011 aufgeführten Akten und Unterlagen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz des Ausbleibens der Klägerin und ihrer Prozessbevollmächtigten im Termin am 11. Oktober 2011 aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, weil sie in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 153 Abs. 1 iVm § 110 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )).
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung (§§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG) der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da die Bescheide der Beklagten betreffend die Rückforderung in der Zeit ab 1. März 2005 gezahlter Waisenrente in Höhe von 3.088,98 Euro rechtmäßig sind. Zutreffend hat das Sozialgericht dargelegt, dass die Bewilligung der Waisenrente mit Abbruch der Ausbildung entfallen ist, ohne dass es eines gesonderten Aufhebungsbescheides bedurfte, da sie von vornherein bis zu diesem Zeitpunkt befristet war. Allerdings handelte es sich bei dem Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2004, mit welchem sie die Waisenrente gewährte, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, da sich sein Regelungsgehalt nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot erschöpfte, sondern ein auf Dauer angelegtes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründete. Jedoch war dieser Bescheid von vornherein mit einer Nebenbestimmung in Form einer Befristung (für die Dauer der Berufsausbildung) und einer auflösenden Bedingung (Wegfall mit Ablauf des Monats, in dem die Ausbildung abgebrochen, unterbrochen oder beendet wird) versehen. Nach § 32 Abs. 1 SGB X darf ein gebundener Verwaltungsakt wie vorliegend der Bescheid vom 13. Oktober 2004 mit einer Nebenbestimmung versehen werden, wenn dies entweder durch Rechtsvorschrift zugelassen ist (§ 32 Abs. 1, 1. Alternative SGB X) oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden (§ 32 Abs. 1, 2. Alternative SGB X). Es können auch mehrere Nebenbestimmungen miteinander verbunden werden; zum Beispiel kann eine Befristung mit einer Bedingung verknüpft werden (vgl. Engelmann in v. Wulffen, SGB X, § 32, Rn 8 u. 10a). Die Sicherstellungsfunktion des § 32 Abs. 1, 2. Alternative SGB X erstreckt sich auch auf den künftigen Fortbestand der gesetzlichen Voraussetzungen von Dauerverwaltungsakten Ein solcher Anlass kommt bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung in Betracht, wenn entweder von der Eigenart des Verwaltungsaktes her typischerweise damit zu rechnen ist, dass dessen Voraussetzungen nach einer gewissen Zeit wieder entfallen können, oder wenn im konkreten Einzelfall greifbare Anhaltspunkte befürchten lassen, die Voraussetzungen könnten möglicherweise wieder wegfallen (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2005 – B 6 KA 60/03 R – SozR 4–1300 § 32 Nr. 1). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Beklagte ihren Bescheid vom 13. Oktober 2004 zu Recht sowohl bis zum Ende der Berufsausbildung befristet als auch die Leistungsgewährung mit der auflösenden Bedingung des Abbruchs, der Unterbrechung und der Beendigung der Berufsausbildung versehen. Der am 16. Februar 2005 erfolgte Abbruch der Ausbildung hat somit mit Wirkung ab 1. März 2005 zum Wegfall des die Waisenrente gewährenden Bescheides vom 13. Oktober 2004 geführt, ohne dass es hierzu eines förmlichen Aufhebungsbescheides bedurfte, so dass die nachfolgende Leistungsgewährung – wie vom Sozialgericht zutreffend dargelegt – ohne Rechtsgrund erfolgte. Diese Leistungsgewährung ist auch zu Unrecht erfolgt, weil nach dem Abbruch der Ausbildung die Voraussetzungen für die Gewährung einer Waisenrente nicht mehr vorlagen. Gemäß § 50 Abs. 2 SGB X sind Leistungen, die ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht wurden, bei entsprechender Geltung von §§ 45 bis 48 SGB X zu erstatten. Diese Bezugnahme auf §§ 45 und 48 SGB X bewirkt, dass bei zu Unrecht ohne Verwaltungsakt erbrachten Leistungen derselbe Vertrauensschutz gilt, wie bei einer Leistung auf Grund eines Verwaltungsaktes. Bei Rechtswidrigkeit der Leistungsgewährung infolge von nachträglicher Änderung der Sach- und Rechtslage, wie sie vorliegend zu bewerten ist, bestimmt sich eine zu einem Erstattungsanspruch führende Rücknahme für die Vergangenheit nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2-4 SGB X und erfordert keine Ermessensausübung, wenn bei analoger Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X kein atypischer Fall vorliegt (vgl. Schütze in v. Wulffen, SGB X, § 50, Rn 24 m.w.N.) Zutreffend hat bereits das Sozialgericht dargelegt, dass sich die Klägerin gegenüber dem Rückforderungsanspruch der Beklagten nicht auf Vertrauen berufen kann, weil sie zum einen ihrer Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für sie nachteiliger Änderungen der Verhältnisse – hier: Abbruch der Ausbildung – vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) und zum anderen wusste oder nicht wusste, weil sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Bescheid vom 13. Oktober 2004 ergebende Anspruch auf Waisenrente durch den Abbruch der Ausbildung ganz weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die diesbezüglichen Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren gebietet keine andere Entscheidung. Soweit sie geltend macht, der Abbruch der Ausbildung sei aufgrund einer Berufskrankheit bzw. deren Drohen erfolgt, stehen diesem Vorbringen die die Anerkennung einer Berufskrankheit und die Gewährung von Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 Berufskrankheitenverordnung ablehnenden Bescheide der Beigeladenen vom 8. September 2006 entgegen, die durch Urteil des erkennenden Senats vom 11. Oktober 2011 (L 3 U 36/10) bestätigt wurden. Wie die Beklagte oder auch die Beigeladene die Klägerin bei Abbruch der Ausbildung hätten beraten sollen, ist schon deshalb nicht ersichtlich, weil sie beide erst im Nachhinein von diesem Abbruch erfahren haben. Bei dieser Sachlage lässt sich ein atypischer Fall, der ausnahmsweise bei einer Rückforderung ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbrachter Leistungen nach § 50 Abs. 2 SGB X entsprechend der Regelung des § 48 SGB X eine Ermessensausübung erfordert, unter keinem Gesichtspunkt erkennen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Die Revision gegen das Urteil war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
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