L 3 AL 2901/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 493/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2901/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Mai 2010 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Vergabe eines Termins bei der Beklagten, um Klageerhebungen protokollieren zu lassen.

Der am 18.01.1975 geborene Kläger stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte. Am 16.10.2009 wandte sich der Kläger per e-mail an die Beklagte und bat darum, dass diese ihm einen Termin zwecks Protokollierung einer Klage gegen den letzten Widerspruchsbescheid mitteilen möge. Diese teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 05.11.2009 mit, er sei in der Vergangenheit durchaus selbst in der Lage gewesen, sämtliche Klagen und Anträge fristgemäß beim SG einzureichen; sie sehe daher keinen Anlass, ihm einen Termin zur Protokollierung zu nennen. Den hiergegen am 11.11.2009 erhobenen Widerspruch verwarf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2010 als unzulässig.

Hiergegen hat der Kläger am 10.02.2010 Klage zum SG erhoben und vorgetragen, er habe sich allein im Jahr 2009 gegen 266 rechtswidrige Verwaltungsakte zu Wehr setzen müssen, ihm sei es nicht mehr zumutbar, seine Eingaben selbst zu verfassen.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.

Mit Gerichtsbescheid vom 28.05.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, dem vom Kläger gestellten Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht sei nicht zu entsprechen, da dieser als grob rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren sei. Die Klage sei wegen offensichtlicher Rechtsmißbräuchlichkeit bereits unzulässig. Der Kläger habe seit dem 01.01.2009 bis zum Tag der Entscheidung insgesamt 387 Verfahren beim SG anhängig gemacht. Dies zeige, dass der Kläger ersichtlich keinen Bedarf dafür habe, seine Eingaben bei der Beklagten protokollieren zu lassen.

Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 07.06.2010 beim SG Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, ein Anspruch auf Protokollierung bestehe kraft Gesetzes und stehe nicht zur Disposition des SG. Er habe in den letzten sechs Jahren keine 387 Verfahren anhängig gemacht. Der Umfang seines Streits mit der Beklagten sprenge für eine Naturalpartei die Grenzen des Zumutbaren. Seit dem 13.09.2011 befindet sich der Kläger in Untersuchungshaft.

Der Kläger beantragt (zweckdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe 28. Mai 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Mitteilung vom 05. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Februar 2010 zu verurteilen, seine Anträge zu protokollieren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2012 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg.

Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obschon der Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 08.02.2012 nicht erschienen ist. Der Kläger wurde ordnungsgemäß durch Übergabe der Ladung in der Justizvollzugsanstalt geladen und auf die Möglichkeit einer Entscheidung in seiner Abwesenheit hingewiesen. Der Umstand, dass sich der Kläger seit dem 13.09.2011 in Untersuchungshaft befindet, ändert hieran, wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 21.09.2011 u.a. in den Verfahren - L 3 AL 2514/10 -, - L 3 AL 2521/10 -, - L 3 AL 2641/10 - und vom 19.10.2011 u.a. in den Verfahren - L 3 AL 3913/11 -, - L 3 AL 3819/11 -, L 3 AL 3917/11 - entschieden hat, nichts. Der Kläger ist vielmehr, da sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet war, wie jeder andere Prozessbeteiligte zu behandeln, dem das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung freigestellt worden ist (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 21.06.1983 - 4 RJ 3/83 - veröffentlicht in juris).

Der statthaften Berufung (vgl. § 143 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), die zwar form- und fristgerecht eingelegt wurde (vgl. § 151 Abs. 1 SGG), fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weswegen sie als unzulässig zu verwerfen ist.

Das Rechtsschutzinteresse bildet zwar keine besondere Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels, sondern ergibt sich im allgemeinen ohne weiteres aus der formellen Beschwer des Rechtsmittelführers, der mit seinem Begehren in der vorangegangenen Instanz unterlegen ist. Mit dem Erfordernis der Beschwer ist in aller Regel gewährleistet, dass das Rechtsmittel nicht eingelegt wird, ohne dass ein sachliches Bedürfnis des Rechtsmittelklägers hieran besteht. Indessen gilt auch für Rechtsmittel der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte grundlos oder für unlautere Zwecke in Anspruch nehmen darf. Trotz Vorliegens der Beschwer kann in Ausnahmefällen das Rechtsschutzinteresse fehlen, wenn der Rechtsweg unnötig, zweckwidrig oder missbräuchlich beschritten wird (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., Vor § 143 Rn. 5 m.w.N.). Unnütz und deshalb unzulässig ist ein Rechtsmittel insbesondere dann, wenn durch die angefochtene Entscheidung keine Rechte, rechtlichen Interessen oder sonstigen schutzwürdigen Belange des Rechtsmittelführers betroffen sind und die weitere Rechtsverfolgung ihm deshalb offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (BSG, Urteil vom 08.05.2007 - B 2 U 3/06 R - veröffentlicht in juris). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Der Kläger hat seit Mai 2005 allein beim LSG insgesamt 996 Verfahren, davon allein 830 gegen die Bundesagentur für Arbeit anhängig gemacht, die weitestgehend im Wege von Computerfaxen eingelegt wurden. Auch die erstinstanzlich geführten Verfahren wurden auf diesem Weg eingelegt. Mithin besteht offensichtlich kein im Ansatz nachvollziehbarer Grund, bei der Beklagten einen Termin zur Protokollierung von Klageerhebungen zu vereinbaren, zumal dem Kläger nach § 90 SGG die Möglichkeit offen steht, seine Klagen zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu erheben. Durch die Entscheidung des SG sind mithin schutzwürdige Belange des Klägers nicht betroffen; die Berufung ist in Ermangelung eines Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved