Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 3464/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3486/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 01. August 2011 abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1963 in den Vereinigten Staaten von Amerika geborene Kläger, der sich seit 1970 in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, begann am 03. September 1979 eine Lehre zum Heizungsbauer, die er am 13. Mai 1981 vorzeitig abbrach. Zwischen dem 28. Juli 1981 und dem 20. Oktober 2003 war er unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit, Krankheit, Zeiten, in denen er nicht im Leistungsbezug eines Sozialversicherungsträgers stand, einer Zeit der Selbständigkeit vom 01. März 1993 bis 30. April 1996 und Zeiten geringfügiger Beschäftigungen nach seinen Angaben überwiegend als Fahrer, aber auch als Kellner, Türsteher, Tankreiniger, Hausmeister und in einem Call-Center versicherungspflichtig beschäftigt. Zwischen dem 21. Oktober 2003 und 31. Dezember 2004 bezog er Leistungen der Bundesagentur für Arbeit und war daneben in der Zeit vom 13. November bis 18. Dezember 2003 an einzelnen Tagen sowie nachfolgend auch vom 20. August bis 30. September 2007 geringfügig beschäftigt. Seit 01. Januar 2005 erhält er mit Ausnahme der Zeit vom 18. November bis 30. Dezember 2008, in der er Übergangsgeld bezog, Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Vom 18. November bis 30. Dezember 2008 durchlief der Kläger eine stationäre medizinische Heilbehandlung in der M.-klinik in B. K ... Nach dem Entlassungsbericht des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin M. B. vom 21. Januar 2009, ausweislich dessen der Kläger bei der Aufnahme bewusstseinsklar, allseits orientiert, im Kontakt aktiv und kooperativ, zum Teil jedoch distanzlos, erschien, bei ausgeglichener Grundstimmung die affektive Schwingungsfähigkeit weitgehend erhalten war, die wesentlichen kognitiven Funktionen intakt waren, im Affekt jedoch immer wieder Misstrauen, Unsicherheit sowie latente aggressive Impulse bzw. Verachtungs- und Hassgefühle spürbar waren, bestanden folgende Diagnosen: Kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen, selbstunsicheren und narzisstischen Anteilen, mittelgradige depressive Episode, teilremittiert, rezidivierende Lumboischialgie beidseits und Adipositas Grad II. Die Entlassung erfolgte arbeitsfähig. Der Kläger könne seine zuletzt verrichtete Tätigkeit als Lkw-Fahrer und auch mittelschwere Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit akuter psychischer Belastung.
Am 17. Dezember 2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte, der neben dem Entlassungsbericht vom 21. Januar 2009 ein Attest der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Z. vom 22. Februar 2010, wonach es beim Kläger aufgrund von schweren Traumatisierungserlebnissen in seiner Jugend immer wieder zu quälenden Erinnerungen (flash-backs) komme, und Gutachten der Bundesagentur für Arbeit, insbesondere ein nach einer Untersuchung am 22. April 2008 erstattetes psychologisches Gutachten der Psychologin Bu. vom 30. April 2008 (psychisch recht stabiler und gefestigter Eindruck, dennoch von geminderter psychischer Belastbarkeit auszugehen, gegenwärtig eine Arbeitstätigkeit mindestens in Teilzeit zuzutrauen), sowie nach Aktenlage von Dr. K.-F. vom 04. März 2009, die von einem vollschichtigen Leistungsvermögen des Klägers ausging, und von Dr. T. vom 10. Dezember 2009, wonach nur noch ein Leistungsvermögen von täglich weniger als drei Stunden bestehe, jedoch auch davon ausgegangen werde, dass es im Rahmen des Rentenverfahrens möglich sein solle, das Leistungsvermögen genauer im Rahmen einer stationären Begutachtung auf der klinischen Beobachtungsstation der Beklagten abzuklären, vorlagen, erhob Gutachten des Internisten und Sozialmediziners L., des Chirurgen Dr. W. und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Br ... In seinem chirurgisch-orthopädischen Zusatzgutachten vom 11. März 2010 führte Dr. W. aus, beim Kläger bestehe ein Zustand nach Appendektomie, ein Zustand nach Pfählungsverletzung im Oberschenkel- und Perianalbereich 1975, der Verdacht auf eine Spondylolisthesis mit rezidivierenden akut einschließenden lumbioschialgieformen Beschwerden, rechtsbetont und der Verdacht auf eine Coxarthrose links im Stadium I. Auf seinem Fachgebiet könne der Kläger noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten mit maximaler Gewichtsbelastung im Anheben, Halten und Transportieren von Gegenständen bis maximal zehn kg ausführen. Zu vermeiden seien Rumpfzwangshaltungen in längerer Stehposition, Gerüste und Leitern sollten möglichst nicht bestiegen werden. Eine Arbeitszeit von sechs Stunden und mehr sei gut möglich. Dr. Br. gegenüber gab der Kläger, der zur Untersuchung am 03. März 2010 allein mit seinem Motorrad anreiste, ausweislich des Gutachtens vom 05. März 2010 an, dass er kürzlich mit der Bahn eine neue weibliche Bekanntschaft in Berlin besucht habe und ansonsten täglich seine Mutter und seinen Stiefvater aufsuche, um mit ihnen zu essen. Seine Mutter habe ihn auch schon zum Fensterputzen einbestellt. Er mache seinen Haushalt, fahre vor allem gerne Motorrad, telefoniere mit Freundinnen, schaue fern, wobei er sich für verschiedenes interessiere, und sei viel im Internet, wo er vor allem auch gerne pokere. Dr. Br., der keine Hinweise für eine hirnorganische Symptomatik, das Vorliegen einer Psychose aus dem sogenannten endogenen Formenkreis und Anhalte für intellektuelle Defizite fand, stellte folgende Diagnosen: Kombinierte Persönlichkeitsstörung mit deutlich narzisstischen, auch histrionischen Zügen. Hieraus ergäben sich sicherlich qualitative Leistungseinschränkungen. Unter zumutbarer Willensanspannung, insbesondere aber auch natürlich zumutbarer Inanspruchnahme ambulanter (nämlich vornehmlich psychotherapeutischer) Behandlungsmöglichkeiten, könne der Kläger Tätigkeiten auf ebener Erde, nicht an unmittelbar gefährdenden Maschinen, ohne fordernde soziale Interaktionen, möglichst auch ohne andere Stressfaktoren wie Nacht- oder Wechselschichtarbeiten aus nervenärztlicher Sicht durchaus auch weiterhin vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Arzt L., der in seinem Gutachten vom 22. März 2010 auf internistischem Fachgebiet keine weiteren Diagnosen stellte, gelangte unter Berücksichtigung der Zusatzgutachten zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass der Kläger leichte und mittelschwere Arbeiten ohne erhöhte Verletzungsgefahren, "fordernde soziale Interaktionen" und Schichtarbeit sowie Rumpfzwangshaltungen in längerer Stehposition und Besteigen von Leitern und Gerüsten über sechsstündig verrichten könne. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25. März 2010 die Rentengewährung ab, weil der Kläger die medizinischen Voraussetzungen hierfür nicht erfülle. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger unter Vorlage eines Befundberichts von Dr. Z. vom 09. April 2010 (Diagnosen: Emotional instabile Persönlichkeitsstörung impulsiver Typ, posttraumatische Belastungsstörung; zurzeit nicht arbeitsfähig) geltend, dass insbesondere das Gutachten von Dr. Br. im eindeutigen Widerspruch zum Gutachten von Dr. T. stehe. Mit Dr. Z. gehe er davon aus, dass er aufgrund seiner emotional instabilen Persönlichkeitsstörung nicht in der Lage sei, mindestens sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein. Hinzu komme, dass er unter einer posttraumatischen Belastungsstörung nach wiederholten körperlich sexuellen GeWa.fahrungen im Kleinkindalter leide. Die Begutachtung durch einen männlichen Therapeuten stelle deshalb für ihn eine unzumutbare Belastung dar. Nachdem sich Arzt L. in einer Stellungnahme vom 10. Juni 2010 hierzu dahingehend geäußert hatte, dass der Äußerung von Dr. Z. vom 09. April 2010 aus Sicht des Gutachtens Dr. Br. nicht gefolgt werden könne und es für eine nochmalige Sachaufklärung keinen Bedarf gebe, wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2010 zurück. Die Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers durch den Sozialmedizinischen Dienst sei für ihn, den Widerspruchsausschuss, schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er sich ihr anschließe. Er halte es auch nicht für erforderlich, ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben oder zusätzliche Unterlagen beizuziehen. Volle oder teilweise Erwerbsminderung liege beim Kläger daher nicht vor. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) komme nicht in Betracht, da der Kläger nach dem 01. Januar 1961 geboren sei.
Der Kläger erhob am 19. August 2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Unter Wiederholung seines Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren legte er eine eigene Stellungnahme vom 18. August 2010 dazu, wie es um seine Person stehe und warum er dermaßen gesundheitlich eingeschränkt sei, vor. Er verwies insoweit insbesondere auf einen gegen ihn und seinen Bruder gerichteten Überfall im Jahr 1965, den er bis zu einer im Jahr 2005 stattgefundenen Psychotherapie verdrängt habe, und weshalb er mit allem im Alltag zu kämpfen habe. Beschämt fühle er sich auch durch zwei Vergewaltigungen, denen er auch noch ausgesetzt gewesen sei. Seit den Erinnerungen habe er auch immer wieder psychosomatische Gleitwirbel-Probleme und Probleme mit der rechten Schulter, was zu Schmerzen führe. Beschwerden verursache auch sein rechtes Handgelenk, das man ihm 1996 eingeknickt habe. Die meisten Tage unter der Woche liege er im Bett, um Ruhe zu finden. Psychiatrien könnten ihm nicht helfen. Seit vielen Jahren habe er auch schon Alpträume der schlimmsten Art. Er sei in keinster Weise in der Lage, sich irgendwo zu unterwerfen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie legte eine Stellungnahme des Neurologen Dr. Wa. vom 15. Juli 2011 vor, der die von der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie O.-P. in ihrem Gutachten (hierzu im Folgenden) gezogenen Schlussfolgerungen im Hinblick auf diagnostische Wertung und Leistungseinschätzung aufgrund der aktiven Alltagsgestaltung des Klägers für problematisch hielt und sie, die Sachverständige, auch nur eine Verdachtsdiagnose ("dringender Verdacht einer wahnhaften Störung") eingeführt und diese auch selbst in Frage gestellt habe, in dem sie auf das Erfordernis einer letztendlichen Überprüfung anhand einer Berufstrainingsmaßnahme abgestellt habe, sodass weiterhin von einem mindestens sechsstündigen täglichen Leistungsvermögen bei dem Kläger auszugehen sei.
Das SG hörte den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Si. und Dr. Z. als sachverständige Zeugen. Dr. Si. teilte in seiner Auskunft vom 19. November 2010 mit, dass er beim Kläger eine Bronchitis, Periarthropathia humeroscapularis rechts, psychische Störung, Iliosacral-Syndrom, Magenkrämpfe, Migräne und Tinnitus diagnostiziert habe. Die Frage, ob die von ihm erhobenen Befunde die vollschichtige Verrichtung auch einer körperlich leichten Berufstätigkeit ausschlössen, verneinte er. Er fügte Arztbriefe, einen EKG- und Laborbefunde bei. Dr. Z. führte aus (Auskunft vom 11. Januar 2011), dass sich der Kläger vom 07. Mai 2009 bis 15. November 2010 in ihrer Behandlung befunden habe. Er sei dreimal pro Quartal behandelt worden. Sie habe bei ihm die Diagnosen einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ gestellt. Die psychische Befindlichkeit des Klägers sei extrem wechselhaft. Die emotionale Instabilität vom impulsiven Typ drücke sich in nicht vorhersehbaren, schweren launenhaften Verstimmungen aus. Aufgrund der emotionalen Instabilität seien Belastbarkeit, Ausdauer und Leistungsfähigkeit des Klägers sehr wechselhaft. Er sei in keiner Weise teamfähig. Kurzfristig sei er in der Lage, Leistung zu erbringen, nicht jedoch über einen längeren Zeitraum. Zeitweise sei er kaum in der Lage, den Alltagsanforderungen nachzukommen. Die vollschichtige Verrichtung auch einer körperlich leichten Berufstätigkeit schließe sie aus.
Sodann erstattete Ärztin O.-P. das Gutachten vom 14. März 2011. Danach liegt beim Kläger der dringende Verdacht einer anhaltend wahnhaften Störung vor, gediehen auf dem Boden einer langjährigen Polytoxikomanie, zuletzt einem Alkoholabusus und weiter bestehendem erheblichem Nikotinabusus bei Vorliegen einer komplexen Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, histrionischen, aber im Wesentlichen auch emotional instabilen Persönlichkeitszügen, verbunden mit Aggressivität und Gewaltbereitschaft und einer Somatisierungsstörung im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung. Die Sachverständige berichtete, der Kläger habe ihr zum Tagesablauf angegeben, dass er zwischen acht und zehn Uhr aufstehe, Kaffee trinke, fernsehe und telefoniere. Dazwischen gehe er immer mal wieder online, ab 19 Uhr bis ca. 23 Uhr nehme er an Pokerturnieren im Netz teil. Drei- bis viermal pro Woche gehe er zu seiner Mutter. Selten fahre er auch raus. Im psychischen Untersuchungsbefund habe sich ein weitschweifiger Patient mit sprunghaften Gedanken, erhöhter Aggressivität und immer wieder bedrohlich wirkenden emotionalen Exacerbationen gefunden. Er habe Zeichen einer Wahnstimmung und fraglich auch ein Wahnsystem, verbunden mit einer gedrückten, auch gereizten Stimmungslage mit Dysphorie und Aggressivität und narzisstischen, dissozialen und gewaltbereiten Zügen, verbunden auch mit asthenen Inhalten, gezeigt. Er habe bezüglich seiner Person wiederholt ein Opferkonzept vertreten. Hier habe es eine deutliche Diskrepanz zwischen der Selbst- und der Fremdwahrnehmung gegeben. An den Tagen nach der Untersuchung habe er sich bei ihr, der Sachverständigen, zweimal - wie beigefügt - schriftlich gemeldet und auch angerufen. Zusammenfassend sei darauf zu schließen, dass es beim Kläger eine durch traumatisch erlebte Ereignisse belastete Kindheit gegeben habe. Soweit biographisch zu erkennen, sei es immer nur zu kurzzeitigen beruflichen Anstellungen gekommen. Es habe immer wieder Konflikte mit Vorgesetzen im Sinne von Autoritätskonflikten gegeben. In Beziehungen beschreibe er sich als Opfer. In der Darstellung der Person bzw. in der letztendlichen Bewertung der Fähigkeiten des Klägers gebe es in den Gutachten und Berichten der Behandler des Klägers erhebliche Diskrepanzen. Am ehesten sei der Verdacht auf eine wahnhafte Störung zu formulieren im Sinne einer Paranoia als Entwicklung mehrerer aufeinanderbezogener Wahninhalten, die sich mit einem bildgewaltigen Erleben, verbunden mit depressiven Symptomen, aber auch aggressiven Inhalten anhaltend zeigten. Die bisherigen Behandlungsmaßnahmen seien auch im Rahmen einer deutlich reduzierten Compliance und Nichteinsichtigkeit des Klägers mit erheblichen Diskrepanzen in der Selbst- und Fremdwahrnehmung nur als dürftig zu sehen. Nach den Angaben des Klägers sei es nur einmalig zum Einsatz von Seroquel, einem Antipsychotikum, das durchaus auch eine Wertigkeit im wahnhaften Bereich habe, gegeben. Darüber hinausgehende Maßnahmen gebe es nicht. Zu der seelischen Komponente sei noch eine somatisierende Ausgestaltung zu verzeichnen im Sinne einer Somatisierungsstörung, die mit einem polytopen Schmerzerleben einhergehe. Im Vordergrund stehe jedoch das Wahnsystem, die Verhaltensstörung, die sich immer wieder in Beziehungsstörungen des Klägers und einer emotionalen Überreaktion mit Gewaltbereitschaft dokumentiere. Damit verbunden sei auch eine Uneinsichtigkeit des Klägers, der eher ein Opferkonzept bezüglich seiner Person vertrete und keine Bereitschaft zeige, Verantwortung für sein Tun und Handeln zu übernehmen und fortgesetzt zu schnell wechselnden Stimmungslagen neige. Es sei mit diesen Störungen schwer vorstellbar, den Kläger dauerhaft in einen beruflichen Alltag zu integrieren, auch wenn grundsätzlich von einer Behandelbarkeit der Störungen ausgegangen werden könne durch eine intensivierte Medikation und eine entsprechend intensivierte therapeutische Maßnahme, wobei die Uneinsichtigkeit des Klägers immanenter Teil der Erkrankung sei. Der Kläger habe kognitive Ressourcen, die genutzt werden könnten. Durch die Erkrankung sei jedoch sein Durchhaltevermögen gemindert, ebenso die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit. Auch die Integrität der psychischen Funktionen sei gemindert und es bestehe eine deutlich reduzierte emotionale Belastbarkeit und eine reduzierte Konfliktfähigkeit. Daher seien Tätigkeiten mit Publikumsverkehr, mit besonderer Verantwortung für Personen oder Maschinen, mit erhöhtem Zeitdruck, unter nervlicher Belastung und auch Nachtarbeit auszunehmen. Aufgrund der somatoformen Schmerzstörung sollten im Wesentlichen leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in günstigen klimatischen Bedingungen bzw. unter Einsatz entsprechender Schutzkleidung mit der Möglichkeit zur Wechselhaltung gewährleistet sein. Aufgrund der erheblichen Verhaltensauffälligkeiten und der emotionalen Verstrickung des Klägers in seine wahnhaft anmutenden Inhalte liege aktuell indessen kein Restleistungsvermögen des Klägers vor. Diese - geminderte - Leistungsfähigkeit des Klägers liege seit 2009 vor. Aufgrund der Diskrepanzen in der Einschätzung der bisherigen Gutachten werde empfohlen, dass eine Berufstrainingsmaßnahme und gegebenenfalls Schulungsmaßnahmen die Einsatzfähigkeit des Klägers letztendlich überprüften.
Mit Urteil vom 01. August 2011 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juli 2010, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01. Dezember 2009 bis 30. November 2012 zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung des Klägers sei am 07. Mai 2009 mit dem Beginn seiner Behandlung durch Dr. Z. eingetreten. Aufgrund der erheblichen Verhaltensauffälligkeiten und der emotionalen Verstrickungen des Klägers in seine Wahnfeststellungen sei sein berufliches Leistungsvermögen gestützt auf das Gutachten der Sachverständigen O.-P. aktuell aufgehoben. Diese nachvollziehbare Auffassung verträten auch Dr. Z. und die für den Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit tätige Dr. T. in ihrem Gutachten vom 10. Dezember 2009. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung beginne gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI mit Beginn des Monats, in dem die Rente beantragt worden sei, also am 01. Dezember 2009. Sie sei zu befristen, da die Kammer nicht davon überzeugt sei, dass der Kläger dauerhaft außerstande sein werde, sechs Stunden pro Tag zu arbeiten.
Gegen das ihr am 11. August 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16. August 2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, sie sehe eine rentenrelevante Leistungsminderung nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit als bewiesen an. Die Sachverständige O.-P., auf deren Beurteilung sich das SG gestützt habe, gehe bei ihrer Leistungseinschätzung u.a. von einem dringenden Verdacht einer anhaltenden wahnhaften Störung aus. Auf einen Verdacht könne und dürfe allerdings eine Leistungsbeurteilung nicht aufbauen. Auf die Befundung und Beurteilung im Gutachten von Dr. Br. und die im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Stellungnahme von Dr. Wa. gehe das SG nicht ein.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 01. August 2011 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Gutachten der Sachverständigen O.-P. für schlüssig und nachvollziehbar. Sie habe den Verlauf seiner Erkrankung berücksichtigt und die festgestellte Verringerung des Durchhaltevermögens, der Umstellungs-, Anpassungs- und Konfliktfähigkeit sowie der emotionalen Belastbarkeit als leistungslimitierend angesehen. Die diesbezüglich erhobenen psychischen Befunde stünden im Einklang mit dem erfragten Krankheitsverlauf. Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit komme es auch nicht auf die gestellte Diagnose an, sodass er, der Kläger, es nicht für überzeugend halte, wenn die Berufung darauf gestützt werde, dass die Sachverständige O.-P. nur die Verdachtsdiagnose einer wahnhaften Störung gestellt habe. Dr. Br. habe seine Biographie nicht ausreichend berücksichtigt. Seine Leistungseinschätzung halte er deshalb für nicht nachvollziehbar. Dem von der Beklagten herangezogenen Dr. Wa. fehle als Facharzt für Neurologie die Facharztkompetenz für die Beurteilung psychiatrischer Krankheitsbilder.
Auf Nachfrage des Senats hat der Kläger angegeben, dass er sich keiner weiteren Begutachtung mehr unterziehen könne.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 § Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach den §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht die vom SG zugesprochene befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung für die streitige Zeit nicht zu. Mithin ist der Bescheid der Beklagten vom 25. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juli 2010 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hätte daher die genannten Bescheide nicht abändern und die Beklagte nicht zur Leistung verurteilen dürfen.
Da gegen das Urteil des SG allein die Beklagte Berufung eingelegt hat, ist im Berufungsverfahren nur darüber zu entscheiden, ob der Kläger in der Zeit vom 01. Dezember 2009 bis 30. November 2012 Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat. Für den danach liegenden Zeitraum ist das die Klage insoweit abweisende Urteil des SG rechtskräftig geworden, weil der Kläger keine (Anschluss-)Berufung eingelegt hat.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass der Kläger in der Zeit vom 01. Dezember 2009 bis 30. November 2012 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist, weil er Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht mehr in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Die schlüssige und nachvollziehbare Leistungsbeurteilung in den Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Br. vom 05. März 2010, des Chirurgen Dr. W. vom 11. März 2010 und des Internisten und Sozialmediziners L. vom 22. März 2010 sowie des Entlassungsberichts des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin B. vom 21. Januar 2009 wird durch die Leistungsbeurteilung der Sachverständigen O.-P. in ihrem Gutachten vom 14. März 2011 nicht widerlegt. Eine weitere Abklärung war nicht möglich, weil der Kläger eine erneute Untersuchung durch einen Sachverständigen ablehnt.
Bei dem Kläger liegt vorrangig eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen, selbstunsicheren und narzisstischen Anteilen vor. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Dr. Br., der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. Z. vom 11. Januar 2011, aber auch dem Entlassungsbericht des Arztes B. vom 21. Januar 2009. Damit übereinstimmend geht auch die Sachverständige O.-P. in ihrem Gutachten vom 14. März 2011 von einer komplexen Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, histrionischen, aber im Wesentlichen auch emotional instabilen Persönlichkeitszügen, verbunden mit Aggressivität und Gewaltbereitschaft aus. Die Sachverständige äußert darüber hinaus lediglich noch den dringenden Verdacht einer auf diesem Boden und einer langjährigen Polytoxikomanie gediehenen anhaltend wahnhaften Störung. Von Letzterem ist der Senat, nachdem auch die Sachverständige O.-P. nur einen - wenn auch dringenden - Verdacht geäußert und auf ein erhebliches Verdeutlichungsverhalten des Klägers sowie eine Fixation auf eigene Erklärungshypothesen hingewiesen hat und darüber hinaus zur abschließenden Überprüfung eine Berufstrainingmaßnahme und gegebenenfalls Schulungsmaßnahmen empfahl, indessen nicht überzeugt. Auch das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung ist nach Überzeugung des Senats nicht belegt. Zwar stellt Dr. Z. auch diese Diagnose, doch findet diese Diagnose in den weiteren Gutachten und auch im Entlassungsbericht über die stationäre Heilbehandlung keine Bestätigung. Allein die Tatsache, dass der Kläger über quälende Erinnerungen an Gewaltlebnisse in seiner Kindheit klagt, führt auch noch nicht zur Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung. Dies erfordert nach F43.1 ICD-10-Code darüber hinaus u.a. auch ein anhaltendes Vermeidungsverhalten und dass die Symptome innerhalb weniger Wochen bis Monaten nach dem Ereignis aufgetreten sind. Darüber wird vom Kläger jeweils nicht berichtet.
Aufgrund dieser kombinierten Persönlichkeitsstörung lässt sich eine zeitliche Leistungseinschränkung auf weniger als sechs Stunden nicht feststellen. Der Senat folgt hinsichtlich der zeitlichen Leistungsfähigkeit des Klägers auf psychiatrischem Gebiet der Auffassung des Gutachters Dr. Br., der nachvollziehbar dargelegt hat, dass sich vor dem Hintergrund der vielschichtigen Persönlichkeitsstörung zwar qualitative Leistungseinschränkungen dergestalt ergeben, dass der Kläger nur noch Tätigkeiten zu ebener Erde und nicht an unmittelbar gefährdenden Maschinen sowie ohne fordernde soziale Interaktionen und möglichst auch ohne andere Stressfaktoren wie Nacht- oder Wechselschicht verrichten kann, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung dieser Leistungseinschränkungen des Klägers jedoch noch mindestens sechs Stunden täglich möglich seien. Diese Leistungseinschätzung, der sich auch der Beratungsarzt der Beklagten Dr. Wa. anschloß, findet auch eine Bestätigung in dem Entlassungsbericht des Arztes B. vom 21. Januar 2009 über die sechswöchige stationäre Rehabilitationsmaßnahme des Klägers im Jahr 2008. Während dieser Rehabilitationsmaßnahme legte der Kläger ein mit den bei den nachfolgenden Begutachtungen gezeigtes identisches Verhalten an den Tag und beschrieb auch damals schon dieselben Gefühle und Verhaltensweisen wie bei dem Gutachter Dr. Br. und der Sachverständigen O.-P ... Aufgrund des Verhaltens des Klägers gestaltete sich auch die gesamte stationäre Rehabilitationsmaßnahme als sehr schwierig und war geprägt von den deutlichen Problemen des Klägers mit der Nähe-Distanz-Regulation und seinem oft distanzlos-grenzüberschreitenden Umgang mit eigenen früheren Gewalterfahrungen. Dennoch erachtete Arzt B. den Kläger, gestützt auf sein während des sechswöchigen stationären Aufenthalts gezeigtes Verhalten, für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Vermeidung von erhöhten psychischen Belastungen für vollschichtig einsetzbar, wobei der Kläger nach dem Entlassungsbericht damals auch bezüglich der sozialmedizinischen Einschätzung seines Leistungsvermögens ausdrücklich mit der Einschätzung des Arztes übereinstimmte. Eine weitere Bestätigung findet diese Einschätzung der Leistungsfähigkeit des Klägers auch darin, dass der Kläger sowohl dem Gutachter Dr. Br. als auch der Sachverständigen O.-P. gegenüber einen ausgefüllten Tagesablauf mit aktiver Alltagsgestaltung (Besuch bei der Mutter, Beschäftigung mit dem Computer, Motorradfahren, Telefonieren, Haushaltstätigkeit) schilderte und diese Erkrankung, unter der der Kläger zumindest seit Beginn seiner beruflichen Tätigkeit leidet, in der Vergangenheit auch einer beruflichen Tätigkeit nicht entgegenstand. Insoweit verkennt der Senat zwar nicht, dass der Kläger seinen Arbeitsplatz häufig wechselte, über längere Zeiträume arbeitslos war und teilweise auch nicht arbeitete, immer wieder sind jedoch aber auch andauernde Tätigkeiten über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr im Versicherungsverlauf des Klägers enthalten, was durchaus ein Durchhaltevermögen des Klägers belegt.
Von dieser Leistungseinschätzung ist auch nicht aufgrund des von der Sachverständigen O.-P. erstatteten Gutachtens abzuweichen. Die Sachverständige O.-P. hat im Wesentlichen dieselben Befunde wie bereits Arzt B. ausweislich seines Entlassungsberichts vom 21. Januar 2009, aber auch der Gutachter Dr. Br. in seinem Gutachten vom 05. März 2010 erhoben. Sie hat hieraus im Hinblick auf die diagnostische Wertung und die Leistungseinschätzung eine andere Schlussfolgerung gezogen. Bezüglich der von ihr gestellten Diagnose einer anhaltenden wahnhaften Störung äußert sie indessen selbst Bedenken, indem sie nur den dringenden Verdacht einer anhaltenden wahnhaften Störung stellt und im Hinblick auf ihre Leistungseinschätzung empfiehlt sie eine Überprüfung mithilfe einer Berufstrainingsmaßnahme und gegebenenfalls Schulungsmaßnahmen des Klägers. Mit Blick hierauf ist die von Dr. Br. und Arzt B. abgegebene Leistungseinschätzung, die den Senat - wie ausgeführt - überzeugt, nicht widerlegt. Etwas anderes lässt sich auch nicht auf die Einschätzung von Dr. Z. stützen. Auch Dr. Z. schildert "nur" die bekannten Befunde auf die sich Dr. Br. und Arzt B. folgend keine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit stützen lässt. Auch das von der Ärztin Dr. T. erstattete Gutachten vermag an der Leistungseinschätzung nichts zu ändern, nachdem Dr. T. ihr Gutachten nur nach Aktenlage und nicht aufgrund einer persönlichen Untersuchung des Klägers erstattet hat.
Des Weiteren besteht beim Kläger eine rezidivierende Lumboischialgie beidseits. Dies entnimmt der Senat dem Entlassungsbericht des Arztes B. vom 21. Januar 2009 sowie dem Gutachten von Dr. W. vom 11. März 2010. Sowohl bei der Befunderhebung im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme als auch bei der Untersuchung durch Dr. W. bestand jedoch weder im Bereich der Hals- noch der Lendenwirbelsäule eine Bewegungseinschränkung, das Lasègue’sche Zeichen war jeweils negativ und es bestand auch kein Druckschmerz über der Wirbelsäule. Beklagt hatte der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. W. eine Hypästhesie des linken Beines und bei der Untersuchung durch die Sachverständige O.-P. Kribbeldysästhesien in der rechten Wadenaußenseite.
Ausgehend hiervon lassen sich ebenfalls allenfalls qualitative Leistungseinschränkungen, nämlich bezüglich schwerer Tätigkeiten, Arbeiten mit Gewichtsbelastung im Anheben, Halten und Transportieren von Gegenständen über zehn kg und Rumpfzwangshaltungen in längerer Stehposition sowie unter Vermeidung des Besteigens von Gerüsten und Leitern, nicht aber eine quantitative Leistungseinschränkung auf weniger als sechs Stunden feststellen. Der Senat folgt insoweit der Leistungseinschätzung durch Dr. W. und Arzt L., der sich in seinem Zusammenhangsgutachten der Einschätzung von Dr. W. anschloss.
Darüber hinaus leidet der Kläger an einer somatoformen Schmerzstörung, die sich durch von ihm beklagte Schmerzen und Krämpfe am ganzen Körper äußert. Hierfür legt der Senat das Gutachten der Sachverständigen O.-P. zugrunde, die nach körperlicher aber auch psychologischer und medizinisch-technischer Zusatzuntersuchung diese Diagnose gestellt hat.
Auch hieraus ergeben sich, nachdem über Bewegungseinschränkungen in den Gutachten und Befundberichten nicht berichtet wird und der Kläger nach seinen Angaben gegenüber der Sachverständigen O.-P. die Schmerzen "nur" mit einer Tablette Gelonida täglich behandelt, nur Leistungseinschränkungen qualitativer Art. Der Kläger kann deshalb nur noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in günstigen klimatischen Bedingungen bzw. unter Einsatz entsprechender Schutzkleidung mit der Möglichkeit zur Wechselhaltung verrichten. Dies hat die Sachverständige O.-P., der der Senat sich insoweit anschließt, aus der beim Kläger vorliegenden somatoformen Schmerzstörung abgeleitet. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen ergibt sich nach Auffassung des Senats darüber hinaus keine Einschränkung quantitativer Art. Auch die Sachverständige O.-P. sieht wegen der somatoformen Schmerzstörung keine quantitative Leistungseinschränkung.
Da eine Leistungsfähigkeit des Klägers von weniger als sechs Stunden nicht feststellbar ist, kommt auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht in Betracht. Über eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit war nicht zu entschieden, da diese durch den Kläger in erster Instanz nicht beantragt war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1963 in den Vereinigten Staaten von Amerika geborene Kläger, der sich seit 1970 in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, begann am 03. September 1979 eine Lehre zum Heizungsbauer, die er am 13. Mai 1981 vorzeitig abbrach. Zwischen dem 28. Juli 1981 und dem 20. Oktober 2003 war er unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit, Krankheit, Zeiten, in denen er nicht im Leistungsbezug eines Sozialversicherungsträgers stand, einer Zeit der Selbständigkeit vom 01. März 1993 bis 30. April 1996 und Zeiten geringfügiger Beschäftigungen nach seinen Angaben überwiegend als Fahrer, aber auch als Kellner, Türsteher, Tankreiniger, Hausmeister und in einem Call-Center versicherungspflichtig beschäftigt. Zwischen dem 21. Oktober 2003 und 31. Dezember 2004 bezog er Leistungen der Bundesagentur für Arbeit und war daneben in der Zeit vom 13. November bis 18. Dezember 2003 an einzelnen Tagen sowie nachfolgend auch vom 20. August bis 30. September 2007 geringfügig beschäftigt. Seit 01. Januar 2005 erhält er mit Ausnahme der Zeit vom 18. November bis 30. Dezember 2008, in der er Übergangsgeld bezog, Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Vom 18. November bis 30. Dezember 2008 durchlief der Kläger eine stationäre medizinische Heilbehandlung in der M.-klinik in B. K ... Nach dem Entlassungsbericht des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin M. B. vom 21. Januar 2009, ausweislich dessen der Kläger bei der Aufnahme bewusstseinsklar, allseits orientiert, im Kontakt aktiv und kooperativ, zum Teil jedoch distanzlos, erschien, bei ausgeglichener Grundstimmung die affektive Schwingungsfähigkeit weitgehend erhalten war, die wesentlichen kognitiven Funktionen intakt waren, im Affekt jedoch immer wieder Misstrauen, Unsicherheit sowie latente aggressive Impulse bzw. Verachtungs- und Hassgefühle spürbar waren, bestanden folgende Diagnosen: Kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen, selbstunsicheren und narzisstischen Anteilen, mittelgradige depressive Episode, teilremittiert, rezidivierende Lumboischialgie beidseits und Adipositas Grad II. Die Entlassung erfolgte arbeitsfähig. Der Kläger könne seine zuletzt verrichtete Tätigkeit als Lkw-Fahrer und auch mittelschwere Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit akuter psychischer Belastung.
Am 17. Dezember 2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte, der neben dem Entlassungsbericht vom 21. Januar 2009 ein Attest der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Z. vom 22. Februar 2010, wonach es beim Kläger aufgrund von schweren Traumatisierungserlebnissen in seiner Jugend immer wieder zu quälenden Erinnerungen (flash-backs) komme, und Gutachten der Bundesagentur für Arbeit, insbesondere ein nach einer Untersuchung am 22. April 2008 erstattetes psychologisches Gutachten der Psychologin Bu. vom 30. April 2008 (psychisch recht stabiler und gefestigter Eindruck, dennoch von geminderter psychischer Belastbarkeit auszugehen, gegenwärtig eine Arbeitstätigkeit mindestens in Teilzeit zuzutrauen), sowie nach Aktenlage von Dr. K.-F. vom 04. März 2009, die von einem vollschichtigen Leistungsvermögen des Klägers ausging, und von Dr. T. vom 10. Dezember 2009, wonach nur noch ein Leistungsvermögen von täglich weniger als drei Stunden bestehe, jedoch auch davon ausgegangen werde, dass es im Rahmen des Rentenverfahrens möglich sein solle, das Leistungsvermögen genauer im Rahmen einer stationären Begutachtung auf der klinischen Beobachtungsstation der Beklagten abzuklären, vorlagen, erhob Gutachten des Internisten und Sozialmediziners L., des Chirurgen Dr. W. und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Br ... In seinem chirurgisch-orthopädischen Zusatzgutachten vom 11. März 2010 führte Dr. W. aus, beim Kläger bestehe ein Zustand nach Appendektomie, ein Zustand nach Pfählungsverletzung im Oberschenkel- und Perianalbereich 1975, der Verdacht auf eine Spondylolisthesis mit rezidivierenden akut einschließenden lumbioschialgieformen Beschwerden, rechtsbetont und der Verdacht auf eine Coxarthrose links im Stadium I. Auf seinem Fachgebiet könne der Kläger noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten mit maximaler Gewichtsbelastung im Anheben, Halten und Transportieren von Gegenständen bis maximal zehn kg ausführen. Zu vermeiden seien Rumpfzwangshaltungen in längerer Stehposition, Gerüste und Leitern sollten möglichst nicht bestiegen werden. Eine Arbeitszeit von sechs Stunden und mehr sei gut möglich. Dr. Br. gegenüber gab der Kläger, der zur Untersuchung am 03. März 2010 allein mit seinem Motorrad anreiste, ausweislich des Gutachtens vom 05. März 2010 an, dass er kürzlich mit der Bahn eine neue weibliche Bekanntschaft in Berlin besucht habe und ansonsten täglich seine Mutter und seinen Stiefvater aufsuche, um mit ihnen zu essen. Seine Mutter habe ihn auch schon zum Fensterputzen einbestellt. Er mache seinen Haushalt, fahre vor allem gerne Motorrad, telefoniere mit Freundinnen, schaue fern, wobei er sich für verschiedenes interessiere, und sei viel im Internet, wo er vor allem auch gerne pokere. Dr. Br., der keine Hinweise für eine hirnorganische Symptomatik, das Vorliegen einer Psychose aus dem sogenannten endogenen Formenkreis und Anhalte für intellektuelle Defizite fand, stellte folgende Diagnosen: Kombinierte Persönlichkeitsstörung mit deutlich narzisstischen, auch histrionischen Zügen. Hieraus ergäben sich sicherlich qualitative Leistungseinschränkungen. Unter zumutbarer Willensanspannung, insbesondere aber auch natürlich zumutbarer Inanspruchnahme ambulanter (nämlich vornehmlich psychotherapeutischer) Behandlungsmöglichkeiten, könne der Kläger Tätigkeiten auf ebener Erde, nicht an unmittelbar gefährdenden Maschinen, ohne fordernde soziale Interaktionen, möglichst auch ohne andere Stressfaktoren wie Nacht- oder Wechselschichtarbeiten aus nervenärztlicher Sicht durchaus auch weiterhin vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Arzt L., der in seinem Gutachten vom 22. März 2010 auf internistischem Fachgebiet keine weiteren Diagnosen stellte, gelangte unter Berücksichtigung der Zusatzgutachten zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass der Kläger leichte und mittelschwere Arbeiten ohne erhöhte Verletzungsgefahren, "fordernde soziale Interaktionen" und Schichtarbeit sowie Rumpfzwangshaltungen in längerer Stehposition und Besteigen von Leitern und Gerüsten über sechsstündig verrichten könne. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25. März 2010 die Rentengewährung ab, weil der Kläger die medizinischen Voraussetzungen hierfür nicht erfülle. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger unter Vorlage eines Befundberichts von Dr. Z. vom 09. April 2010 (Diagnosen: Emotional instabile Persönlichkeitsstörung impulsiver Typ, posttraumatische Belastungsstörung; zurzeit nicht arbeitsfähig) geltend, dass insbesondere das Gutachten von Dr. Br. im eindeutigen Widerspruch zum Gutachten von Dr. T. stehe. Mit Dr. Z. gehe er davon aus, dass er aufgrund seiner emotional instabilen Persönlichkeitsstörung nicht in der Lage sei, mindestens sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein. Hinzu komme, dass er unter einer posttraumatischen Belastungsstörung nach wiederholten körperlich sexuellen GeWa.fahrungen im Kleinkindalter leide. Die Begutachtung durch einen männlichen Therapeuten stelle deshalb für ihn eine unzumutbare Belastung dar. Nachdem sich Arzt L. in einer Stellungnahme vom 10. Juni 2010 hierzu dahingehend geäußert hatte, dass der Äußerung von Dr. Z. vom 09. April 2010 aus Sicht des Gutachtens Dr. Br. nicht gefolgt werden könne und es für eine nochmalige Sachaufklärung keinen Bedarf gebe, wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2010 zurück. Die Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers durch den Sozialmedizinischen Dienst sei für ihn, den Widerspruchsausschuss, schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er sich ihr anschließe. Er halte es auch nicht für erforderlich, ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben oder zusätzliche Unterlagen beizuziehen. Volle oder teilweise Erwerbsminderung liege beim Kläger daher nicht vor. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) komme nicht in Betracht, da der Kläger nach dem 01. Januar 1961 geboren sei.
Der Kläger erhob am 19. August 2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Unter Wiederholung seines Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren legte er eine eigene Stellungnahme vom 18. August 2010 dazu, wie es um seine Person stehe und warum er dermaßen gesundheitlich eingeschränkt sei, vor. Er verwies insoweit insbesondere auf einen gegen ihn und seinen Bruder gerichteten Überfall im Jahr 1965, den er bis zu einer im Jahr 2005 stattgefundenen Psychotherapie verdrängt habe, und weshalb er mit allem im Alltag zu kämpfen habe. Beschämt fühle er sich auch durch zwei Vergewaltigungen, denen er auch noch ausgesetzt gewesen sei. Seit den Erinnerungen habe er auch immer wieder psychosomatische Gleitwirbel-Probleme und Probleme mit der rechten Schulter, was zu Schmerzen führe. Beschwerden verursache auch sein rechtes Handgelenk, das man ihm 1996 eingeknickt habe. Die meisten Tage unter der Woche liege er im Bett, um Ruhe zu finden. Psychiatrien könnten ihm nicht helfen. Seit vielen Jahren habe er auch schon Alpträume der schlimmsten Art. Er sei in keinster Weise in der Lage, sich irgendwo zu unterwerfen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie legte eine Stellungnahme des Neurologen Dr. Wa. vom 15. Juli 2011 vor, der die von der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie O.-P. in ihrem Gutachten (hierzu im Folgenden) gezogenen Schlussfolgerungen im Hinblick auf diagnostische Wertung und Leistungseinschätzung aufgrund der aktiven Alltagsgestaltung des Klägers für problematisch hielt und sie, die Sachverständige, auch nur eine Verdachtsdiagnose ("dringender Verdacht einer wahnhaften Störung") eingeführt und diese auch selbst in Frage gestellt habe, in dem sie auf das Erfordernis einer letztendlichen Überprüfung anhand einer Berufstrainingsmaßnahme abgestellt habe, sodass weiterhin von einem mindestens sechsstündigen täglichen Leistungsvermögen bei dem Kläger auszugehen sei.
Das SG hörte den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Si. und Dr. Z. als sachverständige Zeugen. Dr. Si. teilte in seiner Auskunft vom 19. November 2010 mit, dass er beim Kläger eine Bronchitis, Periarthropathia humeroscapularis rechts, psychische Störung, Iliosacral-Syndrom, Magenkrämpfe, Migräne und Tinnitus diagnostiziert habe. Die Frage, ob die von ihm erhobenen Befunde die vollschichtige Verrichtung auch einer körperlich leichten Berufstätigkeit ausschlössen, verneinte er. Er fügte Arztbriefe, einen EKG- und Laborbefunde bei. Dr. Z. führte aus (Auskunft vom 11. Januar 2011), dass sich der Kläger vom 07. Mai 2009 bis 15. November 2010 in ihrer Behandlung befunden habe. Er sei dreimal pro Quartal behandelt worden. Sie habe bei ihm die Diagnosen einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ gestellt. Die psychische Befindlichkeit des Klägers sei extrem wechselhaft. Die emotionale Instabilität vom impulsiven Typ drücke sich in nicht vorhersehbaren, schweren launenhaften Verstimmungen aus. Aufgrund der emotionalen Instabilität seien Belastbarkeit, Ausdauer und Leistungsfähigkeit des Klägers sehr wechselhaft. Er sei in keiner Weise teamfähig. Kurzfristig sei er in der Lage, Leistung zu erbringen, nicht jedoch über einen längeren Zeitraum. Zeitweise sei er kaum in der Lage, den Alltagsanforderungen nachzukommen. Die vollschichtige Verrichtung auch einer körperlich leichten Berufstätigkeit schließe sie aus.
Sodann erstattete Ärztin O.-P. das Gutachten vom 14. März 2011. Danach liegt beim Kläger der dringende Verdacht einer anhaltend wahnhaften Störung vor, gediehen auf dem Boden einer langjährigen Polytoxikomanie, zuletzt einem Alkoholabusus und weiter bestehendem erheblichem Nikotinabusus bei Vorliegen einer komplexen Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, histrionischen, aber im Wesentlichen auch emotional instabilen Persönlichkeitszügen, verbunden mit Aggressivität und Gewaltbereitschaft und einer Somatisierungsstörung im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung. Die Sachverständige berichtete, der Kläger habe ihr zum Tagesablauf angegeben, dass er zwischen acht und zehn Uhr aufstehe, Kaffee trinke, fernsehe und telefoniere. Dazwischen gehe er immer mal wieder online, ab 19 Uhr bis ca. 23 Uhr nehme er an Pokerturnieren im Netz teil. Drei- bis viermal pro Woche gehe er zu seiner Mutter. Selten fahre er auch raus. Im psychischen Untersuchungsbefund habe sich ein weitschweifiger Patient mit sprunghaften Gedanken, erhöhter Aggressivität und immer wieder bedrohlich wirkenden emotionalen Exacerbationen gefunden. Er habe Zeichen einer Wahnstimmung und fraglich auch ein Wahnsystem, verbunden mit einer gedrückten, auch gereizten Stimmungslage mit Dysphorie und Aggressivität und narzisstischen, dissozialen und gewaltbereiten Zügen, verbunden auch mit asthenen Inhalten, gezeigt. Er habe bezüglich seiner Person wiederholt ein Opferkonzept vertreten. Hier habe es eine deutliche Diskrepanz zwischen der Selbst- und der Fremdwahrnehmung gegeben. An den Tagen nach der Untersuchung habe er sich bei ihr, der Sachverständigen, zweimal - wie beigefügt - schriftlich gemeldet und auch angerufen. Zusammenfassend sei darauf zu schließen, dass es beim Kläger eine durch traumatisch erlebte Ereignisse belastete Kindheit gegeben habe. Soweit biographisch zu erkennen, sei es immer nur zu kurzzeitigen beruflichen Anstellungen gekommen. Es habe immer wieder Konflikte mit Vorgesetzen im Sinne von Autoritätskonflikten gegeben. In Beziehungen beschreibe er sich als Opfer. In der Darstellung der Person bzw. in der letztendlichen Bewertung der Fähigkeiten des Klägers gebe es in den Gutachten und Berichten der Behandler des Klägers erhebliche Diskrepanzen. Am ehesten sei der Verdacht auf eine wahnhafte Störung zu formulieren im Sinne einer Paranoia als Entwicklung mehrerer aufeinanderbezogener Wahninhalten, die sich mit einem bildgewaltigen Erleben, verbunden mit depressiven Symptomen, aber auch aggressiven Inhalten anhaltend zeigten. Die bisherigen Behandlungsmaßnahmen seien auch im Rahmen einer deutlich reduzierten Compliance und Nichteinsichtigkeit des Klägers mit erheblichen Diskrepanzen in der Selbst- und Fremdwahrnehmung nur als dürftig zu sehen. Nach den Angaben des Klägers sei es nur einmalig zum Einsatz von Seroquel, einem Antipsychotikum, das durchaus auch eine Wertigkeit im wahnhaften Bereich habe, gegeben. Darüber hinausgehende Maßnahmen gebe es nicht. Zu der seelischen Komponente sei noch eine somatisierende Ausgestaltung zu verzeichnen im Sinne einer Somatisierungsstörung, die mit einem polytopen Schmerzerleben einhergehe. Im Vordergrund stehe jedoch das Wahnsystem, die Verhaltensstörung, die sich immer wieder in Beziehungsstörungen des Klägers und einer emotionalen Überreaktion mit Gewaltbereitschaft dokumentiere. Damit verbunden sei auch eine Uneinsichtigkeit des Klägers, der eher ein Opferkonzept bezüglich seiner Person vertrete und keine Bereitschaft zeige, Verantwortung für sein Tun und Handeln zu übernehmen und fortgesetzt zu schnell wechselnden Stimmungslagen neige. Es sei mit diesen Störungen schwer vorstellbar, den Kläger dauerhaft in einen beruflichen Alltag zu integrieren, auch wenn grundsätzlich von einer Behandelbarkeit der Störungen ausgegangen werden könne durch eine intensivierte Medikation und eine entsprechend intensivierte therapeutische Maßnahme, wobei die Uneinsichtigkeit des Klägers immanenter Teil der Erkrankung sei. Der Kläger habe kognitive Ressourcen, die genutzt werden könnten. Durch die Erkrankung sei jedoch sein Durchhaltevermögen gemindert, ebenso die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit. Auch die Integrität der psychischen Funktionen sei gemindert und es bestehe eine deutlich reduzierte emotionale Belastbarkeit und eine reduzierte Konfliktfähigkeit. Daher seien Tätigkeiten mit Publikumsverkehr, mit besonderer Verantwortung für Personen oder Maschinen, mit erhöhtem Zeitdruck, unter nervlicher Belastung und auch Nachtarbeit auszunehmen. Aufgrund der somatoformen Schmerzstörung sollten im Wesentlichen leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in günstigen klimatischen Bedingungen bzw. unter Einsatz entsprechender Schutzkleidung mit der Möglichkeit zur Wechselhaltung gewährleistet sein. Aufgrund der erheblichen Verhaltensauffälligkeiten und der emotionalen Verstrickung des Klägers in seine wahnhaft anmutenden Inhalte liege aktuell indessen kein Restleistungsvermögen des Klägers vor. Diese - geminderte - Leistungsfähigkeit des Klägers liege seit 2009 vor. Aufgrund der Diskrepanzen in der Einschätzung der bisherigen Gutachten werde empfohlen, dass eine Berufstrainingsmaßnahme und gegebenenfalls Schulungsmaßnahmen die Einsatzfähigkeit des Klägers letztendlich überprüften.
Mit Urteil vom 01. August 2011 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juli 2010, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01. Dezember 2009 bis 30. November 2012 zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung des Klägers sei am 07. Mai 2009 mit dem Beginn seiner Behandlung durch Dr. Z. eingetreten. Aufgrund der erheblichen Verhaltensauffälligkeiten und der emotionalen Verstrickungen des Klägers in seine Wahnfeststellungen sei sein berufliches Leistungsvermögen gestützt auf das Gutachten der Sachverständigen O.-P. aktuell aufgehoben. Diese nachvollziehbare Auffassung verträten auch Dr. Z. und die für den Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit tätige Dr. T. in ihrem Gutachten vom 10. Dezember 2009. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung beginne gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI mit Beginn des Monats, in dem die Rente beantragt worden sei, also am 01. Dezember 2009. Sie sei zu befristen, da die Kammer nicht davon überzeugt sei, dass der Kläger dauerhaft außerstande sein werde, sechs Stunden pro Tag zu arbeiten.
Gegen das ihr am 11. August 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16. August 2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, sie sehe eine rentenrelevante Leistungsminderung nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit als bewiesen an. Die Sachverständige O.-P., auf deren Beurteilung sich das SG gestützt habe, gehe bei ihrer Leistungseinschätzung u.a. von einem dringenden Verdacht einer anhaltenden wahnhaften Störung aus. Auf einen Verdacht könne und dürfe allerdings eine Leistungsbeurteilung nicht aufbauen. Auf die Befundung und Beurteilung im Gutachten von Dr. Br. und die im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Stellungnahme von Dr. Wa. gehe das SG nicht ein.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 01. August 2011 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Gutachten der Sachverständigen O.-P. für schlüssig und nachvollziehbar. Sie habe den Verlauf seiner Erkrankung berücksichtigt und die festgestellte Verringerung des Durchhaltevermögens, der Umstellungs-, Anpassungs- und Konfliktfähigkeit sowie der emotionalen Belastbarkeit als leistungslimitierend angesehen. Die diesbezüglich erhobenen psychischen Befunde stünden im Einklang mit dem erfragten Krankheitsverlauf. Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit komme es auch nicht auf die gestellte Diagnose an, sodass er, der Kläger, es nicht für überzeugend halte, wenn die Berufung darauf gestützt werde, dass die Sachverständige O.-P. nur die Verdachtsdiagnose einer wahnhaften Störung gestellt habe. Dr. Br. habe seine Biographie nicht ausreichend berücksichtigt. Seine Leistungseinschätzung halte er deshalb für nicht nachvollziehbar. Dem von der Beklagten herangezogenen Dr. Wa. fehle als Facharzt für Neurologie die Facharztkompetenz für die Beurteilung psychiatrischer Krankheitsbilder.
Auf Nachfrage des Senats hat der Kläger angegeben, dass er sich keiner weiteren Begutachtung mehr unterziehen könne.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 § Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach den §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht die vom SG zugesprochene befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung für die streitige Zeit nicht zu. Mithin ist der Bescheid der Beklagten vom 25. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juli 2010 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hätte daher die genannten Bescheide nicht abändern und die Beklagte nicht zur Leistung verurteilen dürfen.
Da gegen das Urteil des SG allein die Beklagte Berufung eingelegt hat, ist im Berufungsverfahren nur darüber zu entscheiden, ob der Kläger in der Zeit vom 01. Dezember 2009 bis 30. November 2012 Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat. Für den danach liegenden Zeitraum ist das die Klage insoweit abweisende Urteil des SG rechtskräftig geworden, weil der Kläger keine (Anschluss-)Berufung eingelegt hat.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass der Kläger in der Zeit vom 01. Dezember 2009 bis 30. November 2012 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist, weil er Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht mehr in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Die schlüssige und nachvollziehbare Leistungsbeurteilung in den Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Br. vom 05. März 2010, des Chirurgen Dr. W. vom 11. März 2010 und des Internisten und Sozialmediziners L. vom 22. März 2010 sowie des Entlassungsberichts des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin B. vom 21. Januar 2009 wird durch die Leistungsbeurteilung der Sachverständigen O.-P. in ihrem Gutachten vom 14. März 2011 nicht widerlegt. Eine weitere Abklärung war nicht möglich, weil der Kläger eine erneute Untersuchung durch einen Sachverständigen ablehnt.
Bei dem Kläger liegt vorrangig eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen, selbstunsicheren und narzisstischen Anteilen vor. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Dr. Br., der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. Z. vom 11. Januar 2011, aber auch dem Entlassungsbericht des Arztes B. vom 21. Januar 2009. Damit übereinstimmend geht auch die Sachverständige O.-P. in ihrem Gutachten vom 14. März 2011 von einer komplexen Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, histrionischen, aber im Wesentlichen auch emotional instabilen Persönlichkeitszügen, verbunden mit Aggressivität und Gewaltbereitschaft aus. Die Sachverständige äußert darüber hinaus lediglich noch den dringenden Verdacht einer auf diesem Boden und einer langjährigen Polytoxikomanie gediehenen anhaltend wahnhaften Störung. Von Letzterem ist der Senat, nachdem auch die Sachverständige O.-P. nur einen - wenn auch dringenden - Verdacht geäußert und auf ein erhebliches Verdeutlichungsverhalten des Klägers sowie eine Fixation auf eigene Erklärungshypothesen hingewiesen hat und darüber hinaus zur abschließenden Überprüfung eine Berufstrainingmaßnahme und gegebenenfalls Schulungsmaßnahmen empfahl, indessen nicht überzeugt. Auch das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung ist nach Überzeugung des Senats nicht belegt. Zwar stellt Dr. Z. auch diese Diagnose, doch findet diese Diagnose in den weiteren Gutachten und auch im Entlassungsbericht über die stationäre Heilbehandlung keine Bestätigung. Allein die Tatsache, dass der Kläger über quälende Erinnerungen an Gewaltlebnisse in seiner Kindheit klagt, führt auch noch nicht zur Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung. Dies erfordert nach F43.1 ICD-10-Code darüber hinaus u.a. auch ein anhaltendes Vermeidungsverhalten und dass die Symptome innerhalb weniger Wochen bis Monaten nach dem Ereignis aufgetreten sind. Darüber wird vom Kläger jeweils nicht berichtet.
Aufgrund dieser kombinierten Persönlichkeitsstörung lässt sich eine zeitliche Leistungseinschränkung auf weniger als sechs Stunden nicht feststellen. Der Senat folgt hinsichtlich der zeitlichen Leistungsfähigkeit des Klägers auf psychiatrischem Gebiet der Auffassung des Gutachters Dr. Br., der nachvollziehbar dargelegt hat, dass sich vor dem Hintergrund der vielschichtigen Persönlichkeitsstörung zwar qualitative Leistungseinschränkungen dergestalt ergeben, dass der Kläger nur noch Tätigkeiten zu ebener Erde und nicht an unmittelbar gefährdenden Maschinen sowie ohne fordernde soziale Interaktionen und möglichst auch ohne andere Stressfaktoren wie Nacht- oder Wechselschicht verrichten kann, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung dieser Leistungseinschränkungen des Klägers jedoch noch mindestens sechs Stunden täglich möglich seien. Diese Leistungseinschätzung, der sich auch der Beratungsarzt der Beklagten Dr. Wa. anschloß, findet auch eine Bestätigung in dem Entlassungsbericht des Arztes B. vom 21. Januar 2009 über die sechswöchige stationäre Rehabilitationsmaßnahme des Klägers im Jahr 2008. Während dieser Rehabilitationsmaßnahme legte der Kläger ein mit den bei den nachfolgenden Begutachtungen gezeigtes identisches Verhalten an den Tag und beschrieb auch damals schon dieselben Gefühle und Verhaltensweisen wie bei dem Gutachter Dr. Br. und der Sachverständigen O.-P ... Aufgrund des Verhaltens des Klägers gestaltete sich auch die gesamte stationäre Rehabilitationsmaßnahme als sehr schwierig und war geprägt von den deutlichen Problemen des Klägers mit der Nähe-Distanz-Regulation und seinem oft distanzlos-grenzüberschreitenden Umgang mit eigenen früheren Gewalterfahrungen. Dennoch erachtete Arzt B. den Kläger, gestützt auf sein während des sechswöchigen stationären Aufenthalts gezeigtes Verhalten, für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Vermeidung von erhöhten psychischen Belastungen für vollschichtig einsetzbar, wobei der Kläger nach dem Entlassungsbericht damals auch bezüglich der sozialmedizinischen Einschätzung seines Leistungsvermögens ausdrücklich mit der Einschätzung des Arztes übereinstimmte. Eine weitere Bestätigung findet diese Einschätzung der Leistungsfähigkeit des Klägers auch darin, dass der Kläger sowohl dem Gutachter Dr. Br. als auch der Sachverständigen O.-P. gegenüber einen ausgefüllten Tagesablauf mit aktiver Alltagsgestaltung (Besuch bei der Mutter, Beschäftigung mit dem Computer, Motorradfahren, Telefonieren, Haushaltstätigkeit) schilderte und diese Erkrankung, unter der der Kläger zumindest seit Beginn seiner beruflichen Tätigkeit leidet, in der Vergangenheit auch einer beruflichen Tätigkeit nicht entgegenstand. Insoweit verkennt der Senat zwar nicht, dass der Kläger seinen Arbeitsplatz häufig wechselte, über längere Zeiträume arbeitslos war und teilweise auch nicht arbeitete, immer wieder sind jedoch aber auch andauernde Tätigkeiten über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr im Versicherungsverlauf des Klägers enthalten, was durchaus ein Durchhaltevermögen des Klägers belegt.
Von dieser Leistungseinschätzung ist auch nicht aufgrund des von der Sachverständigen O.-P. erstatteten Gutachtens abzuweichen. Die Sachverständige O.-P. hat im Wesentlichen dieselben Befunde wie bereits Arzt B. ausweislich seines Entlassungsberichts vom 21. Januar 2009, aber auch der Gutachter Dr. Br. in seinem Gutachten vom 05. März 2010 erhoben. Sie hat hieraus im Hinblick auf die diagnostische Wertung und die Leistungseinschätzung eine andere Schlussfolgerung gezogen. Bezüglich der von ihr gestellten Diagnose einer anhaltenden wahnhaften Störung äußert sie indessen selbst Bedenken, indem sie nur den dringenden Verdacht einer anhaltenden wahnhaften Störung stellt und im Hinblick auf ihre Leistungseinschätzung empfiehlt sie eine Überprüfung mithilfe einer Berufstrainingsmaßnahme und gegebenenfalls Schulungsmaßnahmen des Klägers. Mit Blick hierauf ist die von Dr. Br. und Arzt B. abgegebene Leistungseinschätzung, die den Senat - wie ausgeführt - überzeugt, nicht widerlegt. Etwas anderes lässt sich auch nicht auf die Einschätzung von Dr. Z. stützen. Auch Dr. Z. schildert "nur" die bekannten Befunde auf die sich Dr. Br. und Arzt B. folgend keine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit stützen lässt. Auch das von der Ärztin Dr. T. erstattete Gutachten vermag an der Leistungseinschätzung nichts zu ändern, nachdem Dr. T. ihr Gutachten nur nach Aktenlage und nicht aufgrund einer persönlichen Untersuchung des Klägers erstattet hat.
Des Weiteren besteht beim Kläger eine rezidivierende Lumboischialgie beidseits. Dies entnimmt der Senat dem Entlassungsbericht des Arztes B. vom 21. Januar 2009 sowie dem Gutachten von Dr. W. vom 11. März 2010. Sowohl bei der Befunderhebung im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme als auch bei der Untersuchung durch Dr. W. bestand jedoch weder im Bereich der Hals- noch der Lendenwirbelsäule eine Bewegungseinschränkung, das Lasègue’sche Zeichen war jeweils negativ und es bestand auch kein Druckschmerz über der Wirbelsäule. Beklagt hatte der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. W. eine Hypästhesie des linken Beines und bei der Untersuchung durch die Sachverständige O.-P. Kribbeldysästhesien in der rechten Wadenaußenseite.
Ausgehend hiervon lassen sich ebenfalls allenfalls qualitative Leistungseinschränkungen, nämlich bezüglich schwerer Tätigkeiten, Arbeiten mit Gewichtsbelastung im Anheben, Halten und Transportieren von Gegenständen über zehn kg und Rumpfzwangshaltungen in längerer Stehposition sowie unter Vermeidung des Besteigens von Gerüsten und Leitern, nicht aber eine quantitative Leistungseinschränkung auf weniger als sechs Stunden feststellen. Der Senat folgt insoweit der Leistungseinschätzung durch Dr. W. und Arzt L., der sich in seinem Zusammenhangsgutachten der Einschätzung von Dr. W. anschloss.
Darüber hinaus leidet der Kläger an einer somatoformen Schmerzstörung, die sich durch von ihm beklagte Schmerzen und Krämpfe am ganzen Körper äußert. Hierfür legt der Senat das Gutachten der Sachverständigen O.-P. zugrunde, die nach körperlicher aber auch psychologischer und medizinisch-technischer Zusatzuntersuchung diese Diagnose gestellt hat.
Auch hieraus ergeben sich, nachdem über Bewegungseinschränkungen in den Gutachten und Befundberichten nicht berichtet wird und der Kläger nach seinen Angaben gegenüber der Sachverständigen O.-P. die Schmerzen "nur" mit einer Tablette Gelonida täglich behandelt, nur Leistungseinschränkungen qualitativer Art. Der Kläger kann deshalb nur noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in günstigen klimatischen Bedingungen bzw. unter Einsatz entsprechender Schutzkleidung mit der Möglichkeit zur Wechselhaltung verrichten. Dies hat die Sachverständige O.-P., der der Senat sich insoweit anschließt, aus der beim Kläger vorliegenden somatoformen Schmerzstörung abgeleitet. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen ergibt sich nach Auffassung des Senats darüber hinaus keine Einschränkung quantitativer Art. Auch die Sachverständige O.-P. sieht wegen der somatoformen Schmerzstörung keine quantitative Leistungseinschränkung.
Da eine Leistungsfähigkeit des Klägers von weniger als sechs Stunden nicht feststellbar ist, kommt auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht in Betracht. Über eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit war nicht zu entschieden, da diese durch den Kläger in erster Instanz nicht beantragt war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved