Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 2 RA 1269/02 -
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 580/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine gelernte Zahnarzthelferin kann auf eine Tätigkeit in der Verwaltung einer Zahnarztpraxis zumutbar verwiesen werden.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 28. Juni 2005 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in dem Zeitraum Januar 2002 bis August 2004 Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit hat.
Die 1961 geborene Klägerin erwarb nach dem Besuch der Medizinischen Fachschule G. am 10. Juli 1981 den Abschluss als Krippenerzieherin. Mit Wirkung vom 1. September 1981 wurde ihr die Erlaubnis zur Ausübung dieses Berufes erteilt, in dem sie bis 1992 tätig war. Vom 17. Februar 1992 bis zum 23. März 1994 absolvierte sie erfolgreich eine Umschulung zur Zahnarzthelferin. Danach arbeitete sie bis 1997 in diesem Beruf. Seit Mai 2001 war die Klägerin im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses bei einer Heilpraktikerin als Hilfskraft tätig. Von Oktober bis Dezember 2002 arbeitete sie 20 Stunden wöchentlich als Kindergärtnerin. Ab dem 1. Januar 2003 nahm sie eine Tätigkeit in einer physiotherapeutischen Praxis als Sprechstundenhilfe im Umfang von 20 Wochenstunden auf, danach arbeitete sie bis Sommer 2004 als Sprechstundenhilfe bei einem Heilpraktiker. Seit November 2004 ist sie selbständig tätig.
1995 erkrankte sie an Brustkrebs und wurde danach mehrmals operativ behandelt. Mit Bescheid vom 6. Oktober 1998 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit ab. Im Widerspruchsverfahren holte sie u.a. ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr. P. vom 18. Februar 1999 ein (Leistungsbild: jegliche Tätigkeit maximal zwei Stunden bis unter halbschichtig) und gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 15. März 1999 eine bis zum 31. August 2000 befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Auf den Weiterzahlungsantrag holte sie u.a. ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten der Dipl.-Med. K. vom 13. Juli 2000 ein (Diagnose: Somatisierungsstörung; Leistungsbild: Tätigkeit als Zahnarzthelferin nicht möglich, sonstige Tätigkeiten 2 Stunden bis unter halbschichtig) und gewährte ihr mit Bescheid vom 18. August 2000 vom 1. September 2000 bis 31. Dezember 2001 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Im August 2001 beantragte die Klägerin die Weiterzahlung der Rente. Die Beklagte holte daraufhin ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr. M. vom 25. September 2001 ein (Diagnosen: leichte Neurose mit leichtem psychovegetativem Syndrom, Zustand nach Mammakarzinom links mit Mammaamputation (1995), Zustand nach gynäkologischer Totaloperation, rezidivierendes Lumbal- und Zervikalsyndrom ohne neurologisches Defizit; Leistungsbild: vollschichtige Belastbarkeit unter Vermeidung von Tätigkeiten mit einer überdurchschnittlich hohen psychischen Belastung), ein internistisches Gutachten der Dipl.-Med. P. vom 13. Oktober 2001 (Diagnosen: Zustand nach modifizierter Mastektomie mit Axilladissektion und subpektoraler Expanderimplantation links wegen eines Mammakarzinoms im Tumorstadium, laparoskopische Oophorektomie beidseits im Rahmen einer ablativen Hormontherapie 03/1996, Zervikallumbalsyndrom bei präklinischer Osteoporose, subdepressive Stimmungslage; Leistungsbild: Tätigkeit als Zahnarzthelferin unter drei Stunden, leichte Tätigkeiten mit Einschränkungen vollschichtig möglich) und ein orthopädisches Gutachten des Dr. Sch. vom 28. Dezember 2001 (Diagnosen auf orthopädischem Fachgebiet: chronisches Zervikalsyndrom ohne Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule bei beginnender Bandscheibendegeneration C4/5, rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Muskeldysbalance ohne Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule, Osteoponie, Senkspreizfüße; Leistungsbild: körperlich leichte bis kurzzeitig mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen mit Einschränkungen sechs Stunden und mehr möglich). Mit Bescheid vom 29. Januar 2002 lehnte sie die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit sowie wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ab. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2002).
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht diverse Befundberichte beigezogen und ein internistisches Gutachten des Dr. Sch. vom 22. April 2003, ein chirurgisches Gutachten des Dr. R. vom 28. April 2003 und ein psychiatrisches Gutachten der Dr. F. vom 30. April 2003 eingeholt.
Nach dem internistischen Gutachten des Dr. Sch. ergibt sich aus den darstellbaren beschriebenen Organen kein pathologischer Befund.
Dr. R. hat folgende Diagnosen genannt: - wiederkehrende Wirbelsäulenbeschwerden bei Abnutzung und leichter Fehlstellung an Brustwirbel- und Lendenwirbelsäule, Muskelverspannung der Rückenmuskulatur rechtsbetont, zum Untersuchungszeitpunkt allenfalls geringfügige Funktionseinbuße ohne eindeutige Nervenwurzelreizung; - Halswirbelsäulen-Syndrom, vorbefundlich Zustand nach HWK 2-Bruch (1981), zum Untersuchungszeitpunkt keine wesentliche Funktionseinbuße; - derzeit belastungsunabhängige Beschwerden am linken Kniegelenk bei Zustand nach kürzlich zurückliegender Kontusion und Abschürfung am linken Kniegelenk nach Fahrradsturz, endgradig schmerzhafte, jedoch unauffällige Beweglichkeit des linken Kniegelenkes; - Zustand nach Mastektomie links und Lymphknotenausräumung in der linken Axilla bei bösartigem Mammatumor (10/95), Zustand nach Einlage eines Silikonimplantats (3/96), Zustand nach Entfernung der Eierstöcke und der Gebärmutter (1996/1997), kein Nachweis für ein wesentliches Lymphödem am linken Arm, - vorbefundlich Knochenverkalkung. Aus rein chirurgischer Sicht sei das Leistungsvermögen der Klägerin dahingehend einzuschätzen, dass sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus vollschichtig verrichten könne. Vermieden werden müsse schweres Heben und Tragen ohne Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel, ständige Zwangshaltungen, besondere Belastungen des linken Armes sowie überwiegend witterungsausgesetzte Tätigkeiten. Einschränkungen bezüglich der Wegefähigkeit bestünden nicht. Die Klägerin sei sowohl als Zahnarzthelferin als auch als Sprechstundenhilfe vollschichtig einsetzbar.
Dr. F. hat ausgeführt, von psychiatrischer Seite her zeige sich bei der Untersuchung kein Anhalt mehr für eine schwere oder mittelschwere depressive Verstimmung. Es sei somit von einer gebesserten depressiven Anpassungsreaktion auszugehen, die wohl seit jeher eher leichtgradig ausgeprägt gewesen sei. Eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder dem erlangten Beruf ergebe sich hieraus nicht. Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne Selbst- und Fremdgefährdung könnten noch vollschichtig verrichtet werden. Schichtarbeit sollte unterbleiben, insgesamt sollte es sich um körperlich wenig belastende Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung handeln. Im Übrigen seien keine Einschränkungen zu machen. Auch im erlangten Beruf als Krippenerzieherin und als Zahnarzthelferin könne die Klägerin mit den genannten Einschränkungen noch vollschichtig tätig sein.
Alle drei Gutachten hat Dr. Sch. dergestalt zusammengeführt, dass die Klägerin in der Lage ist, regelmäßig ohne die Gefahr einer Schädigung der Gesundheit vollschichtig (acht Stunden an fünf Tagen pro Woche) körperlich leichte Arbeit zu verrichten. Einschränkungen bestünden dahingehend, dass diese in überwiegend wechselnder Körperhaltung unter Vermeidung von ständigen Zwangshaltungen, ohne besondere Belastungen des linken Armes, insbesondere ohne Über-Kopf-Arbeiten des linken Armes, ohne ständige Gefährdung durch Nässe, Kälte, Zugluft oder stärkere Temperaturschwankungen, ohne Schichtarbeit, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Absturzgefahr, nicht auf Leitern und Gerüsten und nicht an laufenden gefährdenden Maschinen ausgeführt werden. Unter Berücksichtigung des positiven und negativen Leistungsbildes sei die Klägerin für die derzeit ausgeübte Tätigkeit in einer physiotherapeutischen Praxis als Sprechstundenhilfe auch im vollschichtigen Rahmen, d.h. acht Stunden pro Tag an fünf Tagen pro Woche in Kenntnis des Anforderungsprofils einsetzbar. Im Beruf einer Zahnarzthelferin reduziere sich das Anforderungsprofil auf typische organisatorische Aufgaben im Verwaltungsbereich, dem typischen Anforderungsprofil einer Zahnarzthelferin mit länger dauernder Stuhlassistenz sei sie aufgrund der Gesundheitsstörungen auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet nur in einem zeitlichen Rahmen von täglich sechs Stunden gewachsen. Im Beruf einer Krippenerzieherin sei sie nicht mehr einsetzbar, da diesem Berufsbild eine erhebliche mentale Belastung und Beanspruchung zugeordnet werden müsse, der die Klägerin dauerhaft unter Berücksichtigung der Gesundheitsstörung auf psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet nicht mehr gewachsen sei. Die Arbeiten könnten noch unter betriebsüblichen Arbeitsbedingungen ausgeführt werden. Hinsichtlich der Wegefähigkeit bestünden keine Einschränkungen. Ab dem 1. Januar 2002 sei wieder von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im beschriebenen Umfang auszugehen.
Des Weiteren hat das Sozialgericht u.a. ein berufskundliches Gutachten der Sachverständigen H. vom 14. Januar 2005 eingeholt und den Beteiligten eine anonymisierte Kopie des Gutachtens der berufskundlichen Sachverständigen J. zur Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin und einer Registratorin aus einem Verfahren vor dem Thüringer Landessozialgericht (Az.: L 6 RJ 530/97) vom 16. Februar 2001 zur Kenntnisnahme übersandt. Mit Urteil vom 28. Juni 2005 hat es die Klage abgewiesen.
Gegen die Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt, eine CD-Rom über einen Fernsehauftritt in der Sendung "Ein Fall für Escher" im September 2002 eingereicht und ausgeführt, auch eine Beschäftigte an der Rezeption einer Zahnarztpraxis müsse über die dort erforderlichen Kenntnisse verfügen. In dem Zeitraum von Januar 2002 bis August 2004 sei sie nicht in der Lage gewesen, eine vollschichtige Tätigkeit auszuüben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 28. Juni 2005 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 29. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2002 zu verurteilen, ihr ab dem 1. Januar 2002 bis zum 31. August 2004 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen im Widerspruchs- und Klageverfahren. Ergänzend führt sie aus, der Beruf der Zahnarzthelferin umfasse mehrere Aufgabenbereiche, zum einen die Behandlungsassistenz und Arbeiten im zahnärztlichen Labor sowie andererseits die Organisation und Verwaltung der zahnärztlichen Praxis. Insbesondere in größeren zahnärztlichen Praxen sei eine solche Funktionsteilung üblich. Dann würden Zahnarzthelferinnen nur im Bereich der Praxisorganisation und der Praxisverwaltung eingesetzt werden. Hier seien allgemeine Büro-, Verwaltungs- und Abrechnungsarbeiten zu erledigen. Sie verweist auf die Urteile des Landessozialgerichts (LSG) Mecklenburg-Vorpommern vom 18. Juli 2001 (Az.: L 4 RA 70/90), des LSG Baden-Württemberg vom 26. Februar 1998 (Az.: L 1 RA 1088/96), des LSG Nordrhein-Westfalen vom 2. Februar 2001 (Az.: L 14 RA 49/99) einschließlich der dort erfolgten berufskundlichen Ermittlungen.
Der Senat hat ein orthopädisches Gutachten des Dr. M. vom 11. Dezember 2006 eingeholt (Diagnosen: chronisches Lumbalsyndrom bei deutlicher Torsionsskoliose, insbesondere der Lenden- und unteren Brustwirbelsäule mit geringen funktionellen Einschränkungen bei Schulter- und Beckentiefstand rechts, Übergangswirbel lumbosakral mit Artikulation des vergrößerten Querfortsatzes mit dem Kreuzbein, chronisches Halswirbelsäulen-Syndrom, mäßiggradige Osteoporose; Leistungsbild: leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten vollschichtig in wechselnder Körperhaltung zwischen Sitzen, Gehen und Stehen ohne Zwangshaltungen). In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17. April 2007 hat der Sachverständige ausgeführt, dass in der Vergangenheit die psychische Verfassung der Klägerin, nicht die orthopädischen Erkrankungen im Vordergrund gestanden haben dürften.
Nach dem nervenärztlichen Gutachten des Sachverständigen Dr. B. vom 4. Januar 2008 besteht auf seinem Fachgebiet derzeit keine krankheitswertige Störung, auch bestehen keine wesentlichen Einschränkungen hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit. Eine Tätigkeit als Zahnarzthelferin sei möglich, inwiefern Stuhlassistenz möglich sei, müsse aus orthopädischer Sicht beurteilt werden. Das festgestellte Leistungsvermögen bestehe nicht unbedingt seit dem 31. Dezember 2001, aber nur insofern, als damals bei weitgehend abgeklungener depressiver Anpassungsstörung noch der Verwendungsausschluss von Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung und besonderem Zeitdruck bestanden habe. Ein untervollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten habe nicht vorgelegen. Dies ergebe sich aus den Befunden der mehrfachen nervenärztlichen Begutachtungen; eigene gutachterliche sachverständige Befunde seien zurückblickend naturgemäß bei dem vorliegenden Störungsbild nicht mehr möglich. Am 10. Februar 2009 hat Dr. B. ergänzend Stellung genommen.
Des Weiteren hat der Senat eine Arbeitgeberauskunft des Zahnarztes D. vom 27. Mai 2009, eine Auskunft der Bundeszahnärztekammer vom 18. Juni 2009 und eine Auskunft der Landeszahnärztekammer Thüringen vom 2. Dezember 2009 eingeholt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Sie hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 gültigen Fassung (a.F.), die nach § 302 b Abs. 1 Satz 2 SGB VI weiter anzuwenden ist. Es ist nicht nachgewiesen, dass sie damals berufsunfähig war.
Nach § 43 Absatz 2 SGB VI (a.F.) haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie berufsunfähig sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Nach § 43 Absatz 2 S. 1 SGB VI (a.F.) sind Versicherte berufsunfähig, wenn ihre Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Nach Satz 2 umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Tätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nach Satz 4 nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit wird grundsätzlich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes festgestellt, wozu die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das so genannte Mehrstufenschema entwickelt hat. Die verschiedenen Stufen sind nach dem qualitativen Wert des bisherigen Berufes - dieser wird nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung, nicht anhand von Prestige oder Entlohnung bestimmt - hierarchisch geordnet (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 14. Mai 1996 – Az.: 4 RA 60/94 in BSGE 78, 207, 218; BSG, Urteil vom 24. März 1998 – Az.: B 4 RA 44/96 R, nach juris). Bei den Angestelltenberufen erfolgt eine Untergliederung in sechs Berufsgruppen: Angestelltenberufe von hoher Qualität, die regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht und in denen regelmäßig ein Arbeitsentgelt oberhalb, an oder in der Nähe der Beitragmessungsgrenze erzielt wird (sechste Stufe); Angestelltenberufe, die zwar ein abgeschlossenes Studium an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule voraussetzen, jedoch nur Kenntnisse und Fähigkeiten unterhalb der Führungsebene – d.h. unterhalb der obersten Stufe – erfordern (fünfte Stufe); Angestelltenberufe, die eine Meisterprüfung oder einen erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen – im Kern mit der Berufstätigkeit der höchsten Stufe der Arbeiterberufe übereinstimmen – (vierte Stufe); der Angestelltenberufe mit einer längeren Ausbildung als zwei Jahre (dritte Stufe); der angelernten Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (zweite Stufe) und der unausgebildeten (ungelernten) Angestellten.
Die Einordnung in ein bestimmtes Berufsschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der förmlichen Berufsausbildung, sondern auch nach der Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt dem aus der Mehrzahl von Faktoren zu ermittelten Wert der Arbeit für den Betrieb (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 1994 – Az.: 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Es kommt somit auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Absatz 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufes, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird. Fachlich-qualitativ gleichwertig sind demnach alle Vergleichsberufe, die nach dem "Schema" in die gleiche oder nächst niedrigere Stufe einzuordnen sind.
Wesentliches Merkmal und Beurteilungsmaßstab für die Qualität eines Berufes ist nach der Rechtsprechung des BSG die tarifliche Einstufung durch die Tarifvertragsparteien. Sie ist einerseits wesentlich für die abstrakte - "tarifvertragliche" - Qualifizierung (im Sinne eines selbstständigen Berufsbildes) innerhalb eines nach Qualitätsstufen geordneten Tarifvertrages, zum anderen für die tarifliche Zuordnung der konkreten, zuletzt ausgeübten Tätigkeit eines Versicherten zu einer Berufssparte und hierüber zu einer bestimmten Tarifgruppe des jeweils geltenden Tarifvertrages (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 1991 – Az.: 13/5 RJ 69/90 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 14; BSG vom 21. Juni 2001 – Az.: B 13 RJ 45/00 R, nach juris).
Die Klägerin ist aufgrund der zuletzt auf Dauer ausgeübten Tätigkeit als Zahnarzthelferin als Angestellte mit einer längeren Ausbildung als zwei Jahre einzustufen. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Es gibt keine ausreichenden Anhaltspunkte, dass sie eine Tätigkeit als zahnmedizinische Fachangestellte (Berufsbezeichnung vor 2001: Zahnarzthelferin), beschränkt auf die Tätigkeit in der Verwaltung einer Zahnarztpraxis, in dem streitigen Zeitraum nicht mehr ausüben konnte.
Nach dem Gutachten der berufskundlichen Sachverständigen H. vom 14. Januar 2005 gibt es in der Bundesrepublik Deutschland mindestens 300 Arbeitsstellen für Zahnarzthelfer/innen an der Rezeption einer Zahnarztpraxis mit Tätigkeitsschwerpunkt im Verwaltungsbereich. Dies hat die Bundeszahnärztekammer in ihrer Auskunft vom 24. Juni 2009 bestätigt. Nach der Auskunft der Landeszahnärztekammer Thüringen vom 2. Dezember 2009 umfasst der Tätigkeitsbereich einer zahnmedizinische Angestellten im Verwaltungsbereich u.a. den Empfang, die situationsgerechte Betreuung der Patienten, die Terminvergabe, den Schriftverkehr mit Lieferanten und allen anderen Partnern, die Verwaltung und Bestellung von Verbrauchsmaterialien und Praxisbedarf, die Vorbereitung von unterschriftsreifen Vordrucken und Formularen, die Erstellung von Heil- und Kostenplänen für alle zahnärztlichen Behandlungsbereiche, die Zuordnung zahnärztlicher Leistungen zu Kostenträgern und Gebührenordnungspositionen, die Vorbereitung der Abrechnung von erbrachten Leistungen mit gesetzlichen Krankenkassen und sonstigen Kostenträgern unter Anwendung der Abrechnungsbestimmungen, die Organisation und Durchführung des Ablaufs der Abrechnung, die Erstellung von Rechnungen, die Anwendung von Grundregeln der Buchführung in der Zahnarztpraxis, die Abwicklung und Überwachung von Zahlungsvorgängen, die Einhaltung von Mahnverfahren sowie die Anfertigung von Röntgenaufnahmen. Nach dem Gutachten der Berufskundlerin H. vom 14. Januar 2005 handelt es sich um körperlich leichte Tätigkeiten, die im Wechsel der Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und im Sitzen verrichtet werden. In der Regel ist Arbeitsplatz mit einem Computer ausgestattet. Lang andauernde Zwangshaltungen mit statischer Belastung des linken Armes und des Schultergürtels wie bei der Stuhlassistenz fallen hierbei nicht an. Bei einer PC-Bedienung werden bei einer Rechtshänderin überwiegend der rechte Arm bzw. die rechte Schulter eingesetzt.
Die Klägerin verfügt als ausgebildete Zahnarzthelferin über die für die Tätigkeit einer Zahnarzthelferin im Verwaltungsbereich erforderlichen Kenntnisse. Diese werden nach der Auskunft der Landeszahnärztekammer Thüringen vom 2. Dezember 2009 in der Berufsausbildung zum Zahnarzthelfer/zur Zahnarzthelferin vermittelt. Insoweit war sie sowohl aufgrund ihrer Vorbildung als auch ihrer geistig-psychischen Leistungsfähigkeit in der Lage, die genannte Verweisungstätigkeit binnen einer Einarbeitungszeit von drei Monaten vollwertig auszuüben. Die geistig-psychische Leistungsfähigkeit ergibt sich aus auch der Tatsache, dass die Klägerin seit dem 1. Januar 2003 in einer psychotherapeutischen Praxis und danach bei einem Heilpraktiker - d.h. in nicht ihrer Berufsausbildung entsprechenden medizinischen Bereichen - als Sprechstundenhilfe tätig war. In der psychotherapeutischen Praxis hatte sie nach eigenen Angaben neben dem Umgang mit medizinischen Geräten, organisatorische Aufgaben wie z. B. die Einweisung der Patienten, Schreibtätigkeiten am Computer und Verwaltungstätigkeiten, wie z. B. die Abrechnung von Rezepten auszuführen. Bei der von der Bundeszahnärztekammer vorgelegten Muster-Fortbildungsverordnung zur zahnmedizinischen Verwaltungsassistentin und zum zahnmedizinischen Verwaltungsassistenten (ZMV) handelt es sich um eine berufliche Aufstiegsfortbildung der/des zahnmedizinischen Fachangestellten. Die Absolvierung dieser Fortbildung ist nicht Voraussetzung für eine Tätigkeit als Zahnarzthelferin im Verwaltungsbereich.
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit ihrem damaligen Leistungsvermögen nicht in der Lage, im streitgegenständlichen Zeitraum diese Tätigkeit vollschichtig auszuführen. Der Senat stützt sich insoweit insbesondere auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten der Dipl.-Med. P. und der Dres. Sch. und M. sowie die im gerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten der Dres. Sch., R., F., M. und B ... Die Sachverständigen bejahen ausdrücklich die Möglichkeit der Ausübung der Tätigkeit einer Zahnarzthelferin im Verwaltungsbereich.
Die Gutachter Dipl.-Med. P., Dres. Sch. und M. stellten ein vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Tätigkeiten mit den dort genannten Einschränkungen fest. Diese Einschätzung ihres Restleistungsvermögens wird durch die im Gerichtsverfahren eingeholten medizinischen Gutachten bestätigt. Der Senat schließt sich den überzeugenden Ausführungen der Dres. Sch., R., F., M. und B. an. Nach dem Gutachten des Dr. Schuster vom 22. April 2004 hat sich aus der Untersuchung der Organe kein pathologischer Befund ergeben. Nach dem chirurgischen Gutachten des Dr. Renner vom 28. April 2004 resultierten aus den Erkrankungen seitens der Wirbelsäule keine wesentlichen Funktionseinschränkungen. Hinweise für Metastasierungen hat er nicht gefunden. In ihrem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 30. April 2003 sieht Dr. F. keinen Anhalt für eine schwere oder mittelschwere depressive Verstimmung. Klinisch-neurologisch haben sich keine akute Wurzelreiz- oder Ausfallsymptomatik gezeigt, ebenso wenig ein Anhalt für eine periphere Polyneuropathie oder akute oder chronische Intoxikationszeichen. Insoweit ist von einer gebesserten depressiven Anpassungsreaktion auszugehen, die seit jeher wohl eher leichtgradig ausgeprägt war. Eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder im erlernten Beruf ergibt sich hieraus nicht.
Zusammenfassend hat Dr. Sch. beurteilt, dass sich ein erwerbsmindernder Dauereinfluss nach Ausräumung der Achsellymphknoten und nach Brustdrüsenentfernung nach Mammakarzinom links aus einer nicht mehr zumutbaren Dauerbelastung des linken Armes, insbesondere bei Überkopfarbeiten ergibt. Auch das klimakterische Beschwerdebild mit Neigung zu Schweißausbrüchen, insbesondere unter Stressbedingungen hat entsprechende Berücksichtigung im negativen Leistungsbild gefunden. Dies gilt auch für die Neigung zu depressiver Reaktionsbereitschaft mit Schlafstörungen, depressiven Verstimmungen und Unruhezuständen. Ebenfalls von dauerhafter erwerbsmindernder Bedeutung sind die nachgewiesenen, allerdings nur leicht- bis mäßiggradigen Verschleißzeichen der einzelnen Wirbelsäuleabschnitte. Die Klägerin war danach in der Lage vollschichtig körperlich leichte Arbeiten unter Einschränkungen (überwiegend wechselnder Körperhaltung unter Vermeidung von ständigen Zwangshaltungen, ohne besondere Belastung des linken Armes z. B. durch monotone Dauerbelastung oder Überkopfarbeiten, ohne ständige Gefährdung durch Nässe, Kälte, Zugluft oder stärkere Temperaturschwankungen, ohne Schichtarbeit, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Absturzgefahr, nicht auf Leitern und Gerüsten und nicht an laufenden gefährdenden Maschinen) zu verrichten. Die Fein- und Grobmotorik beider Hände war dagegen erhalten. Der Begriff "besonderen Zeitdruck" reduziert sich ausschließlich auf Tätigkeiten im Akkord und nicht auf gelegentlich auftretende vorübergehende Mehrbelastungen. Unter Berücksichtigung des positiven und negativen Leistungsbildes kann die Klägerin die derzeit ausgeübte Tätigkeit in einer psychotherapeutischen Praxis als Sprechstundenhilfe auch im vollschichtigen Rahmen, d.h. acht Stunden pro Tag an fünf Tagen unter betriebsüblichen Bedingungen ausüben. Im Beruf einer Zahnarzthelferin konnte sie organisatorische Aufgaben im Verwaltungsbereich vollschichtig verrichten; die Tätigkeit als Zahnarzthelferin mit Stuhlassistenz dagegen nur in einem zeitlichen Rahmen von sechs Stunden täglich.
Auch nach dem Gutachten des Dr. M. vom 11. Dezember 2006, das nach dem streitigen Zeitraum erstellt worden ist, ergeben sich auf orthopädischem Fachgebiet keine ausgeprägten Einschränkungen. Die Klägerin leidet unter einem chronischen Lumbalsyndrom bei deutlicher Torsionsskoliose, insbesondere der Lendenwirbel- und unteren Brustwirbelsäule mit geringen funktionellen Einschränkungen bei Schulter- und Beckentiefstand rechts, einem chronischen Halswirbelsäulen-Syndrom und einer mäßiggradigen Osteoporose und ist in der Lage, vollschichtig leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten auszuführen. Diese sollten im Idealfall in einer wechselnden Körperhaltung zwischen Sitzen, Gehen und Stehen unter Vermeidung von Zwangshaltungen, wie bückenden Tätigkeiten und Überkopfarbeiten durchgeführt werden. Eine Aussage zu dem Leistungsvermögen der Klägerin in der Vergangenheit hat der Sachverständige nur insoweit getroffen, als er davon ausgeht, dass diese durch ein hohes Maß an Eigeninitiative in den letzten Jahren eher eine Zunahme ihrer körperlichen Belastbarkeit erreicht hat.
Der Sachverständige Dr. B. stellt zum Zeitpunkt der Begutachtung am 18. Dezember 2007 keinerlei Auffälligkeiten auf nervenärztlichem Fachgebiet fest. Es bestehen keine neurologischen Ausfälle, kein Schmerzsyndrom der Wirbelsäule, allenfalls eine gewisse Belastungseinschränkung für Zwangshaltungen der Wirbelsäule. Eine depressive Symptomatik oder eine anderweitige psychische Störung liegt nicht vor. Die Einschätzung des Restleistungsvermögens der Klägerin durch die Sachverständigen Dres. M. und F. war nach seiner Einschätzung, der der Senat folgt, unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen sachgerecht. Aus nervenärztlicher Sicht ist auch eine Tätigkeit als Zahnarzthelferin unter Beachtung der auf orthopädischem Sachgebiet festgestellten Einschränkungen möglich. Nach der Einschätzung des Sachverständigen ist für die Zeit ab 1. Januar 2002 gegenüber dem späteren Leistungsvermögen eine Einschränkung nur insoweit anzunehmen, als damals bei weitgehend abgeklungener depressiver Anpassungsstörung noch Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung und besonderem Zeitdruck ausgeschlossen waren. Ein untervollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten verneinte er auch zu diesem Zeitpunkt und verweist auf die Befunde der mehrfachen nervenärztlichen Begutachtungen. Es existiert kein Anhalt dafür, dass eine andere Beurteilung aus der eingereichten CD über den Fernsehauftritt in der Sendung "Ein Fall für Escher" möglich ist. Psychiatrische Beurteilungen des Leistungsvermögens für die Vergangenheit anhand solcher Unterlagen sind bereits wegen des Fehlens einer eigenen Exploration (vgl. BSG, Beschluss vom 18. September 2003 – Az.: B 9 VU 2/03 B, nach juris) nicht möglich.
Die von den Sachverständigen bejahten besonderen Einschränkungen der Klägerin werden bei der Tätigkeit als zahnmedizinische Fachangestellte im Verwaltungsbereich berücksichtigt: Es handelt sich um leichte Tätigkeiten, ohne Einwirkung von Kälte, Nässe oder Zugluft, bei denen ein Wechsel der Körperhaltung möglich ist. Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, Hebe- und Bückbelastungen sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten fallen nicht an. Es handelt sich nicht um Schicht- oder Akkordarbeit.
Ob der Klägerin mit ihrem Leistungsvermögen eine entsprechende Tätigkeit als Zahnarzthelferin hätte vermittelt werden können, ist unwesentlich. Für vollschichtig einsatzfähige Versicherte besteht im Allgemeinen ein offener Arbeitsmarkt (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Ein Versicherter muss sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich auf dem Arbeitsmarkt im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verweisen lassen. Dort gibt es noch eine hinreichende Anzahl zumutbarer Arbeitsplätze, unabhängig davon, ob diese offen oder besetzt sind. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, trägt nicht die Beklagte, sondern die Arbeitslosenversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in dem Zeitraum Januar 2002 bis August 2004 Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit hat.
Die 1961 geborene Klägerin erwarb nach dem Besuch der Medizinischen Fachschule G. am 10. Juli 1981 den Abschluss als Krippenerzieherin. Mit Wirkung vom 1. September 1981 wurde ihr die Erlaubnis zur Ausübung dieses Berufes erteilt, in dem sie bis 1992 tätig war. Vom 17. Februar 1992 bis zum 23. März 1994 absolvierte sie erfolgreich eine Umschulung zur Zahnarzthelferin. Danach arbeitete sie bis 1997 in diesem Beruf. Seit Mai 2001 war die Klägerin im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses bei einer Heilpraktikerin als Hilfskraft tätig. Von Oktober bis Dezember 2002 arbeitete sie 20 Stunden wöchentlich als Kindergärtnerin. Ab dem 1. Januar 2003 nahm sie eine Tätigkeit in einer physiotherapeutischen Praxis als Sprechstundenhilfe im Umfang von 20 Wochenstunden auf, danach arbeitete sie bis Sommer 2004 als Sprechstundenhilfe bei einem Heilpraktiker. Seit November 2004 ist sie selbständig tätig.
1995 erkrankte sie an Brustkrebs und wurde danach mehrmals operativ behandelt. Mit Bescheid vom 6. Oktober 1998 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit ab. Im Widerspruchsverfahren holte sie u.a. ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr. P. vom 18. Februar 1999 ein (Leistungsbild: jegliche Tätigkeit maximal zwei Stunden bis unter halbschichtig) und gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 15. März 1999 eine bis zum 31. August 2000 befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Auf den Weiterzahlungsantrag holte sie u.a. ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten der Dipl.-Med. K. vom 13. Juli 2000 ein (Diagnose: Somatisierungsstörung; Leistungsbild: Tätigkeit als Zahnarzthelferin nicht möglich, sonstige Tätigkeiten 2 Stunden bis unter halbschichtig) und gewährte ihr mit Bescheid vom 18. August 2000 vom 1. September 2000 bis 31. Dezember 2001 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Im August 2001 beantragte die Klägerin die Weiterzahlung der Rente. Die Beklagte holte daraufhin ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr. M. vom 25. September 2001 ein (Diagnosen: leichte Neurose mit leichtem psychovegetativem Syndrom, Zustand nach Mammakarzinom links mit Mammaamputation (1995), Zustand nach gynäkologischer Totaloperation, rezidivierendes Lumbal- und Zervikalsyndrom ohne neurologisches Defizit; Leistungsbild: vollschichtige Belastbarkeit unter Vermeidung von Tätigkeiten mit einer überdurchschnittlich hohen psychischen Belastung), ein internistisches Gutachten der Dipl.-Med. P. vom 13. Oktober 2001 (Diagnosen: Zustand nach modifizierter Mastektomie mit Axilladissektion und subpektoraler Expanderimplantation links wegen eines Mammakarzinoms im Tumorstadium, laparoskopische Oophorektomie beidseits im Rahmen einer ablativen Hormontherapie 03/1996, Zervikallumbalsyndrom bei präklinischer Osteoporose, subdepressive Stimmungslage; Leistungsbild: Tätigkeit als Zahnarzthelferin unter drei Stunden, leichte Tätigkeiten mit Einschränkungen vollschichtig möglich) und ein orthopädisches Gutachten des Dr. Sch. vom 28. Dezember 2001 (Diagnosen auf orthopädischem Fachgebiet: chronisches Zervikalsyndrom ohne Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule bei beginnender Bandscheibendegeneration C4/5, rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Muskeldysbalance ohne Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule, Osteoponie, Senkspreizfüße; Leistungsbild: körperlich leichte bis kurzzeitig mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen mit Einschränkungen sechs Stunden und mehr möglich). Mit Bescheid vom 29. Januar 2002 lehnte sie die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit sowie wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ab. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2002).
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht diverse Befundberichte beigezogen und ein internistisches Gutachten des Dr. Sch. vom 22. April 2003, ein chirurgisches Gutachten des Dr. R. vom 28. April 2003 und ein psychiatrisches Gutachten der Dr. F. vom 30. April 2003 eingeholt.
Nach dem internistischen Gutachten des Dr. Sch. ergibt sich aus den darstellbaren beschriebenen Organen kein pathologischer Befund.
Dr. R. hat folgende Diagnosen genannt: - wiederkehrende Wirbelsäulenbeschwerden bei Abnutzung und leichter Fehlstellung an Brustwirbel- und Lendenwirbelsäule, Muskelverspannung der Rückenmuskulatur rechtsbetont, zum Untersuchungszeitpunkt allenfalls geringfügige Funktionseinbuße ohne eindeutige Nervenwurzelreizung; - Halswirbelsäulen-Syndrom, vorbefundlich Zustand nach HWK 2-Bruch (1981), zum Untersuchungszeitpunkt keine wesentliche Funktionseinbuße; - derzeit belastungsunabhängige Beschwerden am linken Kniegelenk bei Zustand nach kürzlich zurückliegender Kontusion und Abschürfung am linken Kniegelenk nach Fahrradsturz, endgradig schmerzhafte, jedoch unauffällige Beweglichkeit des linken Kniegelenkes; - Zustand nach Mastektomie links und Lymphknotenausräumung in der linken Axilla bei bösartigem Mammatumor (10/95), Zustand nach Einlage eines Silikonimplantats (3/96), Zustand nach Entfernung der Eierstöcke und der Gebärmutter (1996/1997), kein Nachweis für ein wesentliches Lymphödem am linken Arm, - vorbefundlich Knochenverkalkung. Aus rein chirurgischer Sicht sei das Leistungsvermögen der Klägerin dahingehend einzuschätzen, dass sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus vollschichtig verrichten könne. Vermieden werden müsse schweres Heben und Tragen ohne Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel, ständige Zwangshaltungen, besondere Belastungen des linken Armes sowie überwiegend witterungsausgesetzte Tätigkeiten. Einschränkungen bezüglich der Wegefähigkeit bestünden nicht. Die Klägerin sei sowohl als Zahnarzthelferin als auch als Sprechstundenhilfe vollschichtig einsetzbar.
Dr. F. hat ausgeführt, von psychiatrischer Seite her zeige sich bei der Untersuchung kein Anhalt mehr für eine schwere oder mittelschwere depressive Verstimmung. Es sei somit von einer gebesserten depressiven Anpassungsreaktion auszugehen, die wohl seit jeher eher leichtgradig ausgeprägt gewesen sei. Eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder dem erlangten Beruf ergebe sich hieraus nicht. Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne Selbst- und Fremdgefährdung könnten noch vollschichtig verrichtet werden. Schichtarbeit sollte unterbleiben, insgesamt sollte es sich um körperlich wenig belastende Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung handeln. Im Übrigen seien keine Einschränkungen zu machen. Auch im erlangten Beruf als Krippenerzieherin und als Zahnarzthelferin könne die Klägerin mit den genannten Einschränkungen noch vollschichtig tätig sein.
Alle drei Gutachten hat Dr. Sch. dergestalt zusammengeführt, dass die Klägerin in der Lage ist, regelmäßig ohne die Gefahr einer Schädigung der Gesundheit vollschichtig (acht Stunden an fünf Tagen pro Woche) körperlich leichte Arbeit zu verrichten. Einschränkungen bestünden dahingehend, dass diese in überwiegend wechselnder Körperhaltung unter Vermeidung von ständigen Zwangshaltungen, ohne besondere Belastungen des linken Armes, insbesondere ohne Über-Kopf-Arbeiten des linken Armes, ohne ständige Gefährdung durch Nässe, Kälte, Zugluft oder stärkere Temperaturschwankungen, ohne Schichtarbeit, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Absturzgefahr, nicht auf Leitern und Gerüsten und nicht an laufenden gefährdenden Maschinen ausgeführt werden. Unter Berücksichtigung des positiven und negativen Leistungsbildes sei die Klägerin für die derzeit ausgeübte Tätigkeit in einer physiotherapeutischen Praxis als Sprechstundenhilfe auch im vollschichtigen Rahmen, d.h. acht Stunden pro Tag an fünf Tagen pro Woche in Kenntnis des Anforderungsprofils einsetzbar. Im Beruf einer Zahnarzthelferin reduziere sich das Anforderungsprofil auf typische organisatorische Aufgaben im Verwaltungsbereich, dem typischen Anforderungsprofil einer Zahnarzthelferin mit länger dauernder Stuhlassistenz sei sie aufgrund der Gesundheitsstörungen auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet nur in einem zeitlichen Rahmen von täglich sechs Stunden gewachsen. Im Beruf einer Krippenerzieherin sei sie nicht mehr einsetzbar, da diesem Berufsbild eine erhebliche mentale Belastung und Beanspruchung zugeordnet werden müsse, der die Klägerin dauerhaft unter Berücksichtigung der Gesundheitsstörung auf psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet nicht mehr gewachsen sei. Die Arbeiten könnten noch unter betriebsüblichen Arbeitsbedingungen ausgeführt werden. Hinsichtlich der Wegefähigkeit bestünden keine Einschränkungen. Ab dem 1. Januar 2002 sei wieder von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im beschriebenen Umfang auszugehen.
Des Weiteren hat das Sozialgericht u.a. ein berufskundliches Gutachten der Sachverständigen H. vom 14. Januar 2005 eingeholt und den Beteiligten eine anonymisierte Kopie des Gutachtens der berufskundlichen Sachverständigen J. zur Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin und einer Registratorin aus einem Verfahren vor dem Thüringer Landessozialgericht (Az.: L 6 RJ 530/97) vom 16. Februar 2001 zur Kenntnisnahme übersandt. Mit Urteil vom 28. Juni 2005 hat es die Klage abgewiesen.
Gegen die Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt, eine CD-Rom über einen Fernsehauftritt in der Sendung "Ein Fall für Escher" im September 2002 eingereicht und ausgeführt, auch eine Beschäftigte an der Rezeption einer Zahnarztpraxis müsse über die dort erforderlichen Kenntnisse verfügen. In dem Zeitraum von Januar 2002 bis August 2004 sei sie nicht in der Lage gewesen, eine vollschichtige Tätigkeit auszuüben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 28. Juni 2005 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 29. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2002 zu verurteilen, ihr ab dem 1. Januar 2002 bis zum 31. August 2004 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen im Widerspruchs- und Klageverfahren. Ergänzend führt sie aus, der Beruf der Zahnarzthelferin umfasse mehrere Aufgabenbereiche, zum einen die Behandlungsassistenz und Arbeiten im zahnärztlichen Labor sowie andererseits die Organisation und Verwaltung der zahnärztlichen Praxis. Insbesondere in größeren zahnärztlichen Praxen sei eine solche Funktionsteilung üblich. Dann würden Zahnarzthelferinnen nur im Bereich der Praxisorganisation und der Praxisverwaltung eingesetzt werden. Hier seien allgemeine Büro-, Verwaltungs- und Abrechnungsarbeiten zu erledigen. Sie verweist auf die Urteile des Landessozialgerichts (LSG) Mecklenburg-Vorpommern vom 18. Juli 2001 (Az.: L 4 RA 70/90), des LSG Baden-Württemberg vom 26. Februar 1998 (Az.: L 1 RA 1088/96), des LSG Nordrhein-Westfalen vom 2. Februar 2001 (Az.: L 14 RA 49/99) einschließlich der dort erfolgten berufskundlichen Ermittlungen.
Der Senat hat ein orthopädisches Gutachten des Dr. M. vom 11. Dezember 2006 eingeholt (Diagnosen: chronisches Lumbalsyndrom bei deutlicher Torsionsskoliose, insbesondere der Lenden- und unteren Brustwirbelsäule mit geringen funktionellen Einschränkungen bei Schulter- und Beckentiefstand rechts, Übergangswirbel lumbosakral mit Artikulation des vergrößerten Querfortsatzes mit dem Kreuzbein, chronisches Halswirbelsäulen-Syndrom, mäßiggradige Osteoporose; Leistungsbild: leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten vollschichtig in wechselnder Körperhaltung zwischen Sitzen, Gehen und Stehen ohne Zwangshaltungen). In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17. April 2007 hat der Sachverständige ausgeführt, dass in der Vergangenheit die psychische Verfassung der Klägerin, nicht die orthopädischen Erkrankungen im Vordergrund gestanden haben dürften.
Nach dem nervenärztlichen Gutachten des Sachverständigen Dr. B. vom 4. Januar 2008 besteht auf seinem Fachgebiet derzeit keine krankheitswertige Störung, auch bestehen keine wesentlichen Einschränkungen hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit. Eine Tätigkeit als Zahnarzthelferin sei möglich, inwiefern Stuhlassistenz möglich sei, müsse aus orthopädischer Sicht beurteilt werden. Das festgestellte Leistungsvermögen bestehe nicht unbedingt seit dem 31. Dezember 2001, aber nur insofern, als damals bei weitgehend abgeklungener depressiver Anpassungsstörung noch der Verwendungsausschluss von Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung und besonderem Zeitdruck bestanden habe. Ein untervollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten habe nicht vorgelegen. Dies ergebe sich aus den Befunden der mehrfachen nervenärztlichen Begutachtungen; eigene gutachterliche sachverständige Befunde seien zurückblickend naturgemäß bei dem vorliegenden Störungsbild nicht mehr möglich. Am 10. Februar 2009 hat Dr. B. ergänzend Stellung genommen.
Des Weiteren hat der Senat eine Arbeitgeberauskunft des Zahnarztes D. vom 27. Mai 2009, eine Auskunft der Bundeszahnärztekammer vom 18. Juni 2009 und eine Auskunft der Landeszahnärztekammer Thüringen vom 2. Dezember 2009 eingeholt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Sie hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 gültigen Fassung (a.F.), die nach § 302 b Abs. 1 Satz 2 SGB VI weiter anzuwenden ist. Es ist nicht nachgewiesen, dass sie damals berufsunfähig war.
Nach § 43 Absatz 2 SGB VI (a.F.) haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie berufsunfähig sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Nach § 43 Absatz 2 S. 1 SGB VI (a.F.) sind Versicherte berufsunfähig, wenn ihre Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Nach Satz 2 umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Tätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nach Satz 4 nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit wird grundsätzlich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes festgestellt, wozu die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das so genannte Mehrstufenschema entwickelt hat. Die verschiedenen Stufen sind nach dem qualitativen Wert des bisherigen Berufes - dieser wird nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung, nicht anhand von Prestige oder Entlohnung bestimmt - hierarchisch geordnet (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 14. Mai 1996 – Az.: 4 RA 60/94 in BSGE 78, 207, 218; BSG, Urteil vom 24. März 1998 – Az.: B 4 RA 44/96 R, nach juris). Bei den Angestelltenberufen erfolgt eine Untergliederung in sechs Berufsgruppen: Angestelltenberufe von hoher Qualität, die regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht und in denen regelmäßig ein Arbeitsentgelt oberhalb, an oder in der Nähe der Beitragmessungsgrenze erzielt wird (sechste Stufe); Angestelltenberufe, die zwar ein abgeschlossenes Studium an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule voraussetzen, jedoch nur Kenntnisse und Fähigkeiten unterhalb der Führungsebene – d.h. unterhalb der obersten Stufe – erfordern (fünfte Stufe); Angestelltenberufe, die eine Meisterprüfung oder einen erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen – im Kern mit der Berufstätigkeit der höchsten Stufe der Arbeiterberufe übereinstimmen – (vierte Stufe); der Angestelltenberufe mit einer längeren Ausbildung als zwei Jahre (dritte Stufe); der angelernten Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (zweite Stufe) und der unausgebildeten (ungelernten) Angestellten.
Die Einordnung in ein bestimmtes Berufsschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der förmlichen Berufsausbildung, sondern auch nach der Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt dem aus der Mehrzahl von Faktoren zu ermittelten Wert der Arbeit für den Betrieb (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 1994 – Az.: 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Es kommt somit auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Absatz 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufes, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird. Fachlich-qualitativ gleichwertig sind demnach alle Vergleichsberufe, die nach dem "Schema" in die gleiche oder nächst niedrigere Stufe einzuordnen sind.
Wesentliches Merkmal und Beurteilungsmaßstab für die Qualität eines Berufes ist nach der Rechtsprechung des BSG die tarifliche Einstufung durch die Tarifvertragsparteien. Sie ist einerseits wesentlich für die abstrakte - "tarifvertragliche" - Qualifizierung (im Sinne eines selbstständigen Berufsbildes) innerhalb eines nach Qualitätsstufen geordneten Tarifvertrages, zum anderen für die tarifliche Zuordnung der konkreten, zuletzt ausgeübten Tätigkeit eines Versicherten zu einer Berufssparte und hierüber zu einer bestimmten Tarifgruppe des jeweils geltenden Tarifvertrages (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 1991 – Az.: 13/5 RJ 69/90 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 14; BSG vom 21. Juni 2001 – Az.: B 13 RJ 45/00 R, nach juris).
Die Klägerin ist aufgrund der zuletzt auf Dauer ausgeübten Tätigkeit als Zahnarzthelferin als Angestellte mit einer längeren Ausbildung als zwei Jahre einzustufen. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Es gibt keine ausreichenden Anhaltspunkte, dass sie eine Tätigkeit als zahnmedizinische Fachangestellte (Berufsbezeichnung vor 2001: Zahnarzthelferin), beschränkt auf die Tätigkeit in der Verwaltung einer Zahnarztpraxis, in dem streitigen Zeitraum nicht mehr ausüben konnte.
Nach dem Gutachten der berufskundlichen Sachverständigen H. vom 14. Januar 2005 gibt es in der Bundesrepublik Deutschland mindestens 300 Arbeitsstellen für Zahnarzthelfer/innen an der Rezeption einer Zahnarztpraxis mit Tätigkeitsschwerpunkt im Verwaltungsbereich. Dies hat die Bundeszahnärztekammer in ihrer Auskunft vom 24. Juni 2009 bestätigt. Nach der Auskunft der Landeszahnärztekammer Thüringen vom 2. Dezember 2009 umfasst der Tätigkeitsbereich einer zahnmedizinische Angestellten im Verwaltungsbereich u.a. den Empfang, die situationsgerechte Betreuung der Patienten, die Terminvergabe, den Schriftverkehr mit Lieferanten und allen anderen Partnern, die Verwaltung und Bestellung von Verbrauchsmaterialien und Praxisbedarf, die Vorbereitung von unterschriftsreifen Vordrucken und Formularen, die Erstellung von Heil- und Kostenplänen für alle zahnärztlichen Behandlungsbereiche, die Zuordnung zahnärztlicher Leistungen zu Kostenträgern und Gebührenordnungspositionen, die Vorbereitung der Abrechnung von erbrachten Leistungen mit gesetzlichen Krankenkassen und sonstigen Kostenträgern unter Anwendung der Abrechnungsbestimmungen, die Organisation und Durchführung des Ablaufs der Abrechnung, die Erstellung von Rechnungen, die Anwendung von Grundregeln der Buchführung in der Zahnarztpraxis, die Abwicklung und Überwachung von Zahlungsvorgängen, die Einhaltung von Mahnverfahren sowie die Anfertigung von Röntgenaufnahmen. Nach dem Gutachten der Berufskundlerin H. vom 14. Januar 2005 handelt es sich um körperlich leichte Tätigkeiten, die im Wechsel der Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und im Sitzen verrichtet werden. In der Regel ist Arbeitsplatz mit einem Computer ausgestattet. Lang andauernde Zwangshaltungen mit statischer Belastung des linken Armes und des Schultergürtels wie bei der Stuhlassistenz fallen hierbei nicht an. Bei einer PC-Bedienung werden bei einer Rechtshänderin überwiegend der rechte Arm bzw. die rechte Schulter eingesetzt.
Die Klägerin verfügt als ausgebildete Zahnarzthelferin über die für die Tätigkeit einer Zahnarzthelferin im Verwaltungsbereich erforderlichen Kenntnisse. Diese werden nach der Auskunft der Landeszahnärztekammer Thüringen vom 2. Dezember 2009 in der Berufsausbildung zum Zahnarzthelfer/zur Zahnarzthelferin vermittelt. Insoweit war sie sowohl aufgrund ihrer Vorbildung als auch ihrer geistig-psychischen Leistungsfähigkeit in der Lage, die genannte Verweisungstätigkeit binnen einer Einarbeitungszeit von drei Monaten vollwertig auszuüben. Die geistig-psychische Leistungsfähigkeit ergibt sich aus auch der Tatsache, dass die Klägerin seit dem 1. Januar 2003 in einer psychotherapeutischen Praxis und danach bei einem Heilpraktiker - d.h. in nicht ihrer Berufsausbildung entsprechenden medizinischen Bereichen - als Sprechstundenhilfe tätig war. In der psychotherapeutischen Praxis hatte sie nach eigenen Angaben neben dem Umgang mit medizinischen Geräten, organisatorische Aufgaben wie z. B. die Einweisung der Patienten, Schreibtätigkeiten am Computer und Verwaltungstätigkeiten, wie z. B. die Abrechnung von Rezepten auszuführen. Bei der von der Bundeszahnärztekammer vorgelegten Muster-Fortbildungsverordnung zur zahnmedizinischen Verwaltungsassistentin und zum zahnmedizinischen Verwaltungsassistenten (ZMV) handelt es sich um eine berufliche Aufstiegsfortbildung der/des zahnmedizinischen Fachangestellten. Die Absolvierung dieser Fortbildung ist nicht Voraussetzung für eine Tätigkeit als Zahnarzthelferin im Verwaltungsbereich.
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit ihrem damaligen Leistungsvermögen nicht in der Lage, im streitgegenständlichen Zeitraum diese Tätigkeit vollschichtig auszuführen. Der Senat stützt sich insoweit insbesondere auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten der Dipl.-Med. P. und der Dres. Sch. und M. sowie die im gerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten der Dres. Sch., R., F., M. und B ... Die Sachverständigen bejahen ausdrücklich die Möglichkeit der Ausübung der Tätigkeit einer Zahnarzthelferin im Verwaltungsbereich.
Die Gutachter Dipl.-Med. P., Dres. Sch. und M. stellten ein vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Tätigkeiten mit den dort genannten Einschränkungen fest. Diese Einschätzung ihres Restleistungsvermögens wird durch die im Gerichtsverfahren eingeholten medizinischen Gutachten bestätigt. Der Senat schließt sich den überzeugenden Ausführungen der Dres. Sch., R., F., M. und B. an. Nach dem Gutachten des Dr. Schuster vom 22. April 2004 hat sich aus der Untersuchung der Organe kein pathologischer Befund ergeben. Nach dem chirurgischen Gutachten des Dr. Renner vom 28. April 2004 resultierten aus den Erkrankungen seitens der Wirbelsäule keine wesentlichen Funktionseinschränkungen. Hinweise für Metastasierungen hat er nicht gefunden. In ihrem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 30. April 2003 sieht Dr. F. keinen Anhalt für eine schwere oder mittelschwere depressive Verstimmung. Klinisch-neurologisch haben sich keine akute Wurzelreiz- oder Ausfallsymptomatik gezeigt, ebenso wenig ein Anhalt für eine periphere Polyneuropathie oder akute oder chronische Intoxikationszeichen. Insoweit ist von einer gebesserten depressiven Anpassungsreaktion auszugehen, die seit jeher wohl eher leichtgradig ausgeprägt war. Eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder im erlernten Beruf ergibt sich hieraus nicht.
Zusammenfassend hat Dr. Sch. beurteilt, dass sich ein erwerbsmindernder Dauereinfluss nach Ausräumung der Achsellymphknoten und nach Brustdrüsenentfernung nach Mammakarzinom links aus einer nicht mehr zumutbaren Dauerbelastung des linken Armes, insbesondere bei Überkopfarbeiten ergibt. Auch das klimakterische Beschwerdebild mit Neigung zu Schweißausbrüchen, insbesondere unter Stressbedingungen hat entsprechende Berücksichtigung im negativen Leistungsbild gefunden. Dies gilt auch für die Neigung zu depressiver Reaktionsbereitschaft mit Schlafstörungen, depressiven Verstimmungen und Unruhezuständen. Ebenfalls von dauerhafter erwerbsmindernder Bedeutung sind die nachgewiesenen, allerdings nur leicht- bis mäßiggradigen Verschleißzeichen der einzelnen Wirbelsäuleabschnitte. Die Klägerin war danach in der Lage vollschichtig körperlich leichte Arbeiten unter Einschränkungen (überwiegend wechselnder Körperhaltung unter Vermeidung von ständigen Zwangshaltungen, ohne besondere Belastung des linken Armes z. B. durch monotone Dauerbelastung oder Überkopfarbeiten, ohne ständige Gefährdung durch Nässe, Kälte, Zugluft oder stärkere Temperaturschwankungen, ohne Schichtarbeit, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Absturzgefahr, nicht auf Leitern und Gerüsten und nicht an laufenden gefährdenden Maschinen) zu verrichten. Die Fein- und Grobmotorik beider Hände war dagegen erhalten. Der Begriff "besonderen Zeitdruck" reduziert sich ausschließlich auf Tätigkeiten im Akkord und nicht auf gelegentlich auftretende vorübergehende Mehrbelastungen. Unter Berücksichtigung des positiven und negativen Leistungsbildes kann die Klägerin die derzeit ausgeübte Tätigkeit in einer psychotherapeutischen Praxis als Sprechstundenhilfe auch im vollschichtigen Rahmen, d.h. acht Stunden pro Tag an fünf Tagen unter betriebsüblichen Bedingungen ausüben. Im Beruf einer Zahnarzthelferin konnte sie organisatorische Aufgaben im Verwaltungsbereich vollschichtig verrichten; die Tätigkeit als Zahnarzthelferin mit Stuhlassistenz dagegen nur in einem zeitlichen Rahmen von sechs Stunden täglich.
Auch nach dem Gutachten des Dr. M. vom 11. Dezember 2006, das nach dem streitigen Zeitraum erstellt worden ist, ergeben sich auf orthopädischem Fachgebiet keine ausgeprägten Einschränkungen. Die Klägerin leidet unter einem chronischen Lumbalsyndrom bei deutlicher Torsionsskoliose, insbesondere der Lendenwirbel- und unteren Brustwirbelsäule mit geringen funktionellen Einschränkungen bei Schulter- und Beckentiefstand rechts, einem chronischen Halswirbelsäulen-Syndrom und einer mäßiggradigen Osteoporose und ist in der Lage, vollschichtig leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten auszuführen. Diese sollten im Idealfall in einer wechselnden Körperhaltung zwischen Sitzen, Gehen und Stehen unter Vermeidung von Zwangshaltungen, wie bückenden Tätigkeiten und Überkopfarbeiten durchgeführt werden. Eine Aussage zu dem Leistungsvermögen der Klägerin in der Vergangenheit hat der Sachverständige nur insoweit getroffen, als er davon ausgeht, dass diese durch ein hohes Maß an Eigeninitiative in den letzten Jahren eher eine Zunahme ihrer körperlichen Belastbarkeit erreicht hat.
Der Sachverständige Dr. B. stellt zum Zeitpunkt der Begutachtung am 18. Dezember 2007 keinerlei Auffälligkeiten auf nervenärztlichem Fachgebiet fest. Es bestehen keine neurologischen Ausfälle, kein Schmerzsyndrom der Wirbelsäule, allenfalls eine gewisse Belastungseinschränkung für Zwangshaltungen der Wirbelsäule. Eine depressive Symptomatik oder eine anderweitige psychische Störung liegt nicht vor. Die Einschätzung des Restleistungsvermögens der Klägerin durch die Sachverständigen Dres. M. und F. war nach seiner Einschätzung, der der Senat folgt, unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen sachgerecht. Aus nervenärztlicher Sicht ist auch eine Tätigkeit als Zahnarzthelferin unter Beachtung der auf orthopädischem Sachgebiet festgestellten Einschränkungen möglich. Nach der Einschätzung des Sachverständigen ist für die Zeit ab 1. Januar 2002 gegenüber dem späteren Leistungsvermögen eine Einschränkung nur insoweit anzunehmen, als damals bei weitgehend abgeklungener depressiver Anpassungsstörung noch Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung und besonderem Zeitdruck ausgeschlossen waren. Ein untervollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten verneinte er auch zu diesem Zeitpunkt und verweist auf die Befunde der mehrfachen nervenärztlichen Begutachtungen. Es existiert kein Anhalt dafür, dass eine andere Beurteilung aus der eingereichten CD über den Fernsehauftritt in der Sendung "Ein Fall für Escher" möglich ist. Psychiatrische Beurteilungen des Leistungsvermögens für die Vergangenheit anhand solcher Unterlagen sind bereits wegen des Fehlens einer eigenen Exploration (vgl. BSG, Beschluss vom 18. September 2003 – Az.: B 9 VU 2/03 B, nach juris) nicht möglich.
Die von den Sachverständigen bejahten besonderen Einschränkungen der Klägerin werden bei der Tätigkeit als zahnmedizinische Fachangestellte im Verwaltungsbereich berücksichtigt: Es handelt sich um leichte Tätigkeiten, ohne Einwirkung von Kälte, Nässe oder Zugluft, bei denen ein Wechsel der Körperhaltung möglich ist. Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, Hebe- und Bückbelastungen sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten fallen nicht an. Es handelt sich nicht um Schicht- oder Akkordarbeit.
Ob der Klägerin mit ihrem Leistungsvermögen eine entsprechende Tätigkeit als Zahnarzthelferin hätte vermittelt werden können, ist unwesentlich. Für vollschichtig einsatzfähige Versicherte besteht im Allgemeinen ein offener Arbeitsmarkt (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Ein Versicherter muss sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich auf dem Arbeitsmarkt im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verweisen lassen. Dort gibt es noch eine hinreichende Anzahl zumutbarer Arbeitsplätze, unabhängig davon, ob diese offen oder besetzt sind. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, trägt nicht die Beklagte, sondern die Arbeitslosenversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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