Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 1960/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4099/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.06.2011 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihn von Zuzahlungen nach § 61 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu befreien.
Der bei der Beklagten krankenversicherte Kläger hat Ende April 2011 per Mail bei der Beklagten angezeigt, dass er die Befreiung von den Zuzahlungen wünsche. Mit Schreiben vom 02.05.2011 hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass der Berechnung der sogenannten Belastungsgrenze verschiedene Faktoren zugrunde liegen. Damit diese ermittelt werden könnten, brauche sie die Unterstützung des Klägers. Dieser werde gebeten, die Angaben auf dem beigefügten Antrag unterschrieben zurückzusenden. Hiergegen erhob der Kläger mit einer E-Mail Widerspruch. Er führte u.a. aus (Bl. 4 der Verwaltungsakten der Beklagten), dass der Amtsermittlungsgrundsatz bestehe. Die Beklagte kenne alle Arbeitgeber und kenne auch den Bescheid auf Leistungen nach dem SGB II. Hiernach bezieht der Kläger seit dem 01.04.2011 Arbeitslosengeld II. Soweit zu Beginn des Jahres Alg I bezogen worden sei, habe er selber keine konkreten Zahlen, zumal zu prüfen sein werde, wie sich die Aufrechnungen der Arbeitsagentur hier auswirken. Mit weiterer E-Mail (Bl. 14 der Verwaltungsakte) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass es nun an ihm liege, die für die Bearbeitung/Berechnung notwendigen Angaben zu machen.
Mit Schreiben vom 03.05.2011 hat der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Begehren gestellt, die Beklagte zu verpflichten, ihn von den Zuzahlungen zu befreien (S 3 KR 1959/11). Diesen Antrag hat das SG mit Beschluss vom 23.05.2011 abgelehnt und ausgeführt, gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB V hätten Versicherte während jedes Kalenderjahres nur Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten; werde die Belastungsgrenze bereits innerhalb eines Kalenderjahres erreicht, habe die Krankenkasse eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass für den Rest des Kalenderjahres keine Zuzahlungen mehr zu leisten seien. Die Belastungsgrenze betrage 2 v. H. der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Vorliegend habe der Antragsteller bislang lediglich während des Anordnungsverfahrens den Bescheid der Agentur für Arbeit Pforzheim vom 20.04.2011 vorgelegt, wonach er ab dem 01.04.2011 Leistungen nach dem SGB II bezieht. Nicht vorgelegt seien Angaben und Nachweise darüber, welche Bruttoeinnahmen in welcher Höhe er vom 01.01.2011 bis 31.03.2011 bezogen habe. Ebenfalls nicht nachgewiesen sei, ob und in welchem Umfang er überhaupt bislang Zuzahlungen geleistet habe. Ohne diese Nachweise sei eine Entscheidung darüber nicht möglich, ob und wann die Belastungsgrenze überschritten worden sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 16.08.2011 (L 5 KR 2488/11 ER-B) zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 03.05.2011 hat der Kläger Klage beim SG erhoben und beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihn von den Zuzahlungen zu befreien.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat angegeben, dass bislang eine Entscheidung habe nicht getroffen werden können, da die hierfür nötigen Informationen fehlten. Dem Kläger sei mehrfach ein Formantrag zur Verfügung gestellt worden.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21.06.2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, über das klägerische Begehren sei durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Die Erhebung einer Klage sei mangels Verwaltungsakts sowie Widerspruchsbescheids (§ 78 ff. SGG) unzulässig, da die Beklagte weder mit Verwaltungsakt noch durch Widerspruchsbescheid über das Begehren des Klägers entschieden habe. Der eindeutige Wortlaut des mit Schriftsatz vom 03.05.2011 gestellten Antrags des rechtskundigen Klägers stehe einer Auslegung entgegen. Im Übrigen werde ungeachtet obiger Ausführungen auf die Gründe des Beschlusses der erkennenden Kammer vom 23.05.2011 (S 3 KR 1959/11 ER) ergänzend hingewiesen.
Gegen diesen ihm am 25.06.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Mittwoch, dem 27.07.2011 beim SG Berufung eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, die Klage sei als Untätigkeitsklage auszulegen gewesen. Das Gericht hätte die Untätigkeitsklage ggf. liegen lassen müssen, bis sie zulässig geworden wäre. Im Übrigen habe die Beklagte ausdrücklich eine Entscheidung verweigert, so dass ein Vorverfahren entbehrlich gewesen sei.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.06.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn von Zuzahlungen zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte entscheiden und verhandeln, obwohl der Kläger zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Denn der Kläger war ordnungsgemäß geladen und darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann.
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, jedoch wegen Versäumens der Berufungsfrist unzulässig.
Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Urteils einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 SGG). Über die Berufungsfrist wurde der Kläger in dem angefochtenen Gerichtsbescheid mit der auch im Übrigen zutreffenden Rechtsmittelbelehrung belehrt.
Die vorgenannte Frist für die Einlegung der Berufung begann am 25.06.2011 und endete mit Ablauf des 25.07.2011. Die Berufung ist jedoch erst am Mittwoch, dem 27.07.2011 beim Sozialgericht Karlsruhe eingegangen. Demgemäß ist die Berufung nicht fristgerecht eingelegt worden.
Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist die Wiedereinsetzung wegen des Versäumens der Berufungsfrist zu gewähren, wenn der Berufungsführer (hier: der Kläger) ohne Verschulden verhindert war, rechtzeitig Berufung einzulegen. Die entsprechenden Tatsachen sollen glaubhaft gemacht werden. Der Kläger hat, auch nachdem er mit Verfügung vom 02.01.2012 über die Fristversäumung belehrt worden war, weder einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt noch Gründe hierfür vorgetragen und glaubhaft gemacht. Die Berufung war daher wegen Verfristung als unzulässig zu verwerfen.
Im Übrigen ist die Berufung auch unbegründet, weil die Klage bereits unzulässig war. Der Senat nimmt insoweit auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ein Fall der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens lag nicht vor. Selbst als Untätigkeitsklage wäre die Klage unzulässig gewesen, da die Beklagte mangels Mitwirkung des Klägers gehindert war, eine Sachentscheidung zu treffen. Allerdings hat das SG auch zutreffend entschieden, dass das Begehren des Klägers eindeutig auf Leistung und nicht auf den Erlass eines Bescheids gerichtet war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihn von Zuzahlungen nach § 61 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu befreien.
Der bei der Beklagten krankenversicherte Kläger hat Ende April 2011 per Mail bei der Beklagten angezeigt, dass er die Befreiung von den Zuzahlungen wünsche. Mit Schreiben vom 02.05.2011 hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass der Berechnung der sogenannten Belastungsgrenze verschiedene Faktoren zugrunde liegen. Damit diese ermittelt werden könnten, brauche sie die Unterstützung des Klägers. Dieser werde gebeten, die Angaben auf dem beigefügten Antrag unterschrieben zurückzusenden. Hiergegen erhob der Kläger mit einer E-Mail Widerspruch. Er führte u.a. aus (Bl. 4 der Verwaltungsakten der Beklagten), dass der Amtsermittlungsgrundsatz bestehe. Die Beklagte kenne alle Arbeitgeber und kenne auch den Bescheid auf Leistungen nach dem SGB II. Hiernach bezieht der Kläger seit dem 01.04.2011 Arbeitslosengeld II. Soweit zu Beginn des Jahres Alg I bezogen worden sei, habe er selber keine konkreten Zahlen, zumal zu prüfen sein werde, wie sich die Aufrechnungen der Arbeitsagentur hier auswirken. Mit weiterer E-Mail (Bl. 14 der Verwaltungsakte) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass es nun an ihm liege, die für die Bearbeitung/Berechnung notwendigen Angaben zu machen.
Mit Schreiben vom 03.05.2011 hat der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Begehren gestellt, die Beklagte zu verpflichten, ihn von den Zuzahlungen zu befreien (S 3 KR 1959/11). Diesen Antrag hat das SG mit Beschluss vom 23.05.2011 abgelehnt und ausgeführt, gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB V hätten Versicherte während jedes Kalenderjahres nur Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten; werde die Belastungsgrenze bereits innerhalb eines Kalenderjahres erreicht, habe die Krankenkasse eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass für den Rest des Kalenderjahres keine Zuzahlungen mehr zu leisten seien. Die Belastungsgrenze betrage 2 v. H. der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Vorliegend habe der Antragsteller bislang lediglich während des Anordnungsverfahrens den Bescheid der Agentur für Arbeit Pforzheim vom 20.04.2011 vorgelegt, wonach er ab dem 01.04.2011 Leistungen nach dem SGB II bezieht. Nicht vorgelegt seien Angaben und Nachweise darüber, welche Bruttoeinnahmen in welcher Höhe er vom 01.01.2011 bis 31.03.2011 bezogen habe. Ebenfalls nicht nachgewiesen sei, ob und in welchem Umfang er überhaupt bislang Zuzahlungen geleistet habe. Ohne diese Nachweise sei eine Entscheidung darüber nicht möglich, ob und wann die Belastungsgrenze überschritten worden sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 16.08.2011 (L 5 KR 2488/11 ER-B) zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 03.05.2011 hat der Kläger Klage beim SG erhoben und beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihn von den Zuzahlungen zu befreien.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat angegeben, dass bislang eine Entscheidung habe nicht getroffen werden können, da die hierfür nötigen Informationen fehlten. Dem Kläger sei mehrfach ein Formantrag zur Verfügung gestellt worden.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21.06.2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, über das klägerische Begehren sei durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Die Erhebung einer Klage sei mangels Verwaltungsakts sowie Widerspruchsbescheids (§ 78 ff. SGG) unzulässig, da die Beklagte weder mit Verwaltungsakt noch durch Widerspruchsbescheid über das Begehren des Klägers entschieden habe. Der eindeutige Wortlaut des mit Schriftsatz vom 03.05.2011 gestellten Antrags des rechtskundigen Klägers stehe einer Auslegung entgegen. Im Übrigen werde ungeachtet obiger Ausführungen auf die Gründe des Beschlusses der erkennenden Kammer vom 23.05.2011 (S 3 KR 1959/11 ER) ergänzend hingewiesen.
Gegen diesen ihm am 25.06.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Mittwoch, dem 27.07.2011 beim SG Berufung eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, die Klage sei als Untätigkeitsklage auszulegen gewesen. Das Gericht hätte die Untätigkeitsklage ggf. liegen lassen müssen, bis sie zulässig geworden wäre. Im Übrigen habe die Beklagte ausdrücklich eine Entscheidung verweigert, so dass ein Vorverfahren entbehrlich gewesen sei.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.06.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn von Zuzahlungen zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte entscheiden und verhandeln, obwohl der Kläger zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Denn der Kläger war ordnungsgemäß geladen und darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann.
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, jedoch wegen Versäumens der Berufungsfrist unzulässig.
Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Urteils einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 SGG). Über die Berufungsfrist wurde der Kläger in dem angefochtenen Gerichtsbescheid mit der auch im Übrigen zutreffenden Rechtsmittelbelehrung belehrt.
Die vorgenannte Frist für die Einlegung der Berufung begann am 25.06.2011 und endete mit Ablauf des 25.07.2011. Die Berufung ist jedoch erst am Mittwoch, dem 27.07.2011 beim Sozialgericht Karlsruhe eingegangen. Demgemäß ist die Berufung nicht fristgerecht eingelegt worden.
Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist die Wiedereinsetzung wegen des Versäumens der Berufungsfrist zu gewähren, wenn der Berufungsführer (hier: der Kläger) ohne Verschulden verhindert war, rechtzeitig Berufung einzulegen. Die entsprechenden Tatsachen sollen glaubhaft gemacht werden. Der Kläger hat, auch nachdem er mit Verfügung vom 02.01.2012 über die Fristversäumung belehrt worden war, weder einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt noch Gründe hierfür vorgetragen und glaubhaft gemacht. Die Berufung war daher wegen Verfristung als unzulässig zu verwerfen.
Im Übrigen ist die Berufung auch unbegründet, weil die Klage bereits unzulässig war. Der Senat nimmt insoweit auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ein Fall der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens lag nicht vor. Selbst als Untätigkeitsklage wäre die Klage unzulässig gewesen, da die Beklagte mangels Mitwirkung des Klägers gehindert war, eine Sachentscheidung zu treffen. Allerdings hat das SG auch zutreffend entschieden, dass das Begehren des Klägers eindeutig auf Leistung und nicht auf den Erlass eines Bescheids gerichtet war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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