L 4 AS 57/12 B ER

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 26 AS 7410/11 ER
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 4 AS 57/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Die Beschwerde bleibt im einstweiligen Rechtsschutz auch dann nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl I 444) ausgeschlossen, wenn Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG für die Hauptsache oder das einstweilige Rechtsschutzverfahren vorliegen können.

2. Ändert das Landessozialgericht die Entscheidung des Sozialgerichts in der Hauptsache - des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens - nicht ab, bleibt auch die Kostenentscheidung des Sozialgerichts für die erste Instanz wirksam, ohne dass es einer isolierten rechtlichen Überprüfung der Kostenentscheidung des Sozialgerichts bedarf.

3. Hinreichende Erfolgsaussichten für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind in einem Beschwerdeverfahren zu verneinen, wenn das Landessozialgericht bereits abschließend die entscheidungserhebliche, in der Rechtsprechung streitige Rechtsfrage in einer vorausgegangenen Entscheidung in einem Beschwerdeverfahren abschließend geklärt hat und die Entscheidung gemäß § 177 SGG nicht mit einer weiteren Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden kann. Ausnahmsweise kann etwas anderes gelten, wenn neues rechtserhebliches Vorbringen, welches bei der Entscheidung des Senats nicht bekannt gewesen ist, die bisherige Rechtsprechung des Senats substantiiert in Frage stellt.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 13. Dezember 2011 wird als unzulässig verworfen. Kosten der Beschwerde sind auch nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter anwaltlicher Beiordnung wird abgelehnt.

Gründe:

Die am 9. Januar 2012 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 13. Dezember 2011 mit dem sinngemäßen Antrag,

den Beschluss des Sozialgerichts Gotha aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Stromschulden der Antragstellerin in Höhe von 631,99 Euro darlehensweise zu übernehmen,

erlaubt keine Entscheidung in der Sache, weil die Beschwerde bereits unzulässig ist.

Gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG idF des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl I 444) - SGG F. 2008 -, in Kraft ab 1. April 2008 (Art. 4 des Änderungsgesetzes), ist ein Beschluss im einstweiligen Rechtsschutz mit der Beschwerde nur anfechtbar, wenn in der Hauptsache die Berufung zulässig, das heißt eigentlich enger statthaft wäre.

Die Berufung wiederum wäre in der Hauptsache gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG F. 2008 ohne gesonderte Zulassung durch das Sozial- (§ 144 Abs. 2 und 3 SGG) oder auf Beschwerde das Berufungsgericht (§ 145 SGG) nur statthaft, wenn der Wert der Beschwer oder eines hierauf gerichteten Verwaltungsaktes 750 Euro überstiege oder gemäß § 144 Abs. 1 S. 2 SGG wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen wären.

Ob Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG für das Hauptsache- oder Beschwerdeverfahren eingreifen, ist hingegen nicht entscheidungserheblich, weil selbst dann die Beschwerde ausgeschlossen bleibt (ständige Rechtsprechung des Senats: vgl. Beschluss vom 11. März 2011 - L 4 AS 1660/10 B ER).

Eine gesonderte Zulassungsbefugnis entsprechend § 144 Abs. 1 S. 1 SGG F. 2008 für das Beschwerdeverfahren ist § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG F. 2008 schon deshalb nicht zu entnehmen, weil Maßstab für die Statthaftigkeit der Beschwerde ausdrücklich nur die allerdings hypothetische Statthaftigkeit einer Berufung in der Hauptsache ist. Damit hat der Gesetzgeber allein auf die ausdrückliche Regelung in §§ 144, 145 SGG F. 2008 für das Berufungsverfahren abgestellt, ohne ein eigenständiges Zulassungsverfahren im Beschwerdeverfahren vorzusehen. Es widerspräche auch der gebotenen Dringlichkeit im einstweiligen Rechtsschutz ein solches dem Beschwerdeverfahren vorzuschalten (LSG NRW, Beschluss vom 28. September 2011 - L 20 AY 98/11 B ER m.w.N., juris; Hessisches LSG, Beschluss vom 12. Januar 2009 - L 7 AS 421/08 B ER, juris).

Die Beschwerde wäre auch nicht statthaft, wenn ohne gesonderte Zulassung im Beschwerdeverfahren alleine einer der in § 144 Abs. 2 SGG aufgeführten Zulassungsgründe vorläge.

Der Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG F. 2008 gibt dafür nichts her. Der Gesetzgeber hat sich leider gegen eine eindeutige Formulierung entschieden, nach der entweder die Zulassungsgründe einzubeziehen wären oder unberücksichtigt bleiben müssen. Weder hat er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beschwerde ausgeschlossen ist, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfe noch hat er angeordnet, der Ausschluss greife nicht, soweit Zulassungsgründe vorlägen.

Gestützt wird die Auffassung des Senats aber nach Sinn und Zweck des Zulassungsverfahrens und der hierfür erforderlichen Gründe in der Hauptsache gemäß §§ 144, 145 SGG sowie dem gesetzgeberischen Zweck der Neuregelung in § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG F. 2008.

Getragen ist die Neuregelung von dem gesetzgeberischen Willen, die Landessozialgerichte zu entlasten. Aus diesem Blickwinkel heraus, soll die Privilegierung von Rechtsschutzmöglichkeiten im Beschwerdeverfahren gegenüber dem Hauptsacheverfahren entfallen (BT-Drucks 16/7716, S. 106, zu Nr. 29, Buchstabe b). Angestrebt ist damit eine Kongruenz zwischen der Rechtsmittelbefugnis in der Hauptsache und im einstweiligen Rechtsschutz. Bei einfacher Betrachtung könnte das zunächst dafür sprechen, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gleichermaßen wie im Hauptsacheverfahren auch die Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG für die Statthaftigkeit der Beschwerde ausreichen zu lassen. Eine solche oberflächliche Betrachtung berücksichtigt aber nicht ausreichend die zeitlichen und sachlichen Unterschiede einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz gegenüber der Hauptsache.

Dabei lässt es der Senat an dieser Stelle offen, ob aus der Verwendung des Konjunktivs in der Formulierung "die Berufung zulässig wäre" zu folgern ist, § 172 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGG F. 2008 stelle nicht auf die Zulässigkeit, enger: Statthaftigkeit, der Berufung für den Gegenstand der Hauptsache ab (LSG Hamburg, Beschluss vom 1. September 2008 – L 5 AS 70/08 NZB, juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 8. September 2008 – L 13 AS 178/08 ER, juris), sondern übertrage nur die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Berufungsverfahrens auf den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens im einstweiligen Rechtsschutz (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. November 2011 - L 14 AS 278/11 B-PKH, juris m.w.N.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21. Oktober 2008 – L 6 AS 458/08 ER, juris). Denn nach beiden Lesarten können die Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG nicht die Beschwerde gemäß § 172 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGG F. 2008 eröffnen.

Sollte hypothetisch auf die Statthaftigkeit der Berufung für das zugrundeliegende Hauptsacheverfahren abzustellen sein, das ggf. noch gar nicht anhängig ist, weil der gerichtliche einstweilige Rechtsschutz nach § 86b SGG bereits für das Verwaltungsverfahren eröffnet ist, fehlte es bereits an der dann erforderlichen zeitlichen Kongruenz zwischen dem Berufungs- und Beschwerdeverfahren. In der Hauptsache können Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG die Berufung nur in dem Zeitpunkt statthaft werden lassen, in dem das Sozial- oder Berufungsgericht die Berufung deswegen zugelassen hat. Die Zulassungsentscheidung ist konstitutive Voraussetzung für die Statthaftigkeit der Berufung. Solange sie nicht ergangen ist, bleibt die Berufung schwebend unzulässig. Eine Zulassung kann aber vor dem Abschluss des Beschwerdeverfahrens über den einstweiligen Rechtsschutz in der Hauptsache nicht ergangen sein und ob sie zu einem späteren Zeitpunkt ergehen wird, bleibt in jedem Fall schon deshalb fraglich, weil eine Entscheidung im vielleicht nachfolgenden Klageverfahren nicht – zwingend – zu ergehen hat. Bei der anderen Lesart ist hingegen zu bedenken, dass die Zulassungsgründe des § 144 Abs. 2 SGG auf den einstweiligen Rechtsschutz nicht zugeschnitten sind und deshalb auch nicht übertragen werden können. Grundsätzliche Bedeutung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG kann nicht die vorläufige Regelung im einstweiligen Rechtsschutz, sondern können nur die ihr zugrundeliegenden Ansprüche in der Hauptsache haben, welche gerade nicht den Streitgegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens bilden. Auch eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist nicht angezeigt, weil durch die Verkürzung des Rechtswegs auf die Tatsachengerichte eine einheitliche Rechtsprechung im einstweiligen Rechtsschutz ohnehin nicht herzustellen ist. Allein der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG - Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung des SG beruhen kann -, könnte grundsätzlich auch für das einstweilige Rechtsschutzverfahren greifen. Eine weitere Fehlerkorrektur in einem Rechtsmittelverfahren ist aber in Anfechtungssachen entbehrlich, weil bereits das Sozialgericht auf einen weiteren Antrag nach § 86b Abs. 1 S. 4 SGG seine Entscheidung nach herrschender Meinung (h.M.) jederzeit selbst dann abändern kann, wenn eine Änderung der Rechts- oder Sachlage nicht eingetreten ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rn. 20 m.w.N.; a.A. Krodel, "Das sozialgerichtliche Eilverfahren", 2. Aufl., Rn. 185). Lediglich in Vornahmesachen gilt das nach h.M. nur, wenn eine Änderung der Tatsachen- oder Rechtslage eingetreten ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rn. 45 f. m.w.N.). Weiter steht für Gehörsfehler die Anhörungsrüge gemäß § 178a SGG zur Verfügung. Es ist aber ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung auszuschließen, dass für den verbleibenden engen Anwendungsbereich der Gesetzgeber eine Prüfung der Zulassungsgründe im einstweiligen Rechtsschutzverfahren einführen wollte; zumal der geminderte Beweisgrad und die Erweiterung der Beweismittel im einstweiligen Rechtsschutzverfahren dem eher entgegenstehen.

Kommt es damit bei Geld- oder Sachleistungen alleine darauf an, ob eine Beschwer von mehr als 750 Euro oder bei wiederkehrenden bzw. laufenden Leistungen ein Zeitraum von mehr als einem Jahr erfasst ist, ist dabei allein auf die formelle Beschwer im einstweiligen Rechtsschutzverfahren abzustellen, nicht hingegen auf die hypothetische Beschwer in einem ggf. zugrundeliegenden Hauptsacheverfahren.

Deutet bereits der Gesetzeswortlaut darauf hin, nach dem es im Konjunktiv gesetzt darauf ankommt, ob eine Berufung in der Hauptsache zulässig wäre, spricht dafür vor allem die zeitliche Inkongruenz von Hauptsache- und einstweiligem Rechtsschutzverfahren (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. November 2011 - L 14 AS 278/11 B-PKH m.w.N.). Nach allgemeiner Ansicht ist bei der Entscheidung über die Statthaftigkeit eines Rechtsmittels allein auf die formelle Beschwer abzustellen, die der Rechtsmittelführer durch die erstinstanzliche Entscheidung erfahren hat (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, vor § 143 Rdnr. 5f). Diese Beschwer ist jedoch im Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde für das Hauptsacheverfahren noch nicht bestimmbar. Zumal der Streitgegenstand in der Hauptsache vor der erstinstanzlichen Entscheidung noch beschränkt oder erweitert werden kann.

Damit ist vorliegend die Beschwerde nicht eröffnet, weil die formelle Beschwer durch die Entscheidung des SG lediglich eine einmalige Leistung in Höhe von höchstens 631,99 Euro betrifft.

Hat der Senat entsprechend § 193 Abs. 1 S. 1 SGG grundsätzlich auch über die Kosten beider Instanzen zu entscheiden, bleibt die Kostenentscheidung hier auf die Beschwerde beschränkt. Ändert das Rechtsmittelgericht die Entscheidung der ersten Instanz in der Hauptsache - des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens - nicht ab, bleibt auch die Kostenentscheidung für die erste Instanz wirksam (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 193 RdNr. 2a; Hk-SGG/Groß, 2. Aufl., § 193 RdNr. 8). Nur so bleibt eine einheitliche Sach- und Kostenentscheidung gewahrt, die grundsätzlich für das sozialgerichtliche Verfahren zu beachten ist, wie die Regelung in § 144 Abs. 4 S. 1 SGG verdeutlicht, die auch für das Beschlussverfahren greift, soweit eine Kostenentscheidung getroffen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Juli 2011 - L 4 AS 913/11 B ER; Sächsisches LSG, Beschluss vom 21. November 2005 - L 3 B 144/05 AS-ER, juris).

Der Senat hat daher nicht zu prüfen, ob die Kostenentscheidung des SG zu beanstanden ist.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter anwaltlicher Beiordnung ist abzulehnen, weil die erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 S. 1 ZPO) im maßgeblichen Zeitpunkt zu verneinen sind.

Gemäß § 114 S. 1 ZPO, der über die Verweisungsnorm des § 73a Abs. 1 S. 1 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren gilt, ist einem Beteiligten auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Der Maßstab für die dabei geforderten Erfolgsaussichten ist im Lichte der grundrechtlich garantierten Rechtsschutzgleichheit zu bestimmen. Sie folgt aus dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsgrundsatz aus Art. 20 Abs. 3 GG. Gefordert ist hiernach eine Angleichung der Rechtsschutzmöglichkeiten eines Unbemittelten mit denen eines Bemittelten, der seine Erfolgsaussichten unter Berücksichtigung des Kostenrisikos vernünftig abwägt. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist zu bejahen, wenn für den Antragsteller eine nicht fernliegende Möglichkeit besteht, sein Rechtsschutzziel durch Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes jedenfalls unter Zuhilfenahme aller verfahrensrechtlich vorgesehenen Rechtsbehelfe gegen instanzgerichtliche Entscheidungen durchzusetzen (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14.Juni 2006 – 2 BvR 626/06; BVerfGE 81, 347 (357); stRspr). Ein höherer Wahrscheinlichkeitsgrad kann erforderlich sein, um die Prozessführung nicht mutwillig erscheinen zu lassen, wenn die Bedeutung des Rechtsschutzzieles sonst völlig außer Verhältnis zum verbleibenden Prozesskostenrisiko steht.

So verstandene hinreichende Erfolgsaussichten kommen, falls wie hier zur Entscheidung des Rechtsstreits keine weiteren Ermittlungen erforderlich sind, nur in Betracht, wenn eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage weder angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf von bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellter Auslegungshilfen ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88, BVerfGE 81, 347 (359)) noch höchstrichterlich geklärt ist. Nur so verbleibt dem Unbemittelten die Möglichkeit seinen klärungsbedürftigen Rechtsstandpunkt zumindest im Hauptsacheverfahren zu vertreten und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen (BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2006 – 2 BvR 626/06 u.a., NVwZ 2006, 1156 m.w.N.).

Maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidungssreife des Antrages auf Prozesskostenhilfe. Auch im Beschwerdeverfahren können nur Änderungen berücksichtigt werden, die sich zugunsten des Antragstellers vor Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens in der Hauptsache ergeben haben. Entscheidungsreife ist regelmäßig gegeben, wenn der Antrag entsprechend den Vorgaben in § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 117 ZPO insbesondere unter Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und der erforderlichen Belege gestellt ist und die übrigen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt haben (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO).

Entscheidungsreife ist danach frühestens zu dem Zeitpunkt eingetreten, zu dem aufgrund des am 27. Januar 2012 abgesandten gerichtlichen Schreibens vom 26. Januar 2012 der Antragsgegner Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat. Zu diesem Zeitpunkt haben trotz der vereinzelt anderslautenden Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 24. Februar 2010 - L 7 AS 1446/09 B ER - und vom 8. Juli 2009 - L 6 AS 335/09 B ER) keine hinreichenden Erfolgsaussichten bestanden, weil der Senat für das einstweilige Rechtsschutzverfahren bereits letztinstanzlich geklärt hat, dass die Beschwerde auch ausgeschlossen bleibt, wenn Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG vorliegen können (vgl. Senat, 11. März 2011, a.a.O.). Vorsorglich hat der Senat das dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit gerichtlichem Schreiben vom 26. Januar 2012 vor Eintritt der Entscheidungsreife des PKH-Antrags mitgeteilt.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved