L 2 U 2174/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 17 U 1310/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 2174/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19. März 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist, ob der Kläger am Dienstag, den 07.12.1999, einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Der 1951 geborene Kläger erlernte von 1965 bis 1968 das Orgelbauhandwerk und war dann in seinem Lehrbetrieb, der bis zum 31.12.1995 vom Seniorchef P. V. geführt wurde und seit dem 01.01.1996 von M. V. weitergeführt wird (vgl. Schreiben P. V. vom 13.04.2004, Bl. 132 Verwaltungsakte [orange] der Beklagten über das Verfahren wegen der Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung – im Folgenden "VA") vom 01.07.1973 bis zum 07.05.2001 als Orgelbauer versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 1975 wurde er immer mehr von der körperlichen Arbeit freigestellt und als Zeichner und Konstrukteur im Büro beschäftigt, was nach Angabe des Seniorchefs seines Beschäftigungsbetriebes (Werkstatt für Orgelbau M. V., vgl. Schreiben des Seniorchefs P. V. vom 16.01.2002, Bl. 4-6 VA) seit etwa 1978 ca. 95 % seiner Arbeitstätigkeit umfasste. Zugleich hatte er die Aufsicht über die von ihm gezeichneten und in der Werkstatt hergestellten Teile und war beim Abliefern und der Montage fertiger Orgeln zum Vermessen und Einrichten dabei. "Kritischer" sei es nach Angabe des P. V. (s.o. a.a.O.) für den Kläger geworden, als die Auftragslage zurückgegangen sei und kaum noch neue Zeichnungen hätten angefertigt werden müssen. Deshalb sei der Kläger ab 1999 immer wieder zu auswärtigen Arbeiten mitgeschickt worden, um die Aufsicht zu führen, was allerdings auch die Mithilfe des Klägers erfordert habe. Erst dann habe sich der Kläger gemeldet und seinen Rückenschaden, den er nach seinen Angaben im Jahr 1988 erworben habe, mitgeteilt. Eine weitere Krankmeldung ab dem 13.12.1999 sei im Zusammenhang damit gestanden, dass der Kläger einige Tage bei auswärtigen Arbeiten mitgeholfen habe.

Nach den vorliegenden Aufzeichnungen über abgeleistete Arbeitsstunden und den Angaben im Schreiben des P. V. vom 09.05.2006 (Bl. 284 -286 VA) war der Kläger in der Woche vom 06.12.1999 bis 10.12.1999 in der katholischen Kirche in B.-W. beim Aufbau einer Pfeifenorgel auf der Empore eingesetzt. Im Stundenzettel sind in der Rubrik "Transport + Montage" für den 05., 06. und 07.12.1999 jeweils 9 Arbeitsstunden des Klägers vermerkt, für den 09.12.1999 10 Arbeitsstunden und den 10.12.1999 9,5 Arbeitsstunden (Bl. 286 VA).

Am 13.12.1999 suchte der Kläger den Facharzt für Allgemeinmedizin B. auf, welcher ihm am selben Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellte (Kopie Bl. 286 VA). Das Feld "Arbeitsunfall, Arbeitsunfallfolgen, Berufskrankheit" war nicht angekreuzt; es handelte sich um eine normale Erstbescheinigung. Der Arzt für Allgemeinmedizin B. berichtete später auf Anfrage der Beklagten (Schreiben vom 26.05.2006, Bl. 287 VA), im Rahmen der ersten ärztlichen Untersuchung durch ihn am 13.12.1999 habe der Kläger angegeben, im Jahr 1988 einen Arbeitsunfall erlitten zu haben; hierbei sei beim Heben einer schweren Last ein starker Rückenschmerz im Sinne einer Ischialgie aufgetreten. Einen Erstbefund von diesem Unfall habe er nicht erhoben, da er den Kläger erst ab 1999 behandelt habe. Zum Hergang des Unfalls von 1988 habe der Kläger mitgeteilt, beim Neubau einer Orgel in einer Kirche habe er beim Anheben eines sehr schweren Balkens plötzlich Schmerzen im Rücken verspürt. Die Schmerzen seien nie weggegangen, der Kläger leide dauernd unter den Beschwerden. Er habe ein chronisch-rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Osteochondrose und Spondylose L2/L5 diagnostiziert. Dr. B. schrieb den Kläger bis zum Beginn der sich ab dem 24.01.2000 anschließenden stufenweisen Wiedereingliederung (vgl. Wiedereingliederungsplan Bl. 281 VA) arbeitsunfähig krank.

Mit Befundbericht vom 16.12.1999 (Bl. 41 VA) teilte der Orthopäde und H-Arzt Dr. D. dessen Hausarzt B. die Ergebnisse der am 13.12.1999 erfolgten Untersuchung des Klägers mit. Hiernach bestünden seit langem wechselnd starke Kreuzschmerzen, welche sich nach vermehrter körP.er Belastung am Arbeitsplatz (Arbeitsplatzänderung) wieder verstärkt hätten. Es bestehe keine neurologisch radikuläre Symptomatik. Bei flacher schmerzhaft teilfixierter Lendenlordose bestehe ein Druckschmerz über den Dornfortsätzen L3-L5, ferner beidseits erhebliche lumbale Myogelosen mit entzündlicher Überlagerung. Gemäß Röntgenbefund war eine Zwischenraumverschmälerung L2/L3 und L3/L4 mit Retrolisthese in diesen Segmenten bei mäßiger spondylophytäerer Vorderkantreaktion erkennbar. Dr. D. diagnostizierte ein chronisch-rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Osteochondrose und Spondylose L2-L5.

Der Hausarzt des Klägers, B., veranlasste eine CT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule, welche von Dr. Baitsch am 08.02.2000 vorgenommen wurde (Befundbericht vom 08.02.2000, Bl. 288 VA). Hiernach bestanden Bandscheibenprotrusionen in allen Etagen ohne Sequesternachweis und ohne spinale Enge bei Osteochondrose L3/4 (diskreter L2/L3) und mäßiger Spondylose.

Am 22.03.2000 suchte der Kläger nochmals Dr. D. auf, diesmal wegen linksseitiger Nacken-Schulter-Oberarmschmerzen (Befundbericht v. 28.03.2000, Bl. 290 VA). Dr. D. diagnostizierte eine pseudoradikuläre Dorsalgie und eine C6-Kettentendomyopathie.

Auf Anfrage der Beklagten teilte Dr. D. mit Schreiben vom 08.05.2006 (Bl. 277) mit, der Kläger sei im Dezember 1999 wegen Kreuzschmerzen, zurückzuführen auf degenerative Veränderungen im Bereich der LWS, in seiner Behandlung gewesen. Im März sei der Kläger wegen Beschwerden im Bereich der Brustwirbelsäule und des linken Ellenbogens bei ihm gewesen. Über einen stattgehabten Arbeitsunfall im Zusammenhang mit den genannten Beschwerden habe der Kläger keine Angaben gemacht.

Der Hausarzt B. veranlasste noch eine neurologische Untersuchung bei Dr. H ... Mit Bericht vom 02.04.2000 (Bl. 39, nochmals auf Bl. 289 VA) teilte dieser mit, die seit Dezember immer wieder seitwechselnden ausstrahlenden Lumbalgien seien auf eine Wurzelkompression in L5/S1 zurückzuführen. Auch links seien wohl leichte Protrusionen bei der jüngst durchgeführten Computertomographie dargestellt worden. Er fand allerdings keine radikulären Ausfälle und sah keine OP-Indikation. Hinsichtlich der Beschwerden und sensiblen Störungen im linken Arm handele es sich um ein leichtes Ulnarisrinnensyndrom.

Vom 23.01.2001 bis zum 27.02.2001 befand sich der Kläger zur Durchführung einer stationären Heilbehandlungsmaßnahme auf Kosten der Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden-Württemberg in der Rehabilitationsklinik S., D., unter der Diagnose "Rezidivierende Lumbalgien bei degenerativem LWS-Syndrom (Bandscheibenprotrusionen in allen LWS-Etagen), Akute Belastungssituation bei Konflikt am Arbeitsplatz, Nikotinabusus, Schwerhörigkeit, Sulcus-Ulnaris-Syndrom links (derzeit inapparent). Im Entlassungsbericht vom 15.03.2001 (Bl. 47 ff. VA) wurde in der Eigenanamnese geschildert, der Kläger habe 1988 ein Verhebe-Trauma bei der Orgelmontage erlitten, welches BG-lich nicht als Arbeitsunfall anerkannt sei. Seit 1995 hätten LWS-Beschwerden mit akuter Verschlechterung 12/99 bestanden. Nach vorübergehender Besserung sei es 2/2000 zu einem erneuten Beschwerdeschub mit computertomographischer Sicherung von Bandscheibenprotrusionen in allen LWS-Etagen gekommen. Im März 2000 habe eine neurologische Untersuchung das Bestehen eines Wurzelreizsyndroms S 1 rechts ergeben, ferner sei ein beginnendes Ulnarisrinnensyndrom diagnostiziert worden. Weiter hieß es dort: "Bisher keine Berufskrankheiten, keine Arbeitsunfälle, keine längeren Krankenhausaufenthalte." In der Arbeits- und Berufsanamnese führten die behandelnden Ärzte aus, seit 1996, nachdem die Firma von einem neuen Leiter übernommen worden sei, sei der Kläger wieder stärker beim handwerklichen Orgelbau eingesetzt worden, wobei sich stärkere Hebebelastungen und häufige Zwangshaltungen nicht hätten umgehen lassen. Dies habe aus Sicht des Klägers zu einer stärkeren Zunahme der LWS-Symptomatik geführt. Als Folge eines chronischen Konflikts mit dem Arbeitgeber sei zum 15.08.2001 eine Kündigung aus betrieblichen Gründen erfolgt. Das Lumbalsyndrom des Klägers wurde als "derzeit wenig beschwerdeintensiv" beschrieben; die gesundheitliche Situation sei in erheblicher Weise überlagert durch eine akute Belastungsreaktion nach unvermuteter Kündigung. Der Kläger sei, so die Zusammenfassung in der Epikrise, bei langjährig bestehendem LWS-Syndrom unter zunehmendem beruflichem Druck körP. und seelisch dekompensiert. Nach einer Kündigung zum 15.08.2001, gegen die der Kläger anwaltlich vertreten rechtlich vorgehe, sei es zu einer starken Exazerbation langjährig bestehender Lumbalgien gekommen.

Mit Schreiben vom 14.12.2001 (Bl. 1 VA) meldete sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers bei der Beklagten und teilte mit, der Kläger leide unter Rückenschmerzen. Er habe mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten, den letzten vermutlich im Dezember 1999. Es werde um Einleitung eines "unfallrechtlichen Verfahrens" wegen "Berufsunfall/Berufskrankheit" gebeten.

Der Kläger selbst führte in einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 09.02.2002 (Bl. 7 ff. VA) aus, Anfang Dezember 1999 sei er zur Orgelmontage der Kirche in B.-W. eingesetzt worden. Diese Montage habe er nach einer Arbeitswoche wegen erheblicher Rückenprobleme abbrechen müssen. Nach sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit und fachärztlicher Behandlung sei eine vierwöchige berufliche Wiedereingliederungsmaßnahme erfolgt. In der beigefügten Erklärung auf Formblatt der Beklagten vom 27.01.2002 (Bl. 15 ff. VA) gab der Kläger an, er habe in der KW 49 (Dezember 1999) einen Arbeitsunfall bei der Orgelmontage in B.-W. erlitten und sich dabei eine Verletzung der LWS zugezogen. Er verwies insoweit auf sein Begleitschreiben.

Neben den bereits in Bezug genommenen Arztberichten zog die Beklagte ein Vorerkrankungsregister der AOK O. bei (Bl. 22 VA). Im Zeitraum seit Juni 1986 bestanden wegen LWS-Problemen folgende Arbeitsunfähigkeitszeiten: 06.07.1988-10.07.1988: Lumboischialgie (Bl. 30 VA), 18.10.-21.10.1994: Akute Lumbago, 13.12.1999-18.02.2000: Ischialgie, LWS-Skoliose, Wiedereingliederungsmaßnahme, 23.01.2001-27.02.2001: Rückenschmerzen, Lumbalgie, LWS-Syndrom, Konfliktreaktion, etc.

Die Beklagte schrieb nochmals den ehemaligen Arbeitgeber des Klägers an und führte in ihrem Anschreiben aus, der Kläger habe angegeben, dass er sich ca. 1999 beim Verladen einer Heuber-Orgel "verhoben" habe. Zu dem Unfall wurden nähere Angaben erbeten, ebenso eine Unfallanzeige. Mit Schreiben vom 18.04.2002 (Bl. 2 der [blau eingebundenen] Verwaltungsakte der Beklagten wegen eines Arbeitsunfalls im Dez. 1999 – im Folgenden "VA AU") teilte der Seniorchef P. V. mit, ihm sei bisher nicht bewusst gewesen, dass es sich um einen Unfall gehandelt haben sollte. Ihm liege eine Krankmeldung ohne Angabe eines Unfalls vor. Nach späteren Angaben des Klägers habe dieser Schaden von einer früheren Arbeit im Jahr 1988 hergerüht, wo er einen Rückenschaden erlitten habe. Auch die damalige Krankmeldung sei nicht unter einem "Unfall" registriert worden. Die Tatsache dieses "Unfalls" sei ihm erst mit den späteren Angaben des Klägers aus der Zeit nach dem Auflösen des Arbeitsverhältnisses bekannt geworden. Dieser sei vom 06.12.1999 bis zum 10.12.1999 beim Abbau und dem Verladen einer Orgel aus der Katholischen Kirche in W. beschäftigt gewesen. Hierbei seien teils schwere Teile zu transportieren gewesen. Zum Transport von der Empore bis zum LKW sei ein Lastenaufzug zur Verfügung gestanden. In dieser Zeit müsse sich der Kläger "verhoben" haben. Näheres sei ihm nicht bekannt. Als Zeugen gab er M. K. an.

In der Unfallanzeige vom 07.04.2002 als Anlage zum o.g. Schreiben trug P. V. im Feld Unfallzeitpunkt ebenso "?" ein wie bei der Frage, ob der Verletzte die Arbeit sofort eingestellt habe. Zum Unfallhergang trug er ein: "Beim Abbau und Transport einer Orgel hat sich H. ‚verhoben’."

Mit Schreiben v. 22.01.2003 (Bl. 10 VA AU) teilte die Beklagte der AOK O. auf deren zuvor erfolgte Anmeldung eines Erstattungsanspruchs mit, dass der Kläger keinen Arbeitsunfall erlitten habe, weshalb auch kein Verletztengeld für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit vom 13.12.1999 bis zum 18.02.2000 gezahlt werden könne. Eine Bescheiderteilung an den Kläger erfolgte nicht.

Sodann wurde von der Beklagten nur noch das Verfahren über die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV betrieben. Deren Anerkennung lehnte sie mit Bescheid vom 11.03.2003 (Bl. 71 VA), welcher hier nicht streitbefangen ist, ab. In der Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs, mit Schriftsatz vom 18.06.2003 (Bl. 84 ff. VA) wiederholte der Bevollmächtigte des Klägers dessen Vorbringen im Schreiben vom 09.02.2002 zur Orgelmontage in B.-W ...

Mit – hier ebenfalls nicht streitbefangenem – Widerspruchsbescheid vom 09.01.2004 (Bl.104 VA) wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.03.2003 zurück. Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht – SG – Freiburg (Az. S 10 U 391/04). Auch mit der Klagebegründung vom 31.03.2004 (Bl. 117 VA), mit welcher der Kläger im Übrigen klarstellte, dass sein bisheriges Begehren auf die Anerkennung seiner Erkrankung als BK 2108 gerichtet gewesen sei (Bl. 118 VA), wiederholte der Klägerbevollmächtigte hinsichtlich der Orgelmontage in B.-W. ausschließlich das bisherige Vorbringen.

Auf Anfrage des SG bestätigte P. V. mit Schreiben vom 13.04.2004 (Bl. 132 ff. VA) im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen.

Mit Schriftsatz vom 01.10.2004 (Bl. 161) im Klageverfahren teilte der Kläger mit, er habe bereits beim ersten Arbeitsunfall 1988 beim Heben von schweren Sachen Stiche ins Kreuz bekommen. Erneute Beschwerden hätten seit Dezember 1999 bestanden, "ebenfalls bei der Montage von schweren Teilen" (Bl. 164 VA).

Vom 02.12.2003 bis zum 23.12.2003 befand sich der Kläger erneut in stationärer Behandlung zur Durchführung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation auf Kosten der LVA Baden-Württemberg, diesmal in der B.-Klinik B. K ... Im Entlassungsbericht vom 03.01.2004 (Bl. 174 VA) wurde ausgeführt, der Kläger habe berichtet, dass er beim ersten Arbeitsunfall 1988 beim Heben von schweren Sachen Stiche ins Kreuz bekommen habe. Nach hausärztlicher Behandlung sei es zu einer Besserung der Beschwerden gekommen. Erneute Beschwerden habe er seit Dezember 1999 gehabt, ebenfalls bei der Montage von schweren Teilen. Der Kläger habe zudem zwei Wegeunfälle 1966 und 1969 angegeben.

Das SG beauftragte Prof. Dr. H., Freiburg, mit der Erstattung eines Zusammenhangsgutachtens zur BK 2108, welches vom 23.01.2005 (Bl. 199 VA) datiert. Er führte aus, außer in einer Mitteilung des Hausarztes im Frühjahr 2002, der von einem computertomographisch festgestellten Bandscheibenvorfall berichtet habe, sei ein solcher nirgends belegt (Bl. 200 VA). Der Kläger habe angegeben, im Sommer 1988 einen Arbeitsunfall erlitten zu haben, als er beim Heben eines Steuerteils einer Orgel einen Stich ins Kreuz bekommen habe. Erneut habe er im Dezember 1999 während Montagearbeiten einen Stich ins Kreuz bekommen. Prof. Dr. H. führte epikritisch-zusammenfassend aus, der Kläger habe 1988 an einer akuten Lumbago gelitten und leide seit 1995 an wiederholt aufgetretenen respektive in den letzten Jahren chronischen Lumbalgien, die offensichtlich zeitweilig auch ischialgieform in beide Beine ausstrahlten und im Jahr 2002 mit Gefühlsstörungen im rechten Bein verbunden gewesen seien. Ursächlich verantwortlich dafür seien polysegmentale Verschleißerscheinungen an den Bandscheiben und den Wirbelkörpern der mittleren und unteren Abschnitte der LWS. Es handle sich, dies zeigten Kernspinaufnahmen von 2003, um degenerative Schäden (Chondrosen) mit Vorwölbungen (Protrusionen) an den Bandscheiben L2/3 bis L4/5 und zusätzlich eine Protrusion der Bandscheibe L5/S1. Weitere Verschleißerscheinungen an der Hals- und Brustwirbelsäule (geringfügig an den mittleren BWS und deutlich an der unteren HWS) im Verein mit denjenigen an der Lendenwirbelsäule des Klägers sprächen eindeutig und wesentlich für ein degeneratives Leiden aus innerer Ursache und gegen eine berufliche Bedingung.

Mit Urteil vom 06.10.2005 (B. 236 VA) wies das SG die Klage auf Anerkennung einer BK 2108 ab.

Hiergegen legte der Kläger am 10.11.2005 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg ein (Az. L 9 U 4766/05). Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 07.04.2006 (Bl. 29-30 LSG-Akte L 9 U 4766/05) erklärte der Kläger, er habe im Dezember 1999 einen Unfall gehabt. Im Mai 1999 sei eine Orgel abgebaut worden; diese habe im Dezember 1999 wieder aufgebaut werden müssen. Hierbei seien Teile bis zu 5 Zentner zu tragen und Gewichte von insgesamt 11 Zentner zu heben gewesen, dies verteilt auf insgesamt 6 Mann. Der Beklagtenvertreter sagte im Termin zu, die Prüfung eines Arbeitsunfalls im Dezember 1999 einzuleiten, sodann beantragten die Beteiligten übereinstimmend das Ruhen des Verfahrens. Das Verfahren ruht seither.

Nach Beiziehung der bereits in Bezug genommenen Unterlagen und nochmaliger Befragung von Dr. D. (Schreiben vom 08.05.2006, Bl. 277, siehe oben) und dem Hausarzt B. (Auskunft vom 26.05.2006, Bl. 287 VA, siehe ebenfalls oben) sowie erneuter Befragung von P. V., der mit Schreiben vom 09.05.2006 im Wesentlichen auf seine bereits getätigten Angaben verwies (Bl. 284 VA) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.06.2006 die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Nach den vorliegenden Unterlagen der Gemeinschaftspraxis Dres. H. und Kollegen seien die beim Kläger seit Dezember 1999 bestehenden immer wieder seitwechselnden Lumbalgien auf eine vorbestehende, degenerative Wurzelkompression in L5/S1 zurückzuführen. Dr. D. habe mit Schreiben vom 08.05.2006 mitgeteilt, dass ihm über einen Unfall im Dezember 1999 nichts bekannt sei; er habe ein chronisches rezidivierendes degeneratives Lumbalsyndrom bei Osteochondrose und Spondylose L2 bis L5 diagnostiziert. Ein Arbeitsunfall liege nicht vor.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 11.07.2006 Widerspruch und führte zur Begründung aus (Schreiben vom 03.08.2006, Bl. 306 VA), es habe sich bei dem Geschehen aus dem Jahr 1999 um einen typischen Arbeitsunfall gehandelt. Der Kläger sei mit der Restauration der Orgel beauftragt gewesen, habe auf Weisung und betriebsbedingt gehandelt, ferner auch fremdnützig. Auf ein Anschreiben der Beklagten, in welchem behauptet wurde, der Kläger habe im Rahmen der Montage 1999 einen Balken gehoben, teilte der Kläger mit Schreiben vom 07.09.2006 (Bl. 308 VA) mit, dies treffe nicht zu. Bei der Montage seien Teile von bis zu 5 Zentner zu tragen und Gewichte von bis zu 11 Zentner – verteilt auf 6 Mann – zu heben gewesen. Das bedeute eine starke Gewichtsverlagerung auf den einzelnen Träger. Die Tätigkeit habe zu einer Unfallverletzung geführt. Es sei eine extreme Spitzenbelastung auf Grund des hohen Gewichts vorhanden gewesen. Wie bereits 1999 festgestellt, habe der Kläger Segmentschäden L2-L5. Diese hätten sich seit dem Unfall nicht verändert.

Im Auftrag der Beklagten erstattete hierauf der Leitende Arzt des Traumatologischen Zentrums des O.-Klinikums O., Prof. Dr. R., am 02.01.2008 ein Zusammenhangsgutachten (Bl. 329). Zum Unfallhergang gab der Kläger ihm gegenüber an, vom 06.12.-10.12.1999 sei er beim Aufbau einer Orgel in W. tätig gewesen. Am 07.12.1999, als er mit mehreren Kollegen einen mehrere Zentner schweren Rahmen angehoben habe, habe er heftige lumbale Schmerzen verspürt. Daraufhin habe von seinem Chef mehr Personal zur Verfügung gestellt werden müssen, damit der Aufbau der Orgel habe fortgesetzt werden können. Eine Arbeitsunfähigkeit sei zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Ob eine außergewöhnliche Kraftanstrengung während einer Arbeitsschicht im Sinne eines Unfallereignisses vorgelegen habe, sei nach Aktenlage nicht beweisbar, schließlich hätten mehrere Arbeiter den zentnerschwereren Rahmen für die Orgel hochgehoben, so dass nicht gesichert sei, wie viele Kilogramm der Kläger zum Unfallzeitpunkt gestemmt habe. Durch die Unterlagen sei lediglich beweisbar, dass der Kläger wieder habe körP. schwer arbeiten müssen. Der Unfalltag entspreche nicht dem 13.12.1999; der Kläger habe angegeben, dass die Rückenschmerzen bereits am 07.12.1999 aufgetreten seien. Nach seinen Angaben habe er mit Rückenschmerzen weitergearbeitet, wobei diese sich langsam verschlimmert hätten, so dass er am 13.12.1999 erstmals seinen Hausarzt aufgesucht habe. Begleitverletzungen seien weder am 13.12.1999 radiologisch noch am 08.02.2000 computertomographisch nachweisbar gewesen. Ganz im Gegenteil seien bereits in den Röntgenaufnahmen der LWS vom 13.12.1999 deutliche degenerative Veränderungen im nahezu gesamten Bereich der LWS nachweisbar gewesen. Auch habe Dr. D. in seinem Erstbefund vom 13.12.1999 geschrieben, dass seit langem bestehende wechselnd starke Kreuzschmerzen beim Kläger vorgelegen hätten. Die bereits bei der Röntgenaufnahme der LWS vom 13.12.1999 festgestellten degenerativen Veränderungen wie Spondylosis deformans und Osteochondrose könnten auch nicht auf das vom Kläger angeschuldigte Unfallereignis zurückgeführt werden, da die Ausbildung solcher Veränderung immer viele Monate bis Jahre benötige.

Der weitere Verlauf der vom Kläger geschilderten Rückenbeschwerden müsse sich wohl im Februar 2000 verschlimmert haben, da erst zu diesem Zeitpunkt eine Computertomographie der LWS veranlasst worden sei. Hierbei seien mehrere Bandscheibenprotrusionen in den Segmenten L3/L4, L4/L5 und L5/S1 nachgewiesen worden. Erst in der Kernspintomographieuntersuchung vom 27.10.2003 seien Bandscheibenprotrusionen in allen Bewegungssegmenten der LWS nachgewiesen worden. Der Verlauf der Bandscheibenerkrankung spreche für ein anlagebedingtes Leiden, da es bei degenerativen Bandscheibenschädigungen häufig zu wechselnden Beschwerden komme, wie beim Kläger nach Aktenlage nachzuvollziehen. Eine Neigung zu späten Rückfallsymptomen sei der echten Bandscheibenverletzung fremd; bei unfallbedingter Bandscheibenverletzung komme es augenblicklich zu einem Schaden der Bandscheibe, wobei sich die Beschwerden im weiteren Verlauf normalerweise stetig bessern würden, aber niemals komme es im weiteren Verlauf wieder zu einer Verschlimmerung. Insgesamt fehle es an Beschwerden, die zu einer sofortigen Arbeitsniederlegung geführt hätten, erst sechs Tage nach dem angeschuldigten Ereignis hätten sich die Beschwerden derartig verschlechtert, dass Arbeitsunfähigkeit eingetreten sei. Auch könne in den Unterlagen kein struktureller Schaden nachgewiesen werden, der sich eindeutig einer Kraftanstrengung vom 07.12.1999 zuordnen lasse; unfallbedingte Begleitverletzungen hätten nicht vorgelegen.

Mit Schriftsatz vom 30.01.2008 (Bl. 174 VA AU) trat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten dem Gutachten entgegen und führte aus, der Gutachter könne nicht allen Ernstes leugnen, dass es am 07.12.1999 zu einem schweren Trauma beim Kläger gekommen sei. Dieser habe sich damals in akutem Zeitdruck befunden und auf Verlangen des Arbeitgebers unter Schmerzen weitergearbeitet. Die am Wochenende durchgeführte Wärmebehandlung sei kontraproduktiv gewesen und habe zu einer Entzündung geführt.

Gestützt auf das Gutachten von Prof. Dr. R. wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2008 den Widerspruch des Klägers zurück.

Mit der hiergegen am 14.03.2008 beim Sozialgericht Freiburg erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, am 07.12.1999 habe eine Montageeinheit, bestehend aus den beiden Gurtgesimshälften und den beiden Hauptzwillingsladen, eingehoben werden müssen. Beim Heben dieser schweren Lasten mit der Schulter hätten sich plötzlich auftretende schmerzhafte Stiche sowohl im LWS-Bereich als auch im oberen Bereich der Wirbelsäule sowie im Bereich der Schulter bemerkbar gemacht. In den nächsten Tagen hätten sich die Rückenschmerzen verstärkt. Die dann zu verrichtenden Arbeiten hätten wegen beengter Höhenverhältnisse im Untergehäuse nur in dauerhaft gebückter Arbeitshaltung durchgeführt werden können. Der Kläger habe am Ende der Montagewoche die Orgelmontage mit erheblichen Rückenproblemen abbrechen müssen, da ihm ein senkrechtes Aufrichten nicht möglich gewesen sei.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines fachneurologischen Gutachtens bei Dr. K., welches am 09.11.2009 erstattet worden ist (Bl. 44 SG-Akte). Dieser hat in der Anamnese ausgeführt, der Kläger habe nach seinen Angaben am 07.12.1999 ein Verhebetrauma erlitten. Er habe ein sehr schweres Teil halten bzw. heben müssen, als ihm ein Schmez mit Ausstrahlung in beide Beine in die LWS gefahren sei. Leichte Tätigkeiten habe er an diesem Tag danach weiterhin durchgeführt, auch habe er – wenngleich mit Schmerzen – noch laufen können. Am Abend des 07.12.1999 sei er zum Hausarzt gegangen, welcher ihn zum Orthopäden Dr. D. überwiesen habe. Dieser habe ihm Spritzen und Physiotherapie verschrieben. Ein Bandscheibenvorfall bei L5/S1 sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht durch das Verhebetrauma verursacht, da nach Aktenlage und damit übereinstimmend vom Kläger nach mehrfacher Nachfrage angegeben, eine Schmerzlokalisation in das rechte Bein erst Wochen bis Monate nach dem Verhebetrauma aufgetreten sei. Die Unfallfolge vom 07.12.1999 sei als akutes Lumbalsyndrom zu bezeichnen, weshalb bis Ende Januar 2000 Behandlungsbedürftigkeit bestanden habe.

Der Kläger hat hierauf durch seinen Bevollmächtigten mitteilen lassen, das Gutachten sei nicht verwertbar. Er hat schriftliche Zeugenaussagen von K. S. und C. P. vorgelegt (vgl. Bl. 62 und 64 SG-Akte).

Mit Urteil vom 19.03.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, beim Kläger sei kein Gesundheitsschaden feststellbar, der ursächlich auf die angeschuldigte Tätigkeit zurückzuführen sei. Das SG hat sich insbesondere den Feststellungen und Schlussfolgerungen von Prof. Dr. R. angeschlossen und ausgeführt, der Nachweis traumatischer Bandscheibenverletzungen erfordere, dass der Kläger vor dem Ereignis beschwerdefrei gewesen sei und die Beschwerden sofort nach dem Unfall eingesetzt hätten. Beides sei nicht der Fall gewesen. Der Auffassung von Dr. K., ein akutes Lumbalsyndrom sei Unfallfolge gewesen, folge es nicht; die insoweit vorgetragenen Beschwerden seien auf vorbestehende Erkrankungen zurück zu führen.

Gegen das am 09.04.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.05.2010 Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19. März 2010 und den Bescheid vom 27. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2008 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger am 07. Dezember 1999 einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hat ausgeführt, ein am 07.12.1999 erlittener Schaden sei nicht dokumentiert. Der Kläger habe vom 06.12. bis 10.12.1999 jeden Tag gearbeitet und erst am 13.12.1999 einen Arzt aufgesucht.

Im Termin zu Erörterung des Sachverhalts vom 25.10.2011 ist der Kläger persönlich angehört worden, ebenfalls wurden C. P. und M. K. als Zeugen befragt. Beide haben angegeben, sich an Einzelheiten der Woche vom 06.12. bis 10.12.1999 nicht mehr erinnern zu können. Der Zeuge C. P. hat ebenfalls angegeben, die schriftliche Zeugenaussage sei auf Initiative des Klägers entstanden. Dieser habe die Zeugenaussage auch selbst formuliert, der Zeuge wisse nicht einmal mehr, was der Inhalt dieser Aussage sei. Auf den Inhalt der Niederschrift (Bl. 34 bis 49 Senatsakte) wird Bezug genommen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18.01.2012 hat der Senat den ehemaligen Chef des Klägers, M. V., sowie dessen ehemalige Kollegen J. L. E. und K. P. als Zeugen vernommen. Die Zeugen V. und P. haben sich an Einzelheiten der Montage in B.-W. in der Woche vom 06.12.1999 bis zum 10.12.1999 nicht mehr erinnern können. Der Zeuge E. hat ausgesagt, der Kläger sei, nachdem das Gottgesims abgerutscht sei, allein darunter gestanden und sei blockiert gewesen; er habe "Hoch, hoch" gerufen. Schließlich sei es gelungen, das Gottgesims wieder anzuheben. Auf den Inhalt der Niederschrift wird Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des SG Freiburg, die Akten des 9. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Az. L 9 R 5114/07 und L 9 U 4766/05 und L 9 U 4060/06) sowie die Senatsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht erhobene sowie statthafte (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalls sieht es der Senat als nicht nachgewiesen an, dass der Kläger am 07.12.1999 einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Nach § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls, sondern lediglich für die Gewährung einer Verletztenrente (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile des BSG vom 30.01.2007, Az. B 2 U 8/06 R, UV-Recht Aktuell 2007, 860-866, zitiert nach (juris), dort Rn. 10 m.w.N., sowie vom 27.02.2009, Az. B 2 U 18/07 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 31, zitiert nach (juris), dort Rn. 9).

Ein Arbeitsunfall ist nach alledem nur anzunehmen, wenn das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit – vorliegend mithin der Ausübung der versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers als Orgelbauer bei der Firma M. V. – zuzurechnen ist, und diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92; BSG SozR 2200 § 548 Nrn. 82 und 97; SozR 3-2200 § 548 Nrn. 19 und 26). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung, mithin auch für das von außen auf den Körper einwirkende Ereignis und den Gesundheitserstschaden, ist der volle Nachweis erforderlich; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr 1 m.w.N.; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (vgl. insgesamt zum Vorstehenden Urteil des BSG vom 14.12.1999, B 2 U 3/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 1, zitiert nach (juris), dort Rn. 15).

Vorliegend ist bereits nicht nachgewiesen, dass am 07.12.1999 ein zeitliches begrenztes Ereignis auf den Kläger eingewirkt und einen Gesundheitserstschaden verursacht hat. Wesentliches Merkmal der Definition eines Unfalls ist das der zeitlichen Begrenzung. Dieses dient der Abgrenzung des Unfalls von der Krankheit. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 14.03.1958, Az. 2 RU 48/56, SozR Nr 10 zu § 542 RVO, NJW 1958, 1206, ebenfalls veröffentlicht in (juris), dort Rn. 28; vgl. auch Urteile des BSG vom 30.05.1985, Az. 2 RU 17/84, SozR 2200 § 548 Nr 71, ebenfalls (juris), dort Rn. 14, und vom 08.12.1998, Az. B 2 U 1/98 R, HVBG-INFO 1999, 238-243; ebenfalls (juris), dort Rn. 22), dass schädigende Einwirkungen nur dann den Tatbestand eines Unfalls erfüllten, wenn sie innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes, höchstens innerhalb einer Arbeitsschicht geschehen sind. Demgegenüber gelten wiederholte körperlichen Einwirkungen im Sinne einer sich über mehrere Arbeitsschichten erstreckenden Überbelastung jedenfalls dann nicht als Unfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn sich nicht eine Einwirkung aus der Gesamtheit der Einwirkungen derart hervorhebt, dass sie nicht nur als die letzte von mehreren gleichwertigen Gewalteinwirkungen erscheint.

Nachgewiesen ist vorliegend lediglich, dass der Kläger in der Woche vom 06.12.1999 bis zum 10.12.1999 beim Einbau einer Orgel in der katholischen Kirche in B.-W. mitgearbeitet hat und am 13.12.1999 mit Rückenschmerzen den Arzt aufgesucht hat. Ob es tatsächlich, wie im Termin vom 25.10.2011 vom Kläger behauptet, am 07.12.1999 dazu gekommen ist, dass aufgrund des Einfädelns des Orgelgehäuse in zunächst nur einen Zapfen dieses nach vorn gekippt ist und der Kläger sich mit seinem Gewicht dagegen gedrückt sowie nachfolgend das Gottgesims mit der linken Schulter angehoben hat und dabei einen "Stich ins Kreuz" bekommen hat, sieht der Senat aus folgenden Gründen nicht als nachgewiesen an: Ein Vortrag des Klägers, der sich mit einem derartigen Ereignisverlauf auch nur näherungsweise in Übereinstimmung bringen lässt, ist erstmals im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. H. am 13.01.2005 dokumentiert, als der Kläger angegeben hat, im Rahmen der Montage in B.-W. wiederum – wie schon im Jahr 1988 – einen Stich im Kreuz verspürt zu haben. Eine derartige Schilderung hat der Kläger in den Monaten nach der Montage im Dezember 1999 weder gegenüber seinem Arbeitgeber abgegeben, noch gegenüber seinen Ärzten. So hat der Kläger zwar gegenüber seinem Hausarzt, B., im Rahmen der Erstuntersuchung am 13.12.1999 detailliert von einem angeblichen Arbeitsunfall berichtet, den er im Jahr 1988 erlitten haben will, als er beim Neubau einer Orgel in einer Kirche einen schweren Balken angehoben habe, demgegenüber finden sich aber keinerlei Hinweise auf den vom Kläger nunmehr behaupteten Geschehensablauf vom 07.12.1999, was im Rahmen der am 13.12.1999 geklagten Beschwerden als mutmaßlicher Anlass viel näher gelegen hätte. Der Auskunft des Hausarztes B. vom 26.05.2006, Bl. 287 VA) ist jedoch lediglich zu entnehmen, dass der Kläger nach seinen Angaben seit dem geschilderten Ereignis von 1988 unter Rückenbeschwerden gelitten hat. Auch gegenüber Dr. D. hat der Kläger kein Unfallereignis angegeben; vielmehr ist im Befundbericht vom 16.12.1999 nur die Rede von einer Verstärkung seit langem bestehender wechselnd starker Kreuzschmerzen nach vermehrter körperlicher Belastung am Arbeitsplatz (Arbeitsplatzänderung). Dr. D. ist als Orthopäde und H-Arzt der Berufsgenossenschaften speziell geschult und weiß um die rechtliche Bedeutung der Einordnung eines beschwerdeverursachenden Ereignisses als Arbeitsunfall. Auch in der Anamnese des Reha-Entlassungsberichts der Rehabilitationsklinik S. vom 15.03.2001 (Bl. 47 ff. VA) findet sich der klare Hinweis auf ein angebliches Verhebe-Trauma aus dem Jahr 1988 mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass dieses BG-lich nicht als Arbeitsunfall anerkannt worden sei. Ein Hinweis auf ein nochmaliges Verhebe-Trauma im Dezember 1999 ist dort nicht enthalten, vielmehr ist dort nur von seit 1995 bestehenden LWS-Beschwerden mit "akuter Verschlechterung 12/99" die Rede. Die vom Kläger im Termin vom 25.10.2011 für das Fehlen jeglicher Anhaltspunkte für einen erlittenen Arbeitsunfall gegebene Erklärung, er habe nicht gewusst, dass man einen Arbeitsunfall melden müsse und habe nur gewusst, dass man zum Durchgangsarzt gehen müsse, wenn man sich in den Finger geschnitten habe, ist nicht glaubhaft, denn der Kläger hat bereits am 13.12.1999 gegenüber seinem Hausarzt B. von einem angeblichen Arbeitsunfall im Jahr 1988 ausführlich berichtet. Ihm war daher zu diesem Zeitpunkt durchaus klar, dass man ein "Verheben" möglicherweise als Arbeitsunfall einordnen können würde. Dieselben Erwägungen gelten für die Anamneseschilderung des Reha-Entlassungsberichts vom 15.03.2001. Auch hier ist für 1988 wiederum ausdrücklich von einem Verhebe-Trauma, das BG-lich jedoch nicht als Arbeitsunfall anerkannt war, die Rede, jedoch nicht von einem gleichartigen oder zumindest ähnlichen Ereignis im Dezember 1999.

Auch im Schreiben vom 09.02.2002, in dessen Anlage (Formular vom 27.01.2002, Bl. 15 ff. VA) der Kläger erstmals behauptet hat, in der Kalenderwoche (KW) 49 im Dezember 1999 einen Arbeitsunfall erlitten zu haben, hat er kein Datum für den von ihm angenommenen Arbeitsunfall angegeben oder einen Hergang geschildert, welcher geeignet wäre, als plötzlich eintretendes Ereignis einen Arbeitsunfall darzustellen. Er hat lediglich dargelegt, die Montage in B.-W. nach einer Woche wegen erheblicher Rückenprobleme abgebrochen zu haben. Im gleichen Schreiben hat er die Beklagte ausdrücklich aufgefordert, Wegeunfälle vom Januar und März 1966, deren Hergang samt erlittener Verletzungen er eingehend und detailliert geschildert hat (Bl. 7, 8 VA), mit zu berücksichtigen, ebenfalls einen weiteren Wegeunfall vom Oktober 1969, in dessen Verlauf er Prellungen und Stauchungen im Bereich der Hände und Arme erlitten habe. Auch ein Aktenzeichen der Berufsgenossenschaft hat er insoweit angegeben (Bl. 16 Rückseite VA). Auch diese Angaben widerlegen die vom Kläger im Termin vom 25.10.2011 behauptete Unkenntnis in unfallversicherungsrechtlichen Angelegenheiten eindrucksvoll.

Auch ein am 07.12.1999 eingetretener Gesundheitserstschaden ist nicht nachgewiesen. Keiner der bis zur Begutachtung durch Prof. Dr. H. im Januar 2005 erstatteten Arztberichte enthält die Angabe eines am 07.12.1999 erlittenen "Stichs ins Kreuz", auch in den - zahlreichen - Angaben und Schilderungen des Klägers finden sich keine diesbezüglichen Anhaltspunkte. Dr. D. hat von seit langem bestehenden wechselnd starken Kreuzschmerzen mit Verstärkung nach vermehrter Belastung am Arbeitsplatz (Arbeitsplatzänderung) berichtet, nicht von einem "Verheben" am 07.12.1999. Auch gegenüber seinem Hausarzt Dr. B. hat der Kläger eine derartige Angabe nicht gemacht. Dokumentiert ist lediglich, dass nach der Montagewoche vom 06.12. bis 10.12.1999 Rückenschmerzen aufgetreten sind. In sämtlichen Befundunterlagen bis zur Begutachtung durch Prof. Dr. H., wo im Übrigen auch nur sehr ungenau von einem Stich ins Kreuz berichtet worden ist, findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass vor dem Ende der Montagetätigkeit am 10.12.1999 bereits Rückenschmerzen beim Kläger bestanden haben. Zudem hat der Kläger ausweislich der in Kopie vorliegenden Stundenaufzeichnungen während der gesamten Zeit vom 06.12. bis 10.12.1999 eine Vollzeittätigkeit ausgeübt. Auch dies wertet der Senat als Indiz dafür, dass frühestens am Wochenende (11./12.1999) die diesbezüglichen Beschwerden beim Kläger aufgetreten sind.

Die zum Verlauf der Ereignisse in der Woche vom 06.12. bis 10.12.1999 im Termin vom 25.10.2011 gehörten Zeugen P. und K., sowie die im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2012 gehörten Zeugen V. und P. haben die mit zunehmendem zeitlichem Abstand immer detaillierter gewordenen Angaben des Klägers zum Geschehensablauf am 07.12.1999 nicht zu bestätigen vermocht. Keiner der genannten Zeugen hat sich, was dem Senat angesichts der Länge der seither verstrichenen Zeit auch nachvollziehbar ist, noch an Einzelheiten dieses Montageeinsatzes vom 06.12.1999 bis 10.12.1999 in B.-W. zu erinnern vermocht.

Die Aussage des Zeugen E. sieht der Senat als nicht glaubhaft an, weshalb sie nicht Grundlage der Entscheidung sein konnte. Der Senat ist überzeugt davon, dass der Zeuge E. in seinen Schilderungen nicht eigene Erinnerungen wiedergegeben hat. Es ist nicht plausibel, dass der Zeuge sich nach über zwölf Jahren vorgeblich noch daran erinnern können hat, in welcher "Formation" damals das Gottgesims angehoben worden sein soll (Kläger rechts vorne, Zeuge E. in der Mitte vorne, Zeuge P. links vorne, Zeugen V., P. und K. hinten), ohne seit September 2000 Kontakt mit dem Kläger gehabt und mit ihm über das Ereignis gesprochen zu haben. Der Wiedereinbau einer Orgel ist für einen Orgelbauer eine wiederholt vorzunehmende alltägliche Verrichtung. Bei dem vom Zeugen E. beschriebenen Ereignisverlauf hat sich keiner der Beteiligten eine äußerlich erkennbare Verletzung zugezogen. Auch ist kein besonders schweres oder wertvolles Teil heruntergefallen, zerstört oder schwer beschädigt worden. Anders als etwa im Falle eines unter eine Presse geratenen Beins oder eines abgesägten Körperteils hat es sich daher bei dem vom Zeugen E. geschilderten Vorfall nicht um ein herausragendes Ereignis gehandelt. Demgemäß haben die anderen Zeugen bei ihren Angaben zur Sache zunächst allgemeine Ausführungen zu der Montage in B.-W. gemacht. Alle Zeugen bis auf den Zeugen E. haben bei der Vernehmung bei der Frage, welche Personen bei der Montage mitgearbeitet haben, Schwierigkeiten eingeräumt. Nur der Zeuge E. ist in seiner Vernehmung bei der Schilderung der Ereignisse ab dem 06.12.1999 ohne Umschweife gleich "auf den Punkt" gekommen und hat vorgeblich nicht nur gewusst, welche Arbeitskollegen außer ihm am Dienstag, den 07.12.1999, anwesend gewesen sein sollen, sondern auch wo die betreffenden Personen beim Einbau des Gottgesims gestanden haben sollen. Er hat darüber hinaus auch angegeben, dass der Kläger direkt nach dem Einbau des Gottgesims über Kreuzschmerzen geklagt haben soll und nach Ablauf der Woche vom 06.12. bis 10.12.1999 erkrankt gewesen ist. Nachdem angeblich seit September 2000 kein Kontakt des Zeugen E. mit dem Kläger mehr bestanden hat und es sich um Vorgänge handelt, die über zwölf Jahre zurückliegen, ferner es sich bei dem Fehlen des Kläger wegen Krankheit ab dem 13.12.1999 bzw. dessen Klage über Kreuzschmerzen nicht um Umstände gehandelt hat, die den Zeugen E. selbst betroffen haben, sind die Angaben nicht glaubhaft, zumal auch in sämtlichen zeitnah erstellten Arztbefunden keinerlei Anhaltspunkte für ein derartiges Ereignis enthalten gewesen sind. Die Schilderungen der Zeugen V. und P. - letzterer ist nach Angabe des Zeugen E. ebenfalls "vorne" gestanden - sieht der Senat demgegenüber als glaubhaft an. Beide Zeugen haben angegeben, sich nach zwölf Jahren zwar nicht mehr an Einzelheiten der Montage erinnern können, gleichwohl spontan auf ein punktuelles Ereignis im Zusammenhang mit der Montage rekurriert, das ihnen im Gedächtnis geblieben ist - im Falle des Zeugen V. der Hinweis des Klägers auf nicht vorab gereinigte Schleierbretter und im Falle des Zeugen P. ein abgebrochener LKW-Spiegel. Derartige spontane Schilderungen hat der Zeuge E. nicht abgegeben. Dessen Vorbringen hat auf den Senat glatt und auswendig gelernt gewirkt, während die übrigen Zeugen in ihren Schilderungen weitaus weniger "zielsicher", aber dabei authentischer, gewesen sind.

Die vom Kläger zur SG-Akte gereichten schriftlichen Zeugenaussagen sind nicht geeignet gewesen, hierauf die Überzeugung des Senats vom Geschehensablauf am 07.12.1999 maßgeblich zu stützen, denn es handelt sich dabei um vom Kläger selbst angefertigte Schriftstücke, die allein auf seine Initiative zustande gekommen sind und deren Inhalt und Formulierung von ihm wesentlich bestimmt worden sind. Dies ergibt sich bereits aus den eigenen Einlassungen des Klägers im Termin vom 25.10.2011, welche im wesentlichen vom Zeugen P. bestätigt worden sind. Dieser hat zuletzt angegeben gar nicht recht zu wissen, welche Angaben die von ihm unterzeichnete schriftliche Aussage enthält. Er hat sie nach seinen Angaben auf Bitte des Klägers ohne sie genau durchzulesen unterschrieben. Der Zeuge S. ist am hier maßgeblichen Tag, dem 07.12.1999, gar nicht am Arbeitsort, der katholischen Kirche in B.-W., anwesend gewesen. In Kenntnis dieser Umstände, insbesondere auch hinsichtlich des Zustandekommens der Schriftstücke, misst der Senat den schriftlichen Zeugenaussagen keinen höheren Beweiswert als schriftsätzlichem Parteivortrag bei.

Die Berufung des Klägers war hiernach als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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