Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 3991/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3141/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1959 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Sie hat von 1979 bis 1998 mit zahlreichen Unterbrechungen Aushilfstätigkeiten verrichtet. Seit Januar 2005 bezieht sie Arbeitslosengeld (ALG) II und war daneben in geringfügigem Umfang als Altenpflegehelferin beschäftigt.
Vom 16.2. bis 16.3.2010 befand sich die Klägerin zu einem Heilverfahren im Reha-Zentrum Bad M., Klinik T ... Die dortigen Ärzte nannten im Entlassungsbericht vom 16.3.2010 folgende Diagnosen: Verdacht auf emotional instabile Persönlichkeit vom Borderline-Typ, rezidivierende depressive Störung, bei Aufnahme mittelgradig, multipler Substanzmiss-brauch (z.B. Alkohol, Heroin seit zehn Jahren clean), HIV-Infektion und Hepatitis C-Infektion. Sie entließen die Klägerin als arbeitsunfähig und führten aus, als Altenpflegehelferin sei die Klägerin nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar und könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ebenfalls nur unter drei Stunden täglich verrichten.
Am 3.5.2010 beantragte die Klägerin unter Hinweis auf den Bericht des Reha-Zentrums die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ die Klägerin daraufhin auf nervenärztlichem Gebiet begutachten. Die Ärztin für Psychiatrie Dr. J. diagnostizierte bei der Klägerin im Gutachten vom 12.7.2010 eine Polytoxikomanie mit i. v. Heroinkonsum in der Vorgeschichte und Alkoholabhängigkeit, gegenwärtig glaubhaft abstinent, eine Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen und unreifen Anteilen, eine Panikstörung mit Erwartungsangst und geringgradig auch Vermeidungsverhalten phobischer Situationen, eine HIV-Infektion, gegenwärtig asymptomatisch, zuletzt niedrig virämisch und mit normalen Helferzellen sowie eine chronische Hepatitis C-Infektion. Sie führte aus, zum Zeitpunkt der Untersuchung habe keine klinisch relevante depressive Symptomatik festgestellt werden können. Eine signifikante Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung habe nicht beobachtet werden können. Die körperliche Untersuchung sei vollständig unauffällig gewesen. Aus somatischer Sicht bestünden gegenwärtig keine Leistungseinbußen. Eine wesentliche Einschränkung der Alltagsaktivitäten sei der Schilderung der Klägerin nicht zu entnehmen. Sie sei geistig gut flexibel, ohne kognitive Defizite, ohne Konzentrations- oder Auffassungsstörungen. Aus rein psychiatrischer Sicht ergebe sich keine ausreichende Begründung für die Annahme einer Einschränkung des Durchhaltevermögens. Die letzte berufliche Tätigkeit als angelernte Altenpflegehelferin könne die Klägerin nach wie vor ausüben. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in Tagesschicht oder Früh-/Spätschicht könne die Klägerin sechs Stunden und mehr verrichten. Tätigkeiten mit vermehrten geistig-psychischen Belastungen seien dagegen nicht leidensgerecht.
Mit Bescheid vom 15.7.2010 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin ab, weil die medizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Die Klägerin sei noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Sie sei auch nicht berufsunfähig, da sie ihren bisherigen Beruf als angelernte Altenpflegerin mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne.
Hiergegen legte die Klägerin am 20.7.2010 Widerspruch ein und machte geltend, aufgrund der von ihr eingenommenen Medikamente habe sie oft Kopfweh, Schwindel und manchmal Durchfall. Die Tabletten, die sie wegen ihrer Panik- und Angstzustände einnehme, machten sie oft müde und schlapp. Selbst die Ausübung ihres Minijobs (2 bis 3 Stunden pro Woche) falle ihr oft schwer und sie müsse oft krankheitsbedingt absagen. Sie sei nicht in der Lage als Altenpflegehelferin oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich zu arbeiten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8.9.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit der am 22.9.2010 zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhobenen Klage hat die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und ein Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet eingeholt.
Der Neurologe und Psychiater Dr. H. hat unter dem 16.11.2010 mitgeteilt, er habe die Klägerin am 22.10.2008, 21.1.2009, 14.10.2009, 6.5.2010 und 5.10.2010 behandelt. Als Befunde hat er Angst und depressive Störung gemischt, episodisch auftretende Panikstörung sowie einen Zustand nach Abhängigkeit von Heroin genannt und ausgeführt, die Beurteilung des Leistungsvermögens sei nicht Gegenstand der Untersuchungen gewesen.
Die Ärztin für Innere Medizin Dr. H. hat unter dem 15.11.2010 erklärt, die Klägerin befinde sich seit dem 18.10.2007 wegen einer HIV-Infektion im Stadium C2 sowie einer chronischen Hepatitis C in ihrer regelmäßigen ärztlichen Behandlung. Aus internistischer Sicht sei die Klägerin in der Lage, einer leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit sechs Stunden täglich nachzugehen. Allerdings reiche die psychische Belastbarkeit der Klägerin für ein solches Arbeitspensum nicht aus.
Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. B. hat in der am 26.11.2010 beim SG eingegangenen Auskunft ausgeführt, das für die Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden liege auf psychiatrischem Gebiet. Seines Erachtens sei die Klägerin eher nicht in der Lage einer körperlich leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen.
Der Neurologe und Psychiater Dr. N. hat im Gutachten vom 16.3.2011 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Angst und Depression gemischt, rezidivierende Depression, derzeit remittiert, emotional instabile Persönlichkeitsstörung, HIV-Infektion, episodischer Alkoholmissbrauch bei Zustand nach Polytoxikomanie, chronische Hepatitis C. Er ist zum Ergebnis gelangt, leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 kg ohne besondere Anforderung an die Körperhaltung und ohne Arbeiten unter Zeitdruck und Stressbelastung, wie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit, ohne Arbeiten mit höherer Verantwortung und unter nervlicher Belastung sowie ohne Zugang zu Suchtmittel könne die Klägerin im Rahmen einer Fünftagewoche noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Mit Urteil vom 16.6.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, da sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über ein arbeitstägliches Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden im Rahmen einer Fünftagewoche verfüge. Das SG stütze sich auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen von Dr. N. sowie von Dr. J. Den Feststellungen im Entlassungsbericht der durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme habe sich das SG nicht anschließen können. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Selbst wenn sie die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Altenpflegehelferin nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich ausüben könnte, wäre sie auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 4.7.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.7.2011 Berufung eingelegt, ohne diese zu begründen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Juni 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. September 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. Mai 2010 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 10.11.2011 hat der Senat die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des SG Karlsruhe vom 14.6.2011, mit dem das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat, zurückgewiesen.
Mit Verfügung vom 4.1.2012 hat der Senat auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20.1.2012 bzw. auf Antrag der Klägerin bis 20.2.2012 gegeben.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 4.1.2012 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit- §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht besteht, weil die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig und nicht berufsunfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass sich neue Gesichtspunkte im Berufungsverfahren nicht ergeben haben, zumal die Klägerin die Berufung nicht einmal begründet hat.
Nach der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere der Gutachten der Psychiaterin Dr. J. und des Neurologen und Psychiaters Dr. N., vermag der Senat – ebenso wie das SG – nicht festzustellen, dass das Leistungsvermögen der Klägerin auf unter sechs Stunden täglich für körperlich leichte, geistig einfache und nervlich nicht belastende Tätigkeiten herabgesunken ist. So haben sowohl Dr. J. als auch Dr. N. – trotz Kenntnis der Beurteilung der Ärzte des Reha-Zentrumsbad M. – bei der Klägerin keine so gravierende Funktionseinschränkungen feststellen können, die zu einer Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin in quantitativer Hinsicht führen könnten. Vielmehr haben beide dargelegt, dass die Klägerin trotz der vorliegenden Gesundheitsstörungen in der Lage ist, ihren Haushalt zu versorgen, einkaufen zu gehen, Spaziergänge zu machen, einem Minijob nachzugehen, eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen und unter Berücksichtigung des Untersuchungsbefundes nachvollziehbar gefolgert, dass das Leistungsvermögen der Klägerin quantitativ nicht auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken ist. Hierfür spricht auch, dass sich bei der Klägerin keine kognitive Defizite, keine Konzentrations- oder Auffassungsstörungen und keine Antriebsdefizite feststellen ließen.
Das SG ist auch zu Recht zum Ergebnis gelangt, dass der Klägerin keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zusteht. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin die angelernte Tätigkeit als Altenpflegehelferin mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Denn selbst wenn dies nicht mehr möglich wäre, ist sie als allenfalls einfach Angelernte (Anlernzeit drei Monate bis ein Jahr) auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Körperlich leichte Tätigkeiten kann die Klägerin, wie oben dargelegt, noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1959 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Sie hat von 1979 bis 1998 mit zahlreichen Unterbrechungen Aushilfstätigkeiten verrichtet. Seit Januar 2005 bezieht sie Arbeitslosengeld (ALG) II und war daneben in geringfügigem Umfang als Altenpflegehelferin beschäftigt.
Vom 16.2. bis 16.3.2010 befand sich die Klägerin zu einem Heilverfahren im Reha-Zentrum Bad M., Klinik T ... Die dortigen Ärzte nannten im Entlassungsbericht vom 16.3.2010 folgende Diagnosen: Verdacht auf emotional instabile Persönlichkeit vom Borderline-Typ, rezidivierende depressive Störung, bei Aufnahme mittelgradig, multipler Substanzmiss-brauch (z.B. Alkohol, Heroin seit zehn Jahren clean), HIV-Infektion und Hepatitis C-Infektion. Sie entließen die Klägerin als arbeitsunfähig und führten aus, als Altenpflegehelferin sei die Klägerin nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar und könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ebenfalls nur unter drei Stunden täglich verrichten.
Am 3.5.2010 beantragte die Klägerin unter Hinweis auf den Bericht des Reha-Zentrums die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ die Klägerin daraufhin auf nervenärztlichem Gebiet begutachten. Die Ärztin für Psychiatrie Dr. J. diagnostizierte bei der Klägerin im Gutachten vom 12.7.2010 eine Polytoxikomanie mit i. v. Heroinkonsum in der Vorgeschichte und Alkoholabhängigkeit, gegenwärtig glaubhaft abstinent, eine Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen und unreifen Anteilen, eine Panikstörung mit Erwartungsangst und geringgradig auch Vermeidungsverhalten phobischer Situationen, eine HIV-Infektion, gegenwärtig asymptomatisch, zuletzt niedrig virämisch und mit normalen Helferzellen sowie eine chronische Hepatitis C-Infektion. Sie führte aus, zum Zeitpunkt der Untersuchung habe keine klinisch relevante depressive Symptomatik festgestellt werden können. Eine signifikante Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung habe nicht beobachtet werden können. Die körperliche Untersuchung sei vollständig unauffällig gewesen. Aus somatischer Sicht bestünden gegenwärtig keine Leistungseinbußen. Eine wesentliche Einschränkung der Alltagsaktivitäten sei der Schilderung der Klägerin nicht zu entnehmen. Sie sei geistig gut flexibel, ohne kognitive Defizite, ohne Konzentrations- oder Auffassungsstörungen. Aus rein psychiatrischer Sicht ergebe sich keine ausreichende Begründung für die Annahme einer Einschränkung des Durchhaltevermögens. Die letzte berufliche Tätigkeit als angelernte Altenpflegehelferin könne die Klägerin nach wie vor ausüben. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in Tagesschicht oder Früh-/Spätschicht könne die Klägerin sechs Stunden und mehr verrichten. Tätigkeiten mit vermehrten geistig-psychischen Belastungen seien dagegen nicht leidensgerecht.
Mit Bescheid vom 15.7.2010 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin ab, weil die medizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Die Klägerin sei noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Sie sei auch nicht berufsunfähig, da sie ihren bisherigen Beruf als angelernte Altenpflegerin mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne.
Hiergegen legte die Klägerin am 20.7.2010 Widerspruch ein und machte geltend, aufgrund der von ihr eingenommenen Medikamente habe sie oft Kopfweh, Schwindel und manchmal Durchfall. Die Tabletten, die sie wegen ihrer Panik- und Angstzustände einnehme, machten sie oft müde und schlapp. Selbst die Ausübung ihres Minijobs (2 bis 3 Stunden pro Woche) falle ihr oft schwer und sie müsse oft krankheitsbedingt absagen. Sie sei nicht in der Lage als Altenpflegehelferin oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich zu arbeiten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8.9.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit der am 22.9.2010 zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhobenen Klage hat die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und ein Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet eingeholt.
Der Neurologe und Psychiater Dr. H. hat unter dem 16.11.2010 mitgeteilt, er habe die Klägerin am 22.10.2008, 21.1.2009, 14.10.2009, 6.5.2010 und 5.10.2010 behandelt. Als Befunde hat er Angst und depressive Störung gemischt, episodisch auftretende Panikstörung sowie einen Zustand nach Abhängigkeit von Heroin genannt und ausgeführt, die Beurteilung des Leistungsvermögens sei nicht Gegenstand der Untersuchungen gewesen.
Die Ärztin für Innere Medizin Dr. H. hat unter dem 15.11.2010 erklärt, die Klägerin befinde sich seit dem 18.10.2007 wegen einer HIV-Infektion im Stadium C2 sowie einer chronischen Hepatitis C in ihrer regelmäßigen ärztlichen Behandlung. Aus internistischer Sicht sei die Klägerin in der Lage, einer leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit sechs Stunden täglich nachzugehen. Allerdings reiche die psychische Belastbarkeit der Klägerin für ein solches Arbeitspensum nicht aus.
Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. B. hat in der am 26.11.2010 beim SG eingegangenen Auskunft ausgeführt, das für die Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden liege auf psychiatrischem Gebiet. Seines Erachtens sei die Klägerin eher nicht in der Lage einer körperlich leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen.
Der Neurologe und Psychiater Dr. N. hat im Gutachten vom 16.3.2011 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Angst und Depression gemischt, rezidivierende Depression, derzeit remittiert, emotional instabile Persönlichkeitsstörung, HIV-Infektion, episodischer Alkoholmissbrauch bei Zustand nach Polytoxikomanie, chronische Hepatitis C. Er ist zum Ergebnis gelangt, leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 kg ohne besondere Anforderung an die Körperhaltung und ohne Arbeiten unter Zeitdruck und Stressbelastung, wie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit, ohne Arbeiten mit höherer Verantwortung und unter nervlicher Belastung sowie ohne Zugang zu Suchtmittel könne die Klägerin im Rahmen einer Fünftagewoche noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Mit Urteil vom 16.6.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, da sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über ein arbeitstägliches Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden im Rahmen einer Fünftagewoche verfüge. Das SG stütze sich auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen von Dr. N. sowie von Dr. J. Den Feststellungen im Entlassungsbericht der durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme habe sich das SG nicht anschließen können. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Selbst wenn sie die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Altenpflegehelferin nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich ausüben könnte, wäre sie auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 4.7.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.7.2011 Berufung eingelegt, ohne diese zu begründen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Juni 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. September 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. Mai 2010 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 10.11.2011 hat der Senat die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des SG Karlsruhe vom 14.6.2011, mit dem das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat, zurückgewiesen.
Mit Verfügung vom 4.1.2012 hat der Senat auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20.1.2012 bzw. auf Antrag der Klägerin bis 20.2.2012 gegeben.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 4.1.2012 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit- §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht besteht, weil die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig und nicht berufsunfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass sich neue Gesichtspunkte im Berufungsverfahren nicht ergeben haben, zumal die Klägerin die Berufung nicht einmal begründet hat.
Nach der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere der Gutachten der Psychiaterin Dr. J. und des Neurologen und Psychiaters Dr. N., vermag der Senat – ebenso wie das SG – nicht festzustellen, dass das Leistungsvermögen der Klägerin auf unter sechs Stunden täglich für körperlich leichte, geistig einfache und nervlich nicht belastende Tätigkeiten herabgesunken ist. So haben sowohl Dr. J. als auch Dr. N. – trotz Kenntnis der Beurteilung der Ärzte des Reha-Zentrumsbad M. – bei der Klägerin keine so gravierende Funktionseinschränkungen feststellen können, die zu einer Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin in quantitativer Hinsicht führen könnten. Vielmehr haben beide dargelegt, dass die Klägerin trotz der vorliegenden Gesundheitsstörungen in der Lage ist, ihren Haushalt zu versorgen, einkaufen zu gehen, Spaziergänge zu machen, einem Minijob nachzugehen, eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen und unter Berücksichtigung des Untersuchungsbefundes nachvollziehbar gefolgert, dass das Leistungsvermögen der Klägerin quantitativ nicht auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken ist. Hierfür spricht auch, dass sich bei der Klägerin keine kognitive Defizite, keine Konzentrations- oder Auffassungsstörungen und keine Antriebsdefizite feststellen ließen.
Das SG ist auch zu Recht zum Ergebnis gelangt, dass der Klägerin keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zusteht. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin die angelernte Tätigkeit als Altenpflegehelferin mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Denn selbst wenn dies nicht mehr möglich wäre, ist sie als allenfalls einfach Angelernte (Anlernzeit drei Monate bis ein Jahr) auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Körperlich leichte Tätigkeiten kann die Klägerin, wie oben dargelegt, noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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