Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AY 2940/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AY 3603/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 2. August 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Rahmen eines Zugunstenverfahrens die rückwirkende Bewilligung sog. Analogleistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2008.
Der am 1972 geborene Kläger, syrischer Staatsangehöriger, war am 15. Mai 2000 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, wo er sich infolge seines Asylantrags aufgrund einer Aufenthaltsgestattung nach dem Asylverfahrensgesetz vom 18. Mai 2000 aufhielt. Mit Bescheid vom 13. Juli 2000 gewährte ihm die Beklagte ab dem 11. Juli 2000 Grundleistungen nach §§ 1, 3 AsylbLG, die wegen der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ab dem 17. August 2001 eingestellt wurden. Nach rechtskräftiger Ablehnung seines Asylantrags am 29. August 2003 erhielt der Kläger eine Aussetzung der Abschiebung (Duldung) ab dem 12. November 2003, die in der Folge bis heute durchgehend verlängert wurde. Vom 30. Juni 2004 bis 25. Juni 2005 bezog der Kläger Arbeitslosengeld. In der Folge übernahm die Beklagte ab Juli 2005 seinen Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung und gewährte ihm ohne zugrunde liegenden Dauerverwaltungsakt ab dem 1. August 2005 Grundleistungen nach §§ 1, 3 AsylbLG. Schriftliche, mit Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheide über die jeweilige Leistungshöhe sind nach dem Inhalt der Verwaltungsakte nur "für" Dezember 2005 (Bescheid vom 7. Dezember 2005) und August 2006 (Bescheid vom 10. August 2006) ergangen.
Seit dem 1. Januar 2003 ist beim Kläger ein Grad der Behinderung von 70 festgestellt. Der mittlerweile verheiratete Kläger, Vater eines am 19. April 2011 geborenen Kindes, steht seit dem 1. Februar 2011 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, aus dem er ein monatliches Nettoentgelt zwischen ca. 1.070.- und EUR 1.250.- erzielt. Seine Ehefrau erhält derzeit Elterngeld i.H.v. EUR 586.- monatlich; des Weiteren wird Kindergeld i.H.v. EUR 184.- gewährt. Die Kosten der Unterkunft und Heizung belaufen sich seit 1. Januar 2011 auf EUR 385.- monatlich. Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) werden nicht gewährt.
Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2010 - Eingang bei der Beklagten am 14. Januar 2010 - beantragte der Kläger durch seine Bevollmächtigte die rückwirkende Überprüfung und gegebenenfalls Aufhebung bereits bestandskräftiger Entscheidungen über die laufenden Leistungen nach dem AsylbLG für die vergangenen vier Jahre gem. § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X); ihm stünden Analogleistungen nach § 2 AsylbLG unter Anrechnung bereits erbrachter Grundleistungen nach § 3 AsylbLG zu. Etwaige Nachzahlungen seien mit 5% über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Nachdem die Ausländerbehörde der Beklagten mitgeteilt hatte, dass der Kläger die Mitwirkung bei der Passbeschaffung verweigert habe, lehnte die Beklagte mit an den Kläger gerichtetem Bescheid vom 21. Mai 2010 "den Antrag vom 11. März 2010" auf Gewährung von Analogleistungen nach § 2 AsylbLG ab, weil der Kläger seine Aufenthaltsdauer rechtsmissbräuchlich beeinflusst habe. Da dieser Bescheid dem Kläger nicht nachweislich zugegangen ist, wurde er dessen Bevollmächtigten am 15. Juli 2010 erneut übersandt.
Zur Begründung des dagegen am 26. Juli 2010 eingelegten Widerspruches trug die Bevollmächtigte des Klägers irrtümlich vor, der Kläger stamme aus dem Kosovo, so dass es wegen der fehlenden Abschiebemöglichkeit bereits an einer rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Aufenthaltsdauer fehle; im Übrigen dürften ihm die finanziellen Mittel für die Passbeschaffung fehlen. Später stellte sie die Herkunft des Klägers richtig,
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger Grundleistungen "ab dem 1. Dezember 2010 bis auf weiteres" i.H.v. monatlich EUR 596,38, die sie mit Bescheid vom 12. Januar 2011 wegen des geänderten Arbeitsverdienstes aus einer Nebentätigkeit für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 auf EUR 573,13 herabsetzte. Zum Februar 2011 weitete der Kläger seine Tätigkeit erheblich aus und erzielte ein Nettoarbeitsentgelt i.H.v. EUR 1.073,29 sowie im März i.H.v. EUR 1.258,46, das jeweils im Folgemonat zur Auszahlung kam. Daraufhin hob die Beklagte die Leistungsbewilligung gem. § 48 SGB X zum 1. März 2011 ganz auf (Bescheid vom 11. März 2011).
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2011 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 21. Mai 2010 als unbegründet zurück. Weitere Ermittlungen zur rechtsmissbräuchlichen Verlängerung der Aufenthaltsdauer seien nicht mehr notwendig, da der Kläger seit dem 1. März 2011 wegen der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung keine Leistungen nach dem AsylbLG mehr erhalte. Mangels fortbestehender Bedürftigkeit fehle es an einem gem. § 44 Abs. 4 SGB X erforderlichen aktuellen sozialhilferechtlichen Bedarf.
Am 7. Juni 2011 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte könne sich auf den sog. Aktualitätsgrundsatz im Sozialhilferecht, also den Wegfall des Hilfebedürftigkeit, nicht berufen. Die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) habe keine Leistungen zur laufenden Bedarfsdeckung betroffen. Außerdem sei auch dort ausgeführt worden, dass ausnahmsweise auch bei zwischenzeitlichem Bedarfswegfall zu Unrecht vorenthaltene Sozialleistungen nicht nachträglich verweigert werden dürften, wenn dies schlechthin unbillig wäre. Dies sei der Fall, wenn die Behörde Leistungen wider besseren Wissens verweigere. Durch die Berufung auf den Aktualitätsgrundsatz dürfe die rechtswidrig handelnde Behörde nicht gegenüber der rechtmäßig handelnden privilegiert werden. Es stelle eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von aktuellen und ehemaligen Sozialleistungsempfängern dar. Die pauschalierten Leistungen dienten dem zukünftigen und rückwirkenden Bedarf, an der Integration in diesem Staat teilzunehmen. Die Beseitigung von Armut könne nicht in kurzer Zeit erreicht werden, zumal die Betroffenen wie der Kläger jahrelang am Rande des Existenzminimums gelebt hätten.
Mit Gerichtsbescheid vom 2. August 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass der Kläger die Verpflichtung der Beklagten begehre, unter Abänderung entgegenstehender Bescheide Leistungen nach § 2 AsylbLG i.H.d. des Differenzbetrages zu den gewährten Leistungen nach § 3 AsylbLG für die vergangenen vier Jahre - gerechnet ab dem 12. Januar 2010 - zu gewähren und den Nachzahlungsbetrag zu verzinsen. Der geltend gemachte Anspruch scheitere bereits daran, dass beim Kläger kein ununterbrochener sozialhilferechtlicher Bedarf bestehe. Dieser verfüge seit 1. März 2011 über ausreichendes Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen diesen seiner Bevollmächtigten am 12. August 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger Berufung eingelegt, die am 17. August 2011 beim SG eingegangen ist. Über sein erstinstanzliches Vorbringen hinaus hat er im Wesentlichen ausgeführt, der Nachholung von Geldleistungen könne nicht entgegengehalten werden, es bestehe normativ kein Bedarf mehr aus der Vergangenheit. Der Ausschluss der Rechte aus § 44 SGB X unter Hinweis auf nicht genutzte Rechtsschutzmöglichkeiten sei nicht möglich, da in diesem ein entsprechender Ausschlusstatbestand nicht angelegt sei. Rechtsschutzmöglichkeiten seien für den Betroffenen in der Regel nicht erkennbar gewesen; die Beklagte habe ihrer Beratungspflicht nicht genügt. Diese räume selbst ein, im streitbefangenen Zeitraum zu geringe Leistungen gewährt zu haben. In die Abwägung der materiellen Gerechtigkeit müsse einfließen, dass es sich um die Kürzung von ohnehin schon die Grenze des Lebensnotwendigen unterschreitenden Leistungen gem. § 3 AsylbLG handle. Auch bei zwischenzeitlichem Wegfall der Hilfebedürftigkeit könnten die begehrten Leistungen ihren Zweck noch erfüllen, da an die Stelle des ursprünglichen Bedarfs eine vergleichbare Belastung als Surrogat getreten sei. Denn wegen des in Zeiten des Bezuges von Grundleistungen entstandenen Rückstandes könne nicht sofort ein angemessener wirtschaftlicher und sozialer Standard erreicht werden. Soweit das BSG insoweit auf ein Surrogat im Sinne von Kredit, Rückgriff auf Schonvermögen o.ä. abstelle, könne dies für Bezieher von Grundleistungen nach dem AsylbLG nicht ernsthaft angedacht sein. Diese dürften noch nicht einmal ein Konto eröffnen, Schonvermögen sei nicht vorhanden; Kredit erhielten sie nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 29/41 und 58/59 der Senatsakten Bezug genommen. Im Rahmen eines Teilvergleichs hat der Kläger die Berufung auf den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2008 beschränkt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 2. August 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2011 zu verurteilen, ihm unter teilweiser Rücknahme entgegenstehender früherer Verwaltungsakte für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2008 Analogleistungen nach § 2 AsylbLG in entsprechender Anwendung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch unter Anrechnung gewährter Grundleistungen nach § 3 AsylbLG zu gewähren und die Nachzahlungsbeträge mit 4 vom Hundert ab dem der ursprünglichen Fälligkeit folgenden Monat zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gem. §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. Die nach § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur das Begehren des Klägers auf teilweise Rücknahme von Bewilligungsbescheiden, die bei Eingang des Schriftsatzes vom 12. Januar 2010 bereits bestandskräftig waren, und die Nachzahlung des Differenzbetrages zwischen den höheren Analog- gegenüber den bezogenen Grundleistungen einschließlich Verzinsung für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2008. Nicht Gegenstand sind hingegen die bei Eingang des genannten Schriftsatzes noch nicht bestandskräftigen, konkludenten Verwaltungsakte, die in der Auszahlung bzw. Gewährung der Leistung liegen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 – B 8/9b AY 1/07 R - (juris)). Da diese konkludenten Bescheide nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen sind, gilt für sie nicht die einmonatige Widerspruchsfrist des § 84 SGG, sondern die Jahresfrist des § 66 Abs. 1 SGG. Im streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2011 hat die Beklagte lediglich über den Anspruch aus § 44 SGB X bzgl. bereits bestandskräftiger Verwaltungsakte entschieden, nicht hingegen über Widersprüche gegen die einzelnen noch anfechtbaren Bewilligungen für die Zeiträume ab dem 1. Januar 2009. Im Teilvergleich hat der Kläger die Beschränkung auf den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2008 klargestellt.
Die Beklagte ist richtiger Klagegegner (Stadtkreis; § 1 Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) i.V.m. § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 3, Abs. 4 FlüAG sowie § 13 Abs. 1 Nr. 2, ab 14. Oktober 2008 § 15 Abs. 1 Nr. 2 Landesverwaltungsgesetz Baden-Württemberg; vgl. BSG, a.a.O.).
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (Abs. 4).
Nach § 2 Abs. 1 AsylbLG in der vom 1. Januar 2005 bis 27. August 2007 geltenden Fassung vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950) ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Mit Wirkung vom 28. August 2007 ist die Dauer des notwendigen Vorbezugs auf 48 Monate erhöht worden (Gesetz vom 19. August 2007, BGBl. I S. 1970). Diese Neuregelung gilt vom Zeitpunkt des Inkrafttretens auch für Leistungsempfänger, die bereits Analogleistungen beziehen. Eine unzulässige unechte Rückwirkung liegt nicht vor (BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 – B 8/9b AY 1/07 R - (juris)). Unter Berücksichtigung des Vorbezuges von Grundleistungen vom 11. Juli 2000 bis 16. August 2001 und der weiteren Gewährung ab dem 1. August 2005 erfüllte der Kläger die Vorbezugszeit von 36 Monaten erstmals am 25. Juni 2007. Für die Zeit davor besteht mithin kein Anspruch auf Analogleistungen. Gleiches gilt für die Zeit vom 28. August 2007 bis 24. Juni 2008, da der Kläger hier die nunmehr nötigen 48 Monate des Vorbezugs nicht erfüllt hatte. Der geltend gemachte Anspruch auf teilweise Rücknahme der bestandskräftigen Bescheide scheitert insoweit bereits an der fehlenden Rechtswidrigkeit der Bewilligungen.
Für die übrigen Zeiträume ist das SG zu Recht davon ausgegangen, dass der Wegfall der Hilfebedürftigkeit einem Anspruch auf rückwirkende Zuerkennung von Analogleistungen für davor liegende Zeiträume auch im Rahmen des § 44 SGB X entgegensteht. Der Senat schließt sich den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid an und nimmt auf diese Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Rechtsprechung des BSG zur Anwendung des § 44 SGB X im Sozialhilfe- und Grundsicherungsrecht nach dem SGB XII ist auch im Bereich der Leistungen nach dem AsylbLG zu beachten, da auch insoweit das Gegenwärtigkeitsprinzip gilt (vgl. a. zum Folgenden BSG, Urteil vom 9. Juni 2011 - B 8 AY 1/10 R - (juris)). Daher muss insbesondere berücksichtigt werden, dass die Leistungen nach dem AsylbLG nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage dienen. Für einen zurückliegenden Zeitraum sind sie daher nur dann zu erbringen, wenn sie ihren Zweck noch erfüllen können. Sind Leistungen rechtswidrig abgelehnt worden und hat der Hilfebedürftige den (nicht entfallenen) Bedarf in der Folgezeit im Wege der Selbsthilfe (etwa unter Rückgriff auf Schonvermögen oder durch Aufnahme von Schulden) oder Hilfe Dritter gedeckt, die die fehlende Unterstützung durch den Hilfeträger substituiert hat, kann, soweit Hilfebedürftigkeit noch aktuell besteht, die Leistung ihren Zweck noch erfüllen, weil an die Stelle des ursprünglichen Bedarfs eine vergleichbare Belastung als Surrogat getreten ist. Die nachträgliche Erbringung von Leistungen setzt allerdings voraus, dass beim Kläger Bedürftigkeit i.S.d. AsylbLG oder des SGB XII bzw. des SGB II ununterbrochen fortbesteht; ist die Bedürftigkeit nur temporär oder auf Dauer entfallen, scheidet eine Nachzahlung in der Regel aus. Wie im Sozialhilferecht allgemein ist im Hinblick auf § 44 Abs. 4 SGB X also nicht nur darauf abzustellen, ob die Ablehnung einer Leistung zum Zeitpunkt der Entscheidung nach früherer Sach- und Rechtslage rechtswidrig war, sondern auch darauf, ob zwischenzeitlich der ursprüngliche Bedarf, der zu Unrecht nicht durch Hilfeleistungen gedeckt wurde, oder die Bedürftigkeit entfallen sind. Maßgebender Zeitpunkt für die zu treffende Entscheidung ist dabei die letzte Tatsacheninstanz.
§ 44 SGB X dient der Durchsetzung materieller Gerechtigkeit gegenüber der Bindungswirkung rechtswidriger Verwaltungsakte. Das Gebot der materiellen Gerechtigkeit verlangt aber unter den genannten sozialhilferechtlichen Aspekten gerade nicht, dem (früher einmal) Hilfebedürftigen eine Leistung zu gewähren, der er nicht mehr bedarf. Eine nachträglich zu erbringende Leistung darf nicht den Charakter einer Entschädigung erhalten. Das BSG hat hierzu in der auch vom Kläger zitierten Entscheidung vom 29. September 2009 (SozR 4-1300 § 44 Nr. 20) zwei Fallgruppen unterschieden, nämlich (1.) den Wegfall des Bedarfes und (2.) die Bedarfsdeckung. Die erste Fallgruppe betrifft Leistungsablehnungen für Bedarfe, die entgegen prognostischer Sicht überhaupt nicht angefallen sind. Hier sind keine Sozialhilfeleistungen für die Vergangenheit zu erbringen, weil sie ihren Zweck nicht mehr erreichen können und nur eine Entschädigung darstellen würden. Hierzu gehören jedenfalls nie pauschalierte Leistungen, die nicht nur einen gegenwärtigen, sondern auch einen zukünftigen oder vergangenen Bedarf einbeziehen, z.B. der Regelsatz nach SGB XII. Daher hat das BSG ausgeführt, dass es bei solchermaßen pauschalierten Leistungen keines Nachweises der Bedarfsdeckung (in Abgrenzung zum Bedarfswegfall) bedarf. Nur hierauf bezieht sich die "Privilegierung" der pauschalierten Leistungen. Dies gilt entsprechend für pauschalierte Leistungen nach dem AsylbLG und die Analogleistungen. Der ersten Fallgruppe unterfallen daher Leistungen für Bedarfslagen, die konkret nicht entstanden sind, sei es auch, weil die Leistungsablehnung die Deckung des Bedarfs verhindert hat, z.B. die Nichtteilnahme an einer Klassenfahrt mangels finanzieller Mittel oder der Verzicht auf die kostenaufwändige Ernährung. Einen solchen Fall macht der Kläger nicht geltend. Ohnehin scheiterte auch insoweit ein Nachgewährungsanspruch aus den nachfolgenden Erwägungen.
Die Nachgewährung von Leistungen wie den Regelleistungen, die einen typisierten Bedarf abdecken, unterfällt daher der zweiten Fallgruppe, wobei auf den Nachweis der Bedarfsdeckung verzichtet wird. Dabei hat das BSG gerade berücksichtigt, dass diese pauschalierten Leistungen der Befriedigung nicht nur eines aktuellen, sondern auch eines zukünftigen und vergangenen Bedarfs dienen (Ansparanteile). Entgegen der Auffassung des Klägers führt der Gesichtspunkt der Ansparanteile auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht zur zwingenden Anwendbarkeit des § 44 SGB X, sondern nur zum Verzicht auf den Nachweis der - konkreten - Bedarfsdeckung. In dieser Fallgruppe ist zu unterscheiden, ob die Bedürftigkeit (nicht der Bedarf) aktuell noch besteht oder zwischenzeitlich entfallen ist. Besteht die Bedürftigkeit i.S.d. SGB XII ununterbrochen fort, sind Sozialhilfeleistungen nachträglich zu erbringen, weil der Sozialhilfeträger bei rechtswidriger Leistungsablehnung nicht dadurch entlastet werden darf, dass der Bedarf anderweitig gedeckt wurde. Die Sozialhilfe kann ihren Zweck noch erfüllen, weil an die Stelle des ursprünglichen Bedarfs eine vergleichbare Belastung als Surrogat getreten ist. Mit Unterbrechung der Bedürftigkeit besteht jedoch kein sozialhilferechtlicher Bedarf mehr, wobei es gleichgültig ist, ob die Bedürftigkeit auf Dauer oder nur temporär entfällt. Die Entscheidung des SG entspricht somit der Rechtsprechung des BSG, der auch der Senat folgt (vgl. Senatsurteil vom 21. Juli 2011 - L 7 AY 879/11 -). Anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger angeführten Entscheidungen des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 17. Mai 2010 (- L 20 AY 10/10 - (juris); nachgehend BSG, Urteil vom 9. Juni 2011, a.a.O.) und des LSG Niedersachsen-Bremen vom 7. April 2011 - L 8 AY 4/08 - (juris)). Der erstgenannten lag gerade ein Fall durchgehender Hilfebedürftigkeit bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zugrunde; die Entscheidung hatte sich daher nur im Zusammenhang mit der Frage des Umfanges der nachzugewährenden Leistungen mit der Bedeutung der Ansparleistungen auseinanderzusetzen. Die letztgenannte Entscheidung betraf die Aufhebung bzw. Rücknahme eines Dauerverwaltungsaktes über die Bewilligung von Analogleistungen, bei der der Grundsatz der Gegenwärtigkeit bei späterem Wegfall der Hilfebedürftigkeit bereits inhaltlich keine Rolle spielen kann.
Die gegen diese Rechtsprechung erhobenen Einwände des Klägers greifen nach Ansicht des Senats nicht durch. Rechtswidriges Handeln der Behörde - gemeint ist die zu Unrecht erfolgte Nichtgewährung von Analogleistungen durch bestandskräftige Bescheide - bleibt hierdurch nicht grundsätzlich sanktionslos. Der Kläger hat es lediglich versäumt, diese Bescheide rechtzeitig anzufechten. Das Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X schafft nur im gesetzlich vorgesehenen Maße einen Ausgleich, wenn der Betroffene bestehende Rechtsschutzmöglichkeiten nicht rechtzeitig wahrnimmt. Das Fortbestehen einer Bedarfslage i.S.e. vergleichbaren Belastung ist z.B. auch bei Privatdarlehen an Leistungsempfänger möglich. Zum Erfolg verhilft auch nicht der pauschale Hinweis, nach der Rechtsprechung des BSG scheide eine Nachzahlung bei Wegfall der Hilfebedürftigkeit nur "in der Regel" aus. Denn Besonderheiten des Einzelfalles, die eine andere Betrachtung rechtfertigen könnten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Insbesondere hat die Beklagte entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht wider besseren Wissens die Analogleistungen nicht gewährt. Selbst im Zugunstenverfahren hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid die Frage der rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Aufenthaltsdauer lediglich offengelassen. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen aktuellen und früheren Leistungsbeziehern liegt schon deshalb nicht vor, weil die weitere Gegenwärtigkeit der Hilfebedürftigkeit - wie dargestellt - dem gesetzlichen Zweck des AsylbLG innewohnt und daher einen sachlichen Grund für die Differenzierung darstellt. Eine verfassungswidrige Verkürzung der Rechtsschutzmöglichkeit liegt nicht vor. Eine Verletzung der Beratungspflicht durch die Beklagte ist schon mangels konkreten Beratungsanlasses oder -begehrens nicht gegeben. Mit dem SG ist auch der Senat der Ansicht, dass eine möglicherweise bestehende Verfassungswidrigkeit der Leistungen nach dem AsylbLG nichts an der durch die zwischenzeitlich entfallene Bedürftigkeit fehlenden Gegenwärtigkeit der Notlage ändert.
Da das Einkommen des Klägers sowohl nach der Konzeption des AsylbLG als auch des SGB XII zunächst ausschließlich auf seinen Individualanspruch anzurechnen und nicht auf alle Mitglieder der Familie zu verteilen ist, deckt es ab dem 1. März 2011 dessen sozialhilferechtlichen Bedarf vollständig ab. Als nach § 1 AsylbLG grundsätzlich Leistungsberechtigter ist der Kläger gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II ausgeschlossen. Für die Feststellung der Hilfebedürftigkeit kommt es daher allein auf die Regelungen des AsylbLG i.V.m. der entsprechenden Anwendung des SGB XII an. Eine Hilfebedürftigkeit ist daher nicht mehr gegeben.
Sind - wie vorliegend - Leistungen rückwirkend (überhaupt) nicht mehr zu erbringen, kann trotz Rechtswidrigkeit der bestandskräftigen Bescheide ein Anspruch auf deren Rücknahme nach § 44 Abs. 1 SGB X nicht anerkannt werden (BSG SozR 4-1300 § 44 Nr. 20). Auch der geltend gemachte Zinsanspruch kommt dann nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Rahmen eines Zugunstenverfahrens die rückwirkende Bewilligung sog. Analogleistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2008.
Der am 1972 geborene Kläger, syrischer Staatsangehöriger, war am 15. Mai 2000 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, wo er sich infolge seines Asylantrags aufgrund einer Aufenthaltsgestattung nach dem Asylverfahrensgesetz vom 18. Mai 2000 aufhielt. Mit Bescheid vom 13. Juli 2000 gewährte ihm die Beklagte ab dem 11. Juli 2000 Grundleistungen nach §§ 1, 3 AsylbLG, die wegen der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ab dem 17. August 2001 eingestellt wurden. Nach rechtskräftiger Ablehnung seines Asylantrags am 29. August 2003 erhielt der Kläger eine Aussetzung der Abschiebung (Duldung) ab dem 12. November 2003, die in der Folge bis heute durchgehend verlängert wurde. Vom 30. Juni 2004 bis 25. Juni 2005 bezog der Kläger Arbeitslosengeld. In der Folge übernahm die Beklagte ab Juli 2005 seinen Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung und gewährte ihm ohne zugrunde liegenden Dauerverwaltungsakt ab dem 1. August 2005 Grundleistungen nach §§ 1, 3 AsylbLG. Schriftliche, mit Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheide über die jeweilige Leistungshöhe sind nach dem Inhalt der Verwaltungsakte nur "für" Dezember 2005 (Bescheid vom 7. Dezember 2005) und August 2006 (Bescheid vom 10. August 2006) ergangen.
Seit dem 1. Januar 2003 ist beim Kläger ein Grad der Behinderung von 70 festgestellt. Der mittlerweile verheiratete Kläger, Vater eines am 19. April 2011 geborenen Kindes, steht seit dem 1. Februar 2011 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, aus dem er ein monatliches Nettoentgelt zwischen ca. 1.070.- und EUR 1.250.- erzielt. Seine Ehefrau erhält derzeit Elterngeld i.H.v. EUR 586.- monatlich; des Weiteren wird Kindergeld i.H.v. EUR 184.- gewährt. Die Kosten der Unterkunft und Heizung belaufen sich seit 1. Januar 2011 auf EUR 385.- monatlich. Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) werden nicht gewährt.
Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2010 - Eingang bei der Beklagten am 14. Januar 2010 - beantragte der Kläger durch seine Bevollmächtigte die rückwirkende Überprüfung und gegebenenfalls Aufhebung bereits bestandskräftiger Entscheidungen über die laufenden Leistungen nach dem AsylbLG für die vergangenen vier Jahre gem. § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X); ihm stünden Analogleistungen nach § 2 AsylbLG unter Anrechnung bereits erbrachter Grundleistungen nach § 3 AsylbLG zu. Etwaige Nachzahlungen seien mit 5% über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Nachdem die Ausländerbehörde der Beklagten mitgeteilt hatte, dass der Kläger die Mitwirkung bei der Passbeschaffung verweigert habe, lehnte die Beklagte mit an den Kläger gerichtetem Bescheid vom 21. Mai 2010 "den Antrag vom 11. März 2010" auf Gewährung von Analogleistungen nach § 2 AsylbLG ab, weil der Kläger seine Aufenthaltsdauer rechtsmissbräuchlich beeinflusst habe. Da dieser Bescheid dem Kläger nicht nachweislich zugegangen ist, wurde er dessen Bevollmächtigten am 15. Juli 2010 erneut übersandt.
Zur Begründung des dagegen am 26. Juli 2010 eingelegten Widerspruches trug die Bevollmächtigte des Klägers irrtümlich vor, der Kläger stamme aus dem Kosovo, so dass es wegen der fehlenden Abschiebemöglichkeit bereits an einer rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Aufenthaltsdauer fehle; im Übrigen dürften ihm die finanziellen Mittel für die Passbeschaffung fehlen. Später stellte sie die Herkunft des Klägers richtig,
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger Grundleistungen "ab dem 1. Dezember 2010 bis auf weiteres" i.H.v. monatlich EUR 596,38, die sie mit Bescheid vom 12. Januar 2011 wegen des geänderten Arbeitsverdienstes aus einer Nebentätigkeit für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 auf EUR 573,13 herabsetzte. Zum Februar 2011 weitete der Kläger seine Tätigkeit erheblich aus und erzielte ein Nettoarbeitsentgelt i.H.v. EUR 1.073,29 sowie im März i.H.v. EUR 1.258,46, das jeweils im Folgemonat zur Auszahlung kam. Daraufhin hob die Beklagte die Leistungsbewilligung gem. § 48 SGB X zum 1. März 2011 ganz auf (Bescheid vom 11. März 2011).
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2011 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 21. Mai 2010 als unbegründet zurück. Weitere Ermittlungen zur rechtsmissbräuchlichen Verlängerung der Aufenthaltsdauer seien nicht mehr notwendig, da der Kläger seit dem 1. März 2011 wegen der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung keine Leistungen nach dem AsylbLG mehr erhalte. Mangels fortbestehender Bedürftigkeit fehle es an einem gem. § 44 Abs. 4 SGB X erforderlichen aktuellen sozialhilferechtlichen Bedarf.
Am 7. Juni 2011 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte könne sich auf den sog. Aktualitätsgrundsatz im Sozialhilferecht, also den Wegfall des Hilfebedürftigkeit, nicht berufen. Die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) habe keine Leistungen zur laufenden Bedarfsdeckung betroffen. Außerdem sei auch dort ausgeführt worden, dass ausnahmsweise auch bei zwischenzeitlichem Bedarfswegfall zu Unrecht vorenthaltene Sozialleistungen nicht nachträglich verweigert werden dürften, wenn dies schlechthin unbillig wäre. Dies sei der Fall, wenn die Behörde Leistungen wider besseren Wissens verweigere. Durch die Berufung auf den Aktualitätsgrundsatz dürfe die rechtswidrig handelnde Behörde nicht gegenüber der rechtmäßig handelnden privilegiert werden. Es stelle eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von aktuellen und ehemaligen Sozialleistungsempfängern dar. Die pauschalierten Leistungen dienten dem zukünftigen und rückwirkenden Bedarf, an der Integration in diesem Staat teilzunehmen. Die Beseitigung von Armut könne nicht in kurzer Zeit erreicht werden, zumal die Betroffenen wie der Kläger jahrelang am Rande des Existenzminimums gelebt hätten.
Mit Gerichtsbescheid vom 2. August 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass der Kläger die Verpflichtung der Beklagten begehre, unter Abänderung entgegenstehender Bescheide Leistungen nach § 2 AsylbLG i.H.d. des Differenzbetrages zu den gewährten Leistungen nach § 3 AsylbLG für die vergangenen vier Jahre - gerechnet ab dem 12. Januar 2010 - zu gewähren und den Nachzahlungsbetrag zu verzinsen. Der geltend gemachte Anspruch scheitere bereits daran, dass beim Kläger kein ununterbrochener sozialhilferechtlicher Bedarf bestehe. Dieser verfüge seit 1. März 2011 über ausreichendes Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen diesen seiner Bevollmächtigten am 12. August 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger Berufung eingelegt, die am 17. August 2011 beim SG eingegangen ist. Über sein erstinstanzliches Vorbringen hinaus hat er im Wesentlichen ausgeführt, der Nachholung von Geldleistungen könne nicht entgegengehalten werden, es bestehe normativ kein Bedarf mehr aus der Vergangenheit. Der Ausschluss der Rechte aus § 44 SGB X unter Hinweis auf nicht genutzte Rechtsschutzmöglichkeiten sei nicht möglich, da in diesem ein entsprechender Ausschlusstatbestand nicht angelegt sei. Rechtsschutzmöglichkeiten seien für den Betroffenen in der Regel nicht erkennbar gewesen; die Beklagte habe ihrer Beratungspflicht nicht genügt. Diese räume selbst ein, im streitbefangenen Zeitraum zu geringe Leistungen gewährt zu haben. In die Abwägung der materiellen Gerechtigkeit müsse einfließen, dass es sich um die Kürzung von ohnehin schon die Grenze des Lebensnotwendigen unterschreitenden Leistungen gem. § 3 AsylbLG handle. Auch bei zwischenzeitlichem Wegfall der Hilfebedürftigkeit könnten die begehrten Leistungen ihren Zweck noch erfüllen, da an die Stelle des ursprünglichen Bedarfs eine vergleichbare Belastung als Surrogat getreten sei. Denn wegen des in Zeiten des Bezuges von Grundleistungen entstandenen Rückstandes könne nicht sofort ein angemessener wirtschaftlicher und sozialer Standard erreicht werden. Soweit das BSG insoweit auf ein Surrogat im Sinne von Kredit, Rückgriff auf Schonvermögen o.ä. abstelle, könne dies für Bezieher von Grundleistungen nach dem AsylbLG nicht ernsthaft angedacht sein. Diese dürften noch nicht einmal ein Konto eröffnen, Schonvermögen sei nicht vorhanden; Kredit erhielten sie nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 29/41 und 58/59 der Senatsakten Bezug genommen. Im Rahmen eines Teilvergleichs hat der Kläger die Berufung auf den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2008 beschränkt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 2. August 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2011 zu verurteilen, ihm unter teilweiser Rücknahme entgegenstehender früherer Verwaltungsakte für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2008 Analogleistungen nach § 2 AsylbLG in entsprechender Anwendung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch unter Anrechnung gewährter Grundleistungen nach § 3 AsylbLG zu gewähren und die Nachzahlungsbeträge mit 4 vom Hundert ab dem der ursprünglichen Fälligkeit folgenden Monat zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gem. §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. Die nach § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur das Begehren des Klägers auf teilweise Rücknahme von Bewilligungsbescheiden, die bei Eingang des Schriftsatzes vom 12. Januar 2010 bereits bestandskräftig waren, und die Nachzahlung des Differenzbetrages zwischen den höheren Analog- gegenüber den bezogenen Grundleistungen einschließlich Verzinsung für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2008. Nicht Gegenstand sind hingegen die bei Eingang des genannten Schriftsatzes noch nicht bestandskräftigen, konkludenten Verwaltungsakte, die in der Auszahlung bzw. Gewährung der Leistung liegen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 – B 8/9b AY 1/07 R - (juris)). Da diese konkludenten Bescheide nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen sind, gilt für sie nicht die einmonatige Widerspruchsfrist des § 84 SGG, sondern die Jahresfrist des § 66 Abs. 1 SGG. Im streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2011 hat die Beklagte lediglich über den Anspruch aus § 44 SGB X bzgl. bereits bestandskräftiger Verwaltungsakte entschieden, nicht hingegen über Widersprüche gegen die einzelnen noch anfechtbaren Bewilligungen für die Zeiträume ab dem 1. Januar 2009. Im Teilvergleich hat der Kläger die Beschränkung auf den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2008 klargestellt.
Die Beklagte ist richtiger Klagegegner (Stadtkreis; § 1 Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) i.V.m. § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 3, Abs. 4 FlüAG sowie § 13 Abs. 1 Nr. 2, ab 14. Oktober 2008 § 15 Abs. 1 Nr. 2 Landesverwaltungsgesetz Baden-Württemberg; vgl. BSG, a.a.O.).
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (Abs. 4).
Nach § 2 Abs. 1 AsylbLG in der vom 1. Januar 2005 bis 27. August 2007 geltenden Fassung vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950) ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Mit Wirkung vom 28. August 2007 ist die Dauer des notwendigen Vorbezugs auf 48 Monate erhöht worden (Gesetz vom 19. August 2007, BGBl. I S. 1970). Diese Neuregelung gilt vom Zeitpunkt des Inkrafttretens auch für Leistungsempfänger, die bereits Analogleistungen beziehen. Eine unzulässige unechte Rückwirkung liegt nicht vor (BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 – B 8/9b AY 1/07 R - (juris)). Unter Berücksichtigung des Vorbezuges von Grundleistungen vom 11. Juli 2000 bis 16. August 2001 und der weiteren Gewährung ab dem 1. August 2005 erfüllte der Kläger die Vorbezugszeit von 36 Monaten erstmals am 25. Juni 2007. Für die Zeit davor besteht mithin kein Anspruch auf Analogleistungen. Gleiches gilt für die Zeit vom 28. August 2007 bis 24. Juni 2008, da der Kläger hier die nunmehr nötigen 48 Monate des Vorbezugs nicht erfüllt hatte. Der geltend gemachte Anspruch auf teilweise Rücknahme der bestandskräftigen Bescheide scheitert insoweit bereits an der fehlenden Rechtswidrigkeit der Bewilligungen.
Für die übrigen Zeiträume ist das SG zu Recht davon ausgegangen, dass der Wegfall der Hilfebedürftigkeit einem Anspruch auf rückwirkende Zuerkennung von Analogleistungen für davor liegende Zeiträume auch im Rahmen des § 44 SGB X entgegensteht. Der Senat schließt sich den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid an und nimmt auf diese Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Rechtsprechung des BSG zur Anwendung des § 44 SGB X im Sozialhilfe- und Grundsicherungsrecht nach dem SGB XII ist auch im Bereich der Leistungen nach dem AsylbLG zu beachten, da auch insoweit das Gegenwärtigkeitsprinzip gilt (vgl. a. zum Folgenden BSG, Urteil vom 9. Juni 2011 - B 8 AY 1/10 R - (juris)). Daher muss insbesondere berücksichtigt werden, dass die Leistungen nach dem AsylbLG nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage dienen. Für einen zurückliegenden Zeitraum sind sie daher nur dann zu erbringen, wenn sie ihren Zweck noch erfüllen können. Sind Leistungen rechtswidrig abgelehnt worden und hat der Hilfebedürftige den (nicht entfallenen) Bedarf in der Folgezeit im Wege der Selbsthilfe (etwa unter Rückgriff auf Schonvermögen oder durch Aufnahme von Schulden) oder Hilfe Dritter gedeckt, die die fehlende Unterstützung durch den Hilfeträger substituiert hat, kann, soweit Hilfebedürftigkeit noch aktuell besteht, die Leistung ihren Zweck noch erfüllen, weil an die Stelle des ursprünglichen Bedarfs eine vergleichbare Belastung als Surrogat getreten ist. Die nachträgliche Erbringung von Leistungen setzt allerdings voraus, dass beim Kläger Bedürftigkeit i.S.d. AsylbLG oder des SGB XII bzw. des SGB II ununterbrochen fortbesteht; ist die Bedürftigkeit nur temporär oder auf Dauer entfallen, scheidet eine Nachzahlung in der Regel aus. Wie im Sozialhilferecht allgemein ist im Hinblick auf § 44 Abs. 4 SGB X also nicht nur darauf abzustellen, ob die Ablehnung einer Leistung zum Zeitpunkt der Entscheidung nach früherer Sach- und Rechtslage rechtswidrig war, sondern auch darauf, ob zwischenzeitlich der ursprüngliche Bedarf, der zu Unrecht nicht durch Hilfeleistungen gedeckt wurde, oder die Bedürftigkeit entfallen sind. Maßgebender Zeitpunkt für die zu treffende Entscheidung ist dabei die letzte Tatsacheninstanz.
§ 44 SGB X dient der Durchsetzung materieller Gerechtigkeit gegenüber der Bindungswirkung rechtswidriger Verwaltungsakte. Das Gebot der materiellen Gerechtigkeit verlangt aber unter den genannten sozialhilferechtlichen Aspekten gerade nicht, dem (früher einmal) Hilfebedürftigen eine Leistung zu gewähren, der er nicht mehr bedarf. Eine nachträglich zu erbringende Leistung darf nicht den Charakter einer Entschädigung erhalten. Das BSG hat hierzu in der auch vom Kläger zitierten Entscheidung vom 29. September 2009 (SozR 4-1300 § 44 Nr. 20) zwei Fallgruppen unterschieden, nämlich (1.) den Wegfall des Bedarfes und (2.) die Bedarfsdeckung. Die erste Fallgruppe betrifft Leistungsablehnungen für Bedarfe, die entgegen prognostischer Sicht überhaupt nicht angefallen sind. Hier sind keine Sozialhilfeleistungen für die Vergangenheit zu erbringen, weil sie ihren Zweck nicht mehr erreichen können und nur eine Entschädigung darstellen würden. Hierzu gehören jedenfalls nie pauschalierte Leistungen, die nicht nur einen gegenwärtigen, sondern auch einen zukünftigen oder vergangenen Bedarf einbeziehen, z.B. der Regelsatz nach SGB XII. Daher hat das BSG ausgeführt, dass es bei solchermaßen pauschalierten Leistungen keines Nachweises der Bedarfsdeckung (in Abgrenzung zum Bedarfswegfall) bedarf. Nur hierauf bezieht sich die "Privilegierung" der pauschalierten Leistungen. Dies gilt entsprechend für pauschalierte Leistungen nach dem AsylbLG und die Analogleistungen. Der ersten Fallgruppe unterfallen daher Leistungen für Bedarfslagen, die konkret nicht entstanden sind, sei es auch, weil die Leistungsablehnung die Deckung des Bedarfs verhindert hat, z.B. die Nichtteilnahme an einer Klassenfahrt mangels finanzieller Mittel oder der Verzicht auf die kostenaufwändige Ernährung. Einen solchen Fall macht der Kläger nicht geltend. Ohnehin scheiterte auch insoweit ein Nachgewährungsanspruch aus den nachfolgenden Erwägungen.
Die Nachgewährung von Leistungen wie den Regelleistungen, die einen typisierten Bedarf abdecken, unterfällt daher der zweiten Fallgruppe, wobei auf den Nachweis der Bedarfsdeckung verzichtet wird. Dabei hat das BSG gerade berücksichtigt, dass diese pauschalierten Leistungen der Befriedigung nicht nur eines aktuellen, sondern auch eines zukünftigen und vergangenen Bedarfs dienen (Ansparanteile). Entgegen der Auffassung des Klägers führt der Gesichtspunkt der Ansparanteile auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht zur zwingenden Anwendbarkeit des § 44 SGB X, sondern nur zum Verzicht auf den Nachweis der - konkreten - Bedarfsdeckung. In dieser Fallgruppe ist zu unterscheiden, ob die Bedürftigkeit (nicht der Bedarf) aktuell noch besteht oder zwischenzeitlich entfallen ist. Besteht die Bedürftigkeit i.S.d. SGB XII ununterbrochen fort, sind Sozialhilfeleistungen nachträglich zu erbringen, weil der Sozialhilfeträger bei rechtswidriger Leistungsablehnung nicht dadurch entlastet werden darf, dass der Bedarf anderweitig gedeckt wurde. Die Sozialhilfe kann ihren Zweck noch erfüllen, weil an die Stelle des ursprünglichen Bedarfs eine vergleichbare Belastung als Surrogat getreten ist. Mit Unterbrechung der Bedürftigkeit besteht jedoch kein sozialhilferechtlicher Bedarf mehr, wobei es gleichgültig ist, ob die Bedürftigkeit auf Dauer oder nur temporär entfällt. Die Entscheidung des SG entspricht somit der Rechtsprechung des BSG, der auch der Senat folgt (vgl. Senatsurteil vom 21. Juli 2011 - L 7 AY 879/11 -). Anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger angeführten Entscheidungen des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 17. Mai 2010 (- L 20 AY 10/10 - (juris); nachgehend BSG, Urteil vom 9. Juni 2011, a.a.O.) und des LSG Niedersachsen-Bremen vom 7. April 2011 - L 8 AY 4/08 - (juris)). Der erstgenannten lag gerade ein Fall durchgehender Hilfebedürftigkeit bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zugrunde; die Entscheidung hatte sich daher nur im Zusammenhang mit der Frage des Umfanges der nachzugewährenden Leistungen mit der Bedeutung der Ansparleistungen auseinanderzusetzen. Die letztgenannte Entscheidung betraf die Aufhebung bzw. Rücknahme eines Dauerverwaltungsaktes über die Bewilligung von Analogleistungen, bei der der Grundsatz der Gegenwärtigkeit bei späterem Wegfall der Hilfebedürftigkeit bereits inhaltlich keine Rolle spielen kann.
Die gegen diese Rechtsprechung erhobenen Einwände des Klägers greifen nach Ansicht des Senats nicht durch. Rechtswidriges Handeln der Behörde - gemeint ist die zu Unrecht erfolgte Nichtgewährung von Analogleistungen durch bestandskräftige Bescheide - bleibt hierdurch nicht grundsätzlich sanktionslos. Der Kläger hat es lediglich versäumt, diese Bescheide rechtzeitig anzufechten. Das Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X schafft nur im gesetzlich vorgesehenen Maße einen Ausgleich, wenn der Betroffene bestehende Rechtsschutzmöglichkeiten nicht rechtzeitig wahrnimmt. Das Fortbestehen einer Bedarfslage i.S.e. vergleichbaren Belastung ist z.B. auch bei Privatdarlehen an Leistungsempfänger möglich. Zum Erfolg verhilft auch nicht der pauschale Hinweis, nach der Rechtsprechung des BSG scheide eine Nachzahlung bei Wegfall der Hilfebedürftigkeit nur "in der Regel" aus. Denn Besonderheiten des Einzelfalles, die eine andere Betrachtung rechtfertigen könnten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Insbesondere hat die Beklagte entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht wider besseren Wissens die Analogleistungen nicht gewährt. Selbst im Zugunstenverfahren hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid die Frage der rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Aufenthaltsdauer lediglich offengelassen. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen aktuellen und früheren Leistungsbeziehern liegt schon deshalb nicht vor, weil die weitere Gegenwärtigkeit der Hilfebedürftigkeit - wie dargestellt - dem gesetzlichen Zweck des AsylbLG innewohnt und daher einen sachlichen Grund für die Differenzierung darstellt. Eine verfassungswidrige Verkürzung der Rechtsschutzmöglichkeit liegt nicht vor. Eine Verletzung der Beratungspflicht durch die Beklagte ist schon mangels konkreten Beratungsanlasses oder -begehrens nicht gegeben. Mit dem SG ist auch der Senat der Ansicht, dass eine möglicherweise bestehende Verfassungswidrigkeit der Leistungen nach dem AsylbLG nichts an der durch die zwischenzeitlich entfallene Bedürftigkeit fehlenden Gegenwärtigkeit der Notlage ändert.
Da das Einkommen des Klägers sowohl nach der Konzeption des AsylbLG als auch des SGB XII zunächst ausschließlich auf seinen Individualanspruch anzurechnen und nicht auf alle Mitglieder der Familie zu verteilen ist, deckt es ab dem 1. März 2011 dessen sozialhilferechtlichen Bedarf vollständig ab. Als nach § 1 AsylbLG grundsätzlich Leistungsberechtigter ist der Kläger gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II ausgeschlossen. Für die Feststellung der Hilfebedürftigkeit kommt es daher allein auf die Regelungen des AsylbLG i.V.m. der entsprechenden Anwendung des SGB XII an. Eine Hilfebedürftigkeit ist daher nicht mehr gegeben.
Sind - wie vorliegend - Leistungen rückwirkend (überhaupt) nicht mehr zu erbringen, kann trotz Rechtswidrigkeit der bestandskräftigen Bescheide ein Anspruch auf deren Rücknahme nach § 44 Abs. 1 SGB X nicht anerkannt werden (BSG SozR 4-1300 § 44 Nr. 20). Auch der geltend gemachte Zinsanspruch kommt dann nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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