Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 1183/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 3801/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. Mai 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstat-ten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger am 29.10.2003 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der 1970 geborene, aus Griechenland stammende, Kläger war von Mai 1994 bis Januar 2004 als Malerhelfer bei der Firma Gebrüder H. Bauschutztechnik GmbH, S. H., beschäftigt. Vor dem hier streitigen Ereignis vom 29.10.2003 hat der Kläger im Jahr 2003 mehrere andere Arbeitsun-fälle erlitten. Gemäß Unfallanzeige der Firma Gebrüder H. vom 06.05.2003 (Bl. 63 Band II der Verwaltungsakte der Beklagten - VA) sei er am 05.05.2003 um 14:00 Uhr auf einer Baustelle in S.-Z. auf dem Gerüst gelaufen und habe einen Eimer mit Material holen wollen. Dabei sei er versehentlich mit seinem Fuß zwischen zwei Gerüstdielen getreten und habe sich dabei verletzt. Als Art der Verletzung war eine Prellung des linken Knies angegeben.
Gemäß weiterer Unfallanzeige vom 14.07.2003 (Bl. 1 des Bandes I VA) habe der Kläger am 02.07.2003 um 15:20 Uhr auf derselben Baustelle in der A.-S.-Straße 4-6 in S.-Z. einen weiteren Arbeitsunfall erlitten. Er sei gerade dabei gewesen die Baustelle aufzuräumen und habe zum Container laufen wollen. Dabei sei er mit dem Fuß weggeknickt und habe sich das Kniegelenk (rechtes Knie) verdreht. Wegen dieses Unfalls stellte sich der Kläger am Folgetag bei der Chi-rurgin Dr. S. vor, die mit Durchgangsarztbericht vom 03.07.2003 (Bl. 2 Band I VA) die Diagno-se einer Kniedistorsion rechts mit Verdacht auf Innenbandzerrung und Innenmeniskusläsion stellte. Es schloss sich eine Arbeitsunfähigkeit, ein misslungener Arbeitsversuch vom 29.07.2003 sowie eine erneute Arbeitsunfähigkeit bis zum 03.08.2003 an; der Kläger wurde zur Behandlung mehrfach einer Kniepunktion unterzogen (Zwischenbericht Dr. S. vom 12.08.2003, Bl. 3 Band I VA). Gemäß weiterem Zwischenbericht des Facharztes für Chirurgie Dr. S. (Bl. 5 Band I VA) vom 04.09.2003 hat der Kläger nach seinem Urlaub in Griechenland (04.08.2003 bis zum 22.08.2003) vom 25.08. bis zum 27.08.2003 einen erneuten Arbeitsversuch unternommen und diesen wegen Schmerzen im rechten Kniegelenk abgebrochen. Es schloss sich eine erneute Zeit der Arbeitsunfähigkeit, beginnend ab dem 28.08.2003 (vgl. Bescheinigung der IKK S. H. vom 19.09.2003, Bl. 7 Band I VA) an, in deren Verlauf beim Kläger am 23.09.2003 eine arthroskopi-sche Innenmeniskusteilresektion am rechten Kniegelenk durchgeführt wurde (Berichte des Chi-rurgen Dr. L. vom 22.09.2003, Bl. 8 Band I VA sowie von Dr. S. vom 26.09.2003, Bl. 9 VA). Gemäß Mitteilung der Chirurgin Dr. S. vom 13.10.2003 (Bl. 16 Band I VA) endete die Arbeits-unfähigkeit des Klägers wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 02.07.2003 mit Ablauf des 13.10.2003; die verbleibende MdE schätzte Dr. S. mit unter 10 v. H. ein.
Mit Durchgangsarztbericht vom 29.10.2003 (Bl. 2 Band II VA) berichtete die Ärztin für Chirur-gie Dr. S., der Kläger habe am 17.10.2003 um 15:00 Uhr auf einer Baustelle in S. einen Arbeits-unfall erlitten. Er sei mit dem rechten Unterschenkel zwischen zwei Dielen im Gerüst eingebro-chen. Er habe primär weiter gearbeitet und komme jetzt wegen erheblicher Hämatombildung und Schmerzen. Erstmalig werde der Kläger durch sie am 29.10.2003 behandelt; die Uhrzeit des Ein-treffens des Klägers bei Dr. S. ist auf dem Durchgangsarztbericht nicht vermerkt. Der Befund ist beschrieben wie folgt: "Re. Unterschenkel: Klinisch kein Hinweis auf Fraktur. Erhebliche Häma-tomschwellung mit diffusem Druckschmerz und eingeschränkter Beweglichkeit. Ca. 2 cm längs-verlaufene leichte Schürfwunde prätibial. Periphere MSD o.B." Dr. S. diagnostizierte eine kleine Schürfwunde prätibial rechts und ein Unterschenkel-Hämatom rechts. Als Erstversorgung ange-geben ist die Anlegung eines Heparin-Gazofix-Verbandes am rechten Unterschenkel sowie eines Betaisadona-Verbandes auf die Schürfwunde. Weiter heißt es: "TAT wird abgeklärt." Dem Klä-ger wurde eine Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.10.2003 bescheinigt.
Mit Durchgangsarztbericht vom 12.11.2004 (Bl. 49 Band I VA) berichtete der Chirurg Dr. B. über eine Behandlung des Klägers vom 29.10.2004. Als Unfalltag angegeben ist wiederum der 17.10.2003, als Unfall-Uhrzeit 15:00 Uhr. Der Durchgangsarztbericht trägt den Vermerk "Wie-dererkrankungsbericht". Als Unfallhergang ist angegeben: "Mit dem re. Unterschenkel zwischen zwei Dielen im Gerüst eingebrochen." Weiter heißt es im Befund, der Kläger habe vor ungefähr einem Jahr ein Kniedrehtrauma erlitten, es bestehe ein Zustand nach mehrmaligen Punktionen. Radiologisch sei damals eine Fraktur ausgeschlossen worden. Er diagnostizierte eine Partialruptur des vorderen Kreuzbandes rechts und eine Innenmeniskusruptur rechts. Nachdem Dr. B. mit weiterem Bericht vom 15.08.2005 der Beklagten über eine erneute Vorstellung des Klägers vom 12.08.2005 mit erheblicher Beschwerdesymptomatik im Bereich des rechten Kniegelenkes be-richtete und unter neuerlicher Inbezugnahme des 17.10.2003 als Unfalltag die Diagnose einer nunmehr vollständigen Ruptur des vorderen Kreuzbandes am rechten Kniegelenk stellte, teilte die Beklagte diesem mit Schreiben vom 26.08.2005 (Bl. 51 Band I VA) mit, ihrer Auffassung nach seien die bestehenden Beschwerden nicht mehr Folgen des Unfalls vom 02.07.2003. Sie forderte Dr. B. auf, die Behandlung zu ihren Lasten zu beenden.
Hierauf teilte der Kläger der Beklagten durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 26.08.2005 (Bl. 53 Band I VA) mit, er habe sowohl am 28.08.2003 als auch am 29.10.2003 einen Arbeitsunfall bei der Firma H. in S. H. erlitten. Die Beklagte wurde aufgeführt, Leistungs-ansprüche zu überprüfen.
Hierauf teilte die Beklagte mit Schreiben vom 07.09.2005 mit, dass bei ihr weder ein Unfall vom 28.08.2003 noch ein Unfall vom 29.10.2003 gemeldet sei, sie jedoch davon ausgehe, dass vor-liegend die Unfallsachen vom 02.07.2003 oder vom 17.10.2003 gemeint seien. Bei dem letztge-nannten Unfall habe der Kläger jedoch lediglich eine kleine Schürfwunde und einen Bluterguss am rechten Unterschenkel erlitten.
Mit Schreiben vom 19.09.2005 (Bl. 58 Band I VA) bestätigte der Kläger durch seinen Bevoll-mächtigten, dass die Beklagte richtig festgestellt habe, dass Arbeitsunfälle des Klägers vom 02.07.2003 und 17.10.2003 bei der Beklagten gemeldet worden seien. Beide Arbeitsunfälle hät-ten das rechte Knie betroffen. Die Feststellungen der Dr. S. in ihrem Durchgangsarztbericht vom 29.10.2003 seien unrichtig. Der Kläger sei mit seinem rechten Bein zwischen zwei Gerüstdielen gekommen und habe eine erhebliche Quetschung des rechten Unterschenkels einschließlich des rechten Knies, welches bereits durch den Unfall vom 02.07.2003 vorgeschädigt gewesen sei, erlitten. Sie habe den Kläger nur drei Tage lang krankgeschrieben, obwohl er unter erheblichen Schmerzen gelitten habe. Der jetzt behandelnde Arzt, Dr. B., halte nach Angaben des Klägers einen Zusammenhang zwischen dem Unfall vom 17.10.2003 und den jetzigen Beschwerden für gegeben.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 17.10.2005 ließ der Kläger mitteilen, er habe am 17.10.2003 einen weiteren Arbeitsunfall erlitten, als er "vom Gerüst gestürzt" sei, und legte zum Beweis dafür ein ärztliches Attest des Chirurgen Dr. B. vom 11.10.2005 (Bl. 10 Band II VA) vor. Hiernach habe der Kläger am 17.10.2003 einen Arbeitsunfall erlitten. Nach seinen An-gaben sei er von einem Gerüst gestürzt. Er gebe an, Schmerzen im Bereich des Kniegelenks ge-klagt zu haben, diese seien jedoch nicht berücksichtigt worden. Eine weiterführende Untersu-chung sei nicht erfolgt. Eine arthroskopische Abklärung vom 23.09.2003 habe ein vollständiges vorderes Kreuzband ergeben. Der Schaden müsse also unzweifelhaft nach dem 23.09.2003 ein-getreten sein. Wichtig sei nun seiner Ansicht nach, ob es Zeugen für das Unfallereignis gebe. Auf Nachfrage der Beklagten teilte Dr. B. mit weiterem Schreiben vom 25.10.2005 (Bl. 19 Band II VA) mit, ihm gegenüber habe der Kläger mitgeteilt, am 17.10.2003 verunfallt zu sein. Er sei mit dem betroffenen Bein durch ein Gerüst durchgebrochen. Anhand des vorliegenden Durchgangsarztberichtes werde diese Angabe ebenso aufgeführt. Nicht erwähnt seien die Tiefe des Sturzes oder ob ein Verdrehtrauma vorgelegen habe. Ob zwischenzeitlich weitere Unfälle stattgefunden hätten, entziehe sich seiner Kenntnis.
Gemäß der am 02.11.2005 von der Firma Gebr. H. GmbH erstatteten Unfallanzeige (Bl. 1 Band II VA) müsse laut einer Notiz in den dortigen Unterlagen der Kläger zwischen zwei Dielen auf einem Gerüst getreten sein und habe sich dabei verletzt. Als Unfallzeitpunkt ist der 17.10.2003 (15:00 Uhr) angegeben. Der Kläger sei erst am 29.10.2003 zum Arzt gegangen und sei nur drei Tage krank gewesen, weshalb eigentlich keine Unfallanzeige hätte erstattet werden müssen (we-niger als vier Tage krank). Weitere Informationen lägen nach zwei Jahren nicht mehr vor.
Mit schriftlicher Erklärung vom 05.11.2005 (Bl. 24 Band II VA) teilte der Kläger auf Frage nach der Ursache für die Knieschädigung (Unfalltag: 17.10.2003) mit, Ursache für die Knieschädi-gung sei ein Sturz gewesen. Zum Zeitpunkt der Schädigung habe er Material gemischt. Die Frage nach früheren Kniebeschwerden verneinte der Kläger. Als behandelnde Ärztin gab er Dr. S. an.
Mit Bescheid vom 23.02.2006 (Bl. 44 Band II VA) lehnte die Beklagte die Gewährung von Ver-letztenrente wegen der Folgen des Versicherungsfalles vom 17.10.2003 ab. Als Unfallfolgen erkannte sie eine folgenlos ausgeheilte Prellung prätibial rechts und ein abgeheiltes Hämatom am rechten Unterschenkel an.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch und führte zu dessen Begründung mit Schreiben vom 20.04.2006 (Bl. 55 Band II VA) aus, am 17.10.2003 habe er infolge eines Sturzes ein Kniedreh-Trauma erlitten, welches in eine Kreuzbandruptur rechts gemündet sei. Er sei mit dem rechten Kniegelenk zwischen zwei Gerüstdielen gelangt. Am 29.10.2003 sei er von Dr. S. untersucht und behandelt worden, welche nur eine Schürfwunde und ein Unterschenkelhämatom diagnostiziert habe. Die geklagten Beschwerden des Klägers hinsichtlich des Kniegelenks seien nicht ernst genommen und der Verdacht einer möglichen Ruptur sei nicht weiterverfolgt worden. Durch die Kreuzbandruptur rechts stehe dem Kläger Rente nach einem Grad der Minderung der Erwerbs-fähigkeit von mindestens 30 v. H. zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.06.2006 (Bl. 64 Band II VA) wies die Beklagte den Wider-spruch des Klägers zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 04.07.2006 Klage beim Sozialgericht Ulm (Aktenzeichen: S 8/9/2 U 2516/06). Mit der Klagebegründung vom 21.08.2006 blieb der Kläger zunächst bei seiner Darstellung, er habe am 17.10.2003 einen Unfall erlitten, in dessen Verlauf er sich nicht nur eine Prellung im Bereich des rechten Schienbeins zugezogen habe, sondern eine Kreuzbandruptur, die zu einem Dauerschaden geführt habe. Nach einem Ende August 2007 eingetretenen Wechsel des Prozessbevollmächtigten ließ der Kläger durch seine neue Bevollmächtigte zunächst vortragen, er habe am 17.10.2003 zum Unfallzeitpunkt auf einem Gerüst im Bereich von zwei nebeneinander mit einem Abstand von ca. 15 bis 20 cm angebrachten Gerüstdielen gearbeitet. Diese seien auch über die bestehende Lücke hinweg mit einem Abdeckvlies abgedeckt gewesen. Der Kläger sei zunächst auf der vorderen, vom Gebäude weiter entfernt angebrachten, Gerüstdiele gestanden und habe dort mit einem elektrischen Rührgerät Bodenbeschichtungsmaterial in einem Eimer gemischt. Als er damit fertig gewesen sei, habe er den 25 bis 30 kg schweren Eimer ins Gebäude tragen wollen. Er habe den Eimer mit dem rechten Arm angehoben, sich mit dem Körper nach links gedreht und gleichzeitig mit dem rechten Bein einen Schritt nach vorne gemacht. Dabei sei er mit dem rechten Bein in die mit Vlies abgedeckt Lücke zwischen beiden Gerüstdielen geraten und in diese Lücke eingebrochen. Er sei mit dem rechten Knie an der Kante der hinteren Gerüstdiele entlang geschrammt, habe sofort starke Schmerzen gehabt und die Arbeit deshalb abbrechen müssen. Unmittelbar nach dem Unfall sei er zusammen mit seinem Kollegen K. zu Dr. S. gefahren; der Kollege habe ihn gefahren, denn er selbst habe verletzungsbedingt nicht Auto fahren können. Diese habe ihm Schmerztabletten verschrieben, ihn jedoch nicht krankgeschrieben. Der Kläger habe dann unter Einnahme von Schmerztabletten zunächst bis zum 29.10.2003 weitergearbeitet. Als der rechte Unterschenkel immer mehr angeschwollen sei, geschmerzt habe und nur noch sehr eingeschränkt beweglich gewesen sei, habe er am 29.10.2003 wiederum die Arbeit abbrechen und sich von seinem Kollegen K. wieder zu Dr. S. fahren lassen müssen, die ihn daraufhin drei Tage krankgeschrieben habe (Schriftsatz vom 16.11.2007, Bl. 48/49 SG-Akte).
Auf den Vorhalt der Beklagten, es bestünden keine Hinweise darauf, dass Dr. S. den Kläger am 17.10.2003 untersucht oder behandelt habe, teilte die Bevollmächtigte des Klägers mit Schrift-satz vom 14.02.2008 (Bl. 53/54 SG-Akte) mit, sie berichtige den bisherigen klägerischen Vortrag. Der Kläger habe im Oktober 2003 zwei Arbeitsunfälle erlitten, einem am Freitag, den 17.10.2003 gegen 15:00 Uhr und einen am Mittwoch, den 29.10.2003. Beide Arbeitsunfälle seien auf der Baustelle A.-S.-Straße in S.-Z. passiert. Beide Male sei er auf dem Gerüst mit dem rechten Bein in die mit Vlies abgedeckte Lücke zwischen zwei Gerüstdielen geraten und in diese Lücke eingebrochen. Am 17.10.2003 sei die Reaktion des Klägers schneller gewesen, weshalb er sich mit den Händen schneller habe abfangen können und der Unfall glimpflich abgegangen sei. Nachdem es bereits Freitag 15:00 Uhr gewesen sei, habe er Feierabend gemacht und sich von seinem Kollegen K. nach Hause fahren lassen. Er sei nicht zum Arzt gegangen. Am 29.10.2003 sei dem Kläger praktisch genau dasselbe nochmals passiert. Die mit Schriftsatz vom 16.11.2007 abgegebene Unfallschilderung werde insofern berichtigt, als dieser Unfall sich nicht am 17.10.2003, sondern am 29.10.2003 ereignet habe. Dieses Mal habe sich der Kläger nicht mit den Händen abfangen können, weshalb die Verletzung an seinem rechten Bein sichtbar wesentlich schlimmer gewesen sei als am 17.10.2003. Der ganze rechte Unterschenkel habe sich blau verfärbt und der Kläger habe sofort starke Schmerzen verspürt. Er habe deshalb die Arbeit abge-brochen und sei zusammen mit seinem Kollegen K. zu Dr. S. nach S. H. gefahren. Am Eingang der Arztpraxis habe er erzählt, dass er praktisch denselben Unfall schon einmal am 17.10.2003 erlitten habe. Dies sei offensichtlich dahingehend missverstanden worden, dass der Kläger nur am 17.10.2003 einen Unfall erlitten habe und nicht nochmals am 29.10.2003. Als Zeugen be-nannte der Kläger seine ehemaligen Kollegen E. K. und J. F ... Er ließ weiter ausführen, wegen des Unfalls vom 29.10.2003 sei keine Unfallanzeige der Firma Gebrüder H. an die Beklagte erfolgt, weil der Kläger von Dr. S. nur drei Tage krankgeschrieben worden sei.
Im Termin vom 29.07.2009 vor dem Sozialgericht nahm der Kläger die wegen der Unfallfolgen vom 17.10.2003 erhobene Klage nach dem Hinweis des Kammervorsitzenden, es ergebe sich bereits daraus, dass der Kläger nach dem Arbeitsunfall vom 17.10.2003 keine ärztliche Hilfe in Anspruch genommen habe, dass dieser keine MdE in rentenberechtigendem Grade hinterlassen haben dürfte, zurück.
Mit Schriftsatz vom 09.06.2008 (Bl. 2 Band III VA) beantragte der Kläger die Anerkennung eines am 29.10.2003 erlittenen Arbeitsunfalls. Er sei auf einem Gerüst mit zwei nebeneinander mit Abstand von 15 bis 20 cm angebrachten Gerüstdielen mit dem Anmischen von Bodenbe-schichtungsmaterial in einem Eimer befasst gewesen. Als er damit fertig gewesen sei, habe er den 25 bis 30 kg schweren Eimer ins Gebäude tragen wollen, den Eimer mit dem rechten Arm angehoben, sich mit dem Körper nach links gedreht und gleichzeitig mit dem rechten Bein einen Schritt nach vorne gemacht. Dabei sei er mit dem rechten Bein in die mit Vlies abgedeckte Lücke zwischen den Gerüstdielen geraten und in die Lücke eingebrochen. Hierbei sei er mit dem rechten Knie an der Kante der hinteren, näher zum Gebäude befindlichen, Gerüstdiele entlang geschrammt. Er habe die Arbeit abbrechen müssen und seinen Kollegen K. gebeten, ihn zum Arzt zu fahren. Auch der Kollege J. F., der direkt neben ihm gearbeitet habe, habe die Verunfallung des Klägers mitbekommen und dessen Verletzung unmittelbar danach gesehen. Der Kläger habe sich sodann von seinem Kollegen K. zu Frau Dr. S. fahren lassen. Dort habe er erzählt soeben einen Arbeitsunfall erlitten zu haben und praktisch den selben Arbeitsunfall schon einmal am 17.10.2003 erlitten zu haben. Dies sei offensichtlich dort dahingehend missverstanden worden, dass der Kläger nur am 17.10.2003 einen Arbeitsunfall erlitten habe und nicht nochmals am 29.10.2003, wozu auch beigetragen haben möge, dass der Kläger der deutschen Sprache nur be-dingt mächtig sei.
Schriftlich von der Beklagten befragt gab der ehemalige Kollege F. mit Erklärung vom 30.09.2008 (Bl. 10/12 Band III VA) an, er sei nicht Augenzeuge des Unfalles gewesen, in der Pause hätten ihm Kollegen davon erzählt. Auf die Frage, welche Verletzungen er gesehen habe, gab er an: "Ich habe ihn nicht gesehen."
Die Firma Gebrüder H. ließ durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 22.10.2008 (Bl. 13 Band III VA) mitteilen, der Kläger habe sich, was mit einer Notiz festgehalten sei, am 17.10.2003 auf der Baustelle verletzt. Ein Arbeitsunfall vom 29.10.2003 sei nicht bekannt. Es liege eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 29.10. bis 31.10.2003 vor. Der Grund der Arbeitsunfähigkeit sei nicht bekannt. Der als Meister auf der Baustelle zuständige Mitarbeiter, Herr G., könne sich an Vorgänge aus dem Jahr 2003 im Einzelnen nicht mehr erinnern, sondern wisse lediglich noch, dass es beim Kläger auf der Baustelle zu Verletzungen gekommen sei.
Mit Bescheid vom 06.11.2008 (Bl. 21 Band III VA) lehnte die Beklagte die Anerkennung eines vom Kläger am 29.10.2003 erlittenen weiteren Arbeitsunfalls ab. Es habe aufgrund der bisheri-gen Feststellungen nicht bewiesen werden können, dass sich das vom Kläger behauptete Ereignis tatsächlich ereignet habe.
Mit schriftlicher Aussage vom 04.11.2008 (Bl. 23/25 Band III VA) teilte der ehemalige Kollege K. der Beklagten mit, der Kläger habe im "Sommer 2003" zwischen 10:00 Uhr und 12:00 Uhr einen Unfall erlitten. Ein genaues Unfalldatum gab er nicht an. Er sei nicht direkt Augenzeuge gewesen, sondern habe den Unfall kurz danach gesehen. Er habe sich zwar neben dem Kläger befunden, allerdings mit dem Rücken. Der Unfall habe sich so zugetragen, dass beim Spritzver-fahren der Außenfassade mit Putzmaschine der Kläger hinter ihm beim Schlauchziehen gewesen sei. Da die Beläge des Arbeitsgerüsts einen ziemlich großen Abstand gehabt hätten, sei der Klä-ger zwischen den Belägen "runtergefallen und mit dem Knie aufgeschlagen". Das Knie habe mehrere kleine Schnittwunden gehabt und sei blau angeschwollen.
Mit dem hiergegen am 05.12.2008 erhobenen Widerspruch (Bl. 31 Band III VA) ließ der Kläger u. a. vortragen, der Kollege K. habe den Kläger mit dem ihm zur Verfügung gestellten Ge-schäftswagen zu Dr. S. gefahren, nachdem dieser den streitgegenständlichen Unfall erlitten habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zu-rück. Der Kläger habe weder anlässlich der Behandlung vom 29.10.2003 einen Unfall vom glei-chen Tage behauptet noch nachfolgend gegenüber dem Arbeitgeber oder der Beklagten. Noch am 05.11.2005 habe er gegenüber der Beklagten keine entsprechenden Angaben gemacht und mit dem an das SG gerichteten Schreiben vom 16.11.2007 keinen Bezug zu dem nunmehr gel-tend gemachten Ereignis hergestellt, obwohl die Umstände des 29.10.2003 ausdrücklich vorge-tragen worden seien. Aus den Aussagen der Zeugen lasse sich die Annahme eines Unfalles vom 29.10.2003 nicht herleiten. Augenzeugen gebe es nicht.
Hiergegen hat der Kläger am 01.04.2009 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und zur Begründung vortragen lassen, obwohl er am Empfang der Praxis von Dr. S. am 29.10.2003 von einem am selben Tage erlittenen Unfall berichtet habe, habe dann die Mitarbeiterin wohl durch ein Missverständnis bedingt nur das Datum 17.10.2003, wo der Kläger einen gleichartigen Ar-beitsunfall erlitten habe, erfasst, nicht aber das Datum vom 29.10.2003.
Die Beklagte ist der Klage unter Berufung auf den Inhalt ihrer Akten und die angefochtenen Bescheide entgegengetreten.
Das SG hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18.05.2010 den ehemaligen Kollegen des Klägers, J. F., als Zeugen vernommen. Er hat im Wesentlichen ausgesagt, der Kläger sei nach seinem Wissen zweimal zwischen zwei Gerüstdielen durchgerutscht, die etwas weit auseinander gelegen seien, und habe sich zweimal auf diese Weise verletzt. Der Zeuge hat weder angegeben können, wann jeweils die Vorfälle passiert sein sollen noch zu welcher Jahreszeit dies gewesen sein soll. Auch Angaben zum zwischen den jeweiligen Ereignissen liegenden Zeitraum hat der Zeuge nicht machen können.
Mit Urteil vom 19.05.2010 hat das SG unter Aufhebung des Bescheides vom 06.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2009 festgestellt, dass das Ereignis vom 29.10.2003 ein Arbeitsunfall gewesen ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, es stütze seine Überzeugung auf die glaubhaften Einlassungen des Klägers und den Durchgangsarztbericht der Chirurgin Dr. S. vom 29.10.2003, wohingegen die Aussage des Zeugen F. nicht zur Meinungs-bildung bzw. Überzeugungsbildung habe beitragen können. Als Wesentlich hat das SG insbe-sondere angegeben, dass Dr. S. am 29.10.2003 eine Schürfwunde rechts mit erheblicher Häma-tomschwellung und diffusem Druckschmerz bei eingeschränkter Beweglichkeit rechts beschrie-ben habe und einen Heparin-Gazofix-Verband am rechten Unterschenkel und einen Betaisadona-Verband auf der Schürfwunde verordnet bzw. angelegt habe. Nach Überzeugung des SG entste-he eine solche Schürfwunde nur durch ein akutes, frisches Ereignis/Trauma und könne nicht auf einen zwölf Tage zuvor erlittenen gleichartigen Unfall zurückzuführen sein.
Gegen das der Beklagten am 19.07.2010 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat diese am 11.08.2010 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, der Arbeitgeber des Klä-gers habe lediglich einen Unfall mit dem vom Kläger geschilderten Geschehen vom 17.10.2003 zu bestätigen vermocht, von einem weiteren Unfall vom 29.10.2003 sei der Firma Gebrüder H. nichts bekannt. Dies passe zum Durchgangsarztbericht der Chirurgin Dr. S. vom 29.10.2003. Der Zeuge F. habe bei seiner gerichtlichen Vernehmung nur von zwei Ereignissen zu berichten ver-mocht, bei denen der Kläger zwischen zwei Dielen mit dem Fuß gerutscht sei, was den Ereignis-sen vom 05.05.2003 und 17.10.2003 zuzurechnen sein könne. Falls der Kläger auch am 29.10.2003 einen weiteren Unfall erlitten habe, hätten es drei entsprechende Ereignisse gewesen sein müssen. Der Zeuge K. habe gegenüber der Beklagten einen Unfall vom Sommer 2003 ge-schildert, bei dem der Kläger hinter ihm beim Schlauchziehen zwischen die Dielen getreten sei, während der Kläger bei dem angeblichen Unfall vom 29.10.2003 Bodenbeschichtungsmaterial im Eimer ins Haus getragen haben und dabei zwischen die Gerüstdielen geraten sein wolle. Auch der Kläger habe als Ursache seiner Beschwerden ebenso wie dessen behandelnder Arzt Dr. B. zunächst immer nur auf das Ereignis vom 17.10.2003 verwiesen. Ein während einer versicherten Tätigkeit erlittener Unfall sei nicht mit dem erforderlichen Vollbeweis nachzuweisen. Es stehe nicht einmal fest, dass der Kläger am 29.10.2003 für die Firma Gebrüder H. GmbH gearbeitet habe. Von diesem Betrieb sei vielmehr ein Arbeitsunfall vom 29.10.2003 verneint und auf eine bescheinigte Arbeitsunfähigkeit vom 29.10.2003 bis zum 31.10.2003 verwiesen worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. Mai 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des SG für zutreffend. Die von Dr. S. in ihrem Durchgangsarztbericht vom 29.10.2003 beschriebene Schürfwunde prätibial rechts sowie die erhebliche Hämatomschwellung mit diffusem Druckschmerz und eingeschränkter Beweglichkeit rechts, behandelt mit Heparin-Gazofix-Verband am rechten Unterschenkel und Betaisodona-Verband (Schürfwunde), seien Folgen des vom Kläger am 29.10.2003 erlittenen Arbeitsunfalls, in dessen Verlauf der Kläger auf einer Baustelle in S.-Z. mit seinem rechten Bein in eine Lücke zwischen zwei Gerüstdielen geraten sei und sich das rechte Bein verletzt habe. Die Anlegung eines Betaisodona-Verbandes sei eine typische Maßnahme zur Behandlung einer frischen Wunde. Eine so behandelte Schürf-wunde könne nicht auf den 12 Tage zuvor erlittenen gleichartigen Unfall zurückgeführt werden.
Dr. S. ist im Berufungsverfahren zweimal als sachverständige Zeugin gehört worden. Sie hat mit Schreiben vom 28.02.2011 angegeben, dass sich der Kläger wegen eines Arbeitsunfalls vom 02.07.2003 erstmals am 03.07.2003 und vor dem hier streitigen Ereignis letztmals am 13.10.2003 (geschilderte Beschwerdebesserung) bei ihr vorgestellt habe. Am 29.10.2003 habe er von einem Unfall vom 17.10.2003 berichtet. "Anamnestisch einmalig Knie verdreht als er mit dem Unterschenkel zwischen zwei Dielen eingebrochen ist." Der Kläger habe ihr gegenüber erstmals bei der Befragung am 26.02.2011 angegeben, sowohl am 17.10.2003 als auch am 29.10.2003 einen Arbeitsunfall erlitten zu haben. Am 17.10.2003 habe er sich das Knie verdreht, jedoch keinen Arzt aufgesucht. Am 29.10.2003 sei er mit dem Unterschenkel im Gerüst eingebrochen. Mit weiterer schriftlicher Sachverständigerzeugenaussage vom 11.04.2011 hat Dr. S. ausgeführt, sich an die Vorstellung des Klägers vom 29.10.2003 nicht mehr konkret erinnern zu können, sich jedoch auf ihre Krankenunterlagen zu stützen und auf die nachträglich vom Kläger abgegebene Erklärung. Zu einem alten Unfall passe keine Hämatombildung, die mit Heparinsalbe verbunden werde, und auch keine Schürfwunde, die mit PVP-Jodsalbe verbunden werde, da die Salbenanwendung nach einigen Tagen keinen Sinn mehr mache. Zusammenfassend müsse am 29.10.2003 ein weiterer Unfall erfolgt sein mit Einbruch des rechten Unterschenkels zwischen zwei Dielen, der dann bei oberflächlichen Verletzungen mit entsprechenden Salben versorgt worden sei.
Der Senat hat ferner eine Auskunft der Firma Gebrüder H. eingeholt, mit welcher mitgeteilt worden ist (Auskunft vom 27.07.2011, Bl. 71/75 Senatsakte), nach Recherche in den dortigen Unterlagen sehe es so aus, dass der Kläger am 29.10.2003 nicht gearbeitet habe, denn auf dem Reisekostennachweis vom 27.10. bis 31.10.2003 seien nur für den 27.10. und 28.10.2003 Zeiten eingetragen und ab dem 29.10.2003 nicht mehr. Bei einem Arbeitstag müsse eigentlich ein Ein-trag vorliegen, außer der Mitarbeiter habe vergessen seine Eintragungen zu machen. Des Weiteren seien für den Zeitraum 29.10. bis 31.10.2003 jeweils Lohnfortzahlung (7,8 Stunden krank) eingebucht worden, was vom Stundennachweis ebenso in die Arbeits-, Urlaubs- und Kranken-karte 2003 des Klägers übertragen worden sei. Bei dieser Buchung sei davon auszugehen, dass ein Stundennachweis ohne Arbeitszeit und nur mit dem Eintrag von Krankheit für diesen Zeit-raum vorgelegen habe. Stundenachweise lägen nicht mehr vor.
Zu der Auskunft hat der Kläger entgegnet, aus der Lohnabrechnung ergebe sich, dass ab dem 29.10.2003 eine neue Erkrankung vorgelegen habe, welche eine neue Entgeltfortzahlung ausge-löst habe. Dies spreche für ein am 29.10.2003 stattgefundenes Unfallereignis. Mit dem Reisekos-tennachweis seien die steuerfreien Spesen abgerechnet worden, welche angefallen seien, wenn eine Arbeitszeit von 8 Stunden überschritten worden sei. Wenn diese Arbeitszeit aus irgendeinem Grund nicht erreicht worden sei, sei auch keine Eintragung in den Reisekostennachweis nicht erfolgt. Am 29.10.2003 sei der Kläger morgens zur Baustelle gefahren und habe mit seinem Kollegen K. zusammen auf der Baustelle gearbeitet, bevor er sich durch den streitgegen-ständlichen Unfall verletzt habe. Er habe dann noch kurz versucht, weiterzuarbeiten. Als klar gewesen sei, dass dies nicht gehe und er zum Arzt müsse, habe sein Kollege K. ihn dann mit dem Firmenwagen zum Arzt gefahren.
Im Rahmen eines Erörterungstermins hat der Berichterstatter sowohl den Kläger persönlich an-gehört als auch den Zeugen K. vernommen. Der Kläger hat erklärt, von einem Kollegen zum Arzt gefahren worden zu sein. Er könne zwar nicht mehr sagen, wer das gewesen sei, vermute aber, dass es auch wieder der Kollege K. gewesen sei. Außerdem sei es jedenfalls ein türkischer Kollege gewesen und er könne sich nicht daran erinnern, dass noch andere türkische Kollegen zu dem Zeitpunkt auf der Baustelle gearbeitet hätten. Demgegenüber hat der Zeuge K. mitgeteilt, dass er sich sicher sei, den Kläger nicht nach einem Unfall zum Arzt gefahren zu haben. Der Zeuge hat ferner erklärt sich daran erinnern zu können, dass der Kläger zwei Ereignisse erlitten habe. Die Jahreszeit hat er zunächst spontan mit "Sommer" umschrieben, seine Aussage jedoch im Verlauf der Vernehmung relativiert und angegeben, Sommer sei es bei ihm bis es schneie.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die SG-Akten (Aktenzeichen S 8/9/2 U 2516/06 und Aktenzeichen S 11 U 1183/09) sowie die Senatsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Die form- und fristgerecht erhobene sowie statthafte (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsge-setz (SGG)) Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden konnte, ist zu-lässig und begründet.
1. Das SG hat die erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu Recht als zulässig angesehen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist anerkannt, dass wenn die Frage streitig ist, ob ein bestimmter Unfall Arbeitsunfall ist, der Versicherte diese Frage vorab im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und isolierten Feststellungsklage klären lassen kann (vgl. etwa Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 15.02.2005 – B 2 U 1/04 R – m.w.N.).
2. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegen-den Einzelfalls sieht es der Senat – anders als das SG in dem mit der Berufung angefochtenen Urteil vom 19.05.2010 – als nicht nachgewiesen an, dass der Kläger am 29.10.2003 einen Ar-beitsunfall erlitten hat. Die Berufung der Beklagten ist hiernach begründet.
Nach § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Ver-sicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tä-tigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrich-tung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zu-sammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitser-stschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haf-tungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (stän-dige Rechtsprechung, vgl. Urteile des BSG vom 30.01.2007, Az. B 2 U 8/06 R, UV-Recht Aktu-ell 2007, 860-866, zitiert nach (juris), dort Rn. 10 m.w.N., sowie vom 27.02.2009, Az. B 2 U 18/07 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 31, zitiert nach (juris), dort Rn. 9).
Ein Arbeitsunfall ist nach alledem nur anzunehmen, wenn das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit – vorliegend mithin der Ausübung der versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers als Malerhelfer bei der Firma Gebrüder H. – zuzurechnen ist, und diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätig-keit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92; BSG SozR 2200 § 548 Nrn. 82 und 97; SozR 3-2200 § 548 Nrn. 19 und 26). Der innere Zu-sammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung in-nerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallver-sicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr 1 m.w.N.; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vorder-grund (vgl. insgesamt zum Vorstehenden Urteil des BSG vom 14.12.1999, B 2 U 3/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 1, zitiert nach (juris), dort Rn. 15).
Vorliegend ist bereits nicht nachgewiesen, dass der Kläger am 29.10.2003 einen Unfall erlitten hat. Aus den von Dr. S. im Durchgangsarztbericht vom 29.10.2003 beschriebenen Verletzungen, insbesondere der beschriebenen Schürfwunde prätibial im Bereich des rechten Knies, lässt sich nicht zweifelsfrei ableiten, ob es sich tatsächlich um frische Verletzungen vom selben Tag oder Verletzungen gehandelt hat, die sich der Kläger vor dem 29.10.2003l, etwa am 17.10.2003, zu-gezogen hat. Dies hat Dr. S., ebenso wie das SG, lediglich im Wege des Rückschlusses aus der von ihr eingeleiteten Behandlung (Anlegung eines Heparin-Gazofix-Verbandes am rechten Un-terschenkel zur Behandlung des Hämatoms sowie eines Betaisadona-Verbandes auf die Schürf-wunde) gefolgert. Dieser nachträglich gezogene Rückschluss erscheint dem Senat zwar nicht fernliegend, keineswegs aber zwingend, nachdem es Dr. S. offensichtlich bei Abfassung des Durchgangsarztberichtes vom 29.10.2003 nicht als problematisch angesehen hat, die von ihr festgestellten Verletzungen einem Arbeitsunfall vom 17.10.2003 zuzuordnen. Die Frage im Be-richtsformular, ob Hergang und Befund gegen die Annahme eines Arbeitsunfalls sprechen, hat sie nicht bejaht, Zweifel daran, dass Befund und Unfalldatum nicht in Einklang zu bringen sein könnten, nicht zum Ausdruck gebracht. Umschreibungen, welche auf frische Verletzungen schließen lassen könnten, fehlen in dem am 29.10.2003 schriftlich niedergelegten Befund. Schließlich hat Dr. S. mit schriftlicher sachverständiger Zeugenaussage vom 11.04.2011 [Bl. 61 Senatsakte] zum Ausdruck gebracht, dass sie sich dem erstmals vom SG in den Entscheidungs-gründen des angefochtenen Urteils gezogenen Rückschluss von der Art der Behandlung auf das hier streitige Unfallereignis vom 29.10.2003 nach einer Befragung des Klägers im Februar 2011 in dessen Verlauf er den 29.10.2003 – ihr gegenüber erstmals – als weiteren Unfalltag angegeben hatte, angeschlossen hat, ohne dass sie die Angaben des Klägers erkennbar einer distanziert-kritischen Betrachtung unterzogen hat.
Der Umstand, dass der Kläger erstmals, nachdem er bereits seit dem 04.07.2006 ein Gerichtsver-fahren wegen des Unfalls vom 17.10.2003 geführt hatte, mit Schriftsatz vom 14.02.2008 (Bl. 53 der SG-Akte S 2 U 2516/06) behauptet hat, neben dem Unfall vom 17.10.2003 auch am 29.10.2003 einen – im Wesentlichen hinsichtlich Geschehensablauf und Verletzungsbild gleich-gelagerten – Arbeitsunfall auf der Baustelle in S.-Z. erlitten zu haben, begründet Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Klägers, zumal noch mit Schriftsatz vom 16.11.2007 die damalige Bevollmächtigte für den Kläger vorgetragen hat, dass dieser nach dem Unfall vom 17.10.2003 zunächst weiter gearbeitet hat und schließlich am 29.10.2003, nachdem der Unter-schenkel immer mehr angeschwollen ist, geschmerzt hat und nur noch eingeschränkt beweglich gewesen ist, der Kläger die Arbeit abgebrochen hat und von seinem Kollegen K. zu Dr. S. gefah-ren ist. Es handelt sich dabei um eine recht detaillierte Schilderung des Geschehensablaufs der Vorgänge vom 17.10.2003 bis zum Erscheinen des Klägers bei Dr. S. am 29.10.2003, ohne dass sich, wie auch schon in sämtlichen vorgelagerten Schriftsätzen der Bevollmächtigten des Klägers, aus dem Vortrag Anhaltspunkte für einen am 29.10.2003 erlittenen weiteren Arbeitsunfall entnehmen lassen haben. Vielmehr enthält der an die Beklagte gerichtete Schriftsatz des damali-gen Bevollmächtigten (Widerspruchsbegründung gegen den Bescheid vom 23.02.2006) vom 20.04.2006 (Bl. 55 [56 Mitte] Band II VA) die ausdrückliche Aussage: "Ein anderes Unfaller-eignis mit einer entsprechenden Traumatisierung hat es beim Widerspruchsführer seit dem 17.03.2003 nicht gegeben." Die vom Kläger behauptete Nichterfassung zweier Arbeitsunfälle (vom 17.10.2003 und vom 29.10.2003) im Rahmen der Vorstellung des Klägers bei Dr. S. am 29.10.2003 mag sich noch plausibel mit Sprachschwierigkeiten des aus Griechenland stammen-den Klägers begründen lassen, für das Fehlen jeglicher Anhaltspunkte in Bezug auf das hier streitige Ereignis vom 29.10.2003 bis zum 14.02.2008 ist das nicht der Fall, zumal der Kläger gemäß der aktenkundigen Vollmacht im Verwaltungsverfahren (Bl. 54 Band I VA) seit dem 23.08.2005 durchgehend anwaltlich vertreten gewesen ist.
Selbst wenn man entgegen der vom Senat vertretenen Auffassung zugunsten des Klägers unter-stellen wollte, dass ein vom Kläger am 29.10.2003 erlittener "frischer" Erstschaden nachgewiesen wäre, bestehen - was noch ergänzend ausgeführt wird - beim Senat erhebliche Zweifel daran, dass der Kläger sich die Verletzungen tatsächlich im Rahmen seiner versicherten Berufstätigkeit als Malerhelfer auf der Baustelle A.-S.-Straße in S.-Z. zugezogen hat. Es ist nicht nachgewiesen, dass der Kläger am 29.10.2003 überhaupt seine Arbeitstelle aufgesucht hat. Dagegen spricht zunächst, dass der Kläger stets behauptet hat, am 29.10.2003 vom Zeugen K. von der Baustelle aus zur Ärztin Dr. S. gefahren worden zu sein, wohingegen der Zeuge K. auch nach mehrfacher Nachfrage sicher ausgeschlossen hat, den Kläger jemals nach einem Unfall zum Arzt gefahren zu haben. Zudem haben sich sowohl der Zeuge K. als auch der Zeuge F. jeweils nur an zwei Er-eignisse erinnert, in deren Verlauf der Kläger mit einem Bein zwischen Gerüstdielen getreten ist. Folgt man demgegenüber den Angaben des Klägers, hätte dieser drei im Wesentlichen gleichar-tige Unfälle erlitten, nämlich am 05.05.2003 (vgl. Unfallanzeige vom 06.05.2003, Bl. 63), am 17.10.2003 und am 29.10.2003. Hiernach kann es nicht mehr maßgeblich darauf ankommen, dass der Zeuge K. behauptet hat, dass zwischen den Ereignissen nur wenige Wochen gelegen sind, zumal er gleichzeitig behauptet hat, dass der Kläger die Unfälle im Sommer erlitten hat.
Die Zeugen haben sich, was angesichts der verstrichenen Zeit nachvollziehbar ist, nicht konkret daran erinnern können, ob der Kläger am 29.10.2003 vor seinem Arztbesuch seine Arbeitsstelle aufgesucht hat. Aus dem Durchgangsarztbericht oder den vom Senat beigezogenen Aufzeich-nungen der Ärztin Dr. S. lässt sich nicht entnehmen, zu welcher Uhrzeit der Kläger dort erschie-nen ist.
Schließlich hat auch die Auskunft des ehemaligen Arbeitgebers des Klägers, der Firma H. vom 27.07.2011 (Bl. 71-75 VA) kein Indiz dafür ergeben, dass der Kläger seine Arbeitsstelle vor der Krankschreibung durch Dr. S., welche vom 29.10.2003 bis zum 31.10.2003 erfolgt ist, noch auf-gesucht hat, da in der Arbeits-/Urlaubs-/Krankenkarte der 29.10.2003 als Krankheitstag und nicht als Arbeitstag aufgeführt ist und der Reisekostennachweis für den 29. bis 31.10.2003 keine Eintragungen enthält. Weitere Ermittlungsansätze bestehen nicht, nachdem Stundenzettel nicht mehr existieren.
3. Nach alledem war der Berufung der Beklagten stattzugeben und das Urteil vom 19.05.2010 auf-zuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstat-ten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger am 29.10.2003 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der 1970 geborene, aus Griechenland stammende, Kläger war von Mai 1994 bis Januar 2004 als Malerhelfer bei der Firma Gebrüder H. Bauschutztechnik GmbH, S. H., beschäftigt. Vor dem hier streitigen Ereignis vom 29.10.2003 hat der Kläger im Jahr 2003 mehrere andere Arbeitsun-fälle erlitten. Gemäß Unfallanzeige der Firma Gebrüder H. vom 06.05.2003 (Bl. 63 Band II der Verwaltungsakte der Beklagten - VA) sei er am 05.05.2003 um 14:00 Uhr auf einer Baustelle in S.-Z. auf dem Gerüst gelaufen und habe einen Eimer mit Material holen wollen. Dabei sei er versehentlich mit seinem Fuß zwischen zwei Gerüstdielen getreten und habe sich dabei verletzt. Als Art der Verletzung war eine Prellung des linken Knies angegeben.
Gemäß weiterer Unfallanzeige vom 14.07.2003 (Bl. 1 des Bandes I VA) habe der Kläger am 02.07.2003 um 15:20 Uhr auf derselben Baustelle in der A.-S.-Straße 4-6 in S.-Z. einen weiteren Arbeitsunfall erlitten. Er sei gerade dabei gewesen die Baustelle aufzuräumen und habe zum Container laufen wollen. Dabei sei er mit dem Fuß weggeknickt und habe sich das Kniegelenk (rechtes Knie) verdreht. Wegen dieses Unfalls stellte sich der Kläger am Folgetag bei der Chi-rurgin Dr. S. vor, die mit Durchgangsarztbericht vom 03.07.2003 (Bl. 2 Band I VA) die Diagno-se einer Kniedistorsion rechts mit Verdacht auf Innenbandzerrung und Innenmeniskusläsion stellte. Es schloss sich eine Arbeitsunfähigkeit, ein misslungener Arbeitsversuch vom 29.07.2003 sowie eine erneute Arbeitsunfähigkeit bis zum 03.08.2003 an; der Kläger wurde zur Behandlung mehrfach einer Kniepunktion unterzogen (Zwischenbericht Dr. S. vom 12.08.2003, Bl. 3 Band I VA). Gemäß weiterem Zwischenbericht des Facharztes für Chirurgie Dr. S. (Bl. 5 Band I VA) vom 04.09.2003 hat der Kläger nach seinem Urlaub in Griechenland (04.08.2003 bis zum 22.08.2003) vom 25.08. bis zum 27.08.2003 einen erneuten Arbeitsversuch unternommen und diesen wegen Schmerzen im rechten Kniegelenk abgebrochen. Es schloss sich eine erneute Zeit der Arbeitsunfähigkeit, beginnend ab dem 28.08.2003 (vgl. Bescheinigung der IKK S. H. vom 19.09.2003, Bl. 7 Band I VA) an, in deren Verlauf beim Kläger am 23.09.2003 eine arthroskopi-sche Innenmeniskusteilresektion am rechten Kniegelenk durchgeführt wurde (Berichte des Chi-rurgen Dr. L. vom 22.09.2003, Bl. 8 Band I VA sowie von Dr. S. vom 26.09.2003, Bl. 9 VA). Gemäß Mitteilung der Chirurgin Dr. S. vom 13.10.2003 (Bl. 16 Band I VA) endete die Arbeits-unfähigkeit des Klägers wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 02.07.2003 mit Ablauf des 13.10.2003; die verbleibende MdE schätzte Dr. S. mit unter 10 v. H. ein.
Mit Durchgangsarztbericht vom 29.10.2003 (Bl. 2 Band II VA) berichtete die Ärztin für Chirur-gie Dr. S., der Kläger habe am 17.10.2003 um 15:00 Uhr auf einer Baustelle in S. einen Arbeits-unfall erlitten. Er sei mit dem rechten Unterschenkel zwischen zwei Dielen im Gerüst eingebro-chen. Er habe primär weiter gearbeitet und komme jetzt wegen erheblicher Hämatombildung und Schmerzen. Erstmalig werde der Kläger durch sie am 29.10.2003 behandelt; die Uhrzeit des Ein-treffens des Klägers bei Dr. S. ist auf dem Durchgangsarztbericht nicht vermerkt. Der Befund ist beschrieben wie folgt: "Re. Unterschenkel: Klinisch kein Hinweis auf Fraktur. Erhebliche Häma-tomschwellung mit diffusem Druckschmerz und eingeschränkter Beweglichkeit. Ca. 2 cm längs-verlaufene leichte Schürfwunde prätibial. Periphere MSD o.B." Dr. S. diagnostizierte eine kleine Schürfwunde prätibial rechts und ein Unterschenkel-Hämatom rechts. Als Erstversorgung ange-geben ist die Anlegung eines Heparin-Gazofix-Verbandes am rechten Unterschenkel sowie eines Betaisadona-Verbandes auf die Schürfwunde. Weiter heißt es: "TAT wird abgeklärt." Dem Klä-ger wurde eine Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.10.2003 bescheinigt.
Mit Durchgangsarztbericht vom 12.11.2004 (Bl. 49 Band I VA) berichtete der Chirurg Dr. B. über eine Behandlung des Klägers vom 29.10.2004. Als Unfalltag angegeben ist wiederum der 17.10.2003, als Unfall-Uhrzeit 15:00 Uhr. Der Durchgangsarztbericht trägt den Vermerk "Wie-dererkrankungsbericht". Als Unfallhergang ist angegeben: "Mit dem re. Unterschenkel zwischen zwei Dielen im Gerüst eingebrochen." Weiter heißt es im Befund, der Kläger habe vor ungefähr einem Jahr ein Kniedrehtrauma erlitten, es bestehe ein Zustand nach mehrmaligen Punktionen. Radiologisch sei damals eine Fraktur ausgeschlossen worden. Er diagnostizierte eine Partialruptur des vorderen Kreuzbandes rechts und eine Innenmeniskusruptur rechts. Nachdem Dr. B. mit weiterem Bericht vom 15.08.2005 der Beklagten über eine erneute Vorstellung des Klägers vom 12.08.2005 mit erheblicher Beschwerdesymptomatik im Bereich des rechten Kniegelenkes be-richtete und unter neuerlicher Inbezugnahme des 17.10.2003 als Unfalltag die Diagnose einer nunmehr vollständigen Ruptur des vorderen Kreuzbandes am rechten Kniegelenk stellte, teilte die Beklagte diesem mit Schreiben vom 26.08.2005 (Bl. 51 Band I VA) mit, ihrer Auffassung nach seien die bestehenden Beschwerden nicht mehr Folgen des Unfalls vom 02.07.2003. Sie forderte Dr. B. auf, die Behandlung zu ihren Lasten zu beenden.
Hierauf teilte der Kläger der Beklagten durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 26.08.2005 (Bl. 53 Band I VA) mit, er habe sowohl am 28.08.2003 als auch am 29.10.2003 einen Arbeitsunfall bei der Firma H. in S. H. erlitten. Die Beklagte wurde aufgeführt, Leistungs-ansprüche zu überprüfen.
Hierauf teilte die Beklagte mit Schreiben vom 07.09.2005 mit, dass bei ihr weder ein Unfall vom 28.08.2003 noch ein Unfall vom 29.10.2003 gemeldet sei, sie jedoch davon ausgehe, dass vor-liegend die Unfallsachen vom 02.07.2003 oder vom 17.10.2003 gemeint seien. Bei dem letztge-nannten Unfall habe der Kläger jedoch lediglich eine kleine Schürfwunde und einen Bluterguss am rechten Unterschenkel erlitten.
Mit Schreiben vom 19.09.2005 (Bl. 58 Band I VA) bestätigte der Kläger durch seinen Bevoll-mächtigten, dass die Beklagte richtig festgestellt habe, dass Arbeitsunfälle des Klägers vom 02.07.2003 und 17.10.2003 bei der Beklagten gemeldet worden seien. Beide Arbeitsunfälle hät-ten das rechte Knie betroffen. Die Feststellungen der Dr. S. in ihrem Durchgangsarztbericht vom 29.10.2003 seien unrichtig. Der Kläger sei mit seinem rechten Bein zwischen zwei Gerüstdielen gekommen und habe eine erhebliche Quetschung des rechten Unterschenkels einschließlich des rechten Knies, welches bereits durch den Unfall vom 02.07.2003 vorgeschädigt gewesen sei, erlitten. Sie habe den Kläger nur drei Tage lang krankgeschrieben, obwohl er unter erheblichen Schmerzen gelitten habe. Der jetzt behandelnde Arzt, Dr. B., halte nach Angaben des Klägers einen Zusammenhang zwischen dem Unfall vom 17.10.2003 und den jetzigen Beschwerden für gegeben.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 17.10.2005 ließ der Kläger mitteilen, er habe am 17.10.2003 einen weiteren Arbeitsunfall erlitten, als er "vom Gerüst gestürzt" sei, und legte zum Beweis dafür ein ärztliches Attest des Chirurgen Dr. B. vom 11.10.2005 (Bl. 10 Band II VA) vor. Hiernach habe der Kläger am 17.10.2003 einen Arbeitsunfall erlitten. Nach seinen An-gaben sei er von einem Gerüst gestürzt. Er gebe an, Schmerzen im Bereich des Kniegelenks ge-klagt zu haben, diese seien jedoch nicht berücksichtigt worden. Eine weiterführende Untersu-chung sei nicht erfolgt. Eine arthroskopische Abklärung vom 23.09.2003 habe ein vollständiges vorderes Kreuzband ergeben. Der Schaden müsse also unzweifelhaft nach dem 23.09.2003 ein-getreten sein. Wichtig sei nun seiner Ansicht nach, ob es Zeugen für das Unfallereignis gebe. Auf Nachfrage der Beklagten teilte Dr. B. mit weiterem Schreiben vom 25.10.2005 (Bl. 19 Band II VA) mit, ihm gegenüber habe der Kläger mitgeteilt, am 17.10.2003 verunfallt zu sein. Er sei mit dem betroffenen Bein durch ein Gerüst durchgebrochen. Anhand des vorliegenden Durchgangsarztberichtes werde diese Angabe ebenso aufgeführt. Nicht erwähnt seien die Tiefe des Sturzes oder ob ein Verdrehtrauma vorgelegen habe. Ob zwischenzeitlich weitere Unfälle stattgefunden hätten, entziehe sich seiner Kenntnis.
Gemäß der am 02.11.2005 von der Firma Gebr. H. GmbH erstatteten Unfallanzeige (Bl. 1 Band II VA) müsse laut einer Notiz in den dortigen Unterlagen der Kläger zwischen zwei Dielen auf einem Gerüst getreten sein und habe sich dabei verletzt. Als Unfallzeitpunkt ist der 17.10.2003 (15:00 Uhr) angegeben. Der Kläger sei erst am 29.10.2003 zum Arzt gegangen und sei nur drei Tage krank gewesen, weshalb eigentlich keine Unfallanzeige hätte erstattet werden müssen (we-niger als vier Tage krank). Weitere Informationen lägen nach zwei Jahren nicht mehr vor.
Mit schriftlicher Erklärung vom 05.11.2005 (Bl. 24 Band II VA) teilte der Kläger auf Frage nach der Ursache für die Knieschädigung (Unfalltag: 17.10.2003) mit, Ursache für die Knieschädi-gung sei ein Sturz gewesen. Zum Zeitpunkt der Schädigung habe er Material gemischt. Die Frage nach früheren Kniebeschwerden verneinte der Kläger. Als behandelnde Ärztin gab er Dr. S. an.
Mit Bescheid vom 23.02.2006 (Bl. 44 Band II VA) lehnte die Beklagte die Gewährung von Ver-letztenrente wegen der Folgen des Versicherungsfalles vom 17.10.2003 ab. Als Unfallfolgen erkannte sie eine folgenlos ausgeheilte Prellung prätibial rechts und ein abgeheiltes Hämatom am rechten Unterschenkel an.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch und führte zu dessen Begründung mit Schreiben vom 20.04.2006 (Bl. 55 Band II VA) aus, am 17.10.2003 habe er infolge eines Sturzes ein Kniedreh-Trauma erlitten, welches in eine Kreuzbandruptur rechts gemündet sei. Er sei mit dem rechten Kniegelenk zwischen zwei Gerüstdielen gelangt. Am 29.10.2003 sei er von Dr. S. untersucht und behandelt worden, welche nur eine Schürfwunde und ein Unterschenkelhämatom diagnostiziert habe. Die geklagten Beschwerden des Klägers hinsichtlich des Kniegelenks seien nicht ernst genommen und der Verdacht einer möglichen Ruptur sei nicht weiterverfolgt worden. Durch die Kreuzbandruptur rechts stehe dem Kläger Rente nach einem Grad der Minderung der Erwerbs-fähigkeit von mindestens 30 v. H. zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.06.2006 (Bl. 64 Band II VA) wies die Beklagte den Wider-spruch des Klägers zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 04.07.2006 Klage beim Sozialgericht Ulm (Aktenzeichen: S 8/9/2 U 2516/06). Mit der Klagebegründung vom 21.08.2006 blieb der Kläger zunächst bei seiner Darstellung, er habe am 17.10.2003 einen Unfall erlitten, in dessen Verlauf er sich nicht nur eine Prellung im Bereich des rechten Schienbeins zugezogen habe, sondern eine Kreuzbandruptur, die zu einem Dauerschaden geführt habe. Nach einem Ende August 2007 eingetretenen Wechsel des Prozessbevollmächtigten ließ der Kläger durch seine neue Bevollmächtigte zunächst vortragen, er habe am 17.10.2003 zum Unfallzeitpunkt auf einem Gerüst im Bereich von zwei nebeneinander mit einem Abstand von ca. 15 bis 20 cm angebrachten Gerüstdielen gearbeitet. Diese seien auch über die bestehende Lücke hinweg mit einem Abdeckvlies abgedeckt gewesen. Der Kläger sei zunächst auf der vorderen, vom Gebäude weiter entfernt angebrachten, Gerüstdiele gestanden und habe dort mit einem elektrischen Rührgerät Bodenbeschichtungsmaterial in einem Eimer gemischt. Als er damit fertig gewesen sei, habe er den 25 bis 30 kg schweren Eimer ins Gebäude tragen wollen. Er habe den Eimer mit dem rechten Arm angehoben, sich mit dem Körper nach links gedreht und gleichzeitig mit dem rechten Bein einen Schritt nach vorne gemacht. Dabei sei er mit dem rechten Bein in die mit Vlies abgedeckt Lücke zwischen beiden Gerüstdielen geraten und in diese Lücke eingebrochen. Er sei mit dem rechten Knie an der Kante der hinteren Gerüstdiele entlang geschrammt, habe sofort starke Schmerzen gehabt und die Arbeit deshalb abbrechen müssen. Unmittelbar nach dem Unfall sei er zusammen mit seinem Kollegen K. zu Dr. S. gefahren; der Kollege habe ihn gefahren, denn er selbst habe verletzungsbedingt nicht Auto fahren können. Diese habe ihm Schmerztabletten verschrieben, ihn jedoch nicht krankgeschrieben. Der Kläger habe dann unter Einnahme von Schmerztabletten zunächst bis zum 29.10.2003 weitergearbeitet. Als der rechte Unterschenkel immer mehr angeschwollen sei, geschmerzt habe und nur noch sehr eingeschränkt beweglich gewesen sei, habe er am 29.10.2003 wiederum die Arbeit abbrechen und sich von seinem Kollegen K. wieder zu Dr. S. fahren lassen müssen, die ihn daraufhin drei Tage krankgeschrieben habe (Schriftsatz vom 16.11.2007, Bl. 48/49 SG-Akte).
Auf den Vorhalt der Beklagten, es bestünden keine Hinweise darauf, dass Dr. S. den Kläger am 17.10.2003 untersucht oder behandelt habe, teilte die Bevollmächtigte des Klägers mit Schrift-satz vom 14.02.2008 (Bl. 53/54 SG-Akte) mit, sie berichtige den bisherigen klägerischen Vortrag. Der Kläger habe im Oktober 2003 zwei Arbeitsunfälle erlitten, einem am Freitag, den 17.10.2003 gegen 15:00 Uhr und einen am Mittwoch, den 29.10.2003. Beide Arbeitsunfälle seien auf der Baustelle A.-S.-Straße in S.-Z. passiert. Beide Male sei er auf dem Gerüst mit dem rechten Bein in die mit Vlies abgedeckte Lücke zwischen zwei Gerüstdielen geraten und in diese Lücke eingebrochen. Am 17.10.2003 sei die Reaktion des Klägers schneller gewesen, weshalb er sich mit den Händen schneller habe abfangen können und der Unfall glimpflich abgegangen sei. Nachdem es bereits Freitag 15:00 Uhr gewesen sei, habe er Feierabend gemacht und sich von seinem Kollegen K. nach Hause fahren lassen. Er sei nicht zum Arzt gegangen. Am 29.10.2003 sei dem Kläger praktisch genau dasselbe nochmals passiert. Die mit Schriftsatz vom 16.11.2007 abgegebene Unfallschilderung werde insofern berichtigt, als dieser Unfall sich nicht am 17.10.2003, sondern am 29.10.2003 ereignet habe. Dieses Mal habe sich der Kläger nicht mit den Händen abfangen können, weshalb die Verletzung an seinem rechten Bein sichtbar wesentlich schlimmer gewesen sei als am 17.10.2003. Der ganze rechte Unterschenkel habe sich blau verfärbt und der Kläger habe sofort starke Schmerzen verspürt. Er habe deshalb die Arbeit abge-brochen und sei zusammen mit seinem Kollegen K. zu Dr. S. nach S. H. gefahren. Am Eingang der Arztpraxis habe er erzählt, dass er praktisch denselben Unfall schon einmal am 17.10.2003 erlitten habe. Dies sei offensichtlich dahingehend missverstanden worden, dass der Kläger nur am 17.10.2003 einen Unfall erlitten habe und nicht nochmals am 29.10.2003. Als Zeugen be-nannte der Kläger seine ehemaligen Kollegen E. K. und J. F ... Er ließ weiter ausführen, wegen des Unfalls vom 29.10.2003 sei keine Unfallanzeige der Firma Gebrüder H. an die Beklagte erfolgt, weil der Kläger von Dr. S. nur drei Tage krankgeschrieben worden sei.
Im Termin vom 29.07.2009 vor dem Sozialgericht nahm der Kläger die wegen der Unfallfolgen vom 17.10.2003 erhobene Klage nach dem Hinweis des Kammervorsitzenden, es ergebe sich bereits daraus, dass der Kläger nach dem Arbeitsunfall vom 17.10.2003 keine ärztliche Hilfe in Anspruch genommen habe, dass dieser keine MdE in rentenberechtigendem Grade hinterlassen haben dürfte, zurück.
Mit Schriftsatz vom 09.06.2008 (Bl. 2 Band III VA) beantragte der Kläger die Anerkennung eines am 29.10.2003 erlittenen Arbeitsunfalls. Er sei auf einem Gerüst mit zwei nebeneinander mit Abstand von 15 bis 20 cm angebrachten Gerüstdielen mit dem Anmischen von Bodenbe-schichtungsmaterial in einem Eimer befasst gewesen. Als er damit fertig gewesen sei, habe er den 25 bis 30 kg schweren Eimer ins Gebäude tragen wollen, den Eimer mit dem rechten Arm angehoben, sich mit dem Körper nach links gedreht und gleichzeitig mit dem rechten Bein einen Schritt nach vorne gemacht. Dabei sei er mit dem rechten Bein in die mit Vlies abgedeckte Lücke zwischen den Gerüstdielen geraten und in die Lücke eingebrochen. Hierbei sei er mit dem rechten Knie an der Kante der hinteren, näher zum Gebäude befindlichen, Gerüstdiele entlang geschrammt. Er habe die Arbeit abbrechen müssen und seinen Kollegen K. gebeten, ihn zum Arzt zu fahren. Auch der Kollege J. F., der direkt neben ihm gearbeitet habe, habe die Verunfallung des Klägers mitbekommen und dessen Verletzung unmittelbar danach gesehen. Der Kläger habe sich sodann von seinem Kollegen K. zu Frau Dr. S. fahren lassen. Dort habe er erzählt soeben einen Arbeitsunfall erlitten zu haben und praktisch den selben Arbeitsunfall schon einmal am 17.10.2003 erlitten zu haben. Dies sei offensichtlich dort dahingehend missverstanden worden, dass der Kläger nur am 17.10.2003 einen Arbeitsunfall erlitten habe und nicht nochmals am 29.10.2003, wozu auch beigetragen haben möge, dass der Kläger der deutschen Sprache nur be-dingt mächtig sei.
Schriftlich von der Beklagten befragt gab der ehemalige Kollege F. mit Erklärung vom 30.09.2008 (Bl. 10/12 Band III VA) an, er sei nicht Augenzeuge des Unfalles gewesen, in der Pause hätten ihm Kollegen davon erzählt. Auf die Frage, welche Verletzungen er gesehen habe, gab er an: "Ich habe ihn nicht gesehen."
Die Firma Gebrüder H. ließ durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 22.10.2008 (Bl. 13 Band III VA) mitteilen, der Kläger habe sich, was mit einer Notiz festgehalten sei, am 17.10.2003 auf der Baustelle verletzt. Ein Arbeitsunfall vom 29.10.2003 sei nicht bekannt. Es liege eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 29.10. bis 31.10.2003 vor. Der Grund der Arbeitsunfähigkeit sei nicht bekannt. Der als Meister auf der Baustelle zuständige Mitarbeiter, Herr G., könne sich an Vorgänge aus dem Jahr 2003 im Einzelnen nicht mehr erinnern, sondern wisse lediglich noch, dass es beim Kläger auf der Baustelle zu Verletzungen gekommen sei.
Mit Bescheid vom 06.11.2008 (Bl. 21 Band III VA) lehnte die Beklagte die Anerkennung eines vom Kläger am 29.10.2003 erlittenen weiteren Arbeitsunfalls ab. Es habe aufgrund der bisheri-gen Feststellungen nicht bewiesen werden können, dass sich das vom Kläger behauptete Ereignis tatsächlich ereignet habe.
Mit schriftlicher Aussage vom 04.11.2008 (Bl. 23/25 Band III VA) teilte der ehemalige Kollege K. der Beklagten mit, der Kläger habe im "Sommer 2003" zwischen 10:00 Uhr und 12:00 Uhr einen Unfall erlitten. Ein genaues Unfalldatum gab er nicht an. Er sei nicht direkt Augenzeuge gewesen, sondern habe den Unfall kurz danach gesehen. Er habe sich zwar neben dem Kläger befunden, allerdings mit dem Rücken. Der Unfall habe sich so zugetragen, dass beim Spritzver-fahren der Außenfassade mit Putzmaschine der Kläger hinter ihm beim Schlauchziehen gewesen sei. Da die Beläge des Arbeitsgerüsts einen ziemlich großen Abstand gehabt hätten, sei der Klä-ger zwischen den Belägen "runtergefallen und mit dem Knie aufgeschlagen". Das Knie habe mehrere kleine Schnittwunden gehabt und sei blau angeschwollen.
Mit dem hiergegen am 05.12.2008 erhobenen Widerspruch (Bl. 31 Band III VA) ließ der Kläger u. a. vortragen, der Kollege K. habe den Kläger mit dem ihm zur Verfügung gestellten Ge-schäftswagen zu Dr. S. gefahren, nachdem dieser den streitgegenständlichen Unfall erlitten habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zu-rück. Der Kläger habe weder anlässlich der Behandlung vom 29.10.2003 einen Unfall vom glei-chen Tage behauptet noch nachfolgend gegenüber dem Arbeitgeber oder der Beklagten. Noch am 05.11.2005 habe er gegenüber der Beklagten keine entsprechenden Angaben gemacht und mit dem an das SG gerichteten Schreiben vom 16.11.2007 keinen Bezug zu dem nunmehr gel-tend gemachten Ereignis hergestellt, obwohl die Umstände des 29.10.2003 ausdrücklich vorge-tragen worden seien. Aus den Aussagen der Zeugen lasse sich die Annahme eines Unfalles vom 29.10.2003 nicht herleiten. Augenzeugen gebe es nicht.
Hiergegen hat der Kläger am 01.04.2009 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und zur Begründung vortragen lassen, obwohl er am Empfang der Praxis von Dr. S. am 29.10.2003 von einem am selben Tage erlittenen Unfall berichtet habe, habe dann die Mitarbeiterin wohl durch ein Missverständnis bedingt nur das Datum 17.10.2003, wo der Kläger einen gleichartigen Ar-beitsunfall erlitten habe, erfasst, nicht aber das Datum vom 29.10.2003.
Die Beklagte ist der Klage unter Berufung auf den Inhalt ihrer Akten und die angefochtenen Bescheide entgegengetreten.
Das SG hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18.05.2010 den ehemaligen Kollegen des Klägers, J. F., als Zeugen vernommen. Er hat im Wesentlichen ausgesagt, der Kläger sei nach seinem Wissen zweimal zwischen zwei Gerüstdielen durchgerutscht, die etwas weit auseinander gelegen seien, und habe sich zweimal auf diese Weise verletzt. Der Zeuge hat weder angegeben können, wann jeweils die Vorfälle passiert sein sollen noch zu welcher Jahreszeit dies gewesen sein soll. Auch Angaben zum zwischen den jeweiligen Ereignissen liegenden Zeitraum hat der Zeuge nicht machen können.
Mit Urteil vom 19.05.2010 hat das SG unter Aufhebung des Bescheides vom 06.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2009 festgestellt, dass das Ereignis vom 29.10.2003 ein Arbeitsunfall gewesen ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, es stütze seine Überzeugung auf die glaubhaften Einlassungen des Klägers und den Durchgangsarztbericht der Chirurgin Dr. S. vom 29.10.2003, wohingegen die Aussage des Zeugen F. nicht zur Meinungs-bildung bzw. Überzeugungsbildung habe beitragen können. Als Wesentlich hat das SG insbe-sondere angegeben, dass Dr. S. am 29.10.2003 eine Schürfwunde rechts mit erheblicher Häma-tomschwellung und diffusem Druckschmerz bei eingeschränkter Beweglichkeit rechts beschrie-ben habe und einen Heparin-Gazofix-Verband am rechten Unterschenkel und einen Betaisadona-Verband auf der Schürfwunde verordnet bzw. angelegt habe. Nach Überzeugung des SG entste-he eine solche Schürfwunde nur durch ein akutes, frisches Ereignis/Trauma und könne nicht auf einen zwölf Tage zuvor erlittenen gleichartigen Unfall zurückzuführen sein.
Gegen das der Beklagten am 19.07.2010 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat diese am 11.08.2010 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, der Arbeitgeber des Klä-gers habe lediglich einen Unfall mit dem vom Kläger geschilderten Geschehen vom 17.10.2003 zu bestätigen vermocht, von einem weiteren Unfall vom 29.10.2003 sei der Firma Gebrüder H. nichts bekannt. Dies passe zum Durchgangsarztbericht der Chirurgin Dr. S. vom 29.10.2003. Der Zeuge F. habe bei seiner gerichtlichen Vernehmung nur von zwei Ereignissen zu berichten ver-mocht, bei denen der Kläger zwischen zwei Dielen mit dem Fuß gerutscht sei, was den Ereignis-sen vom 05.05.2003 und 17.10.2003 zuzurechnen sein könne. Falls der Kläger auch am 29.10.2003 einen weiteren Unfall erlitten habe, hätten es drei entsprechende Ereignisse gewesen sein müssen. Der Zeuge K. habe gegenüber der Beklagten einen Unfall vom Sommer 2003 ge-schildert, bei dem der Kläger hinter ihm beim Schlauchziehen zwischen die Dielen getreten sei, während der Kläger bei dem angeblichen Unfall vom 29.10.2003 Bodenbeschichtungsmaterial im Eimer ins Haus getragen haben und dabei zwischen die Gerüstdielen geraten sein wolle. Auch der Kläger habe als Ursache seiner Beschwerden ebenso wie dessen behandelnder Arzt Dr. B. zunächst immer nur auf das Ereignis vom 17.10.2003 verwiesen. Ein während einer versicherten Tätigkeit erlittener Unfall sei nicht mit dem erforderlichen Vollbeweis nachzuweisen. Es stehe nicht einmal fest, dass der Kläger am 29.10.2003 für die Firma Gebrüder H. GmbH gearbeitet habe. Von diesem Betrieb sei vielmehr ein Arbeitsunfall vom 29.10.2003 verneint und auf eine bescheinigte Arbeitsunfähigkeit vom 29.10.2003 bis zum 31.10.2003 verwiesen worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. Mai 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des SG für zutreffend. Die von Dr. S. in ihrem Durchgangsarztbericht vom 29.10.2003 beschriebene Schürfwunde prätibial rechts sowie die erhebliche Hämatomschwellung mit diffusem Druckschmerz und eingeschränkter Beweglichkeit rechts, behandelt mit Heparin-Gazofix-Verband am rechten Unterschenkel und Betaisodona-Verband (Schürfwunde), seien Folgen des vom Kläger am 29.10.2003 erlittenen Arbeitsunfalls, in dessen Verlauf der Kläger auf einer Baustelle in S.-Z. mit seinem rechten Bein in eine Lücke zwischen zwei Gerüstdielen geraten sei und sich das rechte Bein verletzt habe. Die Anlegung eines Betaisodona-Verbandes sei eine typische Maßnahme zur Behandlung einer frischen Wunde. Eine so behandelte Schürf-wunde könne nicht auf den 12 Tage zuvor erlittenen gleichartigen Unfall zurückgeführt werden.
Dr. S. ist im Berufungsverfahren zweimal als sachverständige Zeugin gehört worden. Sie hat mit Schreiben vom 28.02.2011 angegeben, dass sich der Kläger wegen eines Arbeitsunfalls vom 02.07.2003 erstmals am 03.07.2003 und vor dem hier streitigen Ereignis letztmals am 13.10.2003 (geschilderte Beschwerdebesserung) bei ihr vorgestellt habe. Am 29.10.2003 habe er von einem Unfall vom 17.10.2003 berichtet. "Anamnestisch einmalig Knie verdreht als er mit dem Unterschenkel zwischen zwei Dielen eingebrochen ist." Der Kläger habe ihr gegenüber erstmals bei der Befragung am 26.02.2011 angegeben, sowohl am 17.10.2003 als auch am 29.10.2003 einen Arbeitsunfall erlitten zu haben. Am 17.10.2003 habe er sich das Knie verdreht, jedoch keinen Arzt aufgesucht. Am 29.10.2003 sei er mit dem Unterschenkel im Gerüst eingebrochen. Mit weiterer schriftlicher Sachverständigerzeugenaussage vom 11.04.2011 hat Dr. S. ausgeführt, sich an die Vorstellung des Klägers vom 29.10.2003 nicht mehr konkret erinnern zu können, sich jedoch auf ihre Krankenunterlagen zu stützen und auf die nachträglich vom Kläger abgegebene Erklärung. Zu einem alten Unfall passe keine Hämatombildung, die mit Heparinsalbe verbunden werde, und auch keine Schürfwunde, die mit PVP-Jodsalbe verbunden werde, da die Salbenanwendung nach einigen Tagen keinen Sinn mehr mache. Zusammenfassend müsse am 29.10.2003 ein weiterer Unfall erfolgt sein mit Einbruch des rechten Unterschenkels zwischen zwei Dielen, der dann bei oberflächlichen Verletzungen mit entsprechenden Salben versorgt worden sei.
Der Senat hat ferner eine Auskunft der Firma Gebrüder H. eingeholt, mit welcher mitgeteilt worden ist (Auskunft vom 27.07.2011, Bl. 71/75 Senatsakte), nach Recherche in den dortigen Unterlagen sehe es so aus, dass der Kläger am 29.10.2003 nicht gearbeitet habe, denn auf dem Reisekostennachweis vom 27.10. bis 31.10.2003 seien nur für den 27.10. und 28.10.2003 Zeiten eingetragen und ab dem 29.10.2003 nicht mehr. Bei einem Arbeitstag müsse eigentlich ein Ein-trag vorliegen, außer der Mitarbeiter habe vergessen seine Eintragungen zu machen. Des Weiteren seien für den Zeitraum 29.10. bis 31.10.2003 jeweils Lohnfortzahlung (7,8 Stunden krank) eingebucht worden, was vom Stundennachweis ebenso in die Arbeits-, Urlaubs- und Kranken-karte 2003 des Klägers übertragen worden sei. Bei dieser Buchung sei davon auszugehen, dass ein Stundennachweis ohne Arbeitszeit und nur mit dem Eintrag von Krankheit für diesen Zeit-raum vorgelegen habe. Stundenachweise lägen nicht mehr vor.
Zu der Auskunft hat der Kläger entgegnet, aus der Lohnabrechnung ergebe sich, dass ab dem 29.10.2003 eine neue Erkrankung vorgelegen habe, welche eine neue Entgeltfortzahlung ausge-löst habe. Dies spreche für ein am 29.10.2003 stattgefundenes Unfallereignis. Mit dem Reisekos-tennachweis seien die steuerfreien Spesen abgerechnet worden, welche angefallen seien, wenn eine Arbeitszeit von 8 Stunden überschritten worden sei. Wenn diese Arbeitszeit aus irgendeinem Grund nicht erreicht worden sei, sei auch keine Eintragung in den Reisekostennachweis nicht erfolgt. Am 29.10.2003 sei der Kläger morgens zur Baustelle gefahren und habe mit seinem Kollegen K. zusammen auf der Baustelle gearbeitet, bevor er sich durch den streitgegen-ständlichen Unfall verletzt habe. Er habe dann noch kurz versucht, weiterzuarbeiten. Als klar gewesen sei, dass dies nicht gehe und er zum Arzt müsse, habe sein Kollege K. ihn dann mit dem Firmenwagen zum Arzt gefahren.
Im Rahmen eines Erörterungstermins hat der Berichterstatter sowohl den Kläger persönlich an-gehört als auch den Zeugen K. vernommen. Der Kläger hat erklärt, von einem Kollegen zum Arzt gefahren worden zu sein. Er könne zwar nicht mehr sagen, wer das gewesen sei, vermute aber, dass es auch wieder der Kollege K. gewesen sei. Außerdem sei es jedenfalls ein türkischer Kollege gewesen und er könne sich nicht daran erinnern, dass noch andere türkische Kollegen zu dem Zeitpunkt auf der Baustelle gearbeitet hätten. Demgegenüber hat der Zeuge K. mitgeteilt, dass er sich sicher sei, den Kläger nicht nach einem Unfall zum Arzt gefahren zu haben. Der Zeuge hat ferner erklärt sich daran erinnern zu können, dass der Kläger zwei Ereignisse erlitten habe. Die Jahreszeit hat er zunächst spontan mit "Sommer" umschrieben, seine Aussage jedoch im Verlauf der Vernehmung relativiert und angegeben, Sommer sei es bei ihm bis es schneie.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die SG-Akten (Aktenzeichen S 8/9/2 U 2516/06 und Aktenzeichen S 11 U 1183/09) sowie die Senatsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Die form- und fristgerecht erhobene sowie statthafte (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsge-setz (SGG)) Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden konnte, ist zu-lässig und begründet.
1. Das SG hat die erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu Recht als zulässig angesehen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist anerkannt, dass wenn die Frage streitig ist, ob ein bestimmter Unfall Arbeitsunfall ist, der Versicherte diese Frage vorab im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und isolierten Feststellungsklage klären lassen kann (vgl. etwa Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 15.02.2005 – B 2 U 1/04 R – m.w.N.).
2. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegen-den Einzelfalls sieht es der Senat – anders als das SG in dem mit der Berufung angefochtenen Urteil vom 19.05.2010 – als nicht nachgewiesen an, dass der Kläger am 29.10.2003 einen Ar-beitsunfall erlitten hat. Die Berufung der Beklagten ist hiernach begründet.
Nach § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Ver-sicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tä-tigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrich-tung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zu-sammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitser-stschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haf-tungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (stän-dige Rechtsprechung, vgl. Urteile des BSG vom 30.01.2007, Az. B 2 U 8/06 R, UV-Recht Aktu-ell 2007, 860-866, zitiert nach (juris), dort Rn. 10 m.w.N., sowie vom 27.02.2009, Az. B 2 U 18/07 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 31, zitiert nach (juris), dort Rn. 9).
Ein Arbeitsunfall ist nach alledem nur anzunehmen, wenn das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit – vorliegend mithin der Ausübung der versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers als Malerhelfer bei der Firma Gebrüder H. – zuzurechnen ist, und diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätig-keit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92; BSG SozR 2200 § 548 Nrn. 82 und 97; SozR 3-2200 § 548 Nrn. 19 und 26). Der innere Zu-sammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung in-nerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallver-sicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr 1 m.w.N.; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vorder-grund (vgl. insgesamt zum Vorstehenden Urteil des BSG vom 14.12.1999, B 2 U 3/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 1, zitiert nach (juris), dort Rn. 15).
Vorliegend ist bereits nicht nachgewiesen, dass der Kläger am 29.10.2003 einen Unfall erlitten hat. Aus den von Dr. S. im Durchgangsarztbericht vom 29.10.2003 beschriebenen Verletzungen, insbesondere der beschriebenen Schürfwunde prätibial im Bereich des rechten Knies, lässt sich nicht zweifelsfrei ableiten, ob es sich tatsächlich um frische Verletzungen vom selben Tag oder Verletzungen gehandelt hat, die sich der Kläger vor dem 29.10.2003l, etwa am 17.10.2003, zu-gezogen hat. Dies hat Dr. S., ebenso wie das SG, lediglich im Wege des Rückschlusses aus der von ihr eingeleiteten Behandlung (Anlegung eines Heparin-Gazofix-Verbandes am rechten Un-terschenkel zur Behandlung des Hämatoms sowie eines Betaisadona-Verbandes auf die Schürf-wunde) gefolgert. Dieser nachträglich gezogene Rückschluss erscheint dem Senat zwar nicht fernliegend, keineswegs aber zwingend, nachdem es Dr. S. offensichtlich bei Abfassung des Durchgangsarztberichtes vom 29.10.2003 nicht als problematisch angesehen hat, die von ihr festgestellten Verletzungen einem Arbeitsunfall vom 17.10.2003 zuzuordnen. Die Frage im Be-richtsformular, ob Hergang und Befund gegen die Annahme eines Arbeitsunfalls sprechen, hat sie nicht bejaht, Zweifel daran, dass Befund und Unfalldatum nicht in Einklang zu bringen sein könnten, nicht zum Ausdruck gebracht. Umschreibungen, welche auf frische Verletzungen schließen lassen könnten, fehlen in dem am 29.10.2003 schriftlich niedergelegten Befund. Schließlich hat Dr. S. mit schriftlicher sachverständiger Zeugenaussage vom 11.04.2011 [Bl. 61 Senatsakte] zum Ausdruck gebracht, dass sie sich dem erstmals vom SG in den Entscheidungs-gründen des angefochtenen Urteils gezogenen Rückschluss von der Art der Behandlung auf das hier streitige Unfallereignis vom 29.10.2003 nach einer Befragung des Klägers im Februar 2011 in dessen Verlauf er den 29.10.2003 – ihr gegenüber erstmals – als weiteren Unfalltag angegeben hatte, angeschlossen hat, ohne dass sie die Angaben des Klägers erkennbar einer distanziert-kritischen Betrachtung unterzogen hat.
Der Umstand, dass der Kläger erstmals, nachdem er bereits seit dem 04.07.2006 ein Gerichtsver-fahren wegen des Unfalls vom 17.10.2003 geführt hatte, mit Schriftsatz vom 14.02.2008 (Bl. 53 der SG-Akte S 2 U 2516/06) behauptet hat, neben dem Unfall vom 17.10.2003 auch am 29.10.2003 einen – im Wesentlichen hinsichtlich Geschehensablauf und Verletzungsbild gleich-gelagerten – Arbeitsunfall auf der Baustelle in S.-Z. erlitten zu haben, begründet Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Klägers, zumal noch mit Schriftsatz vom 16.11.2007 die damalige Bevollmächtigte für den Kläger vorgetragen hat, dass dieser nach dem Unfall vom 17.10.2003 zunächst weiter gearbeitet hat und schließlich am 29.10.2003, nachdem der Unter-schenkel immer mehr angeschwollen ist, geschmerzt hat und nur noch eingeschränkt beweglich gewesen ist, der Kläger die Arbeit abgebrochen hat und von seinem Kollegen K. zu Dr. S. gefah-ren ist. Es handelt sich dabei um eine recht detaillierte Schilderung des Geschehensablaufs der Vorgänge vom 17.10.2003 bis zum Erscheinen des Klägers bei Dr. S. am 29.10.2003, ohne dass sich, wie auch schon in sämtlichen vorgelagerten Schriftsätzen der Bevollmächtigten des Klägers, aus dem Vortrag Anhaltspunkte für einen am 29.10.2003 erlittenen weiteren Arbeitsunfall entnehmen lassen haben. Vielmehr enthält der an die Beklagte gerichtete Schriftsatz des damali-gen Bevollmächtigten (Widerspruchsbegründung gegen den Bescheid vom 23.02.2006) vom 20.04.2006 (Bl. 55 [56 Mitte] Band II VA) die ausdrückliche Aussage: "Ein anderes Unfaller-eignis mit einer entsprechenden Traumatisierung hat es beim Widerspruchsführer seit dem 17.03.2003 nicht gegeben." Die vom Kläger behauptete Nichterfassung zweier Arbeitsunfälle (vom 17.10.2003 und vom 29.10.2003) im Rahmen der Vorstellung des Klägers bei Dr. S. am 29.10.2003 mag sich noch plausibel mit Sprachschwierigkeiten des aus Griechenland stammen-den Klägers begründen lassen, für das Fehlen jeglicher Anhaltspunkte in Bezug auf das hier streitige Ereignis vom 29.10.2003 bis zum 14.02.2008 ist das nicht der Fall, zumal der Kläger gemäß der aktenkundigen Vollmacht im Verwaltungsverfahren (Bl. 54 Band I VA) seit dem 23.08.2005 durchgehend anwaltlich vertreten gewesen ist.
Selbst wenn man entgegen der vom Senat vertretenen Auffassung zugunsten des Klägers unter-stellen wollte, dass ein vom Kläger am 29.10.2003 erlittener "frischer" Erstschaden nachgewiesen wäre, bestehen - was noch ergänzend ausgeführt wird - beim Senat erhebliche Zweifel daran, dass der Kläger sich die Verletzungen tatsächlich im Rahmen seiner versicherten Berufstätigkeit als Malerhelfer auf der Baustelle A.-S.-Straße in S.-Z. zugezogen hat. Es ist nicht nachgewiesen, dass der Kläger am 29.10.2003 überhaupt seine Arbeitstelle aufgesucht hat. Dagegen spricht zunächst, dass der Kläger stets behauptet hat, am 29.10.2003 vom Zeugen K. von der Baustelle aus zur Ärztin Dr. S. gefahren worden zu sein, wohingegen der Zeuge K. auch nach mehrfacher Nachfrage sicher ausgeschlossen hat, den Kläger jemals nach einem Unfall zum Arzt gefahren zu haben. Zudem haben sich sowohl der Zeuge K. als auch der Zeuge F. jeweils nur an zwei Er-eignisse erinnert, in deren Verlauf der Kläger mit einem Bein zwischen Gerüstdielen getreten ist. Folgt man demgegenüber den Angaben des Klägers, hätte dieser drei im Wesentlichen gleichar-tige Unfälle erlitten, nämlich am 05.05.2003 (vgl. Unfallanzeige vom 06.05.2003, Bl. 63), am 17.10.2003 und am 29.10.2003. Hiernach kann es nicht mehr maßgeblich darauf ankommen, dass der Zeuge K. behauptet hat, dass zwischen den Ereignissen nur wenige Wochen gelegen sind, zumal er gleichzeitig behauptet hat, dass der Kläger die Unfälle im Sommer erlitten hat.
Die Zeugen haben sich, was angesichts der verstrichenen Zeit nachvollziehbar ist, nicht konkret daran erinnern können, ob der Kläger am 29.10.2003 vor seinem Arztbesuch seine Arbeitsstelle aufgesucht hat. Aus dem Durchgangsarztbericht oder den vom Senat beigezogenen Aufzeich-nungen der Ärztin Dr. S. lässt sich nicht entnehmen, zu welcher Uhrzeit der Kläger dort erschie-nen ist.
Schließlich hat auch die Auskunft des ehemaligen Arbeitgebers des Klägers, der Firma H. vom 27.07.2011 (Bl. 71-75 VA) kein Indiz dafür ergeben, dass der Kläger seine Arbeitsstelle vor der Krankschreibung durch Dr. S., welche vom 29.10.2003 bis zum 31.10.2003 erfolgt ist, noch auf-gesucht hat, da in der Arbeits-/Urlaubs-/Krankenkarte der 29.10.2003 als Krankheitstag und nicht als Arbeitstag aufgeführt ist und der Reisekostennachweis für den 29. bis 31.10.2003 keine Eintragungen enthält. Weitere Ermittlungsansätze bestehen nicht, nachdem Stundenzettel nicht mehr existieren.
3. Nach alledem war der Berufung der Beklagten stattzugeben und das Urteil vom 19.05.2010 auf-zuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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