L 2 AL 37/07

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 4 AL 737/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 37/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung eines Eingliederungszuschusses (EGZ) für den Arbeitnehmer R. C. und die Erstattung der genannten Leistungen in Höhe von 9.240 Euro.

Mit Vertrag vom 13. Mai 2002 gründeten der Kläger und Frau B. C. mit einem Gesellschaftsanteil von jeweils 50 % die R. W. GbR (im Folgenden: RW GbR). Mit dem Gründungsvertrag bestimmten sie die Zeugen R. C. und J. D. zu Geschäftsführern der RW GbR. Der Kläger meldete am 23. Mai 2002 bei der Stadt M. ein Gewerbe an, das die Organisation und Durchführung von Sportveranstaltungen, Handel mit Nahrungsergänzungsmitteln und die Durchführung von Seminaren zum Sport zum Gegenstand haben sollte.

Der Herr R. C. war seit dem Jahr 2001 arbeitslos und bezog von der Beklagten Arbeitslosenhilfe.

Für die RW GbR wurde am 9. Januar 2003 wegen einer geplanten Einstellung des Arbeitnehmers R. C. als "Assistent der Geschäftsleitung" ab dem 1. Februar 2003 bei der Beklagten ein Antrag auf EGZ gestellt. Die Förderung wurde für die Dauer von 12 Monaten in Höhe von 50 v.H. des für die Bemessung berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts beantragt. Der Antrag trägt die zweifache Unterschrift "D.". Im Antrag erfolgten folgende weitere Angaben: Der Arbeitsvertrag sei am 13. Januar 2003 geschlossen worden. Es handele sich um eine Vollbeschäftigung zu 40 Stunden wöchentlich. Das regelmäßig gezahlte Arbeitsentgelt betrage 1.400 Euro monatlich. Der Arbeitnehmer sei nicht bereits früher in dem Betrieb beschäftigt gewesen. Der Arbeitnehmer sei auch nicht mit dem Arbeitgeber oder Gesellschafter verheiratet, verwandt oder verschwägert. Der Antrag enthielt die folgende Belehrung:

"Ich verpflichte mich, dem Arbeitsamt jede Änderung gegenüber meinen Angaben im Antrag mitzuteilen, die sich auf die Zahlung des EGZ auswirken, insbesondere - eine Verringerung des der Bemessung zugrundeliegenden berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts, ... Ich verpflichte mich, - innerhalb von zwei Monaten nach Ende der Förderungsdauer einen Nachweis über gezahltes Arbeitsentgelt und abgeführte Sozialversicherungsbeiträge vorzulegen Die Hinweise zu EGZ nach dem SGB III habe ich erhalten und von deren Inhalt Kenntnis genommen."

Dem Antrag war eine Ausfertigung des Arbeitsvertrages beigefügt, wonach die Höhe des Grundgehalts mit 1.400 Euro angegeben ist und in dem eine Regelung zu Tantiemen von 30 v.H. aus dem Jahresüberschuss vor Abzug der Ertragssteuern enthalten ist.

Die Beklagte bewilligte mit an die "R. W. GbR" und (nächste Zeile) "S. D." gerichteten Bescheid vom 7. März 2003 einen EGZ ab dem "1. Februar 2003 bis zum 31. Januar 2004 in Höhe von 50% des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts einschließlich des pauschalen Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von 1.680 Euro" (im Ergebnis 840 Euro) monatlich. Zum Bestandteil des Bewilligungsbescheides erklärte die Beklagte u.a. folgende Nebenbestimmungen:

"Sie haben dem Arbeitsamt unverzüglich sämtliche Änderungen gegenüber Ihren Angaben im Antrag mitzuteilen, die sich auf die Zahlung des EGZ auswirken, insbesondere - eine Verringerung des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts. Der EGZ wird mit der Maßgabe gewährt, dass Sie innerhalb eines Monats nach Ende der Förderdauer (bzw. bei Veränderungen unverzüglich) einen Beschäftigungsnachweis vorlegen (entsprechender Vordruck ist beigefügt), Sie innerhalb von zwei Monaten nach Ende der Förderdauer einen Nachweis über gezahltes Arbeitsentgelt und abgeführte Sozialversicherungsbeiträge vorlegen."

Der letzte Teilbetrag sollte erst nach Vorlage der Erklärung zur Gewährung von EGZ sowie der Vorlage des Nachweises der tatsächlich gezahlten Arbeitsentgelte ausgezahlt werden.

In der Folge zahlte die Beklagte an die RW GbR 9.240 Euro aus. Die letzte Rate des EGZ behielt die Beklagte entsprechend der Förderbestimmungen ein.

Mit Schreiben von 26. August 2003 gab die Beklagte der RW GbR zu einem eventuellen Widerruf der Bewilligung Gelegenheit zur Äußerung, weil die RW GbR bislang der Auflage nicht nachgekommen sei, innerhalb von drei Monaten nach der Arbeitsaufnahme eine Bestätigung der Krankenkasse vorzulegen, wonach der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung angemeldet ist. Die RW GbR legt die entsprechende Bestätigung der BKK Z.-A. am 9. September 2003 vor.

Mit Schreiben von 22. Juni 2004 kündigte die Beklagte der RW GbR einen eventuellen Widerruf der Bewilligung an, weil die RW GbR bislang nicht der Auflage nachgekommen sei, innerhalb eines Monats nach Ende der Förderdauer einen Beschäftigungsnachweis vorzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Ende der Förderungsdauer einen Nachweis über gezahltes Arbeitsentgelt und abgeführte Sozialversicherungsbeiträge vorzulegen. Zur Vorlage der Lohnnachweise gab die Beklagte bis zum 10. Juli 2004 Gelegenheit.

Da nach Ablauf der Frist keine Lohnnachweise eingingen, widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 4. August 2004 gegenüber der "R. W. GbR" und (neue Zeile) "S. D." die Bewilligung vom 7. März 2003: Die Lohnnachweise seien nicht eingereicht worden. Damit sei die Auflage aus dem Bewilligungsbescheid nicht erfüllt. Es seien keine Umstände ersichtlich, die eine andere Entscheidung hätten begründen können. Zugleich forderte die Beklagte die Erstattung von 9.240 Euro.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch: Er sei seit dem 1. Januar 2004 nicht mehr Gesellschafter der RW GbR. Herr J. D. sei seitdem auch nicht mehr Geschäftsführer. Die Firma sei von dem Herrn C. umgemeldet worden. Frau B. C. sei für die finanziellen Transaktionen voll und ganz verantwortlich.

Der Kläger kam dem daraufhin geäußerten Wunsch der Beklagten, die Nachweise zur Änderung der Gesellschaftsverträge vorzulegen, nicht nach.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. September 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Nach Aktenlage seien keine Gründe ersichtlich, die den Kläger gehindert hätten, die Nachweise zum Arbeitsentgelt innerhalb der in dem Bewilligungsbescheid und in der Anhörung genannten Fristen bzw. im Widerspruchsverfahren vorzulegen. Es sei davon auszugehen, dass dem Kläger die mit der Bewilligung verbundenen Auflagen bekannt gewesen seien. Wenn die Hinweise nicht zur Kenntnis genommen worden seien, habe er grob fahrlässig gehandelt. Der Kläger könne sich daher nicht auf einen Schutz seines Vertrauens in den Bestand der Bewilligung berufen. Die Bewilligung sei von Anfang an zu widerrufen, da wegen fehlender Nachweise zu vermuten sei, dass Mittel der Versichertengemeinschaft nicht entsprechend ihrer Zweckbestimmung zur Eingliederung eines Arbeitslosen eingesetzt worden seien.

Am 7. Oktober 2004 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Magdeburg (SG) Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 4. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2004 erhoben, die er wie folgt begründet hat: Frau B. C. und er seien die Gesellschafter der RW GbR gewesen. Zum 1. Januar 2004 habe er den Gesellschaftsvertrag aus wichtigem Grund fristlos gekündigt. Die Mitgesellschafterin habe Zahlungen vereitelt. Aufgrund der Kündigung des Gesellschaftsvertrages könne er nicht sagen, weshalb der Beschäftigungsnachweis für Herrn C. nicht geführt worden sein soll. Herr C. sei in der Firma beschäftigt gewesen. Herr C. sei sogar noch immer in der Firma tätig. Der EGZ sei auch für die Beschäftigung des Herrn C. verwendet worden. Es sei zwar richtig, dass sein Ausscheiden von der Haftung wegen der Rückzahlung des EGZ nicht befreie. Er könne aber selbstverständlich nur auf Aufforderungsschreiben wegen des Nachweises über das gezahlte Arbeitsentgelt reagieren, wenn er dieses Schreiben auch erhalten habe, was nicht der Fall sei.

Mit Urteil vom 8. Februar 2007 hat das SG die Klage abgewiesen: Die Beklagte habe die Bewilligung des EGZ widerrufen können, weil der Bescheid mit der Auflage versehen war, innerhalb von zwei Monaten nach dem Ende der Förderdauer einen Nachweis über gezahltes Arbeitsentgelt und abgeführte Sozialversicherungsbeiträge vorzulegen. Der Kläger habe die erforderlichen Nachweise noch immer nicht erbracht und könne keinen Vertrauensschutz gegen den Widerruf geltend machen. Aus dem Bescheid vom 4. August 2004 seien unmissverständlich die Auflage und die Frist ersichtlich geworden. Diesbezüglich sei irrelevant, ob der Kläger das Anhörungsschreiben der Beklagten bekommen habe. Die Auflage und die Frist seien bereits aufgrund des Bewilligungsbescheides bekannt oder zumindest grob fahrlässig nicht bekannt gewesen. Als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts hafte der Kläger auch persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Die Haftung wirke auch nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft fort.

Gegen das ihm am 8. März 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. April 2007 Berufung eingelegt: Die vor dem Widerruf erforderliche Anhörung sei nicht erfolgt und auch nicht nachgeholt worden. Mit dem Bescheid sei auch nicht die RW GbR, sondern er selbst in Anspruch genommen worden. Die Nachweise habe aber die Gesellschaft vorlegen müssen. Ihn selbst treffe diese Verpflichtung nicht, da er aus der Gesellschaft ausgeschieden sei. Das Sozialgericht habe dies im Rahmen des Vertrauensschutzes berücksichtigen müssen. Er habe den Bescheid vom 4. August 2004 nicht erhalten. Daher habe er auch nicht die Weiterbeschäftigungserklärung zum EGZ erbringen können und habe auch nicht gewusst, dass die Gesellschaft ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen sei. Im Übrigen sei die Verbindlichkeit gegenüber der Gesellschaft nach seinem Austritt entstanden, so dass er hierfür nicht mehr hafte. Nach seinen Recherchen habe der Herr C. ein Arbeitsentgelt von 1.400 Euro erhalten. Aus der Mitteilung der Einzugsstelle (BKK G.), dass für den Herrn R. C. Sozialversicherungsbeiträge für ein Entgelt von insgesamt lediglich 4.800 EUR gezahlt wurden, sei zu schließen, dass aufgrund der von der Frau C. erstellten Lohnabrechnungen viel zu geringe Sozialversicherungsabgaben abgeführt worden. Die Eheleute C. hätten zusammen gewirkt, um Sozialversicherungsleistungen einzusparen. Hiervon habe er erst jetzt Kenntnis erlangt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 8. Februar 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Anhörung sei bereits bei Erteilung des Widerspruchsbescheides dadurch nachgeholt gewesen, dass sich der Kläger bereits im Widerspruchsverfahren zu den Widerrufsgründen habe äußern können. Die Forderung sei auch bei der ehemaligen Mitgesellschafterin geltend gemacht worden. Zahlungen auf die Rückforderung seien bislang von niemandem geleistet worden.

Auf ein schriftliches Auskunftsersuchen des Berichterstatters wegen der Vorlage von Unterlagen zum Arbeitsentgelt an den Zeugen R. C. hat dieser zunächst mitgeteilt, dass er keine Unterlagen vorliegen habe. Später hat er mitgeteilt, dass die Unterlagen vollständig vorhanden seien. Auf weitere Nachfrage hat er allerdings keine Lohnunterlagen oder ähnliches übersandt. Telefonisch hat er zuletzt angegeben, dass die Unterlagen bei einem Umzug verloren gegangen seien. Auf weiteres Ersuchen des Berichterstatters gab die Einzugstelle die Auskunft, dass die RW GbR für den Herrn C. für den Zeitraum vom 1. Februar 2003 bis zum 31. Dezember 2003 sozialversicherungspflichtige Entgelte von insgesamt 4.400 EUR und für den Monat Januar 2004 400 EUR gemeldet habe. In der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2011 hat der Senat die Zeugen B. und R. C. und in der mündlichen Verhandlung am 16. Februar 2012 den Zeugen J. D. vernommen. Wegen der Ergebnisse wird auf die Niederschrift verwiesen.

Nach der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2011 hat die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 Gelegenheit zur Äußerung wegen der möglichen Gründe für eine Rücknahme der Bewilligung gegeben: Sie gehe von einem Scheingeschäft aus, weil Herr R. C. nicht als Assistent in der Geschäftsführung, sondern lediglich sportlich für die RW GbR tätig gewesen sei. Zudem sei ein Arbeitsentgelt an ihn nicht in der ursprünglich vorgesehenen Höhe gezahlt worden. Der Kläger hat sich nicht geäußert.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nicht erfolgreich.

Sie ist gegen das Urteil des SG nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht im Sinne des § 151 SGG eingelegt. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie ohne Zulassung nach § 144 Abs. 1 SGG eröffnet.

Gegenstand der Berufung des Klägers ist die Abweisung seiner auf die Anfechtung des Verwaltungsakts der Beklagten vom 4. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2004 gerichteten Klage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG), mit dem die Beklagte die Bewilligung der EGZ für die Einstellung des Arbeitnehmers R. C. rückgängig gemacht hat.

Der Kläger ist sowohl als Adressat dieses spiegelbildlich zur Bewilligung ergangenen Verwaltungsakts wie auch als ehemaliger Gesellschafter der RW GbR klagebefugt.

Adressat eines Verwaltungsakts ist, für wen der Verwaltungsakt bestimmt ist oder wer von ihm betroffen wird (§ 37 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X)), was gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln ist.

Betroffen sind hier die RW GbR und der Kläger, weil sie in den Adresszeilen des Verwaltungsakts einzeln aufgeführt und jeweils von der Verfügung betroffen sind. Es ist zudem aus dem Gesamtzusammenhang des Bescheides ersichtlich, dass die Beklagte nicht nur gegen die Gesellschaft, sondern auch gegen den Kläger als natürliche Person bzw. Gesellschafter der RW GbR vorgehen will. Er wird für die Rückforderung selbst und neben Frau B. C. in Anspruch genommen.

Im Übrigen ist der Kläger deshalb klage- und rechtsmittelbefugt, weil sich die Rückforderung auch an die RW GbR richtet und er als ehemaliger Gesellschafter gegen die an die GbR gerichteten Forderungen vorgehen kann. Zwar wäre auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechs selbst als klagebefugt anzusehen. Dies hindert aber nicht, dass ihre einzelnen Gesellschafter gegen die an die Gesellschaft gerichteten Verwaltungsakte gerichtlich vorgehen.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Dahinstehen kann dabei, ob die Beklagte den vorbehaltenen Widerruf des EGZ rechtswirksam ausgeübt hat. Jedenfalls liegen Umstände vor, die eine Rücknahme der Bewilligung rechtfertigen und den Verwaltungsakt vom 4. August 2004 insoweit stützen, so dass die Abweisung der Klage durch das SG nicht zu beanstanden ist. Eine bloße Änderung der Begründung für die Rückforderung, die sich zugleich auf eine andere Rechtsgrundlage bezieht, ist hier ebenso als zulässig anzusehen wie eine Umdeutung des Verwaltungsakts vom 4. August 2004 in einen gleichartigen Verwaltungsakt. Deshalb kann auch offenbleiben, ob der Widerruf rechtlich fehlerhaft gewesen ist und sein Bestand nur durch eine Umdeutung aufrechterhalten bleiben kann. Selbst wenn der Widerruf an einem rechtlichen Mangel leiden würde, wäre nach § 43 Abs. 1 SGB X eine Umdeutung in eine Rücknahme eröffnet, weil sie im Ergebnis auf das gleiche Ziel wie der Widerruf gerichtet ist und von der Beklagten sowohl in dieser Verfahrensweise als auch in der Form rechtmäßig hätte erlassen werden können. Die Umdeutung scheitert nicht an § 43 Abs. 3 SGB X, weil die Rücknahme nach den gegebenen Umständen nicht im Ermessen der Beklagten steht.

Der Verwaltungsakt der Beklagten vom 4. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2004 ist formell nicht zu beanstanden. Der ursprüngliche Anhörungsmangel ist geheilt. Der Senat ist überzeugt, dass der Kläger den Bescheid vom 4. August 2004 erhalten hat bzw. dass er ihm zur Kenntnis gelangt ist, wenn er in Kenntnis des Bescheides Widerspruch erhebt. Sollte dem Kläger vor Erlass des Verwaltungsaktes vom 4. August 2004 das Anhörungsschreiben nicht zugegangen sein, wäre der darin liegende Anhörungsmangel als im Sinne des § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt anzusehen. Dem Kläger waren mit dem Bescheid vom 4. August 2004 sämtliche für die Ausübung des Widerrufs maßgeblichen Tatsachen mitgeteilt worden, so dass er sich im Widerspruchsverfahren hierzu äußern konnte. Im Übrigen hat die Beklagte den Kläger erneut mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 wegen der möglichen Gründe für eine Rücknahme der Bewilligung Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Hierin liegt eine weitere wirksame Nachholung der Anhörung. Denn der Kläger ist hierin noch vor Schluss der Tatsacheninstanz über die für die Verwaltungsentscheidung erheblichen Tatsachen – nämlich die angenommene Scheinbeschäftigung bzw. die falschen Antragsangaben – in Kenntnis gesetzt worden und ihm ist Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt worden (vgl. BSG v. 09.11.2010 - B 4 AS 37/09 R – juris Rn. 15 ff.)

Die Bewilligung des EGZ an die RW GbR durch die Beklagte am 7. März 2003 war rechtswidrig begünstigend und musste nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, Abs. 4 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) zurückgenommen werden.

Nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, Abs. 4 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III muss ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

So liegt es hier. Die Bewilligung des EGZ an die RW GbR war rechtswidrig begünstigend, weil sie keinen Anspruch auf die Förderung der Beschäftigung des Herrn R. C. hatte.

Anspruch auf eine ermessensgerechte Förderung der Eingliederung von Arbeitnehmern durch EGZ wegen erschwerter Vermittlung haben Arbeitgeber nach §§ 217, 218 Abs. 1 Nr. 2 SGB III (i.d.F. v. 19. Juni 2001, BGBl. I S. 1046) nur, wenn Arbeitnehmer wegen in ihrer Person liegenden Umstände nur erschwert vermittelt werden können.

Die Bewilligung des EGZ kann von der RW GbR nicht beansprucht werden, weil Herr R. C. nach Überzeugung des Senats nicht abhängig Beschäftigter der RW GbR war. Dies folgt schon daraus, dass der Herr R. C. nach seiner Aussage bereits in der Gründungsphase der GbR involviert war und nach dem vorliegenden Gesellschaftsvertrag von Anfang an als Geschäftsführer der RW GbR tätig war. Auch wenn sich die Zeugen R. und B. C. zu weiteren Details nicht mehr erinnern können oder wollen, folgt die Überzeugung des Senats im Übrigen aus der Aussage des Zeugen D. und den von ihm übergebenen Unterlagen. Der Zeuge D. hat glaubwürdig und auch in der Sache überzeugend bekundet, dass Herr C. die RW GbR zusammen mit ihm initiierte und dass Herr C. innerhalb der Gesellschaft für die Kontakte zu Sponsoren und der Produktionsgesellschaft des Herrn M. zuständig sein sollte und auch war. In dem von ihm erläuterten Organigramm spiegelt sich dies insofern wieder, dass Herr R. C. sogar als Miteigentümer und zuständig für Planung/Veranstaltung, Durchführung Veranstaltung und neben Frau B. C. mitverantwortlich für Buchhaltung und Finanzen genannt wird. Aus der Aussage des Zeugen D. ergibt sich zudem, dass der Antrag auf Förderung der Beschäftigung durch EGZ zu einem Zeitpunkt erfolgte, als längst vereinbart war, dass Herr R. C. für seine Tätigkeit in der RW GbR ein Gehalt erhalten sollte, weil er der einzige Beteiligte war, dessen Lebensunterhalt nicht durch eine Beschäftigung gesichert war. Nach Aussage des Zeugen D. war diese Vergütung durch seine Einlage von 6.000 Euro zunächst abgesichert. Bei dieser Vereinbarung spielte die Förderung durch die Beklagte noch keine Rolle, denn wie der Zeuge wiederum glaubhaft angab, war er über die von Herrn C. aufgezeigte Möglichkeit einer Förderung überrascht. Wie sich der Aussage des Zeugen D. weiter entnehmen lässt, war Herr C. in seiner Tätigkeit auch nicht in Bezug auf die Umstände seiner Tätigkeit weisungsgebunden für die RW GbR tätig, wenn Absprachen letztlich nur in Bezug auf die Durchführung von geplanten Laufveranstaltungen bzw. deren medienwirksame Vermarktung erfolgten.

Wenn bereits die Förderung als Arbeitnehmer nicht möglich war, ist nicht mehr ausschlaggebend, ob der Herr C. tatsächlich das bei der Beklagten angegebene oder nur das den abgeführten Sozialversicherungsbeiträgen entsprechende Gehalt von der RW GbR erhalten hat. Ob es sich bei dem Abschluss des Arbeitsvertrages nur um ein Scheingeschäft im Sinne des § 117 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gehandelt hat, ist ebenfalls nicht mehr von Bedeutung.

Die Bewilligung der EGZ erfolgte aufgrund vorsätzlich oder grob fahrlässig falscher Angaben durch eine für die RW GbR befugt auftretende Person gegenüber der Beklagten.

Die Angaben erfolgten zum einen falsch, weil verneint wurde, dass der zu fördernde Arbeitnehmer bereits zuvor in der Gesellschaft beschäftigt war. Herr R. C. war nämlich seit Gründung der RW GbR für sie als Geschäftsführer tätig und wirtschaftlich betrachtet auch einer ihrer Gesellschafter. Zum zweiten wurde wahrheitswidrig verneint, dass der Herr C. mit dem Arbeitgeber bzw. den Gesellschaftern verwandt ist.

Dahinstehen kann, ob diese Angaben durch den Kläger, die Mitgesellschafterin B. C., den Zeugen R. C. oder den Zeugen J. D. erfolgten. Deswegen ist nicht von Bedeutung, ob der Kläger den Antrag auf Förderung unterzeichnet hat. Nach der Überzeugung des Senats müssen die Antragsangaben von einer dieser Personen stammen, die für die RW GbR aufgetreten ist. Sollten die Angaben auf Herrn C. zurückgehen, weil dieser nach der Aussage des Zeugen D. die Idee der Förderung hatte, hatte dieser Vertretungsbefugnis kraft der durch die Einräumung der Geschäftsführerstellung eingeräumten Vollmacht. Dasselbe trifft für den Zeugen D. selbst zu. Sollte einer der Gesellschafter den Antrag gestellt haben, folgt dessen Vertretungsbefugnis aus § 714 BGB.

Soweit die Beklagte die Bewilligung zurückgenommen hat, ist der Kläger zur Erstattung der durch die RW GbR zu Unrecht erhaltenen Leistungen verpflichtet, § 50 Abs. 1 SGB X. Da die Beklagte den Kläger als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen kann, ist es unerheblich, dass er im Innenverhältnis (gegenüber den anderen Gesellschaftern) nur für einen Teil des Anspruchs haften dürfte.

Auch wenn der Austritt bzw. die Kündigung des Gesellschaftsvertrages wirksam sein sollte, hindert die Stellung als dann ausgeschiedener Gesellschafter der RW GbR nicht die Rücknahme gegenüber der RW GbR und dem Kläger bzw. die Forderung nach Erstattung, weil der Kläger auch für diesen Fall selbst haftet.

Die Gesellschafter einer GbR haften persönlich für fünf Jahre für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die bis zu ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft begründet waren (§§ 736 Abs. 3 BGB, 160 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB)). Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so haftet er für ihre bis dahin begründeten Verbindlichkeiten, wenn sie bei öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten vor Ablauf von fünf Jahren durch Erlass eines Verwaltungsakts festgesetzt werden.

Die Nachhaftung eines ausgeschiedenen Gesellschafters ist nicht erst dann begründet, wenn der Anspruch des Gläubigers (hier die aufgrund der Rücknahme zu leistende Erstattung) fällig ist oder geltend gemacht wird. Maßgeblich ist allgemein, wann der Rechtsgrund für die Verbindlichkeit (hier die Rückforderung) gelegt wurde. Eine zivilrechtliche Verbindlichkeit ist beispielsweise bereits dann begründet, wenn ein zugrundeliegendes Rechtsgeschäft abgeschlossen ist und sich die einzelne Verbindlichkeit ohne Hinzutreten weiterer rechtsgeschäftlicher Akte ergibt (vgl. OLG Saarland v. 30.04.2007 – 1U 148/06, LAG Hessen v. 15.07.2002 -16 Sa 253/02) bzw. wenn im Zeitpunkt des Ausscheidens bereits der Rechtsgrund (etwa ein Vertrag) für den Anspruch gelegt gewesen ist (Sprau in Palandt, BGB, § 736 BGB Rn. 10; Schöne in BeckOK, BGB, § 736 Rn. 14).

Hier ist die Rückforderung dem Grunde nach nicht erst mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts vom 4. August 2004 und damit nach dem behaupteten Ausscheiden des Klägers entstanden. Wie sich schon § 160 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz HGB entnehmen lässt, ist in Bezug auf öffentlich-rechtliche Forderungen der Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes für die Geltendmachung der Nachhaftung relevant, die nur innerhalb von fünf Jahren erfolgreich sein kann. Hier fällt die Geltendmachung in den – die Wirksamkeit der Kündigung unterstellt - Zeitraum der Nachhaftung von fünf Jahren, während die Forderung bereits vor der Kündigung entstanden ist.

Ein öffentlich-rechtlicher Anspruch entsteht bereits dann, wenn seine Voraussetzungen gegeben sind. So entsteht etwa eine öffentlich-rechtliche Forderung schon dann, wenn der die Forderung auslösende Tatbestand vorliegt. Soweit zur Durchsetzung ein Verwaltungsakt zulässig ist, konkretisiert er die Forderung und dient als Titel.

Entstanden bzw. dem Grunde nach angelegt ist der verwaltungsrechtliche Rückforderungsanspruch hier bereits mit der Möglichkeit, die rechtswidrige Bewilligung des EGZ zurückzunehmen. Selbst wenn die Bewilligung des EGZ vor dem Widerruf bzw. der Rücknahme formell noch Bestand hat, folgt der Rechtsgrund für die Rückforderung gemäß § 45 SGB X aus der materiellen Rechtswidrigkeit dieser Bewilligung. War der Rückforderungsempfänger also - wie hier - in dem Zeitpunkt Gesellschafter, als die Bewilligung des EGZ erfolgte, haftet er auch nach seinem Ausscheiden noch für die sich aus diesem Bewilligungsvorgang ergebenden Neben- und Rückforderungen. Dass die Beklagte den Widerruf der Bewilligung erst nach dem Ausscheiden vorgenommen hat, ist daher unerheblich, weil das der Rückforderung zu Grunde liegende Rechtsverhältnis mit der Beklagten bereits während seiner Gesellschafterstellung begründet ist. Es spielt im Rahmen der Nachhaftung auch keine Rolle, ob der Kläger selbst an der Bewilligung mitgewirkt hat. Da keine neue Verbindlichkeit begründet worden ist, haftet der Kläger insoweit auch für das Verhalten der restlichen Gesellschafter oder sonstigen Bevollmächtigten. Schließlich werden hier Leistungen zurückgefordert, die ohnehin einen Zeitraum betreffen, in dem die Kündigung des Gesellschaftsvertrages nicht wirksam geworden sein konnte. Die Rückforderung erfasst mit der Summe von 9.240 Euro nur die Zahlungen für den Zeitraum vom Februar bis einschließlich Dezember 2003 (11 x 840 Euro).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG. Es handelt sich nach Ansicht des Senates bei den EGZ um Leistungen nach einem der Sozialgesetzbücher.

Die Revision wird nicht zugelassen. Zulassungsgründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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