L 4 KR 26/07

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 11 KN 83/04 KR
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 KR 26/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 5/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 128,29 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Klägerin bei einem Aufenthalt des Versicherten von einer Stunde und 15 Minuten im Krankenhaus ihre Leistungen auf der Grundlage eines vollstationären Pflegesatzes abrechnen kann.

Die Klägerin ist Trägerin des Krankenhauses G. in Z. (im Folgenden: Krankenhaus), das in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen ist. Am 26. Mai 2001 verordnete die Praktische Ärztin Dipl.-Med. D. dem am ... 1935 geborenen bei der Beklagten versicherten H. K. (im Folgenden: Versicherter) Krankenhausbehandlung als Notfall wegen akutem Harnverhalt bei Blasenhalsadenom, Harnröhrenstriktur und Hypotonie. In der Aufnahme-, Entlassungs- und Verlegungsanzeige der Klägerin ist die Diagnose N 35.8 (sonstige Harnröhrenstriktur) vermerkt. Nach der Rechnung vom 6. Juni 2001 hielt sich der Versicherte am 26. Mai 2001 von 10:00 Uhr bis 11:15 Uhr in der Klinik der Klägerin auf und wurde anschließend in das W. G. verlegt. Die Klägerin stellte der Beklagten insgesamt 447,90 DM (= 229,01 EUR) auf der Basis eines vollstationären Behandlungstages in Rechnung.

Die Beklagte erteilte mit Schreiben vom 1. Juni 2001 eine Kostenzusage für die Zeit vom 26. Mai 2001 bis 29. Mai 2001 für die Kosten der medizinisch notwendigen vollstationären Krankenhausbehandlung und wies den Rechnungsbetrag am 9. Juli 2001 zur Zahlung an. Mit Schreiben vom 14. November 2001 teilte sie der Klägerin mit, aufgrund der Behandlungszeit von 10:00 bis 11:15 Uhr sei weder Unterkunft noch Verpflegung gewährt worden, so dass der vollstationäre Pflegesatz nicht abgerechnet werden könne. Sie halte die Abrechnung der vorstationären Pauschale in Höhe von 197,- DM (= 100,72 EUR) für angemessen. Sollte die Klägerin sich dieser Auffassung nicht anschließen können, werde bis zum 3. Dezember 2001 um eine entsprechende Begründung gebeten. Nachdem die Klägerin darauf sowie auf ein weiteres Schreiben der Beklagten vom 7. Januar 2002 nicht reagierte, teilte diese mit Schreiben vom 12. Februar 2002 mit, sie gehe davon aus, dass sich die Klägerin ihrer Auffassung der Abrechnung der vorstationären Pauschale in Höhe von 100,72 EUR anschließe, da auch beim Sozialmedizinischen Dienst (SMD) die erbetenen Unterlagen nicht eingegangen seien.

Mit Schreiben vom 11. März 2003 teilte die Klägerin der Beklagten einen offenen Rechnungsbetrag für den Versicherten in Höhe von 128,29 EUR mit. Der Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie Dr. B. sowie der Oberarzt S. erklärten mit Schreiben vom 19. Juni 2003, die stationäre Aufnahme des Versicherten sei wegen der Beschwerdesymptomatik eines akuten Abdomens erforderlich gewesen. Nach grob orientierender Untersuchung sei ein Harnverhalt diagnostiziert worden. Die transurethrale Katheteranlage sei frustran verlaufen, worauf der Patient bei bekanntem Blasenhalsadenom noch am Aufnahmetag in die urologische Klinik des W.s G. verlegt worden sei. Der stationäre Aufenthalt sei für die durchgeführte Maßnahme erforderlich gewesen.

Am 4. Juli 2003 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Magdeburg Klage auf Zahlung weiterer 128,29 EUR nebst 4 % Zinsen für die stationäre Behandlung des Versicherten erhoben. Die Beklagte sei zum sofortigen Ausgleich der seit mehr als 2 Jahren fälligen Rechnung verpflichtet. Gegen die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit des Versicherten gebe es keine Bedenken.

Die Beklagte hat ausgeführt, der Patient sei nicht in eine Betten führende Abteilung zur stationären Krankenhausbehandlung aufgenommen worden. Es sei lediglich eine Abklärungsuntersuchung im Sinne des § 115 a Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfolgt. Dafür könne die Klägerin lediglich die Pauschale für eine vorstationäre Behandlung abrechnen, die von der Beklagten vollständig gezahlt worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine vollstationäre Krankenhausbehandlung nur anzunehmen, wenn der Patient nach dem Behandlungsplan über Nacht im Krankenhaus verbleibe.

Nach Verweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht Halle mit Beschluss vom 11. Mai 2004 hat dieses die Klage mit Urteil vom 19. Mai 2005 abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Eine vollstationäre Krankenhausbehandlung sei nicht durchgeführt worden. Dies erfordere nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine physische und organisatorische Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses über mindestens einen Tag und eine Nacht. Es liege auch kein Ausnahmefall des Abbruchs einer geplanten stationären Behandlung vor. Aus der Erklärung der behandelnden Krankenhausärzte ergebe sich kein Hinweis auf einen klaren Behandlungsplan. Die Zahlungspflicht ergebe sich auch nicht aus der Kostenzusage der Beklagten. Die erfolgte Zahlung auf der Grundlage einer vorstationären Behandlung unterliege keinen Bedenken.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin vom 7. Juni 2005 hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 7. März 2007 zugelassen. In der Sache hat die Klägerin vorgetragen, die Krankenhausärzte hätten die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit des Versicherten festgestellt und ihn zur weiteren Versorgung stationär aufgenommen. Erst nachdem die transurethrale Katheteranlage frustran verlaufen sei, sei die Behandlung im Krankenhaus der Klägerin abgebrochen und der Patient in ein anderes Krankenhaus verlegt worden. Die geplante Aufenthaltsdauer habe daher aufgrund der eingetretenen Komplikationen nicht mehr fortgesetzt werden können. Es handele sich somit um einen Abbruch der Behandlung aus medizinischen Gründen. Die tatsächliche Aufenthaltsdauer sei dabei nicht maßgeblich. Aufgrund des Harnverhaltes sei es erforderlich gewesen, sofort einen Blasenkatheter zur Ableitung des Urins in die Harnblase einzubringen. Diesen Eingriff beherrsche jeder Arzt, ein Spezialist sei dazu üblicherweise nicht erforderlich. Bedingt durch das Blasenhalsadenom des Versicherten sei aber in diesem Fall die Katheterisierung nur auf operativem Wege durch einen Urologen möglich gewesen. Aus diesem Grund sei die unverzügliche Verlegung des Versicherten notwendig geworden.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 19. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie für die stationäre Behandlung des Versicherten H. K. weitere 128,29 EUR nebst 4% Zinsen seit dem 26. Juni 2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält an ihrer Auffassung fest, eine vollstationäre Behandlung des Versicherten habe nicht stattgefunden. Eine entsprechende Aufnahmeentscheidung oder ein klarer Behandlungsplan seien nicht ersichtlich. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V sei das Krankenhaus vor jeder Aufnahmeentscheidung verpflichtet, eine Abklärungsuntersuchung durchzuführen, um zu prüfen, ob Krankenhausbehandlung erforderlich und das aufgesuchte Krankenhaus für die erforderliche Behandlung geeignet sei. Eine Aufnahme komme daher nicht in Betracht, wenn eine vollstationäre Behandlung zwar geboten, jedoch in einem Krankenhaus einer anderen Versorgungsstufe vorgenommen werden müsse. Die Bewertung des verantwortlichen Arztes in der Notaufnahme habe nur vorläufigen Charakter und selbst die Verbringung eines Patienten auf die Station lasse allein noch keinen endgültigen Behandlungsplan für eine Aufnahme über Tag und Nacht erkennen. Aus der Erklärung des behandelnden Chefarztes Dr. B. vom 19. Juni 2003 ergebe sich eindeutig, dass sich bereits bei der Abklärungsuntersuchung die Verlegung in eine urologische Klinik als erforderlich herausgestellt habe. Bei der frustran verlaufenden Katheterisierung habe es sich nach den Ausführungen des Chefarztes nicht um ein plötzlich auftretendes unerwartetes Ereignis gehandelt, da das Blasenhalsadenom des Versicherten bereits bekannt gewesen sei.

Auf wiederholte gerichtliche Anforderung hat die Klägerin am 6. Juni 2008 die Patientenunterlagen übersandt, die sich aus der Aufnahme-, Entlassungs- und Verlegungsanzeige (auf einem gemeinsamen Blatt) sowie der ärztlichen Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 26. Mai 2001 zusammensetzen. Der SMD hat in einer Stellungnahme vom 9. September 2008 hierzu ausgeführt, aus dem Einweisungsschein gehe hervor, dass die Hausärztin bereits einen frustranen Versuch zur Katheterisierung durchgeführt habe. In der Aufnahmeanzeige werde auf die Verlegung in die Urologie verwiesen. Danach sei der Versicherte offensichtlich von der Notaufnahme aus in das Waldkrankenhaus überwiesen worden. Eine stationäre Aufnahme, ein Behandlungsplan oder Hinweise auf durchgeführte Diagnostik oder Therapien sowie entsprechende Untersuchungsbefunde oder ein Hinweis für die eigene Station seien den Unterlagen nicht zu entnehmen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl. Blatt 133, 134, 150 der Gerichtsakte).

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die von der Klägerin eingereichten Patientenunterlagen haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben. Er hat die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG unzulässige Berufung auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin nach § 145 Abs. 1 und 4 SGG zugelassen.

Die Berufung ist jedoch unbegründet, da der Klägerin für die für den Versicherten erbrachten Leistungen kein weiterer Vergütungsanspruch zusteht.

Die Klägerin macht den Anspruch auf Zahlung der weiteren Vergütung für erbrachte Krankenhausleistungen gegen die Beklagte zutreffend mit der (echten) Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG geltend. Die Klage eines Krankenhausträgers auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gegen eine Krankenkasse ist ein sog. Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2008 – B 3 KR 19/05 R).

Die Klägerin hat ihren Zahlungsanspruch in der Rechnung vom 6. Juni 2001 konkret beziffert. Jedenfalls in Höhe der Klageforderung ist die Zahlung des Rechnungsbetrages durch die Beklagte jedoch ohne Rechtsgrund erfolgt. Daher durfte die Beklagte in dieser Höhe eine entsprechende Aufrechnung vornehmen. Die Aufrechnung ist in derartigen Fällen grundsätzlich zulässig, auch wenn die Voraussetzungen des § 51 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I), der die Aufrechnung in bestimmten Fällen regelt, tatbestandlich nicht erfüllt sind (vgl. BSG Urteil vom 17. März 2005 – B 3 KR 11/04, zitiert nach juris).

Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) i.V.m. der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2001. Nähere vertragliche Regelungen i.S. von § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung sowie die Überprüfung ihrer Notwendigkeit und Dauer existieren für Sachsen-Anhalt nicht.

Weder aus der Kostenzusage der Beklagten (dazu im Folgenden: 1.) noch aus den gesetzlichen Vorschriften in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten (dazu im Folgenden: 2.) lässt sich ein Vergütungsanspruch der Klägerin für eine vollstationäre Abrechnung eines Tages rechtfertigen.

1. Aus der Kostenzusage der Beklagten vom 1. Juni 2001 ergibt sich kein Vergütungsanspruch der Klägerin. Grundsätzlich entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unabhängig von einer schriftlichen Kostenzusage, die nur als deklaratorisches Schuldanerkenntnis anzusehen ist (vgl. BSGE 86, 166 (170)), unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem - wie hier - zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist. Die Kostenzusage hat also für den Vergütungsanspruch eines Krankenhauses kein eigenständig-konstitutives Gewicht. Sie kann jedoch unter Umständen im Abrechnungsverfahren eine besondere Bedeutung erlangen. Hier beschränkt sich jedoch die Kostenzusage inhaltlich auf die medizinisch notwendige Dauer der Behandlung und verweist damit auf die gesetzlichen Vorschriften. Aus dieser lediglich vorbehaltlich erklärten Kostenzusage kann die Klägerin daher keine Rechte herleiten.

2. Ein Vergütungsanspruch der Klägerin aus einer vollstationären Krankenhausbehandlung für den 26. Mai 2001 besteht nach den gesetzlichen Vorschriften i.V.m. der gültigen Pflegesatzvereinbarung nicht. Vielmehr durfte die Beklagte den Behandlungsfall höchstens auf der Basis einer vorstationären Behandlung abrechnen, da keine vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten vorlag.

Das Gesetz regelt die Voraussetzungen des Anspruchs auf vollstationäre Krankenhausbehandlung in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Danach muss die Aufnahme des Patienten in das Krankenhaus bzw. seine weitere vollstationäre Behandlung erforderlich sein, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Nach dem Wortlaut dieser Regelung steht fest, dass der Aufenthalt im Krankenhaus einem Behandlungszweck dienen muss und die Krankenkasse nicht leistungspflichtig ist, wenn der Patient aktuell keiner stationären Behandlung (mehr) bedarf, sondern ggf. aus anderen Gründen, etwa wegen Hilflosigkeit oder Pflegebedürftigkeit im Krankenhaus behalten wird (Großer Senat des BSG, Beschluss vom 25. September 2007, GS 1/06, S. 8 des Umdrucks [Abs. 16]). Die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung ist in nachträglichen Abrechnungsstreitigkeiten nach der Rechtsprechung des BSG erst dann zu prüfen, wenn feststeht, dass im Einzelfall auch tatsächlich eine den Kriterien der "Krankenhausbehandlung" entsprechende Versorgung stattgefunden hat (BSG, Urt. v. 10. April 2008 – B 3 KR 19/05, in Fortführung des Urt. v. 28. Februar 2007 – B 3 KR 15/06 R, jeweils zitiert nach juris).

Ferner hängt der Anspruch des Versicherten auf vollstationäre Behandlung nach dem Wortlaut des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V davon ab, dass das aufgesuchte Krankenhaus die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung geprüft und bejaht hat. Diese Prüfung erstreckt sich auch auf die Frage, ob das aufgesuchte Krankenhaus für die erforderliche Behandlung geeignet ist oder ob die Behandlung in einem Krankenhaus einer anderen Versorgungsstufe vorzunehmen ist (vgl. Schmidt in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: März 2011, § 39 SGB V Rn. 198, 201).

Nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 4. März 2004 – B 3 KR 4/03 R, zitiert nach juris) zur Abgrenzung von vollstationärer zu ambulanter, vor- und nachstationärer sowie teilstationärer Behandlung setzt die vollstationäre Behandlung eine physische und organisatorische Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses voraus. Dies ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die Behandlung nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt. Maßgebend ist damit zunächst der Behandlungsplan. Die Entscheidung zum Verbleib des Patienten über Nacht wird in der Regel zu Beginn der Behandlung vom Krankenhausarzt getroffen, kann im Einzelfall aber auch noch später erfolgen (BSG a.a.O.).

Eine vollstationäre Krankenhausbehandlung kann nicht bereits deswegen abgelehnt werden, weil der Versicherte nicht wenigstens einen Tag und eine Nacht behandelt worden ist. Denn nach der zutreffenden Ansicht des BSG, der der Senat folgt, kommt es bei der Abgrenzung der vollstationären Behandlung zu nicht vollstationären Behandlungsformen in erster Linie auf die geplante und nicht auf die tatsächliche Aufenthaltsdauer an, wenn der Behandlungsplan eine längere Behandlungsdauer vorgesehen hat.

Weder aus den eingereichten Unterlagen noch aus den Ausführungen der Klägerin ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Behandlungsplans, der einen Krankenhausaufenthalt des Versicherten in der Klinik der Klägerin über mindestens einen Tag und eine Nacht vorgesehen haben könnte. Nach dem Schreiben der behandelnden Krankenhausärzte Dr. B. und Oberarzt S. vom 19. Juni 2003 ist lediglich eine grob orientierende Untersuchung des Versicherten sowie der frustran verlaufende Versuch einer transurethralen Katheteranlage bei bereits bekanntem Blasenhalsadenom in der Klinik der Klägerin erfolgt. Da die Anlage eines transurethralen Katheters nach den eigenen Ausführungen der Klägerin üblicherweise von jedem Arzt beherrscht wird, war für diesen Versuch noch keine Krankenhausbehandlung erforderlich. Dies wird auch daran deutlich, dass die Praktische Ärtztin Dipl.-Med. D. bereits eine Katheterisierung erfolglos versucht hatte. Die Erforderlichkeit eines vollstationären Krankenhausaufenthaltes ergab sich daher erst, als sich herausstellte, dass die Katheterisierung nur auf operativem Weg durch einen Urologen erfolgen konnte. Zwar war dann in der urologischen Fachklinik ein vollstationärer Aufenthalt des Versicherten medizinisch erforderlich. Es kommt aber nicht nur darauf an, ob stationäre Behandlungsbedürftigkeit vorlag, sondern erforderlich ist eine tatsächlich erfolgte vollstationäre Behandlung in der Klinik der Klägerin, die zumindest eine Entscheidung der behandelnden Krankenhausärzte zur vollstationären Behandlung als Aufnahmeentscheidung auf der Basis eines entsprechenden Behandlungsplans voraussetzt. Allein der Versuch einer Katheterisierung ohne operativen Eingriff erforderte aber keine vollstationäre Aufnahme. In Folge dessen konnte eine Entscheidung über die stationäre Aufnahme des Versicherten in der Klinik der Klägerin sachgerecht erst nach der orientierenden Untersuchung und dem Ketheterisierungsversuch erfolgen. Zuvor fehlte es an medizinischen Anknüpfungspunkten dafür, ob und ggf. in welcher Klinik eine weitere Behandlung sinnvoll war. Dies ergibt sich auch aus den von der Klägerin überreichten Patientenunterlagen, die sich in der aus einem einzigen Blatt bestehenden Aufnahme-, Entlassungs- und Verlegungsanzeige sowie der ärztlichen Verordnung von Krankenhausbehandlung erschöpfen. Es finden sich keine Anhaltspunkte für eine ärztliche Entscheidung zur Aufnahme des Versicherten in die Klinik der Klägerin. Es gibt weder Hinweise auf eine durchgeführte Diagnostik oder Therapie noch auf Untersuchungsbefunde, auf Anweisungen für die eigene Station oder darauf, dass der Versicherte überhaupt den Bereich der Notaufnahme verlassen hat. Anhaltspunkte für einen Behandlungsplan, der sich auf eine vollstationäre Behandlung im Krankenhaus der Klägerin bezieht, sind daher nicht ersichtlich.

Aus diesem Grund kann vorliegend auch nicht von einer sog. "abgebrochenen" stationären Behandlung (BSG, Urteil vom 17. März 2005 – B 3 KR 11/04 R, zitiert nach juris) ausgegangen werden, denn auch diese erfordert nach der Rechtsprechung des BSG eine Aufnahmeentscheidung des Krankenhauses mit einem sich mindestens auf die nächste Nacht erstreckenden ärztlichen Behandlungsplan. Im Falle einer abgebrochenen Krankenhausbehandlung kann eine vollstationäre Behandlung abgerechnet werden, wenn es durch Umstände, die außerhalb der Sphäre des Krankenhauses liegen, nicht zu der "an sich" gewollten vollstationären Krankenhausbehandlung gekommen ist. Bei dem vom BSG entschiedenen Sachverhalt hat der Versicherte das Krankenhaus gegen ärztlichen Rat auf eigenes Betreiben noch am selben Tag verlassen (BSG, Urteil vom 4. März 2004 – B 3 KR 4/03 R, zitiert nach juris). Mangels einer entsprechenden Aufnahmeentscheidung liegt hier aber eine derartige Situation nicht vor, denn es fehlt bereits an einer "an sich" gewollten vollstationären Behandlung in der Klinik der Klägerin. Zudem haben sich die Krankenhausärzte selbst um eine sofortige Verbringung des Versicherten in eine urologische Fachklinik bemüht. Dies beruhte auch nicht auf einer plötzlich eingetretenen medizinischen Komplikation, deretwegen eine geplante vollstationäre Behandlung abgebrochen wurde. Die Praktische Ärztin, die den Versicherten in die Klinik der Klägerin eingewiesen hat, hatte sowohl das Blasenhalsadenom mitgeteilt, das den operativen Eingriff zur Katheterisierung durch einen Urologen erforderlich machte, als auch die Tatsache, dass sie selbst bereits die transurethrale Katheterisierung erfolglos versucht hatte. Bei dem nochmaligen erfolglosen Versuch der transurethralen Katheterisierung konnte es sich daher nicht um eine plötzliche und unerwartete medizinische Komplikation handeln, die zum Abbruch einer bereits geplanten vollstationären Behandlung führte. Es haben daher keine außerhalb der Sphäre des Krankenhauses liegenden Umstände zu einem Abbruch einer bereits geplanten Behandlung im Krankenhaus der Klägerin geführt.

Darüber hinaus ist die Abrechnung einer vollstationären Behandlung nach der Rechtsprechung des BSG auch bei einer besonders intensiven (Notfall-)Behandlung möglich, auch wenn eine Behandlungsdauer von mindestens einem Tag und einer Nacht nicht erreicht wird (BSG, Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 17/06 R, zitiert nach juris). Dabei kommt es entscheidend darauf an, in welchem Umfang der Patient die Infrastruktur des Krankenhauses tatsächlich in Anspruch genommen hat. Dies bestimmt sich nach der konkreten Erkrankung und der dafür erforderlichen Behandlung. Eine vollstationäre Behandlung liegt in diesen Fällen jedenfalls dann vor, wenn ein Versicherter mit Verdacht auf eine lebensbedrohliche Erkrankung in eine eigens für solche Falle vorgehaltene Intensivstation eingeliefert wird. Im Gegensatz zu anderen Krankenhausstationen benötigt eine Intensivstation einen hohen Einsatz von Personal und von technischen Geräten, die gestörte Organfunktionen ersetzen können. Sie bieten daher ein Höchstmaß an Behandlungsintensität. Typische Erkrankungsbilder einer Intensivstation sind beispielsweise Schockzustände, Herzinfarkte oder bedrohliche Herzrhythmusstörungen. Ziel der Behandlung solcher Erkrankungen ist es, die Gefahren einer akuten Lebensgefahr abzuwenden und die Funktion lebenswichtiger Organsysteme wieder herzustellen (BSG a.a.O.). Die Zahl der betreuten Patienten auf der Intensivstation ist deutlich geringer als auf normalen Krankenstationen. Das Pflegepersonal auf Intensivstationen muss die Körperfunktionen der Patienten viel umfassender beobachten und überwachen und dabei zahlreiche Geräte (z.B. EKG, Beatmungsmaschinen, Medikamentenpumpen, Beobachtungsmonitore, Dialysegeräte) bedienen. Dies gilt für das ärztliche Personal in gleicher Weise. Die Intensivstation ist daher die nachhaltigste Form der Einbindung in einen Krankenhausbetrieb und stellt damit den Prototyp einer stationären Behandlung dar (vgl. BSG a.a.O.).

Eine solche intensive Notfallbehandlung ist hier nicht erfolgt. Für die in der Klinik der Klägerin durchgeführten Maßnahmen waren keine stationären Bedingungen erforderlich; die Erforderlichkeit der Infrastruktur einer Intensivstation mit einem hohen Aufwand an Sachmitteln und Personal wird von keinem Beteiligten behauptet. Wie bereits dargelegt, haben die behandelnden Krankenhausärzte nach einer grob orientierenden Untersuchung des Versicherten lediglich versucht, einen transurethralen Katheter anzulegen, was aber aufgrund des bekannten Blasenhalsadenoms nicht gelungen ist. Ein transurethraler Katheter kann im Regelfall ambulant angelegt werden. Dies ergibt sich nicht nur daraus, dass die Praktische Ärtztin Dipl.-Med. D. vor der Krankenhausverordnung bereits eine solche Katheterisierung erfolglos versucht hatte, sondern auch aus den Ausführungen der Klägerin, nach denen die Anlage eines transurethralen Katheters üblicherweise von jedem Arzt beherrscht wird.

Allein der von den Beteiligten – möglicherweise unzutreffend – verwendete Begriff der "Verlegung" und die Tatsache, dass von den behandelnden Krankenhausärzten eine Verbringung des Versicherten in eine andere Klinik für notwendig erachtet und organisiert wurde, macht aus dem Aufenthalt des Versicherten in der Klinik der Klägerin von einer Stunde und 15 Minuten mit den dort durchgeführten Maßnahmen keine stationäre Krankenhausbehandlung. Der Senat vermag – jedenfalls solange das Krankenhaus selbst keine umfangreichen Untersuchungen oder Behandlungsmaßnahmen durchgeführt hat – keinen für die Abrechnung relevanten Unterschied zwischen der Veranlassung einer Weiterbehandlung in einer anderen Klinik und der Entlassung des Patienten nach Hause zugunsten der Klägerin zu erkennen. Da das aufnehmende Krankenhaus diesen Behandlungstag nach den Abrechnungsregelungen bereits abrechnen kann, würde die Auffassung der Klägerin vielmehr zu einer doppelten Zahlungspflicht für diesen Tag führen (vgl. zum Ganzen auch LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 21. Dezember 2010 – L 4 KR 71/07, zitiert nach juris).

Der Senat hatte nicht darüber zu entscheiden, ob die Beklagte zu der von ihr vorgenommenen und bei der Klägerin verbliebenen Zahlung auf der Basis einer vorstationären Behandlung nach § 115a Abs. 1 SGB V verpflichtet war oder ob die Behandlung als ambulante Notfallbehandlung im Krankenhaus durch die Kassenärztliche Vereinigung zu vergüten war, denn jedenfalls steht der Klägerin der geltend gemachte weitere Zahlungsanspruch nicht zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegen nicht vor. Das BSG hat die Frage, bei welchen Fallgestaltungen eine vollstationäre Krankenhausbehandlung vorliegt, in seinen Urteilen vom 4. März 2004 – B 3 KR 4/03, 8. September 2004 – B 6 KA 14/03 R, 17. März 2005 – B 3 KR 11/04 R und 28. Februar 2007 – B 3 KR 17/06 R (jeweils zitiert nach juris) abschließend geklärt. Die Grundsätze zur Erforderlichkeit der stationären Behandlung und der Überprüfung dieser Voraussetzung hat der Große Senat in seinem Beschluss vom 29. September 2007 (GS 1/06, zitiert nach juris) abschließend festgelegt, so dass grundsätzliche Fragen hier – anders als zu dem Zeitpunkt, als der Senat die Berufung mit Beschluss vom 7. März 2007 zugelassen hat – nicht mehr klärungsbedürftig sind.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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