L 9 U 1437/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 173/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1437/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 17. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung einer Verletztenrente wegen einer als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - im Weiteren BK 2301 - anerkannten Lärmschwerhörigkeit.

Der 1946 geborene Kläger war gemäß seinen Angaben nach einer Lehre als Heizungsmonteur in S. (1960 bis 1963) in Deutschland ab 1964 bis zur Berufsaufgabe im Jahr 2002 in diesem Beruf beschäftigt und dabei beruflich bedingtem Lärm ausgesetzt. Ab Dezember 2002 bezog er von der gesetzlichen Rentenversicherung Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und in der Folge dann Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Nachdem er bei der Arbeit am 6. März 2002 mit dem linken Knie umgeknickt war, erhob der Kläger auf den Bescheid der Beklagten vom 29. August 2005 und den Widerspruchsbescheid vom 26. April 2006 am 12. Mai 2006 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG), Az S 6 U 1782/06, mit welcher er die Feststellung von Unfallfolgen und die Gewährung von Verletztenrente erstrebte. Nach medizinischen Ermittlungen (Sachverständigengutachten Dr. V. vom 25. April 2007, Dr. A. vom 9. Juli 2007 und zuletzt Prof. Dr. O. vom 2. November 2007 [keine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um wenigstens 10 v. H.]) nahm der Kläger die Klage am 7. Februar 2008 zurück. Bei Untersuchungen hatte der Kläger angegeben, nach dem Ereignis im März 2002 nicht mehr in seinem Beruf gearbeitet zu haben.

In einem weiteren Verfahren, in dem der Kläger eine BK nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV - im Weiteren BK 2102 – geltend machte, anerkannte die Beklagte mit Bescheid vom 9. Dezember 2008 diese BK, lehnte aber die Gewährung von Verletztenrente ab, da die BK 2102 eine MdE von wenigstens 10 v. H. nicht bedinge. Grundlage dessen waren ein Gutachten von Prof. Dr. K. bzw. Dr. S. vom 11. Dezember 2006 (MdE 10 v. H.) und Stellungnahmen von Dr. K. vom 18. Februar 2008 (MdE unter 10 v. H.) und 3. Juni 2008. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. April 2009), weswegen der Kläger am 22. Mai 2009 eine weitere Klage beim SG, Az S 6 U 1729/09, erhoben hat.

Hinsichtlich des hier vorliegenden Streitgegenstandes, der Frage der Gewährung von Verletztenrente wegen einer BK 2301, veranlasste die Beklagte, nachdem der Kläger Hörprobleme anlässlich einer Arbeitsplatzbesichtigung vom 25. Juli 2006 (Ermittlungen wegen BK 2102) geltend gemacht hatte, Ermittlungen ihres Präventionsdienstes (Berichte vom 27. Juli 2006 und 22. März 2007 [berufsbedingte Lärmbelastung 41,9 Jahre von 85 bis unter 90 dB (A) bzw. entsprechend einem energieäquivalenten Dauerschallpegel LAaeq,8h von 90 dB (A) über einen Zeitraum von 13,3 Jahren, wobei unrichtigerweise davon ausgegangen wurde, dass die berufliche Tätigkeit erst am 31. Oktober 2006 aufgegeben wurde]).

Ferner zog die Beklagte ein Tonaudiogramm vom 22. Februar 2001 bzw. 5. Juni 2001 (divergierende handschriftliche Vermerke) und eines vom 23. August 2006 sowie das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse bei und holte Berichte der behandelnden HNO-Ärzte Dr. K. vom 29. August 2006 und Dr. B. vom 29. August 2006 (Behandlung seit August 2006) ein, auf die verwiesen wird.

Des Weiteren veranlasste die Beklagte die Erstattung eines HNO-ärztlichen Gutachtens des Dr. S. vom 25. April 2007. Er ging nach der Untersuchung vom 25. April 2007 von einer teilweisen berufsbedingten Lärmschwerhörigkeit aus. Den Freiburger Sprachtest zog er nicht heran, da er die Sprachkenntnisse hierfür als nicht ausreichend ansah. Zur Bewertung des Hörvermögens griff er deshalb auf das Audiogramm zurück. Er führte aus, im Vergleich der vorgelegten Tonaudiogramme zeige sich noch im Jahre 2001 ein absolut lärmtypischer Hörkurvenverlauf. Im weiteren Verlauf habe sich bei "unveränderter Lärmexposition" dann jedoch ein absolut lärmuntypischer Verlauf gezeigt, weswegen von einer schicksalhaften zusätzlichen Hörstörung ausgegangen werden müsse. Die nach 2001 eingetretene Verschlechterung mit Beteiligung der tiefen und mittleren Frequenzen sei lärmunabhängig. Aktuell ergebe sich auf Grund der gesamten Hörschädigung eine MdE um 20 v. H., einschließlich lärmabhängiger und lärmunabhängiger Faktoren. Bei Auswertung der Tabelle nach Röser (1980) ergebe sich für das rechte Ohr ein prozentualer Hörverlust von 40 % und für das linke Ohr von 45 %. Unter Berücksichtigung dieser Werte ergebe sich eine lärmbedingte MdE von unter 10 v. H. Die zusätzlichen Ohrgeräusche beidseits, die der Kläger als "seit ca 5 Jahren" vorliegend angebe, seien damit während der beruflichen Lärmexposition aufgetreten und durchaus als lärmtypisch anzusehen. Sie würden subjektiv als störend erachtet, weswegen eine zusätzliche MdE von 10 v. H. anzusetzen sei. Insgesamt ergebe sich unter integrativer Betrachtung der beiden Teilgrade der MdE von unter 10 v. H. für die Hörstörung und von 10 v. H. für die Ohrgeräuscherkrankung ein "Gesamtgrad der Behinderung" auf Grund der beruflichen Hörstörung von 10 v. H.

Mit Bescheid vom 29. Mai 2007 anerkannte die Beklagte das Vorliegen einer Lärmschwerhörigkeit im Sinne der BK 2301, lehnte aber die Gewährung von Verletztenrente ab, da eine durch die BK bedingte MdE in rentenberechtigendem Grade nicht vorliege. Den Widerspruch des Klägers, mit welchem dieser die Gewährung von Verletztenrente geltend machte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2007 (zur Post gegeben am 14. Dezember 2007) zurück.

Deswegen hat der Kläger am 15. Januar 1008 Klage beim SG erhoben, mit welcher er sein Begehren auf Gewährung von Verletztenrente wegen der BK 2103 weiterverfolgt hat.

Das SG hat ein HNO-ärztliches Gutachten des Prof. Dr. H. vom 15. August 2008 eingeholt. Er ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, die letzte Lärmexposition mit einem Beurteilungspegel um 85 bis 89 dB sei bis März 2002 anzunehmen. Der einzige HNO-fachärztliche Befund während der Arbeitszeit stamme von Dr. K. mit einem Hörschwellenaudiogramm aus dem Jahr 2001. Dieser Befund entspreche einer typischen Lärmschwerhörigkeit. Damit habe ca. ein Jahr vor Ende der gehörschädigenden Lärmexposition eine beidseitige knapp geringgradige Schwerhörigkeit bestanden. Im Vergleich der Hörschwellenaudiogramme von 2001 und dann wieder im Jahr 2006 zeige sich eine massive pantonale Hörverschlechterung, die ohne gehörschädigende Lärmexposition eingetreten sei, was eine berufsunabhängige Komponente der Schwerhörigkeitsentwicklung dokumentiere. Bei der aktuellen Untersuchung habe sich auf der rechten Seite im Hochtonbereich ein Hörverlust vergleichbar dem Hörschwellenaudiogramm von 2001 ergeben, im Tieftonbereich sei jedoch eine deutliche Hörverschlechterung eingetreten. Auf der linken Seite zeige sich nun ebenfalls im Tieftonbereich eine deutliche Hörverschlechterung im Vergleich zu 2001. Auffällig sei, dass bei 3000 Hz bis 8000 Hz die Hörschwelle heute günstiger liege als 2001. Im Vergleich der Hörschwellenaudiogramme zeige sich ein stark schwankendes Hörvermögen mit Verschlechterung im Tieftonbereich und Verbesserung auf der linken Seite im Hochtonbereich. Wenn bei der aktuellen gutachterlichen Untersuchung links im Hochtonbereich die Hörschwelle deutlich günstiger sei als 2001 zur Zeit der Lärmexposition dokumentiere dies, dass ein berufsunabhängiges, lärmunabhängiges schwankendes Hörvermögen bestehe. Auf Grund des Hörschwellenaudiogrammes auf der linken Seite dürfe nicht einmal mehr davon ausgegangen werden, dass der 2001 dokumentierte Hörverlust allein auf die langjährige Lärmexposition zurückgeführt werden könne. Die Einschätzung von Dr. S., dass eine berufsbedingte Lärmschwerhörigkeitskomponente eine MdE in versicherungsrechtlich relevantem Ausmaß nicht bedinge, habe sich bei der aktuellen Untersuchung bestätigen lassen. Bei dieser habe der Kläger angegeben, seit ca. fünf bis sechs Jahren unter einem subjektivem Ohrgeräusch zu leiden. Es habe als Geräusch begonnen und sei später in einen Pfeifton übergegangen und sei seit drei bis vier Jahren subjektiv konstant. Auch bei Dr. S. habe der Kläger am 25. April 2007 angegeben, seit ca. fünf Jahren unter einem beidseitigem Ohrgeräusch zu leiden. Dies entspreche annähernd dem Ende der Lärmexposition. Soweit Dr. S. das subjektive Ohrgeräusch im Rahmen einer Lärmschädigung gesehen habe, sei dies nicht korrekt, da er die aktenkundigen Vorbefunde von Dr. K. nicht berücksichtigt habe. Das von diesem einem 750-Hz-Ton gleichgesetzte Ohrgeräusch sei nicht lärmtypisch. Bei der aktuellen Untersuchung habe der Kläger ein Geräusch um 1500 Hz und ein Pfeifen um 4000 Hz angegeben. Das hochfrequente Pfeifen um 4000 Hz könnte durchaus im Rahmen einer Lärmschädigung gewertet werden, wenn sich das subjektive Ohrgeräusch während der gehörschädigenden Lärmexposition entwickelt hätte. Dies sei aber aktenkundig nicht der Fall, weswegen das subjektive Ohrgeräusch ebenfalls als lärmunabhängig anzusehen sei. Insgesamt bestehe auf der rechten Seite eine geringgradige und links eine knapp geringgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit. Dem Lärmeinfluss komme bei der Entstehung der Schwerhörigkeit nicht die Bedeutung eines wesentlich mitwirkenden Faktors zu. Der gesamte Hörschaden könne nicht als berufsbedingt gewertet werden. Auch das subjektive Ohrgeräusch sei nicht berufsbedingt. Von Dr. S. weiche er ab, weil dieser nicht die tatsächliche Lärmexposition nach dem Erstbefund nach 2001 berücksichtige und darüber hinaus bei dem Ohrgeräusch nicht den aktenkundigen Vorbefund am Ende der Lärmexposition zum Vergleich herangezogen habe.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetzt (SGG) hat das SG ein Sachverständigengutachten des Dr. B., Leiter der Abteilung für Pädaudiologie und Phoniatrie des O. S., vom 30. August 2009 eingeholt. Er ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt, beim Kläger liege beiderseits eine Schallempfindungsschwerhörigkeit in geringgradiger Ausprägung vor. Sie sei beidseits von Ohrgeräuschen begleitet. Auf Grund des festgestellten Berufslärms sei eine entschädigungspflichtige Lärmschwerhörigkeit nicht völlig auszuschließen. Die Hörstörung habe sich während der Lärmexposition entwickelt und sei gemäß den Kriterien des Königsteiner Merkblattes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die beruflich bedingte Lärmexposition im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung verursacht. Den leichten Hörverlust des mittleren und tiefen Frequenzbereichs im Tonschwellenaudiogramm interpretiere er als Folge eines degenerativen Alterungsprozesses. Auswirkungen auf das Sprachverständnis bestünden dadurch nicht. Der erste aktenkundige Hörtest datiere vom 5. Juni 2001, wobei es sich um ein Reintonaudiogramm des Dr. K. handle. Ein Sprachaudiogramm liege nicht vor. Anhand dieses Tonaudiogramms ergebe sich nach der Drei-Frequenztabelle von Röser (1980) rechts ein Hörverlust von 20 % und links von 15 % entsprechend einer MdE von weniger als 10 v. H. Die Lärmarbeit sei dann etwa ein Jahr später beendet worden. Eine Verschlechterung des Hörvermögens könne nicht als Berufslärmfolge angesehen werden. Bei der jetzigen Begutachtung habe sich der Hörverlust als Degenerationsfolge innerhalb von acht Jahren nur minimal erhöht. Die für Lärmarbeit typische Form der Hörkurve mit Hochtonsenke sei immer noch nachweisbar. Aus dem Reintonaudiogramm ergebe sich nach der Drei-Frequenztabelle für das rechte Ohr ein Hörverlust von 20 % und für das linke Ohr von 20 %, was einer MdE um 10 v. H. entspreche. Nach den Empfehlungen des Königsteiner Merkblatts habe die Auswertung des Sprachaudiogramms bei der Bemessung der MdE Vorrang vor der Bewertung des Reintonaudiogramms. Im vorliegenden Fall ergebe sich aus dem gewichteten Gesamtwortverstehen für Einsilber nach Feldmann und dem Hörverlust für Zahlen nach der Tabelle von Boenninghaus und Röser für das rechte und das linke Ohr ein Hörverlust von jeweils 10 % und somit eine MdE von weniger als 10 v. H. In diesem Falle werde nun nach den Vorschriften des Königsteiner Merkblattes der prozentual höhere Hörverlust aus dem Reintonaudiogramm zur Bemessung einer MdE herangezogen. Deshalb schätze er die lärmbedingte MdE mit 10 v. H. ein.

Der Kläger hat im Weiteren geltend gemacht, auf Grund der Einschätzung von Dr. B. mit einer MdE um 10 v. H. und im Hinblick auf die anerkannte BK 2102 (und den hierzu beigefügten Bescheid vom 9. Dezember 2008) ergebe sich eine MdE von jeweils 10 v. H. Damit habe er Anspruch auf eine gestützte Rente.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Rentenanspruch bestehe nicht. Auch hinsichtlich der anerkannten BK 2102 ergebe sich keine MdE um 10 v. H. unter Berücksichtigung der tatsächlichen funktionellen Einschränkungen im Kniebereich.

Mit Gerichtsbescheid vom 17. Februar 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Verletztenrente wegen der BK 2301 lägen nicht vor, da nach dem das Gericht überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. H. der berufsbedingte Schaden lediglich eine MdE um weniger als 10 v. H. bedinge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.

Gegen den am 22. Februar 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15. März 2010 Berufung eingelegt. Er macht im Wesentlichen geltend, er habe einen Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE um jeweils 10 v. H. wegen der BK 2301 und 10 v. H. wegen der BK 2102. Hinsichtlich der Knieerkrankung sei der Gutachter jenes Verfahrens von einer MdE um 10 v. H. ausgegangen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 17. Februar 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Dezember 2007 zu verurteilen, ihm auf Grund der anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 2301 und Nr. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch bezüglich der BK 2102 ergebe sich eindeutig, dass deren Folgen keine messbare MdE rechtfertigten und somit auch ein Stützrententatbestand nicht in Betracht komme. Hinsichtlich der BK 2102 sei im Übrigen ein weiteres sozialgerichtliches Verfahren beim SG anhängig. Hierzu hat sie den Widerspruchsbescheid vom 23. April 2009 (die BK 2102 bedinge keine messbare MdE) vorgelegt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen und die Vorakten S 6 U 1782/06 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Zulässiger Streitgegenstand ist vorliegend nur die Frage, ob der Kläger wegen der von der Beklagten anerkannten BK 2301 einen Anspruch auf Verletztenrente hat, ggf. auch auf Grund eines Stützrententatbestandes. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Verletztenrente sind insofern indes nicht erfüllt.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit), der hier mit BK 2301 anerkannt ist, über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 2 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Gemessen an den vorstehenden Voraussetzungen hat der Kläger wegen der Folgen der anerkannten BK 2301 keinen Anspruch auf Verletztenrente, weil diese die Erwerbsfähigkeit nicht um wenigstens 10 v. H. mindern. Angesichts dessen, kann es dahinstehen, ob durch die Folgen eines anderen Leistungsfalles ein Stützrententatbestand vorliegt, der bei einer MdE um 10 v. H. zu einem Rentenanspruch führen würde.

Die Folgen der BK 2301 bedingen zur Überzeugung des Senats keine MdE um 10 v. H., was sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. H. ergibt. Nach diesem liegt eine berufsbedingte Hörstörung, die eine MdE um wenigstens 10 v. H. bedingt, beim Kläger nicht vor.

Hierzu ist zunächst festzustellen, dass der Kläger nach den auch vom Senat nicht in Zweifel gezogenen Ergebnissen der Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten bis zu seinem Unfall im März 2002 Berufslärm von 85 bis 90 dB (A) ausgesetzt war, der auch grundsätzlich geeignet ist, eine Lärmschwerhörigkeit zu verursachen. Das Ende der Lärmexposition ergibt sich auch daraus, dass der Kläger im Juli 2006 angegeben hat, er habe nach dem Unfall am 6. März 2002 nicht mehr gearbeitet.

Ferner hat sich die Schwerhörigkeit nach Angaben des Klägers auch nach der Berufsaufgabe laufend verschlechtert (Angaben vom 23. August 2006). Diese Entwicklung ergibt sich aus den beigezogenen ärztlichen Unterlagen (Bericht HNO-Arzt Dr. K. vom 29. August 2006 mit Tonaudiogramm vom 22. Februar 2001 bzw. 6. Juni 2001, Bericht HNO-Arzt Dr. B. vom 29. August 2006 [mit Tonaudiogramm vom August 2006] über Erstkonsultation am 23. August 2006, wobei der Kläger angegeben habe, seit ca. 2000 bestehe ein brummendes Geräusch beidseits und in den letzten Jahren sei eine zunehmende Gehörminderung aufgefallen).

Die Beklagte hat hiervon ausgehend das Vorliegen einer BK 2301 mit dem angefochtenen Bescheid anerkannt. Allerdings hat sie auch zu Recht die Gewährung von Verletztenrente abgelehnt, denn die Folgen der berufsbedingten Lärmschwerhörigkeit bedingen keine MdE um wenigstens 10 v. H.

Hierzu hat Prof. Dr. H. zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass aus der Zeit, zu der der Kläger noch, wenn auch nur noch kurzzeitig, potenziell gehörschädigendem Berufslärm ausgesetzt war, lediglich ein Hörschwellenaudiogramm aus dem Jahr 2001 (Juni) und dann erst wieder ein solches aus dem Jahr 2006 vorliegt. Unter Berücksichtigung dieser Aufzeichnungen ist Prof. Dr. H. für den Senat schlüssig und überzeugend zu dem Ergebnis gelangt, dass ein stark schwankendes Hörvermögen, zum Teil auch mit einer Hörverbesserung im Hochtonbereich nach 2001 feststellbar ist. Andererseits sind auch Verschlechterungen erkennbar, die nicht mehr auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen sind, nachdem der Kläger seine berufliche Tätigkeit im März 2002 bereits aufgegeben hat. Prof. Dr. H. hat ferner berücksichtigt, dass der Kläger bei seiner Untersuchung angegeben hat, seit ca. fünf bis sechs Jahren unter einem subjektivem Ohrgeräusch zu leiden (ausgehend von der Untersuchung am 6. Mai 2008 also seit Mai 2002 bzw. Mai 2003 und damit nach Aufgabe der beruflichen Tätigkeit), das dann wiederum etwa vier Jahre vor der Untersuchung ein konstantes Ausmaß erreicht hat. Angesichts dessen ist Prof. Dr. H. zu dem für den Senat schlüssigen Ergebnis gelangt, dass die Hörstörung des Klägers insgesamt eine MdE um wenigstens 10 v. H. nicht erreicht.

Auch Dr. S. hat mit Hinweis auf die deutliche Schwerhörigkeitskomponente im Tieftonbereich und die Progredienz der Hörstörung von 2001 bis 2007 die Schwerhörigkeit nicht auf die Lärmexposition zurückgeführt (so Prof. Dr. H.). Infolge dessen ist er auch zum Ergebnis gelangt, dass unter Berücksichtigung des Hörverlustes von einer lärmbedingten MdE von unter 10 v. H. ausgegangen sei. Soweit er dann aber unter Einbeziehung des Tinnitus die berufsbedingte Hörstörung mit 10 v. H. bewertet hat, ist dem nicht zu folgen, da er von einer beruflichen Lärmbelastung bis 2006 ausgegangen ist sowie - wie Prof. Dr. H. überzeugend dargelegt hat - die aktenkundigen Vorbefunde von Dr. K. nicht hinreichend mitberücksichtigt hat und zu Unrecht die subjektiven Ohrgeräusche als berufslärmbedingt erachtet hat. Soweit Dr. K. ein Ohrgeräusch im Bereich von 750 Hz angegeben hat, kann dieses nicht auf Lärmeinwirkungen zurückgeführt werden (so Prof. Dr. H. für den Senat nachvollziehbar und überzeugend).

Soweit Dr. B. abweichend von Prof. Dr. H. die lärmbedingte MdE mit 10 v. H. bewertet hat, vermochte sich der Senat dem im Hinblick auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen von Prof. Dr. H. nicht anzuschließen. Insbesondere hat Dr. B. die nach der Aufgabe der Berufstätigkeit im März 2002 eingetretene Verschlimmerung nicht hinreichend gewürdigt und stützt er sich bei seiner Beurteilung im Wesentlichen auf die von ihm selbst erhobenen Befunde ohne zu beachten, dass Hörtests nur vom 5. Juni 2001 und dann wieder erst aus dem Jahr 2006 vorliegen. Für eine Einschätzung der MdE auf 10 v. H. zum Zeitpunkt der Berufsaufgabe fehlt es an entsprechenden hinreichenden objektiven Befunden und Belegen.

Da somit die von der Beklagten anerkannte BK 2301 eine MdE um 10 v. H. nicht bedingt, kann auch dahinstehen, ob die außerdem anerkannte BK 2102 eine MdE um 10 v. H. erreicht, was Gegenstand eines anderen Verfahrens und bislang allerdings auch nicht nachgewiesen ist.

Da die Beklagte somit zu Recht die Gewährung von Verletztenrente wegen der anerkannten BK 2301 abgelehnt hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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