L 10 LW 824/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 LW 291/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 LW 824/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26.11.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Gewährung von Altersrente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).

Der am 01.10.1942 geborene Kläger entrichtete vom 01.04.1967 bis 31.12.1973 Pflichtbeiträge und danach bis Mai 1986 freiwillige Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse (Beklagte). Im Jahr 1986 nutzte er eine vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit zum endgültigen Ausscheiden aus der landwirtschaftlichen Alterskasse (vgl. Art. 2 § 6d Abs. 1 des Dritten Gesetzes zur Verbesserung und Ergänzung sozialer Maßnahmen in der Landwirtschaft vom 20.12.1985, BGBl. I, S. 2475) und kündigte seine Mitgliedschaft mit Schreiben vom April 1986, wirksam ab 01.06.1986 (bestandskräftiger Bescheid vom 04.09.1986). Sein danach erhobenes Begehren auf Erstattung der geleisteten Beiträge blieb erfolglos (Bescheid vom 20.10.1989, Widerspruchsbescheid vom 20.07.1990, Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 08.10.1990, S 6 Lw 1384/90 und Urteil des Senats vom 25.04.1991, L 10 Lw 2756/90).

Im Mai 2007 beantragte der Kläger im Hinblick auf die Vollendung seines 65. Lebensjahres im Oktober des Jahres die Gewährung von Altersrente, was die Beklagte mit Bescheid vom 25.05.2007 und Widerspruchsbescheid vom 16.01.2008 wegen nicht erfüllter Wartezeit ablehnte.

Das hiergegen am 22.01.2008 mit der Begründung, er habe keinen Hinweis der Beklagten auf einen endgültigen Leistungsverlust im Falle des Alters erhalten, angerufene Sozialgericht Reutlingen hat die Klage mit Urteil vom 26.11.2009 abgewiesen. Die Wartezeit von 15 Jahren habe der Kläger nicht erfüllt und ihm könne auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches das Recht zur Beitragsnachentrichtung eingeräumt werden, weil sich keine Pflichtverletzung der Beklagten feststellen lasse.

Gegen das ihm am 08.02.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.02.2010 Berufung eingelegt. Er trägt vor, der Entzug seiner Rechte verstoße gegen Art. 14 des Grundgesetzes (GG). Er sei von der Beklagten nicht darauf hingewiesen worden, dass die Beendigung seiner Mitgliedschaft mit dem Verlust sämtlicher Rechte verbunden sei. Hätte er dies gewusst, hätte er den Schritt sicherlich nicht unternommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26.11.2009 und den Bescheid vom 25.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Altersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Gegenstand des Rechtsstreits ist allein der Bescheid vom 25.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2008, mit dem die Beklagte den vom Kläger gestellten Antrag auf Gewährung von Altersrente ablehnte. Nur über diesen vom Kläger geltend gemachten Rentenanspruch hat der Senat zu befinden. Nicht zu entscheiden ist damit über die Frage einer Beitragsentrichtung, sodass die Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil im Hinblick auf eine Nachentrichtung von Beiträgen insoweit am Streitgegenstand vorbeigehen.

Rechtsgrundlage des klägerischen Begehrens ist § 11 ALG. Danach haben Landwirte Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht haben (Nr. 1), sie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben (Nr. 2) und (Nr. 3) das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist. Für den Kläger gilt nach § 87 a ALG eine Regelaltersgrenze von 65 Jahren, die er erreicht hat.

Indessen haben die Beklagte und das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Wartezeit von 15 Jahren nicht erfüllt.

Auf die Wartezeit von 15 Jahren werden nach § 17 Abs. 1 Satz 1 ALG Beitragszeiten angerechnet, das sind Zeiten, für die Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt sind (§ 18 ALG). Auf Grund seiner Versicherungspflicht entrichtete der Kläger zwar entsprechende Beiträge zur Beklagten, nach Wegfall der Versicherungspflicht freiwillige Beiträge, allerdings nur bis Mai 1986. Nach § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG werden indessen Beitragszeiten vor dem 01.01.1995 auf die Wartezeit für eine Rente an Landwirte nur angerechnet, wenn der Versicherte mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres oder bis zum Eintritt von Erwerbsunfähigkeit im Sinne des bis zum 31.12.2000 geltenden Rechts, längstens jedoch bis 31.12.1994 anrechenbare Beitragszeiten zurückgelegt hat. Dies ist beim Kläger - unstreitig - nicht der Fall.

Grund dafür, dass der Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den begehrten Rentenanspruch nicht erfüllt, ist - auch dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten - seine mit Schreiben vom April 1986 erklärte Beendigung der Mitgliedschaft und deren Ende ab 01.06.1986 (bestandskräftiger Bescheid vom 04.09.1986). Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang behauptet, ihm seien von der Beklagten die Konsequenzen einer solchen Erklärung nicht mitgeteilt worden, ist dies ohne rechtliche Bedeutung. Insbesondere kann sich der Kläger in diesem Zusammenhang nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen. Dieses Rechtsinstitut lässt als Rechtsfolge nämlich nur die Herbeiführung rechtmäßiger Zustände zu. Die Bewilligung einer Altersrente ist aber mangels erfüllter Wartezeit - wie dargelegt - nicht zulässig, ein Herstellungsanspruch würde insbesondere die fehlenden Beiträge nicht ersetzen (so u. a. BSG, Urteil vom 21.03.1991, 4 RLw 1/90). Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe ihn nicht über den Verlust seiner Alterssicherung informiert und er hätte in Kenntnis dieses Verlustes weiterhin freiwillige Beiträge entrichtet, nicht zutrifft. Einer derartigen Annahme steht bereits das Kündigungsschreiben des Klägers vom April 1986 entgegen, in dem der Kläger selbst und ausdrücklich ausführt, auf Grund seiner Kündigung habe er nichts mehr zu erwarten und hieraus die Konsequenz zieht, einen Beitragserstattungsanspruch zu haben. Dies zeigt, dass der Kläger sich schon damals darüber im Klaren war, auf Grund seiner Kündigung keinerlei Leistungsansprüche gegen die Beklagte zu haben, also auch keine Ansprüche wegen Alters.

Die Nichtberücksichtigung der vom Kläger entrichteten Beiträge bei der Wartezeit verstößt nicht gegen das GG.

Das am 01.01.1995 in Kraft getretene ALG (BGBl. I 1994, 1890) trat an die Stelle des bisherigen Gesetzes über die Altershilfe für Landwirte (GAL) und stellte eine umfassende neue Regelung der Alterssicherung der Landwirte dar. Unter der Geltung des GAL war für die dort geregelte Altershilfe (Altersgeld bzw. vorgezogenes Altersgeld) ebenfalls die Erfüllung einer Wartezeit von 180 Kalendermonaten (§ 2 Abs. 1 Buchst. b GAL) bzw. fünf Jahren (§ 2 Abs. 2 Buchst. b GAL) Voraussetzung, und zusätzlich die Entrichtung von Beiträgen mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres (siehe die bereits zitierten Regelungen). Diese Lückenlosigkeit der Beitragsentrichtung ist durch § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG über den 31.12.1994 hinaus in das geltende Recht verlängert worden (BSG, Beschluss vom 18.02.2004, B 10 LW 10/03 B) und ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BSG, Beschluss vom 19.10.2000, B 10 LW 22/99 B m.w.N.; zum GAL siehe BSG, Urteil vom 21.03.1991, 4 Lw 1/90).

Soweit der Kläger einen Verstoß gegen Art. 14 GG rügt, ist dies nicht nachvollziehbar. Ein Entzug einer eigentumsrechtlich geschützten Position liegt nicht vor. Der Kläger hatte zu keinem Zeitpunkt eine Anwartschaft auf Altersrente, weil er die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nie erfüllt hatte. Damit kann ihm eine solche Rechtsposition auch nicht entzogen werden. Im Übrigen beruht das Ausscheiden des Klägers aus der landwirtschaftlichen Alterskasse und damit der Umstand, dass er die Wartezeit für eine Altersrente nicht erfüllen kann, allein auf seiner mit Schreiben vom April 1986 freiwillig abgegebenen Erklärung. Ohne diese Erklärung hätte der Kläger freiwillige Beiträge nachentrichten müssen und damit auch die Wartezeit erfüllt. Ein Eingriff gleich welcher Art liegt somit schon deshalb nicht vor.

Soweit der Kläger mit seiner Rüge eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht auf die erfolglos entrichteten Beiträge und damit den Umstand abhebt, dass eine Beitragserstattung abgelehnt wurde, spielt dies im vorliegenden Verfahren keine Rolle, weil über die Frage einer Beitragserstattung nicht zu befinden ist. Im Übrigen unterfallen Beitragserstattungsansprüche nicht dem Schutzbereich des Art. 14 GG (BSG, Urteil vom 02.12.1999, B 10 LW 15/98 R m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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