Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 KR 3723/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3370/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 08.06.2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit stehen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung.
Der 1958 geborene Kläger war seit dem 01.08.1997 freiwilliges Mitglied der Beklagten. Ab dem 06.07.2009 war der Kläger als Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende bei der Beklagten pflichtversichert. Seit dem 01.08.2010 bezieht der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Mit Bescheid vom 12.04.2007 setzte die Beklagte die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab Mai 2007 auf insgesamt 145,09 EUR fest. Grundlage der Berechnung waren monatliche Einkünfte des Klägers in Höhe von 977,08 EUR. Das zuständige Finanzamt hatte auf Anfrage der Beklagten die Auskunft erteilt, dass für das Steuerjahr 2005 die Einkünfte des Klägers auf insgesamt 11.725,00 EUR geschätzt worden seien.
Der Kläger zahlte trotz Mahnungen ab Mai 2007 die zuletzt festgesetzten Beiträge in Höhe von insgesamt 121,28 EUR weiter. Der Berechnung dieses Betrags lagen als Einnahmen pro Kalendertag der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße für das Jahr 2007 zugrunde.
Mit Bescheid vom 19.12.2007 stellte die Beklagte das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen ab dem 26.12.2007 fest, weil der Kläger mit Beiträgen in Höhe von insgesamt 169,67 EUR in Verzug sei. Zugleich setzte die Beklagte Säumniszuschläge in Höhe von 3,00 EUR fest.
Mit Schreiben vom 05.01.2008, eingegangen bei der Beklagten am 08.01.2008, bat der Kläger aus gesundheitlichen Gründen um Fristverlängerung, um "die Angelegenheit abzuklären" und "in Ordnung zu bringen". Das Schreiben vom 19.12.2007 entspräche "nicht ganz der Wahrheit". Im Jahr 2006 habe er Einkünfte in Höhe von 300,00 EUR, im Jahr 2007 in Höhe von 1.000,00 EUR gehabt. Auf dieser Grundlage zahle er pünktlich seine Beiträge.
Mit Bescheid vom 23.07.2008 berechnete die Beklagte die Beiträge auf Grundlage geänderter Beitragssätze neu und setzte die Höhe der Beiträge ab 01.07.2008 auf insgesamt 156,34 EUR fest.
Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2006 setzte die Beklagte mit Bescheid vom 06.08.2008 ab dem 01.08.2008 die Beiträge in Höhe von insgesamt 132,53 EUR fest. Dabei legte die Beklagte pro Kalendertag den neunzigsten Teil der monatlichen Bezugsgröße für das Jahr 2008 zugrunde.
Mit Schreiben vom 22.08.2008, eingegangen bei der Beklagten am 29.08.2008, legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.07.2008 ein und "wiederholte" seinen telefonisch am 08.05.2007 eingelegten Widerspruch gegen den Bescheid vom 12.04.2007. Die geforderten Beiträge entsprächen nicht seinem tatsächlichen Einkommen. Die Beiträge seien zu hoch festgesetzt. Im Steuerbescheid für das Jahr 2005 seien seine Einkünfte lediglich geschätzt worden. Das tatsächlich zu versteuernde Einkommen sei niedriger ausgefallen. Der geschätzte Betrag beziehe sich auf den Verkauf eines Baugrundstückes.
Mit Schreiben vom 02.09.2008 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass seine Widerspruchseinlegung verspätet sei. Auch aus inhaltlichen Gründen sei der Widerspruch erfolglos.
Unter dem 10.10.2008 informierte die Beklagte den Kläger über Beitragsrückstände in Höhe von insgesamt 276,87 EUR und wies Säumniszuschläge in Höhe von 22,50 EUR aus. Zugleich kündigte sie die Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens an.
Mit Schreiben vom 26.10.2008, eingegangen bei der Beklagten am 29.10.2008, kündigte der Kläger seine Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31.12.2008. Zugleich beantragte er die Rückerstattung der im Jahr 2008 gezahlten Versicherungsbeiträge wegen des Entzugs des Versicherungsschutzes. Er habe in den letzten 10 Jahren keine Leistungen von der Beklagten in Anspruch genommen. Die Beklagte habe demgegenüber die Beiträge erhöht, obwohl die angesetzten Einkünfte nicht seinen tatsächlichen Einnahmen entsprächen. Zudem verlange die Beklagte Säumniszuschläge von über 80 % pro Jahr, obwohl er die seinem tatsächlichen Einkommen entsprechenden Beiträge bezahlt habe. Die Forderung von Beiträgen, obwohl kein Versicherungsschutz bestehe, sei ungerecht, unsozial, unsolidarisch, unverhältnismäßig, unrechtmäßig und verfassungswidrig. Der Tatbestand des Wuchers sei erfüllt. Gegen den Bescheid vom 10.10.2008 werde er noch Widerspruch einlegen. Mit Schreiben gleichen Datums beantragte der Kläger die Stundung des noch offenen Beitragsrückstandes.
Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 08.12.2008 darauf hin, dass die Kündigung erst wirksam werde, wenn der Kläger spätestens zum 31.12.2008 eine Mitgliedsbescheinigung einer neuen Krankenkasse vorlege.
Mit Bescheid vom 23.01.2009 setzte die Beklagte die monatlichen Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.01.2009 in Höhe von insgesamt 143,64 EUR fest. Ihrer Berechnung legte die Beklagte pro Kalendertag den neunzigsten Teil der monatlichen Bezugsgröße für das Jahr 2009 zugrunde. Mit Schreiben gleichen Datums wurde der Kläger über die Fortsetzung seiner Mitgliedschaft informiert.
Mit Schreiben vom 14.02.2009, eingegangen bei der Beklagten am 16.02.2009, stellte der Kläger eine Begründung "des Widerspruchs vom 09.11.2008" in Aussicht. Der geforderte Betrag sei für ihn nicht nachvollziehbar.
Gegen den Bescheid vom 23.01.2009 legte der Kläger am 25.02.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung gab er an, er sei überschuldet und habe kein Einkommen. Es sei ihm deshalb nicht möglich Beiträge zu zahlen. Aus diesem Grund habe er auch zum 31.12.2008 gekündigt. Weil er kein Einkommen habe, finde er keine andere Krankenkasse. Es sei ihm nicht möglich eine Mitgliedsbescheinigung einer anderen Krankenkasse vorzulegen. Die Erhebung von Beiträgen durch die Beklagte sei auch deshalb unzulässig, da ihm der Krankenversicherungsschutz entzogen worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.06.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 23.01.2009 zurück. Als freiwilliges Mitglied unterliege der Kläger der Beitragspflicht. Die Beitragsbemessung habe grundsätzlich nach den wirtschaftlichen Verhältnissen zu erfolgen. Die gesetzlich vorgesehene Mindestbemessungsgrenze könne nicht unterschritten werden. Im Falle einer Existenzgefährdung sehe die öffentliche Hand Möglichkeiten der Beitragsübernahme vor. Die Kündigung des Klägers zum 31.12.2008 sei unwirksam, da der Kläger keine Mitgliedsbescheinigung einer anderen Krankenkasse vorgelegt habe. Es bestünde Versicherungspflicht. Auch das Ruhen der Leistungen wegen rückständiger Beiträge begründe kein Aussetzen der Beitragszahlung.
Hiergegen hat der Kläger am 03.07.2009 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und vorgetragen, eine Begründung seiner Klage sei ihm derzeit aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich.
Das SG hat am 12.04.2010 einen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 08.06.2010 bestimmt. Der Kläger hat daraufhin mit Schreiben vom 17.05.2010 die Verlegung des Termins auf die Zeit nach dem 31.10.2010 beantragt, da er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, zum Termin zu erscheinen. Das SG hat den Kläger sodann aufgefordert, ein Attest vorzulegen. Mit Schreiben vom 31.05.2010 hat der Kläger mitgeteilt, aufgrund des Ruhens seines Anspruchs auf Leistungen sei es ihm nicht möglich, einen Arzt aufzusuchen. Er beantrage, das Ergebnis einer amtsärztlichen Untersuchung am 28.06.2010 abzuwarten. Zudem wolle er noch eine schriftliche Stellungnahme verfassen. Der Kläger ist zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 08.06.2010 nicht erschienen.
Mit Urteil vom 08.06.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Gericht habe trotz Abwesenheit des Klägers in der mündlichen Verhandlung entscheiden dürfen. Der Kläger sei hierauf hingewiesen worden. Der Vortrag, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage an dem Termin teilzunehmen, sei nicht ausreichend belegt. Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 23.01.2009 habe keinen Erfolg, da der Kläger in der Zeit vom 01.01.2009 bis 05.07.2009 als freiwilliges Mitglied der Beklagten zur Beitragszahlung verpflichtet gewesen sei. Die Kündigung zum 31.12.2008 sei nicht wirksam gewesen, da der Kläger ab 01.01.2009 keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall inne gehabt habe. Die Versicherungspflicht verstoße nicht gegen Grundrechte des Klägers. Hinsichtlich der Höhe der Beiträge sei der Kläger nur im Umfang der Mindestbeiträge veranlagt. Auf die Frage, ob einzelne Einkünfte des Klägers nicht zur Beitragsbemessung herangezogen werden dürfen, komme es daher nicht an. Der Ansatz der Mindestbeiträge entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Das Ruhen stehe der Beitragserhebung nicht entgegen. Dies ergebe sich aus den gesetzlichen Regelungen und sei nicht verfassungswidrig. Der sinngemäß gestellte Antrag auf Feststellung des Endes der Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31.12.2008 habe ebenfalls keinen Erfolg, da die Mitgliedschaft aus den genannten Gründen nicht geendet habe. Schließlich könne der Kläger keine Erstattung der im Jahr 2008 geleisteten Beiträge verlangen. Der Kläger habe der Beklagten die gezahlten Beiträge geschuldet.
Gegen das dem Kläger am 18.06.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.07.2010 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und ausgeführt, das SG habe über seine Klage entschieden, ohne dass es ihm möglich gewesen sei, seine Klage zu begründen, Anträge zu stellen und Nachweise vorzulegen. Aus gesundheitlichen Gründen sei er nicht in der Lage gewesen, eine Stellungnahme abzugeben und an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Bei seiner Klage gehe es ihm hauptsächlich darum, dass die von der Beklagten angewandten Regelungen ungerecht, unsozial, unsolidarisch, unverhältnismäßig, unrechtmäßig und verfassungswidrig seien. Das SG habe aus seinen Schreiben an die Beklagte drei Antragspunkte entnommen. Seine schriftliche Stellungnahme werde jedoch 20 Antragspunkte enthalten. Unter anderem beantrage er, dass der Säumniszuschlag von 5 % pro Monat auf 1 % pro Monat reduziert werde. Obwohl er in seinen Schreiben an die Beklagte mehrmals darauf hingewiesen habe, dass ein Säumniszuschlag dieser Höhe Wucher sei, habe das SG dazu nichts ausgeführt. Seine Stellungnahme werde 30 Seiten umfassen, 20 Seiten habe er bereits verfasst. Er beantrage, dass über seine Klage nochmals neu entschieden werde, damit bei der Entscheidungsfindung seine schriftliche Stellungnahme und seine eigenen Begründungen, Nachweise und Anträge berücksichtigt werden könnten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 08.06.2010 aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die Klage an das Sozialgericht Freiburg zurückzuverweisen,
hilfsweise das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 08.06.2010 aufzuheben und 1. den Bescheid vom 23.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.06.2009 aufzuheben, 2. festzustellen, dass die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten zum 31.12.2008 geendet hat, 3. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger seine für das Jahr 2008 geleisteten Beiträge zurückzuzahlen, 4. die Bescheide vom 19.12.2007 und 10.10.2008 so abzuändern, dass der Säumniszuschlag auf 1 % pro Monat reduziert wird.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 29.09.2010 wurde für den Kläger eine Betreuerin bestellt. Nach dem Betreuerausweis vom 04.10.2011 umfasst der Aufgabenkreis ua die Vermögensvorsorge und Gesundheitsfürsorge, wobei die Betreuerin den Kläger im Rahmen dieses Aufgabenkreises gerichtlich und außergerichtlich vertritt.
Mit Schreiben vom 14.11.2011 hat das LSG die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss zurückzuweisen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beklagte und die Betreuerin des Klägers haben gegen die angekündigte Vorgehensweise keine Einwände erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss entscheiden, da die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet erachten und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten.
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1, 144 Abs 1 Satz 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
Ein wesentlicher Verfahrensfehler, der zur Zurückweisung an das SG nach § 159 Abs 1 SGG führen könnte, liegt nicht vor. Der geltend gemachte Verfahrensmangel, das SG habe den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß § 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG) verletzt, ist nicht ersichtlich. Der Einwand, das SG habe seinen Vortrag nicht berücksichtigt und seine in Aussicht gestellten Ausführungen nicht abgewartet, begründet keinen Verfahrensmangel. Der Kläger hatte sowohl im Verfahren vor dem SG als auch im Berufungsverfahren in ausreichendem Umfang Gelegenheit, seine Einwände gegen die angefochtene Entscheidung der Beklagten schriftlich oder mündlich vorzutragen. Er hat diese Gelegenheiten trotz Erinnerung und Fristsetzung ungenutzt verstreichen lassen. Es haben im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung auch keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen gehindert gewesen ist, seine Rechte wahrzunehmen. Ein Attest hat der Kläger trotz Aufforderung durch das Gericht nicht vorgelegt. Der Kläger ist auch nicht gehindert gewesen, einen Arzt aufzusuchen. Denn seit dem 06.07.2009 bezog der Kläger Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, womit das Ruhen seines Leistungsanspruchs gegen die Beklagte endete (§ 16 Abs 3a Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)). Das SG hat daher ohne Verletzung der Rechte des Klägers entscheiden dürfen. Es ist nicht verpflichtet gewesen, den Termin zur mündlichen Verhandlung zu vertagen. Aber selbst bei Annahme einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wäre ein solcher Verfahrensfehler jedenfalls dadurch geheilt, dass der Betreuerin des Klägers im Berufungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden ist (zur Heilung iA Keller in Meyer-Ladwig, SGG, § 62 RdNr 11e).
Ein Verstoß gegen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör liegt auch nicht darin begründet, dass das SG den Vortrag des Klägers bei seiner Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt hätte. Wie sich aus dem Urteil ergibt, hat das SG nicht nur die Ausführungen des Klägers gegenüber dem Gericht, sondern auch die Schreiben des Klägers im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren mit in seine Erwägungen einbezogen. Die Schreiben sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen. Dabei musste sich das SG im Urteil nicht mit jedem Argument des Klägers auseinandersetzen. Das Gericht ist im Rahmen des rechtlichen Gehörs nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen auch in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Insbesondere ist es nicht verpflichtet, auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten einzugehen, die im Laufe eines Verfahrens von der einen oder der anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind (vgl BVerfG 08.07.1997, 1 BvR 1621/94, BVerfGE 96, 205; BSG 05.10.2010, B 8 SO 62/10 B, juris).
Auch in der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.
Gegenstand der Klage ist der Bescheid der Beklagten vom 23.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.06.2009. Der Kläger hat in seiner Klageschrift ausdrücklich nur diesen Bescheid benannt. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren außerdem beantragt, die Säumniszuschläge auf 1 % pro Monat zu reduzieren, wendet er sich sinngemäß gegen die Auferlegung von Säumniszuschlägen in den Bescheiden der Beklagten vom 19.12.2007 und 10.10.2008. Insoweit fehlt es an einer formellen Beschwer. Das SG hat hierüber nicht entschieden, weil dies im Klageverfahren auch nicht beantragt war. Dieser Mangel kann nicht durch eine Klageänderung (§ 99 SGG) geheilt werden. Denn selbst eine wirksame Klageänderung ersetzt nicht die für die Zulässigkeit der geänderten Klage fehlenden Prozessvoraussetzungen (BSG 02.12.2008, B 2 KN 2/07 u R, juris).
Der Bescheid der Beklagten vom 23.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.06.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Wie das SG zutreffend ausführt, war der Kläger über den 31.12.2008 hinaus freiwilliges Mitglied der Beklagten und verpflichtet Beiträge in der festgesetzten Höhe zu entrichten.
Der Kläger war über den 31.12.2008 hinaus freiwilliges Mitglied der Beklagten. Erst mit dem Beginn der Pflichtversicherung am 06.07.2009 endete seine freiwillige Mitgliedschaft. Die Kündigung des Klägers zum 31.12.2008 führte nicht zu einem früheren Ende seiner Mitgliedschaft. Nach § 191 Nr 3 SGB V endet die freiwillige Mitgliedschaft mit dem Wirksamwerden der Kündigung. Die Kündigung wird nach § 175 Abs 4 Satz 4 SGB V wirksam, wenn das Mitglied innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung oder das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall nachweist. Obwohl die Beklagte den Kläger darauf hinwies, legte der Kläger einen entsprechenden Nachweis nicht vor. Seine Kündigung zum 31.12.2008 wurde deshalb nicht wirksam.
Aus der freiwilligen Mitgliedschaft folgt gemäß § 223 Abs 1 SGB V die Verpflichtung des Klägers Beiträge zu zahlen. Die Beiträge werden nach Abs 2 Satz 1 dieser Vorschrift nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen. Nach § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V gilt als beitragspflichtiges Einkommen freiwilliger Mitglieder mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Unter Ansatz der damaligen monatlichen Bezugsgröße in Höhe von 2.520,00 EUR (§ 18 Abs 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch iVm der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2009, BGBl I 2008, 2336) errechnen sich beitragspflichtige Mindesteinnahmen in Höhe von 840,00 EUR. Diesen Mindestbetrag legte die Beklagte der Beitragsbemessung zugrunde. Höhere (geschätzte) Einnahmen des Klägers - etwa durch Veräußerung eines Baugrundstückes - brachte sie für den hier streitigen Zeitraum ab 01.01.2009 nicht zum Ansatz.
Der Erhebung von Beiträgen steht nicht entgegen, dass der Anspruch des Klägers auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ruhte. Dies ergibt sich aus § 16 Abs 3a Satz 2 SGB V. Danach ruht der Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung von Ausnahmen abgesehen, wenn der Versicherte mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand ist und trotz Mahnung nicht zahlt. Das Ruhen endet erst, wenn Versicherte hilfebedürftig im Sinne des SGB II (Sozialgesetzbuch Zweites Buch) oder des SGB XII (Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch) werden oder wenn nicht nur alle rückständigen Beiträge sondern auch die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind (vgl § 16 Abs 3a Satz 2, 2. HS SGB V). Das Ruhen des Leistungsanspruchs entbindet mithin nicht von der Verpflichtung, Beiträge zu entrichten.
Anhaltspunkte für die Verletzung von Grundrechten des Klägers liegen nicht vor. Das allein als verletzt in Betracht kommende Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art 1 Abs 1 iVm Art 2 Abs 1 Grundgesetz (GG) wird durch die Anwendung der genannten Regelungen im Fall des Klägers nicht unzumutbar eingeschränkt. Dem Kläger stand es offen, eine andere Krankenkasse zu wählen. Dabei wäre er auch gegenüber einer neuen Krankenkasse zur Beitragsentrichtung verpflichtet gewesen und zwar mindestens in der von der Beklagten festgesetzten Höhe. Denn die Beklagte hatte der Beitragsbemessung ohnehin nur den gesetzlichen Mindestbetrag zugrundegelegt. Soweit der Kläger vorträgt, er habe keine andere Krankenkasse finden können, weil er über kein Einkommen verfügt habe, oblag es dem Kläger, seine Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II oder SGB XII nachzuweisen. Hätte der Kläger seiner Nachweispflicht entsprochen, wäre möglicherweise schon vor dem 06.07.2009 eine Pflichtmitgliedschaft zustande gekommen.
Soweit dem SG folgend in dem Begehren des Klägers auch die gerichtliche Feststellung der Beendigung seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten aufgrund seiner Kündigung zum 31.12.2008 gesehen werden kann, scheitert dieser Klageantrag jedenfalls an der fehlenden Wirksamkeit seiner Kündigung (vgl oben).
Das SG hat die Klage zu Recht auch hinsichtlich eines etwaigen Leistungsbegehrens des Klägers abgewiesen. Der Kläger kann die Rückzahlung der von ihm für das Jahr 2008 gezahlten Beiträge schon deshalb nicht verlangen, weil die von ihm gezahlten Beiträge in Höhe von 121,28 EUR pro Monat unter Ansatz der Mindesteinnahmen nach § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V berechnet wurden. Diesen Betrag schuldete der Kläger in jedem Fall, auch während des Ruhens des Leistungsanspruchs (vgl oben). Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die Beklagte über diesen Mindestbetrag hinaus höhere Beiträge unter Ansatz der Erlöse des Klägers aus dem Verkauf seines Grundstückes erheben durfte. Diese Frage kann daher offen bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit stehen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung.
Der 1958 geborene Kläger war seit dem 01.08.1997 freiwilliges Mitglied der Beklagten. Ab dem 06.07.2009 war der Kläger als Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende bei der Beklagten pflichtversichert. Seit dem 01.08.2010 bezieht der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Mit Bescheid vom 12.04.2007 setzte die Beklagte die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab Mai 2007 auf insgesamt 145,09 EUR fest. Grundlage der Berechnung waren monatliche Einkünfte des Klägers in Höhe von 977,08 EUR. Das zuständige Finanzamt hatte auf Anfrage der Beklagten die Auskunft erteilt, dass für das Steuerjahr 2005 die Einkünfte des Klägers auf insgesamt 11.725,00 EUR geschätzt worden seien.
Der Kläger zahlte trotz Mahnungen ab Mai 2007 die zuletzt festgesetzten Beiträge in Höhe von insgesamt 121,28 EUR weiter. Der Berechnung dieses Betrags lagen als Einnahmen pro Kalendertag der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße für das Jahr 2007 zugrunde.
Mit Bescheid vom 19.12.2007 stellte die Beklagte das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen ab dem 26.12.2007 fest, weil der Kläger mit Beiträgen in Höhe von insgesamt 169,67 EUR in Verzug sei. Zugleich setzte die Beklagte Säumniszuschläge in Höhe von 3,00 EUR fest.
Mit Schreiben vom 05.01.2008, eingegangen bei der Beklagten am 08.01.2008, bat der Kläger aus gesundheitlichen Gründen um Fristverlängerung, um "die Angelegenheit abzuklären" und "in Ordnung zu bringen". Das Schreiben vom 19.12.2007 entspräche "nicht ganz der Wahrheit". Im Jahr 2006 habe er Einkünfte in Höhe von 300,00 EUR, im Jahr 2007 in Höhe von 1.000,00 EUR gehabt. Auf dieser Grundlage zahle er pünktlich seine Beiträge.
Mit Bescheid vom 23.07.2008 berechnete die Beklagte die Beiträge auf Grundlage geänderter Beitragssätze neu und setzte die Höhe der Beiträge ab 01.07.2008 auf insgesamt 156,34 EUR fest.
Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2006 setzte die Beklagte mit Bescheid vom 06.08.2008 ab dem 01.08.2008 die Beiträge in Höhe von insgesamt 132,53 EUR fest. Dabei legte die Beklagte pro Kalendertag den neunzigsten Teil der monatlichen Bezugsgröße für das Jahr 2008 zugrunde.
Mit Schreiben vom 22.08.2008, eingegangen bei der Beklagten am 29.08.2008, legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.07.2008 ein und "wiederholte" seinen telefonisch am 08.05.2007 eingelegten Widerspruch gegen den Bescheid vom 12.04.2007. Die geforderten Beiträge entsprächen nicht seinem tatsächlichen Einkommen. Die Beiträge seien zu hoch festgesetzt. Im Steuerbescheid für das Jahr 2005 seien seine Einkünfte lediglich geschätzt worden. Das tatsächlich zu versteuernde Einkommen sei niedriger ausgefallen. Der geschätzte Betrag beziehe sich auf den Verkauf eines Baugrundstückes.
Mit Schreiben vom 02.09.2008 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass seine Widerspruchseinlegung verspätet sei. Auch aus inhaltlichen Gründen sei der Widerspruch erfolglos.
Unter dem 10.10.2008 informierte die Beklagte den Kläger über Beitragsrückstände in Höhe von insgesamt 276,87 EUR und wies Säumniszuschläge in Höhe von 22,50 EUR aus. Zugleich kündigte sie die Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens an.
Mit Schreiben vom 26.10.2008, eingegangen bei der Beklagten am 29.10.2008, kündigte der Kläger seine Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31.12.2008. Zugleich beantragte er die Rückerstattung der im Jahr 2008 gezahlten Versicherungsbeiträge wegen des Entzugs des Versicherungsschutzes. Er habe in den letzten 10 Jahren keine Leistungen von der Beklagten in Anspruch genommen. Die Beklagte habe demgegenüber die Beiträge erhöht, obwohl die angesetzten Einkünfte nicht seinen tatsächlichen Einnahmen entsprächen. Zudem verlange die Beklagte Säumniszuschläge von über 80 % pro Jahr, obwohl er die seinem tatsächlichen Einkommen entsprechenden Beiträge bezahlt habe. Die Forderung von Beiträgen, obwohl kein Versicherungsschutz bestehe, sei ungerecht, unsozial, unsolidarisch, unverhältnismäßig, unrechtmäßig und verfassungswidrig. Der Tatbestand des Wuchers sei erfüllt. Gegen den Bescheid vom 10.10.2008 werde er noch Widerspruch einlegen. Mit Schreiben gleichen Datums beantragte der Kläger die Stundung des noch offenen Beitragsrückstandes.
Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 08.12.2008 darauf hin, dass die Kündigung erst wirksam werde, wenn der Kläger spätestens zum 31.12.2008 eine Mitgliedsbescheinigung einer neuen Krankenkasse vorlege.
Mit Bescheid vom 23.01.2009 setzte die Beklagte die monatlichen Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.01.2009 in Höhe von insgesamt 143,64 EUR fest. Ihrer Berechnung legte die Beklagte pro Kalendertag den neunzigsten Teil der monatlichen Bezugsgröße für das Jahr 2009 zugrunde. Mit Schreiben gleichen Datums wurde der Kläger über die Fortsetzung seiner Mitgliedschaft informiert.
Mit Schreiben vom 14.02.2009, eingegangen bei der Beklagten am 16.02.2009, stellte der Kläger eine Begründung "des Widerspruchs vom 09.11.2008" in Aussicht. Der geforderte Betrag sei für ihn nicht nachvollziehbar.
Gegen den Bescheid vom 23.01.2009 legte der Kläger am 25.02.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung gab er an, er sei überschuldet und habe kein Einkommen. Es sei ihm deshalb nicht möglich Beiträge zu zahlen. Aus diesem Grund habe er auch zum 31.12.2008 gekündigt. Weil er kein Einkommen habe, finde er keine andere Krankenkasse. Es sei ihm nicht möglich eine Mitgliedsbescheinigung einer anderen Krankenkasse vorzulegen. Die Erhebung von Beiträgen durch die Beklagte sei auch deshalb unzulässig, da ihm der Krankenversicherungsschutz entzogen worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.06.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 23.01.2009 zurück. Als freiwilliges Mitglied unterliege der Kläger der Beitragspflicht. Die Beitragsbemessung habe grundsätzlich nach den wirtschaftlichen Verhältnissen zu erfolgen. Die gesetzlich vorgesehene Mindestbemessungsgrenze könne nicht unterschritten werden. Im Falle einer Existenzgefährdung sehe die öffentliche Hand Möglichkeiten der Beitragsübernahme vor. Die Kündigung des Klägers zum 31.12.2008 sei unwirksam, da der Kläger keine Mitgliedsbescheinigung einer anderen Krankenkasse vorgelegt habe. Es bestünde Versicherungspflicht. Auch das Ruhen der Leistungen wegen rückständiger Beiträge begründe kein Aussetzen der Beitragszahlung.
Hiergegen hat der Kläger am 03.07.2009 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und vorgetragen, eine Begründung seiner Klage sei ihm derzeit aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich.
Das SG hat am 12.04.2010 einen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 08.06.2010 bestimmt. Der Kläger hat daraufhin mit Schreiben vom 17.05.2010 die Verlegung des Termins auf die Zeit nach dem 31.10.2010 beantragt, da er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, zum Termin zu erscheinen. Das SG hat den Kläger sodann aufgefordert, ein Attest vorzulegen. Mit Schreiben vom 31.05.2010 hat der Kläger mitgeteilt, aufgrund des Ruhens seines Anspruchs auf Leistungen sei es ihm nicht möglich, einen Arzt aufzusuchen. Er beantrage, das Ergebnis einer amtsärztlichen Untersuchung am 28.06.2010 abzuwarten. Zudem wolle er noch eine schriftliche Stellungnahme verfassen. Der Kläger ist zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 08.06.2010 nicht erschienen.
Mit Urteil vom 08.06.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Gericht habe trotz Abwesenheit des Klägers in der mündlichen Verhandlung entscheiden dürfen. Der Kläger sei hierauf hingewiesen worden. Der Vortrag, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage an dem Termin teilzunehmen, sei nicht ausreichend belegt. Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 23.01.2009 habe keinen Erfolg, da der Kläger in der Zeit vom 01.01.2009 bis 05.07.2009 als freiwilliges Mitglied der Beklagten zur Beitragszahlung verpflichtet gewesen sei. Die Kündigung zum 31.12.2008 sei nicht wirksam gewesen, da der Kläger ab 01.01.2009 keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall inne gehabt habe. Die Versicherungspflicht verstoße nicht gegen Grundrechte des Klägers. Hinsichtlich der Höhe der Beiträge sei der Kläger nur im Umfang der Mindestbeiträge veranlagt. Auf die Frage, ob einzelne Einkünfte des Klägers nicht zur Beitragsbemessung herangezogen werden dürfen, komme es daher nicht an. Der Ansatz der Mindestbeiträge entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Das Ruhen stehe der Beitragserhebung nicht entgegen. Dies ergebe sich aus den gesetzlichen Regelungen und sei nicht verfassungswidrig. Der sinngemäß gestellte Antrag auf Feststellung des Endes der Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31.12.2008 habe ebenfalls keinen Erfolg, da die Mitgliedschaft aus den genannten Gründen nicht geendet habe. Schließlich könne der Kläger keine Erstattung der im Jahr 2008 geleisteten Beiträge verlangen. Der Kläger habe der Beklagten die gezahlten Beiträge geschuldet.
Gegen das dem Kläger am 18.06.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.07.2010 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und ausgeführt, das SG habe über seine Klage entschieden, ohne dass es ihm möglich gewesen sei, seine Klage zu begründen, Anträge zu stellen und Nachweise vorzulegen. Aus gesundheitlichen Gründen sei er nicht in der Lage gewesen, eine Stellungnahme abzugeben und an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Bei seiner Klage gehe es ihm hauptsächlich darum, dass die von der Beklagten angewandten Regelungen ungerecht, unsozial, unsolidarisch, unverhältnismäßig, unrechtmäßig und verfassungswidrig seien. Das SG habe aus seinen Schreiben an die Beklagte drei Antragspunkte entnommen. Seine schriftliche Stellungnahme werde jedoch 20 Antragspunkte enthalten. Unter anderem beantrage er, dass der Säumniszuschlag von 5 % pro Monat auf 1 % pro Monat reduziert werde. Obwohl er in seinen Schreiben an die Beklagte mehrmals darauf hingewiesen habe, dass ein Säumniszuschlag dieser Höhe Wucher sei, habe das SG dazu nichts ausgeführt. Seine Stellungnahme werde 30 Seiten umfassen, 20 Seiten habe er bereits verfasst. Er beantrage, dass über seine Klage nochmals neu entschieden werde, damit bei der Entscheidungsfindung seine schriftliche Stellungnahme und seine eigenen Begründungen, Nachweise und Anträge berücksichtigt werden könnten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 08.06.2010 aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die Klage an das Sozialgericht Freiburg zurückzuverweisen,
hilfsweise das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 08.06.2010 aufzuheben und 1. den Bescheid vom 23.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.06.2009 aufzuheben, 2. festzustellen, dass die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten zum 31.12.2008 geendet hat, 3. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger seine für das Jahr 2008 geleisteten Beiträge zurückzuzahlen, 4. die Bescheide vom 19.12.2007 und 10.10.2008 so abzuändern, dass der Säumniszuschlag auf 1 % pro Monat reduziert wird.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 29.09.2010 wurde für den Kläger eine Betreuerin bestellt. Nach dem Betreuerausweis vom 04.10.2011 umfasst der Aufgabenkreis ua die Vermögensvorsorge und Gesundheitsfürsorge, wobei die Betreuerin den Kläger im Rahmen dieses Aufgabenkreises gerichtlich und außergerichtlich vertritt.
Mit Schreiben vom 14.11.2011 hat das LSG die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss zurückzuweisen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beklagte und die Betreuerin des Klägers haben gegen die angekündigte Vorgehensweise keine Einwände erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss entscheiden, da die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet erachten und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten.
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1, 144 Abs 1 Satz 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
Ein wesentlicher Verfahrensfehler, der zur Zurückweisung an das SG nach § 159 Abs 1 SGG führen könnte, liegt nicht vor. Der geltend gemachte Verfahrensmangel, das SG habe den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß § 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG) verletzt, ist nicht ersichtlich. Der Einwand, das SG habe seinen Vortrag nicht berücksichtigt und seine in Aussicht gestellten Ausführungen nicht abgewartet, begründet keinen Verfahrensmangel. Der Kläger hatte sowohl im Verfahren vor dem SG als auch im Berufungsverfahren in ausreichendem Umfang Gelegenheit, seine Einwände gegen die angefochtene Entscheidung der Beklagten schriftlich oder mündlich vorzutragen. Er hat diese Gelegenheiten trotz Erinnerung und Fristsetzung ungenutzt verstreichen lassen. Es haben im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung auch keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen gehindert gewesen ist, seine Rechte wahrzunehmen. Ein Attest hat der Kläger trotz Aufforderung durch das Gericht nicht vorgelegt. Der Kläger ist auch nicht gehindert gewesen, einen Arzt aufzusuchen. Denn seit dem 06.07.2009 bezog der Kläger Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, womit das Ruhen seines Leistungsanspruchs gegen die Beklagte endete (§ 16 Abs 3a Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)). Das SG hat daher ohne Verletzung der Rechte des Klägers entscheiden dürfen. Es ist nicht verpflichtet gewesen, den Termin zur mündlichen Verhandlung zu vertagen. Aber selbst bei Annahme einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wäre ein solcher Verfahrensfehler jedenfalls dadurch geheilt, dass der Betreuerin des Klägers im Berufungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden ist (zur Heilung iA Keller in Meyer-Ladwig, SGG, § 62 RdNr 11e).
Ein Verstoß gegen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör liegt auch nicht darin begründet, dass das SG den Vortrag des Klägers bei seiner Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt hätte. Wie sich aus dem Urteil ergibt, hat das SG nicht nur die Ausführungen des Klägers gegenüber dem Gericht, sondern auch die Schreiben des Klägers im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren mit in seine Erwägungen einbezogen. Die Schreiben sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen. Dabei musste sich das SG im Urteil nicht mit jedem Argument des Klägers auseinandersetzen. Das Gericht ist im Rahmen des rechtlichen Gehörs nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen auch in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Insbesondere ist es nicht verpflichtet, auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten einzugehen, die im Laufe eines Verfahrens von der einen oder der anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind (vgl BVerfG 08.07.1997, 1 BvR 1621/94, BVerfGE 96, 205; BSG 05.10.2010, B 8 SO 62/10 B, juris).
Auch in der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.
Gegenstand der Klage ist der Bescheid der Beklagten vom 23.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.06.2009. Der Kläger hat in seiner Klageschrift ausdrücklich nur diesen Bescheid benannt. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren außerdem beantragt, die Säumniszuschläge auf 1 % pro Monat zu reduzieren, wendet er sich sinngemäß gegen die Auferlegung von Säumniszuschlägen in den Bescheiden der Beklagten vom 19.12.2007 und 10.10.2008. Insoweit fehlt es an einer formellen Beschwer. Das SG hat hierüber nicht entschieden, weil dies im Klageverfahren auch nicht beantragt war. Dieser Mangel kann nicht durch eine Klageänderung (§ 99 SGG) geheilt werden. Denn selbst eine wirksame Klageänderung ersetzt nicht die für die Zulässigkeit der geänderten Klage fehlenden Prozessvoraussetzungen (BSG 02.12.2008, B 2 KN 2/07 u R, juris).
Der Bescheid der Beklagten vom 23.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.06.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Wie das SG zutreffend ausführt, war der Kläger über den 31.12.2008 hinaus freiwilliges Mitglied der Beklagten und verpflichtet Beiträge in der festgesetzten Höhe zu entrichten.
Der Kläger war über den 31.12.2008 hinaus freiwilliges Mitglied der Beklagten. Erst mit dem Beginn der Pflichtversicherung am 06.07.2009 endete seine freiwillige Mitgliedschaft. Die Kündigung des Klägers zum 31.12.2008 führte nicht zu einem früheren Ende seiner Mitgliedschaft. Nach § 191 Nr 3 SGB V endet die freiwillige Mitgliedschaft mit dem Wirksamwerden der Kündigung. Die Kündigung wird nach § 175 Abs 4 Satz 4 SGB V wirksam, wenn das Mitglied innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung oder das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall nachweist. Obwohl die Beklagte den Kläger darauf hinwies, legte der Kläger einen entsprechenden Nachweis nicht vor. Seine Kündigung zum 31.12.2008 wurde deshalb nicht wirksam.
Aus der freiwilligen Mitgliedschaft folgt gemäß § 223 Abs 1 SGB V die Verpflichtung des Klägers Beiträge zu zahlen. Die Beiträge werden nach Abs 2 Satz 1 dieser Vorschrift nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen. Nach § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V gilt als beitragspflichtiges Einkommen freiwilliger Mitglieder mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Unter Ansatz der damaligen monatlichen Bezugsgröße in Höhe von 2.520,00 EUR (§ 18 Abs 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch iVm der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2009, BGBl I 2008, 2336) errechnen sich beitragspflichtige Mindesteinnahmen in Höhe von 840,00 EUR. Diesen Mindestbetrag legte die Beklagte der Beitragsbemessung zugrunde. Höhere (geschätzte) Einnahmen des Klägers - etwa durch Veräußerung eines Baugrundstückes - brachte sie für den hier streitigen Zeitraum ab 01.01.2009 nicht zum Ansatz.
Der Erhebung von Beiträgen steht nicht entgegen, dass der Anspruch des Klägers auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ruhte. Dies ergibt sich aus § 16 Abs 3a Satz 2 SGB V. Danach ruht der Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung von Ausnahmen abgesehen, wenn der Versicherte mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand ist und trotz Mahnung nicht zahlt. Das Ruhen endet erst, wenn Versicherte hilfebedürftig im Sinne des SGB II (Sozialgesetzbuch Zweites Buch) oder des SGB XII (Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch) werden oder wenn nicht nur alle rückständigen Beiträge sondern auch die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind (vgl § 16 Abs 3a Satz 2, 2. HS SGB V). Das Ruhen des Leistungsanspruchs entbindet mithin nicht von der Verpflichtung, Beiträge zu entrichten.
Anhaltspunkte für die Verletzung von Grundrechten des Klägers liegen nicht vor. Das allein als verletzt in Betracht kommende Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art 1 Abs 1 iVm Art 2 Abs 1 Grundgesetz (GG) wird durch die Anwendung der genannten Regelungen im Fall des Klägers nicht unzumutbar eingeschränkt. Dem Kläger stand es offen, eine andere Krankenkasse zu wählen. Dabei wäre er auch gegenüber einer neuen Krankenkasse zur Beitragsentrichtung verpflichtet gewesen und zwar mindestens in der von der Beklagten festgesetzten Höhe. Denn die Beklagte hatte der Beitragsbemessung ohnehin nur den gesetzlichen Mindestbetrag zugrundegelegt. Soweit der Kläger vorträgt, er habe keine andere Krankenkasse finden können, weil er über kein Einkommen verfügt habe, oblag es dem Kläger, seine Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II oder SGB XII nachzuweisen. Hätte der Kläger seiner Nachweispflicht entsprochen, wäre möglicherweise schon vor dem 06.07.2009 eine Pflichtmitgliedschaft zustande gekommen.
Soweit dem SG folgend in dem Begehren des Klägers auch die gerichtliche Feststellung der Beendigung seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten aufgrund seiner Kündigung zum 31.12.2008 gesehen werden kann, scheitert dieser Klageantrag jedenfalls an der fehlenden Wirksamkeit seiner Kündigung (vgl oben).
Das SG hat die Klage zu Recht auch hinsichtlich eines etwaigen Leistungsbegehrens des Klägers abgewiesen. Der Kläger kann die Rückzahlung der von ihm für das Jahr 2008 gezahlten Beiträge schon deshalb nicht verlangen, weil die von ihm gezahlten Beiträge in Höhe von 121,28 EUR pro Monat unter Ansatz der Mindesteinnahmen nach § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V berechnet wurden. Diesen Betrag schuldete der Kläger in jedem Fall, auch während des Ruhens des Leistungsanspruchs (vgl oben). Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die Beklagte über diesen Mindestbetrag hinaus höhere Beiträge unter Ansatz der Erlöse des Klägers aus dem Verkauf seines Grundstückes erheben durfte. Diese Frage kann daher offen bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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