Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 38 AS 183/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 2046/10 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 12.10.2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob die Beschwerdeführer Anspruch auf Prozesskostenhilfe (PKH) für ein von ihnen bei dem Sozialgericht (SG) Duisburg geführtes Klageverfahren haben, in dem die Übernahme von Kosten für die Ausstellung von Nationalpässen begehrt wird.
Die 1991 und 1996 geborenen Beschwerdeführer serbischer Nationalität beziehen von dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 23.04.2009 beantragte die Mutter der Kläger für diese bei dem Beklagten die Übernahme der Kosten für die Ausstellung von Nationalpässen für ihre Söhne. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 29.04.2009 und Widerspruchsbescheid vom 15.07.2009 ab, da das SGB II eine Erbringung solcher Leistungen nicht vorsehe, so dass diese aus dem Regelsatz zu decken seien. Hiergegen hat die Mutter der Beschwerdeführer am 17.08.2009 Klage erhoben und Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Sie und ihre Söhne seien als serbische Bürger nach dem Aufenthaltsgesetz verpflichtet, einen Nationalpass zu besitzen. Wären die Kosten zu einem Zeitpunkt beantragt worden, als sie noch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhalten hätten, hätte das Sozialamt die Kosten übernehmen müssen. Es könne der Systematik des AsylbLG und des SGB II nicht entsprechen, die Empfänger von Leistungen nach dem AsylbLG besser zu stellen als die Empfänger von Leistungen nach dem SGB II.
Auf Hinweis des Sozialgerichts vom 19.08.2009, dass Leistungen für die Kinder im Streit stünden und diese selbst - vertreten durch die Mutter - Klage erheben müssten, hat der Bevollmächtigte der Kläger nach mehrfacher Erinnerung am 30.03.2010 mitgeteilt, dass der Antrag auf Übernahme der Kosten für die Ausstellung eines Nationalpasses für die Kinder gestellt worden sei. Der Widerspruchsbescheid sei jedoch nicht an die Kinder, sondern an deren Mutter gerichtet. Es stelle sich daher die Frage, ob über den Widerspruch überhaupt entschieden worden sei. Auf weiteren Hinweis des SG vom 07.05.2010, dass der Widerspruchsbescheid wohl so auszulegen sein dürfte, dass über die Übernahme von Kosten für die Ausstellung der Nationalpässe für die Söhne entschieden worden sei und erneute Anfrage, ob die Klage auch im Namen der Söhne erhoben werde, hat der Bevollmächtigte der Kläger nach dreimaliger Erinnerung am 07.10.2010 mitgeteilt, dass die Klage auch im Namen der Söhne erhoben worden sei. Bezüglich der Klägerin werde die Klage zurückgenommen.
Das SG hat den Antrag auf Gewährung von PKH für das Klageverfahren mit Beschluss vom 12.10.2010 abgelehnt. In der Begründung hat es - in Unkenntnis des Schriftsatzes des Klägerbevollmächtigten vom 07.10.2010 - ausgeführt, dass dahinstehen könne, ob die Klage unzulässig sei, weil die Mutter als Klägerin nicht beschwert sei und es an einer Erklärung darüber fehle, dass die Klage im Namen der Söhne erhoben werden solle. In letzterem Fall sei die Klage jedenfalls unbegründet. Das SGB II enthalte keine Anspruchsgrundlage für die Übernahme von Passbeschaffungskosten. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Mehr- bzw. Sonderbedarfes gem. § 21 oder § 23 Abs. 3 SGB II seien nicht erfüllt. Die Söhne der Klägerin könnten einen Leistungsanspruch auch nicht aus dem Grundgesetz herleiten, da das Bundesverfassungsgericht lediglich entschieden habe, dass für einen unabweisbaren laufenden, nicht nur einmaligen und besonderen Bedarf zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums Leistungen als Härtefallleistungen zu gewähren seien (BVerfG Beschluss vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - BverfGE 125, 175). Die Passbeschaffungskosten stellten aber lediglich einen einmaligen Bedarf dar. Hierfür komme nur eine - nicht beantragte - Darlehensgewährung nach § 23 Abs. 1 SGB II in Betracht. Soweit die Kläger eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz rügten, liege eine solche nicht vor, da die sozialen Sicherungssysteme unterschiedlich ausgestaltet seien und ein unterschiedliches Leistungsniveau ausweisen würden. Auch eine Leistungserbringung durch den Sozialhilfeträger gem. § 73 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) scheide aus. Es fehle an der hierfür notwendigen besonderen atypischen Lebenslage, die eine Nähe zu den anderen im Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweisen würde.
Gegen den am 19.10.2010 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 18.11.2010 Beschwerde eingelegt und das bisherige Vorbringen im Wesentlichen wiederholt. Die Kosten für die Ausstellung eines Nationalpasses würden 180 Euro zuzüglich weiterer Kosten für Fahrten, Zeugen und Ähnliches, insgesamt ca. 300 bis 350 Euro betragen, was ungefähr dem Regelsatz eines Haushaltsvorstandes entspreche und von den Regelleistungen nicht angespart werden könne.
Der Senat hat Auskünfte der Stadt Oberhausen und des Generalkonsulats der Republik Serbien zu den Kosten und der Gültigkeitsdauer der von den Klägern benötigten Nationalpässe eingeholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass den Kläger keine Prozesskostenhilfe für das von ihnen geführte Klageverfahren zu gewähren ist.
Voraussetzung für die Gewährung von PKH ist nach § 73 a Abs.1 Satz 1 des Sozialge-richtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) unter anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung (vgl. hierzu BVerfG Beschluss vom 07.05.1997 - 1 BvR 296/94 - NJW 1997, 2745) den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 73a Rn 7a; ständige Rspr des erkennenden Senats, z.B. Beschluss vom 16.11.2011 - L 12 AS 1526/11 B). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte, ist der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abzulehnen (vgl. BSG Beschluss vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1750 § 114 Nr. 5; BVerfG Beschluss vom 14.04.2003 - 1 BvR 1998/02 - NJW 2003, 296; BVerfG Beschluss vom 29.09.2004 - 1 BvR 1281/04 - NJW-RR 2005, 140).
Dies ist hier der Fall. Die Klage ist bereits unzulässig, da die Kläger ihre Klage gegen die Versagung der begehrten Passkosten im Widerspruchsbescheid vom 15.07.2009 nicht fristgerecht erhoben haben.
Bei den Leistungen nach dem SGB II handelt es sich um individuelle Ansprüche, die von dem jeweiligen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft selbst im Klageweg geltend zu machen sind (BSG Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R). Entsprechend war nicht die Mutter der Kläger berechtigt, im Klagewege die Kosten für die Ausstellung derer Nationalpässe zu verlangen. Vielmehr mussten die Kläger selbst einen entsprechenden Klageantrag stellen. Die ursprünglich am 17.08.2009 erhobene Klage ist ausdrücklich nur im Namen der Mutter der Kläger gestellt worden und lässt sich auch unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips (vgl. hierzu Löns/Herold-Tews/Boerner, 3. Aufl. 2011, § 38 Rn 26) nicht dahingehend auslegen, dass durch den bevollmächtigten Rechtsanwalt beabsichtigt war, (neben der Mutter) auch für deren Söhne Klage zu erheben. Bereits grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Rechtsanwalt die Bezeichnung des bzw. der Kläger bewusst und mit Bedacht vornimmt. Hier kommt hinzu, dass der Bevollmächtigte auch im Folgenden trotz der mehrfachen ausdrücklichen Hinweise des SG darauf, dass die Klage auf die Kläger erstreckt werden müsse, eine entsprechende Klarstellung im Folgenden zunächst nicht vorgenommen hat. Vielmehr hat er noch mit Schreiben vom 30.03.2010 erklärt, dass der Beklagte seiner Auffassung nach über den Antrag der Kläger noch gar nicht entschieden habe. Mit dieser Rechtsansicht hat er zum Ausdruck gebracht, dass er eine Klage der Kläger im damaligen Zeitpunkt für nicht erfolgversprechend hielt. Entsprechend ist die Benennung der Kläger im späteren Schreiben vom 07.10.2010 nicht als Klarstellung der früheren Klageerhebung, sondern als deren Ergänzung und damit bezogen auf die jetzigen Kläger als erstmalige Klageerhebung zu werten.
Eine fristgerechte Klageerhebung der Kläger bereits mit der ursprünglichen Klageschrift kann auch nicht mithilfe einer vermuteten Bevollmächtigung der Mutter angenommen werden. Die Vorschrift des § 38 Abs. 1 S. 1 SGB II, nach der in Bedarfsgemeinschaften eine Bevollmächtigung des antragstellenden erwerbsfähigen Leistungsberechtigten unterstellt wird, gilt im Klageverfahren nicht (Löns/Herold-Tews/Boerner, 3. Aufl. 2011, § 38 Rn 21 mwN u.a. Verweis auf BSG Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 54/08 R Rn 22).
Der somit am 07.10.2010 für die nunmehrigen Kläger gestellte Klageantrag ist außerhalb der maßgeblichen Klagefrist eingegangen. Gemäß § 87 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben. Der Widerspruchsbescheid vom 15.07.2010 ist dem Bevollmächtigten der Mutter der Kläger ausweislich dessen Eingangsstempels am 17.07.2010 zugegangen. Im Hinblick auf die von der Mutter erteilte Bevollmächtigung gilt er damit gegenüber dieser als zugegangen. Mit dem Zugang bei der Mutter wiederum gilt der Widerspruchsbescheid auch gegenüber den Klägern als zugegangen. Grund hierfür ist, dass für deren Mutter im Verwaltungsverfahren aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 38 Abs. 1 S. 1 SGB II und mangels anderer Anhaltspunkte eine Bevollmächtigung für ihre Kinder vermutet wird. Von dieser vermuteten Vollmacht ist auch die Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides erfasst. Der auf den Antrag bzw. Widerspruch eines erwerbsfähigen Leistungsberechtigten erteilte Bescheid kann diesem für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entsprechend § 37 Abs. 1 S. 2 SGB II bekanntgegeben werden (Löns/Herold-Tews/Boerner, SGB II, 3. Aufl. 2011, § 38 Rn 16 mwN, u.a. Verweis auf BSG Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R Rn 29 - BSGE 97, 217 ).
Gründe für eine Wiedereinsetzung gem. § 67 SGG sind nicht geltend gemacht und - insbesondere im Hinblick auf die vielfachen Hinweise des SG zur Rechtslage, die eine fristgerechte Klageerhebung ermöglicht hätten - auch nicht ersichtlich.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Klage im Übrigen auch deshalb keine Aussicht auf Erfolg im Sinn von § 118 ZPO bietet, weil sie unbegründet ist. Die Kläger sind durch den mit der Klage angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 29.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2009 nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Sie haben keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Ausstellung eines Nationalpasses. Auf die Begründung im Beschluss des Sozialgerichts wird zu Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 142 Abs. 2 S. 3 SGG). Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach der vom Senat eingeholten Auskunft des Generalkonsulats der Republik Serbien vom 25.10.2011 die Gebühr für die Ausstellung eines biometrischen Passes für Kinder und Erwachsene - entgegen den Angaben der Kläger (lediglich) - 48 Euro beträgt. Der Pass habe für Kinder bis zu 3 Jahren eine Gültigkeit von 3 Jahren, für Kinder bis zu 14 Jahren eine Gültigkeit von 5 Jahren und für Kinder ab 14 Jahren und Erwachsene eine Gültigkeit von 10 Jahren. Diese Auskunft belegt, dass die Passbeschaffung keinen besonderen, laufenden Bedarf im Sinne der vom SG zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bzw. deren an¬schließender gesetzlicher Umsetzung (§ 21 Abs. 6 SGB II, eingefügt durch das Gesetz zur Abschaffung des Finanzplanungsrates und zur Übertragung der fortzuführenden Aufgaben auf den Stabilitätsrat sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 27.05.2010 (BGBl I 671) mit Wirkung ab 03.06.2010) darstellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Streitig ist, ob die Beschwerdeführer Anspruch auf Prozesskostenhilfe (PKH) für ein von ihnen bei dem Sozialgericht (SG) Duisburg geführtes Klageverfahren haben, in dem die Übernahme von Kosten für die Ausstellung von Nationalpässen begehrt wird.
Die 1991 und 1996 geborenen Beschwerdeführer serbischer Nationalität beziehen von dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 23.04.2009 beantragte die Mutter der Kläger für diese bei dem Beklagten die Übernahme der Kosten für die Ausstellung von Nationalpässen für ihre Söhne. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 29.04.2009 und Widerspruchsbescheid vom 15.07.2009 ab, da das SGB II eine Erbringung solcher Leistungen nicht vorsehe, so dass diese aus dem Regelsatz zu decken seien. Hiergegen hat die Mutter der Beschwerdeführer am 17.08.2009 Klage erhoben und Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Sie und ihre Söhne seien als serbische Bürger nach dem Aufenthaltsgesetz verpflichtet, einen Nationalpass zu besitzen. Wären die Kosten zu einem Zeitpunkt beantragt worden, als sie noch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhalten hätten, hätte das Sozialamt die Kosten übernehmen müssen. Es könne der Systematik des AsylbLG und des SGB II nicht entsprechen, die Empfänger von Leistungen nach dem AsylbLG besser zu stellen als die Empfänger von Leistungen nach dem SGB II.
Auf Hinweis des Sozialgerichts vom 19.08.2009, dass Leistungen für die Kinder im Streit stünden und diese selbst - vertreten durch die Mutter - Klage erheben müssten, hat der Bevollmächtigte der Kläger nach mehrfacher Erinnerung am 30.03.2010 mitgeteilt, dass der Antrag auf Übernahme der Kosten für die Ausstellung eines Nationalpasses für die Kinder gestellt worden sei. Der Widerspruchsbescheid sei jedoch nicht an die Kinder, sondern an deren Mutter gerichtet. Es stelle sich daher die Frage, ob über den Widerspruch überhaupt entschieden worden sei. Auf weiteren Hinweis des SG vom 07.05.2010, dass der Widerspruchsbescheid wohl so auszulegen sein dürfte, dass über die Übernahme von Kosten für die Ausstellung der Nationalpässe für die Söhne entschieden worden sei und erneute Anfrage, ob die Klage auch im Namen der Söhne erhoben werde, hat der Bevollmächtigte der Kläger nach dreimaliger Erinnerung am 07.10.2010 mitgeteilt, dass die Klage auch im Namen der Söhne erhoben worden sei. Bezüglich der Klägerin werde die Klage zurückgenommen.
Das SG hat den Antrag auf Gewährung von PKH für das Klageverfahren mit Beschluss vom 12.10.2010 abgelehnt. In der Begründung hat es - in Unkenntnis des Schriftsatzes des Klägerbevollmächtigten vom 07.10.2010 - ausgeführt, dass dahinstehen könne, ob die Klage unzulässig sei, weil die Mutter als Klägerin nicht beschwert sei und es an einer Erklärung darüber fehle, dass die Klage im Namen der Söhne erhoben werden solle. In letzterem Fall sei die Klage jedenfalls unbegründet. Das SGB II enthalte keine Anspruchsgrundlage für die Übernahme von Passbeschaffungskosten. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Mehr- bzw. Sonderbedarfes gem. § 21 oder § 23 Abs. 3 SGB II seien nicht erfüllt. Die Söhne der Klägerin könnten einen Leistungsanspruch auch nicht aus dem Grundgesetz herleiten, da das Bundesverfassungsgericht lediglich entschieden habe, dass für einen unabweisbaren laufenden, nicht nur einmaligen und besonderen Bedarf zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums Leistungen als Härtefallleistungen zu gewähren seien (BVerfG Beschluss vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - BverfGE 125, 175). Die Passbeschaffungskosten stellten aber lediglich einen einmaligen Bedarf dar. Hierfür komme nur eine - nicht beantragte - Darlehensgewährung nach § 23 Abs. 1 SGB II in Betracht. Soweit die Kläger eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz rügten, liege eine solche nicht vor, da die sozialen Sicherungssysteme unterschiedlich ausgestaltet seien und ein unterschiedliches Leistungsniveau ausweisen würden. Auch eine Leistungserbringung durch den Sozialhilfeträger gem. § 73 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) scheide aus. Es fehle an der hierfür notwendigen besonderen atypischen Lebenslage, die eine Nähe zu den anderen im Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweisen würde.
Gegen den am 19.10.2010 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 18.11.2010 Beschwerde eingelegt und das bisherige Vorbringen im Wesentlichen wiederholt. Die Kosten für die Ausstellung eines Nationalpasses würden 180 Euro zuzüglich weiterer Kosten für Fahrten, Zeugen und Ähnliches, insgesamt ca. 300 bis 350 Euro betragen, was ungefähr dem Regelsatz eines Haushaltsvorstandes entspreche und von den Regelleistungen nicht angespart werden könne.
Der Senat hat Auskünfte der Stadt Oberhausen und des Generalkonsulats der Republik Serbien zu den Kosten und der Gültigkeitsdauer der von den Klägern benötigten Nationalpässe eingeholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass den Kläger keine Prozesskostenhilfe für das von ihnen geführte Klageverfahren zu gewähren ist.
Voraussetzung für die Gewährung von PKH ist nach § 73 a Abs.1 Satz 1 des Sozialge-richtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) unter anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung (vgl. hierzu BVerfG Beschluss vom 07.05.1997 - 1 BvR 296/94 - NJW 1997, 2745) den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 73a Rn 7a; ständige Rspr des erkennenden Senats, z.B. Beschluss vom 16.11.2011 - L 12 AS 1526/11 B). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte, ist der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abzulehnen (vgl. BSG Beschluss vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1750 § 114 Nr. 5; BVerfG Beschluss vom 14.04.2003 - 1 BvR 1998/02 - NJW 2003, 296; BVerfG Beschluss vom 29.09.2004 - 1 BvR 1281/04 - NJW-RR 2005, 140).
Dies ist hier der Fall. Die Klage ist bereits unzulässig, da die Kläger ihre Klage gegen die Versagung der begehrten Passkosten im Widerspruchsbescheid vom 15.07.2009 nicht fristgerecht erhoben haben.
Bei den Leistungen nach dem SGB II handelt es sich um individuelle Ansprüche, die von dem jeweiligen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft selbst im Klageweg geltend zu machen sind (BSG Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R). Entsprechend war nicht die Mutter der Kläger berechtigt, im Klagewege die Kosten für die Ausstellung derer Nationalpässe zu verlangen. Vielmehr mussten die Kläger selbst einen entsprechenden Klageantrag stellen. Die ursprünglich am 17.08.2009 erhobene Klage ist ausdrücklich nur im Namen der Mutter der Kläger gestellt worden und lässt sich auch unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips (vgl. hierzu Löns/Herold-Tews/Boerner, 3. Aufl. 2011, § 38 Rn 26) nicht dahingehend auslegen, dass durch den bevollmächtigten Rechtsanwalt beabsichtigt war, (neben der Mutter) auch für deren Söhne Klage zu erheben. Bereits grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Rechtsanwalt die Bezeichnung des bzw. der Kläger bewusst und mit Bedacht vornimmt. Hier kommt hinzu, dass der Bevollmächtigte auch im Folgenden trotz der mehrfachen ausdrücklichen Hinweise des SG darauf, dass die Klage auf die Kläger erstreckt werden müsse, eine entsprechende Klarstellung im Folgenden zunächst nicht vorgenommen hat. Vielmehr hat er noch mit Schreiben vom 30.03.2010 erklärt, dass der Beklagte seiner Auffassung nach über den Antrag der Kläger noch gar nicht entschieden habe. Mit dieser Rechtsansicht hat er zum Ausdruck gebracht, dass er eine Klage der Kläger im damaligen Zeitpunkt für nicht erfolgversprechend hielt. Entsprechend ist die Benennung der Kläger im späteren Schreiben vom 07.10.2010 nicht als Klarstellung der früheren Klageerhebung, sondern als deren Ergänzung und damit bezogen auf die jetzigen Kläger als erstmalige Klageerhebung zu werten.
Eine fristgerechte Klageerhebung der Kläger bereits mit der ursprünglichen Klageschrift kann auch nicht mithilfe einer vermuteten Bevollmächtigung der Mutter angenommen werden. Die Vorschrift des § 38 Abs. 1 S. 1 SGB II, nach der in Bedarfsgemeinschaften eine Bevollmächtigung des antragstellenden erwerbsfähigen Leistungsberechtigten unterstellt wird, gilt im Klageverfahren nicht (Löns/Herold-Tews/Boerner, 3. Aufl. 2011, § 38 Rn 21 mwN u.a. Verweis auf BSG Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 54/08 R Rn 22).
Der somit am 07.10.2010 für die nunmehrigen Kläger gestellte Klageantrag ist außerhalb der maßgeblichen Klagefrist eingegangen. Gemäß § 87 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben. Der Widerspruchsbescheid vom 15.07.2010 ist dem Bevollmächtigten der Mutter der Kläger ausweislich dessen Eingangsstempels am 17.07.2010 zugegangen. Im Hinblick auf die von der Mutter erteilte Bevollmächtigung gilt er damit gegenüber dieser als zugegangen. Mit dem Zugang bei der Mutter wiederum gilt der Widerspruchsbescheid auch gegenüber den Klägern als zugegangen. Grund hierfür ist, dass für deren Mutter im Verwaltungsverfahren aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 38 Abs. 1 S. 1 SGB II und mangels anderer Anhaltspunkte eine Bevollmächtigung für ihre Kinder vermutet wird. Von dieser vermuteten Vollmacht ist auch die Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides erfasst. Der auf den Antrag bzw. Widerspruch eines erwerbsfähigen Leistungsberechtigten erteilte Bescheid kann diesem für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entsprechend § 37 Abs. 1 S. 2 SGB II bekanntgegeben werden (Löns/Herold-Tews/Boerner, SGB II, 3. Aufl. 2011, § 38 Rn 16 mwN, u.a. Verweis auf BSG Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R Rn 29 - BSGE 97, 217 ).
Gründe für eine Wiedereinsetzung gem. § 67 SGG sind nicht geltend gemacht und - insbesondere im Hinblick auf die vielfachen Hinweise des SG zur Rechtslage, die eine fristgerechte Klageerhebung ermöglicht hätten - auch nicht ersichtlich.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Klage im Übrigen auch deshalb keine Aussicht auf Erfolg im Sinn von § 118 ZPO bietet, weil sie unbegründet ist. Die Kläger sind durch den mit der Klage angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 29.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2009 nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Sie haben keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Ausstellung eines Nationalpasses. Auf die Begründung im Beschluss des Sozialgerichts wird zu Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 142 Abs. 2 S. 3 SGG). Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach der vom Senat eingeholten Auskunft des Generalkonsulats der Republik Serbien vom 25.10.2011 die Gebühr für die Ausstellung eines biometrischen Passes für Kinder und Erwachsene - entgegen den Angaben der Kläger (lediglich) - 48 Euro beträgt. Der Pass habe für Kinder bis zu 3 Jahren eine Gültigkeit von 3 Jahren, für Kinder bis zu 14 Jahren eine Gültigkeit von 5 Jahren und für Kinder ab 14 Jahren und Erwachsene eine Gültigkeit von 10 Jahren. Diese Auskunft belegt, dass die Passbeschaffung keinen besonderen, laufenden Bedarf im Sinne der vom SG zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bzw. deren an¬schließender gesetzlicher Umsetzung (§ 21 Abs. 6 SGB II, eingefügt durch das Gesetz zur Abschaffung des Finanzplanungsrates und zur Übertragung der fortzuführenden Aufgaben auf den Stabilitätsrat sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 27.05.2010 (BGBl I 671) mit Wirkung ab 03.06.2010) darstellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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