L 9 R 797/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2847/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 797/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20. Januar 2010 sowie die Bescheide vom 14. September 2001, 24. Mai 2002, 19. Mai 2003 und 25. November 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2005 abgeändert und wird die Beklagte verurteilt, bei der Berechnung der Renten des Klägers die Zeiten vom 16. Januar 1969 bis 30. Juni 1978 und vom 1. August 1978 bis 31. August 1979 als nachgewiesene Beitragszeiten zu berücksichtigen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Berücksichtigung seiner in R. zurückgelegten Beitragszeiten vom 16.1.1969 bis 1.9.1979 als nachgewiesene Beitragszeiten ohne Kürzung auf fünf Sechstel.

Der 1944 geborene Kläger kam am 27.9.1979 aus R. in die Bundesrepublik Deutschland. In R. hat er - nach seinen Angaben zum Rentenantrag vom 16.2.2001 - vom 1.7. bzw. 15.7.1957 bis 15.9.1960 in der Schreinerei seines Vaters den Beruf des Kunstschreiners erlernt und war anschließend in anderen Schreinereien bis zum 20.8.1967 als Schreiner beschäftigt. Nach seinem Militärdienst in R. (21.8.1967 bis 25.12.1968) war er vom 16.1.1969 bis 25.8.1979 als Abteilungsleiter für Prototyp bei der Möbelfabrik A. beschäftigt. In der Bundesrepublik Deutschland war der Kläger von Oktober 1979 bis 2000, der Insolvenz seines Arbeitgebers, als Schreiner und Montageleiter tätig.

Auf den Rentenantrag vom 16.2.2001 gewährte die Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden-Württemberg (nunmehr Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg) dem Kläger mit Bescheid vom 14.9.2001 ab 1.3.2001 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Dabei berücksichtigte sie unter anderem die in R. zurückgelegten Zeiten vom 16.1.1969 bis 1.9.1979 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten zu fünf Sechstel nach dem Fremdrentengesetz (FRG).

Gegen den Bescheid vom 14.9.2001 legte der Kläger am 18.9.2001 Widerspruch ein und begehrte unter anderem, die in R. zurückgelegten Versicherungszeiten als nachgewiesen zu berücksichtigen. Den Widerspruch wies die LVA Baden-Württemberg mit Widerspruchsbescheid vom 19.2.2004 zurück und führte aus, bezüglich der sechs Sechstel-Anrechnung der rumänischen Versicherungszeiten bzw. der Qualifikationsgruppeneinstufung erhalte er noch weitere Mitteilung.

Mit Bescheid vom 24.5.2002 nahm die LVA Baden-Württemberg eine Neuberechnung der Rente - wegen der Berücksichtigung von Einkommen (Arbeitslosengeld) - vor.

Der Kläger legte eine Bescheinigung Nr. 6249 der Handels AG I., A., R. vom 11.10.2001 vor, die ausführte, aufgrund der von ihr aufbewahrten Unterlagen werde bescheinigt, dass der Kläger vom 16.1.1969 bis 1.9.1979 als Schreiner beim Kombinat für Abholzungen und Holzverarbeitung A. und Holzverarbeitungskombinat A. (derzeit Handels AG "I." A.) erwerbstätig gewesen sei. Obige Angaben seien ein Auszug aus den unbefristet aufbewahrten Unterlagen (Lohnlisten). Sie wiesen darauf hin, dass der Kläger vom 1.9.1973 bis 1.9.1979 als Vorarbeiter tätig gewesen sei. Während des Beschäftigungszeitraums seien die Sozialversicherungsbeiträge gemäß den zum damaligen Zeitpunkt geltenden Gesetzen einbehalten und überwiesen worden. Der Bescheinigung fügten sie eine zweiseitige Anhang-Tabelle bei, die die Anwesenheit des Klägers am Arbeitsplatz während des oben genannten Zeitraums wiedergab. Die beigefügte Tabelle weist für die Jahre 1969 bis 1979 für jeden Monat Spalten bzw. Zeilen für folgende Angaben aus: geleistete Arbeitstage, Jahresurlaub, Krankenurlaub, entschuldigte Fehltage, unentschuldigte Fehltage und Überstunden sowie Gesamtzahl der geleisteten Arbeitstage.

Der Kläger legte ferner sein am 14.5.1963 ausgestelltes Arbeitsbuch vor, worin für die streitige Zeit bescheinigt wird, dass der Kläger bei der "I." (Endprodukte aus Holz) A. nach der Rückkehr vom Wehrdienst am 16.1.1969 als Schreiner der Kategorie VI bei einem monatlichen Tariflohn von 948 (gemeint wohl: 948 Lei) angestellt wurde und am 1.4.1969 die Lohnkategorie auf 7 und der Lohn auf 1.061 erhöht wurde. Am 1.8.1969 erfolgte eine Lohnerhöhung auf 1.509 (Kat. 5/II). Am 1.12.1971 wurde eine Erhöhung der Lohnkategorie auf 6B vorgenommen, und der Lohn erhöhte sich auf 1.550. Der Name des Arbeitgebers (ehemals I.) änderte sich in Kombinat für Abholzungen und Holzverarbeitung. Am 1.11.1972 erfolgte eine Erhöhung der Lohnstufe auch 6/I, der Lohn belief sich nunmehr auf 1.632. Am 1.10.1973 erhöhte sich der Lohn auf 1.744. Am 1.8.1974 wurde die Lohnstufe auf 6/II und der Lohn auf 1.826 erhöht. Am 15.7.1975 erfolgte eine Lohnerhöhung auf 1.886 und am 1.8.1975 auf 2.059. Am 1.10.1976 wurde die Lohnstufe auf 6/III und der Lohn auf 2.110 erhöht. Am 1.7.1977 erfolgte eine Erhöhung der Lohnkategorie und Festsetzung des Nettotariflohns gemäß Dekret 196/1977 auf die Spezialkategorie (Sp.) B, der Lohn belief sich auf 1.889. Zum 1.4.1978 erfolgte eine Lohnerhöhung auf 2.193. Am 1.12.1978 wurde die Lohnstufe auf Sp. I und der Lohn auf 2.264 erhöht. Am 1.9.1979 wurde der Arbeitsvertrag aufgehoben.

Mit Bescheid vom 19.5.2003 nahm die LVA Baden-Württemberg eine Neufeststellung der Rente vor.

Mit Schreiben vom 25.6.2003 führte der Kläger aus, in der Arbeitsbescheinigung Nr. 6249/11.10.01 seien Fehler unterlaufen. Er werde beim ausstellenden Betrieb eine Richtigstellung beantragen und die Unterlagen dann einreichen. Der Kläger legte nunmehr die (bisherige) Bescheinigung über die Arbeitstage, ergänzt im Dezember 1969 um 17 Tage an Krankenurlaub und im Januar 1972 um 14 Tage an Krankenurlaub vor.

Am 21.9.2004 beantragte der Kläger die Gewährung von Altersrente für schwer behinderte Menschen.

Mit Bescheid vom 25.11.2004 gewährte die LVA Baden-Württemberg dem Kläger ab 1.11.2004 Altersrente für schwer behinderte Menschen.

Hiergegen legte der Kläger am 2.12.2004 Widerspruch ein, beanstandete, dass die FRG-Zeiten nicht zu sechs Sechstel angerechnet worden seien und bat um Überprüfung der gesamten Versicherungszeiten wegen Zweifel an der Rentenhöhe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3.11.2005 wies die LVA Baden-Württemberg den Widerspruch gegen die Bescheide vom 14.9.2001, 24.5.2002, 19.5.2003 und 25.11.2004 zurück. Zur Begründung führte sie u.a. aus, die Beitragszeiten von 1957 bis 1959 und vom 16.1.1969 bis 1.9.1979 seien weiterhin nur glaubhaft gemacht und nicht nachgewiesen, so dass es bei der 5/6-Kürzung verbleiben müsse. Es bestünden Zweifel an der Richtigkeit der Bescheinigung Nr. 6249 vom 11.10.2001. Es seien für Dezember 1969 ursprünglich lediglich 10 Arbeitstage und für Januar 1972 nur 11 Arbeitstage bestätigt worden, ohne dass eine Aussage zu den Urlaubs- bzw. Krankheitszeiten oder sonstigen Fehlzeiten getroffen worden sei. In diesen Monaten seien in der später nochmals vorgelegten Arbeitsbescheinigung Nr. 6249 Krankheitszeiten nachgetragen worden. Es sei nicht ersichtlich, von wem/wann und aufgrund welcher Unterlagen diese Änderung erfolgt sei.

Hiergegen hat der Kläger am 24.11.2005 Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz (S 4 R 3048/05) erhoben, mit der er die rentensteigernde Berücksichtigung der Zeit vom 16.1.1969 bis 1.9.1979 als nachgewiesene Beitragszeit begehrt hat. Zur Begründung hat er vorgetragen, nachdem die Beklagte moniert habe, dass für Dezember 1969 und Januar 1972 eine zu geringe Anzahl an Arbeitstagen bescheinigt worden sei, ohne weitere Angaben zu den verbliebenen Tagen, habe er sich an seinen ehemaligen Arbeitgeber gewandt. Bei Durchsicht des Archivs des ehemaligen Arbeitgebers seien für die betreffenden Monate noch Krankheitsbestätigungen gefunden und die entsprechenden Krankheitszeiten auf der Bescheinigung Nr. 6249 vom 11.10.2001 nachgetragen worden. Er übergab die Bestätigung Nr. 1496 vom 22.2.2006, in welcher die I., A. - ausweislich der Übersetzung – ausführte: "Bezüglich Ihres Antrags betreffend der Ausstellung einer Bescheinigung zu Ihren Krankmeldungen, und zwar 17 Tage im Dezember 1969 und 14 Tage im Januar 1972, bestätigen wir, dass diese in der von uns ausgestellten Bescheinigung ausgewiesen wurden, dies auch in Anbetracht der Tatsache, dass im Arbeitsbuch kein Bezug von unbezahltem Urlaub oder unerlaubten Fehlzeiten vermerkt wurden".

Nach Inkrafttreten des deutsch-r. Sozialversicherungsabkommens zum 1.6.2006 hat das SG die Deutsche Rentenversicherung Unterfranken (jetzt Deutsche Rentenversicherung Nordbayern) mit Beschluss vom 22.11.2006 zum Verfahren beigeladen, da diese für die Rentenzahlungen an den Kläger zuständig sei.

Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg hat vorgetragen, die vorgelegte Bescheinigung vom 11.10.2001 sei - auch in ihrer nachgebesserten Form - widersprüchlich und in sich nicht schlüssig. So würden für das Jahr 1974 298 Arbeitstage sowie 18 Urlaubstage bescheinigt. In der Summe ergäben sich 316 Tage an Arbeitszeit. Addiere man zu diesen Tagen 52 Sonntage hinzu, ergebe sich - ohne Berücksichtigung von Feiertagen - eine Summe von 368 Tagen. Besonders auffallend sei dies für das Jahr 1976, für welches 300 zu leistende Tage - ohne Überstunden - bescheinigt worden seien. Eine genauere Überprüfung unter Zugrundelegung der Feiertage ergebe für Januar 25 zu leistende Tage anstelle der bescheinigten 26 Tage. Gleiches gelte für Februar (24 zu 26), Mai (25 zu 27), Juni (26 zu 27) August (24 zu 26) Oktober (26 zu 27) November (26 zu 27), die ebenfalls überbelegt seien. Die Korrektur der Bescheinigung sei erst nach Hinweis durch die Sachbearbeitung erfolgt; es könnte sich hierbei um eine Gefälligkeitsbescheinigung handeln. Die Unterlagen und/oder Bescheinigungen seien nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt worden.

Mit Schreiben vom 5.3.2007 hat das SG den Beteiligten mitgeteilt, dass ein Parteiwechsel kraft Gesetzes eingetreten und die richtige Beklagte die Deutsche Rentenversicherung Unterfranken sein dürfte.

Wegen der beim Bundessozialgericht (BSG) anhängigen Verfahren zur Frage des Parteiwechsels (B 4 R 39/06 R und B 4 R 25/07 R) hat das SG mit Beschluss vom 15.10.2007 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Nach Wiederanrufung des Verfahrens am 21.10.2009 und Fortführung unter dem Az. S 8 R 2847/09 ist die Deutsche Rentenversicherung Nordbayern als Funktionsnachfolgerin der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg als Beklagte geführt worden.

Mit Urteil vom 20.1.2010 hat das SG die Klage gegen die Deutsche Rentenversicherung Nordbayern abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei mit Inkrafttreten des Sozialversicherungsabkommens mit R. am 1.6.2006 im Wege der Funktionsnachfolge an die Stelle der ehemaligen beklagten Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg getreten. Damit sei auch die vormalige Beiladung der Beklagten im Verfahren hinfällig geworden. Die Klage sei jedoch unbegründet. Die bislang als glaubhaft gemacht berücksichtigte Zeit vom 16.1.1969 bis 1.9.1979 sei nicht als nachgewiesene Zeit festzustellen. Die vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen erbrächten im Zusammenhang mit dem Arbeitsbuch nicht den vollen Nachweis der in R. zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten. Es bleibe für das SG unklar, weshalb in der ursprünglich vorgelegten Bescheinigung vom 11.10.2001 im Dezember 1969 und im Februar 1972 keine Krankheitstage eingetragen gewesen seien, die in der später vorgelegten Bescheinigung vom 22.2.2006 angegeben worden seien, obwohl in der Bescheinigung vom 11.10.2001 ausdrücklich vermerkt worden sei, dass sie ein Auszug der Lohnlisten darstelle. Weiter sei die Bescheinigung vom 11.10.2001 nach den zutreffenden Ausführungen der Beklagten insoweit widersprüchlich, als im Jahr 1974 mit 298 Arbeitstagen, 18 Urlaubstagen und 52 Sonntagen 368 Tage erreicht worden seien. Schließlich gäben das Arbeitsbuch und die Bescheinigung vom 11.1.2001 eine Beschäftigung des Klägers bis zum 1.9.1979 an, obwohl an diesem Tag - einem Samstag - in der Arbeitsbescheinigung kein Arbeits-, Urlaubs-, Krankheits- oder Fehltag dokumentiert sei. Der Kläger selbst habe anfänglich nur eine Beschäftigung bis zum 25.8.1979 behauptet. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen das am 27.1.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.2.2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, für die streitige Zeit habe er Lohnzahlungslisten vorgelegt, die nach gefestigter Rechtsprechung der Landessozialgerichte (LSG) als Nachweise ausreichten. Die vorgelegten Urkunden enthielten monatlich zugeordnet genaue Angaben zu allen Lohnunterbrechungssachverhalten. Anfangs vermutete Widersprüche hätten geklärt werden können. Selbst wenn die Beklagte Restzweifel haben sollte, die allerdings nicht nur in einem Bestreiten ins Blaue hinein bestehen dürften, könnte sie als Verbindungsstelle für R. in dem europarechtlich geregelten Verfahren den Versicherungsnachweis E 205 anfordern. Dieser sei nach europäischem Recht zwischen den beteiligten Staaten verbindlich und belege nachgewiesene Versicherungszeiten sowie gleichgestellte Zeiten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20. Januar 2010 aufzuheben sowie den Bescheid vom 1. März 2001 (gemeint wohl: 14. September 2001) in Gestalt der Folgebescheide sowie des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2005 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, die Beitragszeiten vom 16. Januar 1969 bis 1. September 1979 als nachgewiesene Beitragszeiten anzuerkennen und ihm höhere Leistungen zu zahlen, hilfsweise den Versicherungsnachweis E 205 beim r. Versicherungsträger anzufordern zum Beweis der Tatsache, dass er vom 16. Januar 1969 bis zum 1. September 1979 durchgehend Beitragszeiten in der r. gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt habe.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte. Ergänzend weise sie darauf hin, dass der Vordruck E 205 RO keinen Nachweis i.S.d. § 22 Abs. 3 FRG darstelle. Er liste grundsätzlich Beitragszeiten und gleichgestellte Zeiten nach r. Recht mittels Angabe von Zeiträumen auf. Arbeitsunterbrechungen (z.B. durch Krankheit, unbezahlten Urlaub, Fernbleiben vom Arbeitsplatz, Freistellung usw.) würden dabei regelmäßig nicht berücksichtigt. Insoweit verhalte es sich mit dem E 205 RO wie mit dem r. Arbeitsbuch, welches allein anerkanntermaßen keinen Nachweis darstelle. Ob nachgewiesene oder glaubhaft gemachte Beitragszeiten gemäß § 22 Abs. 3 FRG anzuerkennen seien, sei allein nach den Vorschriften des FRG zu beurteilen und nicht im Rahmen des europäischen Gemeinschaftsrechts nach den VO (EWG) 1408/71 bzw. EWGV 883/2004.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist auch überwiegend begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Rente unter ungekürzter Berücksichtigung der Beitragszeiten vom 16.1.1969 bis 30.6.1978 und vom 1.8.1978 bis 31.8.1979. Dagegen hat der Kläger keinen Anspruch auf Berücksichtigung der Zeiten vom 1.7.1978 bis 31.7.1978 und vom 1.9.1979 bis 30.9.1979 als nachgewiesene Beitragszeiten.

Die von dem Kläger begehrte volle Berücksichtigung von Beitrags- und Beschäftigungszeiten ist nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu beurteilen, in dessen Schutzbereich er nach § 1a FRG fällt. § 15 Abs. 1 Nr. 1 FRG bestimmt, dass die bei einem nicht deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich stehen. Nach § 22 Abs. 3 FRG in der Fassung des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) vom 25.7.1991 (BGBl. I. 1606) werden für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die - gemäß § 22 Abs. 1 FRG - ermittelten Entgeltpunkte um 1/6 gekürzt. Die in § 22 Abs. 3 FRG vorgegebene Kürzung auf 5/6 war in ähnlicher Form seit jeher im Gesetz enthalten (vgl. die vor dem 1.1.1992 geltende Fassung des § 19 Abs. 2 FRG). Sie berücksichtigt, dass bei fehlendem Nachweis von Beitragszeiten in diese Zeiten auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung fallen können, für die der Arbeitgeber keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichten musste. Die Regelung geht von der Erfahrung aus, dass Beschäftigungszeiten im Allgemeinen nur zu 5/6 belegt sind. Nachgewiesen sind Beschäftigungs- und Beitragszeiten dann, wenn das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass im Einzelfall eine höhere Beitrags- oder Beschäftigungsdichte erreicht worden ist. Diese Feststellung lässt sich dann treffen, wenn konkrete und glaubhafte Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und die dazwischen liegenden Arbeitsunterbrechungen vorliegen und letztere nicht ein Sechstel der Zeit erreichen (BSG, Urteil v. 20.8.1974, SozR 5050 § 19 Nr. 1; § 15 Nr. 23, BSG, Urteil v. 9.11.1982, SozR 5050 § 15 Nr. 23; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 11.12.2000, EzS 50/456). Nach Auffassung des Senats können die Arbeitsbescheinigungen auf der Grundlage von Lohnlisten als Nachweis dienen, wenn die Angaben des Versicherten und die vorgelegten Unterlagen in sich schlüssig sind, wenn kein Verdacht besteht, dass es sich um Gefälligkeitsbescheinigungen oder gefälschte Bescheinigungen handelt, und wenn aus den Bescheinigungen die tatsächlichen Arbeitstage und die Fehlzeiten vollständig hervorgehen (s. Urt. des Senats vom 11.12.2000 a.a.O.).

Ausgehend hiervon ist zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass der Kläger während der Zeiten vom 16.1.1969 bis 30.6.1978 und vom 1.8.1978 bis 31.8.1979 ununterbrochen Beitragszeiten zurückgelegt hat. Dagegen hat der Kläger keinen Anspruch auf Berücksichtigung der Monate Juli 1978 und September 1979 als nachgewiesene Beitragszeiten.

Während der streitigen Zeit vom 16.1.1969 bis 1.9.1979 war der Kläger bei ein- und demselben Arbeitgeber, der Möbelfabrik A., die zunächst I. A. hieß und deren Namen sich in Kombinat für Abholzungen und Holzverarbeitung A. änderte, beschäftigt. Im Arbeitsbuch ist dabei angegeben, dass der Kläger nach der Rückkehr vom Wehrdienst bei der I. A. am 16.1.1969 als Schreiner der Kategorie VI mit einem monatlichen Tariflohn von 948 (gemeint wohl: 948 Lei) angestellt wurde. Aus dem Arbeitsbuch ist auch zu entnehmen, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Kombinat für Abholzungen und Holzverarbeitung (C.E.I.L.) A. am 1.9.1979 aufgehoben wurde. Weiter sind im Arbeitsbuch detailliert die Gehaltsänderungen bzw. im Wesentlichen Gehaltserhöhungen – wie folgt – vermerkt: 1.4.1969 1.061 1.8.1969 1.509 1.12.1971 1.550 1.11.1972 1.632 1.10.1973 1.744 1.8.1974 1.826 15.7.1975 1.886 1.8.1975 2.059 1.10.1976 2.110 1.7.1977 1.889 1.4.1978 2.193 1.12.1978 2.264. Darüber hinaus ergeben sich aus dem Arbeitsbuch im Einzelnen die Lohneinstufungen bzw. die Lohnkategorien bzw. deren Änderungen: 16.1.1969 Kategorie VI 1.4.1969 Kategorie 7 1.8.1969 Kategorie 5/II 1.12.1971 Kategorie 6B 1.11.1972 Kategorie 6/I 1.8.1974 Kategorie 6/II 1.10.1976 Kategorie 6/III 1.7.1977 Spezialkategorie (Sp) B 1.12.1978 Sp I. Die im Einzelnen dokumentierten Gehaltserhöhungen bzw. die Gehaltsänderungen sowie die dokumentierten Änderungen der Lohnkategorien belegen für den Senat, dass der Kläger nach dem Wehrdienst vom 16.1.1969 bis zur Aufhebung des Arbeitsvertrages am 1.9.1979 ununterbrochen bei der Möbelfabrik in A., der I. A., deren Name sich in Kombinat für Abholzungen und Holzverarbeitung A. geändert hat, beschäftigt war und keine Unterbrechungen durch Arbeitslosigkeit vorgelegen haben.

Durch die weiter vorgelegte A. Nr. 6249/11.10.2001 ist für den Senat nachgewiesen, dass der Kläger – mit Ausnahme des Monats Juli 1978 – keine längeren Unterbrechungen (über einen ganzen Monat) durch Krankheit in der Zeit von Januar 1969 bis August 1979 aufgewiesen hat. Da in der A. nicht nur die Anzahl der Tage aufgeführt ist, an denen der Kläger in den jeweiligen Monaten gearbeitet hat, sondern auch die Tage der Arbeitsunfähigkeit bzw. des Krankenurlaubs (Juli 1973: 18 Tage, Februar 1975: 2 Tage, Januar 1977: 10 Tage, Oktober 1977: 13 Tage, Februar 1978: 8 Tage, März 1978: 23 Tage, Juni 1978: 15 Tage, Juli 1978: 26 Tage, Mai 1979: 4 Tage), fehlen sämtliche Anhaltspunkte dafür, dass weitere Krankheitszeiten vorgelegen haben, die über einen Monat angedauert haben.

Entgegen der Ansicht der Beklagten (bzw. deren Rechtsvorgängerin) ist die A. auch nicht deswegen als unschlüssig anzusehen, weil für Dezember 1969 lediglich 10 Arbeitstage und für Januar 1972 nur 11 Arbeitstage bestätigt wurden, ohne dass für diese Monate Urlaubs-, Krankheits- oder sonstige Fehlzeiten bescheinigt wurden. Entscheidend ist lediglich, dass der Kläger in diesen beiden Monaten gearbeitet hat; unerheblich ist, warum er an den restlichen Tagen nicht gearbeitet hat. Die differenzierten Angaben sprechen nach Auffassung des Senats vielmehr dafür, dass die A. aufgrund der im Betrieb vorhandenen Unterlagen ausgefüllt wurde. Dagegen misst der Senat der vom Kläger mit Schreiben vom 25.6.2003 vorgelegten ergänzten A. keinen Beweiswert zu. Denn zur Begründung für die vorgenommene Ergänzung hat die I. A. in der Bestätigung Nr. 1496 vom 22.2.2006 ausgeführt, dass die zusätzlichen Krankentage auf Antrag des Klägers ausgewiesen wurden, in Anbetracht der Tatsache, dass im Arbeitsbuch kein Bezug von unbezahltem Urlaub oder unerlaubten Fehlzeiten vermerkt worden sei. Daraus ergibt sich nicht, dass aufgrund von Unterlagen nachgewiesen ist, dass der Kläger im Dezember 1969 und Januar 1972 arbeitsunfähig krank war, sondern dass die Ergänzungen lediglich aufgrund von Schlussfolgerungen bzw. der Auswertung des Arbeitsbuches erfolgt ist.

Soweit in einigen Monaten ein oder zwei Arbeitstage zu viel bescheinigt wurden, führt dies nicht zu Zweifel daran, dass der Kläger in den jeweiligen Monaten gearbeitet hat, zumal irgendwelche Anhaltspunkte für Unterbrechungen durch Arbeitslosigkeit und weitergehende als bescheinigte Krankheitszeiten sowie durch sonstige Fehlzeiten nicht ersichtlich sind. Vielmehr spricht auch die Tatsache, dass der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland vom 15.11.1979 bis zur Insolvenz seines Arbeitgebers im Jahr 2000 und dem Eintritt der teilweisen Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit am 25.9.2000, versicherungspflichtig beschäftigt war, dafür, dass beim Kläger weitere als die bescheinigten Unterbrechungen während seiner Tätigkeit in R. vom 16.1.1969 bis 1.9.1979 nicht vorlagen.

Für die Monate Juli 1978 und September 1979 sieht der Senat eine Beitragszeit (bzw. eine Beschäftigungszeit) nicht als nachgewiesen an. Im Monat Juli 1978 hat der Kläger – ausweislich der A. Nr. 6249 vom 11.10.2001 – keinen Tag gearbeitet, sondern wies 26 Krankheitstage auf. Für den Monat September 1979, in dem das Arbeitsverhältnis am 1.9.1979 aufgelöst wurde, ist in der A. ebenfalls kein Arbeitstag bescheinigt.

Es bestand auch keine Notwendigkeit, den Versicherungsnachweis E 205 RO beim r. Versicherungsträger anzufordern bzw. seinen Eingang abzuwarten, da dieser nicht für Zwecke des FRG und nach den dortigen Erfordernissen erstellt wird, sondern aufgrund der Verordnung (VO) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 EWG bzw. seit 1.5.2010 aufgrund der VO 883/2004 EG und VO 987/2009 EG. Dieser Versicherungsnachweis besagt lediglich, welche Versicherungszeiten nach r. Recht berücksichtigt werden und ersetzt die Prüfung, ob Beitragszeiten gemäß § 22 Abs. 3 FRG als nachgewiesen oder glaubhaft gemacht zu berücksichtigen sind, nicht.

Nach alledem waren das angefochtene Urteil und die angefochtenen Bescheide abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die vom Kläger in der Zeit vom 16.1.1969 bis 30.6.1978 und vom 1.8.1978 bis 31.8.1979 in R. zurückgelegten Beitragszeiten als nachgewiesene Beitragszeiten bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung des Klägers überwiegend Erfolg hatte.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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