S 2 R 1180/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 2 R 1180/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
hat die 2. Kammer des Sozialgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 30.06.2011 durch den Vorsitzenden, den Vizepräsidenten des Sozialgerichts X sowie den ehrenamtlichen Richter X und die ehrenamtliche Richterin X für Recht erkannt:
1. Der Bescheid vom 09.06.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2010 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin für ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen ab dem 01.03.2010 von der Rentenversicherungspflicht zu befreien.

2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch der Klägerin auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für ihre Tätigkeit in der Abteilung Forderungsmanagement der Beigeladenen streitig.

Die am ... geborene Klägerin ist Volljuristin. Sie hat im Februar 2008 das Zweite Juristische Staatsexamen abgelegt und war zunächst als Rechtsanwältin tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit war sie von der Rentenversicherungspflicht befreit. Seit 21.07.2008 ist sie bei der Beigeladenen in der Abteilung Forderungsmanagement, Bereich Abrechnungsservice beschäftigt. Sie gehört dem Team Prozessverfahren an. Die Anstellung der Klägerin erfolgte auf Grundlage einer Stellenausschreibung der Beigeladenen. Diese bezog sich auf die Anstellung eines Mitarbeiters für Prozessverfahren, wobei ein abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften sowie mehrjährige Berufserfahrung vorausgesetzt wurden. Im Arbeitsvertrag der Klägerin heißt es in Auszügen:

" § 1 Tätigkeit und Aufgabengebiet Frau K. wird als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Die behält sich ausdrücklich das Recht vor, das Aufgabengebiet und/oder Unterstellungsverhältnis von Frau K. zu ändern und sie mit anderen zumutbaren Arbeiten, auch in einem anderen Bereich des Betriebes oder einem anderen Betrieb des Unternehmens, zu betrauen, die ihren Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechen. ( )

§ 4 Vergütung Frau K. erhält eine Vergütung nach EGr. 9 TV-V. ( )"

Die Beklagte ist seit 23.02.2010 wieder als Rechtsanwältin zugelassen. Sie ist Mitglied der Rechtsanwaltskammer Köln und Pflichtmitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte Nordrhein-Westfalen. Zuvor hatte die Beigeladene mit Schreiben vom 13.02.2010 ihr Einverständnis mit der Zulassung erklärt. Nach dem Inhalt der Freistellungserklärung ist es der Klägerin gestattet, anwaltliche Termine auch innerhalb ihrer Arbeitszeit bei der Beigeladenen wahrzunehmen.

Mit Schreiben vom 09.03.2010 beantragte die Klägerin die Befreiung von der Rentenver- sicherungspflicht bei der Beklagten. Sie legte eine Stellen- und Funktionsbeschreibung vor, aus welcher sich ihre Tätigkeitsschwerpunkte ergeben. Sie bearbeitet für die Beigeladene vorrangig konkrete Rechtsfälle. Sie führt gerichtliche und außergerichtliche Vergleichsverhandlungen und nimmt Termine der Beigeladenen vor Gericht wahr. In diesem Zusammenhang ist sie befugt, bindend Vergleiche im Namen der Beigeladenen abzuschließen. Eine vorherige Absprache mit Vorgesetzten erfolgt nicht. Die Klägerin ist bei der Fallbearbeitung keinen Einzelweisungen unterworfen. Sofern die Prüfung eines konkreten Falls zu dem Ergebnis führt, dass die Beitreibung einer Forderung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, ist die Klägerin zur Niederschlagung der Forderung ermächtigt. Neben der Prüfung von Einzelfällen beantwortet die Klägerin Anfragen von Mitarbeitern anderer Abteilungen und führt Schulungen durch.

Mit Bescheid vom 09.06.2010 lehnte die Beklagte die Befreiung von der Rentenversiche- rungspflicht für die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen ab: Die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Befreiung lägen nicht vor, denn die Klägerin sei bei ihrem jetzigen Arbeitgeber nicht anwaltlich tätig; sie sei vielmehr als Sachbearbeiterin beschäftigt. Eine Qualifikation als Volljuristin sei nicht erforderlich. Zudem habe die Klägerin keine hinreichenden eigenen Entscheidungskompetenzen.

Mit Schreiben vom 16.06.2010 legte die Klägerin Widerspruch ein: Sie verrichte bei der Beigeladenen typisch anwaltliche Tätigkeiten. Einstellungsvoraussetzung sei die Qualifikation als Volljuristin gewesen. Hierzu legte die Klägerin eine schriftliche Bestätigung der Beigeladenen vor. Des Weiteren führte sie aus, dass sie wesentlich an Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen teilhabe. So entscheide sie über die Niederschlagung von Forderungen. Allein die arbeitsvertragliche Einordnung der Tätigkeit als kaufmännische Angestellte stehe einer anwaltlichen Beschäftigung nicht entgegen, da dieser Begriff weit zu verstehen sei. Ferner sei sie mittlerweile in Tarifgruppe 10 des Tarifvertrages für Versorgungsbetriebe eingeordnet. Auch aus der tariflichen Einordnung ließen sich keine Schlüsse ziehen, welche gegen eine anwaltliche Tätigkeit sprächen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur weiteren Begründung führte sie aus, dass die Klägerin keine spezifischen anwaltlichen Tätigkeiten ausübe. Objektiv erfordere die Tätigkeit bei der Beigeladenen nicht die Qualifikation als Volljuristin. Die Klägerin besitze weiter keine ausgeprägte eigene Entscheidungskompetenz. Sie sei weisungsgebunden und daher nicht rechtsentscheidend tätig.

Die Klägerin hat am 17.09.2010 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt sie die bereits im Verwaltungs- und im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Argumente. Zudem verweist sie auf ihren Jahresverdienst, der im Jahr 2010 etwa 50.000 EUR brutto betragen hat. Ferner hat sie auf die erfolgte Zulassung als Rechtsanwältin und auf die Freistellungserklärung vom 13.01.2010 Bezug genommen. Außerdem ist sie der Ansicht, dass die arbeitsvertragliche Eingliederung in die Abteilung Forderungsmanagement einer anwaltlichen Tätigkeit nicht entgegenstehe, da es nicht zu einer wesentlichen Beschränkung der anwaltlichen Unabhängigkeit komme. Ergänzend hat die Klägerin Unterlagen aus ihrer täglichen Arbeit vorgelegt, nämlich von der Klägerin gefertigte Schulungsunterlagen, bei Gericht vorgelegte Schriftsätze, Musterschreiben im Rahmen der Forderungsbeitreibung sowie Protokolle mündlicher Verhandlungen vor Zivilgerichten. Protokolliert sind insbesondere Vergleiche, welche die Klägerin im Namen der Beigeladenen abgeschlossen hat.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 09.06.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie für ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen ab dem 01.03.2010 von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

Die Beklage beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI nicht vorlägen. Zur Begründung nimmt sie auf die Ausführungen im Ausgangs- und im Widerspruchsbescheid Bezug. Ergänzend erklärt sie, dass die Klägerin bei der Beigeladenen nicht rechtsentscheidend tätig werden könne, da sie stets zur vorrangigen Berücksichtigung der Unternehmensinteressen verpflichtet sei. Nach den Gesamtumständen sei von einer Weisungsgebundenheit auszugehen.

Mit Beschluss vom 21.10.2010 hat das Gericht gem. § 75 Abs. 2 SGG die ... als Arbeitgeberin der Klägerin beigeladen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie ist der Ansicht, dass die Klägerin anwaltlich tätig sei. Die Klägerin handele rechtsentscheidend. So leite und gestalte sie den Ablauf gerichtlicher Forderungsver- folgung selbstständig. Die Qualifikation als Volljuristin sei zwingend gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin ist durch den ablehnenden Bescheid vom 09.06.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2010 beschwert, denn die Ablehnung der beantragten Befreiung von der Rentenversicherungspflicht war rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI für eine Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung sind ab dem 01.03.2010 erfüllt.

Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI werden Angestellte von der Rentenversicherungs- pflicht für diejenige Beschäftigung befreit, wegen der sie auf Grund durch Gesetz angeordneter oder auf Gesetz beruhender Verpflichtung Mitglied in einer öffentlich-recht- lichen berufsständischen Versorgungseinrichtung und zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer verpflichtet sind. Zudem müssen die weiteren Voraussetzun- gen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 a-b SGB VI erfüllt werden. Diese weiteren Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, insbesondere zahlt die Klägerin nach Maßgabe der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte Nordrhein-Westfalen einkommensbezogene Beiträge unter der Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze ein.

Die Befreiungsregelung des § 6 Abs. 1 S. 1 SBG VI ist nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen zu verstehen. Dies lässt sich zum einen aus dem Wortlaut der Norm entnehmen. Der Wortlaut "( ) für die Beschäftigung ( )" macht deutlich, dass keine personenbezogene Einstufung erfolgen soll. Zum anderen ergibt sich dies auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung. Es handelt sich um eine Koordinationsregelung, welche verhindern soll, dass für eine Tätigkeit Beiträge sowohl zur gesetzlichen Rentenver- sicherung als auch zur berufsständischen Altersvorsorge gezahlt werden. Dies setzt voraus, dass zwischen der Tätigkeit, für die Versicherungsbefreiung in Anspruch genommen werden soll, und dem Versorgungsschutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung ein innerer Zusammenhang besteht. Ein solcher innerer Zusammenhang ist gegeben, wenn sich eine bestimmte Tätigkeit des Mitglieds der Versorgungseinrichtung als berufsspezifisch darstellt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22.10.1998, Az. B 5/4 RA 80/97 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.03.2004, Az. L 4 RA 12/03; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.08.2005, Az. L 3 RA 72/04).

Entscheidend ist daher, ob die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen berufsspezifisch, also anwaltlich, tätig wird. Die anwaltliche Tätigkeit ist von sonstiger juristischer Tätigkeit abzugrenzen. Maßgeblich sind nach ständiger sozialgerichtlicher Rechtsprechung die Kriterien der Rechtsberatung, der Rechtsentscheidung, der Rechtsgestaltung sowie der Rechtsvermittlung. Um als anwaltliche Tätigkeit eingestuft zu werden, muss die Tätigkeit alle vier Bereiche kumulativ abdecken (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 29.10.2009, Az. L 8 KR 189/08).

Die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen erfüllt diese Kriterien.

Die Klägerin ist rechtsberatend tätig. Die Rechtsberatung umfasst die unabhängige Analyse von betriebsrelevanten, konkreten Rechtsfragen, die selbstständige Herausarbeitung und Darstellung von Lösungswegen und Lösungsmöglichkeiten vor dem spezifischen betrieblichen Hintergrund und das unabhängige Bewerten der Lösungsmöglichkeiten. Die Klägerin ist mit der selbstständigen Betreuung konkreter Rechtsfälle betraut. Sie analysiert diese unabhängig und setzt das Ergebnis der Analyse eigenständig um. Dabei unterliegt die Klägerin in ihrer Entscheidung hinsichtlich der Weiterverfolgung von Forderungen weder Weisungen im Einzelfall noch nachträglicher Kontrolle durch Vorgesetzte.

Die Klägerin ist rechtsgestaltend tätig. Das Gebiet der Rechtsgestaltung erfasst im Wesentlichen das eigenständige Führen von Vertrags- und Einigungsverhandlungen. Sofern die Klägerin bei der Überprüfung der Durchsetzbarkeit von Forderungen zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Verfolgbarkeit gegeben ist, so ist sie befugt, für die Beigeladene eigenständig Vergleichsverhandlungen zu führen. Dies kann sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich erfolgen. Sofern die Verhandlungen positiv verlaufen, kann die Klägerin den Vergleich ohne vorherige Rücksprache und ohne den Vorbehalt eines Widerrufs bindend für die Beigeladene abschließen.

Die Klägerin ist auch rechtsvermittelnd tätig. Die Rechtsvermittlung umfasst die mündliche Darstellung abstrakter Regelungskomplexe vor einem größeren Zuhörerkreis, bzw. deren schriftliche Aufarbeitung und Bekanntgabe sowie Erläuterung von Entscheidungen im Einzelfall (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 29.10.2009, Az. L 8 KR 189/08). Zu den Aufgaben der Klägerin gehört es auch, Anfragen von anderen Fachabteilungen zu bearbeiten. Die Klägerin wird zur Beantwortung von Einzelfragen herangezogen. Die zu beantwortenden Fragestellungen sind dabei von verschiedenem Umfang und unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Zudem gehört es zum Aufgabenbereich der Klägerin, die Rechtsentwicklung im Energierecht zu beobachten. Aus den eingereichten Unterlagen ergibt sich auch, dass die Klägerin ihre Kenntnisse im Energierecht an Mitarbeiter im Rahmen von internen Schulungen weitergibt.

Die Klägerin ist auch rechtsentscheidend tätig. Das Kriterium der Rechtsentscheidung beinhaltet das nach außen wirksame Auftreten als Entscheidungsträger mit eigenständiger Entscheidungskompetenz. Da unternehmerische Entscheidungen heute häufig nicht mehr von Einzelpersonen getroffen werden, kann keine Unabhängigkeit von allen Weisungen gefordert werden. Maßgeblich ist vielmehr, dass eine wesentliche Teilhabe am innerbetrieblichen Entscheidungsprozess erkennbar ist (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 29.10.2009, Az. L 8 KR 189/08). Die vorgelegten Protokolle von mündlichen Gerichtsverhandlungen, in welchen die Klägerin für die Beigeladene aufgetreten ist, zeigen, dass die Klägerin im Rahmen von Vergleichsverhandlungen eigenständig agiert. Der Abschluss sowohl gerichtlicher als auch außergerichtlicher Vergleiche erfolgt letztlich aufgrund der eigenständigen rechtlichen Analyse. Dass die Klägerin dabei die wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen zu beachten hat, steht dieser Einstufung nicht entgegen. Auch selbstständige Rechtsanwälte sind letztlich den Interessenlagen der von ihnen zu vertretenden Parteien unterworfen.

Die Klägerin übt demnach eine spezifisch anwaltliche Tätigkeit aus. Dem steht auch nicht entgegen, dass sie weit überwiegend auf dem Gebiet der Forderungsbeitreibung tätig ist. Im gesamten Bereich der Rechtsberatung ist eine zunehmende Spezialisierung zu beobachten, was nicht zuletzt an der immer weiter steigenden Anzahl an Fachanwälten zu erkennen ist. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass das gesamte Rechtssystem an Komplexität gewinnt und in den verschiedenen Rechtsgebieten erhöhte Anforderungen an die Spezialisierung stellt. So ist es auch unter selbstständigen Rechtsanwälten nicht unüblich, den Tätigkeitsbereich der Kanzlei auf das Gebiet der Forderungsbeitreibung zu beschränken.

Dieser Einordnung der Tätigkeit widerspricht entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht die tarifliche Einstufung der Klägerin in Entgeltgruppe 9 bzw. 10 des Tarifvertrags für Versorgungsbetriebe. Maßgeblich ist nach ständiger sozialgerichtlicher Rechtsprechung der konkrete Aufgabenbereich. Zwar ist es im Grundsatz möglich, aus dem erzielten Gehalt Rückschlüsse auf das Maß der übertragenen Verantwortung zu ziehen. Zu beachten ist aber, dass dies insbesondere in den ersten Jahren beruflicher Tätigkeit nur unter Vorbehalt möglich ist. Gerade im Bereich der Beschäftigung von Berufsanfängern ist es üblich, das Gehalt im Laufe der Beschäftigungszeit zu steigern. Insofern lässt sich aus der tariflichen Eingruppierung kein zwingendes Argument gegen die Einordnung der Tätigkeit als anwaltlich herleiten, zumal die Klägerin in ihrer Stelle als angestellte Rechtsanwältin ein deutlich geringeres Gehalt bezogen hat.

Auch der Inhalt der Stellenausschreibung, welche der Einstellung der Klägerin bei der Beigeladenen vorausging, spricht letztlich nicht gegen die Einstufung der Tätigkeit als anwaltlich. Unabhängig von der Frage, ob bei der Einstellung die Qualifikation als Volljuristin durch die Beigeladene zwingend vorausgesetzt wurde, stellt sich der tatsächliche Aufgabenbereich der Klägerin im täglichen Arbeiten als anwaltlich dar. Als Indiz kann weiter auf die Visitenkarte der Klägerin verwiesen werden, die diese auch als Rechtsanwältin ausweist. Dieser Einordnung steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin nach § 1 des Arbeitsvertrags mit der Beigeladenen als kaufmännische Angestellte eingestellt wurde. Zum einen erfasst die Bezeichnung als Oberbegriff verschiedene berufliche Tätigkeiten. Zum anderen ist ein Verhaften allein am Wortlaut des Arbeitsvertrags ohnehin ausgeschlossen. Maßgeblich ist vielmehr die tatsächliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses als anwaltlich.

Nach alledem war der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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