L 18 (2) KN 239/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 6 KN 31/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 (2) KN 239/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 142/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 11.08.2009 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander im zweiten Rechtszug Kosten nicht zu erstatten. Die Beklagte hat Gerichtskosten in Höhe von 225,- EUR zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Regelaltersrente.

Der 1940 geborene Kläger ist marokkanischer Staatsangehöriger. Er war vom 11.03.1965 bis zum 20.11.1976 (unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit) in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt und hat in dieser Zeit Beiträge sowohl zur knappschaftlichen als auch zur allgemeinen Rentenversicherung entrichtet.

Mit Schreiben vom 22.02.2005 beantragte der Kläger die Gewährung einer Altersrente. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab: Der Kläger erfülle nicht die Wartezeit für eine Rente; die in der Zeit vom 11.03.1965 bis zum 20.11.1976 entrichteten Rentenversicherungsbeiträge seien ihm nach den bei ihr gespeicherten Daten (Gesamtkontospiegel vom 10.05.2005) mit Bescheid vom 13.11.1978 erstattet worden (Gesamtbetrag: 11.689,80 DM). Mit der Erstattung sei das Versicherungsverhältnis endgültig aufgelöst worden; Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestünden nicht mehr. Versicherungszeiten nach dem 13.11.1978 seien nicht nachgewiesen und würden auch vom Kläger nicht behauptet (Bescheid vom 12.5.2005). Mit seinem Widerspruch vom 20.06.2005 wies der Kläger darauf hin, dass er finanzielle Hilfe oder eine Rente benötige, um seine Familie versorgen zu können. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 06.02.2006).

Seine beim Sozialgericht (SG) Dortmund am 30.03.2006 eingegangene Klage (Aktenzeichen (Az) S 24 KN 52/06) wies das SG ab: Es bestünden keine durchgreifenden Bedenken, dass dem Kläger die Beiträge, die für seine in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten gezahlt worden sind, erstattet worden seien. Dies ergebe sich aus dem Gesamtkontospiegel vom 10.05.2005. Die erst im Laufe des Verwaltungsverfahrens vorgebrachte schlichte Behauptung des Klägers, eine Beitragserstattung nicht erhalten zu haben, vermöge daran keine durchgreifenden Zweifel zu begründen (Gerichtsbescheid vom 11.12.2006).

Mit Schreiben vom 29.01.2007 wandte sich der Kläger an das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) und machte geltend, dass nach wie vor sein Anspruch auf eine Rente nicht erfüllt sei. Er habe "damals" einen Betrag erhalten, meine aber, dass es sich um Arbeitslohn und nicht um eine Leistung der Versicherung gehandelt habe. Dieses Schreiben leitete das LSG NRW zur weiteren Bearbeitung an die Beklagte weiter, die es als neuen Rentenantrag behandelte, den sie unter Wiederholung der Ausführungen aus dem Bescheid vom 12.05.2005 ablehnte (Bescheid vom 19.03.2007).

Mit seinem Widerspruch wies der Kläger darauf hin, vom 11.03.1965 bis zum 20.11.1976 in der Bundesrepublik Deutschland gearbeitet zu haben. Er sei dann erkrankt und in seine Heimat zurückgekehrt. Damals habe er seine Rente nicht verkauft, sondern seine Arbeitgeber hätten einen Betrag gegeben. Er habe im Jahr 1978 nur 2.500,00 Dirham und keine Erstattung für die Zeit vom 11.03.1965 bis zum 20.11.1976 erhalten. Die Beklagte wies den Widerspruch unter Hinweis auf die im Jahr 1978 erfolgte Beitragserstattung zurück (Widerspruchsbescheid vom 19.12.2007).

Der Kläger hat dagegen am 06.02.2008 Klage erhoben und geltend gemacht, dass er "damals" zwar eine Erstattung erhalten habe, aber nicht von der Rentenversicherung. Er habe "vom 1976" von seiner Versicherung einen Betrag erhalten, um den er nicht gebeten habe und von einem Betrag von 8.000,00 DM wisse er nichts. Er habe die damalige Erstattung nicht gewollt, diese sei ohne sein Einverständnis erfolgt. Er habe damals angenommen, dass der Betrag für seine Arbeit gewesen sei.

Das SG hat die Klage abgewiesen: Der Kläger habe keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Altersrente, weil er die erforderliche allgemeine Wartezeit von 5 Jahren (60 Monaten) nicht erfülle. Das Gericht habe keine Zweifel daran, dass ihm die für ihn entrichteten Rentenversicherungsbeiträge mit Bescheid vom 13.11.1978 erstattet worden seien. Die Beklagte könne zwar den Beitragserstattungsbescheid nicht mehr vor- und dessen Zustellung nicht mehr belegen. Dennoch bestünden für das Gericht keine hinreichenden Anhaltspunkte, die Richtigkeit der im Gesamtkontospiegel vom 10.05.2005 niedergelegten Daten zu bezweifeln. Danach seien dem Kläger Beiträge in Höhe von 11.689,80 DM erstattet worden. Der Kläger habe selbst eingeräumt, dass er 1978 einen größeren Geldbetrag erhalten habe, jedoch davon ausgegangen sei, dass es sich um einen Erstattungsbetrag seiner damaligen Arbeitgeber gehandelt habe. Sei demnach von einer mit Bescheid vom 13.11.1978 erfolgten Beitragserstattung auszugehen, könne der Kläger aus den damit abgegoltenen rentenrechtlichen Zeiten keinerlei Rechte mehr herleiten. Die Beitragserstattung führe von Gesetzes wegen zur Auflösung des bis dahin bestehenden Versicherungsverhältnisses, jegliche weiteren Ansprüche aus der Zeit bis zur Erstattung seien ausgeschlossen. Versicherungszeiten nach dem 13.11.1978 seien nicht nachgewiesen und würden vom Kläger auch nicht behauptet (Gerichtsbescheid vom 11.08.2009).

Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger gegen die ablehnende Entscheidung des SG. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen. Trotz Aufforderung durch den Senat, eindeutig - in arabischer, französischer oder deutscher Sprache - zu erklären, ob, wofür, von wem und in welcher Höhe er 1978 Geld erhalten habe, hat sich der Kläger dazu nicht näher erklärt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist für den Kläger niemand erschienen. Auf die Ladungsverfügung vom 14.09.2011 (Vertagung der mündlichen Verhandlung auf den 15.11.2011) hat der Kläger (sinngemäß) mitgeteilt, er könne persönlich nicht kommen, vertraue aber darauf, dass das Gericht in seinem Sinne entscheiden werde.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 11.08.2009 zurückzuweisen.

Sie hält ihre Bescheide und den Gerichtsbescheid des SG Dortmund für zutreffend. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13.9. 2011 hat sie einen Kontospiegel der (früheren) LVA Rheinprovinz (kontoführend bis 2003) vorgelegt, aus dem sich Einzelheiten zu der von dort 1978 durchgeführten Beitragserstattung ergeben ("Vorab per Fax" bereits am Vortag um 19 Uhr bei Gericht eingegangen). Insbesondere sei danach der Erstattungsbetrag auf das Konto 000 der Volksbank T e.G. (BLZ 000) geleistet worden und ein Q U aus T in das Erstattungsverfahren eingeschaltet gewesen.

Die Volksbank T e.G. hat mitgeteilt, dass in der Zeit von 1976-1978 vom Konzernunternehmen CB Bank GmbH Vorfinanzierungen von Erstattungen durchgeführt worden seien. Dieses Unternehmen hat mitgeteilt, dass aus dieser Zeit dort keine Unterlagen mehr vorhanden seien. Eine Internetrecherche des Senats hat ergeben, dass der im Kontospiegel der LVA Rheinprovinz genannte Q U zuletzt bis 2009 Geschäftsführer der "J Gesellschaft für Finanzberatung mbH" in T war.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsvorgänge der Beklagten betreffend den Kläger und die beigezogene Vorprozessakte des SG Dortmund (Az S 24 KN 52/06) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann trotz Nichterscheinens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden. Denn der Kläger ist in der ordnungsgemäß erfolgten Ladung (§§ 63 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 175 Zivilprozessordnung iVm Art 31 Abs. 1 Satz 3 des Deutsch-Marokkanischen Sozialversicherungsabkommens (DMSVA) vom 25.03.1981, in Kraft seit dem 01.08.1986, BGBl II 1986; 550 ff, 562, 772) auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. Die Schreiben des Klägers vom 3. und 10.10.2011 bieten keine Veranlassung, von einer Entscheidung abzusehen und den Termin aufzuheben oder zu verlegen, weil hat der Kläger einen solchen Antrag weder ausdrücklich noch konkludent gestellt, sondern ausschließlich sein Nichterscheinen zum Termin erklärt hat.

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere liegt aufgrund des Schreibens des Klägers an das LSG NRW vom 29.01.2007 keine anderweitige Rechtshängigkeit vor. Zwar hat der Kläger sich mit diesem Schreiben an das LSG gewandt und um Hilfe gebeten, weil er immer noch nicht sein Recht erhalten habe. Allein der zeitliche Zusammenhang mit dem vorausgegangenen Verfahren genügt indes nicht, das Schreiben als Berufung zu werten. Denn anders als bei Erhebung seiner Klagen im Verfahren S 24 KN 52/06 und im vorliegenden Verfahren und insbesondere seiner Berufungsschrift vom 14.09.2009, der das Deckblatt des angefochtenen Gerichtsbescheides beigefügt war, geht weder aus dem Inhalt des Schreibens vom 29.01.2007 noch aus einer beigefügten Anlage ein konkretes Rechtsschutzbegehren auf Überprüfung einer vorangehenden ablehnenden Entscheidung des Sehr geehrte Dortmund hervor; vielmehr erwähnt der Kläger mit keinem Wort, dass er die Überprüfung des Gerichtsbescheids vom 11.12.2006 anstrebe. Das LSG NRW hat das Schreiben des Klägers daher zu Recht als neues originäres Rentenbegehren gewertet, und zur Bescheidung an die Beklagte weitergeleitet. Das Verhalten des Klägers im nachfolgenden (erneuten) Verwaltungs- bzw. Klageverfahren dokumentiert, dass dies auch seinem tatsächlichen Willen entsprach.

Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 19.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs 2 S. 1 SGG. Die Klage ist unbegründet, weil ein Anspruch auf Regelaltersrente nach der hier noch maßgeblichen Vorschrift des § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) nicht besteht.

Nach § 35 SGB VI aF erhält Regelaltersrente, wer das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Zwar hat der Kläger das 65. Lebensjahr vollendet, er hat indes nicht die allgemeine Wartezeit erfüllt. Die allgemeine Wartezeit beträgt für die Regelaltersrente fünf Jahre, § 50 Abs 1 SGB VII. Die vom Kläger in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten können nicht (mehr) auf die Wartezeit angerechnet werden. Deshalb liegen beim Kläger für die Erfüllung der Wartezeit anrechenbare Beitragszeiten (§§ 51 Abs. 1 und 4, 54 f SGB VI) überhaupt nicht (mehr) vor (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 07.04.2008, Az. 5b KN 1/08 BH mwN).

Zwar trifft zu, dass der Kläger von März 1965 bis November 1976 in Deutschland gearbeitet und Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet hat. Dadurch sind zunächst - eine Rentenanwartschaft begründende - Beitragszeiten vorhanden gewesen. Daraus kann der Kläger jedoch heute keine Rechte mehr herleiten, weil ihm die gezahlten Beiträge 1978 nach der damals maßgeblichen Vorschrift des § 1303 Abs 7 Reichsversicherungsordnung (RVO) erstattet worden sind und die Anwartschaft damit erloschen ist. Denn durch die Beitragserstattung ist das zuvor bestehende Versicherungsverhältnis aufgelöst worden. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestehen nicht mehr, § 210 Abs 6 Sätze 2 und 3 SGB VI (im Zeitpunkt der Erstattung maßgeblich: § 1303 Abs. 7 RVO gleichlautend § 95 Abs. 7 RKG in der vom 01.01.1984 bis 31.12.1991 geltenden Fassung, vgl. dazu BSG SozR 3 - 2200 § 1303 Nr. 5). Die Gesetzesregelung ist so konzipiert, dass - und das galt auch schon früher - eine Erstattung nur insgesamt und nicht teilweise beansprucht werden kann, § 210 Abs 6 Satz 1 SGB VI. Kommt es zu einer (immer: vollständigen) Erstattung, wird das Versicherungsverhältnis, das bis zum Erstattungszeitpunkt bestand, gänzlich und unwiederbringlich aufgelöst (§ 210 Abs 6 Satz 2 SGB VI). Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass dem Kläger nur die Hälfte der gezahlten Beiträge zu erstatten war und erstattet wurde (BSG, Beschluss vom 07.04.2008, Az. 5b KN 1/08 BH), und ist mit deutschem Verfassungsrecht vereinbar (BVerfG SozR 2200 § 1303 Nr. 34; BSG SozR 3-2600 § 210 Nr. 2).

Nach dem Gesamtinhalt der Akten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass dem Kläger 1978 sämtliche Beiträge (wie gesetzlich vorgesehen: zur Hälfte) rechtswirksam erstattet worden sind.

Eine rechtswirksame Beitragserstattung setzt voraus, dass nachweislich (1) ein Erstattungsantrag, (2) ein wirksamer Erstattungsbescheid und (3) eine rechtswirksame, befreiende Bewirkung der Leistung (= Erfüllung des Erstattungsanspruchs entsprechend § 362 des Bürgerlichen Gesetzbuches) vorliegen (vgl dazu und besonders zur Beweislast: BSGE 80, 41 ff = SozR 3 - 2200 § 1303 Nr. 6; vgl auch LSG NRW, Beschluss vom 21.09.2003, Az L 2 KN 19/03 und Urteil vom 16.08.2007, Az L 2 KN 259/06). Das ist hier der Fall. Denn für den Senat steht aufgrund der Angaben in den Verwaltungsakten der Beklagten, dem vorgelegten Kontospiegel der früheren LVA Rheinprovinz vom 14.12.2006 (Stand: 29.10.1996) und nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch unter Berücksichtigung der eigenen Angaben des Klägers mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit (Beweismaßstab des Vollbeweises) fest, dass alle drei Voraussetzungen erfüllt sind. Der Senat gründet diese Überzeugung auf das in den Kontospiegeln der (früheren) LVA Rheinprovinz und der Beklagten dokumentierte Erstattungsverfahren und die eigenen Angaben des Klägers im Laufe des Verfahrens.

Zwar enthält die Verwaltungsakte der Beklagten weder Originalunterlagen noch Kopien vom Antrag des Klägers auf (Teil-) Erstattung der für ihn geleisteten Rentenversicherungsbeiträge, von dem daraufhin ergangenen Erstattungsbescheid oder dem sich anschließenden Vollzug der Erstattung. Dass der Kläger einen solcher Antrag gestellt hat und daraufhin ein rechtswirksam bekannt gegebener Erstattungsbescheid ergangen ist, ergibt sich im Rückschluss aus dem im Kontospiegel der (früheren) LVA Rheinprovinz dokumentierten Erstattungsverfahren und den eigenen Angaben des Klägers zum Erhalt von Geld(-beträgen). Außerdem hat der Kläger weder im früheren Verwaltungs- und Gerichtsverfahren noch im laufenden Verwaltungs- und Gerichtsverfahren substantiiert den Vortrag der Beklagten bestritten, dass auf seinen Antrag hin mit Bescheid vom 09.11.1978 11.689,80 DM zu erstattender Rentenversicherungsbeiträgen zu seinen Gunsten festgesetzt worden sind. Das Gericht hat wiederholt und unter Setzung einer Frist nachgefragt; es hat dabei auf die besondere Bedeutung dieser Gesichtspunkte hingewiesen und dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt, auch in arabischer oder französischer Sprache zu antworten. Davon hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht. Er hat bis zuletzt nicht konkret bestritten, einen Erstattungsantrag selbst oder über einen Dritten gestellt und den daraufhin von der Beklagten erlassenen Erstattungsbescheid vom 09.11.1978 erhalten zu haben.

Die Erstattungsforderung ist auch erfüllt worden. Die Verwaltungsakte der Beklagten enthält allerdings auch keinen direkten Nachweis für die Erfüllung der Erstattungsforderung (wie zB eine Empfangsquittung). Der Senat hat jedoch keine begründeten Zweifel daran, dass die (frühere) LVA Rheinprovinz die Erstattungsschuld erfüllt hat. Denn aus zahlreichen Äußerungen des Klägers (,,[ ... vom 1978 ich hate nur 2.500 Dirham erhalten ... ]" im Schreiben vom 09.04.2007; ,,[ ... meine Erstattung damals erhalten ... ]" in der Klageschrift vom 28.01.2008; ,,[ ... vom 1976 hatte ich etwas Betrag von meine Versicherung das ich nicht gebietet ...]" im Schreiben vom 30.04.2008; ,,[ ... das betrag damals ich habe erhalten ... ]" im Schreiben vom 23.06.2008, "[ ... meine Erstattung damals nicht das ich gewollten sondern neuer einfach für mich gegeben von Geld und ich damals gedachten das von meine Arbeiten ... ]" im Schreiben vom 2.12.2008) ergibt sich zweifelsfrei, dass ihm damals (ein Teil des) Geld(es) ausgezahlt wurde. Für seine Vermutung, das von ihm unstrittig 1978 (oder aufgrund einer Vorfinanzierung durch die CB Bank GmbH bereits 1976?) erhaltene Geld stamme von einem Arbeitgeber (welchem?), liefert der Kläger keine Anhaltspunkte, obwohl er auch hierzu vom Gericht unter Fristsetzung aufgefordert worden ist (vgl. zur Freiheit des Gerichts bei der Beweiswürdigung im Falle fehlender, aber zumutbarer Mitwirkung des Klägers und bei Hinweises des Gerichts auf die beabsichtigten negativen Schlussfolgerungen: Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer. SGG. 9. Auflage. § 109 Rdnrn 7 ff, 17 ff mwN).

Auch die Angaben im Kontospiegel der (früheren) LVA Rheinprovinz vom 14.12.2006, dass der Erstattungsbetrag dem Konto 000 der Volksbank T e.G. gutgeschrieben und ein Q U in das Verfahren eingeschaltet worden sei, bestätigen die rechtswirksame Erstattung. Dieser Sachverhalt legt überdies nahe, dass der Kläger - wie er selbst vorträgt - nur einen Teil der Erstattungsforderung erhalten hat. Bei der dokumentierten Vorgehensweise (Vorfinanzierung unter Einschaltung eines Finanzberaters) liegt nahe, dass der Erstattungsbetrag um Vorfinanzierungsgebühren (und Zinsen) der Volksbank T e.G. und wohl auch um Gebühren für den Finanzberater U vermindert worden ist. Das Geld ist ausweislich des Kontospiegels des LVA Rheinland zunächst auf ein Konto des Herrn U bei der Volksbank T geflossen. Dem Senat ist aus Parallelverfahren bekannt, dass Beitragserstattungen für in ihre Heimat zurückkehrende Marokkaner zur damaligen Zeit (1970er- und 1980er – Jahre) über die Volksbank T eG unter Einschaltung des Finanzberater U aus T vorfinanziert wurden. Dass dies im vorliegenden Verfahren ebenso war, legen die Angaben des Klägers zu dem von ihm erhaltenen Betrag (zB: "2.500 Dirham") nahe. Bis zuletzt hat der Kläger dies nicht konkret bestritten, sondern mit Schriftsatz vom 10.10.2011 erneut vorgetragen: " ... für mich gegeben etwas GELD von HERRN E gegebn etwas Geld ..." und damit verdeutlicht, dass er damals Geld erhalten hat, wenn auch wohl nicht die gesamten 11.689,80 DM.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger damals die entsprechenden weiteren Erklärungen für die im Außenverhältnis wirksame Abwicklung des Erstattungsverfahrens (zB Abtretung der Erstattungsforderung, Bevollmächtigung) nicht rechtswirksam abgegeben haben könnte, bestehen nicht. Vielmehr begründen die Dokumentation in den Kontospiegeln, die eigenen Angaben des Klägers und auch die Kenntnis des Senats von gleich gelagerten Parallelverfahren die Überzeugung des Senats, dass es sich um ein im Außenverhältnis wirksam durchgeführtes und abgeschlossenes Erstattungsverfahren handelt.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nach 1978 erneut ein Versicherungsverhältnis in der deutschen Rentenversicherung begründet hat, aus dem sich ein Rentenanspruch ergeben könnte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183 S 1, 193 Abs 1 S. 1 SGG und - soweit die Beklagte Kosten zu erstatten hat - aus §§ 192 Abs 1 S 1 Nr 1 iVm mit S 3,184 Abs 2 SGG.

Nach den zuletzt genannten Vorschriften sind einem Beteiligten vor den Landessozialerichten Kosten von (mindestens) EUR 225 aufzuerlegen, wenn durch sein Verschulden die Vertagung einer mündlichen Verhandlung [ ...] nötig geworden ist. Für die Annahme eines Verschuldens gilt der Maßstab der einfachen Fahrlässigkeit, also die einfache Verletzung einer prozessualen Sorgfaltspflicht (Leitherer. AaO. § 192 Rdnr 5 mwN). Zur Überzeugung des Senats hat die Beklagte sorgfaltswidrig unterlassen, den ihr offenbar zugänglichen Kontenspiegel der LVA Rheinland vom 14.12.2006 so rechtzeitig zu den Akten zu reichen, dass der Termin vom 13.09.2011 nicht hätte vertagt werden müssen. Dabei kann dahin stehen, wann genau ihr die Daten in diesem Kontospiegel bekannt geworden sind. Denn auch wenn der Beklagten diese Daten nicht bereits früher zugänglich waren, hätte eine ordnungsgemäße Verfahrens- und Prozessführung erfordert, sich spätestens vor Fertigung der Berufungserwiderung an die früher kontoführende, also auch für die Erstattung zuständig gewesene DRV Rheinland (vormals: LVA Rheinprovinz) zu wenden und zu erfragen, ob dort noch einschlägige Unterlagen vorliegen. Tatsächlich hat sich offenbar erst dazu veranlasst gesehen, nachdem ihr bei der Vorbereitung des Termins vom 13.09.2011 aufgefallen war, dass der Senat in einem früheren Termin die Beweislage für sie nicht als günstig beurteilt hatte. Aufgrund des verspäteten Vorbringens (dessen Berücksichtigung erst am Terminstage möglich war), musste die mündliche Verhandlung schon deshalb vertagt werden, weil dem Kläger rechtliches Gehör zu den neuen Tatsachen gewährt werden musste, § 62 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs 1 oder 2 SGG nicht vorliegen. Maßgeblich für die Entscheidung sind nämlich die konkreten Umstände des Einzelfalls.
Rechtskraft
Aus
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