S 12 R 32/07

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 12 R 32/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Zeiten der Tätigkeit des Klägers vom 1. September 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersver-sorgung der technischen Intelligenz gemäß Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) sowie die dazugehörigen Arbeitsentgelte festzustellen.

Der 1952 geborene Kläger absolvierte in der Zeit von 1971 bis 1975 ein Studium an der TH in K. in der Fachrichtung Physik/Elektronische Bauelemente, das er am 20. Oktober 1975 erfolgreich abschloss. Mit dem Abschluss erwarb er die Berechtigung, den Titel eines Diplom-Ingenieurs zu führen. Ab dem 1. September 1975 arbeitete er beim VEB R. B., Werk M., zunächst als Wartungsingenieur für die Auf-stellung, Wartung und Inbetriebnahme von EDV-Anlagen, sodann ab dem 1. September 1981 als Gruppenleiter Technologie. Diese Beschäftigung übte er auch noch am 30. Juni 1990 aus. Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt er während des Bestehens der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht.

Am 3. August 2006 beantragte der Kläger die Feststellung der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG für den Zeitraum vom 1. September 1975 bis zum 30. Juni 1990. Mit Bescheid vom 30. August 2006 lehnte die Beklagte das Begehren des Klägers ab, da er, so die Begründung, am maßgeblichen Stichtag – dem 30. Juni 1990 – nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder diesem gleichstellten Betrieb im Sinne der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 beschäftigt gewesen sei. Bei dem VEB R. B. handele es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 27. September 2006 Widerspruch ein und führte aus, nach seiner Ansicht seien die Voraussetzungen für einen Anspruch gegeben: Der VEB R. B. sei ein dem volkseigenen Kombinat unterstellter Betrieb gewesen. Da die Vertriebsorganisationen nicht nur für Verkauf, sondern auch Service sowie Erarbeitung von Reparaturtechnologie zuständig gewesen seien, habe es sich um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt. Mitarbeiter aus dem Vertrieb hätten dementsprechend auch Einzelverträge mit zugehörigen Versorgungszusagen erhalten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und vertiefte im Wesentlichen ihre Ausführungen aus dem Ablehnungsbescheid vom 30. August 2006.

Hiergegen hat der Kläger am ... 2006 Klage zum Sozialgericht M. erhoben. In seiner Klagebegründung hat er ausgeführt, jedes Kombinat habe sich aus den Bereichen der materiellen Fertigung sowie den entsprechenden vor- und nachgelagerten Bereichen der technischen Vorbereitung und Materialbeschaffung sowie des Absatzes und der Kundenbetreuung zusammengesetzt. Die Besonderheit des Kombinats R. habe darin gelegen, dass der Vertrieb der Erzeugnisse als immanenter Bestandteil des Produktionsprozesses als selbständige Einheit innerhalb des Gesamtkombinates herausgelöst worden war, um die enge und unmittelbare Zusammenarbeit zwischen Produzenten und Anwendern zu sichern. Es habe sich entsprechend der Staatlichen Statistik um eine materielle Produktion in Form von Dienstleistungen gehandelt.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 30. August 2006 in Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 28. Dezember 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeiten vom 1. September 1975 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit des Versicherten zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf Ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2006 verwiesen.

Das Gericht hat die Registerunterlagen des VEB R. B. beigezogen sowie die Sitzungsniederschrift vom 27. Mai 2003 des Sozialgerichtes B. (Az: S ...) über die zeugenschaftliche Vernehmung des ehemaligen Direktors für Vertrieb und später für Forschung und Entwicklung des VEB R. B., Herrn K., und des ehemaligen Ökonomischen Direktors des VEB R.B., Herrn E ...

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt die Kammer ergänzend Bezug auf die Gerichts- und Verwaltungsakten, die ihr bei der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 30. August 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, soweit die Beklagte darin die beantragte Feststellung abgelehnt hat (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Der Kläger hat gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz gemäß Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG.

Er unterfällt nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AAÜG. Weder lag zu seinen Gunsten eine Versorgungszusage, Einzelfallentscheidung oder ein Einzelvertrag vor, die nach Art. 19 des Einigungsvertrages Fortgeltung beanspruchen, noch erging eine Rehabilitierungsentscheidung.

Auch auf der Grundlage der verfassungskonformen erweiternden Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG des Bundessozialgerichts unterfällt der Kläger nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG. Dies wäre nur der Fall, wenn dieser auf Grund der Rechtslage am 1. August 1991 und der Sachlage am 30. Juni 1990 einen (fiktiven) gebundenen Anspruch auf die Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte (vgl. BSG, Urteile vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 3/02 R und 10. April 2002, Az: B 4 RA 34/01 R). Da auf die Sachlage am 30. Juni 1990 abzustellen ist, kann für die Beurteilung der Frage, ob ein solcher Anspruch besteht, auf die Gesetze, Richtlinien etc. der ehemaligen DDR abgestellt werden. Soweit es das Zusatzver-sorgungssystem der technischen Intelligenz im Sinne der Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG betrifft, muss damit auf die Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. der DDR I Nr. 93 S. 844) und die hierzu erlassene Zweite Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. der DDR I Nr. 62 S. 487) abgestellt werden‚ (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 2004, Az: B 4 RA 4/04 R). Bei der Auslegung dieser Vorschriften ist faktisch auf das Verständnis am 30. Juni 1990 zurückzugreifen.

Auf Grund des soeben Gesagten ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich die Kammer insoweit anschließt, ein Anspruch nur gegeben, wenn folgende Voraussetzungen am 30. Juni 1990 kumulativ vorgelegen haben (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 10. April 2002, Az: B 4 RA 34/01 R): Der Kläger muss berechtigt gewesen sein, eine in der 2. DB genannte Berufsbezeichnung zu führen und eine hierfür typische Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens bzw. in einer diesen Betrieben gleichgestellten Wirtschaftseinheit ausgeübt haben.

Legt man dies zu Grunde, so hat die Beklagte nach Auffassung der Kammer die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz zu Recht abgelehnt. Der Kläger erfüllt nicht alle genannten Voraussetzungen. Zwar war er ausweislich der Ingenieursurkunde der Technischen HS in K. vom 20. Oktober 1975 unstreitig berechtigt, den Titel eines Diplom-Ingenieurs zu führen, (vgl. Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur vom 12. April 1962, GBl. der DDR II Nr. 29, S. 278). Aus bundesrechtlicher Sicht scheidet ein fiktiver Anspruch auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aber aus, weil der Kläger nicht die betriebliche Voraussetzung erfüllt. Der Kläger war am 30. Juni 1990 im VEB K. R. B., Betriebsteil M., tätig. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere den Kopien des Sozialversicherungsausweises des Klägers. Der Kläger war damit zum Stichtag am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem solchen gleichgestellten Betrieb beschäftigt, da es sich bei diesem Betrieb nicht um einen Betrieb im Sinne der 2. DB handelt.

Nach der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts darf es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb im Sinne der 2. DB nicht um irgendeinen volkseigenen Betrieb gehandelt haben, sondern es muss ein Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gewesen sein (vgl. BSG, Urteile vom 6. Mai 2004, Az: B 4 RA 44/03 R und 8. Juni 2004, Az: B 4 RA 57/03 R). So hat die Gesetzgebung der ehemaligen DDR (vgl. Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 [GBl. der DDR I S. 355]) zwischen Produktionsbetrieben und sonstigen volkseigenen Betrieben unterschieden. Dort werden die Kombinate und Betriebe der Industrie bzw. des Bauwesens den sonstigen Kombinaten und Betrieben gegenübergestellt. Insoweit enthält § 1 Abs. 2 der 2. DB eine Klarstellung, dass ein volkseigener Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 1 der 2. DB lediglich ein Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens sein kann (vgl. auch BSG, Urteil vom 8. Juni 2004, Az: B 4 RA 57/03 R). Die Zuordnung eines bestimmten volkseigenen Betriebes zur industriellen Produktion oder zum Bauwesen hängt entscheidend davon ab, welche Aufgabe dem Betrieb nach den tatsächlichen Verhältnissen das Gepräge gegeben hat. Materiell-rechtlich entscheidend ist daher, ob der vom Betrieb tatsächlich verfolgte Hauptzweck auf die industrielle (d. h. hier serienmäßige wiederkehrende) Fertigung, sprich: Fabrikation, Herstellung und Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen ist. Konzeptionell muss es sich um Produktion im Sinne des fordistischen Modells gehandelt haben (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2004, Az: B 4 RA 41/01 R). Diese industriepolitische Konzeption beruhte auf der Rationalisierung der Fertigungskosten durch Massenproduktion.

Der VEB R. B. war kein volkseigener Produktionsbetrieb, da eine industrielle Produktion von Sachgütern nicht vorlag (so auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. Mai 2005, Az: L 1 RA 118/01, LSG B.-Br., Urteil vom 30. Januar 2007, Az: L 12 RA 32/02). Nach § 7 des Statuts des VEB K. R. vom 19. Dezember 1973 oblag dem VEB R. B. der Vertrieb, der technische Kundendienst für Geräte der Datenverarbeitungs- und Rechentechnik, der Vertrieb von Systemunterlagen und die Wahrnehmung von Leitfunktionen entsprechend geltender Kombinatsordnung sowie die Anwenderschulung auf dem Gebiet der Prozessrechentechnik. Hauptzweck war dementsprechend der Vertrieb und Kundendienst. Nach dem Statut des VEB K. R. und der darauf Bezug nehmenden Gründungsanweisung des R. B. waren Gegenstand der betrieblichen Tätigkeit des Beschäftigungsbetriebes des Klägers folglich weder Produktion noch Forschung und Entwicklung.

Die tatsächlichen Verhältnisse des Beschäftigungsbetriebes erlauben keine anderweitige Beurteilung. Die Kammer hat dabei die Zeugena. aus anderen sozialgerichtlichen Verfahren mit vergleichbarem Streitgegenstand zur Entscheidungsfindung herangezogen. Aus diesen ergibt sich, dass Gegenstand der Betriebstätigkeit des VEB R. B., neben der Wartung von Computeranlagen, die Zusammenstellung von EDV-Anlagen aus vorgefertigten Komponenten nach Kundenwünschen war, wofür auch ein Bildverarbeitungssystem und Kabelbäume produziert wurden. Zwar hat man im zum Betrieb gehörenden Werk in Stralsund auch Radiogeräte produziert. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, die Radioproduktion habe den Hauptzweck des Gesamtbetriebes dargestellt. Im Werk Stralsund waren lediglich ca. 400 Mitarbeiter tätig, von denen nicht mehr als 300 an der unmittelbaren Radioproduktion beteiligt waren. Soweit im Werk M. Kabel und Produktionserfassungssysteme hergestellt wurden, waren maximal 300 Mitarbeiter in diesem Bereich tätig.

Die Tatsache, dass ca. 2000 Mitarbeiter dem Direktorat Produktion zugeordnet waren, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Diese Produktion erfasste auch technische Dienstleistungen. Da es sich dabei jedoch nicht um die Massenanfertigung von Sachgütern handelte, unterfallen diese technischen Dienstleistungen nicht dem Produktionsbegriff im Sinne der industriellen Fertigung von Sachgütern (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. Mai 2005, Az: L 1 RA 118/01).

Auch wenn der Vertrieb nicht nur den Verkauf, sondern auch die Montage und Herstellung nach den jeweiligen Kundenwünschen beinhaltete, begründet dies noch keine industrielle Produktion von Sachgütern. Vielmehr stand die Einzelanfertigung im Vordergrund. Wesentliches Kennzeichen der industriellen Fertigung fordistischer Prägung ist aber der Massenausstoß von Produkten, die durch Wiederholung von gleichartigen Bearbeitungsvorgängen unter Einsatz von Maschinen, die an die Stelle menschlicher Arbeitskraft treten, hergestellt worden sind (vgl. LSG B.-Br., Urteil vom 30. Januar 2007, Az: L 12 RA 32/02). Selbst wenn man das Zusammenstellen von Computeranlagen als Produktion ansehen sollte, liegt darin keine Produktion im Sinne des fordistischen Modells. Es fand gerade keine massenweise Produktion von gleichartigen Gütern statt, da die Computeranlagen entsprechend den Kundenbedürfnissen hergestellt und direkt beim Kunden zusammengebaut wurden. Es fehlte daher sowohl an der typischen Fertigung des Produktes auf dem Betriebsgelände des Herstellers als auch der Fertigung in einzelnen maschinell aufgespalteten Bearbeitungsschritten. Die Voraussetzungen einer industriellen Fertigung waren daher seinerzeit nicht gegeben.

Unter Berücksichtigung des von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zu Grunde gelegten Begriffs der Produktion waren daher entsprechend den beigezogenen Zeugena. lediglich ca. 600 Mitarbeiter in diesem Bereich tätig (so auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. Mai 2005, Az: L 1 RA 118/01). Insgesamt hatte der VEB R. B. Ende der 80er Jahre ca. 4.400 Mitarbeiter, sodass die industrielle Produktion mit ihren ca. 600 Mitarbeitern dem gesamten Betrieb weder das Gepräge gab noch zu seinem Hauptzweck machte.

Der VEB R. B. war auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Maßgeblich für die Gleichstellung ist ausschließlich das Versorgungsrecht der ehemaligen DDR (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 3/02 R). In versorgungsrechtlicher Sicht ist keine Gleichstellung eines Vertriebsunternehmens mit einem Produktionsbetrieb erfolgt, was sich bereits daraus ergibt, dass Vertriebsunternehmen in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht erwähnt sind.

Es kann darüber hinaus dahinstehen, ob einzelne ausgewählte Mitarbeiter des VEB R. B. tatsächlich Versorgungsverträge erhalten haben. Für die Feststellungen von Zugehörigkeitszeiten im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ohne tatsächliche Versorgungszusage muss der Anspruch auf die Einbeziehung so klar sein, dass deshalb der Vollzugsakt durch eine einzelfallbezogene Versorgungszusage entbehrlich erscheint und eine unterstellte Verweigerung der Einbeziehung nicht nur als falsch, sondern als Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundsätze erscheint (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29. Mai 2007, Az: L 1 RA 205/05). Dies folgt aus dem Grundgedanken der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zur Erstreckung des Anwendungsbereiches des AAÜG auch auf Fälle, in denen eine ausdrückliche Versorgungszusage nicht erteilt wurde, der darin liegt, die objektive Willkür bei der Verzögerung und dem Unterlassen von Versorgungszusagen vor dem Maßstab des Grundgesetzes bundesrechtlich nicht zum Tragen kommen zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 1998, Az: B 4 RA 27/97 R). Willkür besteht aber nicht schon bei einer Verkennung der bestmöglichen Auslegung oder gerechtesten Ermessensentscheidung. Vielmehr ist die Verletzung des rechtsstaatlichen Vertrauens, nicht von der Anwendung von Rechtsnormen ausgenommen zu werden, erforderlich. Dies geschieht nur durch für jedermann auf der Hand liegende Gesetzesverstöße. Insofern ist der Maßstab von vornherein ein grundlegend anderer und engerer als bei einer erstmaligen Entscheidung nach den Vorschriften der früheren Versorgungsordnungen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29. Mai 2007, Az: L 1 RA 205/05).

Die Nichteinbeziehung des Klägers stellt sich nicht als objektiv auf der Hand liegender Gesetzesverstoß dar, der durch eine fiktive Einbeziehung revidiert werden muss. Ein rechtsstaatliches Vertrauen auf die Einbeziehung in das Versorgungssystem konnte nicht bestehen, da bereits die Voraussetzungen nach den Versorgungsordnungen der ehemaligen DDR nicht vorgelegen haben. Aus bundesrechtlicher Sicht können jedoch diejenigen Versicherten nicht einbezogen werden, die nach den Versorgungsordnungen oder Durchführungsbestimmungen oder sonstigen Regelungen der ehemaligen DDR lediglich durch Einzelvertrag oder Einzelentscheid oder Ermessensentscheidung hätten einbezogen werden können. Denn eine derartige (Ermessens-)Entscheidung – wie sie hier augenscheinlich der Einbeziehung einzelner Mitarbeiter auch erfolgt ist – die auch der Erzeugung politischen und gesellschaftlichen Wohlverhaltens diente, könnte allein aus der Sicht der ehemaligen DDR und nach deren Maßstäben getroffen werden. Sie darf infolgedessen mangels sachlicher, objektivierbarer, bundesrechtlich nachvollziehbarer Grundlage nicht rückschauend ersetzt werden (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2002, Az: B 4 RA 34/01 R). Eine Einbeziehung von Mitarbeitern des VEB R. B. in das Zusatzversorgungssystem mag durch Einzelfallentscheidungen erfolgt sein, ein fiktiver bundesrechtlicher Anspruch auf Erteilung einer Zusatzversorgungszusage kann daraus jedoch gerade nicht abgeleitet werden.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich aus § 143 SGG.
Rechtskraft
Aus
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