S 15 R 430/08

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 15 R 430/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit vom 5. Oktober 1970 bis zum 31. Dezember 1983 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz festzustellen sowie für die Zeit von 1969 und 1979 bis 1990 wegen Zahlung von Jahresendprämien höhere Arbeitsentgelte des Klägers festzustellen.

Der am ... 1941 geborene Kläger erhielt mit Urkunde der Ingenieurschule für Maschinenbau Görlitz vom 27. Juni 1969 das Recht, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Bis 3. Oktober 1970 war er beim VEB Armaturenwerk H. beschäftigt. Danach ab 5. Oktober 1970 war er zunächst beim VEB Ingenieurbetrieb H. tätig sowie nach dessen Auflösung ab 1. Januar 1984 und auch noch am 30. Juni 1990 bei dessen Rechtsnachfolger, dem VEB Gummiwerke B., zuletzt als Fertigungstechnologe. Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR (FZR) entrichtete der Kläger nicht.

Mit Feststellungsbescheid vom 23. Februar 2000 hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), bereits die Zeit vom 1. Juni 1969 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz und hieraus erzielte Entgelte festgestellt.

Mit Eingang bei der Beklagten am 29. Oktober 2007 beantragte der Kläger die Überprüfung dieses Bescheides und die Berücksichtigung von Jahresendprämien für die Jahre 1969 bis 1989.

Den Antrag lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 15. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2008 unter Hinweis auf die Problematik der sog. "leeren Hülle" ab und stellte auch die Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheides vom 23. Februar 2000 fest.

Hiergegen hat der Kläger am 14. August 2008 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben. Er hat eine von ihm selbst erstellte Übersicht zur Höhe der von ihm in den Jahren 1969 und 1979 bis 1990 bezogenen Jahresendprämien übersendet sowie zum Nachweis der Höhe der Jahresendprämien Kopien aus von ihm selbst geführten Arbeitsheften und Geschäftskalendern sowie schriftliche Zeugenaussagen des Diplomingenieurs T. vom 8. März 2009 und von Herrn Tr. vom 11. März 2009. Wegen des genauen Inhalts der vom Kläger übersendeten Unterlagen und der schriftlichen Zeugenaussagen wird auf Blatt 35 bis 52 und 72 bis 75 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Mit Feststellungsbescheid vom 23. Februar 2009 hat die Beklagte den Bescheid vom 15. Mai 2008 aufgehoben und die Zeit vom 1. Juni 1969 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz und hieraus erzielte Entgelte festgestellt. Dabei hat sie die vom Kläger begehrten Jahresendprämien der Jahre 1984, 1986, 1987, 1988 und 1990 jeweils zu fünf Sechsteln berücksichtigt. Sie hat festgestellt, dass der Feststellungsbescheid vom 23. Februar 2000 hinsichtlich der Zeit vom 5. Oktober 1970 bis 31. Dezember 1983 rechtswidrig sei, aber aufgrund von Vertrauensschutz bestand habe.

Der Kläger beantragt nunmehr,

den Feststellungsbescheid der Beklagten vom 23. Februar 2009 aufzuheben, soweit er die Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheides vom 23. Februar 2000 feststellt und im Übrigen zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, für den Kläger höhere Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämien in Höhe von ... Mark für das Jahr 1969, in Höhe von 1.470,00 Mark für das Jahr 1979, in Höhe von ... Mark jeweils für die Jahre 1980 und 1981, in Höhe von ... Mark für das Jahr 1982, in Höhe von ... Mark für das Jahr 1983, in Höhe von ... Mark für das Jahr 1984, in Höhe von ... Mark für das Jahr 1985, in Höhe von ... Mark für das Jahr 1986, in Höhe von ... Mark für die Jahre 1987 bis 1989 und in Höhe von ... Mark für das Jahr 1990 festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Zeit vom 5. Oktober 1970 bis 31. Dezember 1983 sei nicht als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz anzuerkennen, weil der VEB Ingenieurbetrieb H. kein Produktionsbetrieb im Sinne der Rechtsprechung des BSG gewesen sei, weil er in die Wirtschaftsgruppe 63310 (Projektierung ohne Bauprojektierung) eingruppiert gewesen sei. Für die übrigen Zeiten habe der Kläger höhere Entgelte weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Ihre Ermittlungen bei den Rechtsnachfolgern der Arbeitgeber seien erfolglos geblieben. Hierzu hat sie ein Schreiben der AWH Armaturenwerk H. GmbH vom 11. Februar 2009 und ein Schreiben der Rhenus Office Systems GmbH, die Unterlagen des VEB Gummiwerke B. aufbewahrt, vom 9. Februar 2009 übersendet, in denen jeweils ausgeführt wird, dass Unterlagen über gezahlte Prämien an den Kläger dort nicht vorliegen.

Die Kammer hat von der Beklagten die dort vorliegenden Unterlagen zum noch streitigen Betrieb VEB Ingenieurbetrieb H. abgefordert, die insbesondere die Registerunterlagen des Betriebes enthalten und auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Blatt 82 bis 89 der Gerichtsakte).

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger außerdem die Arbeitshefte und die Geschäftskalender im Original überreicht und sich damit einverstanden erklärt, dass diese bis zum Abschluss des Verfahrens bei Gericht verbleiben können.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 23. Februar 2009 ist hinsichtlich der noch streitigen Zeiten und Entgelte rechtmäßig.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Zeit vom 5. Oktober 1970 bis 31.Dezember 1983 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die von ihm geltend gemachten Jahresendprämien für die Jahre 1969 und 1979 bis 1990 in der beantragten Höhe feststellt.

Denn die Beklagte hat mit dem Feststellungsbescheid vom 23. Februar 2000 zu Unrecht die Zeit vom 1. Juni 1969 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz festgestellt. Mit Recht hat sie deshalb mit dem Feststellungsbescheid vom 23. Februar 2009 die Rechtswidrigkeit dieses Feststellungsbescheides hinsichtlich der Zeit vom 5. Oktober 1970 bis 31. Dezember 1983 festgestellt. Darüber hinaus war der Feststellungsbescheid vom 23. Februar 2000 aber auch hinsichtlich aller weiteren Zeiten rechtswidrig und ist es nunmehr auch der Feststellungsbescheid vom 23. Februar 2009.

Als Anspruchsgrundlage kam nur § 8 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebietes (Anspruchs und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG) in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann der Berechtigte verlangen, dass der Zusatzversorgungsträger ihm die Feststellung einer Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem des Beitrittsgebietes sowie der hieraus erzielten Entgelte durch Bescheid bekannt gibt.

Diese Feststellung setzt voraus, dass der Berechtigte gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Ansprüche oder Anwartschaften aufgrund der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem der ehemaligen DDR erworben hat.

Das ist bei dem Kläger aber nicht der Fall.

Zu den Zusatzversorgungssystemen gehört gemäß § 1 Abs. 2 AAÜG i. V. m. der Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG zwar auch die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech), eingeführt mit der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. I der DDR Nr. 93 S. 844 – VO-AVItech). Eine Zugehörigkeit im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG zu diesem Zusatzversorgungssystem besteht aber wegen Art. 19 des Einigungsvertrages nur, sofern der Berechtigte durch bindenden Verwaltungsakt der DDR in das Versorgungssystem einbezogen wurde (Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag) oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung nach Art. 17 oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 Einigungsvertrag wieder in ein Versorgungssystem einbezogen wurde (so zutreffend BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R, zitiert nach Juris Rn. 19). Der Einigungsvertrag hat durch Art. 9 Abs. 2 i. V. m. der Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III. Nr. 9 Neueinbeziehungen in ein Versorgungssystem ab 3. Oktober 1990 ausdrücklich untersagt.

Der Kläger ist unstreitig nicht durch gemäß Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR in das Versorgungssystem einbezogen worden. Ebenfalls unstreitig ist er nicht durch eine Rehabilitierungsentscheidung nach Art. 17 oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 des Einigungsvertrages in das Versorgungssystem einbezogen worden.

Nach der Auffassung des ehemaligen 4. Senats des BSG (grundlegend mit Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R), der der nunmehr zuständige 5. Senat des BSG folgt (grundlegend mit Urteilen vom 15. Juni 2010 – B 5 RS 2/09 R u. a.), soll eine Zeit der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem auch dann bestehen, wenn jemand auf Grund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Versorgungszusage nach den zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der Versorgungssysteme gehabt hätte.

Dem folgt die Kammer nicht.

I.

Der nunmehr zuständige 5. Senat des BSG verweist zur Begründung seiner Auffassung darauf, dass bereits der Einigungsvertrag der Sache nach eine Modifikation des Neueinbeziehungsverbotes enthalten habe, dies konkret in Art. 17 und Art. 19 Satz 2 des Einigungsvertrages (z. B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 5 RS 3/09 R, zitiert nach Juris Rn. 22). Der offene Wortlaut lasse ein weites Verständnis des Begriffs der Zugehörigkeit zu; über eine hinreichend enge Verbundenheit zu einem Versorgungssystem würden auch solche Personen verfügen, die nach den leistungsrechtlichen Regelungen des jeweiligen Systems mit Ausnahme des Versorgungsfalls am 30. Juni 1990 alle materiell-rechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Zusatzversorgungsrente erfüllt hätten (BSG, a. a. O., Rn. 28). Ein derartiges neben den Verwaltungsakten der DDR auch die primäre materiell-rechtliche Ebene einbeziehendes Verständnis des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gewährleiste an Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) orientiert die Gleichwertigkeit der Rechtsquellen und vermeide eine bundesrechtlich nicht gerechtfertigte Besserstellung der Inhaber von Einzelentscheidungen gegenüber unmittelbar Normbegünstigten (BSG, a. a. O., Rn. 31).

Es ist schon fraglich, ob man bei den Regelungen von Art. 17 Satz 2 und Art. 19 Satz 2 des Einigungsvertrages wirklich von einer Modifikation des Neueinbeziehungsverbots sprechen kann (ablehnend LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26. Mai 2011 – L 1 R 47/10, zitiert nach Juris Rn. 29). Denn wie das BSG selbst erkennt (BSG, a. a. O., Rn. 22), geht es bei der Rehabilitierung nach Art. 17 Satz 2 Einigungsvertrag darum, Personen, die wegen einer Verfolgungsmaßnahme unter anderem aus einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem ausgeschieden sind, bundesrechtlich im Ergebnis so zu behandeln, als wären sie weiter einbezogen gewesen. Und Art. 19 Satz 2 Einigungsvertrag ermöglicht es, Aufhebungsakte der DDR zu beseitigen, die mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder den Regelungen des Einigungsvertrages unvereinbar sind, so dass einmal erteilte, aber untergegangene Versorgungszusagen wieder aufleben können. In beiden Fällen sind also Personen betroffen, denen in der DDR bereits einmal eine Versorgungszusage erteilt worden ist, die ihnen dann aber aus nicht rechtstaatlichen Gründen wieder entzogen worden ist. Die vom BSG vorgenommene Einbeziehung von allen, die am 30. Juni 1990 die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt hatten, berücksichtigt demgegenüber auch Personen, denen in der DDR zu keinem Zeitpunkt eine Versorgungszusage erteilt worden ist.

Für die Kammer ist nicht nachvollziehbar, warum das BSG maßgeblich auf den Wortlaut und den Begriff der Zugehörigkeit abstellt. Die Auslegung eines Gesetzes hat sich nach allgemein anerkannten Grundsätzen nicht nur am Wortlaut, sondern auch am systematischen Zusammenhang und vor allem an der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck des Gesetzes zu orientieren (LSG Sachsen-Anhalt, a. a. O., Rn. 27, sog. systematische, historische und teleologische Auslegung). Das LSG Sachsen-Anhalt (a. a. O., Rn. 28, 31) hat aber bereits anhand der Gesetzesmaterialien (Entstehungsgeschichte, Sinn und Zweck) nachgewiesen, dass sich kein Hinweis dafür findet, dass der Gesetzgeber durch das AAÜG außer den im Einigungsvertrag in Art. 17 und 19 vorgesehenen Entscheidungen weitere Personen einbeziehen wollte, insbesondere solche, denen in der DDR keine Versorgungszusage erteilt worden ist. Im Gegenteil hat die Bundesregierung mehrfach betont, dass das AAÜG nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nur anwendbar sein sollte, wenn eine ausdrückliche Versorgungszusage vorliegt (siehe die Fundstellen bei LSG Sachsen-Anhalt, a. a. O., Rn. 32). Gerade wenn das BSG davon ausgeht, dass der Wortlaut offen ist und mehrere Auslegungsalternativen möglich sind, hätte das BSG zur weiteren Auslegung die Gesetzesmaterialien heranziehen und sich damit auseinandersetzen müssen, dass sich dort kein Hinweis für die von ihm vorgenommene Auslegung findet. Mit der von ihm vorgenommenen Auslegung setzt sich das BSG in Widerspruch zum ursprünglichen Willen des Gesetzgebers und berücksichtigt die allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätze der historischen und teleologischen Auslegung nicht.

Die vom BSG vorgenommene Auslegung ist auch nicht im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung geboten.

Dahingehend versteht die Kammer den vom BSG vorgenommenen Verweis auf Art. 3 Abs. 1 GG. Das BSG geht offenbar davon aus, dass eine von seiner Auffassung abweichende Gesetzesauslegung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen würde. Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) anerkannt, dass, wenn der offene Wortlaut mehrere Auslegungsalternativen zulässt, von denen eine oder mehrere nicht verfassungsgemäß wären, stets eine Auslegung zu wählen ist, die verfassungsgemäß ist (BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1999 – 1 BvL 25/97, zitiert nach Juris Rn. 21 mit weiteren Nachweisen). Insofern ist aber schon fraglich, ob eine Auslegung, die dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers widerspricht und in den Gesetzesmaterialien keine Stütze findet, überhaupt möglich ist, selbst wenn sie als einzige verfassungsgemäß wäre. Denn auch die verfassungskonforme Auslegung hat sich nicht lediglich am Wortlaut zu orientieren, sondern die weiteren Auslegungskriterien mit einzubeziehen. Eine verfassungskonforme Auslegung findet dort ihre Grenzen, wo sie mit dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes in Widerspruch treten würde; im Wege der Auslegung darf einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmt oder das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden (BVerfG, a. a. O., mit weiteren Nachweisen). Das spricht für die Auffassung des LSG Sachsen-Anhalt (a. a. O., Rn. 26), wonach die vom BSG vorgenommene Auslegung die Grenzen verfassungskonformer Auslegung überschreitet, so dass das BSG, wenn es diese Auslegung für einzig verfassungsgemäß hält, gem. Art. 100 Abs. 1 GG eine konkrete Normenkontrolle hätte veranlassen müssen.

Letztlich kann die Kammer diese Frage jedoch offen lassen, denn auch eine Auslegung, wonach eine Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem nur vorliegt, wenn in der DDR eine ausdrückliche Versorgungszusage erteilt wurde, ist verfassungsgemäß und verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Der Gleichheitsgrundsatz will vielmehr ausschließen, dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG, Urteil vom 7. Juli 1992 - 1 BvL 51/86, zitiert nach Juris Rn. 125 mit weiteren Nachweisen). Die rechtliche Unterscheidung muss also in sachlichen Unterschieden eine ausreichende Stütze finden (BVerfG, a. a. O.). Die Anwendung dieses Grundsatzes verlangt den Vergleich von Lebenssachverhalten, die einander nie in allen, sondern stets nur in einzelnen Merkmalen gleichen (BVerfG, a. a. O.). Unter diesen Umständen ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche von diesen Merkmalen er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht (BVerfG, a. a. O.). Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es ihm nur, dabei Art und Gewicht der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer acht zu lassen (BVerfG, a. a. O.). Innerhalb dieser Grenzen ist er in seiner Entscheidung frei (BVerfG, a. a. O.). Das BVerfG hat bereits einmal, bei dem Vergleich der durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG wieder einbezogenen Personen und den Personen, die nicht von der Rechtsprechung des BSG begünstigt werden, weil sie die nach der Auffassung des BSG erforderlichen materiell-rechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen, ausgeführt, dass die wieder einbezogenen Personen in der DDR zunächst rechtlich gesicherte Anwartschaften gehabt hätten, die der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten wollte (BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04, zitiert nach Juris Rn. 45). Demgegenüber habe der vom BSG nicht begünstigte Personenkreis solche Rechtspositionen im Recht der DDR zu keinem Zeitpunkt innegehabt (BVerfG, a. a. O.). Das BVerfG verweist hier darauf, dass diesem Personenkreis für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung der Beitritt zur FZR offen gestanden habe, dort allerdings, anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung, mit eigenen Beitragsleistungen verbunden gewesen ist. Es habe daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung bestanden, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen (BVerfG, a. a. O.). Das Gleiche gilt dann aber auch für den vom BSG begünstigten Personenkreis (LSG Sachsen-Anhalt, a. a. O., Rn. 39). Rechtlich gesicherte Anwartschaften hatten diese Personen ebenfalls zu keinem Zeitpunkt inne. Auch ihnen stand die Möglichkeit des Beitritts zur FZR offen. Damit ist aber die Schlussfolgerung konsequent, dass für den Gesetzgeber auch keine Verpflichtung besteht, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleich zu stellen. Folgerichtig kann das BSG seine Auffassung nicht mit einer verfassungskonformen Auslegung begründen.

II.

Überzeugend ist die Auffassung des BSG auch deshalb nicht, weil die Voraussetzungen, nach denen die zusätzliche Einbeziehung möglich sein soll, der Inhalt der primären materiell-rechtlichen Ebene, aus der Versorgungsordnung nicht hinreichend ableitbar sind.

Nach der Rechtsprechung des BSG müssen drei Voraussetzungen am 30. Juni 1990 kumulativ erfüllt gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R, zitiert nach Juris Rn. 25; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 – B 5 RS 2/09 R, zitiert nach Juris Rn. 32).

Der Versicherte müsste:

berechtigt gewesen sein, die für die Einbeziehung in das Versorgungssystem notwendige Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung);

eine der Berufsbezeichnung entsprechende Beschäftigung oder Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und

die Beschäftigung oder die Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt haben (betriebliche Voraussetzung).

Die notwendigen Berufsbezeichnungen für die Einbeziehung in die Altersversorgung der technischen Intelligenz ergeben sich zwar aus § 1 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (GBl. der DDR Nr. 62 S. 487 - 2. DB).

Aus den Versorgungsordnungen ergibt aber sich nicht, dass zu den Angehörigen der technischen Intelligenz nur solche gehören sollten, die auch entsprechend ihrer erworbenen Berufsbezeichnung tätig waren.

Diese sogenannte sachliche Voraussetzung ergebe sich aus der "Präambel" der VO-AVItech (BSG, Urteil vom 31. März 2004 – B 4 RA 31/03 R, zitiert nach Juris Rn. 19). Sie sei erfüllt, wenn Ingenieure entsprechend ihrem Berufsbild den Schwerpunkt ihrer Tätigkeiten im produktionsbezogenen ingenieurtechnischen Bereich hatten, diese Tätigkeiten somit die Aufgabenerfüllung geprägt haben (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 2/07 R, zitiert nach Juris Rn. 18). Habe der Schwerpunkt dagegen in anderen Bereichen, z. B. im wirtschaftlichen bzw. kaufmännischen Bereich gelegen, seien die Ingenieure nicht schwerpunktmäßig (= überwiegend) entsprechend ihrem Berufsbild tätig gewesen; im Ergebnis seien sie in einem solchen Fall berufsfremd eingesetzt gewesen (BSG, a. a. O.). Mit dieser sachlichen Voraussetzung solle eine weitere Einschränkung der Einbeziehung in die Zusatzversorgung der Altersversorgung der technischen Intelligenz nur in den Fällen erreicht werden, in denen Versicherte mit förmlichen Berufsabschluss als Ingenieur in einem Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens fachfremd eingesetzt waren (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 – B 4 RS 17/07 R, zitiert nach Juris Rn. 43).

Eine entsprechende Bestimmung findet sich weder in der VO-AVItech noch in der 2. DB. Sie ergibt sich auch nicht aus der "Präambel" der VO-AVItech, weil dort gerade nicht ausgeführt wird, dass die Versorgung nur für die Mitglieder der technischen Intelligenz gelten soll, die technische Aufgaben tatsächlich durchführen. Es wird vielmehr nur allgemein ausgeführt, dass die technische Intelligenz "diese großen wissenschaftlichen und technischen Aufgaben durchzuführen hat". Im Gegenteil wird in § 1 der VO-AVItech ausgeführt, dass für die Angehörigen der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben über den Rahmen der Sozialpflichtversicherung hinaus eine Versorgungsversicherung eingeführt wird. Wenn dann in § 1 Abs. 1 der 2. DB die maßgeblichen Berufsbezeichnungen genannt werden mit der Formulierung, dass diese als Angehörige der technischen Intelligenz im Sinne des § 1 der VO-AVItech gelten, so deutet das darauf hin, dass eine Tätigkeit entsprechend der Berufsbezeichnung nicht notwendig ist, sondern nur die Berufsbezeichnung und die Tätigkeit in einem volkseigenen Betrieb. Dem BSG ist zwar zuzugeben, dass ein Ausschluss von Versicherten mit fachfremden Tätigkeiten zweckmäßig ist. Aus dem Wortlaut der Versorgungsordnungen, auf den das BSG maßgeblich abstellt, ist das aber nicht ableitbar.

Problematisch ist an dieser Voraussetzung auch, dass sie nicht hinreichend genau ist (siehe LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23. Juni 2011 – L 1 R 47/08, zitiert nach Juris Rn. 41 ff.). So wird nicht deutlich, wann im Einzelnen ein berufsfremder Einsatz nach der Auffassung des BSG vorliegen soll. Dieses Problem stellt sich insbesondere dann, wenn die Ingenieure in Leitungs- oder Führungspositionen tätig werden (LSG Sachsen-Anhalt, a. a. O., Rn. 45) weil hier ein weiterer betriebswirtschaftlicher Schwerpunkt hinzukommt und Betriebswirte nicht zu den in § 1 Abs. 1 der 2. DB genannten Angehörigen der technischen Intelligenz gehören. Danach wurden nur Werkdirektoren unmittelbar einbezogen. Stellvertretende Direktoren, Produktionsleiter und Abteilungsleiter konnten dagegen nur auf Antrag des Werkdirektors einbezogen werden. Auch die Beweislast für das Vorliegen der sachlichen Voraussetzung ist problematisch, weil die Formulierung des BSG im Urteil vom 18. Oktober 2007 (a. a. O.) auf eine Beweislastumkehr hindeutet (LSG Sachsen-Anhalt, a. a. O., Rn. 46).

Noch weniger überzeugend ist allerdings die Voraussetzung, dass nicht jeder volkseigene Betrieb und gleichgestellte Beitrieb zur fiktiven Einbeziehung berechtigen soll, sondern nur ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie und des Bauwesens.

Das Merkmal des Produktionsbetriebes folgt nach Auffassung des BSG unmittelbar aus § 1 Abs. 2 der 2. DB. Dass es dabei auf Produktionsbetriebe nur der Industrie oder des Bauwesens ankommen soll, ergebe sich mit Blick auf die Produktionsbetriebe der Industrie unter anderem schon aus der Einbeziehung des Ministeriums für Industrie in § 5 der VO-AVItech und für die Produktionsbetriebe des Bauwesens aus der sprachlichen und sachlichen Gegenüberstellung von Produktionsbetrieben der Industrie und des Bauwesens einerseits und allen anderen volkseigenen Betrieben andererseits, welche die DDR spätestens ab den sechziger Jahren und jedenfalls am 30. Juni 1990 in ihren einschlägigen Gesetzestexten, insbesondere in der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und Vereinigungen volkseigener Betriebe vom 28. März 1973 (GBl. I S. 129) bzw. der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe (KombinatsVO) vom 8. November 1979 (GBl. I S. 355) vorgenommen habe (BSG, Urteil vom 18. Juni 2003 - B 4 RA 1/03 R, zitiert nach Juris Rn. 17; Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R, zitiert nach Juris Rn. 37).

Richtig ist zwar, dass in § 1 Abs. 2 der 2. DB die volkseigenen Produktionsbetriebe ausdrücklich genannt sind. Gerade der systematische Zusammenhang mit § 1 Abs. 1 der 2. DB deutet aber darauf hin, dass unter einem volkseigenen Produktionsbetrieb nichts anderes verstanden werden sollte als unter einem volkseigenen Betrieb, dass beide Begriffe also synonym verwendet werden. Dafür, dass ein volkseigener Produktionsbetrieb nach dem Sprachgebrauch in der DDR nicht anderes ist als ein volkseigener Betrieb, spricht auch die Definition in dem in der DDR veröffentlichen Lexikon der Wirtschaft, Band Industrie, Verlag Die Wirtschaft, 1970. Dort wird nämlich zur Definition des Produktionsbetriebes auf die Definition des Betriebes verwiesen (Seite 650).

Hinsichtlich der weiteren Einschränkung auf Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens findet sich in den Versorgungsordnungen keinerlei Hinweis. Richtig ist zwar, dass gem. § 5 der VO-AVItech Durchführungsbestimmungen auch im Einvernehmen mit dem Ministerium der Industrie zu erlassen sind. Daraus folgert das BSG allerdings selbst nicht, dass nur die Tätigkeit in solchen Betrieben zur Einbeziehung berechtigt, die dem Ministerium der Industrie unterstellt waren. Das BSG hebt hier vielmehr darauf ab, dass auch das nur ein Bewertungskriterium sei (BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R, zitiert nach Juris Rn. 19). Sofern das BSG im Übrigen auf eine Gegenüberstellung in den einschlägigen Gesetzestexten der DDR ab den sechziger Jahren abstellt, kann diese schon deshalb keine Berücksichtigung mehr finden, weil dieser Sprachgebrauch in die ursprünglichen Versorgungsordnungen keinen Einklang gefunden hat. Entsprechend ist auch nicht klar, ob in der DDR, wenn die VO-AVItech und die 2. DB nach rechtsstaatlichen Grundsätzen angewendet worden wären, die Anwendung von dieser Voraussetzung abhängig gemacht worden wäre. Dies auch deshalb, weil, wie das BSG selbst einräumt, die sprachliche Unterscheidung nicht durchgängig in den Gesetzestexten der DDR vorgenommen wurde (BSG, Urteil vom 18. Juni 2003 - B 4 RA 1/03 R, zitiert nach Juris Rn. 17). Auch haben die vom BSG herangezogenen Verordnungen andere Zwecke als die mit den Versorgungsordnungen verfolgte Alterssicherung.

In der DDR galt vielmehr zusätzlich die nicht veröffentliche Richtlinie zum Abschluß von Altersversorgungen der Intelligenz vom 26. Juli 1972 (abgedruckt im Aichberger II, Ergänzungsband für die neuen Bundesländer, Ordnungsziffer 145). Nach deren Abschnitt III. war wörtlich Folgendes vorgesehen:

Entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften können nachstehend genannte Angehörige der Intelligenz bei besonderen Verdiensten und Leistungen in die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz einbezogen werden. Dabei ist von folgenden Kriterien auszugehen:

Angehörige der technischen Intelligenz mit technischem Hoch- oder Fachschulabschluss

maßgebender Anteil an bedeutenden Ergebnissen bei der Entwicklung der Volkswirtschaft und der Steigerung der Arbeitsproduktivität durch neue Produktionsverfahren, sozialistische Rationalisierung und der damit verbunden Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen, Förderung des sozialistischen Wettbewerbes, Verbesserung der Qualität der Erzeugnisse, rationeller Einsatz und effektive Verwendung von Rohstoffen usw.

Die Einbeziehung setzte danach eine Ermessensentscheidung ("können") voraus, war von unbestimmten Rechtsbegriffen abhängig ("maßgebender Anteil"; "bedeutende Ergebnisse" etc.) und bedurfte gem. Abschnitt III. Nr. 5 zusätzlich der Zustimmung des Leiters des Staatlichen Amtes für Arbeit und Löhne beim Ministerrat.

Wenn man mit dem BSG die Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem auch unter Berücksichtigung der primären materiell-rechtlichen Ebene für möglich hält, muss diese Richtlinie aus Sicht der Kammer mit berücksichtigt werden (a. A. BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R, zitiert nach Juris Rn. 20). Indem das BSG diese Richtlinie unberücksichtigt lässt, macht es die Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz von Voraussetzungen abhängig, die am 30. Juni 1990 in der DDR so nicht mehr gegolten haben und berücksichtigt umgekehrt einen veränderten Sprachgebrauch, bei dem nicht mehr ermittelbar ist, ob dieser, wenn die Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem in der DDR nicht nach der gerade genannten Richtlinie erfolgt wäre, bei der Anwendung der Versorgungsordnung berücksichtigt worden wäre.

Berücksichtigt man diese Richtlinie aber mit, wird man zu dem Ergebnis zu kommen haben, dass die hier notwendige Ermessenentscheidung im bundesdeutschen Recht nicht mehr nachgeholt werden kann und deshalb eine Einbeziehung nach der primären materiell-rechtlichen Ebene nicht mehr möglich ist. Entsprechend hat das BSG dies bereits hinsichtlich der Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung für verdienstvolle Vorsitzende von Produktionsgenossenschaften und Leiter kooperativer Einrichtungen der Landwirtschaft, eingeführt mit Wirkung vom 1. Januar 1988 (Zusatzversorgungssystem Nr. 3 der Anlage 1 zum AAÜG), und der hier vorgesehenen Ermessensentscheidung nach § 3 Abs. 1 der Anordnung über die zusätzliche Versorgung für verdienstvolle Vorsitzende von Produktionsgenossenschaften und Leiter kooperativer Einrichtungen der Landwirtschaft vom 31. Dezember 1987 (nicht veröffentlicht, abgedruckt im Aichberger II, Ergänzungsband für die neuen Bundesländer, Ordnungsziffer 206) entschieden (BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 - B 4 RA 21/02 R, Leitsatz nach Juris). Diese Rechtssprechung ist vom BVerfG bestätigt worden (Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04, zitiert nach Juris Rn. 47). Das gleiche sollte dann auch für die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz gelten. Damit würde auch vermieden, dass es zu neuen Ungleichheiten innerhalb der Versorgungssysteme und im Verhältnis der Versorgungssysteme zueinander kommt (dazu BVerfG, Beschluss vom 4. August 2004 – 1 BvR 1557/01, zitiert nach Juris Rn. 13). Es müsste gerade nicht auf eine in der DDR übliche, ggf. willkürliche Verwaltungspraxis bei der Einbeziehung in das Versorgungssystem zurückgegriffen werden (so aber BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R, zitiert nach Juris Rn. 20).

III.

Danach kann der Kläger vorliegend die Berücksichtigung der vom ihm begehrten Zeiten und Entgelte schon deshalb nicht beanspruchen, weil ihm in der DDR keine ausdrückliche Versorgungszusage erteilt worden ist.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte mit dem hier streitigen Feststellungsbescheid einen Tenor dahingehend getroffen hat, dass die Voraussetzungen des § 1 AAÜG erfüllt seien. Daraus ergibt sich für die Kammer keine Bindungswirkung (für eine solche Tatbestandswirkung BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 – B 5 RS 7/09 R, zitiert nach Juris Rn. 13; Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R, zitiert nach Juris Rn. 17) hinsichtlich der hier noch streitigen Zeiten und Entgelte.

Selbst wenn man im Hinblick auf § 1 AAÜG eine Bindungswirkung des Bescheides auch für das Gericht annehmen wollte, steht der Anerkennung weiterer Zeiten und Entgelte gleichwohl entgegen, dass nach der oben dargelegten Auffassung der Kammer eine fiktive Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem nicht möglich ist. Denn nach der Anwendbarkeit gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hängt die Berücksichtigung weiterer Pflichtbeitragszeiten gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ebenfalls davon ab, dass eine Zeit der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem besteht. Die Auslegung dieser Vorschrift muss nach Auffassung der Kammer in gleicher Weise erfolgen wie die Auslegung des Begriffes der Zugehörigkeit in § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Dafür spricht schon der identische Wortlaut. Für die Kammer ist kein Grund ersichtlich, warum der Begriff der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem in § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG anders ausgelegt werden sollte als der Begriff der Zugehörigkeit in § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG.

Dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, weitere Entgelte rechtswidrig festzustellen, folgt darüber hinaus auch aus dem Sinn und Zweck von § 48 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26. Mai 2011 – L 1 R 47/10, zitiert nach Juris Rn. 47). Durch die Aussparungsregelung soll verhindert werden, dass eine zu hohe Leistung, die durch einen rechtswidrigen Bescheid entstanden ist, immer noch höher wird, das bestehende Unrecht also weiter wächst (LSG Sachsen-Anhalt, a. a. O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und folgt dem Ergebnis der Hauptsache.

Die Kammer hat entsprechend der Anregung des Klägers in der mündlichen Verhandlung von der durch § 161 Abs. 1 Satz 1 SGG eröffneten Möglichkeit der Zulassung der Revision Gebrauch gemacht, weil sie gem. § 161 Abs. 2 Satz 1 SGG i. V. m. § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung des BSG abweicht.
Rechtskraft
Aus
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